Im Odenwald lieber mit dem Taxi zum Supermarkt
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Odenwaldkreis. Es ist Samstag und viel zu tun für die Taxiunternehmen im Odenwald. Statt Patienten- oder Flughafentransporten stehen dann häufiger Fahrten zum örtlichen Supermarkt auf dem Programm. „Es sind viele, die das machen”, sagt Andrea Scialo von „Gino’s Taxi und Mietwagen” in Michelstadt. „Bestimmt die Hälfe unserer Fahrten gehen zum Kaufland, Rewe oder Netto.” Bei Taxi Herzog in Höchst sieht es ähnlich aus, insbesondere gegen Ende des Monats, wenn das Gehalt oder die Sozialhilfe auf dem Konto sind. „Die Leute lassen sich meist nur abholen, nicht bringen. Den Hinweg legen viele zu Fuß zurück oder lassen sich von Bekannten oder dem Bus bringen”, weiß Daniela Vogel, Chefin bei Taxi Herzog. Es komme auch vor, dass sich Bekannte zum gemeinsamen Einkauf verabreden, um Taxigeld zu sparen.
Ursächlich für die Nutzung sieht Vogel den unzureichenden ÖPNV, insbesondere in den Höchster Hanglagen und Ortsteilen sei ein Fortkommen ohne Auto schwierig. „Ältere Menschen, die keine Familie vor Ort haben, die sich um die Einkäufe kümmern kann, rufen oft an. Viele kennen wir bereits länger. Am Telefon sagen einige einfach nur: ich bin’s, und wir wissen Bescheid.” Das Problem seien jedoch nicht nur fehlende Verbindungen, lange Warte- und ungünstige Abfahrtzeiten,
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sondern auch das Gepäck. „Wer als Rentner etwa Katzenstreu und -futter braucht, und dazu noch zwei schwere Einkaufstaschen hat, kann das alleine kaum bewältigen. Da ist das Taxi eine gute Option.”
Taxi billiger als eigenes Auto
Natürlich wüssten die Kunden zu schätzen, dass die Taxifahrer den älteren Fahrgästen den Einkauf ganz selbstverständlich bis zur Wohnungstür tragen, das handhaben sowohl Taxi Vogel als auch Gino’s Taxi nach eigenen Angaben so. „Mir tun die Leute einfach leid”, meint Scialo. Es sei immer noch billiger, jede Woche ein Taxi zu nehmen, als ein eigenes Auto zu finanzieren. Einige ältere Odenwälder würden sich auch nicht zutrauen, ein Auto zu fahren, auch wenn die Strecken zu den Supermärkten in der Regel überschaubar sind.
„Pro Kilometer kostet die Fahrt 2,50 Euro, hinzu kommt die Anfahrtspauschale in Höhe von drei Euro”, erklärt Scialo. Noch günstiger käme man mit einem Mietwagen, der 2,30 Euro pro Kilometer und 2,80 Euro Anfahrtsgebühr kostet. Auch wenn viele Kunden die regulären Fahrten buchen, so gibt es im Odenwaldkreis neben den Bussen auch das taxomobil, die über die OREG und damit den Landkreis zur Verfügung gestellt werden. Für das taxomobil, das etwa auch durch Vogel und Scialo mitgefahren wird, zahlen die Kunden den ÖPNV-Grundtarif, dazu einen entfernungsabhängigen Zuschlag, der sich in sieben Stufen aufgliedert.
„Etwa in der Stufe 1 zahlen Fahrgäste für eine Strecke bis zu drei Kilometern 3,60 Euro dazu”, sagt Stefan Reinhardt, stellvertretender Abteilungsleiter Nahverkehr bei der OREG. Alle Tarife, auch die der Taxen, werden jährlich festgelegt, die Zähler ebenso regelmäßig geeicht, erläutert Scialo.
“ Der ÖPNV genießt im Odenwaldkreis einen sehr hohen Stellenwert. ”
Stefan Reinhardt Leiter Kommunikation, OREGhttps://www.echo-online.de/lokales/odenwaldkreis/landkreis-odenwaldkreis/im-odenwald-lieber-mit-dem-taxi-zum-supermarkt-2445815
Pendeln im Zweistundentakt
Kritik an der Abdeckung durch den ÖPNV lässt Reinhardt nicht gelten. „Der ÖPNV genießt im Odenwaldkreis einen sehr hohen Stellenwert. Wir verfügen im Odenwaldkreis über ein umfangreiches Angebot an regulären Linien- und RufBussen, die mindestens im Zweistundentakt pendeln. Darüber hinaus haben wir mit „garantiert mobil!“ ein deutschlandweit einzigartiges Mobilitätsangebot für den ländlichen Raum.” Mit „garantiert mobil!“ und der gleichnamigen App für Apple und Android-Smartphones können Odenwälder aus allen Orts- und Stadtteilen, Dörfern und Weilern adressgenau in die nächstgrößere Ortschaft und immer auch nach Erbach und Michelstadt fahren – „also direkt zu den Ärzten, Apotheken oder Einkaufsmärkten”.
“ Die Verfügbarkeit des ÖPNV an den Wochenenden, noch mehr an Sonnund Feiertagen, ist das größte Problem. ”
Daniela Vogel Taxi Herzog
Aber auch Reinhardt gibt zu: „Die Verlagerung der Einkaufsmöglichkeiten aus den Innenstädten und Ortsmitten in die Randlagen stellt den Busverkehr durchaus vor größere Herausforderungen. Oftmals sind die neuen Gewerbegebiete ideal für den PKW-Verkehr erschlossen, was fehlt, ist die Anbindung an den ÖPNV.” Haltestellen oder Wendemöglichkeiten für Busse fehlten mitunter in den Planungen, „was die Anbindung im Nachhinein natürlich schwierig gestaltet”. „Nichtsdestotrotz sind wir selbstverständlich bemüht, gerade die stark frequentierten
Einkaufsmärkte in den Randlagen der Kommunen möglichst optimal zu bedienen. Hierfür eignet sich, wie am Beispiel Erbach und Michelstadt deutlich wird, wo alle großen Einkaufszentren mit dem ÖPNV erreicht werden können, ein flexibles innerstädtisches Verkehrsangebot wie der CityBus.”
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