Tracks 2 14 (März/April)

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No. 2/2014 M채rz/April 4. Jahrgang

Das einzige Schweizer Gratis-Magazin f체r musikalische Lebenskultur

>POP >ROCK >METAL >INDIE/ALTERNATIVE >COUNTRY/AMERICANA >SWISS >BLUES

STORIES INTERVIEWS KONZERTE WETTBEWERBE CD+DVD REZENSIONEN

BRUCE SPRINGSTEEN PETER MAFFAY KROKUS VINTAGE CARAVAN BROILERS ERIC BURDON PENTATONIX CRYSTAL BALL RETO BURRELL THE PRETTY RECKLESS HEAVENS BASEMENT BLUES FESTIVAL BASEL PACK A.D. * KENSINGTON * WE INVENTED PARIS * DAS WAR KRACH

>WORLD



Inhalt 4

PETER MAFFAY

Mit einem bärenstarken Album schaffte es der deutsche Poprocker nach langer Zeit wieder in die Spitze der Schweizer Charts. Wir sprachen mit dem Sänger und trafen einen Mann, für den Begriffe wie Rock›n›Roll und grosses soziales Engagement sehr wohl unter einen Hut passen.

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Die Acapella Sensation

- PACK A.D.

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Damendoppel

- THE PRETTY RECKLESS24 Model Rock›n›Roll

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Immer nach vorn

Er ist das Sprachrohr der hart arbeitenden amerikanischen Mittelschicht und der Underdogs. Für unzählige Fans verkörpert der Boss in seiner Musik und seinen Texten Hoffnung, Trost und Lebensmut - immer mit den richtigen Worten und einer scharfen Beobachtungsgabe.

KROKUS

- PENTATONIX

- BROILERS

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BRUCE SPRINGSTEEN

FEATURES / INTERVIEWS:

- KENSINGTON

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Holland Export

- VINTAGE CARAVAN

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Island Hippies

- HEAVENS BASEMENT

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Englands Hardrock-Hoffnung

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Im nächsten Jahr feiert die dienstälteste und erfolgreichste Schweizer Hardrockinstitution den 40. Geburtstag. Aber schon jetzt kommt ein neues Live-Album heraus, dass die Essenz aus Gestern und Heute vereint. «Long Stick Goes Boom» zeigt eine Band, die nach vielen Wirren und Ups and Downs im «Alter» zu grosser Klasse zurückfindet. Chris von Rohr im Interview.

- ERIC BURDON

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Aus Versehen weiss

- 170 SPLIT

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Ohne Ten Years After

- BLUES FESTIVAL BASEL 51 Jubiläum mit Allen Toussaint

Schweizer Szene: Hier liegt

- RETO BURRELL

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Lässt wieder rocken

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- DAS WAR KRACH

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Elektro Pop aus Zürich

- CRYSTAL BALL

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Zurück in der Spur

- WE INVENTED PARIS

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Basler Ballon Rennen

- SAMMALI DESIGN

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Logos, Covers, Videos & mehr

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www.tracks-magazin.ch Reviews

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Mainstream/Indie/Alternative Bruce Springsteen, Peter Maffay, Paint Me Picasso, John Butler Trio, Indica, Nick Waterhouse, Nomads...

- 28

Hard/Heavy/Metal Michael Schenker, Grand Magus, Iced Earth, Flotsam & Jetsam, Sepultura, Primal Fear, The Shrine, Indian, Witchfynde, Alk Bottle...

- 36

LIVE REVIEWS: - DREAM THEATER - BLACKBERRY BRANDIES 58

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Blues Pills, Innes Sibun, Rob Tognoni...

- 50

Americana/Country/Southern Tobey Lucas, Owen Temple, Glen Campbell...

- 54 Re-Releases The Beatles, Roger Taylor, Lord Sutch...

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Swiss Gigi Moto, Annakin, Heidi Happy, Ira May, Jeans For Jesus, Mash, Rival Kings, Reiz Trigger, Papst & Abstinenzler, Trauffer, Seven Dollar Taxi, The Beauty Of Gemina, Sinplus, Reto Burrell ...

Blues/Soul

DVD/BluRay Jimi Hendrix, Flying Colors, Megadeth, Kreator...

- 60 - 62

Konzertkalender Wettbewerb / Impressum

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Back To The Roots

PETER MAFFAY Als Sänger gehört er zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Musikern aller Zeiten. Auch als verantwortungsvoller und sozial denkender und handelnder Mensch geniesst er höchsten Respekt und Anerkennung. Obwohl in Deutschland sein Erfolg seit Jahrzehnten ungebrochen ist und gerade neue Höhepunkte erlebt, hat er sich nach langer Zeit erst jetzt mit seinem herausragenden neuen Album „Wenn das so ist“ auch wieder in die Schweizer Charts Spitze katapultiert. Wie Peter Maffay verlorenes Terrain wiedergewinnen will und weshalb für ihn ein Tag nicht lang genug ist, erklärt er im Gespräch mit TRACKS.


«Die Freiräume werden immer kleiner»

In Deutschland bist du seit Jahrzehnten einer der erfolgreichsten Musiker überhaupt. In der Schweiz ist das ja nicht ganz so. Hast du dafür eine Erklärung? Es gab ja die Zeit, da haben wir das Hallenstadion gespielt. Das hatte damals ähnlich wie in Deutschland funktioniert. Aber mit Themen wie „Begegnungen“ und „Tabaluga“ bin ich in der Schweiz nicht angekommen, das hat nie wirklich funktioniert. Und mit „Tabaluga“ haben wir fünf Alben produziert, und wenn du für jedes Album einen Zyklus von zwei Jahren nimmst, dann sind das insgesamt zehn Jahre, die mir in der Schweiz fehlen, um wirklich präsent zu sein. Wir hatten 2010 das Album „Tattoos“ gemacht, da war ich noch einmal hier, danach kam wieder „Tabaluga“ – und in den drei Jahren bis jetzt war ich überhaupt nicht mehr in der Schweiz, ausser im letzten Jahr auf einem Open Air in Sursee. Da ist der Faden irgendwie abgerissen. Aber mit dem neuen Album, das ja auch in der Schweiz sehr gut ankommt, wird sich das nun ändern. Der Erfolg von „Wenn das so ist“ ist eine schöne Überraschung. Ich habe grosse Lust und Freude im Verlauf der nächsten Tour wieder im Hallenstadion zu spielen. In Deutschland ist das anders. Da gibt es diese Kontinuität,

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„Tabaluga“ ist sehr erfolgreich und auch „Tattoos“ war Platz 1 in den Charts. Da gab es keine Unterbrüche. Ganz ähnlich, oder vielleicht noch eklatanter, ist es in Österreich. Für die Österreicher bin ich immer noch ein Schlagerfuzzi. Die haben zum grossen Teil nicht mitbekommen, was wir wirklich machen. Wenn du da einer Radiostation mit dem Thema Maffay kommst, sagen die: Bleib uns mit dem Schlagerkram vom Leib. Und dann kannst du ruhig sagen: Habt ihr was an den Ohren, wir machen seit zwanzig Jahren andere Musik. Aber das nutzt nichts. Für die bin ich nicht kompatibel oder zu exotisch. Ich weiss es nicht. Vielleicht liegt es auch an meiner Person. Aber die Schweizer Szene interessiert mich sehr. Die ist einfach gut, da geht eine ganze Menge. Und darauf freue ich mich und bin neugierig, was jetzt hier passiert. Also, ran an die Buletten! Also wird es auf jeden Fall ein Konzert in der Schweiz geben? Ja, mit Sicherheit. Ob es nun das Hallenstadion sein wird, weiss ich noch nicht. Aber mir würde das gut gefallen. Die kommende Tour ist gestern in den Vorverkauf gegangen. Mit einem Paukenschlag, muss man sagen. Bis gestern Abend haben wir 25'000 Tickets verkauft. Das habe ich noch nie erlebt.


Es gab auch in der Vergangenheit schon einige Highlights, aber das jetzt übertrifft alles! Ich dachte, ich höre nicht richtig. Jetzt müssen wir natürlich erst mal die Füsse stillhalten und sehen, wie sich das entwickelt – aber das ist schon ein echter Hammer! Wir haben vor ein paar Wochen das neue Album im Zenith in München vorgestellt und das live in 72 Kinos in ganz Deutschland übertragen. Das war ein schönes Experiment und es haben 25'000 Leute zugeschaut. Es ist das am besten spielbare Album, das wir jemals gemacht haben. Das geht gut von der Hand und da ist eine schöne Dynamik drin. Und deshalb werden wir eine richtig gute Tour spielen, das wird ein echt fettes Ding. Und das würde ich natürlich auch gern in der Schweiz zeigen. Im Vergleich zu deinen anderen Platten ist „Wenn da so ist“ ein sehr organisches, dichtes und rockiges Band-Album geworden. Wie ist das passiert? Habt ihr das zusammen live eingespielt? Das haben wir eigentlich immer schon so gemacht. Aber wir hatten jetzt einen ganz wichtigen Faktor. Und der war: Ein Mann weniger in der Band. Chris Kramer ist ja ausgestiegen. Das macht viel aus, du hast eine Gitarre und auch ein Keyboard weniger. Das gibt viel mehr Platz für jeden. Und dann hatten wir uns gefragt, was wir für ein Album machen wollen. Wir haben zurückgeschaut und herauszufinden versucht, was die Impulse, die uns zu Anfang bewegt hatten, waren und welche Fingerabdrücke sind davon heute noch erkennbar. Dann kam jeder mit seinen Heroes daher, von Hendrix und Cream bis Deep Purple. Dann haben wir aus dieser Sichtweise einen roten Faden gemacht. Das ist Carl Carlton, der klassischen Rock spielt, Peter Keller, der eine sehr moderne Form von Rock spielt, Pascal Kravetz muss nicht mehr gegen seinen Vater spielen - muss sich nicht bremsen und kann sich entfalten, Bertram Engel hat mehr Platz und spielt besser Drums als jemals zuvor, Ken (Taylor, Bassist) spielt stabil wie immer – da ist dann eine schöne Mischung entstanden und es wurde klar, wie man die Songs angeht. Es gab keine grossen Diskussionen über Stilistik, es sollte ein einfaches Album werden mit Songs, die Punch und Druck haben – fertig! Da ist kein grosses Geheimnis dahinter. Wenn du die Demos, die wir vor der Produktion aufgenommen hatten, jetzt hörst – da ist kein grosser Unterschied zu den Albumaufnahmen. Das ist eine Linie, die wir nicht mehr verlassen haben. Und dann haben wir die ganzen alten Verstärker und Instrumente rausgekramt, alles was mit unserer Entstehungsgeschichte zu tun hatte, und haben die dann auch gespielt. Jetzt habe ich links und rechts einen Gitarristen und stehe mit meiner Gitarre in der Mitte und kann die Songs, die ich schreibe nun endlich auch spielen. Ich spiele ja auch ziemlich viel Akustikgitarre auf dem Album. Ich habe meinen Groove und meine Dynamik und die Jungs haben mich aufgenommen. Ich kann nicht so spielen wie Carl oder Peter, das kriege ich nicht hin – aber ich habe meine eigene Dynamik. Und das verbindet sich sehr schön. Du lässt deine Texte ja überwiegend von anderen Leuten schreiben. Was ist der Grund dafür, du selbst schreibst ja auch gute Lyrics? Eben nicht (lacht)! Wenn ich das könnte, würde ich es machen. Ich habe das ein paar Mal gemacht, und ich kann nicht sagen, dass die wirklich schlecht waren. Aber die waren so kompliziert und philosophisch, dass die Leute gesagt haben: Nee – vergiss es. Ich habe auch keine Geduld dafür. Aber ich binde bei neuen Songs mit einer Melodie immer schon etwas Text mit ein. Das gibt dann einen Fingerzeig, in welche Richtung der Text gehen soll. Ich gebe normalerweise die Textidee vor. Aber du musst dann jemanden finden, der mit dir auf einer Ebene korrespondiert und das umsetzen kann. Du bist neben der Musik ja auch in vielen sozialen Projekten engagiert. Wie kriegst du das zeitlich alles unter einen Hut? Bis du ein Workaholic, machst du auch mal Urlaub? Ja, mach ich schon. Aber ich habe teilweise einen sehr toughen Zeitplan. Ich schlafe seit Wochen zu wenig. Das ist auf Dauer nicht gut. Die Freiräume werden immer kleiner, weil die Aufgaben immer vielschichtiger werden. Das alles wächst ja permanent. Die Kapazitäten haben sich im letzten Jahr verdoppelt. Die Stiftung ist von einem Haus auf drei Häuser gewachsen, von 350 Kindern auf 1000. Das muss ich ja alles alimentieren, muss Kohle besorgen, um das am Laufen zu halten. Wir sind von einem Laden mit fünf Leuten auf einen Laden mit vierzig Leuten angewachsen. Auf der einen Seite laufe ich mit der Lederjacke rum, auf der anderen sitze ich hinterm Schreibtisch. Es wird allgemein immer ein bisschen enger. Aber es ist auch geil, die Möglichkeit zu haben, das tun zu können. Das ist einfach ein Privileg! Aber du klappst nicht irgendwann einfach zusammen? Das hat es alles schon gegeben. Irgendwie überschätzt man sich schnell selbst. Ich bin jetzt zum Beispiel froh, dass heute mein letzter Tag für die Promo-Arbeiten des neuen Albums ist. Nun habe ich ein bisschen Luft, aber das wurde jetzt auch Zeit. Pro Tag zwei, drei Städte und das geht dann morgens um 7 Uhr los und hört nachts um 2 Uhr auf. Das ist ein normaler Tag! Das ziehst du einen Monat durch, dann weisst du was du getan hast und weisst auf jeden Fall nicht mehr, wo du stehst. Was hörst du privat für Musik? Im Moment gar nichts, weil ich selbst zuviel spiele. Das letzte, das ich gehört habe, war das neue Springsteen-Album. Ein gutes Ding! Da gibt es ja eine gewisse Seelenverwandtschaft. Er ist schon jemand, den ich seit Jahren immer auf dem Schirm habe – ein guter Mann!

Kolumne Jah Love! Hugs Wegweiser durch die Populär-Galaxie von Christian Hug

Da steht also Frederick «Toots» Hibbert auf einer Bühne in Richmond, Virginia, USA, spielt seine Reggae-Hits von Toots and the Maytals und obendrein John Denvers «Take Me Home, Country Roads», weil es geografisch grad gut passt, wir sind schliesslich im Tabakland Virginia, und Tabak ist nötig, um Joints zu drehen. Die Stimmung ist gut. Bis ein Volltrottel aus dem Publikum eine 1,75-Liter-Wodkaflasche auf die Bühne wirft – Kopftreffer! «Pressure Drop» sozusagen. Toots' «World is turning», er geht k.o. mit einer Platzwunde, die im Spital mit sechs Stichen genäht werden muss. Das war im Mai letzten Jahres. Seither leidet Toots an Gedächtnisverlust und Kopfschmerzen und der Unfähigkeit, neue Songs zu schreiben, und das Schlimmste: Er hat nun dermassen Schiss vor Menschenansammlungen, dass er sich nicht mehr traut, Konzerte zu geben. Sagt jedenfalls sein Anwalt. Und der muss es ja wissen. Er und Toots schossen im Juni scharf zurück: eine Schadenersatzklage über 21 Millionen Dollar gegen den Flaschenwerfer William Connor Lewis. Das Gericht tagte letzten Dezember und disputierte darüber, William Connor Lewis wegen seines Flaschenwurfs für sechs Monate hinter Gitter einzusperren. Und jetzt wird's lustig: Gefängnis?, dachte sich der bekennende Christ Toots, und erschrak. Nein, dachte sich Toots, Gefängnis ist im Fall extrem übel, da wird man gequält und drangsaliert und in der Dusche darf man sich auf keinen Fall nach der Seife bücken, habt ihr denn nicht meinen Welthit «54-46 That's My Number» gehört, in dem ich über meinen eigenen Knastaufenthalt wegen Marihuanabesitz singe? Also steckt den armen William bitte nicht in den Knast! Diese Bitte stellte Toots jedenfalls schriftlich an das Hohe Gericht beziehungsweise sein Anwalt tat es, denn Toots war wegen Kopfschmerzen nicht persönlich anwesend. Ein netter Mensch, dieser Toots. Hat erkannt, dass die Tat von William, wie dessen Verteidiger zugab, «monumental dumm» gewesen ist, und will ihn nun vor Knastjammer und Gefängniselend retten. Aber jetzt wird's erst richtig lustig: Im gleichen Atemzug liess Toots verlautbaren: William soll zwar nicht ins Gefängnis, aber hey, die 21 Millionen Schadenersatz, die soll er im Fall trotzdem zahlen! Wir wissen ja warum: Wegen der Bühnenangst. Und das sagt einer, der seit mindestens 55 Jahren auf der Bühne steht (Toots ist 72). Also lieber diesem kleinen Wichser das Leben zerstören, denn woher soll ein 19-Jähriger 21 Millionen nehmen, als ihn bloss sechs Monate hinter Gitter stecken. Wir sehen: Auch Jah Love kennt ihre Grenzen. Dass Toots einst inbrünstig «Peace, Perfect Peace» und «True Love» gesungen hat? Spielt keine Rolle! Was zählt, ist das: «Knock Out», nach Toots' gleichnamigen Album von 1984. William bekam sechs Monate Knast. Und Geldstrafe. Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass Bono Vox verboten werden sollte.

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REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative CATS ON TREES Cats On Trees Tôt Ou tard/Disques Office

PETER MAFFAY Wenn das so ist Sony hh. Der kleine Mann mit der grossen Stimme gibt wieder Vollgas. Auch als Mittsechziger gibt es bei ihm keinerlei Ermüdungserscheinungen. Im Gegenteil, auf seinem neuen Album präsentiert er sich kraftstrotzend und zugleich melancholisch. All das kennt man von ihm. Dass es trotzdem nicht langweilig wird, verdankt er seinen herausragenden Songwriter-Qualitäten, die auch in einfach gestrickten Titeln dieses gewisse Maffay-Spezial transportieren – und das ist Ehrlichkeit, Bodenständigkeit, Authentizität in höchstem Mass. So gesehen ist Maffay nicht erst heute um Klassen mehr Rock'n'Roll als es beispielsweise sein Kollege Udo Lindenberg je war. Kommt dazu, dass sich der Mann in seiner ganzen langen, musikalisch wechselvollen Karriere nicht verbiegen liess, jegliche Anbiederungen an die Medien erfolgreich verwehrte und mit seinen sozialen Aktivitäten abseits der Musik nie hausieren ging. Dass er trotzdem einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Künstler wurde und immer noch ist, muss also wohl mit seiner überragenden musikalischen Qualität zusammenhängen, die auch für diese enorme, über all die Jahre ungebrochene Fantreue gesorgt hat. „Wenn das so ist“ vereint zwölf Songs, hauptsächlich von Maffay komponiert, wobei auch Bassist Ken Taylor und Gitarrist Peter Keller ihren Teil beitrugen. Vom Texten lässt Maffay auch dieses Mal wieder die Finger und hat seine Ideen und Vorstellungen dem Autor Nisse Ingwersen und der renommierten Literatin/Regisseurin/ Verlegerin Beatrice Reszat vermittelt, die daraus stimmige

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und gehaltvolle Lyrics bastelten bzw. Maffay direkt auf die Haut schrieben. Allen zwölf Songs inkl. dem Remake des Dylan-Songs „Girl From The North Country“, der hier „Gelobtes Land“ heisst, ist gemein, dass sie sich erfolgreich gegen jeden Zeitgeist stemmen – erdiger, traditioneller Rock zwischen Pop und Blues mit Kanten und gelegentlichem Pathos oder besser gesagt: Wo Maffay draufsteht ist auch Maffay drin und zwar zu 100%. Maffay ist nach wie vor prächtig bei Stimme, seine langjährigen Bandkumpel spielen gewohnt souverän routiniert, groovig, punktgenau - lassen es überwiegend richtig krachen. Die Gitarren stehen knochentrocken im transparenten, warmen Soundbild – von Maffay zusammen mit Keyboarder Pascal Kravetz und Peter Keller produziert. „Wenn das so ist“ ist ein weiteres KlasseAlbum in der MaffayDiscographie. Hier stimmt einmal mehr alles, nichts wirkt aufgesetzt, Ausfälle gibt es praktisch keine und musikalische Experimente werden vermieden. So gesehen ist auch das CDCover absolut stimmig: Maffay im Portrait – vom Leben gezeichnet, stolz und stark auch im Alter. Das Feuer, das immer noch in ihm lodert, ist hier nicht nur hör- sondern geradezu fühlbar. Maffay rockt hart und authentisch - seine Lederjacke trägt er zurecht!

hug. Es gibt diese Artworks und Bandnamen, die dem Betrachter sofort klarmachen, dass da irgend etwas Gutes drinsteckt. Das Cover des selbstbetitelten Albums der Band mit dem kurligen Namen Cats on Trees ist so eines: Egal, was da drin ist, es klingt gut. Die englisch singende Band ist ein Duo aus dem französischen Toulouse, das Album ist ihr Debüt. Nun denn: «Burn», der Opener, klingt frisch und unverbraucht, es ist heiterer, beschwingter Pop. «Sirens Call» erinnert an dieses Radiostück von Kate Nash oder Lilly Allen oder Maria Mena, und genauso geht es weiter: Mit der unbedarftunverfrorenen Frische junger Popmusiker, die noch überzeugt sind, dass die Welt erstens ihnen gehört und zweitens ihnen nichts anhaben kann. Wie Kate Nash eben oder Lilly Allen oder Maria Mena. Oder Lenka. Und nein, Miley Cirus gehört nicht in diese Vergleichsliste. Heiterer Pop also, in dem das Klavier in der zweiten Hälfte mehr Platz einnimmt als in der ersten und der nichts anderes will, als heiterer Pop zu sein.

JOHN BUTLER TRIO Flesh & Blood Warner

hug. Bei einem John-ButlerSong weiss man nie, wohin der führt und wo der enden wird. Er kann irgendwo beginnen und urplötzlich die Richtung ändern, und vielleicht kommt der Song zurück zu seinem Anfang, vielleicht aber auch nicht. Dabei vollzieht der Vorzeige-Surfer aus Australien vielerlei verschiedene

Kunststücke. Wenn er zum Beispiel unvermittelt die Gitarre in den Vordergrund stellt, klingt das ohne Übergang gleich so, als wäre er längst mitten im Solo. Oder wenn er mit dem Blues spielt, dann umtänzelt er um ihn herum, leichtfüssig und wissend. Oder wenn er singt, ändert er nach Belieben die Melodie, ohne je die vorhergehende zu vergessen. Oder wenn er zum Refrain anhebt, dann klingt der wie ein Refrain, aber zwischendurch singt er einfach mal einen Textzeile wie eine Stadionhymne. Und statt dass er, wie ihm als Surfer gebühren würde, klassischen Surfsound antönt, umtänzelt er lieber den Reggae – auch hier leichtfüssig und wissend. Und ganz am Ende klingen seine Songs trotzdem immer so wie etwas, das man vielleicht Pop nennen könnte. John Butler ist eine Art free floating Blues addict mit Surfbrett, und er wird von Album zu Album immer noch ein Stückchen freigeistiger. Jetzt gerade neu bewiesen mit «Flesh & Blood». Hach, würden doch nur mehr Musiker so denken wie er.

PAINT ME PICASSO Bygones Alive / Kontor New Media

hz. Der melodische, tanzbare Rock mit den markanten Rhythmen der jungen Hamburger Band Paint Me Picasso macht auf Anhieb Lust, die Band live zu erleben. Live aufzutreten scheint den jungen Hamburger Musikern im Blut zu liegen, denn sie sind schon auf vielen Bühnen gestanden und haben zahlreiche Erfolge bei Konzertwettbewerben zu verzeichnen. Teilweise, wie zum Beispiel beim Intro des ohrwurmverdächtigen „Can't Let You Go', erinnern die vier jungen Rockmusiker an Muse, teilweise wie mit „New York Streets“ an andere junge Rockbands wie Free Energy aus Pennsylvania oder die Infadels aus London. Sie können aber auch manchmal Lärm machen, wie die Guano Apes. PAINT ME PICASSO besteht aus dem Sänger Can, dem Gitarristen


Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS Jules, dem Bassisten Pdx und dem Schlagzeuger Steven, die in Hamburg Musik studiert haben. Es handelt sich um ihr Debütalbum „Bygones“, das jetzt zwei Jahre nach ihrer E.P. aus dem Januar 2012 herauskommt. Die E.P. wurde in Miami im Studio der Produzenten Chris Rodriguez und Jeff Glixman aufgenommen, doch danach sind PAINT ME PICASSO wieder ihren eigenen Weg gegangen und haben selbst an den Tracks gefeilt. Mit Hilfe des Produzenten Ludwig Maier und des Co-Produzenten Johannes Rothenaicher sind qualitativ hochwertige Aufnahmen für das neue Album entstanden. Eigenwillige Rockklänge mit einer fesselnden Stimme, in die es sich lohnt hineinzuhören.

THE NOMADS Solna Career Records

rp. Die schwedischen The Nomads haben schon Garagenrock gespielt, als der noch eine Lebenseinstellung und keine flüchtige Modeerscheinung war. Im Zuge des ersten Garagenrock-Revivals anfangs der Achtziger Jahre erschien 1983 ihr erstes Album «Where The Wolf Bane Blooms». Seit damals geht die 1981 ins Leben gerufene Band unbeirrt ihren Weg. «Solna», ihr circa achtzehntes Werk, das bereits im letzen Jahr nur in Schweden erschien, erhält jetzt eine internationale Veröffentlichung. Das einmal mehr ausgezeichnete Songmaterial rechtfertigt dies unzweifelhaft. Trotz ihres doch unterdessen fortgeschrittenen Alters rockt die Band um Frontmann Niklas Vahlberg immer noch gewaltig. Die ausgewogene Mischung aus knackigen Rockern, angerauten Power-Pop-Nummern und angepunkten Krachern bringt das Blut in Wallung und treibt Schweiss auf die Stirn. Das Einflussspektrum reicht von den Flamin Groovies, den New York Dolls, den Rolling Stones, den Stooges bis hin zu den Dictators. «Don't Kill The

Messenger», wenn er solchen Garagenrock bringt.

FANTÔME It All Makes Sense SnoWhite

hug. Verheissungsvolle Namen stecken hinter Fantôme: Marcel Zürcher spielte vor langer langer Zeit bei Abwärts und ist seit 2005 bei den Krupps, Hanin Elias war zweimal eine Zeitlang die Sängerin der aufregenden Krachkombo Atari Teenage Riot und half bei Pigface mit. Das klingt nach einer spannenden Kollaboration. Aber die zwölf Songs erfüllen dieses Versprechen nicht ansatzweise: Keine Spur von Querdenken, nichts Aufmüpfiges, keinerlei BulldozerEnergie. Stattdessen auf Harmonie und Liebe bedachter, altbackene Elektro-/Wave-Lieder ohne viel Ideen. Man kann durchaus von der Liebe singen, aber wenn zwei Kaliber wie Zürcher und Elias zusammenkommen, darf man mehr erwarten. Schade. Das ist komplett verschenkt. Das macht, um beim Albumtitel zu bleiben, keinen Sinn.

INDICA Shine Nuclear Blast/Warner

hug. Bei ihrem Englisch-Debüt «Away» 2010 haben wir noch gejubelt. Es folgt ein Selbstzitat: Endlich mal eine All-Girl-Band, von der wir vorbehaltlos und von ganzem Herzen schwärmen können: Indica! Toumas Holopainen von Nightwish hat die Mädels aus Finnland entdeckt und seit ihrer Gründung 2001 gefördert: In ihrem Heimatland haben die fünf Mädels bereits vier Alben veröffentlicht und diverse Male die nationalen Charts geentert. Jetzt erscheint für den Rest der

Welt eine Art Best of aus den vier Alben, diesmal auf Englisch gesungen und deshalb neu eingespielt, wiederum betreut von Toumas Holopainen: Hier haben sich ganz viele Leute ganz viel Mühe gemacht, nichts anbrennen zu lassen: grosse Gesten, voluminöse Orchester (Nightwish lassen grüssen), Anleihen aus der Gothik, eingängige Melodien, ein bisschen Romantik, ein bisschen Kitsch, Pop- und Radiotauglichkeit inklusive Glaubwürdigkeit für RockFans, und überhaupt: Sind die Mädels nicht zuckersüss? Zitat Ende. Auch wenn wir damals vor allem wegen des Eröffnungssongs «Islands Of Light» ein bisschen ins Schwärmen geraten sind: Auf «Shine» ist nichts von all dem übrig geblieben. Obwohl Toumas Holopainen erneut an den Reglern war. Indica klingen jetzt wie eine schlechte Kopie der Bangles, und das macht «Shine» zur Kinderplatte. Dazu passt ja auch das gelbe Cover und die Teenieposen. Schade.

THE SHANKS Surfing The Lexicon Phratry Records

hh. Mit The Shanks schicken die Kanadier neben The Pack A.D. ein weiteres Duo in die weite Welt. Obwohl, die Shanks erkunden die Welt schon seit geraumer Zeit, „Surfing The Lexicon“ ist bereits der achte Output in den neun Jahren des Bestehens. Im Gegensatz zu den meisten gleichgelagerten Duos, die irgendwie seit den White Stripes wie Pilze aus dem Boden schossen, gibt es hier jedoch nicht die übliche Gitarre/DrumBesetzung, sondern der Bass ist das Melodie-Instrument. Allerdings verpasst Ian Donald Starkey, zugleich Sänger und Songwriter, seinem Bass verschiedenste Sounds und


REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative

MALIA & BORIS BLANK Convergence Universal

umgeht damit geschickt den viersaitigen Limitierungen. Musikalisch graben sich die Shanks durch den Rock der letzten vier Dekaden und vermischen die verschiedensten Stile zu einer eigenen, prächtig funktionierenden Suppe. Die Gesangsmelodien haben sowohl pschedelisch-beatlesken Charakter wie auch Kurt Cobain seinen Einfluss durchschimmern lässt. Dabei beweist Starkey ein ausgesprochen goldenes Händchen für eingängige Hooklines, die sich schon nach dem ersten Hören in den Ohrmuscheln festkrallen. „Surfing The Lexicon“ richtet sich nicht nur an Fans besagter White Stripes, sondern ist bestes Ohrfutter für alle, die auf gute poprockige 3Minuten-Songs stehen. Unbedingt antesten.

Wanna Grow Up Anymore» oder tanzbare Tracks wie «Get It Together». Musikalisch ist «Familiar Stranger», ohne einen einzigen Ausfall (!), irgendwo zwischen Elliott Smith, Korgis, ELO, Beatles, Jellyfish, M83 und wohlklingenden Beach-Boys-Chören situiert. Ein Ohrenschmaus.

SCHNAUSER Where Business Meets Fashion Bitter Buttons

BOB EVANS Familiar Stranger EMI hug. Was für eine ungewöhnliche Geschichte: Die englische Sängerin Malia, Tochter einer Malawierin und eines Briten, macht sich langsam, aber stetig über vier Alben einen guten Namen als hervorragende Jazzsängerin, was sie in der Tat ist: Sie hat diesen Sinn für knapp eingesetztes Vibrato wie einst Billie Holiday, sie sieht sich selber in der Tradition von Nina Simone und kann die verkopfte Kammermusik einer Esperanza Spalding in eine einfachere, emotionalere Sprache übersetzen. Zu Recht wurde Malia (Betonung auf dem i) deshalb mit einem Echo ausgezeichnet als beste internationale Jazzsängerin 2013. Zuletzt interpretierte sie auf «Black Orchid» 2012 Lieder von Nina Simone. Malia ist also auf der Suche nach etwas Neuem und stösst dabei auf Boris Blank: Als Mastermind und Extraklasse-Sounddesigner von Yello muss dieser Herr nicht weiter vorgestellt werden. Malia und Boris Blank nehmen also die Arbeit im Studio auf, doch da kriegt Malia die Diagnose Brustkrebs, in der Folge werden ihr beide Brüste amputiert. Das Studioprojekt zwischen ihr und Boris wird zum Dokument von Malias Kampf gegen den Brustkrebs und zieht sich bis zum fertigen Album über drei Jahre hin. Soweit die Vorgeschichte. Die Musik, die so entstanden ist gehört in die Auswahlliste der Alben des Jahres 2014: Einerseits macht Boris Blank nicht den Fehler, für Malia eine Art elektronischen Jazz erfinden zu wollen, sondern bleibt bei seinen Yellotypischen Klanglandschaften und diesen Blanktypischen, akzentuierten Soundscapes und Schnipsel-Collagen. Anderseits begeht Malia nicht den Fehler, für Boris ihren Gesangsstil zu ändern oder den Sprechgesang der anderen Yello-Hälfte Dieter Meier nachzuahmen, sondern bleibt bei ihrer souligen, getragenen Singweise. Sehr wohl versteht es Boris Blank aber, die richtigen Soundscapes um die warme, tiefe Stimme von Malia zu legen, während Malia auf Jazz-Experimente verzichtet. Entstanden sind elf unglaublich starke, eindringliche Songs, die äusserlich in einer fluiden Atmosphäre strahlen, innerlich aber stark und stabil sind. Songs wie das melodiöse «Tears Rund Dry», das triphoppige «Claire Cadillac» oder das Afroangehauchte «Turner's Ship» sind schlicht Juwelen. Das Elektronische bleibt elektronisch, das Organische bleibt organisch, und beides zusammen ergibt etwas Neues. Malia nennt es Electronic Gospel.

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rp. Der aus Perth stammende Kevin Edward Mitchell ist ein wohlklingender Name in Australien. Mit seiner ehemaligen Band Jebediah, 1994 ins Leben gerufen, eilte er von Erfolg zu Erfolg. Vier ihrer fünf Alben erreichten die australischen Top-Ten. Zwei davon ernteten Platin-, bzw. Doppelplatin-Status in Down Under. 1999 entschied Mitchell sich, unter dem Pseudonym Bob Evans auf Solopfaden zu wandeln. Solo wollte er leisere Töne anschlagen, als mit den Indierockern Jebediah. Auch so blieb dem 37-jährigen Mitchell der Erfolg treu, zwar nicht im gleichen Masse wie mit Jebediah. Zwei seiner bisherigen drei Alben erreichten die Top-Thirthy der australischen Charts und wurden mit Preisen ausgezeichnet. Das zweite Werk «Suburban Songbook» (2006) gewann beispielsweise 2006 den ARIA Music Award für das «Best Adult Contemporary Album». Auch sein neues Werk «Familiar Stranger» hat viel Potential. Und zwar in mehrfacher Hinsicht. Mitchell hat ein sicheres Gespür für eingängige Indiepop-Nummern, die sich gut in den Charts machen, aber auch über Tiefe verfügen. Neben leisen, behutsamen Songs wie Footscray Parks», «Sitting In The Waiting Room» oder «From Ourselves» offeriert er auch Charts-Nummern wie «Maps», «Bruises» oder «Don't

rp. Ernsthaftigkeit war noch nie die Sache der englischen Schnauser. Auf ihrem vierten Werk, ihr erstes und drittes hiessen, bloss zur Erinnerung, «Kill All Humans», bzw. «The Sound Of Meat», wurde diese Herangehensweise erneut verfeinert, Die elf Songs klingen ziemlich verspielt und ausgesprochen detailreich. Man muss schon genau und mehrmals hinhören, um alle Feinheiten herauszuhören. Hier ein kurz eingestreuter Brummelbass, da eine Prise psychedelisches Flirren, dort ein Basslauf im Geiste der Beach Boys, da ein dezenter Reggae-Groove und überall und immer wieder wohlige Gesangsharmonien. Der Auftakt, das gewaltlos betitelte « Showers Of Blood» verbindet auf wunderbare und vertrackte Art und Weise Microdisney mit XTC. Zum Abschluss verliert sich die Band um Mastermind Alan Strawbridge in Progrock-Gefilden. Der poetischverspielte Beginn des zweiten Songs «Walking Stick & Cat» mahnt erneut an XTC, diesmal in ihrer psychedelischen Reinkarnation als The Dukes of Stratosphear. Dass gegen Schluss hämisch der Verlust einer Katze besungen wird, sei Schnauser (englisch für Schnauzer) diesmal verziehen. Und auch das einmalmehr grandioses Songmaterial auf «Where Business Meets Fashion» gereicht als Entschuldigung gegen jeglichen Katzenhass.

