Festival-Neustart - Es war Finkenbach und kaum einer ging hin - RNZ Nachrichten www.Oberzent.TV

Page 1

25.8.2021

Festival-Neustart: Es war "Finkenbach" - und kaum einer ging hin - Nachrichten aus der Metropolregion Rhein-Neckar - RNZ

Es war "Finkenbach" - und kaum einer ging hin rnz.de/nachrichten/metropolregion_artikel,-festival-neustart-es-war-finkenbach-und-kaumeiner-ging-hin-_arid,722206.html 16. August 2021

Von Harald Berlinghof Oberzent-Finkenbach. Keine parkenden Autos entlang der Landstraße, keine Security am Dorfeingang, keine Absperrungen, kein Camping und keine brennenden Lagerfeuer bis tief in die Nacht. Keine nach Tausenden zählenden Alt-Hippies wie zu den Hochzeiten des Festivals, die dem örtlichen Bäcker den umsatzstärksten Tag des Jahres bescherten. Vorbei. Erst mal. Es ist "Finkenbach", und kaum einer geht hin. Man kann am Samstag ganz entspannt bis zum Parkplatz des dem Festivalgelände benachbarten Schwimmbads fahren und sein Auto abstellen. Parkgebühren werden auch keine fällig. Alles ist anders dieses Mal beim Festival, das einfach "Finkenbach 21" heißt und vom

https://www.rnz.de/nachrichten/metropolregion_artikel,-festival-neustart-es-war-finkenbach-und-kaum-einer-ging-hin-_arid,722206.html

1/3


25.8.2021

Festival-Neustart: Es war "Finkenbach" - und kaum einer ging hin - Nachrichten aus der Metropolregion Rhein-Neckar - RNZ

örtlichen Fußballclub FC Finkenbachtal 1946 unter Mithilfe der Finkenbacher Feuerwehr veranstaltet wird. Es findet statt. Und das alleine ist in Coronazeiten schon eine Meldung wert. Was auch fehlt beim diesjährigen "Finkenbach-Festival", ist der Auftritt von Guru Guru mit Mani Neumeier am Schlagzeug. Seit der Guru Guru-Gründer und Initiator des Festivals vor zwei Jahren aus der Organisation gedrängt wurde, ist das Band zwischen ihm und Armin Löffler, dem Zweiten Vorsitzenden des Finkenbacher Fußballclubs, zerschnitten. "Das ist doch kein Rockfestival mehr. Guru Guru wird dort nie mehr spielen", schimpft Neumeier am Telefon. Hinter der Fassade des Ärgers ist eine schwere emotionale Verwundung zu spüren. Man hat ihm etwas genommen, das er mit aufgebaut hat. Sein Lebenswerk ist die Rockband Guru Guru, die 1968 in Heidelberg gegründet wurde und bis heute quicklebendig ist. Aber das "Finkenbach Open Air", das 1977 erstmals Krautrock ins Finkenbachtal brachte, war der alljährliche Höhepunkt der Auftritte der Band. "Und jetzt werden Guru Guru und ich in der Entstehungsgeschichte des Festivals auf der Homepage der Veranstalter nicht einmal mehr erwähnt. Das ist eine böse Geschichtslüge", wettert der Rockmusiker. Doch eines kann man ihm nicht mehr nehmen. Der experimentelle "Elektrolurch" von Guru Guru, das ekstatische "Fire" von Arthur Brown oder auch das einst hitverdächtige "Gamma Ray" von Birth Control sind Songs, die sich für alle Zeiten in die Wälder rund um den Finkenbach und in die Herzen der Festivalbesucher eingebrannt haben. Das dreitägige "Finkenbach Open Air" und später das zweitägige "Finki-Festival" haben ihre unverwechselbaren Spuren in der regionalen Rock-Historie hinterlassen. Corona hatte im letzten Jahr das Festival verhindert, dann kam der große Krach zwischen Neumeier und Löffler hinzu. Am Wochenende gibt es den Neustart mit vier Bands an zwei Tagen unter Coronabedingungen. Camping ist nur mit Wohnmobilen möglich, keine offenen Lagerfeuer sind erlaubt. "Die Auflagen wären sonst zu hoch geworden", sagt Löffler. Man habe sich beim Bundesprogramm "Kunst geht auf Reisen – Und wir gehen mit" beworben und gehöre im

https://www.rnz.de/nachrichten/metropolregion_artikel,-festival-neustart-es-war-finkenbach-und-kaum-einer-ging-hin-_arid,722206.html

2/3


25.8.2021

Festival-Neustart: Es war "Finkenbach" - und kaum einer ging hin - Nachrichten aus der Metropolregion Rhein-Neckar - RNZ

hessischen Odenwaldkreis zu 22 Projekten, die gefördert werden. Nur so war es finanziell zu stemmen. Die Veranstaltungen müssen unter bestimmten Bedingungen stattfinden. In Finkenbach sind 45 SechserBiertische vor der verkleinerten Bühne aufgebaut. Vom Tanzen mit Abstand vor der Bühne lassen sich die Fans allerdings nicht abhalten. Zu den Vorgaben gehört auch eine maximale Besuchergrenze von 500. Die wird beim diesjährigen Corona-Open-Air allerdings nicht erreicht. Schätzungsweise 300 Fans haben sich am vergangenen Wochenende pro Festivaltag aufgemacht, um Leadbelly Calls, Dr. Woggle, Riddim Posse und The Big Fuzz (Ex-Lava) zuzujubeln. Start ist jeweils abends um sieben, und die Bands liefern, was man von ihnen erwartet: Blues und Rock von Adax Dörsam (Leadbelly Calls) und Ska von Dr. Woggle am ersten Abend, Reggae von Riddim Posse mit den Brüdern Kurt Dallaway (Trompete) und Wayne Dallaway (Gesang) sowie die undogmatischen Arrangements von The Big Fuzz, den Restbeständen der einstigen Lava-Formation. Verhaltener Applaus von den Biertischen am frühen Freitagabend für die Reggae-Musiker. Auftritte von Rockbands bei Tageslicht haben eben immer ein Einheizerimage. Dem müssen sich auch Riddim Posse stellen. Die tanzbaren Rhythmen des Reggae als Gute-Laune Musik erfüllen diese Vorgaben. Die Ex-Lava-Leute bringen dann mehr Stimmung aufs Festivalgelände. Doch wie am Vortag ist vor elf Schluss. Die legendären Finkenbach-Feste bis tief in die Nacht, wenn Mani Neumeier nach Mitternacht den "Elektrolurch" auspackte, gehören der Vergangenheit an. Die Finkenbacher wird’s freuen. Das 500-Seelen-Dorf ist ein Ortsteil von Oberzent und hat am Finkenbach-Wochenende seine Nachtruhe wieder. Die Fans machen sich auf den Heimweg. Und zum ersten Mal seit über zwei Jahrzehnten Festival-Erfahrung gerät man in eine Alkoholkontrolle der Polizei. Der Test ergibt 0,0 Promille. Der Beamte wünscht "gute Fahrt".

https://www.rnz.de/nachrichten/metropolregion_artikel,-festival-neustart-es-war-finkenbach-und-kaum-einer-ging-hin-_arid,722206.html

3/3


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.