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Ist das Jugendamt im Odenwald noch handlungsfähig?

Ist das Jugendamt im Odenwald noch handlungsfähig? echo-online.de/lokales/odenwaldkreis/odenwaldkreis/ist-das-jugendamt-im-odenwald-nochhandlungsfahig_25750792 5. Oktober 2022

Von Sandra Breunig Lokalredakteurin Odenwälder Echo Mittwoch, 05.10.2022 - 18:01 Es brodelt im Jugendamt des Odenwaldkreises: Angesichts einer hohen Fluktuation und damit einhergehender Personalnot begehrt ein Teil der Belegschaft gegen den Leiter auf.

Das Jugendamt des Odenwaldkreises sieht sich derzeit mit Kritik konfrontiert. (Foto: Joaquim Ferreira )

ODENWALDKREIS - „Überstunden ohne Ende, zu viele zu betreuende Fälle, ein hoher Krankenstand, eine extrem hohe Mitarbeiterfluktuation und ein Klima der Angst“: Es ist eine lange Liste an Vorwürfen, die Mitarbeiter des Jugendamtes gegen ihren Chef sowie die Behördenleitung mit dem Ersten Kreisbeigeordneten Oliver Grobeis und Landrat Frank Matiaske erheben. Insbesondere die Mitarbeiter des https://www.echo-online.de/lokales/odenwaldkreis/odenwaldkreis/ist-das-jugendamt-im-odenwald-noch-handlungsfahig_25750792

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Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) befürchten, dass „das zu schützende Kindswohl“ im Odenwaldkreis aufgrund der aktuellen Zustände ernsthaft gefährdet sei. Weil weder der Jugendamtsleiter noch Personalrat oder der Kreisbeigeordnete in den letzten beiden Jahren auf zahlreiche Beschwerden reagiert hätten, hätten elf Mitarbeiter keine andere Wahl gesehen, als die Missstände in einem Brief an den Landrat, weitere Führungskräfte und die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses zu thematisieren.

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Innerhalb der letzten beiden Jahre sollen demnach insgesamt 19 Mitarbeiter das Jugendamt verlassen haben. Die Pressestelle des Odenwaldkreises bestätigt 14 Personen, die den Arbeitsvertrag gekündigt hätten. Nicht mitgezählt seien dabei Personen, die versetzt worden seien, die Abteilung gewechselt haben oder in den Ruhestand gingen, teilt eine ehemalige Mitarbeiterin mit. „Der Weggang von langjährigen, erfahrenen Kollegen führte dazu, dass ab Oktober 2022 nur noch zwei Kollegen mit einer Berufserfahrung von länger als zwei Jahren im ASD tätig sind“, heißt es im Mitarbeiter-Brief weiter. Der Jugendamtsleiter selbst schildert das Problem, dass er die Wiederbesetzung von Stellen angesichts des Fachkräftemangels nicht in der Hand habe.

Bedarf an Fachpersonal steigt stark Besonders problematisch sei dies angesichts der Verdopplung der Fallzahlen im ASD, auch die Zahl der Kindeswohlgefährdungen sei erheblich gestiegen. „Da viele Kolleginnen aufgrund der psychischen und physischen Belastung zum Teil über mehrere Wochen krankheitsbedingt ausfallen, war es nicht ungewöhnlich, auch mal das https://www.echo-online.de/lokales/odenwaldkreis/odenwaldkreis/ist-das-jugendamt-im-odenwald-noch-handlungsfahig_25750792

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Vier- bis Fünffache an zu betreuenden Fällen auf dem Tisch zu haben“, gibt eine andere ehemalige Mitarbeiterin preis. „Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis wirklich mal was passiert.“ Laut Landratsamt werden im Bereich Bezirkssozialarbeit etwa 49 Familien pro Vollzeitstelle betreut. Zum Vergleich: Im Kreis Bergstraße kommen laut Pressestelle des örtlichen Landratsamtes auf einen Betreuer 25 Familien. Den hohen Krankenstand bestätigen auch der Jugendamtsleiter und Grobeis auf Nachfrage nach der Ausschusssitzung. Aktuell gebe es eine offene Stelle im ASD, so Grobeis, ein weiterer Bewerber werde ab dem 1. April 2023 beginnen. Laut Landratsamt waren bis vor Kurzem fünf Stellen innerhalb des Jugendamtes nicht besetzt, zum Teil laufen dort aber Vorbereitungen der Neueinstellungen. Die Situation bewertet er auch vor diesem Hintergrund als „sehr schwierig“. Nichtsdestotrotz habe man in der Verwaltung des ASD eine zusätzliche Stelle geschaffen, um die Mitarbeiter zu entlasten, weitere Planstellen wurden geschaffen, konnten jedoch noch nicht vollumfassend besetzt werden.