GABI DELGADO 1 GoldenCore/Zyx hug. Niemand hat in den Achtzigern die Ästhetik des expressiven Tanzes, der (homophilen) Sexualität und der


Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS Sequenzer-Musik so radikal reduziert und im Geiste des Punks neu erfunden und gleichzeitig diesen Kosmos aus Leder und Beats in so fordernde

Lyrik zusammengepresst wie das Dortmunder Duo DAF (Deutsch-Amerikanische Freundschaft). Der eine, Robert Görl, hat nach einem schweren Autounfall zum Buddhismus gefunden, der andere, Gabi Delgado, ist hetero geworden und seiner Passion für coole Clubs treu geblieben. Beide haben immer wieder Musik veröffentlicht, meist solo, inzwischen auch schon zweimal wiedervereint als DAF. Und nun also «1», ein weiteres MussHaben für all jene, die sich gerne im oben erwähnten Kosmos bewegen und vor allem Lust auf Tanzen haben. Im Vergleich zu Gabis Zeit als DAF DOS, der quasi EinmannFortsetzung von DAF mit den Mitteln des Clubsounds, ist «1» die mit Clubsounds lediglich angereicherte Rückkehr zu DAF-Alben wie «Alles ist gut» und «Gold und Liebe», den beiden Werken, die in jede ernstzunehmende Elektronik-Sammlung gehören. «1» nimmt sich neben diesen beiden Alben aus wie eine grossartige Zugabe, weil Delgado immer noch an «die Science-Fiction-Liebe» glaubt. NICK WATERHOUSE Holly Innovative Leisure/Irascible

hug. «Times's All Gone», das 2012 erschienene Debüt des Kaliforniers, war einer der Überraschungen des Jahres und eine hohe Position in den Jahres-Charts der Soul- und R'n'B-Freunde. Es war ein grossartiges, restlos mitreissendes Soul-Album im Stil der 50er- und 60er-Jahre, als die

Mods Hochkonjunktur hatten, aber es klang so nonchalant frisch und vollmundig, als hätte Nick Waterhouse diese Musik eben erst erfunden. Und jetzt das: Eine Ansammlung karger, ja dürrer Lieder, die immer wieder mal in den Blues oder in den Jazz ausdellen, ohne dass das wirklich einen Sinn hergäbe; eine wenig motivierte Stimme, die dieser Kargheit gerecht zu werden versucht, aber sich darin nicht findet. Da hilft es auch nicht, dass die Plattenfirma «Holly» «for fans of Van Morrison» preist, weil sogar der besser klingt. Kurz: Ein Abschiffer. Sogar auf seiner Website ist all die schöne Soul-Musik, die dort einst versammelt war, verschwunden. Was ist bloss passiert?

WELLE: ERDBALL Tanzmusik für RoboterSPV/Musikvertrieb

hug. «Gib mir meine Zukunft wieder», singen Welle: Erdball zur Eröffnung ihres neuen Werks, und in ihrer Welt aus verquer-ironischer Logik kann dabei durchaus gemeint sein, dass sie nun mit grossen Schritten in ebensolche gehen. Schliesslich haben sie erst letztes Jahr mit der wunderbaren 2-CD-/1DVD-50-Seiten-Booklet-/Pin/Sticker-Satinbox «20 Jahre Welle: Erdball» ihre Vergangenheit rekapituliert und abgeschlossen. Zu dieser Gelegenheit hat Sängerin Plastique auch gleich gekündigt, aber inzwischen ist mittels eines Radiovotings eine neue Sängerin gefunden worden (deren Name aber bis zum Redaktionsschluss noch nicht bekanntgegeben wurde). In Dieser Box hat die MinimalElektronik-Kombo gezeigt, dass sie gleichermassen Enkel von Kraftwerk, Cousins von Andreas Dorau und entfernte Verwandte von Fischerspooner sind und in ihrer Geschichte elektronische Trends zwar aufgenommen, aber nie ernsthaft ausgelebt haben. Auf «Tanzmusik für Roboter» drehen und drücken Welle: Erdball mit dermassen grosser Frische und sprichwörtlicher Spiellust auf ihren uralten Synthies und Konsolen, dass man meinen könnte, wir befänden uns in den Achtzigern und die Band wäre eben erst gegründet worden. Trotzdem klingt ihre Coverversion von Kraftwerks «Wir sind die Roboter» so souverän wie ein Song, der eben erst geschrieben wurde. Eine gelungene «Rückkehr» der Band sieben Jahre nach ihrem letzten ordentlichen Album.

Pally’s kurz und knapp THE WOODENTOPS Granular Tales Lange ist her seit die englischen Woodentops die Musikwelt mit ihrem charmanten Indiepop (dazu höre Mann und Frau ihr Album «Giant» von 1986) beglückten. Genau genommen 25 Jahre. Die Wiedervereinigung der Band um Sänger und Gitarrist Rolo McGinty bereitet deshalb gleich in zweierlei Hinsicht Freude: Erstens klingen die zwölf Songs auf «Granular Tales» so erfrischend wie eh und je und zweitens will mir der Song «Off To War» einfach nicht mehr aus den Gehörgängen gehen. PEGGY SUE - Choir Of Echoes Auf dem vierten Werk der aus dem englischen Brighton stammenden Peggy Sue geht es nach eigenen Angaben ums Singen. So weit, so gut. Das da der Auftakt «(Come Back Around)» angenehm schmeichelnd a capella gesungen ist, mag niemanden verwundern. Den Rest der insgesamt dreizehn Songs untermalt das Trio um Rosa Slade, Katy Young und Olly Joyce aber mit einer trockenen, gelegentlich etwas monotonen Mischung aus Indierock, Indiefolk, Wave und Postpunk. Ist das nun schöne Monotonie oder monotone Schönheit? VICTOR VALLEY - Suitcase Man kann sich das deutsche Quartett Victor Valley gut um ein Lagerfeuer sitzend vorstellen. Wo sie mit akustischen Gitarren und feinen Gesangslinien die Leute zum mitsingen animieren. Was bestimmt am Lagerfeuer funktioniert (Ich habe sie leider nie selber gesehen), funktioniert auch auf Tonträger. Die dreizehn Songs auf «Suitcase» zaubern etwas Sonnschein in das momentan etwas trübe Wetter. YASKA - Falling Twins In Yaska treffen sich Wave, Postpunk und Synthpop zu einem reizvollen Tanz. Bassläufe und Gitarren deuten Joy Division oder New Order an, der Gesang ist jenseits des Schmerzes von Ian Curtis. Im Abschluss spielt das keine Rolle, darum ist der Titeltrack der beste Song auf der 4Track EP. BRENDAN BENSON - You Were Right

Gut eineinhalb Jahre nach seinem letzten Werk, dem grandiosen «What Kind Of World» legt Brendan Benson (auch Raconteurs) bereits wieder ein neues Album nach. «You Were Right» . Die fünfzehn Songs reichen aber nicht an die des Vorgängers heran, was bei einem Album wie «What Kind Of World» auch schwierig ist. Ein Grund dafür mag sein, dass «You Were Right» neben anderem «nur» unverwendetes Material früher Alben enthält. Besser als ein Grossteil der IndierockVeröffentlichungen ist «You Were Right» aber allemal. CHRISTIAN KJELLVANDER - The Pitcher Der Schwede Christian Kjellvander ist nicht der erste, der ein Album in einer Kirche aufnimmt. Man erinnere sich beispielsweise an die Cowboy Junkies oder an Arcade Fire. Nicht immer hat diese Vorgehensweise aber eine solche tiefgreifende Wirkung wie bei Kjellvander. Die neun Songs, irgendwo zwischen den Walkabouts, Nick Drake oder Uncle Tupelo beheimatet, auf seinem sechsten Werk strahlen eine fast sakrale Stimmung aus. Die religiös aufgeladene Umgebung ist auf die Songs übergangen, hat sie erfasst und transzendiert. «The Pitcher» ist einmal mehr der Beweis, dass Musik, wenn sie aus der Tiefe des Seins kommt, viel mit Religiosität, bzw. Spiritualität zu tun hat. TRICKY LOBSTER - The Blue Hospital Conspiracy Tricky Lobsters scheinen Bands wie Danko Jones, Black Sabbath, AC DC, Kyuss oder Fu Manchu zu lieben. Das gereicht dem deutschen Trio um Sänger Sarge nicht zum Nachteil. Im Gegenteil. Die drei Herren wissen, was eine musikalische Harke ist. Die zwölf Songs rocken schweisstreibend, manchmal schwer (DoomMetal yeah), dann treibend rasant aber gelegentlich auch fast entspannend leicht.

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Modern Vaudevill Das Quintett aus Arlington, Texas, ist etwas Besonderes. Nicht nur, weil sie eine A Capella-Band sind, sondern weil sie zu den erfolgreichsten Gewinnern des beliebten amerikanischen GenreCastingformats „The Sing-Off“ gehören. Und das zu recht. ip. A Capella Formationen haben in den Staaten einen wesentlich höheren Popularitätsgrad als bei uns in Europa. Dies kristallisierte sich bereits Mitte des 19. Jahrhunderts heraus, als sich aus den Minstrel Quartets, wie man Theater- und Gesangstruppen auf Jahrmärkten nannte, Sklavengesängen und den reisenden Vaudeville-Ensembles der Barbershop entwickelte. Die vierstimmigen Chöre wurden damals als Radioersatz gesungen, um sich die Wartezeit beim Barbier, der damals nicht nur als Ort der Körperpflege, sondern auch als Treffpunkt genutzt wurde, zu verkürzen. Die Lieder, die man auf dem Jahrmarkt oder im Theater gehört hatte, wurden oft tags darauf von den Friseuren zur

Unterhaltung der Kunden gesungen. Leider geriet diese Tradition mit der Erfindung des Radios in Vergessenheit. Manche mögen sich noch an die Flying Pickets oder Die Prinzen erinnern, die mit „Only You“, respektive „Millionär“ oder „Alles nur geklaut“ Erfolge feierten. Bei der jüngeren Generation jedoch ist A Capella eher angestaubt, ein Relikt aus elektronikfreier Zeit und somit ungeniessbar. Das dürfte sich mit den Pentatonix ändern. Seit die junge Truppe vor drei Jahren „The Sing-Off“ gewannen, konnten sie zwei Alben unter den Top 20 der Billboard Charts platzieren und ist seitdem extrem erfolgreich in den Vereinigten Staaten unterwegs. Mit Medleys wie „The Evolution Of Music“ oder einem Daft Punk Medley haben Pentatonix auf Youtube Klicks in mehrstelliger Millionenhöhe gesammelt. Um genau zu sein, gibt es eigentlich kaum ein Video des Texas-Fünfers, das unterhalb der Millionengrenze steht. Kirstin Maldonado, Mitch Grassi und Scott Hoying waren bereits als Kinder befreundet und nahmen später eine Version des Lady Gaga Hits „Telephone“ auf, mit dem sie an ihrer High School einige Beachtung fanden. Als das Video dazu auch auf Youtube begann, Aufmerksamkeit zu erregen, häuften sich auch Auftrittsanfragen. Durch einen Freund erfuhren sie von der Castingshow „The SingOff“, für die sie sich allerdings nur als Quartett bewerben konnten. Durch Zufall begegnete Hoying dann Avriel Kaplan, einem angesehenen Vocal Bass der Szene, und entdeckte den talentierten Beatboxer und Yale-Absolventen Kevin Olusola auf Youtube. Einen Tag vor den Auditions zur Show traf sich das neu formierte Quintett zu ersten Mal. Dass sie es tatsächlich dann auch schafften, den Wettbewerb für sich zu entscheiden, spricht für ihr immenses Talent. Ausverkaufte Konzerte und Tourneen in den USA sind ein weiterer Beweis dafür, dass Pentatonix mit ihrem hochmodernen Mix aus Pop, Dubstep, Electro, Reggae und Hip-Hop den Nerv der Zeit getroffen haben. Ihre Videos werden in Schulen im Musikunterricht als Inspiration und Referenz gezeigt und dürften somit der jüngeren Generation als neues Vorbild für endlich wieder echt gemachte Musik dienen. Obwohl ihr Repertoire zum grossen Teil aus zeitgenössischen Titeln von Katy Perry, David Guetta oder Beyoncé besteht, haben Pentatonix doch auch einen erheblichen Teil für Klassiker von Steppenwolf, Marvin Gaye oder Survivor reserviert und knacken damit auch weitere Genres für diese Art der musikalischen Darbietung. Ihre Tour, die nun auch nach Europa und vor allem Zürich führt, ist wiederum bereits zum grossen Teil ausverkauft. Eine wirklich heisse Empfehlung wird hier an alle ausgesprochen, die Neugier und Begeisterung für qualitativ hochwertige Vokalkunst in jugendlichem Gewand haben. Dies ist ein Versprechen für einen erstaunlichen Abend!

LIVE 10. Mai 2014 Zürich, Komplex 457



REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative Girls got Rhythm

„Wir haben nie einen richtigen Schlachtplan. Wenn man ‚werde einfach besser' als einen Schlachtplan bezeichnen kann, dann wäre das der Plan, den wir bei diesem Album verfolgt haben,“ sagt die The Pack A.D. Drummerin Maya Miller über den Prozess, der zu „Do Not Engage“, dem fünften Album des schwer schuftenden Duos aus Vancouver, führte.

BRUCE SPRINGSTEEN High Hopes Columbia/Sony ip. „High Hopes“ ist eine SpringsteenNeuerung: Zum einen ersetzt Tom Morello den regulären E Street Band Gitarrero Steve Van Zandt an der Gitarre, und zum anderen ist es ein Album voller Neuauflagen und Coverversionen. Tom Morello, der durch seine aussergewöhnliche Gitarrenarbeit bei Rage Against The Machine bekannt ist, mag eine auf den ersten Blick merkwürdige Wahl sein. Ist sie auf den zweiten Blick auch. Und genau das macht „High Hopes“ zu einem Album, dass nach ein paar Zurechtknuffern so richtig gemütlich wird. Ähnlich wie eine Katze, die sich 57mal auf ihrem Kissen um sich selber dreht, bis sie ihre Position gefunden hat. Es ist müssig, die Songs, die Springsteen von sich selbst covert, im Einzelnen zu analysieren. Dafür ist dieses Album wahrscheinlich auch nicht gemacht. Es ist eher anzunehmen, dass seine innere Stimme ihn dazu angetrieben hat und das muss Grund genug sein, „High Hopes“ zu mögen. Und den Titeltrack, obwohl andernorts schon mit x und y verglichen, muss man alleine deshalb mögen, weil er nach New Orleans und Dr. John klingt! So ein mitreissend rhythmischer Song war schon lange nicht mehr in den Charts! Es gibt zwei Stücke, die –zumindest in meinen Ohren- nicht wirklich zünden. Welche das sind, darf jeder gerne selbst entscheiden. Es spielt letztlich auch keine Rolle, denn jeder Song auf „High Hopes“ hat seinen Platz; ob einem das gefällt oder nicht. Man kommt tatsächlich nicht umhin, die Platte als Gesamtwerk zu schätzen, und genau das dürfte der Plan gewesen sein. „Just Like Fire Would“ ist ein schmissiger Song, der gut ins Ohr geht und „Franky Fell In Love“ ist ein richtig guter Rocker. „Down In The Hole“ klingt sperrig und düster und ein bisschen wie der grosse Bruder von „I'm On Fire“ und „This Is Your Sword“ streut eine Prise Irland in die Ohren. Der wirkliche Gewinner auf „High Hopes“ ist aber „The

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Ghost Of Tom Joad“. Springsteens Folkepos bekommt durch Tom Morello Nachdruck. Schnörkellos und fast schmerzhaft direkt produziert ist an Springsteens dringender Ballade das eindrücklichste, dass der Text nach wie vor, und vielleicht noch mehr, Gültigkeit hat. Der Song klingt einerseits nach den 20 Jahren, die er alt ist (und eigentlich noch viel älter), bekommt durch Morellos Soli aber den nötigen Neuanstrich. Man muss es mögen, denn von alleine zündet die Symbiose nicht zwangsläufig. Aber wenn sie es tut, ist diese Version von „Tom Joad“ ein neuer Lieblingssong! Musikalisch ist „The Wall“ danach ein Trost, denn diese zarte Akustiknummer balsamiert die Gehörgänge nach dem Sperrholz wunderbar ein. Textlich jedoch handelt es sich um einen gefallenen Bekannten Springsteens, und reiht sich somit in die teilweise schwer verdaulichen Stücke ein. „Dream Baby Dream“ beginnt leise, inklusive Morellos elektrischen Einschüben, und man hat den Eindruck, dass er die leisen Töne kaum aushält und ständig dazwischenquatschen muss. Auch das steuert total gegen jedwede Erwartung, die man an „High Hopes“ hat, man muss das mögen. Das Merkwürdige ist, dass man das auch tut, sobald man sich dem Album hingegeben hat. „High Hopes“ ist ruhig, von Morellos Unterbrechungen und zwo-drei flotteren Nummern abgesehen, aber das macht überhaupt nichts. Springsteen hat genügend andere Alben, die man auf voller Lautstärke durch Stadien pusten kann und die Volksfeststimmung aufkommen lassen. „High Hopes“ macht das nicht, und das ist gut so. Da kann der Kollege vom Wochenblatt „Die Zeit“ noch so über das Album herziehen. Ich finde das Album klasse, weil es so ist, wie es ist.

Und dem ist schwer zu widersprechen. Das unablässig tourende Duo, bestehend aus der Sängerin und Gitarristin Becky Black und der Schlagzeugerin Miller, betrachtet „Do Not Engage“ noch nicht einmal als deren fünftes Album. Es hat sich derart von dem ursprünglichen Banshee-Blues der ersten beiden Alben „Tintype“ (2007) und „Funeral Mixtape“ (2008) entfernt, dass sie die beiden Platten nicht mehr als Teil ihres Kataloges erachten. „Ich zähle die ersten beiden einfach nicht mehr, da diese sich so weit entfernt anfühlen von dem was wir heute machen,“ erzählte Miller der Vancouver Province dieses Jahr. Miller verkauft in dem Statement zwar die vergangene Leistung von The Pack A.D. unter Wert, aber nun gut. Mit „Do Not Engage“ wurden The Pack A.D. wirklich besser. Viel besser. Viel härter, viel garstiger, viel vielseitiger und viel selbstbewusster. „Ich glaube wir sind mehr straighter Rock geworden und ich schätze auch etwas seltsamer,“ sagt Miller. „Es ist eine Art der natürlichen Evolution, wie wir uns verändert haben“, ergänzt Black. „Du musst weiterhin neue Sachen ausprobieren oder es wird einfach langweilig.“ Die Single „Battering Ram“ behält einen Bezug zu der stürmischen Alternative Blues Dystopie, der The Pack ursprünglich entsprangen. Aber das Repertoire der Band hat sich um den Stoner-Rock von „Creeping Jenny“, den bittersüßen PseudoShoegazer Schmerz von „Airborne“ und den postPixies Retro-Grunge von „Big Shot“ erweitert. „Rocket“ zeigt ein präzises Bild davon, wie weit The Pack A.D.s selbstauferlegtes gewissenhaftes Selbstverbesserungsprogramm die Band gebracht hat: Es kündet von Blacks und Millers Ankunft als nuancierte, popbewanderte Arrangeure und Meisterinnen des düsteren lyrischen Witzes sowie Blacks Reifung zu einer gefühlsgeladenen Sängerin. Auf „Do Not Engage“ arbeiten The Pack A.D. erneut mit dem Detroiter Produzenten Jim Diamond (White Stripes, The Mooney Suzuki, Dirtbombs) zusammen. Diamond ist ein zum Kollaborateur gewordener Freund, der schon beim Juno nominierten Vorgänger Album „Unpersons“ darauf bestand hinter dem Pult mitzuarbeiten. Er hat sich als das ideale „heimliche“ dritte Mitglied entpuppt, indem er aus Black und Miller mit ihre feinste Arbeit bis dato herausgekitzelt hat.


Hier kommt ein Konzert auf uns zu, dass sich Fans von Bands wie Lacuna Coil, Flyleaf, In This Moment, Halestorm oder Dead Sara nicht entgehen lassen sollten. The Pretty Reckless aus New York City bestechen durch zwei Dinge: zum Einen durch ihre berühmte Sängerin Taylor Momsen und zum Anderen – dem viel wichtigeren Teil – der Musik. mh. Es ist fast ein gängiges Klischee: ein Mädchen gelangt durch eine US Fernsehserie zu Ruhm und versucht sich nun als Sängerin. „Gossip Girl“ heisst die Serie in welcher Taylor Momsen über vier Staffeln zu sehen war. Nun versucht sie sich aber nicht etwa mit Country oder Pop-Musik, sondern mit waschechtem Hard Rock. Und sie macht das richtig verdammt gut! Es scheint fast, als ob die Schauspielerei für sie nur eine Startbahn war für das was noch kommt, und ihr wirklich viel bedeutet: The Pretty Reckless. Im zarten Alter von zwei Jahren haben ihre Eltern für sie bereits einen Vertrag bei einer ModelAgentur unterzeichnet. So führte ihr Weg dann über diverse Werbe-Engagements zu ersten Nebenrollen, zu grösseren Rollen und dann zu Serien-

Rollen. Richtig glücklich schien sie dabei nicht zu sein, wie ihre Aussage vermuten lässt: „Keine Zweijährige möchte arbeiten, aber ich hatte keine Wahl. Mein ganzes Leben war ich mal in der Schule dann wieder nicht. Ich hatte keine Freunde. Ich war ständig am Arbeiten und hatte kein echtes Leben.“ Die Musik war schon früh das Element wo sie sich ausleben und sich selber sein konnte. Bereits mit fünf Jahren hat sie eigene Songs komponiert und veröffentlich. (z.B. „Where Are You, Christmas?“ aus dem Soundtrack zum Film „Dr. Seuss's How The Grinch Stole Christmas“ wo Momsen an der Seite von Jim Carry zu sehen ist). Ihrer Schauspielkarriere hat sie nun den Rücken gekehrt und widmet sich – zum Glück – der Musik des guten Geschmacks. Mit dem Gitarristen Ben Phillips schreibt sie die Songs und die Band wird komplettiert durch Mark Damon am Bass und Jamie Perkins an den Drums. Das erste Album „Light Me Up“ erschien im September 2010 und brachte die Band unter die Leute. Sie tourten mit Evanecence, Guns N'Roses, Marilyn Manson und vielen anderen. „Going To Hell“ bietet heulende Gitarren, eine kraftvolle, teils schreiende Stimme, eine Prise Pop und ist gleichzeitig die brandneue Single vom neuen gleichnamigen Album, welches ab März beim Plattenhändler eures Vertrauens zu finden sein wird. An ihren Konzerten und für die Presse versteckt sich Taylor Momsen gerne hinter dicken Schichten von Make-up. Einsparungen macht sie dafür bei ihrer Kleidung und zeigt jeweils ziemliche viel Haut. Wie auch auf dem Cover-Bild vom neuen Album wo man Momsen nackt von hinten sieht, mit einem aufgemalten Kreuz auf dem Rücken. Einerseits ist dies natürlich Provokation und auch Marketing (Sex sells) - obwohl The Pretty Reckless solche Promotion nicht nötighätten. Ihre Musik und auch die Stimme von Momsen können ohne Problem mit den Grossen mithalten. Somit ist Taylor Momsen die Ausnahme, welche die Regel bestätigt, dass kein Schauspieler richtig gute Musik machen kann.

LIVE 5. März 2014 Zürich, Komplex


Back in Black mg. Ein paar Freunde, die zusammen zu einem Konzert fahren, im Auto ihre Lieblingssongs mitgrölen, die Zeit ihres Lebens haben, in den gemeinsamen Stunden aber ebenso ernstere Gespräche, wie auch die Freude oder Angst vor der Zukunft teilen – das neue Studioalbum der Broilers vereint all diese lauten Emotionen und leisen Zwischentöne auf einer Platte. Prägnante Refrains, gepaart mit vielseitigen musikalischen Elementen von Punk über Rock zu Ska, die lebensnahe Themen vertonen, zeichnen das Männerquartett mit weiblicher Unterstützung aus. „Ihr kennt euch nicht, ihr trefft den gleichen Ton“ nicht nur der Einstieg des Openers „Ist da jemand?“, sondern auch das Grundgefühl eines BroilersKonzerts: Nicht erst seit dem Erfolg mit dem Album „Santa Muerte“, das 2011 bis auf Platz drei der deutschen Charts vorrückte, wächst die Fangemeinde der Punkrocker stetig. 2014 tourt das Düsseldorfer Kraftpaket zum ersten Mal durch die grossen Hallen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Zuneigung, Treue und Innigkeit der Die-Hard-Fans hat die Truppe in den letzten Jahren nicht nur getragen, sondern bis auf die Position des Thronfolgers in Sachen Deutsch-Punkrock gehievt. Ihre „Grossen Brüder“, die Toten Hosen, liefern dabei mehr als nur die unverkennbare Einflüssen im hymnentauglichen Sound: Produziert wurde „Noir“ von Vincent Sorg, der auch bei "Ballast der Republik" der Hosen hinter den Reglern sass. Trotz der Vergleiche mit den Königen des Genres, heben sich die Broilers aber mit einem einmaligen MusikMix von anderen Bands ab. Die Ska- und Oi-Einflüsse sind dabei im Laufe der Entwicklung hin und wieder den grossen Refrains und

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„Nur nach vorne gehen“ ist nicht nur ein Song des am 7. Februar 2014 erschienen neuen Longplayers „Noir“, es ist auch das Credo der Broilers, die seit fast 20 Jahren unbeirrt im Namen der Musik vorwärts schreiten. Nach dem Chart-Erfolg des Vorgängers „Santa Muerte“ wollen die Düsseldorfer mit dem neuen Album und noch vielseitigerem Sound hoch hinaus: Vom rebellischen Oi-Punk zum mitreissenden Stadionkracher, der die Massen vereint.


einprägsamen Riffs gewichen, die Musiker haben sich aber nicht dem Erfolg zuliebe dem Mainstream angepasst: „Unsere Wurzeln liegen natürlich im Punk, gleichzeitig sind wir stark von Soul und Reggae beeinflusst“, so Sänger und Gitarrist Sammy Amara, „ich habe auch viel von den grossen Storytellern der englischen und amerikanischen Musikszene gelernt. Wir versuchen, all das zu verarbeiten und damit unsere eigenen Geschichten zu erzählen.“ Das Niederschreiben des Zeitgeists und die Widerspiegelung lebensnaher Themen zeichnen dabei die Broilers aus. „Der Titel ‚Noir' ist natürlich auch eine Anspielung auf unseren Bandnamen“ so Sammy Amara, „aber er ist für mich vor allem das Synonym dafür, wie ich meine Grundstimmung und meine Sicht der Dinge in den letzten Jahren beschreiben würde. Die Welt ist eben nicht immer nur der schöne Ort, als den ihn viele zu verkaufen oder krampfhaft zu sehen versuchen. Da draussen ersaufen jeden Tag Menschen vor unserer Haustür, die nichts weiter wollen, als ihr Leben ein bisschen menschenwürdiger zu führen, während man sich in unseren Breiten darüber aufregt, nicht in Frieden seine Fahne hissen zu dürfen oder sich zwischen Plasma und LCD entscheiden muss. Lachhaft und absurd. Aber uns ist natürlich auch klar, wie viel Glück wir, privat und als Band, gehabt haben. Dass wir unsere Miete von dem bezahlen können, was uns erfüllt und dass wir davon auch noch anderen etwas mitgeben können. Immer wichtig, das Licht im Dunkel zu sehen.“ Neben mitsinggerechten „Na Na Nas“ und „La La Las“ spenden Sammy, Ron, Ines, Andi und Chris auch immer Trost und liefern mit Tracks wie „Wo bist Du (Du fehlst)?“ und „Gutes Leben“ den perfekten Soundtrack für gute wie auch schlechte Zeiten. Oder, wie ein langjähriger Schweizer Fan der Band das neue Album zusammenfasst: „Eine CD für die, die das Leben bejahen, sich aber doch gerne ab und zu der schwarzen Umarmung der Melancholie hingeben - erwachsen und mit Tiefgang“. Und

auch wenn die Songs des Quintetts immer Spass machen und zum Mitgrölen animieren, liefert es eben auch mal mitsingbare Auseinandersetzungen mit der Frage nach der Existenz einer höheren Macht („Das da oben (Nur in Dir)“. Und auch wenn der ein oder andere Fan erster Stunde die Radio- und Massentauglichkeit einiger Songs des neuen Albums ankreiden dürfte, setzen die Broilers auch in Zukunft in erster Linie auf Glaubwürdigkeit und Leidenschaft. Sie stellen klar: „Niemand kann mir diktieren, wohin es für mich geht. Niemand über den Wolken und niemand, der hier unten lebt. Ich wollte nie, wie all die anderen sein, ich weiss besser was ich will“. Und während die Zweifler und Neider schwarzmalen, pilgern die anderen zum Broilers-Konzert und feiern das Leben.

BROILERS Noir People Like You/Universal

1. Ist da jemand? 2. Zurück in Schwarz 3. Wo es hingeht 4. Nur nach vorne gehen 5. Ich hol’ Dich da raus 6. Die Hoffnung stirbt nie 7. Wo bist Du (Du fehlst)? 8. Ich brenn’ 9. Nanana (Ich krieg’ das hin) 10. Ich will hier nicht sein 11. Die Letzten (an der Bar) 12. Grau, Grau, Grau 13. Der Rest und ich 14. Irgendwo dazwischen 15. Das da oben (nur in Dir) 16. Gutes Leben


BRUCE Working Class Hero SPRINGSTEEN 40 Jahre, 20 Grammys, ein Oscar, zwei Golden Globes und weit über 100 Millionen verkaufte Platten. Das ist Bruce Springsteen auf der rechnerischen Seite. Für seine Fans ist er jedoch etwas ganz anderes: Nämlich der Arbeiter mit dem hochgekrempelten Hemd, der sich nicht scheut, gesellschaftliche Missstände aus den Herzen der Leute in Musik umzuwandeln. Und das schafft er mit seiner bemerkenswerten Gabe, immer das richtige Wort zu finden. Das gelingt nicht jedem, denn um das Leben eins zu eins abbilden zu können, muss man scharf beobachten. ip. Mit „High Hopes“ hat Springsteen gerade sein achzehntes Studioalbum veröffentlicht. Es ist nach dem Vorgänger „Wrecking Ball“ das zweite ohne seinen verstorbenen Sidekick Clarence Clemons, den Springsteen schmerzlich vermisst. Den Verlust seines Freundes bezeichnete er als so gravierend, als ob jemand den Regen und den Wind weggenommen hätte. Da „High Hopes“ jedoch eine Sammlung von unveröffentlichten und neu aufgenommenen Songs und Coverversionen ist, kommt Saxophonist Clemons auf zwei der Songs noch einmal zu später Ehre. Springsteen sagt über dieses Album, es sei aufgrund der ungewöhnlichen Songauswahl eine kleine Anomalie. Und er fügt hinzu, dass er nicht linear wie andere Künstler arbeite. Linear und chronologisch geht allerdings der hier vorliegende Einblick in Springsteens Gedankenwelt vor, indem er einige der wichtigsten Werke beleuchtet und vor allem die Essenz seines Schreibens herausfiltert, die als Erklärung für seinen Erfolg dient. „Von dem Moment an, als ich zum ersten Mal in den Elks Club ging, um mit meiner Gitarre Twist And Shout zu spielen, fühlte ich mich anders“, beschreibt Springsteen den Einstieg in seine Karriere. Die Beatles und die Stones aus England

Springteen machte sich schon sehr früh Gedanken darüber, wie er seine Musik und seine Ideen am besten verpacken konnte. Er versuchte, seine Idole zu analysieren und fand dabei viele Anhaltspunkte, die ihm beim Songwriting behilflich waren. „Elvis hat zu seiner Zeit eine neue Welt erfunden. Er übernahm viele Einflüsse aus der Vergangenheit, die er aber zu seinem eigenen Stil geformt hat. Hank Williams, Woodie Guthrie oder die Stones und die Beatles konnten das auch. Sie alle haben recht komplexe, aber sehr unterhaltende, kreative und gefällige Bilder generiert. Das wollte ich auch. Ich wollte über mich und mein Leben schreiben und das in einer Form an die Zuhörer bringen, dass sie sich als Teil davon fühlen konnten.“ Die einzige Verbindung ins Musikgeschäft stellte für Springsteen damals der Produzent Mike Appel dar, der in New York lebte und dem die Musik der jungen Band aus New Jersey gut gefiel. Springsteen schrieb einige Songs für sein erstes Album „Greetings From Asbury Park, N.J.“, das beispielsweise mit „Rosalita“ an Thin Lizzy erinnerte, wenn man sie um ein Piano und ein Saxophon erweitert hätte. Appel war so begeistert, dass er Springsteen zu einer Audition mit John Hammond schickte, einem hochangesehenen Plattenproduzenten, der bei Columbia Records arbeitete. Springsteen: „Ich war 22, stieg aus dem Bus mit einer Akustikgitarre und ging in sein Büro. Ich hatte noch nicht mal eine Tasche, um meine Gitarre darin zu verstauen. Es war peinlich, ich lief durch New York City mit einer nackten Gitarre, die dazu noch nicht mal meine war.“ Der Audition tat das allerdings keinen Abbruch, denn Hammond war so überzeugt von der Qualität der Songs, dass er sagte: „Ihr müsst bei Columbia unterschreiben!“ Das tat Springsteen auch und ist der Firma übrigens bis heute treu geblieben. Die Musik der damaligen Zeit beschreibt Springsteen als sehr tiefgründig: „Wenn man sich unsere ersten Platten anhört, besonders „The Wild, The Innocent & The E Street Shuffle“, dann sind die schon sehr ungewöhnlich. Da ist das Akkordeon und dieser bestimmte Groove, der schon fast folkig war. Ich mag diese Alben mittlerweile sehr.“ Das war allerdings nicht immer so. Vor allem seine eigene Stimme war dem Boss zu Anfang unheimlich. „Zu Anfang waren mir die Aufnahmen peinlich. Ich hatte mich noch nie vorher singen gehört, bis die Platten veröffentlicht wurden. Ich hatte kein Aufnahmegerät zuhause, keine Möglichkeit, meine Songs mal selber anzuhören.“ Die folkige Note in der Musik war zwar interessant, hielt aber nur kurze Zeit an. Das dritte Album „Born To Run“ bezeichnet Springsteen als wesentlich weniger exzentrisch. Er benutzte das Studio erstmals bewusst als Aufnahmewerkzeug und nicht als Replikator für ihren Livesound. „Ich arbeitete an jedem Song sehr, sehr intensiv, was Texte und Musik anging. Wir formten diese acht Songs richtiggehend.“ Der Erfolg gab

«Zu Anfang waren mir die Aufnahmen peinlich. Ich hatte mich noch nie vorher singen gehört» hatten es ihm besonders angetan. Die ersten Gehversuche machte er Mitte der 60er Jahre in verschiedenen Clubs, von denen ihm vor allem The Student Prince in Asbury Park, New Jersey, in Erinnerung blieb. Der ursprüngliche Besitzer war verstorben und dem neuen schien es nicht zu gelingen, den Laden zum Laufen zu bringen. Also fragten Springsteen und seine Band, ob er sie umsonst auftreten liesse. „Er zögerte erst, aber dann gab er sein ok. Wir durften eine Woche später spielen und einen Dollar Eintritt verlangen. Bei der ersten Show waren 15 Leute im Publikum, das waren 15 mehr als noch vor einer Woche in dem Laden sassen!“ Der Besitzer freute sich und verlängerte das Engagement. Die Zuschauerzahl stieg während der folgenden Auftritte konstant an, bis die junge Band den Club zwei Monate später dreimal die Woche füllen konnte, was auch ihrem Portemonnaie zugutekam, denn das war ihre einzige Einnahmequelle. Die Zeit ging ins Land, Springsteens Bands veränderten sich von Earth zu Child und schliesslich Steel Mill, die mit einigen Singles ein wenig Aufsehen erregen konnten. Vielleicht war es dann Springsteens ausgeprägte Liebe zu Musikrichtungen wie Country oder Folk, die ihn von Steel Mill schliesslich zu Steven Van Zandt trieb, der seinerseits dann ab 1975 mit Unterbrüchen ein wichtiges Mitglied der E Street Band wurde.

