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Gefälschte Impfausweise sind für 250 Euro zu haben
Gefälschte Impfausweise sind für 250 Euro zu haben echo-online.de/lokales/rhein-main/gefalschte-impfausweise-sind-fur-250-euro-zu-haben_24757797 2. November 2021
Von Mika Beuster Redakteur Weilburg Mittwoch, 03.11.2021 - 20:12 Sie lehnen Corona-Impfung und Tests ab, wollen aber wieder ins Restaurant: Wie sich Querdenker in Mittelhessen gefälschte Nachweise besorgen, zeigt unsere Recherche.
Impfnachweise für die Corona-Imfpung: Querdenker in Mittelhessen teilen Fälschungsangebote. Foto: Mika Beuster
LIMBURG-WEILBURG - Rasch den QR-Code zeigen, rein ins Restaurant. Dann können sich alle sicher fühlen. Doch was, wenn das Testzertifikat oder der Impfpass gefälscht sind? Radikale Impfgegner aus Mittelhessen wollen genau so ihren Weg zu mehr Normalität erschleichen. Sie interessieren sich für gefälschte Impfzertifikate und CoronaTests. Das ergibt eine Auswertung dieser Zeitung von Chats verschiedener QuerdenkerGruppen im Landkreis Limburg-Weilburg und Mittelhessen. Ehemalige Mitarbeiter von Impfzentren aus Hessen und Rheinland-Pfalz sollen die Codes beziehen können, behaupteten die Hehler in den einschlägigen Chats. Dem Landeskriminalamt (LKA) sind auf Nachfrage in Hessen derzeit Fälle von Fälschungen im unteren dreistelligen Bereich bekannt - wie viele davon in Limburg-Weiburg auftreten, lasse sich zunächst nicht sagen. Gefährlich ist die Entwicklung, so die Polizei. Ob es aber auch strafbar ist, steht derweil noch nicht fest.
Nachweis aus Hessen oder Rheinland-Pfalz
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Gefälschte Impfausweise sind für 250 Euro zu haben
Falsche Nachweise für eine angebliche Corona-Schutzimpfung waren jüngst in das Visier der Ermittlungsbehörden geraten, weil in Süddeutschland gefälschte Zertifikate über dunkle Kanäle verkauft wurden. Fotos
Nicht überall wird geprüft: In dieser Weilburger Metzgerei muss am Eingang zunächst der QR-Code gescannt werden. Foto: Mika Beuster Auch in den mittelhessischen Chatgruppen werden nun Bezugsquellen für gefälschte Impfpässe geteilt. Eine Fälschung inklusive des QR-Codes für das Smartphone sind in einem der Angebote, das in den Chats geteilt wird, für 250 Euro erhältlich. Für 500 Euro gebe es den Doppelpack-Impfpass und QR-Codes, wirbt der Anbieter. "Datenschutz ist uns heilig - daher ist bei uns alles strengstens verschlüsselt und wird nach Versand umgehend und unwiderruflich gelöscht", heißt es bei dem Anbieter, bei dem man sich per Telegram für eine Bestellung melden muss. Bei einem anderen Anbieter kostet ein Formular für einen QR-Code 100 Euro inklusive EinwurfEinschreiben, ab fünf Formularen gäbe es einen Rabatt von zehn Euro. Bei diesem Angebot ist ein gelber Impfpass allerdings nicht enthalten.
STRAFBARKEIT Die Fälschung von Impfpässen und Tests stellt laut hessischem Landeskriminalamt (LKA) derzeit keinen Schwerpunkt der Arbeit dar. Dennoch werde kontrolliert. Ob eine Strafbarkeit gegeben ist, müsse im Einzelfall geprüft werden, so das LKA. In Betracht kommen etwa eine Urkundenfälschung (Paragraf 267 Strafgesetzbuch), für die es bis zu fünf Jahre Haft oder Geldstrafe geben kann. Auch komme eine Fälschung von Gesundheitszeugnissen in Betracht (Paragraf 277 Strafgesetzbuch), die mit bis zu
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einem Jahr Gefängnis bestraft werden kann oder Geldstrafe. Nach Paragraf 278 Strafgesetzbuch sei das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse ebenso strafbar (mit bis zu zwei Jahren Gefängnis) wie nach Paragraf 279 der Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse (mit bis zu einem Jahr Haft). "Danach habt ihr den offiziellen digitalen Impfnachweis, der überall akzeptiert wird, ohne dass irgendjemand Fragen stellt, auch im Ausland", heißt es in dem Angebot. Auswählen können die Nutzer entweder Hessen oder Rheinland-Pfalz als Herkunft, dort stellten ehemalige Mitarbeiter von Impfzentren den Code bereit. Sein Fälschungsangebot bewirbt der Händler als großen "Schritt in Richtung Freiheit in der aktuellen Pandemie". Auf eine Anfrage dieser Zeitung reagierte der Anbieter nicht. Angebliche Nutzer posten, dass "alles super geklappt" habe - "Danke für die Freiheit", heißt es. Ob die Nutzer am Ende wirklich Ware erhalten, lässt sich kaum nachvollziehen - Anzeigen bei der Polizei im Falle einer Nichtlieferung sind