Spannungen zwischen Amt und ASD Insbesondere zwischen dem Jugendamtsleiter und der Leiterin des ASD soll es zudem erhebliche Differenzen geben. Handlungsspielräume der Abteilungsleitung würden eingeschränkt, die Stimmung im Team sei „sehr angespannt“. „Jeder weiß, dass meine Tür für Gespräche immer offen ist“, erwidert der Jugendamtsleiter darauf. In vielerlei Hinsicht sehen Grobeis und der Jugendamtsleiter die Verantwortung bei der ASD-Leiterin, der es obliege, abteilungsinterne Probleme zu lösen. Mehrere Versuche einer internen Aussprache und Klärung der Situation seien fehlgeschlagen, weil die ASD-Abteilungsleiterin oft krankheitsbedingt ausfalle. Überhaupt sei der Offene Brief auf lediglich zwei bis drei Mitarbeiter zurückzuführen, merkt Grobeis an. Er schweigt, als diese Redaktion auf die elf Unterzeichner des Offenen Briefes und fünf weitere Mitarbeiter und Ehemalige hinweist, mit denen das ECHO längere Gespräche https://www.echo-online.de/lokales/odenwaldkreis/odenwaldkreis/ist-das-jugendamt-im-odenwald-noch-handlungsfahig_25750792

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geführt hat. Dass die Problematik doch größer sein könnte, als es sich die Verantwortlichen eingestehen, zeigte sich dann auch in den Wortmeldungen der Gremienmitglieder in der Ausschusssitzung. „Innerhalb von zwei Jahren hat fast die gesamte Belegschaft gewechselt, das ist beispiellos, dabei waren einige Mitarbeiter zuvor jahrelang im Dienst“, äußerte sich Dr. Benno König, Richter am Amtsgericht Michelstadt und ehrenamtlicher Berater des Jugendhilfeausschusses, mit Blick auf den ASD. Dass die kritischen Mitarbeiter Grobeis zufolge auf den offenen Brief hätten verzichten und den offiziellen „Dienstweg“ innerhalb der Amtshierarchie hätten einhalten sollen, findet König „herablassend“. Lesen Sie auch: Kinder-Gewalt im Odenwald: Schläge und Video davon im Netz Frank Diefenbach (Grüne) scheinen die Probleme vor allem in der Kommunikation begründet. „Eine zeitnahe Klärung hat Vorrang, da es um Kindswohlgefährdung geht.“ Für Anna Resch (CDU) besteht das Problem nicht im ASD, sondern weiter oben, Georg Raab (ÜWG) sagt: „So ein Schreiben ist mir noch nie in die Hände gekommen. Bei der hohen Fluktuation kann man sich schon fragen, woher das kommt. Da muss was dran sein, da es einfach zu viel Vorhaltungen sind.“ Dominique Deutsch von der SPD schlug ein besseres Beschwerdemanagement vor, über das ohne Weg über die Vorgesetzten auch anonym Kritik geäußert werden kann. Zustimmend vereinbarte das Gremium, sich nun viermal statt wie bisher nur halbjährlich zu treffen. Grobeis räumte ein, dass verschiedene Prozesse „verbesserungswürdig“ seien. Er sagte zu, eine externe Organisationsuntersuchung zu veranlassen, um derzeitige Prozessabläufe zu hinterfragen. Alle Mitarbeiter und Ehemaligen, die mit dieser Redaktion gesprochen haben, wollten anonym bleiben. Sie befürchten rechtliche und abteilungsinterne Konsequenzen. Dieser Artikel wurde ursprünglich am 05.10.2022 um 16:00 Uhr publiziert.

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