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der Band recht und Springsteen wurde als „die Zukunft des Rock'n'Roll“ gehandelt. Auf einmal hatten Springsteen und seine E Street Band ein Publikum, wurden bemerkt und gefeiert. „Das erste Album hatte sich ungefähr 20'000 mal verkauft. Mike Appel war enttäuscht, aber ich war total überrascht! Ich fragte mich, wer all diese Leute waren, die unser Album kauften! Es war ein Schock für mich, dass 23'000 Leute, die ich alle nicht kannte, tatsächlich in die Läden gingen, um die Musik zu kaufen, die wir gemacht hatten.“ Mit dem zweiten Album verhielt es sich ungefähr ähnlich, „aber das dritte überstieg unsere Erwartungen. Die Plattenfirma nahm von uns Notiz. Das war der Anfang einer Beziehung. Du wirst auf einmal viel intensiver beobachtet, richtiggehend ausgequetscht. Das war ein ganz neuer Moment in meinem Arbeitsleben. Ich habe angefangen, die Dinge anders zu sehen. Und ich habe angefangen, darüber nachzudenken, wer ich war und wo ich herkam.“ Diese Veränderung führte dazu, dass Springsteen sich verstärkt mit seinem eigenen Songwriting auseinandersetzte, so, wie er früher das seiner Vorbilder analysiert hatte. Das Resultat lässt sich auf dem 1978er Album „Darkness On The Edge Of Town“ nachlesen, dessen Texte bereits einiges dunkler gefärbt waren und in simpler gestrickten Rock verpackt wurden. „Eigentlich schreibt man sowieso immer über sich selbst. Das tut man zwar nicht im Sinne des Wortes, aber ein Teil von dir sollte in jedem Text sein. Du wählst dir zwar als Thema vielleicht Dinge oder Personen aus, die du nicht kennst und keine Erfahrung damit hast. Aber dein Job ist es, eine Verbindung zum Publikum herzustellen und die Leute dazu zu bringen, dich zu verstehen. Ein Song versagt, so lange man dich nicht irgendwie in ihm wiederfindet.“ In Europa konnte man Bruce Springsteen und die E Street Band im verstärkten Masse durch das Album „The River“ wahrnehmen, das mit der Single „Hungry Heart“ eine Punktlandung erzielte und das

kannte, fand er hier nicht, denn die europäischen Medien schienen sich zivilisierter und nüchterner darum zu kümmern. Springsteen erklärt dieses Phänomen damit, dass die Isolation schon immer ein grosser Teil des amerikanischen Charakters gewesen sei. Dieser Charakterzug hat scheinbar zu einem übertriebenen Rechtfertigungsdenken und einem stark missbräuchlichen Umgang damit in den Medien geführt. Diese Erkenntnis und die Erfahrung, dass in anderen Teilen der Welt eine andere Kultur herrschte, als er sie kannte, löste eine Traurigkeit in ihm aus, die ihn eigentlich seit seiner Kindheit begleitete und die ihn bis heute immer wieder an Grenzen führt.

«Ich habe immer versucht, der Verantwortung aus dem Weg zu gehen. Deshalb bin ich ja Musiker geworden!»

Springsteen als sein Erwachsenwerden bezeichnet. Die Tournee dazu im Jahre 1981 war ausverkauft. Er hatte sich eine eigene Art des Songwritings angeeignet und wollte seinem Publikum zuliebe weiterhin Kontinuität zeigen. Er wollte seinen Fans verstärkt mitteilen, wo er herkam, wer er war und wohin er zu gehen versuchte. „Wenn du nicht irgendwie mit deiner Familie oder überhaupt der Welt verbunden fühlst, dann fühlt sich das so an, als würdest du dich in Luft auflösen. Als ich aufwuchs, ging es mir sehr oft so, ich war unsichtbar. Dieses Gefühl ist eine enorme Quelle von Schmerz. Dich sichtbar zu machen, gefühlt zu werden, etwas Sinnvolles beizutragen und eine Wirkung zu erzielen, ist ein enormer Kampf; für dich und die Leute, mit denen du zu tun hast. Das war immer der Kern meiner Arbeit, meines Songwritings.“ Zur Zeit von „Hungry Heart“, Anfang der 80er Jahre, war Gewalt an der Tagesordnung und überall präsent. Als die Band nach Europa fuhr, bemerkte Springsteen, dass der Umgang mit diesem Thema ein ganz anderer war als in seiner Heimat. Und dabei ging es nicht um die Art der Gewalt, sondern darum, wie die Medien die Dinge darstellten und an die Menschen weitergaben. Die aggressive Berichterstattung, die er von amerikanischen Fernsehsendern

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Einer der engsten Wegbegleiter: STEVENVAN VANZANDT ZANDT(Foto: (Foto:Ian Ian Keates) Keates) ...und STEVEN

„Nebraska“, das Album, das aus Demoaufnahmen besteht, spiegelt diese Traurigkeit wider. „Ich betrachtete „Nebraska“ nie als politisches Album, bis ich das eines Tages in einer Review las. Für mich war es eher das persönlichste Album, das ich bis dato geschrieben hatte. Dieses Album fühlte sich sehr nach meiner Kindheit an. Der Sound, die Farben auf dem Cover, das Haus, in dem ich aufwuchs... Ich war an einem Punkt in meinem Leben angelangt, an dem ich realisierte, dass etwas fehlte. Ich schaukelte ständig über den Rand einer Leere. Ich fühlte eine grosse Isolation und das wurde zeitweise sehr intensiv. Wenn du älter wirst, dann ist der Preis für dein Gefühlsleben und deine Entscheidungen nicht mehr der gleiche wie vorher. Er wird ständig höher. Wenn du Anfang 20 bist, kosten dich die kleinen Lügen an dich selbst nichts. Mit Mitte, Ende 20 fühlst du dich zwar ein bisschen unwohler dabei und realisierst, dass du dir hier und da etwas vormachst. Trotzdem ist alles noch in Ordnung. Mit zunehmendem Alter steigt der Preis aber weiter und weiter an. Du bezahlst mehr dafür, dich mit den Dingen auseinanderzusetzen, die du ignoriert hast. Ich kam an einen Punkt, an dem mich dieser hohe Preis anfing zu schmerzen und ich fühlte mich entfernt von allem.“ „Born In The USA“ wurde 1984 veröffentlicht. Es markiert eine



klangliche Runderneuerung zu seinem Vorgänger und ist bis heute eines der meistverkauften Rockalben überhaupt. Und das, obwohl der Titelsong so oft missverstanden und auf seinen Refrain reduziert wurde. Das Original dieses Songs ist eine Akustikversion, die im Grunde ein Bluesthema aufnimmt und mit einer unglaublichen Intensität den wahren Kern des Liedes unterstreicht: Die Suche des Kriegsheimkehrers nach seinem Platz in der Gesellschaft. Textlich verändert sich nichts in der anderen Version, der bekannten, die er mit seiner ganzen Band aufgenommen hat und die den Begriff „Stadionrock“ neu geprägt hat. Musikalisch sind es aber Welten. Die Version, die es in sämtliche Charts der Welt geschafft hat, lebt von einem martialischen Grundtenor und steht mit einer einfachen, aber einprägsamen Melodie für den Überlebenswillen des Protagonisten. „Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre fing es an, dass die Themen Gewalt und Krieg präsent wurden, in Filmen, Büchern und Geschichten. Da gab es diesen Film mit Nick Nolte, „Who'll Stop The Rain“ (dt. „Dreckige Hunde“), der mir sehr in Erinnerung geblieben ist. Einer meiner besten Freunde starb in Vietnam. Die Leute auf der Strasse hatten Angst, und diese Angst war allgegenwärtig. Ich stamme nicht aus einem politischen Zuhause, hatte nie Erfahrungen mit Drogen gemacht. Ich wohnte nur in einer kleinen Stadt. Der Grund, weshalb ich darüber schrieb, war vermutlich der, dass der Vietnamkrieg ein definierender Punkt in der amerikanischen Kultur war. Die Dinge änderten sich von da an drastisch. Es gab ein „Davor“ und ein „Danach“, die Welt und Amerika fühlten sich komplett anders an. Das war der Grund, warum ich darüber schrieb. Ich musste das tun, es fühlte sich wesentlich und zentral an. Ob du jetzt als Soldat dabei warst, oder zuhause geblieben bist; es hat einen grossen Teil deines Lebens bestimmt. Der Song sollte


signalisieren: Ich habe das durchgestanden. Ich lebe!“ „Dancing In The Dark“ ist ein weiterer Meilenstein auf dem Album, der Bruce Springsteen zum Erlöser aus dem stumpfsinnigen Alltag vieler Fans hat werden lassen und der sein Image als Hemd hochkrempelnden Anpacker unterstrich. Textlich war er wahrscheinlich nie näher an seinem Publikum. „Zu dieser Zeit hatte ich bereits 20 Jahre lang gespielt. Als wir diesen Song aufnahmen, wusste ich aber, dass ich die Vorstellung der Leute in einer Weise treffen würde, wie ich es seit „Born To Run“ wohl nicht mehr getan hatte. Als wir den kompletten Song im Studio hörten, wussten wir: „Das ist es!“. Rückblickend fühlte ich mich zu dieser Zeit, mit diesem Riesenerfolg, sehr öffentlich und ungeschützt. Da kann man sich unwohl mit fühlen, aber das macht auch genau das aus, warum die Leute dich sehen wollen und sich von dir angezogen fühlen. Du läufst auf einem Drahtseil und hoffst, dass du heile rüber kommst.“ Der Erfolg war kein leichter Begleiter Springsteens. Die Person, die er auf der Bühne gibt, ist zum grossen Teil diejenige, die er auch tatsächlich ist. Ein Typ aus einer amerikanischen Kleinstadt. Damit klarzukommen, dass er das nicht mehr sein konnte und auch sozialkritisch zu einem Aushängeschild geworden war, belastete ihn. „Ich habe immer versucht, der Verantwortung aus dem Weg zu gehen. Deshalb bin ich ja Musiker geworden! Als ich mich dann langsam mit den Gedanken anfreundete, vor denen ich bisher immer davongerannt war, war das eine immense Veränderung für mich. Aber wenn man älter wird, realisierst du, dass diese Dinge eigentlich der wahre Lebensinhalt sind und sie dir eine neue Freiheit geben. Die Freiheit liegt darin, dass du dir deine Entscheidungen aussuchen kannst, wohin dein Leben gehen soll. Dieses Aussuchen ist sehr begrenzt, wenn

der Trauer und Schwerfälligkeit nicht in die Läden locken. Die Platte ist allerdings ein Link zum aktuellen Album „High Hopes“, denn kein geringerer als Tom Morello, Gitarrist der Kulttruppe Rage Against The Machine, haucht dem Klassiker neues Leben ein. Aber auch eine songwriterische Verbindung besteht zu „Tom Joad“ und verbindet die Vergangenheit mit dem Jetzt: „Du suchst immer nach dieser Stimme, in der du einen bestimmten Song singen willst. Was dabei herauskommt, ist eine Mischung aus deiner eigenen Stimme und derjenigen des Charakters, den du im Song verkörperst. Wenn du diese beiden Stimmen gut verschmelzen kannst, dann fühlst du dich auch gut. Als ich „Tom Joad“ aufnahm, ging es mir so. Ich wusste, wie diese Person sprechen würde und konnte das in eine Gesangslinie transformieren. Das assistiert dich später beim Texten. Denn wenn du etwas schreibst, was du nicht singen kannst, dann stimmt was nicht mit dem Text.“ Wenn man nun weg vom technischen Aspekt des Songwritings geht und sich dem Wesentlichen zuwendet, dem Inhalt, der transportiert werden soll, dann hat Springsteen wohl die beste Erklärung dafür, die sich je ein Künstler ausdenken konnte und die ihn zu einem der beliebtesten Sänger überhaupt macht, weil man ihn und seine Geschichten verstehen kann: „Ab und zu läuft mir ein Fan über den Weg, der mir sagt, dass er gerade in Freehold (Springsteens Heimatstadt) war. Ich sage dann: „Du liebe Zeit, was willst du da denn?“ Es ist nur eine kleine Stadt, aber wenn du eine bestimmte Musik magst, dann fühlst du dich von den Orten angezogen, von denen sie handelt. So ging es mir, als ich zum ersten Mal in Memphis war. Ein Taxifahrer fuhr mich nachts nach Graceland, denn ich wollte einfach wissen, ob es tatsächlich existiert, ob es echt ist. Ich hatte mir eine Welt ausgemalt, die zu dieser Musik gehörte und wollte wissen, ob es die gleiche war, wie in meinem Kopf. Jeder trägt Erinnerungen mit sich herum, die keinen

«Wenn alle immer nur „Ja“ zu dir sagen, dann ist deine Vorstellung von Freiheit plötzlich sehr verzerrt.» du jung bist, weil du einfach alles haben willst! Ob das Mädchen sind oder Dinge; du willst alles haben. Du lebst eine Fantasie der endlosen Möglichkeiten. Wenn du dann auch noch Erfolg hast, präsentiert sich dir auf einmal eine riesige Menge an realen Möglichkeiten, die du tatsächlich haben kannst. Eine gefährliche Menge. Und wenn du dieser Versuchung nachgibst, dann merkst du bald, dass nichts so ist, wie es sich darstellt. Du kannst unendliche Auswahl verwechseln mit Freiheit. Das ist ein einfacher Fehler, den man in dieser Situation machen kann. Wenn alle immer nur „Ja“ zu dir sagen, dann ist deine Vorstellung von Freiheit plötzlich sehr verzerrt. Manchmal ist es nicht zu spät, um dem ganzen Zirkus den Rücken zu kehren. Aber manchmal ist es eben auch zu spät. Und dann bist du im falschen Zimmer, in der falschen Nacht und tust das Falsche. Und das verfolgt dich dann.“ Glücklicherweise gehört Springsteen nicht unbedingt zu den Rockstars, die man in Verbindung mit solchen Fehltritten bringt. Auch wenn die Trennung von seiner ersten Frau zugunsten der ehemaligen Backingsängerin Patti Scialfa, die mittlerweile und längstens Springsteens bessere Hälfte und Mutter seiner Kinder ist, eine Zeit lang medienwirksam kommentiert wurde. Nein, man wendet sich lieber dem musikalischen Schaffen zu. „The Ghost Of Tom Joad“, 1995 erschienen und von John Steinbecks „Früchte des Zorns“ inspiriert, mochte die Leute mit

erklärbaren Grund haben. Vielleicht kannst du dich daran erinnern, welches Geräusch die Kiesel unter deinen Schuhen gemacht haben, als du an einem bestimmten Sommertag die Einfahrt hinaufgegangen bist. Diese Erinnerungen sind ein essentieller Teil davon, wer du bist. Sie sind vielleicht noch nicht einmal mit einem bestimmten Ereignis verknüpft. Du hattest einfach nur einen Moment der reinen Empfindung, der bei dir geblieben ist. Er hat dir eröffnet, was es bedeutet, am Leben zu sein. Wie wichtig das ist, und was du damit anfangen kannst. Dieser Moment kommt zu dir zurück, wenn du Jahre oder Jahrzehnte später wieder über Kiesel läufst. Und genau das ist der Job eines Autors. Ein Schreiber sammelt und erzeugt solche Erinnerungen aus sich selbst heraus und der Welt, die ihn umgibt. Und dann benutzt er seine Vorstellungskraft und setzt diese Dinge zusammen, um sie seinem Publikum zu präsentieren, das dann daraus ganz eigene Gedanken macht und mit dem eigenen Leben in Verbindung bringt. Und dann fühlen sich die Menschen lebendiger, egal, über welches Thema du schreibst. Und damit ist die Verbindung hergestellt. Das ist dein Job als Künstler. Dafür wirst du bezahlt. Du wirst dafür bezahlt, Erinnerungen wachzurufen. Wenn die Leute nach einer Show nach Hause gehen und dann die Energie haben, das zu tun, was sie gerne tun, dann hat man Erfahrungen vorangetrieben und Leute wieder mit sich selber in Verbindung gebracht. Das ist es, was dich antreibt, den nächsten Song zu schreiben. Denn was ich für dich tun kann, das tue ich ja auch für mich!“

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KENSINGTON Heute Holland, morgen Europa, dann die Welt Kensington haben in ihrer Heimat Holland mächtig abgeräumt. Die Band gewann letztes Jahr gleich drei Awards beim Radiosender 3FM (holländisches BBC Radio 1). Dabei unter anderem den Preis für das beste Album. Auf dem Weg zur Eroberung Europas legten sie auch in Zürich einen Stopp ein. kw. Dabei hat alles klein angefangen, Jan Haker und Casper Starreveld spielen während ihrer Schulzeit in einer Punkband. Nach und nach werden sie die vierköpfige Band und das Hobby zum Beruf. Sowohl klanglich als auch optisch sind die Holländer eine typische Indie- Rock Band, alltäglich auf keinen Fall. Sie erinnern an die frühen Kings Of Leon. Wer Kensington hört, bekommt sofort gute Laune. Es macht schlichtweg Spass ihre Musik zu hören. Normalerweise entstehen die Songs bei

Jamsessions. Das Schwierigste ist dabei, laut Casper Starreveld, einen Funken zu finden, um den sich dann der Song entwickelt. Das kann sehr schnell gehen, manchmal aber auch sehr lange. Den Erfolg in Holland erklären sie sich vor allem durch ihre Geduld. Während des Interviews zeichnet sich eine deutliche Rollenverteilung ab. Niles Vandenberg, der Drummer muss ständig etwas in seinen Händen haben, hier ist es das Handy. Der Bassist Jan hält sich eher

HUG’s Kurze SHAKA PONK - Geeks On Stage Wir lieben diesen wilden Haufen französischer Spinner, die seit drei regulären Studioalben das für unsere Tage sind, was die Red Hot Chili Peppers einst waren: verquer, vermischend, uptempo und immer mit dem Spiel der Geschlechter beschäftigt. Und natürlich ist dieses Live-Album eine helle Freude (12 Songs auf der AudioCD, 21 Songs auf der dazugelegten DVD), aber nach zwei LiveAlben in Folge hätten wir im Fall lieber wieder ein neues StudioAlbum. IHRESGLEICHEN - Kreuz an Kreuz Metallig untermaltes Hörspiel für Herzschmerzgeschädigte. Wenn das als Brücke zwischen Lederjacken und Schwarzkitteln gedacht ist, nehmen wir das mal so zur Kenntnis. Wenn es als Unheiliggoes-Stromgitarre gemeint ist: Dann doch lieber Tanzwut. Oder Letzte Instanz. Oder In Extremo. Oder so. FATAL FUSION - The Ancient Tale So klingts, wenn sich Norwegische Kunstrocker, die ihre Jugend in den Achtzigern verbracht haben, zusammentun: Wie Saga in den Achtzigern. Nur dass unsere Freunde daraus auch noch ein Konzeptalbum machen. Ein Nischenprodukt also. Aber als solches ganz okay, wenngleich recht mager produziert. BLIND BUTCHER - Albino Neues Album des Luzerner Untergrund-Lieblinge, die im Duo Schlagzeug/Synthie und Gitarren malträtieren und zwischen Kunst und Abgrund pendeln. Geht für Schräg-Duos-Liebhaber in Ordnung, aber live sind Blind Butcher besser (Empfehlung: in Kombination mit Wolf Wolf, dann käme auch der Humor ins Spiel). Und die Frage sei gestattet, ob da nicht ein bisschen mehr hätte herausschauen sollen, wenn sich Blind Butcher schon extra in die Hände von Produzent Steve Albini in dessen Studio in Chicago begeben haben. MARIJUANA DEATHSQUADS - Oh My Sexy Lord Das Lärmfiasko geht weiter: nach zwei EPs und einem Album allein im letzten Jahr haut die Noise-Kombo aus Minneapolis schon wieder ein Album raus (11 Songs, 35 Minuten), das wie gehabt klingt wie eine nach dem Zufallsprinzip zusammengesetzte Tonspur, die in den Häcksler geraten ist.

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im Hintergrund. Die Sänger zeichnen sich als offen und extrovertiert aus. Casper Starreveld spricht prinzipiell gerne und Eloi Youssef, der sich selbst als ein wenig verrückt bezeichnet, gilt als das Schlitzohr der Band. Ihnen ist während der Zeit als Band eins klargeworden, nämlich, dass Erfolg viel Arbeit heisst. Die Europatournee ist aufregend, aber auch extrem anstrengend erzählt Casper. In Europa müssen sie sich erst noch einen Namen machen, ohne Roadies und mit schlechter Bezahlung. In ihrer Heimat sind sie ziemlich verwöhnt. Dennoch ist es für Kensington keine Option in Holland zu bleiben. Sie streben nach mehr und sind äusserst ambitioniert. Als musikalische Vorbilder werden Bloc Party, Editors, Foals und Kurt Cobain genannt. Da ist man überrascht, weil Kensington nicht unbedingt nach Nirvana klingt. Das ändert sich, sobald man Kensington live sieht. Im ausverkauften Eldorado in Zürich wurde geschwitzt und gerockt. Die Band live zu erleben, ist nochmal etwas ganz anderes. Die Meute war begeistert. Es bleibt abzuwarten, ob Kensington sich international etablieren wird. Die Chancen stehen sehr gut, denn ihre Musik spricht viele Geschmäcker an. Vor allem aber ist sie radiotauglich, mitreissend und modern. Nach der Europatournee soll wahrscheinlich im August das dritte Album, welches in den Berlin Studios produziert wird, erscheinen.

ZEHN METER FELDWEG - Das weisse Schloss Seit 15 Jahren sind suchen die Jungs aus Hamburg die Mitte zwischen den universitären Tocotronic und den schlagerigen Juli und machen dabei einmal mehr gar keinen schlechten Eindruck. Zum Jubiläum gibt's eine Bonus-Rückblick-CD. DEATH OF A CHEERLEADER - Dancing Around The Fire Of Volcano Die Lieblinge aus Winterthur hatten immer schon einen Hang zu den ganz grossen Lebensfragen und grossen musikalischen Gesten beziehungsweise grosser Dringlichkeit. Das bleibt auch auf ihrem neuen Werk so: Postrock mit Doom- und Gothik-Einschlag und philosophische Betrachtungen über das Tun und Lassen des römischen Schmiedegottes Volcano. Von ausladend bis literarisch. LISA STANSFIELD - Seven Stansfield? Ach! Ja. War in den 80ern Schmusesoulkönigin. Kommt nach 8 Jahren Pause mit einem neuen Album. Und tönt, als wäre die Zeit stehen geblieben. Spielt am 8. Mai im Volkshaus. LUDWIG VAN - San Franfiasco Ludwig-Van-Fans werden Freude haben am zweiten Album der dänisch-deutschen Freundschaft. Indiepop-Puristen erkennen darin aber eher standardisierte Massenware der gepflegten Melancholie. (Textzeile: Lasst mich in Ruhe in der Ostsee sterben.») (Immerhin: die Ostsee.) ROBBEN FORD - A Day In Nashville Schön, dass es sowas noch gibt: Ein ganzes Album in nur einem Tag einspielen! Ford bleibt beim weissen Blues mit Soul-Einschlag, könnte hin und wieder etwas mehr Pepp vertragen, ist aber immer wieder ganz solide. ANGELIQUE KIDJO - Eve Die gute Nachricht: Angelique dreht den Hahn voll auf und bringt Afrikas Rhythmik zum Blühen – das Album ist den Frauen Afrikas gewidmet. Der nicht ganz so gute Umstand: Ihre Stimme bleibt fast durchgehend auf demselben Powerlevel, das ermüdet mit der Zeit. Eine so grosse Sängerin wie sie könnte das besser. Aber hey: Prima Album! ANNA AARON - Neuro Auch mit ihrem zweiten Album hebt sich die Basler Sängerin mit der warmen Stimme wohltuend vom grossen Rest gefühlig singender Frauen ab, indem sie viel Dynamik und Aussdrucksstärke in ihre Songs bringt und letztlich Pop spielt, der sich gar nicht nach Pop anhört. Sehr empfehlenswert.



Die Theorie 체ber Wiedergeburt liefert in Form von The Vintage Caravan konkrete Beweise. Was die drei Jungs aus Island an Retro Rock aus ihren Verst채rkern zaubern, l채sst definitiv keine andere Schlussfolgerung zu. Denn solche Musik kann man eigentlich nur ab einem gewissen Baujahr machen.

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ip. Das Durchschnittsalter des Trios liegt aber bei gerade mal knapp 20. Woraus man schliessen kann, dass die Musik, die sie machen, ungefähr doppelt so alt ist. Thematisch wagen sich die Isländer weit in die drogenwabernde Psychedelic-Substanz hinein, obwohl sie selbst, gemäss eigener Aussage, noch keine derartigen Erfahrungen gemacht haben. Das überrascht in dem Sinne, dass der Sound von The Vintage Caravan absolut authentisch rüberkommt und, wenn auch die Texte hier und da noch etwas Schliff vertragen würden, die Message doch klar und eindeutig ist. „Expand Your Mind“, das erste Video, spricht da genau so eine deutliche Sprache wie „Midnight Meditation“, bei dem sie von einer befreundeten Sängerin, Agnes Björt von Sykur, unterstützt wurden. Island ist ja gut und gerne dafür bekannt, Schrulligkeiten auszuspucken. Sei es Björk, die die Insel mit schrobig-genialer Musik überhaupt erst ins Gespräch gebracht hat, oder die Psychedelic-Metaller Solstafir, die mit Ecken und Kanten nicht minder extravagant und rau klingen. The Vintage Caravan sind nicht unbedingt in dieser, man kann schon fast sagen: typisch isländischen Karstigkeit zuhause. Allerdings kann man sie auch nicht in die Deep Purple-Schublade stecken, wie das bereits in einigen Kritiken geschehen ist. Dafür würde ihnen noch die Eleganz und der Schuss Blues fehlen, wenn sie dies denn überhaupt beabsichtigen. The Vintage Caravan punkten dafür mit sympathischem, jugendlichen Draufgängertum und Spass, dem aber auch eine grosse Portion songwriterisches Können anhaftet. Dazu ist das Trio mit einer Selbstverständlichkeit ausgestattet, die ihnen jegliches Lampenfieber verbietet und sie zu „grossspurigen Rampensäuen“ macht, wie Sänger Oskar es formuliert. Im eigenen Land jedoch ist ihr neues Album „Voyage“ nicht so gut angekommen, wie im Rest der Welt. Das mag vielleicht daran liegen, dass „Voyage“ im Vergleich zum Debut, das sie 14-15jährig aufgenommen haben, weniger knorrig ausgefallen ist und der Blues einer grösseren Portion Psychedelic Platz machen musste. Dass der Prophet im eigenen Land nichts gilt, ist allerdings eine alte Geschichte und amüsiert die Drei eher, als dass es sie stört. Vielleicht sonnen sie sich aber auch in dem Bewusstsein, dass es keine wirkliche isländische Stoner- oder Classicrock Szene gibt und The Vintage Caravan zusammen mit Brain Police die Eckpfeiler einer vielleicht neuen Classic Rock-Bewegung in ihrer Heimat sind. „Voyage“ erschien in ihrer Heimt bereits vor knapp drei Jahren und wurde nun, dank eines neuen Vertrages mit Nuclear Blast, nochmals weltweit veröffentlicht. Mit der Rückendeckung eines grossen Labels kann man The Vintage Caravan dieses Jahr auf dem Wacken und weiteren Festivals geniessen und – im wahrsten Sinne des Wortes – bestaunen. Wem grosse Festivals für diese Art von Musik aber zu unpersönlich sind, der sollte sich das Trio bei einem der Clubgigs anschauen, die sie zusammen mit Grand Magus, Audrey Horne und Zodiac absolvieren. Als Prognose sei gestattet: Lange wird es nicht dauern, bis The Vintage Caravan als Headliner unterwegs sind!

THE VINTAGE CARAVAN, AUDREY HORNE, ZODIAC LIVE 22. März 2014 Aarau, Kiff


REVIEWS Hard/Heavy/Metal ICED EARTH Plagues Of Babylon Century Media Records

THE VINTAGE CARAVAN Voyage Nuclear Blast / Warner

ip. Yeah, Baby... Leck dein Karnickel ab und geh auf die Reise... Mach dir keine Sorgen, die Eisbären kennen den Weg... „Voyage“ ist voll mit Referenzen der End-60er und 70er Jahre, bleibt aber doch so frisch und eigen, dass zu keinem Moment Langeweile aufkommt oder Naserümpfen über zu starkes Kopieren nötig ist. „Voyage“ zündet vom ersten Moment an und man muss schon mächtigen Respekt davor haben, dass drei kaum 20jährige Jungs aus Island in der Lage dazu sind, so authentischen und verdammt guten Retro Rock zu spielen. Die Songs grooven und drücken an allen Ecken und Enden, allen voran „Expand Your Mind“ mit einem extrem hypnotisch-eingängigen Riff. Davon kann, nein – MUSS man sich übrigens auf youtube ein Bild machen, denn diese Hammernummer gibt es dort als hervorragend beklopptes Trip-Video zu sehen. Überhaupt sind die Riffs von Gitarrist und Sänger Oskar Logi so umwerfend geil (pardon...), dass man sich fragt, was denn da noch kommen soll! „Midnight Meditation“, der kleine Bruder von Black Sabbaths

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„Paranoid“ zielt auf die gleiche Zwölf. Der Opener „Craving“ föhnt dem Trio gleich zu Beginn das Grüne hinter den Ohren weg und mit „Do You Remember“ und „Winterland“ sind zwei herrlich entspannte FastBalladen an Bord. Als Krönung gibt es am Ende das 12minütige „The King's Voyage“ zu hören, dessen Eingangsriff auch problemlos auf Iommis Gitarre Platz genommen hätte und das in sich bereits ein kleines Konzept ist. Enden darf dieser Ausflug mit einem warmen Vinylgeknister, den sich bestimmt der Liebhaber Oskar Logi gewünscht hat. Auf „Voyage“ befindet sich kein einziger Ausfall. The Vintage Caravan hauen rein und an sich könnte man sofort ins Jahr 2015 skippen, denn „Voyage“ ist jetzt schon Platte des Jahres.

mv. “Plagues Of Babylon” ist das zweite Album der US Power Metal Institution Iced Earth mit Stu Block als Sänger. In der langen Karriere von Iced Earth ist Stu auch schon bereits der fünfte Sänger an Bord. Das neue vorliegende Album bestätigt aber klar den Schub, den Stu der Band verpasst hat. Wie schon der starke Vorgänger „Dystopia“ sorgt auch „Plagues Of Babylon“ für viel Freude und lässt die ziemlich durchwachsenen Alben „Framing Armageddon“ (noch mit Tim Owens am Gesang) und „Crucible Of Man“ (mit Matt Barlow) weit hinter sich. Schon der überlange, düstere Opener und Titeltrack begeistert sofort und zeigt, dass Jon Schaffer nach wie vor ein absoluter Riffmeister ist und die Band endlich wieder in härtere MetalGefielde geführt hat. Dies kommt mit dem zweiten Track „Democide“ noch besser zur Geltung, der eine absolute RiffAttacke darstellt und viele aktuelle Thrash-Metal Bands alt aussehen lässt. Vor allem erinnert der Song an ganz alte Iced Earth Meisterwerke, was viele Fans sicher schon länger vermisst hatten. „Among The Living Dead“, „Peacemaker“ oder „The End?“ sind weitere Hammersongs, welche den guten Eindruck bestätigen und das Album zum ersten grossen Highlight des Jahres machen. Mit der Ballade „If I Could See You“ sowie der CountryCoverversion “Highwayman” (mit den Gastsängern Russell Allen von Symphony X und Michael Poulsen von Volbeat) wird zudem für Abwechslung gesorgt. Hansi Kürsch (Blind Guardian), mit dem Jon ja bereits zwei Alben mit Demons & Wizards aufnahm, ist übrigens ebenfalls bei diversen Songs mit Backing Vocals vertreten. Das sehr geile „Spirit Of The Times“ stammt übrigens von Jon's Soloprojekt Sons Of Liberty und weicht nicht gross vom Original ab, findet hier aber sicher einiges mehr an

Beachtung als das leider sträflich unterbewertete Soloalbum. Auch wenn Iced Earth vermutlich nie mehr ganz an die Grosstaten der ersten paar Alben herankommen werden, so hat man mit „Dystopia“ und dem vorliegenden neuen Album doch noch das Ruder herumreissen können und die Band wieder in die Spitze des US Power Metal zurückgebracht. „Plagues Of Babylon“ kann jedem Heavy Metal-Fan ohne Bedenken empfohlen werden und ich bin sicher, dass einige der neuen Songs auch live bald für grosse Begeisterung sorgen werden.