kaum zu erwarten. In Telegram gibt es nur vereinzelt Beschwerden über nicht erfolgte Lieferungen. Zahlbar ist der Eurobetrag ausschließlich über Kryptowährung - Nutzer müssten entweder in Bitcoin oder mit Etherum zahlen. Wie viele dieser gefälschten Nachweise sind im Lahn-Dill-Kreis schon aufgetaucht? Polizei-Pressesprecherin Kerstin Müller spricht auf Anfrage von einer „mittleren einstelligen Anzahl an Fällen“, die im Bereich der Polizeidirektion Lahn-Dill bekannt geworden sind. Die örtlichen Ordnungsämter überprüfen, ob die Impfnachweise an den jeweiligen Stellen auch ausreichend kontrolliert werden, also zum Beispiel in der Gastronomie oder an anderen Orten. Doch was taugen solche Fälschungen - halten sie einer Prüfung überhaupt stand? Auf Nachfrage berichtet die Verwaltung des Landkreises Limburg-Weilburg, dass bislang noch keine Fälle von gefälschten Impfausweisen oder Zertifikaten bekannt geworden sind. Auf die Frage, ob es Kontrollen gebe, antwortet Kreissprecher Jan Kieserg: "Alle unserem Gesundheitsamt von Reiserückkehrern vorgelegten Impfzertifikate werden über die CovPassCheckApp geprüft, Impfnachweise im Rahmen von Ermittlungen stichprobenartig." Auch kontrolliere das Gesundheitsamt im Rahmen seiner Möglichkeiten, ob Test- und Impfnachweise an den jeweiligen Stellen auch ausreichend kontrolliert werden, etwa in der Gastronomie oder anderen Orten. Bislang seien dabei noch keine Verstöße im Kreis bekanntgeworden. Die Polizei kann für das laufende Jahr auf Anfrage noch keine Fallzahlen herausgeben. Wie ein Sprecher des LKA mitteilt, sind hessenweit Vorgänge mit gefälschten Impfausweisen "im unteren dreistelligen Bereich" bekannt. "Die Fälle zu gefälschten Impfausweisen werden häufig im Rahmen von Kontrollen als Zufallssfunde bei anderen Ermittlungsverfahren oder über Anzeigenerstattung" durch Bürger bekannt, sagt der LKA-Sprecher.
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Indes werden Impfnachweise nur selten ausführlich geprüft. Meist erfolgt nur eine Sichtprüfung der Impfnachweise, eingescannt werden QR-Codes offenbar nur selten. Neben gefälschten Impfnachweisen werden in heimischen Querdenker-Kreisen aber auch Möglichkeiten diskutiert, wie Testnachweise gefälscht werden können. Eine Variante, die etwa in der Impfgegner-Gruppe "Eltern stehen auf" angepriesen wird, ist das gegenseitige Ausstellen von negativen Testergebnissen. Eine Mutter aus Mittelhessen berichtet, dass sie ihre Tochter zwar nicht mehr in die Schule gehen lasse, weil sie gegen Impfungen und Corona-Testungen sei - diese aber weiter zu einem Sportkurs schicke. Bei dem Verein gehe man davon aus, dass die Kinder in der Schule getestet werden, erzählt die Mutter im Chat, sie habe ihrer Tochter verboten, darüber in der Gruppe zu sprechen. Den Verein des Sportangebots im Lahn-Dill-Kreis hat diese Zeitung über den Vorfall informiert. Für viele Eltern aus der Querdenken-Bewegung scheint der Kampf gegen Impfungen und Corona-Tests ein Glaubenskrieg zu sein. Eine Mutter schreibt so bei "Eltern stehen auf" für Limburg-Weilburg und Lahn-Dill: "Der Staat kriegt meine Kinder nicht." Sie fürchtet, dass eine Corona-Impfung bald ab zwölf Jahren kommen könne - in ihren Augen offenbar eine furchtbare Sache. Man müsse sich "dem Dämon" stellen - in ihrer Sicht gibt es nur "Kämpfen oder fallen". Dieser martialischen Devise fügt sie ein lakonisches "ist leider so" an. Ob gefälschte Impfausweise und Tests auch strafbar sind, steht auf einem anderen Blatt. Die Staatsanwaltschaften müssten jeden Einzelfall prüfen, so das LKA. In Betracht könne etwa eine Urkundenfälschung kommen (siehe Infokasten) "Nicht von der Hand zu weisen ist jedoch, dass das Verwenden eines gefälschten Impfpasses oder Impfausweises eine nicht unerhebliche Gefahr für die Allgemeinheit sowie den Verwender und die Verwenderin selbst darstellt", teilt das LKA weiter mit. Die mittelhessischen Querdenker sehen ihr Handeln als eine Art Notwehr, weil sie sich als Ungeimpfte diskriminiert fühlen. Daran seien nicht nur Politik und Medien schuld sondern auch jene, die sich an die Regeln halten. In einem Beitrag heißt es in der vergangenen Woche: "Jeder Händler und Gastronom, der den 2G/3G-Wahnsinn unterstützt, macht sich mitschuldig am größten Verbrechen an der Bevölkerung in Friedenszeiten." Dieser Artikel wurde ursprünglich am 02.11.2021 um 12:42 Uhr publiziert.
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