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Tod, Gift, Verrat: Reale Krimis in Südhessen 2021
Tod, Gift, Verrat: Reale Krimis in Südhessen 2021 echo-online.de/lokales/rhein-main/tod-gift-verrat-reale-krimis-in-sudhessen2021_25058054 28. Dezember 2021
Dienstag, 28.12.2021 - 05:00 Im abgelaufenen Jahr gab es in Südhessen spektakuläre Verbrechen und Strafprozesse. Ein Überblick.
Von Daniel Baczyk Redaktion Südhessen
Der 27-jährige Biebesheimer, der seine Ehefrau erwürgt hatte, wurde zu dreizehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. (Foto: Guido Schiek)
SÜDHESSEN - Den meisten Menschen wird 2021 nicht als übermäßig heiteres Jahr in Erinnerung bleiben. Beherrscht wurde es durch die Pandemie, die man doch im Frühjahr fast schon besiegt glaubte. Einige schwere Kriminalfälle in der Region trugen https://www.echo-online.de/lokales/rhein-main/tod-gift-verrat-reale-krimis-in-sudhessen-2021_25058054
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zum Gesamtbild bei. In Darmstadt und den südhessischen Landkreisen haben diese Verbrechen und Gerichtsverfahren die Gemüter bewegt: Totschlag in Biebesheim
Im Landgericht Darmstadt wurde am 16. November das Urteil verkündet. (Foto: Guido Schiek)
Am Abend des 27. Februar sorgte sich eine Familie in Biebesheim um eine 27 Jahre alte zweifache Mutter, die seit Stunden spurlos verschwunden war. Ihr Mann und ihre Schwester machten sich schließlich im Auto auf die Suche, die Kinder der Vermissten hatten sie dabei. In einem Gebüsch an der Gernsheimer Straße machte der 26 Jahre alte Mann eine schreckliche Entdeckung: Dort lag die Leiche seiner Frau. Was die geschockten Kinder und die Schwester zu dem Zeitpunkt nicht ahnen konnten: Der Mann hatte die Tote nicht zufällig gefunden. Er wusste genau, wo sie lag, denn er selbst hatte sie dort hingelegt – nachdem er seine Frau erwürgt hatte. Der 26-Jährige galt den Ermittlern rasch als Hauptverdächtiger, da er sich bei der Vernehmung in Widersprüche verstrickte. Es stellte sich heraus, dass er seine Frau bereits im Vorjahr
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misshandelt hatte. Die Frau hatte Wege gesucht, ihn zu verlassen, dafür auch in einem Frauenhaus angefragt. In Untersuchungshaft hüllte sich der Beschuldigte monatelang in Schweigen. Am 12. Oktober begann der Mordprozess gegen ihn am Landgericht Darmstadt. Am fünften Prozesstag kam das Geständnis des Angeklagten: Er habe seine Frau im Streit in der gemeinsamen Wohnung getötet. Die Schwurgerichtskammer sah bei ihrem Urteilsspruch am 16. November die Mordmerkmale nicht erfüllt. Sie verurteilte den Biebesheimer wegen Totschlags und der vorangegangenen gefährlichen Körperverletzung zu dreizehneinhalb Jahren Gefängnis. Giftanschlag in Darmstadt
Trotz zahlreicher Hinweise gibt es in Sachen Giftanschlag an der TU Darmstadt bislang keine heiße Spur. (Foto: Guido Schiek)
Während der gewaltsame Tod der jungen Biebesheimerin schnell aufgeklärt wurde und sich als Beziehungstat entpuppte, ist der Giftanschlag auf Beschäftigte und Studierende der TU Darmstadt bislang völlig mysteriös. Da Leib und Leben einer unbekannten Zahl von Menschen bedroht waren, bewegt sich die Tat in den Dimensionen eines Terroranschlags.