GRAND MAGUS Triumph And Power Nuclear Blast / Warner

lg. Das schwedische Power-Trio meldet sich nach "The Hunt" (2012) bereits wieder mit einem neuen Album. "Triumph And Power" heisst das neue starke Stück und der Titel charakterisiert das Niveau des Albums recht gut. Auf ihrem siebten Werk gehen Grand Magus in gewohnter Manier zur Sache: Schwere und an Black Sabbath, Dio oder auch Judas Priest erinnernde Riffs dominieren die meist im Mid-Tempo gehaltenen Songs. Musikalisch dominiert klassischer Heavy Metal, der nicht zu klischeebeladen daherkommt sondern eine gewisse Mystik ausstrahlt. Schon am Anfang des Jahres setzen JB (v.), Fox (bs.) und Ludwig (dr.) die Messlatte für klassische Metalscheiben im Jahre 2014 recht hoch an. Anspieltipps: der Titelsong und die beiden ersten Songs "On Hooves Of Gold" und "Steel Versus Steel". Live werden Grand Magus am 22. März zusammen mit Audrey Horne, Zodiac und The Vintage Caravan im Kiff in Aarau auftreten – sicher ein interessantes Package.

FLOTSAM & JETSAM No Place For Disgrace Metal Blade/Sony lg. Wieder mal wird ein absoluter Metalklassiker von der Band neu aufgenommen. Weshalb Flotsam & Jetsam, die


Hard/Heavy/Metal REVIEWS ausser Bassist Jason Newsted (ex-Metallica) im Original LineUp unterwegs sind, auf die Idee einer Neueinspielung ihres zweiten Albums aus dem Jahre 1988 gekommen sind, ist etwas schleierhaft. Die blosse Tatsache, dass eine Scheibe

nicht mehr erhältlich ist, kann kaum der Grund sein, denn da hätte es eine simple Nachpressung getan. Im Vergleich zur Originalaufnahme kommt die Einspielung weniger tight daher und ist soundmässig zwar etwas differenzierter, aber wesentlich tiefenlastiger und dumpfer. Hier fehlt der Charme der Originaleinspielung, an welcher eigentlich nichts auszusetzen ist. Musikalisch haben wir es hier mit einem der grössten US Thrash/Speed-Metal Klassiker, welcher unbestrittenermassen grossartige Songs beinhaltet ("No Place For Disgrace", "Escape From Within", "I Live You Die"). Leider ist "No Place For Disgrace (2014)" kein essentieller Release des Arizona-Fünfers geworden.

wie gewohnt diverse kraftvolle Power Metal Hymnen („Alive And On Fire“, „Road To Asylum“, „Delivering The Black“) welche sich mit Uptempo Granaten („Rebel Faction“, „King For A Day“) und episch, düsteren Longtracks („When Death Comes Knocking“ und „One Night In December") abwechseln. Für Abwechslung sorgt die atmosphärische Halbballade „Born With A Broken Heart“, auf der auch Liv Kristine (Leaves' Eyes) als Gast-Sängerin zu hören ist. Meist regiert hier aber massive Power welche von Profi-Knöpfchendreher Jacob Hansen (u.a. Volbeat, Pretty Maids) in Zusammenarbeit mit Mat Sinner und Achim Köhler (u.a. Edguy) mit einem entsprechend druckvollen Sound versehen wurde. Die internationale Mannschaft neben Mat und Ralf (die beiden Gitarristen Alex Beyrodt und Magnus Karlsson sowie Randy Black am Schlagzeug) harmoniert mittlerweilen perfekt, somit gehören Primal Fear anno 2014 ganz klar zur Speerspitze Deutschlands in Sachen Power Metal.

PERSUADER The Fiction Maze Inner Wounds Recordings

PRIMAL FEAR Delivering The Black Frontiers Records / MV

mv. “Delivering The Black” ist bereits die zehnte Scheibe der deutschen Power Metal Institution Primal Fear. Und die Jungs um Ralf Scheepers und Mat Sinner haben diesmal echt Gas gegeben, immerhin ist das letzte Album „Unbreakable“ erst im 2012 erschienen. Die Qualität hat darunter jedenfalls nicht gelitten, „Delivering The Black“ reiht sich in die Reihe hervorragender Primal FearKracher ein und wird die Fans der Band erneut restlos begeistern. Das Album bietet

mv. Persuader hatten viele Power Metal-Fans sicher bereits in den ewigen MetalJagdgründen vermutet. Schliesslich erschien das letzte Album „ When Eden Burns“ vor acht Jahren und in der Zwischenzeit waren einige Mitglieder der Band ja auch mit Savage Circus aktiv gewesen (die Band um exBlind Guardian Schlagzeuger Thomen Stauch). Jedenfalls gibt es mit „The Fiction Maze“ jetzt tatsächlich ein neues Album von Persuader und sämtliche Blind Guardian-Fans der alten Tage können wieder bedenkenlos zuschlagen. Denn auch mit ihrem vierten Longplayer bieten die Schweden wieder kräftigen Power Metal, der vor allem aufgrund der Stimme von

MICHAEL SCHENKER'S TEMPLE OF ROCK Bridge The Gap Inakustik

mv. Die Gitarrenlegende Michael Schenker hatte für seine letzte Platte „Temple Of Rock“ (2011) bereits diverse Promis ins Studio geholt und eindrucksvoll bewiesen, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Dies wird mit dem neuen Album „Bridge The Gap“ nun noch einmal mächtig zementiert, wobei Michael diesmal eine richtige Band am Start hat, welche sich auf der „Temple Of Rock“Tournee bereits herauskristallisiert hatte. Das Line-Up zum neuen Album hat es wirklich in sich und besteht aus den ehemaligen Scorpions-Members Herman Rarebell (Schlagzeug) und Francis Buchholz (Bass), dem ehemaligen Rainbow-Sänger Doogie White und dem langjährigen SchenkerMitmusiker Wayne Findlay an der zweiten Gitarre und Keyboards. Das komplette Album wurde von Schenker und Doogie White geschrieben und ist übrigens das erste komplette Studioalbum seit dem Scorpions Album "Lovedrive" von 1979, auf dem die drei ehemaligen Skorpione Buchholz, Rarebell und Schenker gemeinsam

vertreten sind. All diese Fakten wären natürlich relativ belanglos, wenn die Musik am Ende nicht die grosse Klasse dieser Musiker repräsentieren würde. Aber eigentlich ist die Sorge unbegründet, denn schliesslich reden wir hier von Michael Schenker, einem der grossen Meister der Melodien. “Bridge The Gap” verzeichnet dann auch kaum keine Schwächen und bietet den bewährten Schenker-Stil auf hohem Niveau. Von melodiösem Metal über knackigen Hardrock bis hin zu balladeskem Stoff gibt es einmal mehr die ganze Bandbreite zu hören, selbstverständlich auch wieder gespickt mit unzähligen wunderbaren Gitarrenzaubereien. Dazu passend der hervorragende Gesang von Doogie White, was dem Album immer wieder einen kleinen Rainbow-Touch gibt. Highlights und Anspieltipps sind „Black Moon Rising“, „Where The Wild Winds Blow“, “Horizons”, „Land Of Thunder“ und “Dance For The Piper”, das Album macht aber in seiner ganzen Pracht viel Freude.

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REVIEWS Hard/Heavy/Metal

Klassiker

Sänger Jens Carlsson immer wieder an die Fantasy-Metaller aus Deutschland erinnert. Wie schon beim Vorgängeralbum geht es auch hier ab und zu mal recht heftig zur Sache. Diverse Thrash Metal-Tendenzen schaden dem Album aber ganz sicher nicht, denn Persuader schaffen den Grad zwischen Härte und Melodie immer wieder wunderbar. Dies vor allem auch dank des echt tollen und variablen Gesangs von Jens. Und Metal-Hymnen wie der grandiose Titeltrack, „Heathen“ oder das harte „InSect“ zeigen, warum die Band nach wie vor relevant ist und hoffentlich bis zum nächsten Album nicht wieder solange brauchen wird.

ALKBOTTLE SEPULTURA

Lager Export

Beneath The Remains (1989)

ATS Records/Nonstop

Roadrunner / Warner lg. Als 1989 vier junge und wilde Brasilianer ihr drittes Studioalbum veröffentlichten, hat man die Qualität des Albums feststellen können doch die Langzeitwirkung von "Beneath The Remains" sowie der rasante Aufstieg der vier Boys aus Belo Horizonte waren nicht absehbar. Zurückblicken haben wir es hier mit einem absoluten Meilenstein zu tun: Die Musik ist schnell und mit vielen Breaks versehen, die Riffs und Soli sind brillant, der Gesang aggressiv aber noch verständlich und die Produktion von Scott Burns (später eine der Produzentenlegenden im Death Metal Bereich in den Morrisound Studios in Tampa/Florida, wo das Album gemixt wurde) drückt so richtig. Die Gebrüder Max Cavalera (voc., git) und Igor Cavalera (dr.) mit ihren Mitstreitern Andreas Kisser (git.) und Paolo Jr (bs.) geben alles und drücken das Gaspedal immer wieder durch, ohne die nötige Abwechslung vermissen zu lassen. Schon das Intro vom Titelsong lässt Grösseres erahnen: "Beneath The Remains" gilt als absoluter Klassikersong. Auch die weiteren Songs der A-Seite, "Inner Self", das schnelle "Stronger Than Hate" (geiles Bass-Outro!) und "Mass Hypnosis" sind All-Time Favoriten der Fans der brasilianischen Thrash-Könige und regelrechte Schädelspalter geworden, die Live nach wie vor zum Besten gegeben werden.

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Die fünf Titel der B-Seite gehen sehr gut ab, fallen allerdings leicht ab im Vergleich zu den grossartigen ersten vier Songs. Dies sind die Songs "Sarcastic Existence", "Slave Of Pain", "Lobotomy", "Hungry" (wahrscheinlich der schwächste Song der Scheibe) sowie "Primitive Future". Auch wenn der Erfolg von Sepultura bis zum Ausstieg von Max Cavalera mit den Alben "Arise" (1991), "Chaos A.D." (1993) und "Roots" (1996) noch grösser wurde, waren sie nie mehr so gut wie auf "Beneath The Remains", wo sie in 42 Minuten ein regelrechtes ThrashGeschoss auf die Metalgemeinde abgefeuert haben. Auch auf der dazugehörigen Tour als Support von Sodom haben Sepultura den Headliner regelmässig an die Wand gespielt. Neben "Darkness Descends" von Dark Angel und "Reign in Blood" von Slayer ist "Beneath The Remains" das beste Thrash Metal Album aller Zeiten (mit einen tollen Artwork von Michael Whelan versehen)!

hh. Die Wiener Antwort auf den legendären Kölner AsiRocker Zeltinger heisst Alkbottle. Seit 1990 ist das Wiener Quintett aktiv und in Austria ziemlich erfolgreich (Goldstatus, Music Award Nominierungen, Charts Platzierungen). Ihr fetter Hardrock mit Metalund Punkanleihen unterlegt die Wiener Mundarttexte und da geht es mehr oder weniger um eins: Das Saufen! „Lager Export“ ist quasi eine „Best Of….“ mit satten 19 Songs, die nun zum ersten Mal auch ausserhalb der östereichischen Staatsgrenzen unter die Leute bzw. auf die Theken gebracht wird. Die Texte pendeln zwischen lustig und peinlich, sorgen aber auf jeden Fall für Heiterkeit. Zum besseren Verständnis sind die Texte im Booklet abgedruckt nebst Übersetzungen, da wo es notwendig scheint. Die Jungs geben ordentlich Gas, haben ihre Instrumente im Griff und sind ein echter Bringer für jede ausgelassene feucht-fröhliche Party. Ob sie sich allerdings damit auch bei uns auf breiterer Front durchsetzen können, bleibt fraglich – denn ohne Textbuch in der Hand bleibt doch der eine oder andere Gag unverständlich. Na dann Prost!

STORMWARRIOR Thunder & Steele Massacre Records

mv. Nach den ersten drei absolut grandiosen Alben fiel die letzte Platte “Heathen Warrior” von 2011 erstmals ab und es sah fast so aus, als hätten Stormwarrior ihre Frische und Intensität etwas verloren. Mit „Thunder & Steele“ liegt nun Album Nummer Fünf vor und die deutschen Nordmänner um Sänger Lars Ramcke haben wohl die Zeichen auch erkannt und gehen mit dem neuen Album wieder einen Schritt zurück. So klingt „Thunder & Steele“ wieder viel mehr nach dem Debut Album von 2002 als nach „Heathen Warrior“. Schon mit dem Opener und Titeltrack wird klar gemacht, dass hier wieder bester deutscher Old-School Speed Metal herrscht und aktuelle Trends der Band absolut am Arsch vorbei gehen. Auch die folgenden Songs wie „Metal Avenger“, „Sacred Blade“, „Ironborn“ oder „Servants Of Metal“ atmen den Spirit der frühen 80er Werke von Helloween und Running Wild und sind gespickt mit blitzschnellen Leads und Riffs sowie Ohrwurmrefrains. Vor allem Helloween's grosser Klassiker „Walls Of Jericho“ wird hier einmal mehr zigfach zitiert und dient sicher als ganz grosses Vorbild für alles rund um Stormwarrior. Textlich wird wie immer kein Klischee ausgelassen, aber das dürfte dem Zielpublikum nicht nur egal sondern gerade recht sein. Das Gaspedal wird auf der Platte mehr oder weniger durchgehend ganz nach unten gedrückt, nur ein paar epische Momente sorgen für kurze Verschnaufpausen. Auch wenn der Bandklassiker „Heading Northe“ erneut nicht mehr erreicht werden kann, „Thunder & Steele“ ist ein richtig geiles Teutonen-Metal Album geworden und wird mit Sicherheit keinen StormwarriorFan enttäuschen.


THE SHRINE Bless Off Tee Pee

lg. Der verrückte kalifornische Heavy Rock Dreier von The Shrine kommt mit einem neuen Album zurück, und wie! Nachdem "Primitive Blast" im Jahre 2012 wie eine Bombe einschlug und die Jungs auf der Tour mit Fu Manchu als Anheizer für mächtig Dampf sorgen konnten, setzt "Bless Off" genau am Vorgänger an. Die Musik ist in etwa energiegeladener Hard Rock mit Garage Rock- und Hardcore-Elementen und wird nach der Maxime "immer Vollgas" zelebriert. Man kann sich hier eine grobe Mischung aus alten Scorpions, Black Flag, alten Motörhead und Black Sabbath sowie MC 5 und D.R.I. vorstellen. Nimmt man die kalifornische Sonne hinzu hat man die letzte Prise Salz für diese super Scheibe. "Bless Off" ist Rock'n' Roll vom Anfang bis zum Ende, geht gut ab und kann schon jetzt als Highlight in diesem Bereich angesehen werden. Kein einziger Song ist ein Ausfall, dafür hat es 11 Volltreffer auf diesem Album. "The Shrine" werden für noch mehr Aufmerksamkeit sorgen. Diese Band muss man live erlebt haben. Kaufen, und zwar auf Vinyl!

THE TOWER Hic Abundant Leones Bad Omen Records

lg. Dieser schwedische Vierer legt auf dem aufstrebenden Label Bad Omen Records ein cooles Debutalbum vor, das Tief in den 60er und 70ern verwurzelt ist. Stilistisch haben wir es mit erdigem Hard Rock / ProtoDoom mit hypnotischen Riffs zu tun, welcher an Bands wie Blue Cheer, Mountain oder Pentagram erinnert, aber auch gewis-

se Parallelen zu neueren Retro-Acts wie Graveyard oder Witch-raft aufweist. Eine leichte psychedelische Seite ist dem Sound von The Tower auch nicht abzusprechen, was Songs wie "Lucy" oder "The Tower" klar aufzeigen. Alles in allem ein Album, welches rockt und Spass macht, doch in der derzeitigen Flut gleichartiger Sounds unterzugehen droht. Sehr gelungen sind insbesondere die Songs "Adrenalawine" und der lange, letzte Song "The Tower". Aber die Originale sind nach wie vor besser und vor allem authentischer.

INDIAN From All Purity Relapse/NonStop Music

lg. Nach drei Alben über das kleine Label "Seventh Rule Recordings" aus Portland/Oregon (der Heimat solch cooler Bands wie Red Fang oder Lord Dying) kommen INDIAN nach dem 2011er Album "Guiltless" bereits mit dem zweiten Album für das renommierte Label Relapse ums Eck. Der Hassbrocken "From All Purity" beinhaltet sechs Songs abgrundtiefer Düsterheit, welche recht noisig daherkommen und stilistisch nicht mehr dem reinen Doom zuzuordnen sind (zum Beispiel der sehr schmerzerfüllte Gesang). Man hört hie und da auch eine Spur Neurosis, Sunn0))) oder auch Hardcore-Elemente in der Musik der in Chicago ansässigen Band. Zum Glück machen INDIAN auf "From All Purity" nicht den Fehler, auf überlange Songs zu setzten und so an den Nerven der Zuhörer zu zerren. Kein Song ist länger als knapp 8 Minuten, was die schleppenden und finsteren Riff- und Noiseorgien einigermas-sen erträglich macht. Anspieltipps: der Opener "Rape" sowie der letzte Song "Disambiguation". Eine sehr fiese Scheibe, welche über Relapse auch in verschiedenen Vinylfarben erhältlich ist.


LIVE 20. April 2014 Luzern, Schüür

Das Wichtigste zuerst: streicht euch schon mal den 20. April 2014 ganz doll fett in eurem Kalender an. Denn an diesem Sonntagabend habt ihr einen Hard-Rock-Pflichttermin: Heaven's Basement beackern an diesem Abend die Bühne in der Schüür in Luzern. mh. „Heaven's wer?“ fragt sich da jetzt bestimmt der Eine oder Andere, denn mit grossen Namen wie Papa Roach, Buckcherry, Shinedown, The Darkness oder gar Bon Jovi wird die Band nicht genannt. Noch nicht. Einen berechtigten Anspruch darauf hätten sie auf jeden Fall. Getourt haben Heaven's Basement nämlich bereits mit den genannten und noch vielen mehr. Und jetzt im sechsten Jahr nach der Gründung führt sie endlich ihre erste eigene Headliner-Tour durch Europa. Gehen wir der Reihe nach. Heaven's Basement wurden im Jahr 2008 vom Gitarristen Sid Glover gegründet. Zusammen mit Sänger Richie Hevanz, dem Bassisten Rob Randell und dem Schlagzeuger Chris Rivers war das Gründungs-Line up komplett. Bei einem Wettbewerb von einer Radiostation in Manchester haben Heaven's Basement vorgegaukelt, dass sie auch aus Manchester wären. In Wahrheit kommen sie aber aus der Region London. Gemerkt hat das niemand und gewonnen haben sie den Wettbewerb auch. Als Preis durften sie die Show für Bon Jovi im City of Manchester Stadium vor ca. 50'000 Zuschauern eröffnen. Im Telefoninterview meint der Gitarrist Sid Glover grinsend dazu: „Das war echt seltsam! Das war etwa der siebte Gig als Band und ich war fast noch ein Kind. Wir befanden uns plötzlich in einem Stadion mit enorm wenig Platz auf der Bühne. Das Ganze war ein total surrealer Tag. Und dann hatten wir noch die Frechheit zu fragen, ob wir unsere Set-Länge verdoppeln können… was uns dann tatsächlich gewährt wurde!“ Nach zwei EP's in den Jahren 2009 und 2011 sowie zwei Line up-

OBLITERATION Black Death Horizons Indie Recordings/Irascible

lg. Einen regelrechten oldschool Death Metal Knaller mit Black Metal Einschlag liefern

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die Norweger von Obliteration mit ihrem dritten Album "Black Death Horizons" ab. Man hört da ganz alte Dark Throne (zu "Soulside Journey" und "Goatlord"-Zeiten) und massenweise Celtic Frost heraus. Schleppende, doomige Parts wechseln sich mit ordentlich rumpelnden Passagen ab, welche teilweise sogar punkig/thrashig daherkommen. Die Produktion ist auch wunderbar erdig ausgefallen – die Band hat die Scheibe in ihrem eigenen DIY Studio in Kolbotn aufgenommen. Da alle Songs auf einem gleich hohen Intensitätslevel sind, wird hier auf die Hervorhebung einzelner

Wechseln (Bassist Rob Randell wurde durch Rob Ellershaw und Sänger Richie Hevanz wurde durch Aaron Buchanan ersetzt) erschien dann im Februar 2013 unter den Fittichen von John Feldmann das erste Album mit dem Titel „Filthy Empire“ bei Red Bull Records. Das unermüdliche Touren über die Bühnen Europas als Vorband von unzähligen Bands haben sich endlich ausgezeichnet. Die erste eigene Headliner-Tour steht an. Und das sind gemäss Sid Glover die nötigen Zutaten für eine anständige Rockshow: „Man braucht Leidenschaft, Ehrlichkeit und eine kompromisslose Fuck-You-Attitüde. Und das Wichtigste von allem: man sollte nicht abkacken!“ Die Verbindung und die Chemie innerhalb der Band sei sehr wichtig. „Du musst lieben was du tust und dann feuert die Energie nur noch so raus“. Und das haben Heaven's Basement auf jeden Fall perfektioniert. Selbst wenn sie einen akustischen Song spielen, entwickelt die Band so viel Energie, dass man fast weggeblasen wird. „Ein guter Freund von uns hat unsere akustischen Songs als Rennpferde mit zusammengeschnürten Beinen beschrieben“, lacht Sid. Und das trifft den Nagel auf den Kopf. Aber keine Angst, es wir bestimmt kein akustischen Konzert werden. „Manchmal wird es bei unseren Shows so heiss, dass wir einen akustischen Song einwerfen müssen um die Leute etwas abzukühlen.“ sagt der Gitarrist. Wir verstehen dies nun als Versprechen und warten voller Vorfreude auf den 20. April!

Tracks verzichtet. Super Album.

WITCHFYNDE The Lost Tapes Bad Omen Records lg. Nun gräbt auch die early NWOBHM-Legende Witchfynde ihre alten Demotapes aus und veröffentlicht sie stilecht nur auf Vinyl. Der Erstling "Give'Em Hell" stammt aus dem Jahre 1980 und gilt als okkulter NWOBHM-Klassiker. Die vorliegenden sieben Demosongs (fünf aus dem Jahre 1975 und zwei von 1977) kommen wesentlich softer und kommen ohne die gewisse Aggression aus, welche die NWOBHM prägte

(Einfluss des Punks). Sie sind vielmehr mit ganz alten Judas Priest, Deep Purple oder sogar Progressive Rock vergleichbar und gehen als experimenteller und ausufernder Hard Rock durch. Cool sind zum Beispiel der Opener "Grimoire" oder das überlange "Slow Down" vom 75er-Demo, und vom 77er-Demo das bereits als Bonustrack des "Give'Em Hell" Rerelease veröffentlichte "Tetelestai". Für Fans ist diese Zusammenstellung obskurer und meist überlanger Songs interessant, allen anderen sei "Give'Em Hell" – auch aufgrund der blossen DemoQualität der hier besprochenen Aufnahmen - empfohlen.



goes

Boom hh. Im 39. Jahr des Bestehens und auf dem Höhepunkt des zweiten Frühlings, den die Solothurner Hardrocker mit den beiden letzten grandiosen Alben in (fast) Originalbesetzung eingeläutet haben, kommen sie jetzt mit einem Livealbum. „Long Stick Goes Boom“, benannt nach einem ihrer bekanntesten Songs, vereint die Essenz ihrer langen Karriere in einem fulminanten Live-Mitschnitt. Dazu und was sonst noch heute bei der allzeit erfolgreichsten Schweizer Rockband läuft, äussert sich Röck Dög Chris von Rohr im TRACKS-Gespräch. (Fotos: Ian Keates)

Welches Konzert wurde für das Album mitgeschnitten? Chris: Wir haben die Show vom 30. August 2013 im Kofmehl, Solothurn, wir nennen es „House Of Rust“, ausgewählt. Krokus haben ja in den letzten knapp 40 Jahren über 2000 Konzerte gespielt, davon nahmen wir viele Shows auf. Letztendlich haben wir uns für diesen Kofmehl-Gig entschieden, denn da kam wirklich alles zusammen. Die Band war an diesem Abend in Hochform, diese Bühne tönt unschlagbar und das Publikum war sensationell. Es gibt ja solche und solche Abende, aber da hatten wir das Glück, dass wirklich alles zusammen passte und alle Musiker inkl. unserer beiden Neuen sich voll mit dem Material angefreundet hatten. Eigentlich habt ihr ja nur einen neuen Mann, den Drummer, in der Band. Na dann eben eineinhalb Neue. Mandy Meyer hat ja bei Krokus damals als direkter Ersatz für Tommy Kiefer gespielt. Aber das war ja nur für eine sehr kurze Zeit und hat leider damals nicht einmal für eine Platte gereicht. Und der letzte Versuch bei Krokus war nach seiner Zeit bei Gotthard in dieser „Hellraiser“-Formation, die mit dem Original ja auch nicht mehr so viel zu tun hatte. Er musste sich jetzt schon ein bisschen einleben. Aber in Hinsicht auf diese Live-Platte hat sich gezeigt, dass Flavio an den Drums einen super Job machte und Mandy's Einstieg ebenfalls fruchtbar war –gerade bei seinen Leads in „Fire“, „Tokio Nights“ oder „Easy Rocker“ ist das gut zu hören. Er ist der geborene Leadgitarrist. Wir alle wissen: So gut wie jetzt hat die Band noch niemals geklungen und wir lernen ständig noch dazu. Warum denn überhaupt ein Live-Album? Habt ihr keine Ideen mehr für neue Songs? Ich habe mir schon gedacht, dass diese Frage kommt. Hier die Antwort: Wir bei Krokus sind überzeugt, dass es nur eine wahre Formation gibt, die auch den Originalsound voll rüberbringt. Nämlich die vier glorreichen Alben aus den 80er Jahren, die übrigens jetzt in England wieder neu aufgelegt werden. Und wir haben uns gesagt, solange der Sargdeckel noch nicht zuklappt, müssen wir die heutigen Krokus, diese Energie, diesen Touch noch einmal auf CD bannen. Wir sind extrem glücklich das dies gelungen ist mit diesem „Long Stick Goes Boom“ Live Album. Mit „Live For The Action“ ist ja sogar ein frischer Track drauf, der noch auf keinem Krokusalbum ist. Ein neues Studioalbum kam ja gerade erst im letzten Jahr. Wie lange brauchen AC/DC oder Aersosmith für ein neues Album? 6 Jahre? Wobei ich noch nicht mal versprechen kann, ob es jemals noch ein neues Studioalbum geben wird. Wir haben die Einstellung: Stop On Top! Nicht wie diese Bands, die bis zum „Schlag mich Tot“ auf Tour gehen auch wenn nur noch zwei Original-Members dabei sind und es

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eigentlich auch nicht mehr gut klingt. Wir haben uns gesagt, wir wollen Krokus wieder zu dem zurückbringen, was sie einmal wirklich waren und noch einen drauflegen- wieder dieses Platin-Level erreichen, das in den letzten 25 Jahren nahezu verloren ging. Das nochmal ein bisschen auskosten, aber dann die Reissleine ziehen solange es noch gut ist! Mötley Crue zeigen, wie man so was richtig macht. Klar möchte man am liebsten ewig spielen- das geht vielleicht mit einer Blues-oder Countryband oder wenn man Leonard Cohen ist-Ich zitiere hier gerne Billy Gibbons von ZZ Top: Es ist wichtig zu erkennen, wann etwas beginnt und wann etwas endet. Ich hoffe wir schaffen das. Ist das Live-Album also das letzte hörbare Lebenszeichen von Krokus? (lacht) Wo ist die Kristallkugel? Ich würde sagen, wir warten mal das 40-jährige Jubiläum im nächsten Jahr ab. Da ist sicher was geplant. Vielleicht so was wie „40 Licks“ - ein Best of Album mit zwei neuen Songs. Aber ein komplett neues Studioalbum sehe ich zurzeit eher nicht.

Wäre ja schade, denn das letzte Album „Dirty Dynamite“ ist ja eines der besten Alben, die Krokus in der gesamten Karriere gemacht hat. Da dachten doch viele Fans, die haben den zweiten Frühling, da kommen jetzt noch mehr Grosstaten hinterher. Wir haben ja den zweiten Frühling. Aber du kennst ja den Spruch: Willst du den Lieben Gott zum Lachen bringen, dann erzähle ihm von deinen Plänen! Nichts ist auszuschliessen. Aber die Frage ist auch, ob es das wirklich noch braucht in einem aussterben CDMarkt? Wir haben so viele gute Songs und können nie alle spielen


Dazu kommt: wir sind nicht mehr 30. Da kommt ja auch das Gesundheitsrisiko ins Spiel. Krokus wollen keine Endlos-Tourneen mehr machen. Jedes Konzert soll was Spezielles sein - auch im Ausland. Wenn wir alle gesund bleiben, ist alles gut. Aber eine Garantie gibt es dafür nicht. Und wir haben in der Band klare vertragliche Abmachungen, dass nie wieder solche KrokusSplittergruppen herumgeistern werden. Soviel ist klar Wurde das Live-Album, wie ja leider bei vielen Bands üblich, im Studio hinterher nachbehandelt ? Nein, das war zum Glück an diesem Abend nicht nötig. Es gibt ja einen Haufen Live-Alben, da wurde im Studio mit einem Riesenaufwand herumgedoktert, dass es schlussendlich fast wie eine Studioplatte tönt. Da haben wir uns bewusst sehr zurückgehalten - sonst geht dieser bestimmte rotzige Spirit verloren - darauf habe ich als Produzent geachtet. Wir haben nur einige wenige Kleinigkeiten ausgebessert, hauptsächlich bei den Chorgesängen, die kamen ein paar Mal in der Hitze des Gefechtes zu sehr Keith Richards oder Lemmy-mässig (lacht). Oder die zu langen sing a long Passagen mit dem Publikum wurden gekürzt. Ansonsten ist es genau das, was du bekommst, wenn du zu einem Krokus Konzert gehst und am besten Soundplatz stehst, den du normalerweise eben leider nicht hast. Knackig, dirty, ehrlich und druckvoll! Wir sind überzeugt, dass jeder Hardrockfan der Welt, der diese Platte hört, sagen wird: Genau so muss es klingen, das ist Krokus so wie wir sie lieben! Fernando sagt sogar, dass dies wohl ohne zu übertreiben das beste Krokus-Album ever ist. Es ist da einfach alles drauf und sehr lebendig. Was ist bei euch seit dem Release von „Dirty Dynamite“ im letzten Frühjahr passiert? Wir haben viel gespielt, unter anderem auch ein paar grosse, namhafte europäische Festivals. Zuerst mussten wir die Fans nach all den guinessbuchrekordverdächtigen Wechseln erst wieder überzeugen. Zum Glück ist das voll gelungen. Wir haben zwar nicht mehr diese endlosen Tourneen wie früher gemacht, aber es waren doch so um die 40 Shows. Und es liegen jetzt auch Offerten vor, um daran anzuknüpfen. Sei es USA oder Südamerika und sogar auch Indien. Die Frage ist nur: Sollen wir das machen? Haben wir Lust, uns 30 Stunden ins Flugzeug zu setzen, um eine Show in Sao Paulo zu spielen? Und auch die wirtschaftliche Komponente muss man im Auge halten. Unter dem Strich haben wir uns auf die Fahne geschrieben: es muss Sinn und Spass machen. In der Vergangenheit waren für Krokus die USA der wichtigste Markt. Ihr habt dort immer noch eine Menge Fans, weshalb habt ihr nicht versucht, nach dem letzten Album dort noch mal durchzustarten? Da kommen zwei Komponenten zusammen, die es schwierig machen. Die erste ist: Das Land ist im Moment in einer ökonomischen Krise. Unter Obama hat sich leider nichts zum Positiven geändert. Im Gegenteil, es ist eher noch schlechter - die Leute haben einfach keine Kohle mehr. Dazu kommen die Probleme in der serbelnden Musikindustrie. Das andere ist, und das muss man offen und ehrlich sagen, der Schaden, der nach dem Album „Headhunter“ durch den musikalischen Kurswechsel entstanden ist, hat zu einem Credibility-Problem geführt. Wäre das nicht so, wäre es kein Problem, in etwa da weiter zu fahren, wo wir einmal waren. Aber nach „Headhunter“ ging es ja immer weiter runter, bis zur zwischenzeitlichen Bandauflösung. Auch wenn Krokus dort immer noch sehr viele Fans haben und die Songs immer noch ständig im Radio laufen, was uns natürlich freut, wäre der Aufwand wirtschaftlich sehr gross, denn die Gagen sitzen da auch nicht mehr sehr locker. Es gibt Angebote und wir

prüfen sie. Würden wir drüben leben, wäre das schon eine andere Situation. Dann könnte man sagen, diese Woche machen wir Texas und die nächste den Staat nebendran, und so weiter. Aber so müssten wir die ganze Band und das Equipment rüberfliegen und erst mal wieder in Grossclubs zu spielen, um dadurch dann an die Festivals oder eine Package-Tour mit anderen Bands ranzukommen. In den USA zu spielen schliessen wir sicher nicht generell aus, aber wir trauern den alten Zeiten auch nicht nach. Das war zwar schön, aber nicht nur schön – das muss man auch mal klar sagen. Aber jetzt zuerst, bevor die europäische Festivalsaison kommt, geht es erstmal auf eine Deutschland-Tournee. Das ist auch etwas, das wir schon sehr lange nicht mehr gemacht haben. Mal wieder in den alten Wirkungsstätten wie Zeche, Bochum oder Aladin in Bremen zu spielen. Da kommt bei uns Freude auf und das macht auch Sinn. Ich sehe bei uns rundum zufriedenere Gesichter. Das Feeling ist geil, die Musik heiss, wir alle sind im Element und die Fans spüren das genau. Das noch mal erleben zu dürfen ist viel wert!

KROKUS Long Stick Goes Boom Sony Live From Da House Of Rust 01 Long Stick Goes Boom 02 Hallelujah 03 Go Baby Go 04 American Woman 05 Tokyo Nights 06 Fire 07 Rock City/Betta Than Sex/ Dög Song 08 Screaming In The Night 09 Hellraiser 10 Bedside Radio 11 Easy Rocker 12 Heatstrokes 13 Live For The Action 14 Hoodoo Woman

Lohn der harten Arbeit. Vor kurzem wurde Krokus mit 4-fach Platin für das Album «Metal Rendez Vous» ausgezeichnet. Mit weltweit über 3 Millionen verkaufte Exemplare ist der Langspieler das erfolgreichste Hardrock-Album der Schweiz und wird auch wohl nie mehr übertroffen werden. (v.l.n.r) Mandy Meyer, Mark Kohler, Chris von Rohr, Flavio Mezzodi, Marc Storace -Fernando von Arb fehlt krankheitsbedingt. (Foto: Joseph Khakshouri)


IRA MAY The Spell Peripherique/Phonag

RETO BURRELL Lucky Charme

hug. Jesses Marie! Diese Stimme ist der Killer! Aus dem Nichts beziehungsweise nach

einer kleinen Episode im Netz taucht die Baslerin Iris Bösiger auf und zeigt mit ihrem Debüt als Ira May, dass dieser Stimme Grosses gebührt: stark, durchdringend, bodenhaftend. Ungeniert, selbstsicher und vorwärtsstrebend. Das ist exakt die Soulstimme, die gemeinhin als perfekt definiert wird – und dann sind die elf Soulsongs auch noch alle selber geschrieben! Zwar lotet Ira auf diesen elf Songs die Möglichkeiten ihrer Stimme noch nicht konsequent aus, aber «The Spell» überzeugt auch so problemlos. Jetzt sollte eigentlich einer der ganz grossen Soulproduzenten eines ganz grossen, weltweiten Labels auf Ira aufmerksam werden und mit ihr und der Band, die auf der Verpackung mit dem stimmigen Cover leider nicht deklariert ist, ein globales Erfolgsalbum produzieren. Die Chancen stehen gut, denn die Welt hat noch immer keine Nachfolgerin für Amy Winehouse gefunden.

