8.2.2021
Mit Querdenker Schiffmann kommen Hunderte nach Michelstadt
Mit Querdenker Schiffmann kommen Hunderte nach Michelstadt echo-online.de/lokales/odenwaldkreis/michelstadt/mit-querdenker-schiffmann-kommen-hunderte-nachmichelstadt_23114296 8. Februar 2021
Montag, 08.02.2021 - 13:19 Eine Demonstration gegen Corona-Maßnahmen im Odenwaldkreis ist am Sonntag weit über das übliche und genehmigte Maß hinaus gegangen. Zu Eskalation oder Räumung kam es nicht. Von Michael Lang und Gerhard Grünewald
Mehrere hundert Menschen haben am Sonntag auf dem Bienenmarktplatz in Michelstadt gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert. (Foto: Michael Lang)
MICHELSTADT - Die jüngste Ausgabe der regelmäßigen Kundgebungen gegen die staatlichen Reaktionen auf die Corona-Ausbreitung hat am Sonntag in Michelstadt ein Vielfaches der bisher üblichen Beteiligung erreicht. Wie Bürgermeister Stephan Kelbert auf Nachfrage bestätigte, protestierten mehrere hundert Menschen gegen Restriktionen und Impfprogramm. Augenzeugen schätzen die Teilnehmerzahl auf bis zu 350 Frauen und Männer, die Polizei gibt die Zahl mit 200 an. Wie auch immer, überschritt die Menschenansammlung deutlich das angemeldete und genehmigte Maß von 65 Personen.
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Von einer Auflösung sahen die anwesenden Ordnungskräfte mit Blick auf das Verhalten der Teilnehmer und den Verlauf der Veranstaltung dennoch ab. „Unser Ordnungsamt und die Polizei haben engmaschig kontrolliert und dabei vor allem die Einhaltung der Maskenpflicht durchgesetzt. Zudem haben wir auf die Einhaltung der Abstandsregeln gedrungen“, erklärte Bürgermeister Stephan Kelbert, der persönlich vor Ort war. Michelstädter Gastronomenfamilie Schwarz und der Lockdown Neues Buch über den Wunderheiler aus Michelstadt Mama, die Querdenkerin Querdenker, Impfgegner, Q-Anon: „Das Gewaltpotenzial ist da“ Darmstädter SPD fordert Schutz vor Querdenkern Chefarzt in Groß-Umstadt schämt sich für Querdenker-Kollegen
HNO-Art aus Sinsheim gilt als Leitfigur der QuerdenkerBewegung „Die Demonstration selbst verlief so, dass wir uns entschieden haben, die ruhige Grundstimmung mit deeskalierendem Vorgehen aufrecht zu erhalten“, sagte Kelbert. Analog dazu verwies das Polizeipräsidium Südhessen auf ein „weitgehend bürgerliches Publikum, in dem Provokateure praktisch nicht vorgekommen sind“, was sich auch in einem plangemäßen Ablauf geäußert habe. Beifall aus den Reihen der Demonstranten für die gewählte Art des Polizeieinsatzes gehörte zu den ungewöhnlichen Erscheinungen der Veranstaltung. Der ungewöhnliche Zulauf zur Demo erklärt sich wohl aus der Präsenz des HalsNasen-Ohren-Arzt Bodo Schiffmann, der aus dem Odenwald-nahen Sinsheim stammt und als eine der Leitfiguren der Querdenker-Bewegung gilt. Die Nummernschilder der am Bienenmarkt-Parkplatz abgestellten Autos deuteten darauf hin, dass er zahlreiche Interessenten aus seinem Heimatgebiet mitgebracht hatte. Wie Schiffmann erklärte, hält er die aus seiner Sicht wohl oder übel einzuhaltende Maskenpflicht für unnötig. „Masken benebeln nicht nur unsere Sicht, sondern auch unsere Gefühle. Es muss vorbei sein, dass wir von einer kinderlosen Mutti in einer Terrorherrschaft großgezogen werden“, lauteten einige seiner Statements. Wolfgang Greulich, Manager der von Schiffmann organisierten Touren durch die Republik, meinte: „Wir ruinieren das Land bis zum Anschlag!“ Außerdem sprach er davon, dass es das tödliche Virus so nicht gebe. „Der Odenwald wacht auf und ihr https://www.echo-online.de/lokales/odenwaldkreis/michelstadt/mit-querdenker-schiffmann-kommen-hunderte-nach-michelstadt_23114296
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seid alle mit dabei. Ihr seid das Salz des Odenwalds“, reimte ein Redner und erinnerte an die revolutionäre Bewegung von 1848, die jedoch einen völlig anderen Kontext hatte.
Kritik an Impfungen ohne Langzeitstudien „Oft werden wir als Corona-Leugner dargestellt, was so nicht stimmt“, sagt Birgit Schmid aus Neustadt, die der Mehrzahl der Demonstranten zurechnet, den Querdenkern. Die Yogalehrerin besteht darauf, dass hier unterschieden werden müsse. „Wir richten uns gegen die rigiden Maßnahmen, die angeordnet sind und halten diese für schlimmer und mit mehr Spätfolgen behaftet, wie dies Corona anrichten kann. Wir sind nicht dagegen, dass sich Leute selber schützen, sehen aber die Verhältnismäßigkeit nicht.“ Ebenso kritisiert die Odenwälderin die angelaufenen Impfungen, die ohne Langzeitstudien viel zu kurz angerannt seien. Weiterer Punkt ihrer Einwände sind die Defizite, die kleine Kinder und Schüler durch die aktuelle Bildungspolitik erfahren müssten. Sie selbst halte von Verschwörungstheorien und Aluhut-Trägern nichts. „Manche vertrauen darauf, dass da oben alles mit richtigen Dingen zugeht“, echauffierte sich ein Mann am Mikrofon, ließ dann aber einen Sermon an Vorkommnissen folgen, die in den USA historisch schief gelaufen seien, mit der aktuellen Pandemie aber kaum in Verbindung zu bringen waren. Gleich darauf folgte harsche Kritik an der Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien. Pressevertreter waren einige vor Ort, meistens aus den Reihen der Initiatoren, einer davon bekennender Reichsbürger. Mitgeteilt wurde auch die Überzeugung, dass sich die Pharmakonzerne mit ihren fragwürdigen Medikamenten nur die Taschen füllen wollten. Manche Teilnehmer trugen Masken mit dem Aufdruck „Diktatur“, wenige gar keine oder bewusst durchlöcherte Exemplare. Zwischendurch brandete immer wieder Applaus auf und Seifenblasen stiegen in den grauen Winterhimmel. Bemerkenswert war die etwas krude Mischung zwischen fanatischen Enthusiasten in der Sache und neugierigen Interessierten. Zwischen den Beiträgen unterhielt der Sänger und Gitarrist Norbert Zimmermann alias Norman Taylor das Publikum.
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