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Ihr unbekannter Urheber hatte in der Zeit vom 20. bis 23. August in einer Teeküche im Gebäude des Instituts für Materialwissenschaft an der Lichtwiese mehrere Lebensmittel – darunter Milchpackungen und Wasserbehälter – mit giftigen Substanzen versetzt. Den genauen Stoff nennen die Ermittler nicht, um kein Täterwissen preiszugeben. Sie nehmen den Vorgang sehr ernst, zeitweilig war die dafür gebildete Sonderkommission „Licht“ 50 Beamte stark. Doch trotz vieler Hinweise gibt es bis heute keine heiße Spur. Das liegt auch an der hohen Zahl von Zugangsberechtigten: Mehrere hundert Personen hatten Zugang zu dem Gebäude. Da gleicht die Motivsuche einem Stochern im Nebel. Haschich-Haus in Erbach
In einem Haus im Erbacher Stadtteil Günterfürst fanden Drogenfahnder Anfang des Jahres eine Marihuana-Plantage. (Symbolfoto: Fotolia)
Das nennt man wohl Nachverdichtung bei der Rauschgiftproduktion: Verteilt auf mehrere Stockwerke eines Hauses im Erbacher Stadtteil Günterfürst fanden Drogenfahnder Mitte Februar eine Lesen Sie auch: Indoor-Plantage zum Anbau von Marihuana. Die Polizisten aus der Odenwälder Kreisstadt stellten bei der Durchsuchung abgeerntete Marihuanapflanzen, https://www.echo-online.de/lokales/rhein-main/tod-gift-verrat-reale-krimis-in-sudhessen-2021_25058054
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rund 60 Kilo verkaufsfertiges Rauschgift und 990 Pflanzentöpfe sicher. Sie nahmen zwei 32 und 35 Jahre alte Männer fest. Im Straßenverkauf hätte der Stoff nach Schätzung des Polizeipräsidiums Südhessen mindestens 600.000 Euro erzielt. Weil hinter dem Geschäft eine Drogenhändler-Bande vermutet wird, schlug die Polizei zeitgleich in Eppstein im Taunus und im schwäbischen Winnenden zu. Dort gab es weitere Beschlagnahmungen und Festnahmen. Geheimnis oder Meinung?
Eine E-Mail hatte dem Pfungstädter Bürgermeister Patrick Koch (Mitte) eine Menge Ärger eingebrockt. Hier mit seinen Rechtsbeiständen Gero von Pelchrzim (rechts) und Nicole Wanske. (Foto: Guido Schiek)
„Zwei bis drei Biere“ hatte Pfungstadts Bürgermeister Patrick Koch nach eigener Aussage intus, als er an einem Samstagabend unter dem Eindruck eines Fernsehberichts eine Mail zu einem Kriminalfall verfasste, mit dem er Jahre zuvor in seinem früheren Beruf als Polizeibeamter befasst war. Vielleicht hätte Koch besser noch eine Nacht darüber geschlafen, denn die Mail brachte ihm einen Haufen Ärger ein.
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Die Botschaft ging an den Rechtsanwalt des Mannes, der wegen eines Doppelmords in Babenhausen im Jahr 2009 zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Koch, damals zeitweilig in den Fall eingeschaltet, äußerte rückblickend unverblümt Zweifel an der Unparteilichkeit der Mordermittlungen. Er habe als Polizist „Dinge mitbekommen“, hieß es in der Mail, die „durchaus den Eindruck einer Vorverurteilung“ machten – insbesondere durch den Polizeipräsidenten, der sich „extrem“ eingeschaltet habe. Die Staatsanwaltschaft sah dadurch den Tatbestand des Verrats von Dienstgeheimnissen erfüllt. Durch Kochs Verhalten würden öffentliche Interessen gefährdet. Doch das Amtsgericht Dieburg folgte dieser Ansicht nicht. Der jetzige Bürgermeister habe kein Geheimnis verraten, da die Mailbotschaft keine Tatsachen, sondern nur seine Meinung enthalte, erklärte Richter Christian Meisinger. Folgerichtig wurde Koch am 16. November freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft kündigte allerdings umgehend an, das Urteil anzufechten. Mit Schere und Feuerzeug
Bei Beschneidungen drei männlicher Babys hatte ein 49-Jähriger gepfuscht und den Kindern gefährliche Körperverletzungen zugefügt. (Foto: Sascha Lotz)
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„Sie sind ein ganz übler Pfuscher, der sein Handwerk überhaupt nicht beherrscht“: Mit diesen Worten verurteilte der Bensheimer Amtsrichter Gerhard Schäfer am 29. Januar einen 49 Jahre alten Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung plus 1200 Euro Geldbuße. Der aus Syrien stammende Mann hatte drei männliche Säuglinge in Lorsch und Einhausen dilettantisch beschnitten. Die Eltern, die dies aus religiösen oder traditionellen Gründen für geboten hielten, hatten dem Mann dafür jeweils zwischen 50 und 150 Euro bezahlt. Später waren Kinderärztinnen bei den Jungen Verwachsungen als Folgen der Eingriffe aufgefallen. Der 49Jährige hatte dafür eine Schere benutzt, die er zuvor über eine Feuerzeugflamme hielt. „Es ging dem Angeklagten nur um stümperhaftes Schnipseln für möglichst viel Geld“, fasste Richter Schäfer zusammen.
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