Echo Park Music/Sounds & Media hh. Burrells neues Album stellt vom ersten Song an klar: Er ist der Schweizer Tom Petty! Und das ist durchaus positiv gemeint. Praktisch jeder Song könnte auf einem Album des blonden Amerikaners zu finden sein und wäre dort unter den jeweils besten Titeln. Nach seinem folkigen Akustik-Album „Sunshine & Snow“ kommt der Innerschweizer Reto Burrell jetzt wieder mit einem elektrischen Roots-Rock Output an den Start, in bester Americana Art. Aufgenommen wurde dieses Mal in der Schweiz mit Burrells langjähriger Begleitband. Dass das Album trotzdem in jeder Beziehung international klingt, liegt an Burrells langjähriger Erfahrung als Produzent. So ist der Allgemeinsound warm und transportiert eine Menge Gefühl. Auch in heftig rockenden Tracks bleibt das Soundbild transparent. Burrell beweist als Komponist stets ein grosses Gespür für griffige Melodien und tolle Hooklines, als Ergebnis dieser nicht alltäglichen Kunst ist auf „Lucky Charme“ praktisch kein Ausfall zu verzeichnen. Einzelne Songs herauszuheben fällt daher schwer, alle Titel kommen wie aus einem Guss – egal ob berührende akustische Balladen oder rockende Uptempo-Knaller. Die Band spielt absolut songdienlich, die lange Erfahrung der Musiker an Burrells Seite ist deutlich spürbar und schlägt sich in groovigem und punktgenauem Zusammenspiel hörbar nieder. Da Burrell nun wieder mit dem renommierten deutschen Blue Rose Label, für seine Musik der perfekte Partner, europaweit zusammenarbeitet, bleibt zu hoffen, dass „Lucky Charme“ auch international die Aufmerksamkeit und hoffentlich auch den Erfolg erhält, der dem Album ohne Abstriche zusteht. Für Roots-Rock und Americana-Fans, sowie für alle, die auf ehrliche, handgemachte schöne Songs stehen eine dringende Kaufempfehlung. Das Album gibt es auch als Vinyl-LP.

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TRAUFFER Alpentainer Universal

hug. Liebe Glückspost. Wir sind irritiert. Letztes Jahr haben wir dir das Album «Fischer und Jäger» mitsamt dem dazu gehörenden Sänger und Handörgelispieler Marc Trauffer wärmstens ans Herz gelegt, und inzwischen hat die Schweizer Illustrierte längst eine Homestory gemacht, sogar die Schweizer Landliebe hat Trauffers Brienzer Holzkühe gepriesen, aber du hast kein Wort über ihn verloren. Wo der doch so perfekt zu deinem Zielpublikum passt. Denn Trauffer ist ein BierzeltBalkenbieger der ExtraSchlagerklasse, er ist ein fröhlicher Mensch mit Handorgel und Sinn für Volkshumor. Wir wissen natürlich, dass die Konkurrenz

ASHES TO BEAUTY Fly Eigenvertrieb

für Trauffer seit «Fischer und Jäger» unverhofft gross geworden ist. Diese Beatrice Egli zum Beispiel, der fliegen ja alle Herzen zu, und dann ist sie auch noch eine gute Freundin von Helene Fischer, der Königin der Königinnen, jetzt, wo man von Monique kaum mehr was hört. Und dieser Andreas Gabalier regiert ganz Österreich, wahrscheinlich deshalb, weil zu seiner Handorgel österreichischer Dialekt erklingt, und den verstehen die Österreicher halt besser als Trauffers Berner Oberländer Sprache, man kann es ihnen kaum verübeln. Aber über Gabalier schreibst du, liebe Glückspost, immer wieder, sogar über diesen Esteriore, wo der doch überhaupt nicht zu dir passt. Und wie reagiert der Trauffer auf die Konkurrenz? Er erweitert ganz sachte sein Repertoire. Wird ein bisschen Country-kompatibel. Ein bisschen Polo-hofiger. Ein bisschen Rock-‚n'-Roll-artig. Und kommt aber immer wieder auf die Volxschlagerparty zurück. Singt Sätze wie «Mir bringe d'Füdle zum Tanze und d'Meitschi zum Bounce» (sehr modern), «Ja Meitschibei so verschiede u so schön, us üs Manne machsch e Huufe dummi Glöön» (wo er recht hat, hat er recht) und «Doch sie het Müeh mit de Chüe, Müeh mit de Chüe, Müeh mit de Chüe, Müeh mit de Chüe, sie het Müeh mit de Chüe, Müeh mit de Chüe, Chüeh gä so viel ds tüe» (zum Mitsingen). Und er zelebriert ein Duett mit Monika Schär, die ist zwar Genre-fremd, aber damit bietet sich Trauffer an als das neue Traumpaar der Szene, wenigstens ein musikalisches, denn Trauffer ist schliesslich schon verheiratet und hat zwei Kinder, aber der Zeitpunkt ist günstig, jetzt, wo sich die Beatrice von ihrem Reto getrennt hat und der Florian seit der Trennung von Francine irgendwie nichts Gescheites mehr auf die Reihe kriegt. Weil der Ast, der ist ja jetzt die neue Daliah Lavi. Also, liebe Glückspost: Schreib was Schönes!

kw. Es gibt eigentlich nichts zu meckern, die Sängerin singt sauber zu einer stimmigen Begleitung. Nun, es klingt perfekt, vielleicht sogar zu perfekt. Eine gewisse musikalische Unverfrorenheit vermisst man ein wenig. Trotzdem ist “Fly“ keinesfalls schlecht, aber eben nicht umwerfend. Eine solide Leistung, die heute nicht selbstverständlich ist. Fans von TinkaBelle werden an Ashes To Beauty Gefallen finden. Beiden Künstlern sind folkloristische und zugleich poppige Strömungen gemein. Mit dem Unterschied aber, dass Ashes To Beauty traditioneller, besonnener sind, nicht ganz so leichtfüssigen Mainstream produzieren. Ihre


Spezialität sind Balladen, die nicht übertrieben dramatisch wirken. Manchmal gibt es Momente oder auch Songs, in denen die Band reduziert wird. Dann hört man beispielsweise nur eine Geige, ein Klavier und die Sängerin. Das ist sympathisch und erfrischend. Die Balladen werden oft durch eine Violine ergänzt, die nicht durch Virtuosität sondern durch Schlichtheit begeistert. Die Geige hält sich im Hintergrund und unterstreicht das Zerbrechliche in den Liedern. Das ist durchaus lobenswert. Mitproduziert hat das Album übrigens Marco Jencarelli, der auch schon mit Philipp Frankhauser zusammengearbeitet hat.

Class of 2005 angelehnt haben, verläuft auch ihre Entwicklung parallel zu den englischen Vorbildern, am ehesten noch zu Franz Ferdinand: Die 13 neuen Songs sind ausgefeilter, abwechslungsreicher und vielfältiger geworden, ohne ihre Frische, ihren quirligen Power oder die furchtlose VorwärtsHaltung verloren zu haben. Gut gemacht. Die Jungs bleiben am Ball. Und wir mit ihnen.

Longplayer darf man nicht zu Hintergrundmusik degradieren, sondern man muss gewillt sein den wahren Wert und seine Tiefe zu erkennen. Mit jedem Hördurchgang entfalten sich Details und Augenblicke voller Emotionen. Es ist eine atemberaubende Entdeckungsreise eines beeindruckenden Albums.

THE BEAUTY OF GEMINA

Fontastix

NOVEMBER AND ME Gold

Ghost Prayers NoCut/SPV

SEVEN DOLLAR TAXI Anything Irascible

hug. Vielleicht war es eine nicht ganz ideale Idee, ausgerechnet denjenigen Song an den Anfang des Albums zu stellen, der zwar richtigerweise die Weiterentwicklung von 7 Dollar Taxi klarmacht, aber ausgerechnet auch derjenige Song des ganzen Albums ist, der irgendwie in sich selber steckenbleibt. Phuh, das war ein komplizierter Satz. Wo doch ausgerechnet den gefeierten Luzerner IndierockJungs nichts ferner liegt als das Komplizierte. Und das kam so: 2006, da waren sie noch halbe Kinder, erschien ihr Debüt «Come And Figure It Out», eine Sammlung rotziger, geradliniger, Teenage-aufgekratzter Rocksongs, die so gut waren, dass die Band gleich auf der halben Welt Konzerte geben konnte (oder jedenfalls weitherum). Dann dauerte es ganze vier Jahre, bis der sinnigerweise «Well, It's About Time» betitelte Nachfolger erschien. Der war von gleicher Frische und Kraft wie das Debüt. Und nun also der grosse Schritt nach vorn. Zu sagen, das sei nun der erste Schritt zum Erwachsenwerden, ist bei einer Band wie dieser irrelevant. Denn nichts (ausser eben der Opener) passiert hier mit harzigem Willen, irgend ein Ziel erreichen zu müssen, sondern scheint natürlich gewachsen zu sein. Da sich 7 Dollar Taxi immer schon sehr passioniert an den englischen Rockpop der

em. Mit «Ghost Prayers» präsentieren die musikalischen Grenzgänger von The Beauty Of Gemina ihr sechstes Album. Sänger Michael Sele verzaubert wie gewohnt mit seiner auffällig tiefen und warmen Stimme. Der Sound auf «Ghost Prayers» enthält viele Attribute, die man an The Beauty Of Gemina schätzt. Die Melancholie, die sich gekonnt mit IndustrialBeats vermischt, Folk-Rhythmen, welche die Schwermut verschleiern oder aber auch Country-Einflüsse, die sich dezent mit Dark-Wave-Parts paaren. Bereits der mit einem rockigen Grundgerüst versehene Opener «One Million Stars» ist eine Perle. Die Melodie ist so wunderbar fliessend, einfach aussergewöhnlich schön. Ein weiteres Stück, welches erwähnt werden muss ist «Down By The Horses». Dieses Lied lebt von der akustischen Gitarre, die einen rassigen Takt vorgibt und dabei kein bisschen an Grazie einbüsst. Darauf folgt «When We Know». Ein sehr langsamer Song, der ganz spartanisch aufgebaut ist und vom fesselnden Organ Seles lebt. Das ist eleganter Pathos! Die Singleauskopplung «Mariannah» besticht erneut mit einer eingängigen und herrlichen Melodie voller Sehnsucht, welche von fast hypnotischen Strophen begleitet wird. Insgesamt sind auf diesem Werk zwölf Kompositionen enthalten. Man gerät in Versuchung zu sagen, dass «Ghost Prayers» zwischendurch mal etwas abflacht, was aber der Qualität dieser Scheibe nicht gerecht werden würde. Diesen

kw. Das Schweizer Trio legt mit seinem Erstling “Gold“ ein schönes Produkt an den Start. Wie der Name der Band schon sagt, ist auch die herbstliche Stimmung beim Album Programm. Besser gesagt die

Stimmung, wenn sich der Herbst von seiner besten Seite zeigt. Es ist das Wechselspiel zwischen unbeschwertem Frohsinn und Melancholie, welches das Ganze interessant macht. Die Tracks sind warm, harmonisch und wonnig, ohne zu erdrücken. Die Musik lädt den Hörer ein sich zurückzulehnen und zu geniessen. November And Me erinnert an die musikalischen Anfänge von Coldplay (Album “Parachutes“). Verträumter Pop ist das grosse Schlagwort. Dieser verträumte Pop bleibt trotzdem klar und wesentlich. Dies schafft unteranderem Michael Gysels Stimme, die relativ schnörkellos und bodenständig ist. Ohne aufdringlich zu wirken spielt der Bass häufig eine dominante Rolle im Gesamtsound. Besonders zu empfehlen sind die Tracks “What Matters“ und “November Me“. Der Erstgenannte ist rund vier Minuten lang und behagt sofort. Der zweitgenannte Track war schon die Single-Auskopplung. Man bleibt gespannt, wie sich das Trio weiterentwickeln wird.

FAMARA Karibu N-Gage/Musikvertrieb Als einer der aktivsten sowie populärsten Schweizer ReggaeActs hat Famara bereits acht Alben mit seinem erfrischenden Mix aus Afro-Reggae, Dub und Weltmusik erfolgreich veröffentlicht. Famara's Output scheint aber nach über fünfzehn Jahren immer noch unerschöpflich zu sein! Nach einer kurzen Schaffenspause präsentiert der Reggae-Pionier bereits seine neuste Arbeit. «KARIBU»(Welcome) heisst der sinnige Titel seines neuen Werks, das am 7. März veröffentlicht wird. Auf den dreizehn sonnigen und abwechslungsreichen Songs wirkt ein grosses Aufgebot an Musikern- und Musikerinnen mit. Hochkarätige Riddims, fette Bläsersätze und mehrstimmige Backing-Vocals, aber auch eine Blues Harp, sorgen für den typischen und unverwechselbaren World-Reggae-Sound und treiben den Schweizer Rasta auf seinem 9. Album zur Höchstform an. Dies beweist z.B. die Vorab-Single «Reggae Made In Switzerland», erdig, rootsig, locker und enorm eingängig. Für die Aufnahmen reiste FAMARA nicht etwa nach Gambia oder Jamaika, sondern nach Basel ins «One Drop Studio». Dort entstand das Werk unter den Fittichen von Eric Gut, Matthias Tobler (beide THE SCRUCIALISTS) und Rainer Schudel. «KARIBU» heisst es nun auch auf seiner Release-Tour, bei welcher er von einer prominenten Backing-Band unterstützt wird.

LIVE -Plattentaufe8. März 2014 Basel, Kaserne

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RETO BURRELL

«Ich liebe diesen Scheiss»

hh. Am 7. März erscheint „Lucky Charme“, das neue Album von Reto Burrell. Nach dem folkigen Vorgänger „Sunshine & Snow“ geht es hier wieder mit Roots-Rock und Americana Sounds rockiger zur Sache. TRACKS traf den Innerschweizer zu einem entspannten Gespräch.

Du kommst relativ schnell mit einem neuen Album. Ja, aber die Songs hatte ich schon lange geschrieben. Der Titelsong „Lucky Charme“ zum Beispiel stammt aus dem Jahr 2002. Aber irgendwie kam der nie so richtig raus, wie ich das wollte. Den gab es im Laufe der Jahre in verschiedensten Variationen – aber erst jetzt hat er sich so entwickelt, dass ich damit glücklich bin. Eigentlich wollte ich vor zwei Jahren ein Doppelalbum machen. Aber als ich in Nashville war, hatte ich plötzlich die Gelegenheit, dort kurzfristig das Folk-Album „Sunshine And Snow“ aufzunehmen. Dann gab es noch mein Nebenprojekt C.H. (Country Helvetia), das dazwischengeschoben wurde. Als dann C.H. aufgelöst wurde, fand ich, jetzt bringst du den rockigen Teil des ursprünglich geplanten Doppelalbums als reguläres Album raus. Das wurde aber nicht in Nashville aufgenommen. Nein, ich wollte wieder einmal ein Album komplett in der Schweiz machen. Die Alben, die ich in Amerika gemacht hatte, sind ja entstanden, weil ich sowieso dort war. Ausserdem, wenn ich ein Rockalbum machen will, dann muss ich nicht in Nashville aufnehmen. Ich finde Nashville super, aber für mich rockt es da nicht so richtig. Für ein Rockalbum würde ich in Amerika eher nach Los Angeles oder Austin gehen. Aber „Lucky Charm“ wollte ich hier mit meiner Band aufnehmen, weil die Songs unbedingt live eingespielt werden sollten. Und ich glaube, das ist uns auch sehr gut gelungen. Hat der Song- und Album-Titel „Lucky Charme“ (Glücksbringer) eine spezielle Bedeutung? Ja, irgendwie schon. Es hat jetzt plötzlich in dem Song alles

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gepasst, wo über die Jahre vorher etwas fehlte, der Groove nicht stimmte. So gesehen war das schon ein Glücksfall. Ich persönliche glaube aber nicht an Glücksbringer oder Amulette. Mein Glück ist eine starke Familie und gute Freunde zu haben. Und ich habe auch erst im Nachhinein festgestellt, dass „Lucky Charme“ ein sehr positives Album geworden ist. Die Texte sind sehr persönlich, so als würde ich mich im Spiegel anschauen. Und das macht mich innerlich stark, ich muss niemandem etwas beweisen. Normalerweise schreibe ich Songs eher in den nachdenklichen Momenten. Umso mehr freut es mich, dass das Album so positiv herausgekommen ist. Mit „Lucky Charme“ bist du wieder bei deinem alten Label Blue Rose gelandet. Das Folk-Album hattest du aber in Eigenregie veröffentlicht. Ja, ich wollte eigentlich auch „Sunshine & Snow“ bei Blue Rose rausbringen, aber der Labelchef sagte: „Nee, da sind mir zu viele Streicher drauf – ich hasse Fideln und Streicher!“ Als ich ihm dann „Lucky Charme“ geschickt habe, meinte er: „Super – das machen wir wieder.“ Aber in der Schweiz kommt die Platte auf meinem eigenen Label raus, die Schweiz habe ich aus dem Blue Rose Deal ausgeklammert. Ich hoffe, dass ich hier so etwas mehr verdienen kann, als wenn ein internationales Label die Platte auch in der Schweiz veröffentlicht. So kann ich auch einen grösseren Promotionaufwand betreiben, als das dem Schweizer Vertrieb des Blue Rose Label möglich ist. Blue Rose vertreibt das Album europaweit. Was machst du in den USA? Gar nichts. Das kann ich mir nicht leisten, das würde viel zu teuer.


Ich müsste ja dort touren und in den Clubs bekommst du wenig Gage. Davon könnte ich meine Band und die Spesen nicht bezahlen. Dann bräuchte ich dort eine Promotion-Company. Und das würde mich mindestens um die 50.000 Dollar kosten, nur um dort in kleinen Clubs und Pubs zu spielen. Das kann ich mir einfach nicht leisten. Die Platte kann man aber auch in den USA bekommen. Physisch über Amazon und ansonsten digital. So gesehen ist die Welt doch recht klein geworden. Was passiert nach dem Release von „Lucky Charme“ im März? Dann gehen wir auf Tour. Ich denke, es werden so um die 15 Konzerte in der Schweiz. Deutschland, Holland und hoffentlich auch Skandinavien machen wir dann im Herbst. Du machst das ja nun schon ziemlich lange. Kannst du von der Musik leben? Ja, ich mache das schon sehr lange, aber nicht zu lange. Ich liebe diesen Scheiss! (lacht) Ich mache das seit 1999 professionell, und ich staune jedes Jahr wieder, dass das als Nicht-Hitparaden-Act klappt. Ich glaube, ich komme durch, weil ich ein 200% Independent-Guy bin. Ich mache viel selber und arbeite auch mit sehr guten Leuten zusammen. Deshalb gelingt das. Und ich habe keine Angst klein zu sein. Ich brauche keine 10 Roadies oder einen Tourmanager oder eine Agentur, die dann noch 20% abkassiert. Aber im Ausland brauchst du ja wohl eine Konzertagentur. Ja, bei Auslandstourneen geht das nicht ohne. Und an diesen Tourneen verdiene ich praktisch nichts. Das Geld, das da reinkommt, geht für Spesen und für die Band drauf. Ich mache die Auslandstourneen in erster Linie, weil ich das Touren liebe. Und natürlich wegen des Plattenverkaufs an den Konzerten. Du hast anfangs erwähnt, dass es dein und Kishas

Mundart-Projekt C.H. nicht mehr gibt. Ja, das ist sehr schade, das war wirklich eine sehr gute Sache. Gerade beim letzten Album bin ich richtig darin aufgegangen. Ich hatte auch schon Songs für ein weiteres Album geschrieben. Aber die Auflösung hatte verschiedene Gründe. Der Hauptgrund war, dass Kisha keine Musik mehr machen will. Sie hat endlich einen Partner gefunden und will sich fortan dem Leben als Nichtmusikerin widmen. Dann kam dazu, dass das letzte Album medial

gefloppt ist. Für mich war das allerdings eher ein Grund, noch ein drittes Album zu machen. Manchmal muss man die Leute halt zu ihrem Glück zwingen. Ein weiterer Grund war, dass unsere Plattenfirma EMI von Universal übernommen wurde. Die haben uns zwar nicht gefeuert, aber wenn die Leadsängerin sagt, sie habe keine Lust mehr, dann gibt es für die Plattenfirma auch keinen Grund für ein weiteres Engagement. Ich finde es wirklich sehr schade, denn Kisha und ich mochten uns sehr und sie ist eine tolle Sängerin. Es war eine coole Zeit und auch eine tolle LiveBand – aber eben, vorbei ist vorbei!


hug. Muss man elf Jahre nach dem Split noch erwähnen, dass Stand Your Ground Annakin die Sängerin von Phonag Swandive war? Naja. Es sei hiermit erwähnt. Und auch, dass sie seither drei Solowerke veröffentlicht hat, die einerseits dort weitermachten, wo Swandive aufgehört hatten und anderseits Annakin zu einer Art Cranberries der Schweiz machten (nur schon der starken Ähnlichkeit der Stimmen wegen): Schöner Pop zwischen Pomp und Charme. Mit ihrem letzten Album «Icarus Heart» war dann aber wegen der stetig im Hintergrund leicht brodelnden Unruhe nicht mehr ganz klar, in welche Richtung sich Annakin weiterentwickeln wollte: Hitparadenpop oder Emo-Untergrund? Die Antwort kommt jetzt mit Album Nummer vier: Indem sie die Instrumente merklich reduziert und ihren eh schon, sagen wir mal: verträumten Gesang noch klarer in die Schwebe legt, macht sie ihre Songs konziser und klarer, einerseits. Anderseits: Indem sie auf Reduktion setzt, macht sie ihre Musik nach allen Seiten kompatibel, und das ist eine hohe Kunst. Die elf neuen Songs können als entzückender Morgenpop im Radio gespielt werden und gleichzeitig ebenso gut Emo-Romantiker und Depro-Elektriker entzücken (hier ein Gruss an alle «Orkus»- und «Sonic Seducer»-Leser). Sie können ebenso Freunde der Herr-der-Ringe-Poesie begeistern wie Freundinnen starker Frauenstimmen für sich gewinnen. Man könnte sagen: Sarah Brightman melts The Cranberries und trifft es aber nicht ganz. Das wird man Annakin vielleicht auch als Kitsch ankreiden (Sarah Brightman ist ja nichts anderes als das), aber wer das tut, hat nicht richtig hingehört: «Stand Your Ground» wird nie kitschig, und niemals erklingt ein Ton um seiner selbst willen. Alles ist sehr präzise und melancholisch, aber nie depressiv und deshalb im Grunde freundlich und schön.

ANNAKIN

Psychohygiene durch Popmusik

DAS WAR KRACH ns. Das war Krach, das musikalische Gespann um Michel Frasse und Marion Altwegg, schlägt mit ihrem Erstlings-Werk «Protokino» den Bogen über 30 Jahre digitale Revolution. Ihre Interpretation des rumpelnden Elektro-Pop lässt sich zurück deklinieren bis in die Tiefen der Achtzigerjahre. Anno dazumal begann Michel Frasse bereits mit den musikalischen Möglichkeiten computer-generierter Sounds zu experimentieren, seine Waffe der Wahl: der Atari-Computer. Die technischen Errungenschaften von damals werden in «Protokino» eingeflechtet und gepaart mit sprachlichen Seitenhieben gegen die Digital Natives von heute. Mit viel Witz, Zynismus und Sozialkritik nehmen Das war Krach die moderne Informationsgesellschaft auf die Schippe. Ob sie nun mit der immer-fröhlichen, egozentrischen Lebenseinstellung in «Du bist toll» abrechnen oder der oberflächlichen Beweihräucherung und verzweifelten Suche nach Bestätigung in «Gefällt mir». Immer wieder werden Parallelen zur Neuen Deutschen Welle gezogen, die sich in unterkühlter Rohheit niederschlagen und die auf den süssen Klang der aalglatten Konsumwelt prallen, welche sich in Marion Altweggs Stimme widerspiegelt (Anspieltipp: «Stillstand»). Bekannt wurden Michel Frasse und Marion Altwegg durch ihr Langzeitprojekt, den Metallspürhunden, welche sich zwischen Elektrometal und Industrial bewegt. Mit ihrem Alter Ego Das war Krach haben sie sich vorerst davon bewusst abgenabelt, um – gemäss Altwegg – eine gewisse Narrenfreiheit zu bewahren, die sie so bei den Metallspürhunden schon länger nicht mehr gespürt haben. Durch ihre aufkeimende Liebe zu eingängigen Popmelodien, haben sie sich thematisch und sprachlich offener an das neue Bandprojekt gewagt. Mit den brachialeren Stücken wie «Pixelscheiss» und «Ich glaube nicht» sind sie schlussendlich unbewusst wieder zu ihren Wurzeln zurückgekehrt. «Darum glauben wir mittlerweile auch, dass wir vielleicht weniger die kreativen Chancen als vielmehr eine Art Psychohygiene gesucht haben.», so Altwegg. En tout cas: Mit ihrem breiten musikalischen Know-How bieten Das war Krach soliden Deutschpop, der sich durch cleveres Songwriting profiliert. Wer sich jetzt gerne mal eine gute Dosis Neue Deutsche Welle mit einem modernen Twist reinziehen möchte, sollte sich das Konzert der Metallspürhunde am 7. März 2014 im Dynamo in Zürich und 8. März 2014 im Kulturcafé Schlachthaus in Dornbirn nicht entgehen lassen. Dort werden sie erstmals die Songs von Das war Krach darbieten. Für alle, die das persönliche Vergnügen nicht wahrnehmen können, so ist das Album «Protokino» seit dem 31. Januar 2014 als CD und Schallplatte (mit MP3-DownloadCode) im Handel verfügbar. Für die alteingesessenen Fans der MSH gibt es auch ein Leckerli, denn für 2015 ist bereits ein neues Album vorgesehen!

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DISCO DOOM

hug. Um zu erklären, was das Trio Disco Doom aus Zürich tut, kann ein x-beliebiger Song der Defer/Irascible Queens of the Stone Age als Anschauungsmaterial herhal-ten: Disco Doom nehmen also einen solchen Song – und zerdehnen ihn auf alle Seiten: Sie sind schneller oder langsamer, aber ebenso in einer Art Blocksatzsystem zusammengesetzt. Sie fahren den Song runter und lassen ihn minutenlang im Leer-lauf vor sich hertreiben. Oder sie ziehen ihn so lange auseinander, bis er am Ende förmlich auseinanderfällt. Das ist spannend, wenn auch bei weitem nicht für jede Gemütslage geeignet. Ist selbige aber gegeben, ist «Numerals» eine spannende Strukturstudie und ein neuer Disco-Doom-Höhepunkt. Das Album wurde übrigens in New York (die Stadt mit dem Apfel), Seattle (die Stadt mit den Holzfällerhemden) und Zürich (die Stadt mit den Zürchern) geschrieben und aufgenommen.

Numerals

TIMMER

hz. Wie eine laue Sommerbrise fah-

Watchmaker Years E.P. ren die leichtfüssig daherkommenden Gitarrenklänge des Debüts der Band Timmer in die nebligen Wintertage. Die „Watchmaker Years E.P.“ besteht aus fünf Tracks, die aus dem Repertoire ausgewählt wurden, das im letzten Jahr von den Schweizer Musikern Tom Kapeller (Gesang & Gitarre) und Sandro Lattmann (Drums) erarbeitet wurde. Mit Tracks wie „Attic Light“ oder „Hey!!!“ vermittelt TIMMER eine schöne Stimmung, wie man sie von der amerikanischen Band Cave Singers erwarten würde. Man hat das Gefühl, man erhebe sich eben nach einer wilden Nacht und gehe an einem sonnigen Morgen entspannt beschwingt und mit dem Kopf voller guter Erinnerungen auf den Zug nach Hause. Die raue Stimme des Sängers gibt der Musik eine ganz markante Note und erinnert zum Beispiel in „Neverending Song“ ein wenig an den Frontmann der alternative Rockband Eels Mark Oliver Everett. In dem einen deutschsprachigen Lied der E.P. „Komm Lauf!“ vollzieht Timmer eine Verwandlung hin zu tocotronicesken Klängen, denen man anhört, dass sich die beiden Poprocker eigentlich von einer Metalband hin zum jetzigen Musikstil entwickelt haben. Tiefgründige Musik, in die es sich hineinzuhören lohnt, die man gerne immer wieder hört und die neugierig auf das weitere Werk der beiden Schweizer Musiker macht.

Play Like Peyton


Back on Track lg. Ein Sängerwechsel ist für eine Band immer ein ziemlich relevanter Umbruch, denn meist prägen die Sänger das Erscheinungsbild einer Band. Wie kam es denn nun nach sechs Alben zum Abgang von Mark Sweeney? Scott gibt zu Protokoll: „Mark wollte für Crystal Ball noch ein Abschiedsalbum innerhalb eines ziemlich engen Zeitrahmens aufnehmen und nur noch vereinzelt live spielen“. Marcel legt nach: „Als Crystal Ball kann und muss unser Ziel sein, möglichst viele Gigs zu spielen“. Aufgrund dieser verschiedenen Ansichten wurde die Band nach dem Release von „Secrets“ auf Eis gelegt, bis Mark 2010 endgültig ausgestiegen ist. „Die Sängersuche gestaltete sich als langwieriger, anstrengender und recht aufreibender Prozess. Viele Sänger haben bei uns vorgesungen. Manchmal stimmte es menschlich nicht ganz, manchmal genügte die Performance unseren Ansprüchen nicht. Doch nachdem wir Steven Mageney, der aus Wuppertal/Deutschland stammt und in einer Coverband aktiv ist, in unserem Proberaum auf Herz und Nieren geprüft haben, war der Fall klar“ so Scott und Marcel unisono. „Steven ist der perfekte Treffer für Crystal Ball. Auch ist es ein Vorteil, dass Steven eher ein unbeschriebenes Blatt ist und so nicht mit einer Erwartungshaltung von aussen kämpfen musste.“ Doch bevor wir über die Gegenwart und über die Zukunft berichten, lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit von Crystal Ball, da wie gesagt eine ziemlich lange Pause . Angefangen hat die Band Mitte der 90er Jahre unter dem Namen Cherry Pie (nach dem Song der US-Poserband Warrant) und hat sich vornehmlich auf Live-Auftritte konzentriert und Coversongs gespielt (150 Gigs in drei Jahren). Doch das zunehmende eigene Songwriting hat dermassen Spass gemacht, dass es bis ins Jahre 1999 und nach dem Namenswechsel zum weniger plakativen Namen Crystal Ball zu einem ersten full-length Album („In The Beginning…“/Point Music) gereicht hat. „Das war für uns eine grosse Sache – das erste eigene Album. Und mit dem Produzenten Tommy Newton (von der deutschen Band Victory) haben wir einen absoluten Glücksgriff gelandet. Er hat dann auch den Nachfolger „Hard Impact“ (2000) produziert, der uns dann zum Deal mit dem

Nach 6 Jahren Funkstille meldet sich die altgediente Schweizer Hard Rock/Melodic Metal Band aus der Region Luzern wieder. Gitarrist Scott Leach und Drummer Marcel Sardella erklären TRACKS im Interview, weshalb es eine Pause von sechs Jahren bis zum neuen Album „Dawnbreaker“ gegeben hat und was die anstehenden Aktivitäten von CRYSTAL BALL mit dem neuen Sänger Steve Mageney sind. Branchenriesen Nuclear Blast verholfen hat“ so Scott und Marcel. Nach dem Einstand bei Nuclear Blast mit „Virtual Empire“ (2002) und zahlreichen Touren in Europa mit Genregrössen wie Pretty Maids, Gotthard, Dokken, U.D.O. etc. trennten sich die Wege von Crystal Ball und Tommy Newton. „Fortan setzten wir auf Stefan Kaufmann (ex-Accept), den wir auf der Tour mit U.D.O. kennengelernt haben. Er hat dann die folgenden beiden Scheiben, „Hellvetia“ (2003) und „Time Walker“ (2005) sowie das aktuelle Album Dawnbreaker klanglich veredelt“ gibt Scott Auskunft. Angesprochen auf die Lieblingsscheibe von Crystal Ball nennen sowohl Scott wie auch Marcel das Konzeptalbum „Time Walker“, welches sich den verschiedenen Aspekten des Themas Zeit widmet. Scott sagt: „Wir tönen hier genau wie Crystal Ball tönen muss – nämlich aus einem Guss.“ Für Marcel beinhaltet „Time Walker“ „schlicht und einfach die besten Songs, die Crystal Ball je geschrieben haben“. Ausgeklammert von der Auswahl oben ist natürlich das aktuelle Album „Dawnbreaker“ – jeder Musiker sieht bekanntermassen die aktuelle Scheibe als die beste an. Auf die Frage, weshalb nun „Dawnbreaker“ im Vergleich zum Vorgänger insgesamt härter tönt, antworten Scott und Marcel: „Einerseits haben wir keinen Keyboarder mehr, sondern dafür 2 Gitarristen. Nach der langen Pause wollten wir laut rocken. Die Produktion tat noch ihr Übriges dazu.“ Die balladeske Single „Eternal Flame“ steht im krassen Gegensatz dazu. Scott meint: „Ich hatte einfach die Idee, etwas anderes auszuprobieren. Ich habe auf meiner Gitarre gespielt und Eternal Flame kam dabei heraus“. In Sachen Label sind Crystal Ball nun beim kleinen aber feinen Massacre Records aus Deutschland gelandet. „Hier haben wir den direkten Kontakt und werden als Schwerpunktthema behandelt, was für uns perfekt ist“ so die beiden Herren. Nach Point Music, Nuclear Blast und AFM Records (wo „Secrets“ erschienen ist), haben Crystal Ball die deutsche Labellandschaft recht gut abgeklappert. Im Fokus stehen nun Touraktivitäten. Crystal Ball werden im März mit den Schweden The Poodles für ca. zehn Dates auf Co-Headliner Tour in Deutschland und Italien gehen. Im Mai gehts dann zusammen mit Krokus auf eine weitere Deutschland-Tour.


HEIDI HAPPY Golden Heart Irascible

rp Die Luzernerin Heidi Happy beschreitet auf ihrem fünften Werk neue Pfade. Ihren beschaulich besinnlichen Indiefolkpop hat sie auf «Golden Heart» mit elektronischen Einschüben, NDW, Dance- und Novelty-Elementen angereichert und erweitert. Atmosphärisch bleibt Heidi Happy aber Heidi Happy. Der Sound der vierzehn Songs ist wie gewohnt warm, die Stimmung zurückhaltend, gar nachdenklich. Da und dort finden sich rhythmische Auflockerungen. So richtig getanzt kann indes nur zu der NDW angehauchten Nummer «Du da, ich da» und teils zu der mit französischem Charme gesegneten Synth-Pop-Nummer «La Danse» werden. Der NoveltySong «The Whistle Song» zeigt Heidi Happy von ihrer humorvollen Seite. Und der Anfang von «High Wave» könnte glatt von einem frühen TubewayArmy-Album stammen. «Golden Heart» zeigt eine versierte Künstler, die ihre Grenzen erweitert ohne sich selbst zu verleugnen.

JEANS FOR JESUS Jeans for Jesus Irascible

hug. Bisher haben Berner Mundart-Musiker ihre Inspiration meist aus dem Gegenspiel von kleinkariertem Bürgertum und weltorientierter Offenheit in der Landeshauptstadt geschöpft. Das tun auch die vier Jungs von Jeans for Jesus. Doch bei ihnen klingt nichts so, wie es bisher war: Ihre Beats sind karg, ihre Synthiemelodien fragmentarisch, die Gitarren bloss Tupfer. Alles scheint zu schweben, und mittendrin sirrt der lakonische

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Downtempo-Gesang, der all die herumschwirrenden Bruchstücke irgendwie zusammenhält. Und dann diese Texte: komprimiert und zerstossen, lyrisch und präzise im Versuch, mit dem schnellen, digitalen Leben unserer Tage zurechtzukommen. So würde wohl Mani Matter heute schreiben. «Wir wollen ästhetische Musik mit berndeutschen Texten machen und dabei nicht schweizerisch klingen», sagt Mastermind Marcel Kägi, und das haben sie erreicht (wobei angesichts international prägender Bands wie Coroner und Yello und Stephan Eicher die Frage offen bleibt, was er mit «schweizerisch» klingen genau meint). Auf alle Fälle hat die «Berner Zeitung» recht, wenn sie schreibt: «Jeans for Jesus suchen die Leere in einer materiell und virtuell verstopften Welt.» So klingt Berner Mundart Zwei-Null. Oder anders gesagt: Die Berner Antwort auf The XX.

Welt. Und hey: Patrick darf das singen! Denn er ist tatsächlich so! Und das ist okay! Er ist bloss ehrlich. Und da ist es fast logisch, dass in seinem Bestreben, seine edlen Absichten adäquat umzusetzen, die Musik gefühlvoll und gefällig ausfällt. Das ist musikalisch nicht sehr anspruchsvoll, kommt aber nett und schön daher, und auch das ist bei einem Sänger wie Patrick okay. Schade ist einzig, dass er «Ewigi Liebi» von einst nicht stehen lassen kann und deshalb eine «v 2014»-Version mit viel Kitsch und Nina Gutknecht als Gastsängerin präsentiert. Oder kann man tatsächlich drei Mal mit demselben Song in der Hitparade landen? Das wäre wohl das weltweit erste One-SongCharts-Tripple, quasi ein Patrick-Hattrick...

MASH

Prolog

PAPST & ABSTINENZLER

aber ihm fehlen der pointierte Witz und die notwendige Grösse. Um dieses Manko zu beheben, müssen Papst & Abstinenzler ja nicht gerade so dramatisch werden wie Ennio Morricone und auch nicht so abstrus wie Sarbach (jetzt auf das ganze Album bezogen), aber etwas mehr Witz im Sinne der liebenswertspinnerten The Freak And The Teacups und etwas mehr Spritzigkeit im Sinne von Guz würde Papst & Abstinenzler klarer definieren. Dann könnten sie auch präziser mit ihren Genres wie Chanson, Mundart, Singer/Songwriter und eben Western spielen. Oder umgekehrt alles miteinander verschmelzen und etwas Neues entstehen lassen.

SINPLUS Up To Me Soundservice

Geischterfahrer

Mash. Sound Service

hug. Wussten wir doch, dass Patrick Bernhard seine Finger nicht von Mash lassen kann! 2006 hatte sich die Band mit ihrem Trennungsalbum «Mash & Fründe» vom Kanton Schwyz und der Welt verabschiedet, aber bei einem Mann, der mit «Ewigi Liebi» den «besten Schweizer Lovesong aller Zeiten» geschrieben hat, war damals schon klar, dass er mit neuem Personal und altem Namen wiederkommen würde – q.e.d. Das mit einem . erweiterte selbstbetitelte Comeback beginnt gefühlsschwer mit einem Streicher-Intro – uups, denkt man sich als erstes, fertig ewige Liebe, Scheidung schon hinter sich und jetzt kommt der Weltschmerz? Aber nein, wo haben wir bloss hingedacht, Patricks Welt ist in Ordnung, denn gleich nach dem Intro positioniert er sich als Liebender, dessen Liebe bis zur beängstigend bedingungslosen Selbstaufopferung geht. Auch im Folgenden geht es um Liebe, Loyalität, Treue, Wahrhaftigkeit. Und um die schöne

hug. Das ist lustig: Wenn Schaffhauser nuscheln, klingt das wie Finnisch. Aber im Ernst: Nach ihrem Erstling «Hell» vor zwei Jahren haben sich Papst & Abstinenzler (Jürg Odermatt und Dani Gysel) personaltechnisch verstärkt (Martin Fischer und Nico Feer) und klingen nun wie eine richtige Band, die vor allem in der Anfangsphase des Albums einige heiterflockige Liedermacher-Mitwipper hinkriegt. Der stets zurückhaltende und wohl lakonisch gedachte Gesang von Jürg Odermatt mit verqueren Alltagsgeschichten droht aber in sich zusammenzubrechen, wenn Tempo und Volumen der Songs reduziert werden. Dann wird ein Song wie «We Gschpänschter», um hier den Songtitel aufzugreifen, zu körperloser Form. Man könnte auch sagen: Mehr Fleisch am Knochen beziehungsweise mehr Angriffslust täte gut. Das wird exemplarisch im darauf folgenden Song klar: «Strange Straniero» ist ein lockeres Instrumental in der Tradition der Spaghetti-Western, eine vorzügliche Idee,

hz. Mit „Up To Me“ bringen die Tessiner Poprocker Sinplus ihre zweite CD auf den Markt. Die Brüder Gabriel und Ivan Broggini sind als Vertreter der Schweiz im Eurovision Song Contest 2012 in Baku/Aserbaidschan bekannt geworden. Die zehn Tracks des Albums strahlen viel gute Energie aus und verfallen nicht in die Melancholie, die manchen Popmusikern eigen ist. Die beiden Singles „Phoenix From The Ashes“ und „Up To Me“ haben sich mit ihren schönen Melodien bereits in die Schweizer Verkaufscharts gekämpft. Das Lied „Love Is Free“ verbreitet mit seinen Reggae-Klängen eine muntere Ferienstimmung. Die locker daherkommenden Beats von „Over The Rainbow“ erinnern ein wenig an die Pigeon Detectives und lassen vielleicht so manch einen in Bewegung kommen. Mit „Thank You“ klingen die Tessiner Brüder ruhigere, ehrliche Töne an. Eingespielt haben die beiden jungen Rocker ihr neues Werk letzten Sommer in London in den „140db-Studios“; ausgearbeitet wurde der Sound vom Depeche Mode Produzenten Joe Hirst. Es handelt sich um Rockmusik, die polarisiert: entweder man mag sie nicht, oder eben wirklich gerne.


WE INVENTED PARIS Kreative Raketendinger ip. We Invented Paris aus Basel haben mit „Rocket Spaceship Thing“ ein neues Album am Start. Den Release hat der Kern der aussergewöhnlichen Truppe mit einer kleinen, bandtypischen Aktion gefeiert: Wenige Tage vor dem Veröffentlichungstermin liessen Flavian, Stefan und Bruce ein paar hundert Luftballons als Raketenersatz von der Mittleren Brücke in Basel steigen. Jeder dieser Luftballons trug eine kleine Postkarte in die Welt, auf WIP einen Downloadcode für einen Song geschrieben hatten. Zusätzlich wurden die Finder der Karten mit dem kompletten Album beschenkt, wenn sie ein Foto der gefundenen Karte an das WIP-Hauptquartier zurücksendeten. Solche Aktionen sind typisch für das Künstlerkollektiv, das nicht nur aus Musikern, sondern auch aus Fotografen, Grafikern und Designern besteht. WIP tourten vor drei Jahren sechs Wochen lang durch fremde Wohnzimmer, wo sie ihre Konzerte spielten, und erfanden das akustische Pendant zum Speed Dating, nämlich den Speed-Gig. Als quasi auditiver Konzertflyer zogen die Jungs eines Tages durch Heidelberg und spielten 30 Kurzauftritte, um Werbung für ihr Hauptkonzert am selben Abend zu machen. Solche und ähnliche Ideen sind zum Markenzeichen der Band geworden und haben sie damit verdient ins Gespräch gebracht. Musikalisch bewegt sich das Kollektiv, das sich als „Familie“ bezeichnet und in wechselnden Konstellationen auf der Bühne steht, im Indie-Bereich, der aber durch schwebend-schöne

Foto: Inga Pulver

Melodielandschaften definiert wird. Da sich viele der Mitglieder verstreut in Deutschland aufhalten, sind regelmässige Proben nicht gegeben. Ausserdem sind die immer wieder neuen Zusammensetzungen auf der Bühne auch für den schweizerischen Kern der Band oft ein Überraschungspaket. Der Spielfreude tut das allerdings keinen Abbruch und die häufig durch künstlerische Aktionen gewürzten Konzerte der „Familie“ sind und bleiben ganzheitliche Sinneserlebnisse. Dass dies mit erheblichem organisatorischen Aufwand zusammenhängt, liegt auf der Hand. Das stellt für WIP aber kein Problem dar, wie man am neuen Release „Rocket Spaceship Thing“ hören kann. Es ist inspirierend, dass es Bands wie We Invented Paris gibt, die das Wort „Kreativität“ bis ins Maximum aus- und vorleben. Haltet Ausschau nach lila Ballons und Postkarten! Und wenn Ihr keine findet, geht zu einem der nächsten Konzerte und geniesst auf allen Kanälen.


RIVAL KINGS

GIGI MOTO

Citizens

Drive Me Home

Phonag

Phonag

kw. Gegründet wurden die Rival Kings 2012 in der Zentralschweiz. Das Quintett hat mit seinem Debüt “Citizens“ etwas Essentielles geschaffen. Diese Musik hat nichts mit dahinplätscherndem Pop-Rock zu tun, sondern überzeugt durch Dynamik und spannende Arrangements. Musikalisch sind Rival Kings nahe bei Placebo angesiedelt. Die Stimme des Sängers ähnelt stark der von Placebo›s Frontmann Brian Molko. Verzweiflung und Aufbruch sind prägende Stimmungen des Albums. Zum Beispiel reisst der Song “Citizens“ den Hörer mit, weil er einerseits eine unbändige Kraftund anderseits eine zarte Seite besitzt. Oder auch “Walls“, ein schwermütiges Liebeslied, welches einfach bedrückend traurig ist. Unbedingt anhören, denn solche Musik regt zum Nachdenken an.

hh. Gigi Moto gehört zu den verlässlichen Schweizer Werten wie Swatch oder Toblerone. Und sie hat, besonders im Verbund mit Lebenspartner und Gitarrist JeanPierre von Dach, vergleichbar hohe Qualität. Fünf Jahre hat es gedauert, bis das Duo wieder mit einem neuen Langspieler an den Start geht. „Drive Me Home“ heisst das Werk und es ist jede Minute dieser langen Wartezeit wert. Über Gigis herausragende, einzigartige Stimme und von Dachs hochstehende Qualitäten als gefühlvoller und virtuoser Gitarrist müssen wir ja nicht mehr schreiben, das alles haben die beiden seit Jahr und Tag eindrucksvoll bewiesen. Aber schreiben müssen wir, dass „Drive Me Home“ das bislang wohl stimmigste, in sich geschlossenste Album von Gigi Moto ist. Zwölf wunderschöne Songs, kein einziger Ausfall – nein, noch nicht mal ein etwas schwächerer Track. Jeder Titel hat seine eigene Aura, glänzt wie ein Juwel und geht unter die Haut direkt ins Herz. Auch wenn der Begriff „Soul“ musikalisch nicht unbedingt oder nur am Rande auf die Musik angewendet werden kann, so hat doch jeder Track Seele im Übermass. Die Produktion von J.P. von Dach entspricht dem musikalischen Vortrag, der Sound ist warm und transparent und erhält durch Gigis Gesang die nötigen Ecken und Kanten. „Drive Me Home“ ist ein wunderschönes Poprock-Album mit hoher Eigenständigkeit. Hier wurde nie auf Radiospielzeiten spekuliert, beabsichtigte Anbiederungen an moderne Popströmungen kann man in keiner Note unterstellen. Dass die Songs trotzdem all das haben, ist nichts weiter als ein Beweis für die grossartigen Songschreiberqualitäten des Duos. Bleibt zu hoffen, dass „Drive Me Home“ die verdiente Anerkennung und der Erfolg zuteil wird, denn es ist ein fantastisches Album mit grosser Nachhaltigkeit – das wohl beste in der gesamten Karriere von Gigi Moto. Vor diesem Meisterwerk ziehen wir höchst beeindruckt den Hut.

MORIARTY Fugitives Air Rytmo/Disques Office

hug. In aller Stille veröffentlichen Moriarty eine Sammlung alter Lieder aus der Zeit des US-amerikanischen Wilden Westens, Lieder von getriebenen Seelen und untreuen Männern, von Eisenbahnern und Kleinganoven, und sonderbarerweise bleibt «Fugitives» ein bis dato ziemlich unentdecktes Meisterwerk. Natürlich: Wenn Bob Dylan oder Nick Cave oder Ween oder Herr Springsteen alte Western- und Ganovenlieder neu aufbereiten, stossen solche Alben allein schon Kraft der strahlenden Sängernamen auf grosses Interesse, doch in

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Anbetracht des Umstands, dass reinterpretierte Westernlieder in aller Regel auf grosses Interesse stossen, erstaunt es, wie wenig sich im Netz über «Fugitives» finden lässt. Deshalb sei hier gerne ein bisschen nachgeholfen: Moarirty, benannt nach der Figur Dean Moriarty aus Jack Kerouacs Roman «On The Road», ist ein multinationales Sextett (Mitglieder aus Vietnam, der Schweiz, Frankreich und den USA), das seit seinem beherzt-schönen Debüt «Gee Whiz But This Is A Lonesome Town» von 2007 ein ausgeprägtes literarisches Faible für Stimmungen und Atmosphären zwischen Western, Chanson und Tom Waits pflegt, Theater- und Filmwerke inbegriffen. Es folgten Liebhaber-Alben wie der Soundtrack «The Lost Scenes Of Puss'N'Boots» 2009 mit einem Portrait auf Arte und zuletzt 2011 «The Missing Room» und nun eben «Fugitives»: 12 Traditionals und längst zu Volksliedern gewordene Songs von Hank Williams, John Smith Hurt und Blind Willie McTell, die von Moriarty auf eine MetaEbene gesetzt werden, indem die Lieder einerseits spärlichst, aber überaus präzise instrumentalisiert sind und weil Sängerin Rosemary Standley mit ihrer entrücktbelegten Stimme die Texte im Original singt, sprich dieselben in der männlichen IchForm belässt. So erstrahlen Songs wie «Down In The Willow Garden», «Ramblin' Man» oder «Matty Groves» in neuem, ungeahnt charmantem und ausdrucksstarkem Glanz. Dazu sind einige weitere Umstände bemerkenswert: Dem Album ist ein Poster mit gezeichneten Portraits beigelegt, das zu studieren lange Zeit beansprucht; Gäste wie Mama Rosin und Don Cavalli sind im Tracklisting als Erste erwähnt, also Mama Roisin & Moriarty – eine schöne Geste; das zweifach aufklappbare Digipack riecht eigenartig. Alles in allem: Eine Perle!

REIZ TRIGGER Concrete Error Purple Tree hug. Als Komponist, Videofilmer und Musiker hat Daniel Stössel wohl mehr als genug zu tun. Anders kann man nicht erklären, dass sich inklusive «Concrete Error» der Ausstoss von Reiz Trigger auf gerade mal drei Alben in 17 Jahren beläuft. Der damalige (und

jetzige) Keyboarder der Todesblei-Koryphäen Coroner setzte zu Anfangszeiten von Reiz Trigger bis zur letzten Konsequenz das um, was Coroner vor deren Auflösung interessiert hätte, sie aber nie umsetzen konnten, nämlich die Weiterführung ihrer Musik mit elektronischen Mitteln: Reiz Trigger lieferte mit dem Debüt «Fragment Research» 1997 ein grandioses Industrial-LärmChaos-Album ab. Vor allem aber die Dankes- und Referenzen-Liste in der mit schwerem Kautschuk verpackten CD war bezeichnend: Laurie Anderson, Voivod, Ornette Coleman, NoMeansNo, Napalm Death, Pink Floyd, Karlheinz Stockhausen, Led Zeppelin sowie Peace, Love and Pitbulls, um selbstredend nur einige zu nennen. Inzwischen ist Stössel am Lärm nicht mehr wirklich interessiert, dafür umso mehr an Strukturen innerhalb der Vielfalt. Ihn interessiert, wie Streich- und Blechblasinstrumente, Sampler, Synthies, EGitarren, Chöre, Männer- und Frauenstimmen, Bass und Schlagzeug zueinander finden können. Stössel schafft das Kunststück tatsächlich: Er setzt alles so zusammen, dass

Tracks entstehen, die sich permanent den üblichen Songstrukturen entziehen und trotzdem etwas abgründig Einheitliches ergeben. Das gelingt auch deshalb, weil er grossartige Musiker im Studio hat, die sich im Jazz genauso gut auskennen wie im Metal (ja, sogar Metal schwingt in einer sublimen Meta-Ebene mit). Zu sagen, «Concrete Error» klingt wie die alten King Crimson für extrem Fortgeschrittene im Jahr 2014, mag vielleicht als Anhaltspunkt dienen, greift aber viel zu kurz. Schön übrigens, im besten Sinne des Wortes wieder mal was vom guten Voco Fauxpas zu hören, der das Album produziert hat. Abgemischt wurden die 15 Tracks von Coroner-Kollege Tommy Vetterli. Die DeluxeVersion des Albums gibts mit echter Betonplatte. Kurz: «Concrete Error» ist schwierig, aber extrem spannend.


Vorgestellt Bandvideos, Logos und Album-Cover auch für kleines Budget

Vor zwei Jahren hat Fausto Sammali seine Design Firma gegründet und seitdem geht es relativ steil bergauf. Neben Arbeiten für unterschiedlichste industrielle Firmen ist Sammali Design besonders auch für Musiker und Bands aktiv und höchst attraktiv.

T-Shirts

Plattencover

hh. Fausto Sammali hat eine grosse Affinität zur Musik, spielt er doch selbst jahrelang als Gitarrist in verschiedenen Bands. Dafür hat er leider heute keine Zeit mehr, seit er sich mit seiner Design Firma selbstständig machte, musste er seine Prioritäten auf den Job verlegen. Das scheint auf keinen Fall ein schlechter Entschluss gewesen zu sein, denn in nur zwei Jahren hat er sich damit eine Existenz aufbauen können. Zudem galt Faustos grosses Interesse schon immer der Grafik und dem Design, weshalb er auch eine entsprechende Ausbildung absolvierte. „Mit dem bislang Erreichten kann ich sehr zufrieden sein“, erzählt Fausto, „ich habe ja praktisch mit Nichts die Firma gestartet, ohne Startkapital und so. Das war anfangs schon ein steiniger Weg, aber Schritt für Schritt ist immer weiter bergauf gegangen.“ Obwohl Sammali Design verschiedenste Dienstleistungen anbietet, von Webdesign über grafische Arbeiten bis hin zu Videoproduktionen, zeichnet sich in letzter Zeit deutlich ab, dass die Videoproduktion zum Schwerpunkt der Firma wird. Und hier zeigt der Trend immer mehr Richtung Musikvideos. Bislang wurden Clips für u.a. Crazy Train, Pink Jelly Bean und Many Maurer gefertigt. Dass die grossen Namen noch nicht dabei sind, erklärt sich einerseits mit der kurzen Existenz der Firma, andererseits dadurch, dass Fausto durch das hohe Arbeitsaufkommen kaum Zeit hat, ausserhalb der Webpräsenz sich intensiv um das Marketing von Sammali Design zu kümmern. Aber das dürfte sich ändern, wenn erst einmal die Schweizer Phonoindustrie auf Faustos Firma und seine Videoclips aufmerksam wird. Denn seine Produktionen überzeugen durch Qualität und Ideenreichtum. Auch Bands selbst sollten sich für ihre Videopräsenz einmal mit Sammali-Design in Verbindung setzen. Die Kosten für einen Clip halten sich in sehr überschaubaren Grenzen, je nach Aufwand natürlich. Aber selbst bei einem kleinen Budget (schon ab CHF 1500.-) ist das Endprodukt in jeder Beziehung attraktiv und hochprofessionell. Nach oben sind natürlich keine Grenzen gesetzt, aber Aufwand und Kosten werden zusammen mit der Band im Voraus festgelegt und das passende Konzept zusammen erarbeitet. Auch für Bandmerchandise (T-Shirts, Caps, Hoodies Drucke), Bandlogos und Coverentwürfe ist Sammali Design eine TopAdresse. So fertigt er beispielsweise Cover für das englische Label Havavision Records (Dreadlox Holmes, Baraka etc.). Muster der Sammali Arbeiten, Kontakt und alle nötigen Infos gibt es unter www.sammali-design.ch

Flyer


The Last Of The Teenage Idols ub. Eric Burdon wurde 1941 als eines von fünf Kindern geboren und ist in der Arbeiterschicht von Newcastle aufgewachsen. In der Liste der „100 Greatest Singers of All Time“ des Rolling Stones Magazine rangiert er auf Platz 57 und ist heute eine lebende Legende. Mit seiner bewegenden Lebensgeschichte lassen sich Bücher füllen. Eric Burdon, ein faszinierender Kerl mit kraftvoller Stimme, hatte den Platz als Leadsänger der Gruppe The Animals von Alan Price übernommen. Bereits die zweite Single der Band „The House Of The Rising Sun“ (eine Coverversion des amerikanischen Folk-Songs) wurde ein Riesenerfolg. Die Animals hatten das Stück innerhalb einer halben Stunde in London aufgenommen. Es folgte „Don't Let Me Be Misunderstood“, das aus der Feder von Nina Simone stammte. Für Eric Burdon war Nina Simone die stolzeste und talentierteste weibliche Sängerin, die die Welt je gesehen hatte. Sein Idol, die ihm einst „white motherfucker who took my song and made millions out of it“ mitten ins Gesicht schmetterte, obwohl er ihr damit den Weg nach Europa ebnete. Die Manager wollten aus den Animals Pop-Schönlinge wie die Beatles oder die Rolling Stones machen, aber Burdon's „I don't give a shit“-Visage machte ihnen einen Strich durch die Rechnung: „It's my life and I'll do what I want!“ Mit den New Animals trat er im Juni 1967 am Monterey Pop Festival in Kalifornien auf, bevor sich die Band endgültig auflöste. Denn der Rebell suchte sein eigenes Ding und hegte noch immer den Traum, Frontmann einer schwarzen Band zu werden. Diesen verwirklichte er, indem er Eric Burdon And War gründete. Burdon setzte mit seiner neuen Truppe, die aus rein afroamerikanischen Musikern bestand, auf eine Mischung aus Soul, Jazz und Blues. Neben seiner dominanten Stimme waren die Perkussionsinstrumente und das Saxophon stark präsent. Ende der 60er waren die „Warriors of Love“ Eric Burdon und Jimi Hendrix enge Freunde. Burdon: „Jimi und ich teilten uns die gleichen Freundinnen“. Am 16. September 1970 standen Eric Burdon And War auf der Bühne des legendären Ronnie Scott's Club in Soho/London, zusammen mit Zechbruder Jimi Hendrix. Es sollte Jimis allerletzter Live-Auftritt werden. So war es Burdon, der Hendrix am Morgen des 18. September 1970 leblos im Hotelzimer des Samarkand auffand. Sex, Drugs and Rock'n'Roll! Mit 30 Jahren sah Eric Burdon, von Alkohol- und LSD-Konsum gezeichnet, schon richtig fertig aus. Niemand hätte damals geglaubt, dass dieser Mann überhaupt je 60 Lenze alt würde. Der Faszination des Mannes mit der ausdrucksstarken und unverwechselbaren Stimme tat dies keinen Abbruch. Im Gegenteil: Der unbeugsame Mr. Anarchy nahm mit War zwei zeitlose Studio-Alben auf: „Eric Burdon Declares War" und das Doppelalbum „The Black-Man's Burdon“ mit pikantem Cover Artwork (das Gatefold-Foto zeigt die Band ohne Hemd mit zwei im Gras liegenden nackten Frauen). Fesselndes (Schwarz-weiss) Bildmaterial aus dieser Zeit ist erhalten. Etwa ein Gig in Dänemark vom Januar 1971. Der Titel „Spirit“ zeigt die Band in Höchstform. Anfang '71 bekam Burdon, dessen Seele vom Teufel und Jesus gleichzeitig beherrscht wurde, eine erste Quittung für sein zügelloses Leben, als er nach einer Show zusammenbrach. Die Auszeit, die er sich gönnen musste, war gleichzeitig das Ende von Eric Burdon And War. Seit 1971 ist Burdon solo unterwegs. Kraftvoll und energiegeladen zehrte er als Pop-Idol der 70erJahre mit der Eric Burdon Band von alten Animal Hits. Im April 1976 trat er im WDR Kult-Programm Rockpalast auf. „I Used To Be An Animal“ kam 1988 nach vier Jahren Pause auf den Markt, ein von Fans und Kritikern gelobtes Album. Danach wurde es langsam immer stiller um Burdon. Beinahe 16 Jahre verschwand er von der Bildfläche. Erst 2004 gab er mit „My Secret Life“ sein Comeback. 2013 überrascht der gereifte Sänger die Musikwelt mit der Energie einer unverwüstlichen Bestie und seinem besten Album seit 25 Jahren. Das packende Opus „'Til Your River Runs Dry“ schlägt ein wie eine Bombe! Die ehrliche und anregende Geschichte der letzten 50 Jahre voller Höhepunkte und schmerzlicher Niederlagen. Eric Burdon And The Animals sind zurück! Die Animals bestehen heute aus einer Heerschar herausragender Musiker und lesen sich wie eine Supergroup: Red Young (Keys), Eric McFadden (Guitar/Mandolin), Billy Watts (Guitar), Terry Wilson (Bass), Teresa James (Vocals) und Wally Ingram (Percussion). Am Schlagzeug sitzt mit Tony Braunagel ein treuer Freund und Wegbegleiter Burdons. Die Reviews der kürzlichen Shows sind sich einig: Die Musik, die Leidenschaft und das erstaunliche Talent des Eric Burdon und den Animals hinterlassen unvergessliche Erinnerungen. Eric still rocks! Eric Burdon And The Animals sind exklusiv für ein einziges Konzert in der Schweiz zu Gast im Volkshaus Zürich. Ein einmaliges Erlebnis, das man als Rock'n'Roll Fan nicht verpassen darf.

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ERIC BURDON

ERIC BURDON & THE ANIMALS LIVE 24. April 2014 Z端rich, Volkshaus


REVIEWS Blues/Soul/World INNES SIBUN

BLUES PILLS

Lost In The Wilderness

Devil Man

Blues Boulevard

Nuclear Blast / Warner

ub. Der etwas abgegriffene Albumtitel und das Blues-typisch langweilige Cover lassen nicht erahnen, welches Meisterwerk sich im Innern der Hülle befindet. Innes Sibun spielt Bluesgitarre seit seinem 12. Lebensjahr. Der Sage nach, nachdem er sich B.B. King's “Live At The Regal” im nächsten Plattenladen “ausgeliehen” hatte. 1993 war er mit Robert Plant auf Tournee und ist auch auf zwei seiner Alben zu hören. In der Zwischenzeit hat der Engländer unter eigenem Namen über ein halbes Dutzend Scheiben veröffentlicht. Mit “Lost In The Wilderness” präsentiert der Vollprofi nun ein gut 50minütiges Feuerwerk aus 12 abwechslungsreichen Songs. Innes Sibun übernimmt virtuos Gitarre, Mandoline, Lap Steel Guitar und die Vocals. Seine Mitstreiter sind Steve Hall (Bass) und Kevin O'Rourke (Drums). Jon Buckett (Keyboards) fällt erst beim zweitletzten Song “Twice As Strong” auf. In den NAM Studios in Holt (UK) aufgenommen und gemixt, produziert vom Meister himself, animiert der frische und kompakte Sound zum Mittrommeln. Die Gitarrensoli verursachen Gänsehaut. Der Opener “You Can't Miss What You Never Had” geht ab wie die Georgia Satellites in ihren besten Tagen. “She Don't Care” gefällt im “The Ballad of John and Yoko” Groove mit Slide Guitar. Überhaupt scheint Innes Sibun's Jam mit Stevie Ray Vaughan's Rhythmustruppe in Austin, Texas nicht spurlos an ihm vorbei gegangen zu sein. “G'Zan Hoedown” kommt als cooler Country Shuffle daher. “Fly Too Near The Sun” startet mit einer Tapping-Einlage, bevor es im “Thin Lizzy” Stil weitergeht. Auf dieser Platte ist echt jeder Song ein Volltreffer! Einzig die Coverversion von Otis Rush's “Double Trouble” - zur Genüge gehört von Mr. Slowhand - kann man locker überspringen. “Lost In The Wilderness”: Ein sehr sympathisches Album ohne Angeberei. Ein runde Sache und Muntermacher für jede Tagesund Nachtzeit. Innes Sibun hat ohne Zweifel eine Menge auf dem Kasten.

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lg. Im Retro-Bereich wimmelt es derzeit von Bands und jede neue Kapelle wird als DIE Sensation angepriesen, was natürlicher völliger Blödsinn ist. Im Falle von Blues Pills, einer schwedisch-französisch-amerikanischen Kollaborationen, sind die Lobeshymnen allerdings völlig angebracht, denn was diese Truppe um Frontsängerin Elin Larssson auf vorliegender EP (der zweiten EP nach dem Debüt "Bliss" aus dem Jahre 2012) zustande gebracht hat, ist wirklich sehr gelungen. Musikalisch bewegt man sich in den 60er und 70er Jahren und bedient sich hemmungslos bei Peter Green's Fleetwood Mac – Trademarks sind das sehr gute Gitarrenspiel vom gerade mal 18-jährigen Dorian Sorriaux sowie der Gesang von Elin, der an die junge Janis Joplin erinnert, und welche dem sehr starken Mix aus Led Zeppelin, Rock'n'Roll, Blues und Soul die Krone aufsetzen. Anspieltipp: das groovende "Devil Man". Ein Album ist für Frühling angekündigt und Blues Pills, eine Band mit grossem Potential, werden am 19. April 2014 in Zürich im Mascotte auftreten.

ROB TOGNONI Casino Placebo Blues Boulevard

hh. Der in Deutschland lebende Australier veröffentlicht in regelmässigen Abständen seine Platten, die durchweg einen fulminanten Mix aus Classicrock, Blues und Bluesrock bieten. Auch sein neues Album macht da keine Ausnahme, Tognoni donnert mit Schmackes durch zwölf Songs, rau, roh mit

ungebremstem Schaum. Die Produktion ist hart und direkt, vom Meister gleich selbst erledigt. Bis auf die arg gegen den Strich gebürstete George Harrison Komposition „Something“ stammen alle Songs aus seiner eigenen Feder. Tognoni gehört zu den kompromisslosen Gitarristen, der „Rock mit Dreck“ gross auf seine Fahne geschrieben hat. Dabei kommt der Groove aber nicht zu kurz, was das Album davor bewahrt, zu einer HauruckNummer zu werden. Das verhindert er zudem mit seiner virtuosen Gitarrentechnik, die ihn zu einem der besten Saitenartisten im gesamten Bluesrock-Zirkus macht. Überraschungen bleiben mehrheitlich aus, Tognoni präsentiert sich genau so, wie man es von ihm erwartet und weshalb er sich eine grosse Fangemeinde erspielt hat. Der Mann lässt nichts anbrennen und macht keine Gefangenen. Hier gibt es Bluesrock voll auf die Zwölf. Kommt dank des hohen Energielevels live sicher mächtig heiss rüber.

SMOKIN' JOE KUBEK & BNOIS KING Road Dog's Life Delta Groove Music

hh. Bereits seit den 80ern arbeitet der texanische Gitarrist Joe Kubek mit dem in Louisiana geborenen Sänger Bnois King zusammen. „Road Dog's Life“ ist Kubek's 17. Album und zeigt den Saitenartisten einmal mehr in bester Spiellaune. Mit seinem flüssigen Spiel in typischem Stratocaster Sound wird hier in feinstem Groove ge(texas)shuffelt und gebluest, wobei Bnois ebenfalls seinen wichtigen Part als Gitarrist beiträgt. Bnois ist zudem ein ausgezeichneter Sänger, ausgestattet mit einer warmen „smoothy“ Stimme, die immer wieder Erinnerungen an die Fabulous Thunderbirds aufkommen lässt, wie überhaupt die Songs und der Sound sehr nah an den TBirds angelehnt sind. So erstaunt es nicht, dass T-Bird's Kim Wilson hier gleich als Sänger und Harpist an drei Songs beteiligt ist. Die 12 Songs stammen bis auf zwei Ausnahmen ( „Don't Bother Me“ – George Harrison, „Play With Fire – Rolling Stones) aus den Federn

des Duos. „Road Dog's Life“ ist ein stimmungsvolles BluesAlbum mit überwiegend guten und schönen Songs, ausgezeichneter Gitarrenarbeit, viel Groove und warmer Produktion. An alle Bluesfans, die es nicht zu hart rockend mögen, sehr zu empfehlen.

MATT SCHOFIELD Far As I Can See Provogue /Musikvertrieb

ub. Wer ist der hochbegabte Mann, der den britischen Blues Award „Guitarist of the Year” gleich dreimal hintereinander gewann (2010, 2011 und 2012)? 1977 in Manchester geboren, wurde Matt Schofield von schwarzen Bluesmusikern wie B.B King, Albert Collins oder Jimi Hendrix beeinflusst und ist seit seinem 18. Lebensjahr als Profimusiker tätig. Heute ist er wie Berufskollege Joe Bonamassa dem Genre Modern Electric Blues zuzuordnen. Funk-, Soul- und JazzEinflüsse sind klar erkennbar. Flinke Finger und viel Gefühl zeichnen den Ausnahmekönner aus, sodass auch Steve Morse Fans ihre Freude an Matt Schofield haben werden (“Getaway”). Das neue Werk “Far As I Can See” bietet ein breites Spektrum an gefühlvollen Songs. Die grossartige Rhythmustruppe legt mit satter Snare und virtuosen Bassläufen den Teppich, auf dem sich Mr. Schofield austoben darf. Der grandiose Einstieg „From Far Away“ hat Ohrwurm-Qualitäten und erinnert an die alten Whitesnake oder Snakecharmer. Damit man gleich weiss, was Sache ist, sei als Anspieltipp „Oakville Shuffle“ genannt, ein fulminantes knapp 5-minütiges Instrumental, oder „Hindsight“, ein fetziger Soul/FunkTrack mit Bläserset. Das Hörerlebnis gipfelt im leidenschaftlich innigen „Red Dragon“. Matt Schofield ist auch Live ein Leckerbissen. Im Sudhaus Basel war er letztmals 2010 mit Jonny Henderson (Hammond & Bass) und Kevin Hayes (Drums) zu sehen. Seine ersten beiden Scheiben waren Live-Alben: “The Trio, Live” (2004) und “Live At The


Blues/Soul/World REVIEWS Jazz Café” (2005). Im März und April diesen Jahres ist Schofield in den USA unterwegs, bevor es im Mai nach Europa geht. CH-Gigs sind (noch) keine geplant. Ein Grund mehr, diese CD zu geniessen.

KIM SIMMONDS & SAVOY BROWN Goin' To The Delta Ruf Records

straightforward gelungen. Ohne Zweifel ein Muss für alle Bluesrock-Fans! Auf Vinyl scheint es „Goin' To The Delta“ leider nicht zu geben. Schade eigentlich, wenn man bedenkt, wie hoch die alten Scheiben „Blue Matter“ (1969), „Raw Sienna“ (1970) oder „Street Corner Talking“ von 1971 von Liebhabern gehandelt werden.

Buch Review

JARED JAMES NICHOLS Old Glory & The New Revival Reverbnation

PETER RÜEDI Stolen Moments ub. Die weitgereiste Band um Gründer und Frontmann Kim Simmonds (Jahrgang 1947) wurde bereits 1965 mit dem Ziel „die britische Version einer Chicago Bluesband zu werden“ gegründet. Die Band tourt seither unentwegt um die Welt und ist Anfang Mai auch für zwei Gigs in der Schweiz zu Gast. In den letzten Jahrzehnten hat der zähe Barde aus Wales (Markenzeichen „Flying V“-Gitarre) das Line-up häufig gewechselt. Die aktuelle Besetzung hat nun seit 2009 Bestand und setzt sich aus Kim Simmonds (Guitar/Vocals), Pat DeSalvo (Bass) und Garnet Grimm (Drums) zusammen. Nach „Voodoo Moon“ (2011) und dem Live-Set „Songs From The Road“ (2013) ist „Goin' To The Delta“ das dritte Album, welches bei Ruf Records veröffentlicht wird. Das kleine aber feine deutsche Independent Blues Label kürt das brandneue Werk von Savoy Brown dann auch gleich zur CD des Monats. Entsprechend hoch sind die Erwartungen beim Einlegen in den Player. Um es vorweg zu nehmen, Simmonds & Co. haben mit „Goin' To The Delta“ eine ehrliche, solide und zeitlose Blues-LP eingespielt. Neu erfunden wurde das Rad hingegen nicht, geliefert werden „Shuffles, Boogies and Blues“. Über weite Strecken erinnert das Werk an eine amerikanische Mississippi Delta Bluesband à la ZZ Top (deshalb wohl der Albumtitel). Die Songs leben von coolen Mid Tempo Grooves, der Sound ist trocken und ohne Schnickschnack abgemischt. Das Instrumental „Cobra“ (de facto eine Coverversion von „La Grange“), Stücke wie „Nuthin' Like The Blues”, „Turn Your Lamp On“ oder der Titeltrack „Goin' To The Delta“ sind besonders pur und

Echtzeit-Verlag

hh. Der junge, in L.A. wohnhafte Gitarrist/Sänger ist ein noch relativ neuer Name in der Bluesrock-Szene, besonders in Europa dürfte er höchstens einer Handvoll Bluesfans geläufig sein. Nichols ist durchaus ein talentierter Saitenartist und auch seine SongwriterQualitäten lassen sich hören. Seine gesangli-chen Skills sind ebenfalls nicht schlecht, haben aber keinen besonders hohen Wiedererkennungswert. Was man auch über den gesamten Vortrag dieser Platte sagen muss - sowohl in technischer wie auch kompositorischer Hinsicht. Das ist alles nicht schlecht, einiges sogar gut - aber Attribute wie «aussergewöhnlich», «mitreissend» oder «herausragend» sind auf keinen der enthaltenen Songs anwendbar. Das ist alles sehr beliebig, schon tausendmal gehört und oft genug wesentlich besser. Nichols Versuch, den Blues mit arenatauglichem Hardrock zu verbinden, zeigt deutliche Schwächen, da sollte er unbedingt bei Meistern wie Aerosmith oder ZZ Top Nachhilfe beantragen. Andererseits ist sein Sound durchaus Clubkompatibel, denn Energie hat der Blondschopf eine Menge und wie erwähnt, in der Durchschnittsliga der internationalen Bluesrocker reiht sich Nichols problemlos ein. Es gibt viel Schlechteres aber auch viel Besseres.

Das Lern-Archiv hug. Es gibt in der Schweiz eigentlich nur einen Mann, der genauso ausführlich wie nachhaltig, genauso fachkundig wie tiefschürfend über Jazz schreiben kann: Peter Rüedi. Seit 30 Jahren schreibt er in jeder Ausgabe der Weltwoche über ein gerade erschienenes Jazz-Album. Jazz? Genau! Jetzt unbedingt weiterlesen: Man muss überhaupt keine Ahnung von Jazz haben, und man muss die Namen der Jazzer nicht mal kennen. Man muss sich im Grunde nicht mal die Musik anhören, um Rüedis Texte zu verstehen: Seine Betrachtungsweisen der Musik sind von unglaublich grossem Horizont. Seine Ansätze, sich der komplexen Musik anzunähern, sind oft ungewöhnlich und überraschend, immer sehr fundiert und bereichernd. Rüedi verbindet die Musik, von der er schreibt, mit anderen Kulturbereichen, mit Geschichten aus dem Alltag, mit tausend verschiedenen Dingen, und genau deshalb lernt man bei jeder Kolumne etwas Neues über die Musik und die Musiker und vor allem über das Musikmachen, ohne dass man als Leser selber Jazzfreund sein muss. Notabene lernen auch ausgewiesene Jazzkenner bei jeder Kolumne etwas hinzu und werden sicher und souverän durch die grosse weite Welt der schrägen Töne geführt. Im nun erschienenen Buch «Stolen Moments» sind Rüedis sämtliche 1522 Album-Besprechungen aus 30 Jahren versammelt – ein schwerer Schinken von mindestens 3 Kilo Gewicht mit über 1300 Seiten. Bilder spielen darin so gut wie keine Rolle: Nur die Texte zählen. Diese sind chronologisch geordnet. Das vollständige Albumtitel- und das ebenso vollständige Namenregister im Anhang machen dieses Buch zu einem der wertvollsten Jazz-Nachschlagewerke seit den Büchern von Joachim Ernst Berendt selig. Wir verneigen uns tief vor Peter Rüedi.

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REVIEWS Blues/Soul/World HUNDRED SEVENTY SPLIT Hundred Seventy Split Corner House/H'Art

hh. Nun ist also das Nebenprojekt von Ten Years After Bassist Leo Lyons und Gitarrist/Sänger Joe Gooch, der 2003 zu der 70s Legende stiess, zum Hauptprojekt geworden. Lyons und Gooch haben Ten Years After verlassen, um sich voll und ganz ihrer Band Hundred Seventy Split zu widmen. Nach dem Debüt „The World Won't Stop“ (2010) legen die beiden plus Drummer Damon Sawyer hier einen mächtigen Zacken zu. Ihre fantastischen Live-Qualitäten stellen sie ja schon seit einigen Jahren unter Beweis, aber nun zeigen sie auch im Studio, dass sie zu den derzeit besten Bluesrock-Trios überhaupt zählen. Über ihre technischspielerischen Qualitäten muss man keine weiteren Worte verlieren, sie sind schlichtweg herausragend, besonders Joe Gooch ist ein absolutes Ausnahmetalent auf den sechs Saiten und zugleich ein hervorragender Sänger. Musikalisch wird, wie in diesem Genre eigentlich auch fast nicht mehr möglich, nichts umwerfend Neues geboten. Traditioneller, elektrischer Bluesrock mit einer satten Gewichtung auf Rock und schwerer 70s Schlagseite. Aber was das Album aus der grossen Masse der zeitgenössischen Blues- und Bluesrockreleases herausstechen lässt, sind die klasse Songs und die einfühlsame Gitarrenarbeit von Gooch. Seine Soli, speziell in den Slow-Bluesern gehen runter wie Honig. Da wird nicht rumgeschreddert und werden auch keine Geschwindigkeitsrekorde gebrochen, Gooch verpasst jedem Song das richtige Solo mit

exzellentem Gespür für Melodie und Groove und dem richtigen Ton – straight from the heart! Dabei kann er sich bestens auf seine beiden Mitstreiter verlassen, die einen satten, stimmigen und fantastisch groovenden Teppich legen, die oft eingesetzte Hammond trägt einen wichtigen Teil dazu bei. Speziell Leo Lyons hört man seinem Spiel die jahrzehntelange, routinierte Arbeit auf den Bühnen dieser Welt an – er ist als Bassist ebenso gut wie Gooch als Saitenvirtuose. Ein absolut tolles Gespann, dass die Ten Years After Tradition zwar nicht vergessen macht, aber auf ein neues Level hebt. TYA-Fans dürfen sich glücklich schätzen, dass aus dem Verlust ihrer Band solch ein „Ersatz“ geboren wurde, der ihre Trauer schnell in Glückseligkeit umwandeln dürfte. Der Sound des Albums ist gleichermassen hervorragend, die Produktion ist warm und lässt der Musik viel Luft zum Atmen. Fazit: „Hundred Seventy Split“ ist vom ersten bis zum letzten Ton Klasse, macht Spass und animiert permanent zum Drücken der Repeat-Taste. Auch wenn das Jahr noch jung ist, prognostizieren wir, dass diese Scheibe zu den besten Bluesrock-Veröffentlichungen 2014 zu zählen sein wird.


Seit nunmehr fünfzehn Jahren begeistert das Basler Festival nationale und internationale Bluesfans und hat sich in dieser Zeit als eins der attraktivsten Schweizer Festival nachhaltig etabliert. Auch in diesem Jahr wartet wieder ein tolles Programm auf die Besucher, als mittlere Sensation darf dabei die Verpflichtung von Allen Toussaint gewertet werden. Neben den Hauptkonzertabenden im Basler Volkshaus gibt es wie im letzten Jahr jede Menge Spannendes auf Nebenschauplätzen. So fährt wieder der (Dampf)Blues Train auf den Hauenstein, die erfolgreiche, grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit dem deutschen Weil am Rhein wird fortgesetzt und eine Ausstellung „Jazz & Blues In Art“ ebenfalls im Volkshaus steht auf dem Programm. Natürlich wird traditionell wieder der Swiss Blues Award vergeben und an der Promo Blues Night (8. April – freier Eintritt) kämpfen fünf Nachwuchsbands um einen regulären Programm-Platz beim nächstjährigen Festival. Hier ein Überblick über die musikalischen Headliner des 15th Blues Festival Basel 2014. Alle weiteren, ausführlichen Infos können unter www.bluesbasel.ch erkundet werden.

Mittwoch, 9.4. Richard Koechli & Blue Roots Company. Letztes Jahr wurde sein Schaffen mit dem Swiss Blues Award honoriert. Er ist Autor vielgepriesener Lehrbücher, Produzent und seit Kurzem auch Romanschriftsteller. . In erster Linie aber ist er ein Gitarrist der Extraklasse, der sein Publikum mit seinem Instrument fesselt. Sein Slidespiel gehört zum Besten, das man in Europa hören kann. Philipp Fankhauser Er ist definitiv der erfolgreichste Schweizer Blueser , der auch über die Landesgrenzen hinaus einen herausragenden Ruf geniesst. Selbst in der Heimat des Blues gehört Fankhauser zu den bekannten Musikern, so trat er als erste europäischen Band am renommierten Chicago Blues Festival und wurde 2005 für den Grammy in der Kategorie « Best Contemporary Blues Album of The Year» nominiert. Am Bluesfestival Basel ist er ein häufiger und beliebter Gast. Donnerstag, 10.4. Theresa Stucki & the Transatlantic Band Aus der Region Basel kommen Theresa Stucki und die Transatlantic Band. Sie waren die Gewinner der Promo Blues Night 2013. Blues, Rhythm & Blues und Bluesrock bilden das Repertoire ihrer eigenen Interpretationen gecoverter Songs. Es ist die interessante, rauchige Stimme der Frontfrau Theresa Stucki, die den Charakter der Band prägt.

Ruthie Foster Acht mal war sie für einen Blues Music Award nominiert, fünf der Auszeichnungen hat die in Texas geborene Sängerin und Gitarristin erhalten. Sie spannt mühelos den Bogen über alle Stilarten von Gospel zu Blues, Folk, Soul und Jazz, mischt sie, schüttelt sie durcheinander und mixt so ihre Songs. Ihre Bühnenpräsenz und ihre Stimme sind phänomenal. 2010 erhielt sie einen Living Blues Award und eine Nomination für den Grammy Award.

Samstag, 12.4. Norbert Schneider & Band 2012 belegte der 1979 in Wien geborene Gitarrist, Sänger und Komponist den zweiten Platz an der European Blues Challenge in Berlin. Schon 2009 holte er sich in seiner Heimat den 1. Vienna Blues Award. Ursprünglich wurde er an der Violine geschult, bevor er als Jugendlicher den Blues entdeckte und zur Gitarre wechselte. Mit der Band Vienna City Blues Band ging er als Neunzehnjähriger auf Tour und begleitete Leute wie Louisiana Red oder Paul Orta. Bis 2010 war er sieben Jahre lang mit seiner Band R&B Caravan unterwegs. Ross Bon and The Mighty Blue Kings featuring Sam Burckhardt Die Mighty Blue Kings, mit Ross Bon als Sänger und Frontman, formierten sich 1995 als Jump Blues Band in Chicago. Die Sieben-Mann-Band mit zwei Saxophonen, Piano, Gitarre, Bass und Schlagzeug spielte sich rasch in den Vordergrund der Musikszene in Chicago. In der aktuellen Band mit Ross Bon, Gesang, werden die Originalmitglieder Sam Burckhardt, Tenorsaxophon, und Jerry DeVivo (diesmal am Schlagzeug) mit von der Partie sein. Die Band wird eine Mischung von Blues, Jump Blues und frühem Soul in die Schweiz bringen.

Freitag, 11.4. Allen Toussaint Der Ausdruck wird oft leichtfertig verwendet, aber in diesem Fall passt er genau: Lebende Legende. Aus New Orleans, diesem einzigartigen musikalischen Schmelztiegel, stammt der 1938 geborene Pianospieler, Sänger, Arrangeur und Produzent Allen Toussaint. Er gehört zu den wichtigsten Plattenproduzenten der sechziger Jahre und hat über 850 Titel komponiert, für sieben davon erhielt er einen BMI-Award. 2012 wurde er in die Blues Hall Of Fame aufgenommen, Mitglied der Rock & Roll Hall of Fame ist er bereits seit 1998. Zu seinen bekanntesten Titel gehören Mother-In-Law (Ernie K-Doe), Lady Marmalade ( LaBelle) – In Europa als Voulez-vous coucher avec moi ce soir? bekannt, Right Place Wrong Time (Dr. John) und Yes We Can Can (Lee Dorsey und Pointer Sisters). Jessy Martens und Band 2012 hat sie schon einmal am Bluesfestival Basel das Publikum begeistert, nachdem sie am Summerblues 2011 bei ihrem Debutauftritt in der Schweiz praktisch von der Bühne weg engagiert worden war. Obwohl sie erst ab 2010 ausserhalb Hamburgs wahrgenommen wurde, gewann sie bereits 2012 den deutschen Rockpreis und den German Blues Award. Ihr Album Brand New Ride wurde im gleichen Jahr «Bestes Bluesalbum des Jahres». Inzwischen hat sie bereits ihr viertes Album veröffentlicht. Man darf sich auf eine frisch gespielte Mischung aus Blues, Rock und Soul und eine Ausnahmestimme freuen.

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Reviews Americana/Roots/Country/Southern TOBEY LUCAS 83 Danger Streets Records

sympathischen Schweizer Singer/Songwriters. Seine Stärken werden reifen und man darf gespannt sein wo der Weg von Tobey Lucas hinführt. Auf seinem Debutalbum hat er uns schon einmal verschiedene Richtungen aufgezeigt. Es ist zu hoffen dass er seinen Wurzeln treu bleibt.

OWEN TEMPLE Stories They Tell Blue Rose Records

mey. Das angekündigte Wunsch-„Country“-Album von Tobey Lucas dreht sich nun schon seit ein paar Wochen in den CD Playern. Entstanden ist ein Alternativ- oder Roots Country Album mit starken Folk und Rock Einflüssen. Auf „83“ versucht sich Tobey Lucas in den verschiedensten Stilrichtungen durchzuhangeln, was ihm streckenweise auch recht gut gelingt. In einem Jahr sind dreizehn schöne Songs entstanden, die harmonisch sehr gut zusammen passen und sehr relaxed aus den Boxen fliessen. Dominant sind seine facettenreiche Stimme und die E-Gitarre, die fast immer sehr präsent durch die Songs führt. Mit „Down In Louisiana“ beginnt das Album auf der Folk und Roots Schiene. Eine straffe akustische Gitarre und das einsetzende Banjo geben dem Song den Grundgroove vor. Schöne unaufdringliche Soloparts schmücken den Song und wirken nicht überdeckend. Im Americana Stil geht es auf „You'll Be Waiting There“ weiter. Gewisse Erinnerungen an die Melodieführung der Beatles kommen mir in den Sinn. „Travellin'Thru“, ein Folksong angesiedelt zwischen Bob Dylan und Neil Young, kommt ruhig daher wie das bluesige „Sunrise Breaking Up The Night Of Blues“. Mit „Up On The Mountain“ versucht sich Tobey Lucas im Bluegrass. Dieser Song tönt mir ein wenig zu Swisslike, der echte Groove des Heimatlandes dieses Stils fehlt trotz den Solos an allen Ecken und Enden. Mit Stones-Einflüssen geht es in „Try To Stay Real“ weiter. „Get Back Home“ rockt und rollt in schöner Americana Manier daher, schade das die Bridge den Schwung aus dem Song nimmt. Auf „Wheel Of Change“ startet Tobey mit feinem getragenem Sprechgesang, bevor der Song Fahrt aufnimmt und zu einer gefühlvollen Powerballade wird. „83“ ist ein schönes Album eines

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Sache, doch immer im dezenten Galopp, keinesfalls ausufernd. In „Six Nations Caledonia“ thematisiert Owen Temple das triste Schicksal der Native Americans im kanadischen Grand River Reservat. Die 2CD Limited Collectors Edition beinhaltet zusätzlich eine Bonus CD mit Live Aufnahmen vom März 2012 aus dem Saxon Pub in Austin Texas. „Stories They Tell“ bestätigt den starken Eindruck, den Owen Temple nach „Mountain Home“ hinterlassen hat.

Tonight“ ist ihm ein vorzügliches Nachfolgewerk von „Clear As Day; 2011“ gelungen. Dieses Album ist jedem Fan der modernen Country Musik zu empfehlen.

AUSTIN LUCAS Stay Reckless New West Records

SCOTTY McCREERY See You Tonight Hump Head Records

mey. Nach dem tollen Album „Mountain Home“ kommt nun der nächste Knüller von Owen Temple auf den Markt. „Stories They Tell“ fügt sich nahtlos an seinen Vorgänger an. Hintergründige Texte und wahre Storys, die Owen Temple täglich in seiner Heimat aufsaugt und uns erzählen will. Zusammen mit der immer aufs nötigste reduzierten musikalischen Untermalung serviert er uns elf Folk Song-Perlen, die in der rohen Americana Szene beheimatet sind. Owen Temple ist bekannt für seine ausdrucksstarken Texte, seine Kompositionen haben Luft und sind nie überproduziert. Deshalb klingen seine Songs aber keinesfalls angestaubt oder schmal. Produzent und Mitmusiker „Gabe“ Rhodes versteht es wie kein zweiter eine rationelle aber trotzdem sehr präsente Untermalung mit Gitarren, Mandoline und Orgel zu kreieren. Unterstützt werden die beiden durch Temple's Live Rhythm' Section: Josh Flowers, Bass; Rick Richards, Drums; sowie Tommy Spurlock, Pedal Steel Guitar, Dobro. Für die spärlich gesetzten Backing Vocals Tracks zeichnen sich Colin Brooks und Jamie Wilson verantwortlich. „Looking For Signs“ beginnt als Midtempo Opener. Ein schöner Singer/Songwriter Song in dem klar gemacht wird, dass Owen Temple's Musik von den Geschichten lebt. „Make Something“ mit seinem slideswamp Groove gefällt sehr und setzt Akzente nur dort wo sie nötig sind, nämlich in den Textlücken. „Big Man“ und das wehmütige „Cities Made Of Gold“ unterstreichen Owen Temple's Fähigkeiten für hintergründige Texte. Bei „Be There Soon“ geht es schneller zur

mey. Scotty McCreery ist für viele Country Fans ein Neuling. Eine kurze Vorstellung von Scotty: 1993 geboren in Garner (North Carolina). Der 21-jährige US Amerikaner gilt als neues Talent im unerschöpflichen Teich der Nashville Starschmiede. Als Gewinner von American Idol 2011 überzeugte er die Juroren mit seiner charismatischen tiefen Bassstimme. Sein zweites Album „See You Tonight“ überzeugt auf der ganzen Linie. Auch hier wurden keine Kosten gescheut und die Créme de la Créme der Nashville Studioszene ist auf dieser Aufnahme zu hören. Die Songs sind ausnahmslos auf die tolle Stimme von Scotty McCreery zugeschnitten und decken das ganze Spektrum der New American Music ab. Rockige und groovige Countrysongs mit Ohrwurmcharakter. Dreizehn Songs plus drei Bonustracks auf der vorliegenden Deluxe Version sind auf diesem kurzweiligen Album vertreten. Meine Anspieltipps: „Can You Feel It“, der rockige zum Tanzen motivierende Groover, „Roll Your Window Down“ und das poppigere „Feel Good Summer Song“ (Da freue ich mich wieder auf den Sommer) und sicherlich das schöne Duett mit Alison Krauss „Carolina Moon“. Sicherlich gehört Scotty McCreery zu den aufsteigenden Sternen am Country Himmel in den USA. Mit dem Album „See You

mey. „Stay Reckless“, das fünfte Soloalbum von Austin Lucas ist gleichzeitig sein Debut Album für New West Records. Für viele dürfte der Name Austin Lucas noch ziemlich unbekannt sein. Der in Bloomington Indiana geborene Musiker tummelte sich jahrelang in der Folk-PunkSzene bevor er sich rockigem Americana und Indie Rock zuwandte. Schon das Vorgänger Album „Somebody Loves You“ wies den Weg weg von akustischer Gitarre zum rockig unterlegten Americana Groove mit schönen Pedal Steel Teppichen. Und hier tummelt sich Austin Lucas nun so richtig aus. Seine grosse Fangemeine in USA machen ihn zu einem dieser Künstler, der eine fast schon unheimliche Konzertpräsenz vorzuweisen hat. Lange Touren durch Clubs und Hallen fördern die stetige Verbesserung dieses talentierten Sängers. Mit „Let Me In“ beginnt dieses Album schon ziemlich kompromisslos. Rockige Riffs mit crunchy Gitarren zeigen schon einmal die allgemeine Stossrichtung. Der Song „Alone In Memphis“ wirkt ruhiger, ist aber durch seine gute Struktur im Aufbau sehr abwechslungsreich. Toll eingesetzte Steel Guitar setzen Glanzpunkte auf dieses Stück. Der Country Song „Four Wheels“ fliesst ruhig dahin, gekrönt von Fiddle und Steel Soloparts. “Rings” und “Save It For Yourself” sind zwei schöne Balladen in denen die Stimme ganz klar in den Fokus gerückt wird. Ganz schön punkig geht's auf „So Much Than Lonely“ los. Treibende Beats und messerscharfe Gitarrenriffs tragen diesen Song. Auf „Stay Reckless“ wird Austin Lucas von der Countryrock Band „Glossary“ begleitet. Sie erzeugt den nötigen Druck für


Americana/Roots/Country/Southern Reviews die Lieder von Lucas. Gewöhnungsbedürftig ist sicherlich seine immer ein wenig an seine Punkvergangenheit erinnernde Stimme, aber die Poesie seiner Texte vermag dies problemlos auszugleichen. Man darf auf die weitere Entwicklung von Austin Lucas gespannt sein.

GLEN CAMPBELL The Definitive Collection Hump Head Records

mey. Was gäbe es über Glenn Campbell nicht alles zu schreiben. Der 1936 in Delight (Arkansas) geborene Campbell ist wohl eher in der poppigen Country Musik ein Begriff. Zu Vielschichtig sind seine musikalischen Wege. Campbell lernte als junger Bursche Gitarre zu spielen, ohne Noten lesen zu können. Mit 18 trat er den "Western Wranglers" bei und ging mit ihnen auf Tournee. 1958 übersiedelte er an die Westküste nach Los Angeles und begann als Studiomusiker zu arbeiten. In den nächsten Jahren wurde Campbell zu einem der meistgebuchten und bestbezahlten Studiomusiker von Los Angeles. Er arbeitete für Superstars wie Elvis, Frank Sinatra, Dean Martin. Gruppen wie die Beach Boys oder The Monkees vertrauten seiner Arbeit. In seiner spärlichen Freizeit veröffentlichte er einige Alben und Singles, die allerdings ziemlich erfolglos blieben. Seine erste LP „Big Bluegrass Special“ erschien im Jahre 1962. In der Zeit von 1964 und Anfang 1965 ging Campbell

mit den Beach Boys auf Tournee und ersetzte den angeschlagenen Brian Wilson, der sich dem Stress und der Hektik der Touren entziehen wollte. Campbell's hohe Falsettstimme und sein Können an der Gitarre eigneten sich hervorragend als Ersatz für den anfälligen Brian Wilson. Doch das Angebot in die Band einzusteigen lehnte er ab, da er als Studiomusiker mehr Geld verdienen konnte und sein Traum einer Solokarriere immer noch in ihm lebte. 1968 beendete Campbell seine Arbeit als Studiomusiker und wandte sich der damals lukrativen eingängigen CountryPop Musik zu. In dieser Periode hatte er auch seine größten Hits, die überwiegend aus der Feder des Songwriters Jimmy Webb stammten. Auf dem vorliegenden Album sind alle diese unvergesslichen Hits enthalten. „By The Time I Get To Phoenix“, “Wichita Lineman”, “Dreams Of The Everday Housewife” oder “Galveston”. Diese Songs machten ihn allgemein bekannt, und etablierten Glenn Campbell's ganz eigenen Sound: die klassischen, pompösen Streicherarrangements, melodische, klangvolle Westcoast Gitarren, Mid-Tempo Songs, mit einem Gefühl für Dynamik, aber auch diese natürlich warm klingende Stimme mit einem Hauch von Melancholie. „The Definitive Collection“ zollt einem Musiker Respekt, der über mehrere Jahrzehnte den poppigen Country Stil geprägt hat. Seine musikalische Karriere beschloss Glenn Campbell im Sommer 2011. Seine Alzheimer Krankheit zwang ihn seine wunderschöne, aber auch mit Tiefen durchzogene Karriere zu beenden.

DANIEL ROMANO Come Cry With Me New West Records mey. Der in Welland Ontario/

JESS KLEIN Behind A Veil Blue Rose Records

Kanada geborene Sänger Daniel Romano erfüllt sich mit „Come Cry With Me“, seinem dritten Soloalbum, wohl den eigenen Wunsch einmal so zu klingen wie seine Vorbilder, die da heissen: George Jones, Waylon Jennings, Merle Haggard, Willie Nelson oder Johnny Cash. Traditioneller süffiger Old Style Country von A-Z ist hier angesagt. Hier fehlt nichts, was dieses Genre ausmacht: schwülstige Texte über Trucker, Familienkonflikte, Verlust und Laster. Alles im bekannten Dreiviertel-Takt, über den eine himmlische Fiddle oder eine wimmernde Steelgitarre ihre Soundwogen legt. Engelsgleich eine Backing Vocals Stimme die uns in andere Sphären hebt. „Come Cry With Me“ zeigt schon im Album Titel wo es lang geht. Das Taschentuch immer in Reichweite. Song für Song perlt am Zuhörer ab. Keine wirklichen Höhepunkte, keine Überraschungen lassen aufhorchen, und das ist der Schwachpunkt diese Albums. Schön gemachter Old Style Country, solide gespielt und sicherlich gut gesungen aber einfach eine Prise zu „retro“ und zu verstaubt. Das hat es alles schon hundertmal gegeben. Der Schlussapplaus auf „A New Love“ zeigt auch mir an: Hurra es ist fertig. PS.: Liebe Old Style Country Fans, wenn ihr gespannt auf dieses Album von Daniel Romano gewartet habt so gehet hin und höret rein! Entscheidet selbst was für eure Sammlung gut ist.

mey. „Behind A Veil“ ist mittlerweile das zehnte Album von Jess Klein. Die talentierte Singer/Songwriterin aus Rochester (New York) wurde in unseren Breitengraden immer ein wenig vergessen. Auf Blue Rose Records erscheint nun dieses Album quasi als Debut. Unverkennbar die gesangliche Mischung zwischen Sheryl Crow und der Fleetwood MacStimme Stevie Nicks. Dieses Americana Album zeigt uns die ganze Klasse der Sängerin. In keinem der zehn Songs klingt Jess Klein nach Mainstream oder schnödem Pop. Ihre Songs sind ehrlich, rockig und wahnsinnig ausdrucksstark. Die in USA als „Americana's next big thing“ gehandelte Singer/Songwriterin weiss auch mit diesem Album, gleich ihren Vorgängern, zu überzeugen. Mit dem Titeltrack „Behind A Veil“ und dem getragenen „Wilson Street Serenade“ beginnt das Album bedächtig und fast schon melancholisch. Schöne instrumentale Einwürfe setzen tolle Akzente und machen die Lieder locker und transparent. Die starke Produktion von Mark Addison (Prof. Feathers) trägt hier ihren Teil dazu bei. „Lovers and Friends“ zeichnet sich durch einen groovigen Beat aus und ist originell arrangiert. „Tell Me This Is Love“ ist mein Favorit. Sehr schlicht und stampfend der Grundbeat. Schöne Solopassagen und eine eingängige Melodie zeichnen diesen Song aus. Die stimmliche Qualität von Jess Klein kommt hier toll zum Tragen. „Mona“ ist im Stil der alten Singer/Songwriter Schule geschrieben. Guter Text, schöne Melodiebögen und eine subtile Begleitung. „Unwritten Song“ beendet das schöne Album von Jess Klein.


ReReleases, Best Of, Tributes

THE BEATLES The US Albums (Box-Set 13 CDs) Universal Die Beatles begehen in diesem Jahr 2014 den 50. Jahrestag ihres ersten und legendären US-Trips. Nachdem die Beatles Anfang Februar 1964, kurz nach ihrer Ankunft in den USA, bei der damals äußerst beliebten Ed Sullivan Show auftraten, wurde von den amerikanischen Teenagern, von Küste zu Küste, eine wahre Beatlemania ausgelöst. Da dieser 50. Jahrestag der „US Invasion“ der Beatles gebührend gefeiert werden sollte, wurde nun dieses streng limitierte Sammler-Box-Set, bestehend aus den 13 Original-USAlben bis 1970 (als Complete Collection mit anderen Albumtiteln, Artworks, Tracklists & Mixen) veröffentlicht. Die in den Staaten erhältlichen 60er BeatlesAlben unterschieden sich von den britischen Releases, teilweise sogar grundlegend. Die hervorragende Produktion wurde gewissenhaft durchgeführt, wobei man auf die möglichst detailgetreue Beibehaltung der Artworks sowie der

NITTY GRITTY DIRT BAND Jambalaya – The Definitive Collection HumpHead Rec.

hh. Diese amerikanische Truppe gehört zu den dienstältesten Bands der USA. Bereits 1966 fiel der Startschuss, Jackson Browne gehörte zu den Gründungsmtigliedern. Im Laufe ihrer Karriere wurden die Grittys mit Grammys und EdelmetallAuszeichnungen überschüttet. Zudem steuerten sie zu diversen Kinofilmen den Soundtrack bei, wie „Paint Your Wagon“ mit Clint Eastwood und Lee Marvin oder für den Kult-Klassiker der Coen-Brothers „O Brother, Where Art Thou?“ (George Clooney, John Turturro, Holly Hunter, John Goodman). War die Band anfangs noch in FolkrockGefilden unterwegs, wandten sie sich bereits Anfang der 70er dem Country zu. Da sie mit ihrem rockigen Sound allerdings

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Verpackung der verfügbaren OriginalVinylalben geachtet hat. Die Discs bieten sowohl Mono- als auch Stereoaufnahmen der 13 Original-US-Alben bis 1970 (Ausnahmen: „The Beatles's Story“ und „Hey Jude“ nur als Stereosound). Außerdem beinhaltet diese BeatlesSammlung ein 64-seitiges Booklet mit Fotos, Promobildern usw. Darüber hinaus werden 12 der 13 US-Alben („The Beatles' Story“ fehlt) zusätzlich als Einzel-CDs in einer limitierten Auflage

in Nashville von den Traditionalisten misstrauisch beäugt wurden, verzichteten sie auf elektrische Instrumente und nahmen zusammen mit etablierten Gastmusikern wie Earl Scruggs, Maybelle Carter, Merle Travis und Roy Acuff die Dreifach-LP „Will The Circle Be Unbroken“ auf, die im Anschluss trotz des enormen Umfangs von 33 Songs für zwei Grammys nominiert und mit Platin ausgezeichnet wurde. Fortan gehörten die Grittys zu den Big Names in den Staaten. Ihre Fans setzten sich aus den verschiedensten musikalischen Lagern zusammen, so spielten sie grosse Bluegrass-Festivals wie aber auch als Special Guests von Aerosmith. Als erste amerikanische Band reisten sie bereits 1976 für eine Tournee in die damalige Sowjetunion. Inzwischen hat die Band über 30 Alben veröffentlicht und jede Menge Hitsingles im Gepäck. Speziell zu erwähnen ist hier das Album „Will The Circle Be Unbroken Vol. II“ , auf dem u.a. als Gäste Johnny Cash, Bruce Hornsby, John Hiatt, Roger McGuinn und Emmylou Harris dabei sind. 2 Grammys und den Country Music Award gab es dafür. Heute ist die Nitty Gritty Dirt Band immer noch aktiv, touren regelmässig und haben ihre Fans sowohl im Pop-, Country- und Rockbereich – ein derart genreübergreifender Erfolg ist auch im „Land der

veröffentlicht. Für eingefleischte Sammler der Fab Four ist dieses Box-Set essentiell, zumal einige dieser US-LPs bislang noch nicht als CD erhältlich waren. Die Alben “Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band”, “Magical Mystery Tour”, “The Beatles (the “White Album”)”, “Yellow Submarine”, “Abbey Road” und “Let It Be” sind hier nicht berücksichtigt, da die UK- und USVeröffentlichungen identisch sind.

unbegrenzten Möglichkeiten“ eine Rarität und zeugt von der hohen musikalischen Qualität. Das vorliegende Album beinhaltet 42 Songs und ist damit eine umfassende Werkschau, die die wichtigen Songs und Hits der Band enthält. Wir empfehlen das Doppel-CD-Album in erster Linie Country- und Folkrock-Fans und allen, die Freude an schönen Songs mit tollen, typisch amerikanischen Gesangsharmonien haben. Das heisst gleichzeitig, Fans der Eagles, Poco und America sollten hier unbedingt zugreifen.

LORD SUTCH AND HEAVY FRIENDS Same Esoteric Recordings /Cherry Red

rp Der Engländer Screaming Lord Sutch, eigentlich David Sutch war bis zu seinem Ableben 1999 eine schillernde Figur. Eines seiner Markenzeichen war ein Rolls Royce, bemalt mit der

englischen Flagge. Auch liebte der 1940 geborene Sutch grelle Outfits. Bei seinen Auftritten liess sich Lord Sutch auch schon mal in einem Sarg auf die Bühne tragen. In den 1980er Jahren stieg der exzentrische Engländer auch in Politik ein. Seine Partei hiess Official Monster Raving Loony Party. Er versuchte mehrmals, leider erfolgslos, ins Parlament gewählt zu werden. Für sein selbstbetiteltes Debütalbum, 1970 veröffentlicht, konnte er Grössen wie Jimmy Page, John Bonham, Jeff Beck, Noel Redding und Nicky Hopkins gewinnen. Jimmy Page hatte sogar produziert. Aus nicht geklärten Gründen unterliess es Sutch aber, die Gastmusiker direkt zu erwähnen. Aus Wut verleugneten deshalb einige der Musiker überhaupt auf dem Album gespielt zu haben. Eine negative Besprechung im Rolling Stone Magazine tat das übrige, um jeglichen Erfolg zu verhindern. 1998 wurde das Album sogar von der BBC zum schlechtesten Album aller Zeiten erkoren. Etwas, was es sicher nicht verdient hat. Die zwölf Songs offerieren eine krude Mischung aus Heavy Rock, Bluesrock und Psychedelik, irgendwo zwischen Alice Cooper, den Kinks, Screaming Jay Hawkins und


ReReleases, Best Of, Tributes Blue Cheer, die auch heute noch unterhaltsam klingt.

Y&T Earthquake – The A&M Years – 1981-1985 (4 CD/Box-Set) Mercury/Universal

lg. Die schon anfangs der 70er Jahre unter dem Namen Yesterday & Today gegründete kalifornische Hardrock-Band um Sänger und Lead-Gitarrist Dave Meniketti konnte in der ersten Hälfte der 80er Jahre als Y&T und mit dem Sprung auf das Major-Label A&M Records einige Erfolge einfahren, wenn auch der ganz grosse Hit ausblieb. Doch das mindert natürlich die Qualität der Musik nicht: Wir haben es hier mit kernigem Hardrock, vermischt mit Heavy Metal Elementen, zu tun, der kaum je ins Kitschige abdriftet sondern einfach nur genial ist. Nun legen uns Mercury (Universal) ein besonders schönes Paket unter den Weihnachtsbaum: Dieses Box-Set von Y&T besteht aus 4 CDs und beinhaltet insgesamt 68 Songs der

5 Studio- und 2 Live-Alben, welche Y&T in den Jahren 1981 bis 1985 aufgenommen und veröffentlicht haben (mit der Ausnahme, dass "Live On The Friday Rock Show" mit Aufnahmen aus den Jahren 1982 [Reading] und 1984 [Donington] erst 1999 erstmals veröffentlich worden ist). Hierbei stechen die brillanten und sehr kernigen Alben "Earthshaker" (1981), "Black Tiger" (1982) und der Bandklassiker "Mean Streak" (1983) heraus, welche Melodie mit gesunder Härte perfekt mischen. Die Band konnte nicht nur sehr gut spielen, sondern verfügte über den immer noch mit Y&T aktiven Dave Meniketti über einen ausgezeichneten Sänger. Da nach den drei genannten Alben der grossflächige Erfolg ausblieb, ging man mit "In Rock We Trust" (1984) und "Down For The Count" (1985) etwas kommerziellere Wege und konnte mit "Summertime Girls" sogar einen kleine Hit landen. Hervorragend sind auch die beiden in dieser Box enthalten LiveDokumente ("Open Fire" sowie "Live On The Friday Rock Show"), welche klar und deutlich aufzeigen, was Y&T für eine geile Live-Band waren. Hits wie "Rescue Me", "I Believe In You", "Forever","Open Fire" oder auch "Mean Streak" entfalten ihre volle Kraft erst bei der livehaftigen Umsetzung. Schade nur, dass die Alben – immerhin in chronologischer Reihenfolge – auf 4 CDs aufgeteilt worden sind, was dazu führt, dass einige Alben auf mehrere CDs verteilt sind. Dafür kommt dieses Boxset zum kleinen Preis. Eine sehr lohnenswerte Anschaffung!

ROGER TAYLOR The Lot (Box Set) Universal Parallel mit seinem neuen Studio-Album "Fun on Earth" veröffentlichte Queens Schlagzeuger Roger Taylor ein Box Set mit dem Titel "The Lot". Limitiert und im SammlerFormat vereint es auf 12 CDs und einer DVD den kompletten mannigfaltigen Back-Katalog der Rock-Ikone - das neue Album inbegriffen! Eine Retrospektive von Taylor's Arbeit abseits von Queen. In seiner kolossalen Karriere war Taylor bereits das schlagende Herz von Queen und dort der Autor gewaltiger Hits wie "Radio Ga Ga", "A Kind Of Magic" and "Days Of Our Lives", während er bereits weltweiten Erfolg als Solo-Künstler und Kollaborateur anderer Bands hatte, von den Foo Fighters bis zu Elton John, von Robert Plant bis zu INXS, von Jessie J bis zu Roger Daltrey. Die Liste seiner Credits ist endlos und hat ihn zu einer Rock-Legende gemacht. «The Lot" umschließt Taylors Solo-Alben "Fun In Space" (1981), "Strange Frontier"(1984), "Happiness?" (1994), "Electric Fire" (1998) und "Fun On Earth" (2013) wie auch die drei Alben mit seiner Band The Cross: "Shove It" (1988), "Mad, Bad And Dangerous To Know" (1990) und "Blue Rock" (1991). Neben diesen Studio-Alben gibt es vier Single-CDs mit Edits und Versionen, die auf keinem der Alben veröffentlicht worden sind (abgesehen von Freddie Mercurys Vokal-Version von "Heaven For Everyone") wie auch unveröffentlichte Raritäten. Die DVD enthält Promo-Videos und Bonus-Material. Auch wenn das ganze Werk nicht gerade günstig zu erstehen ist, lohnt sich die Anschaffung dennoch, denn Roger Taylor gehört zu den herausragenden Musiker und Songwritern unserer Zeit, und „The Lot“ ist gespickt mit tollen Songs.

THE LOVE EXCHANGE Same Sundazed Records

rp The Love Exchange gingen Mitte der 1960er Jahre aus den in Los Angeles beheimateten Freddy And The Fanatics hervor, die wiederum aus Surfbands hervorgegangen war. Larry Goldberg (Produzent u.a von Sixties-Bands wie The Other Half, The Maze, The Fire Escape), den sie am legendären Sunset Strip kennengelernt hatten, hatte den Namenswechsel und auch gleich die neue musikalische Richtung vorgegeben. Psychedelische Musik war angesagt. Weil The Love Exchange keine oder fast keine Drogen nahmen, wurden sie von ihrem Manager aber als Fake bezeichnet. Die Mitglieder von The Love Exchange waren wahrscheinlich einfach zu jung und unerfahren, um sich gegen Larry Goldberg, dem es anscheinend nur ums Geld ging, durchzusetzen. Ihr erstes und einziges Album erschien 1968.

Die zehn Songs nahmen Anleihen an Bands The Mama & The Papas, Lovin' Spoonful und Jefferson Airplane. Herausragend war die Single «Swallow The Sun», «Flying High» und «Meadow Memory», dessen Instrumentalpart an die Doors mahnt. Der Rest war Durchschnittsware. Bemerkenswert war die Stimme der damals erst 16-jährigen Sängerin Bonnie Blunt. Das Album bekam eine gute Kritik vom Billboard Magazine floppte aber sonst. Der neue Manager von wollte dem Sextett wieder einen neuen Namen und einen neuen Sound aufdrücken. Der Grossteil wollte das nicht und so brach The Love Exchange 1969 auseinander. Die CDWiederveröffentlichung enthält neben drei unveröffentlichten Songs auch drei alternative Versionen von Songs des Albums.


DVD/BluRay JIMI HENDRIX

hh. Dieser Streifen unternimmt den über weite Strecken geglückten Versuch, den Mythos Hendrix zu durchleuchten. ZeitUniversal genossen des faszinierenden Gitarristen sprechen über die damalige Ankunft und die ersten Gehversuche in London des dort noch unbekannten Musikers und wie er schnell die Szene beeindruckte und aufmischte. Wollte man zu der Zeit auf Tuchfühlung mit den Stars der englischen Musikszene gehen, musste man nur ein Hendrix-Konzert in einem der Londoner Clubs besuchen. Dort waren sie alle versammelt, die Claptons, die Townshends, die Stones und Beatles – einfach alles was Rang und Namen hatte und bestaunten diesen jungen Wilden. Dabei war es nicht sein Spiel, das nicht unbedingt als sensationell bewertet wurde, sondern die bis dato unbekannte Kontrolle des Feedbacks (Rückkopplung), die noch niemand vor Hendrix dermassen meisterlich in sein Spiel integriert hatte. Dazu kam seine ausgeprägte Entertainment-Qualität, die bis heute viele amerikanische Musiker auszeichnet und leider den meisten europäischen Bands nach wie vor abgeht. Die DVD vermittelt durch die Interviews und Filmsequenzen zudem einen informativen und fesselnden Einblick in das Swinging London der 60er. „The Guitar Hero“ ist kein gewöhnlicher Doku-Streifen, sondern erhält seinen speziellen Charakter durch die Anekdoten und Gespräche von und mit Musikern, die den Mythos Hendrix auch als Mensch abseits der Bühne erlebten – Geschichten aus einer Zeit, als der Rock das Laufen lernte. Dadurch sorgt die DVD auch für Nicht-HardcoreHendrix-Fans zu einem sehr unterhaltsamen, informativen und spannenden Fernsehabend. Der ausgedehnte Bonus-Teil auf DVD 2 wird überwiegend durch ausführliche Musiker-Interviews zum Thema Hendrix bestritten (Slash, Mick Taylor, Lemmy, Dave Mason, Clapton, Stephen Stills etc.), dazu gibt es einen bislang unveröffentlichten Live-Mitschnitt von „Hey Joe“ aus dem Marquee Club, London. Der tonlose, verwackelte Amateurfilm von der 67er Monkees-Tour (!) hat allerdings mit dem Thema Hendrix nur am Rand zu tun und hätte getrost weggelassen werden können.-Wer hier überwiegend „Hendrix in Concert“ erwartet, wird bitter enttäuscht. Wer aber mehr über den bahnbrechendsten und wegweisendsten Gitarristen der Rockgeschichte erfahren will, kommt voll auf seine Kosten.

The Guitar Hero

FLYING COLORS Live In Europe Mascot/ MV

hh. Mit den Mitgliedern Steve Morse (gtr - Deep Purple), Neal Morse (kbds, voc -Spock's Beard, Transatlantic), Dave LaRue (bs – Dixie Dregs), Mike Portnoy (dr –Dream Theatre, Transatlantic, Winery Dogs) und Casey McPherson (voc, gtr – Endochine) sind die Flying Colors fast so etwas wie eine Supergroup. Geboten wird Prog-Rock erster Sahne, wie natürlich von solchen Cracks nicht anders zu erwarten.

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Wobei die Songs für diese Art Musik sehr griffig und mit durchaus kommerziellen Gesangsstrukturen daherkommen. Ein Verdienst von Casey McPherson, der ansonsten nicht viel mit der Pog-Szene am Hut hat und eher dem Singer/ Songwriter-Lager zuzuordnen ist. Er macht einen tollen Job und ist ein herausragender Sänger, sorgt mit seiner nachvollziehbaren Melodieführung dafür, dass Flying Colors auch auf offene Ohren bei Leuten stossen, denen Prog-Rock ansonsten zu frickelig und kompliziert ist. Die Leistungen der Musiker sind durchweg beeindruckend, erstaunlich ist das indes nicht, handelt es sich doch hier um die Besten der Besten. Dabei muss speziell Mike Portnoy, der beste Prog-Drummer überhaupt, ein Hirn wie ein Mega-Rechner haben. Bei den vielen Projekten, an denen er beteiligt ist, handelt es sich ausnahmslos um wahrlich kompliziertes Zeug mit Wahnsinnsarrangements, mit denen ein Normalsterblicher schon bei einer einzigen Band aus- bzw. überlastet wäre. Portnoy aber nicht, der Mann speichert selbst die kleinsten Details in der Birne und macht keine Fehler. Dass er dabei noch

zu den hart zuschlagenden Drummern gehört, hebt ihn zudem von seinen überwiegend gemässigt trommelnden Prog-Kollegen ab. Ein phänomenaler Musiker, der ausserdem mit besten Entertainerqualitäten ausgestattet ist und das Herz der Flying Colors bildet. Diese DVD ist auch als Audio-Doppel-CD erhältlich, wir empfehlen allerdings die DVD. Denn eine derart beeindruckende Band muss man nicht nur hören, sondern vor allem bei ihrer hochklassigen Arbeit zusehen. Hervorragend – grosses Kino!

MEGADETH Countdown To Extinction - Live Universal

lg. Im letzten Jahr haben Megadeth um Mastermind und Supergitarrist (v./git.) das 20-jährige Jubiläum ihres erfolgreichsten und wohl auch zugänglichsten Werk gefeiert. Jedem Headbanger dürften Songs wie "Skin O' My Teeth", "Symphony Of Destruction" (damals auf MTV in Dauerrotation), "Foreclosure Of A Dream" oder auch "Sweating Bullets" bekannt sein. Die Songs auf "Countdown To Extinction" sind meist im Midtempo gehalten, brillieren aber durch tolle Riffs und Melodien. Alles in allem ist die Scheibe also eine runde Sache und kann durchaus als Klassiker in der Discographie von Megadeth gelten (wenn auch die frühen Geniestreiche nach wie vor unerreicht bleiben). Vor einem Jahr ist bereits ein tolles Boxset mit dem gesamten Album (Remastered) mit Bonustracks sowie zusätzlich ein Audio-Konzert aus dem Jahre 1992 erschienen. Der vorliegende Release beinhaltet nun die Interpretation dieses Werks durch das aktuelle Line-Up, welches neben Dave Mustaine

aus dem langjährigen Gefährten Dave Ellefson (bs.) besteht und durch Chris Broderick (git.) und Shawn Drover (dr.) ergänzt wird. Aufgenommen wurde der Gig im Dezember 2012 vor einem begeisterten Publikum im Fox Theatre in Los Angeles. Der seit ein paar Jahren immer im weissen Hemd auftretenden Mustaine ist stimmlich gut in Form und nervt überhaupt nicht. Auch zeichnet sich die Band durch viel Spielfreude aus (die zahlreichen Gitarrensoli sitzen perfekt) und hat sichtlich Spass aufzutreten. Sehr gut anzusehen sind auch die Projektionen, welche die damaligen Themen wieder aufleben lassen (erster Golfkrieg, Umweltprobleme). Schliesslich ist der Sound sehr gut und differenziert und der Bildschnitt nicht zu nervös, so dass man beim Schauen dieser DVD nicht zum Zappelphilipp mutiert (andere Heavy Metal-DVDs haben leider dieses Problem und nerven deswegen gewaltig). Die Setlist besteht im Kern aus dem ganzen "Countdown to Extinction"-Album, das in CD-Reihenfolge wiedergegeben wird. Auch ein paar weitere Hits wie "Hangar 18", "Holy Wars…The Punishment Due", "Peace Sells" oder "Trust", "She Wolf" oder "Public Enemy No 1" dürfen nicht fehlen. Die beiliegende CD mit dem gesamten Konzert ist ein willkommenes Zückerchen. Alles in allem ein wertiges Package, welches Spass macht und der zweiterfolgreichsten Thrash-Metal-Band nach Metallica gerecht wird.

KREATOR Dying Alive Nuclear Blast

mv. Mit “Phantom Antichrist” hatten die deutschen Thrash Metal Könige Kreator letztes Jahr eine absolute Killerplatte veröffentlicht, welche in der Szene verdient einschlug wie eine Bombe. Die dazugehörige Tour mit Morbid Angel war dann auch ein totaler Triumphzug und endete kurz


DVD/BluRay vor Jahresende in der ausverkauften Oberhausener Turbinenhalle. Da der letzte LiveMitschnitt von Kreator auch schon ein Jahrzehnt alt ist („Live Kreation“) war es definitiv eine super Idee, dieses fulminante Abschlusskonzert für die Nachwelt festzuhalten und den Fans nach den diversen fantastischen Studioalben der letzten Jahre mal wieder einen Rückblick zu gestatten. Und was für einen ! „Dying Alive“ ist in allen Belangen einfach nur grandios geworden. Angefangen bei der Professionalität, das Konzert mit unglaublichen 24 Kameras zu filmen. So gibt es sogar coole Gitarren- oder Moshpit-Cams, welche den Zuschauer mitten ins Geschehen auf und vor der Bühne transportieren. Besser hätte man diese brodelnde Stimmung im Saal nicht einfangen können. Auch soundmässig lässt die Band nichts anbrennen und liefert höchste Qualität mit einem transparenten, knallhart brutalen Sound, der Dich in den Sessel drückt und eine wahre Freude ist. Die Setlist, das eigentlich Wichtigste bei einer Live-DVD lässt zum Glück ebenfalls kaum Wünsche offen. Natürlich lag der Fokus auf den eher neueren Stücken, bei 19 Tracks kamen aber auch die Klassiker nicht zu kurz. So

knallen Thrash Metal-Kracher wie „Extreme Aggression“, „Flag Of Hate“, „People Of The Lie“, „Tormentor“, „Pleasure To Kill“ oder “Endless Pain” mit unglaublicher Wucht auf das nie still stehende Publikum. Es spricht aber vor allem für die grosse Klasse von Kreator, dass die neueren Brecher wie „Voices Of The Dead“, „Violent Revolution“, „From Flood Into Fire“, „Enemy Of God“ oder „Phantom Antichrist“ zwischen den alten Klassikern weder qualitativ abfallen noch weniger euphorische Publikumsreaktionen hervorgerufen haben. Dies ist definitiv eine Seltenheit in der Szene und darauf können Mille, Ventor, Sami und Speesy mehr als stolz sein. Abgerundet wird das Ganze mit einem sehr geilen Artwork und netten Zusatzfeatures/Bonusmaterial (Einblenden der Lyrics, Videoclips des letzten Albums, Backstage-Impressionen der Tour und eine kleine Doku zur Entstehung der DVD). Fazit: für Thrash Metal-Lunatics und Kreator-Anhänger eine absolut essenzielle Veröffentlichung. Und Kreator haben die Messlatte für sich und andere Thrash Metal-Bands einmal mehr verdammt hoch angelegt!

hh. Im letzten Sommer kam dieser, von Ridley Scott produzierte Film, in die Kinos. Aber nur für einen Eagle Vision/MV Tag. Für alle, die diese Vorführung nicht miterleben konnten, gibt es den 100-minütigen Streifen nun auch fürs Pantoffelkino. Es ist keine gewöhnliche biografische Doku über den Boss, sondern ein Film von Fans für Fans. Eingeschworene Springsteen-Fans interviewen sich selbst und nehmen sich dabei gleich auf – Youtube-Clips im Kinoformat! Sie erzählen, warum sie (grösstenteils ihr Leben lang) Hardcore-Fans sind, von persönlichen Begegnungen mit ihrem Idol und der Betrachter erfährt dadurch eine Menge über den Mythos des Musikers und die Ehrerbietung, die ihm seine Fans entgegenbringen. Die Gründe dafür sind überwiegend identisch, egal von welchem Kontinent die Fans kommen. Begriffe wie Ehrlichkeit, Passion, Loyalität, Identifikation mit den Underdogs und „er ist trotz seines Erfolgs einer von uns Arbeitern geblieben“ werden dabei durchgehend genannt. Für viele dieser working class people verkörpert Springsteen ihre Hoffnungen, Ängste – er gibt ihnen Trost und Vertrauen und ein Selbstwertgefühl, das sie im normalen Leben nur schwer erhalten. Springsteen trifft den Nerv des hart arbeitenden Durchschnittsmenschen auf einzigartig glaubwürdige Art – das ist das Geheimnis seines Erfolgs, gepaart mit seinen herausragenden Songs. Der Film ist gerade durch seine Amateurhaftigkeit anrührend, neben spassigen Momenten wird der Fan die eine oder andere Träne nicht unterdrücken können. Im Bonus-Teil gibt es sechs Songs von seinem Londoner Hyde Park Konzert 2012, zwei davon zusammen mit Paul McCartney („I Saw Her Standing There“, „Twist And Shout“). Filmlänge gesamt inkl. BonusTeil 140 Minuten.

BRUCE SPRINGSTEEN Springsteen & I


LIVE REVIEWS DREAM THEATER

Zürich, Volkshaus

27.1.14

Foto: Ian Keates

lg. Mit einem bärenstarken aktuellen Album im Gepäck, nämlich das im letzten Jahr erschienene „Dream Theater“, ist der Fünfer aus New York auf ausgedehnte Welttournee gegangen und hat den obligaten Halt in Zürich eingelegt. „Along For The Ride – An Evening With Dream Theater“ lautet der Slogan dieser Tour und es ist in der Tat keine Vorband anwesend. Dream Theater, die unbestrittenen Progressive Metal Götter (sie vereinen kurz gesagt Rush, Pink Floyd und alte Metallica), brauchen so viel Zeit und Raum, so dass eine Vorband eh nicht gepasst hätte. Doch der Reihe nach: Trotz Montagabend ist das Volkshaus restlos ausverkauft und die

Stimmung ist erwartungsfroh und überhaupt nicht gelangweilt. Punkt 8 Uhr geht es dann los – auf eine riesige Leinwand vor der Bühne werden alle Albumcover von Dream Theater projiziert. John Petrucci, John Myung, James LaBrie, Jordan Rudess und Mike Mangini eröffnen dann den ersten Akt (75 Minuten) mit „The Enemy Inside“ und schiessen Proggeschosse und epische Songs meist neueren Datums in die hungrige Meute, welche vor allem bei den neuen Songs sehr gut abgeht. Vom aktuellen Album sind das „The Looking Glass“, das Instrumental „The Enigma Machine“, das poppige „Along For The Ride“ sowie vom Vorgänger „A Dramatic Turn of Events“ die Songs „On The Back of Angels“ und das etwas

THE BLACKBERRY BRANDIES Gelterkinden, Marabu

11.1.14

Fotos: Inga Pulver

hh. Überraschend gut gefüllt war das Marabu. Überraschend deshalb, da die Band um das Duo Bettina Schelker und Thomas „Bäumli“ Baumgartner noch relativ neu ist. Ihr tolles Debut-Album „Love… And The Gun“ und der gefeierte Gig im Vorprogramm von Eric Clapton an der letztjährigen Baloise-Session dürften der Grund sein, dass sich die Berries in solch kurzer Zeit bereits eine beachtliche Fangemeinde erspielen konnten. Zudem gehört die Schweizer ex-Boxmeisterin Bettina Schelker seit Jahren zu den bekannten, herausragenden Singer/Songwriterinnen des Landes und auch Bäumli, in seinem „Vorleben“ eher den harten und metallischen Klängen zugetan, ist ein bekannter Name in der Schweizer Szene. So gab es schon beim Betreten der Bühne grossen Applaus für die Beiden und, um es vorwegzunehmen, sie waren es ohne Wenn und Aber wert. Der angerockte Blackberry Brandies Sound in der Schnittmenge zwischen Americana-orientiertem elektrischen

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Singer/Songwriter-Stil, Delta-Blues, Southernrock und Country begeisterte das Publikum vom ersten Ton an. Die sympathische Austrahlung und die humorvollen Zwischenansagen, in die das Duo oft das Publikum mit einbezog, trugen einen erheblichen Teil dazu bei. Aber in erster Linie sind es die schönen Songs, die den Erfolg ausmachen. Und davon haben die Berries, obwohl sie gerade erst ein Album im Gepäck haben, eine ganze Menge. Bettina ist eine tolle Sängerin, ausgestattet mit einer berührenden, (nicht nur) in den Balladen zu Herzen gehenden Stimme, die die Seele ihrer Zuhörer trifft. Ihr Gegenpol Bäumli ist da eher der dreckige, rockige Vocalist, aber genau diese Gegensätze machen den Reiz des Berry-Sounds aus – zudem ergänzen sich die Beiden hervorragend im Harmonie-Gesang. Die Band passt sich ihren beiden „Chefs“ allerbestens an, spielt songdienlich, transparent, reduziert und groovt hervorragend. Mit Gitarrist Martin Buess ist ohnehin einer der landesweit besten SessionGitarristen im Line-Up, der auch als gefühlvoller Slider brilliert. Drummer Caco Brander, ansonsten bei der


langatmige „Breaking All Illusions“. Auch die Band ist bestens aufgelegt. James LaBrie singt sehr solide, was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war, und Gitarrist Petrucci sowie Keyboarder Rudess (auch mit Schulterkeyboard) liefern sich wahnwitzige und sehr abgefahrene Duelle. Basser John Myung ist wie immer virtuos und die Ruhe selbst und (Neu-)Drummer Mike Mangini (hinter einem unglaublich grossen Drumkit) erledigt seinen Job sehr gut, kann allerdings dem Showman und früherem Bandkopf Mike Portnoy in Sachen Ausstrahlung das Wasser nicht reichen. Das Highlight vom ersten Set war allerdings das grandiose „Trial Of Tears“ des 97er Albums „Falling Infinity“. Nach einer Pause von 15 Minuten, in welcher coole Videos von Fans gezeigt wurden, die Dream Theater Songs zocken, ging es anlässlich des 20jährigen Jubiläums des dritten Dream Theater Albums, „Awake“, zurück in die Vergangenheit und die Band gab die fünf letzten Songs des Albums („The Mirror“, „Lie“, „Lifting Shadows Off A Dream“, „Scarred“ und das sagenhafte und erstmals auf dieser Tour gespielte „Space-Dye Vest“) zum Besten. Das Publikum ging bei den alten Songs leider nicht ganz so mit, was angesichts des sehr starken Songwriting doch etwas erstaunt hat. Als Abschluss des zweiten Aktes (mit einer Spielzeit von einer Stunde) boten John Petrucci und Kollegen den Longtrack des aktuellen Albums, „The Illumination Theory“. Dieser Song ist das grosse Highlight des neuen Album, und ist so abwechslungsreich, dass nicht mal im Keim Langweile aufkommen kann. Der Zugabenteil (knappe 30 Minuten) bestand dann aus vier Songs des 99er Albums „Scenes From A Memory“. Insbesondere „Strange Déjà Vu“ und „Finally Free“ kamen grandios daher. Bei diesem Konzert stimmte einfach alles: Songauswahl, perfekte musikalische Leistungen, aktives Stageacting sowie eine gute Liveshow mit nicht zu vielen, aber stets unterhaltsamen Videoeinspielung. Und vor allem sprang der Funke zum Publikum über und die Band konnte ein paar magische Momente hinzaubern ("Illumination Theory", "Space-Dye Vest"). Fazit: ein perfekter Konzertabend einer wahrhaftig genialen Band, welche mit einer Spielzeit von fast drei Stunden nicht gegeizt hat.

HendrixTributecombo More Experience aktiv, spielt banddienlich zurückhaltend, dabei stets auf den Punkt und bildet zusammen mit Aushilfsbassist Stefan Strittmatter, der ebenfalls einen tollen Job erledig, eine kompakte, toll harmonierende Einheit. Und so ging es durch ein kurzweiliges Programm, gespickt mit tollen Songs, das nach Meinung der Zuschauer viel zu schnell vorüber war. Stehende Ovationen holten die Band nochmals für zwei Zugaben auf die Bühne. Ein feines Konzert einer feinen Band auf hohem musikalischen Niveau, die keine Angst vor Konkurrenz haben muss. Und all denjenigen, die The Blackberry Brandies bislang noch nicht kennen, sei mit Nachdruck ihr Album „“Love…And The Gun“ ans Herz gelegt, eine Sammlung an wirklich schönen Songs mit grosser Nachhaltigkeit. Und auch die Gelegenheit, die Band einmal live zu sehen, sollte sich ausserdem niemand entgehen lassen, denn viel besser geht's in diesem musikalischen Genre nicht.


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AMORPHIS

CELTIC SOUL FESTIVAL

25.3. Solothurn, Kofmehl

FIDDLER'S GREEN, CLARA ROSE uv

ANGELIQUE KIDJO

21.+22.3.Zug, Chollerhalle

4.3. Zürich, Volkshaus

CHIMAIRA

7.3. Solothurn, Kofmehl

10.3. Luzern, Schüür

ANNAKIN

CLIFF RICHARD

8.3. Winterthur, Albani

19.5. Zürich, Hallenstadion

14.3. Thun, Mokka

COCO MONTOYA

15.3. Baden, Nordportal

17.5. Rubigen, Mühle Hunziken

22.3. Basel, Halle 7

DAUGHTRY

28.3. Zug, Chollerhalle

14.3. Pratteln, Z7

4.4. Nidau, Kreuz

DEATHSTARS

5.4. Zürich, Kinski

22.3. Pratteln, Z7

12.4. Chur, Werkstatt

DEVIL DRIVER, SYLOSIS,FINAL CUT

26.4. Fribourg, Nouveau Monde

28.3. Fribourg, Fri-Son

16.4. Rubigen, Mühle Hunziken

29.3. Aarau. Kiff

ARCHITECTS

DIE APOKALYPTISCHEN REITER

13.4. Solothurn, Kofmehl

31.5. Lyss, Kufa

BACKSTREET BOYS

ERIC BURDON & THE ANIMALS

19.3. Zürich, Hallenstadion

24.4. Zürich, Volkshaus

BARCLAY JAMES HARVEST

FIVE FINGER DEATH PUNCH

1.4. Solothurn, Kofmehl

19.3. Zürich, Komplex 457

BASTIAN BAKER

GAVIN DeGRAW

4.3. Schaffhausen, Kammgarn

15.3. Zürich, Kaufleuten

5.3. Langnau, Ilfishalle

GEORG RINGSGWANDL

6.3. Zofingen, Stadtsaal

12.4. Rubigen, Mühle Hunziken

14.3. Lyss, Kufa

GIGI MOTO

16.3. Luzern, Schüür

28.3. Rubigen, Mühle Hunziken

BEN HARPER

GLORIA

7.5. Luzern, KKL

21.3. Zürich, Kaufleuten

BETH HART

GUSTAV

22.3. Bern, Bierhübeli

7.3. Adelboden, Alpartig

BILLY IDOL

13.3. Lyss, Kufa

12.63. Pratteln, Z7

29.3. Gelterkinden, Marabu

BLACK SABBATH

4.4. Zürich, EWZ

20.6. Zürich, Hallenstadion

25.4. Baden, Stanzerei

BLIGG

26.4. Lützelfluh, Kulturmühle

5.-8.03. Zürich, Volkshaus

HEATHER NOVA

13.03. St. Gallen, Messe

9.3. Solothurn, Kofmehl

14.03. Chur, Stadthalle

14.3. Luzern, Schüür

15.03. Luzern, Messe - Halle 2

HEAVENS BASEMENT

21.03. Brig, Simplonhalle

20.4. Luzern, Schüür

22.03. Huttwil, Sportzenter

HEIDI HAPPY

BLUES PILLS

13.3. Lyss, Kufa

19.4. Zürich, Mascotte

14.3. Zug, Chollerhalle

CANNED HEAT

15.3. Luzern, Schüür

16.4. Rubigen, Mühle Hunziken

16.3. Solothurn, Kofmehl

CASPER

19.3. Zürich, Kaufleuten

7.3. Zürich, Komplex 457

20.3. Baden, Nordportal 21.3. Nyon, Usine a Gaz 22.3. Rubigen, Mühle Hunziken

60

25.4. Wohlen, Chappelehof 26.4. Winterthur, Albani 22.5. Dübendorf, Obere Mühle 23.5. Thun, Konzepthalle 6 24.5. Meilen, Musig am Zürisee 6.6. Gysenstein, Chäsi HELLSONGS 14.3.. Aarau, Kiff HENDRIX ACKLE 2.5. Zug, Chollerhalle JAMES BLUNT 17.3. Zürich, Hallenstadion JASON DERULO 9.3. Zürich, X-Tra JJ GREY & MOFRO 24.4. Zürich, Mascotte JOE BONAMASSA 5.3. Basel, Musical Theater JOHN MAYALL 11.3. Solothurn, Kofmehl 12.3. Zürich, Volkshaus 13.3. Thun, KK 14.3. Herisau, Kasino JUSTIN TIMBERLAKE 14.+16.4. Zürich, Hallenstadion KATATONIA 13.5. Luzern, Schüür 14.5. Lausanne, Docks KING KING 15.3. Zug, Chollerhalle KONSTANTIN WECKER 25.+26.3. Zürich, Volkshaus LAIBACH 6.3. Luzern, Schüür LISA STANSFIELD 8.5. Zürich, Volkshaus LISSIE 29.3. Zürich, Härterei LOS VAN VAN 29.5. Zürich, Kaufleuten LOVA 30.3. Rubigen, Mühle Hunziken MANU DIBANGO 29.3. Zürich, Kaufleuten MARIUS MÜLLER-WESTERNHAGEN 12.4. Zürich, Volkshaus MARTERIA 12.3. Zürich, Komplex 457 METALLICA 4.7. Basel, St.Jakob


KONZERTKALENDER METALLSPÜRHUNDE, ALTER RED

17.5. Giswil, Garage

TARJA

7.3. Zürich, Dynamo Werk 21

28.6. Baden, LWB Nachtbrise

6.5. Zürich, Härterei

METAL MAYHEM: TOXIC HOLOCAUS REVOLVERHELD

TEN YEARS AFTER

EXHUMED, DISPARAGED etc.

21.3. Zürich, Komplex Club

12.3. Rubigen, Mühle Hunziken

11.3 Aarau, Kiff

RHINO BUCKET

THE ARISTOCRATS

MILEY CYRUS

1.3. Solothurn, Kofmehl

21.3. Rubigen, Mühle Hunziken

7.6. Zürich, Hallenstadion

RITSCHI

THE BASEBALLS

MODA

23.3. Murten, Hotel Murten

23.4. Zürich, Kaufleuten

7.5. Zürich, Volkshaus

28.3. Baden, Nordportal

29.4. Bern, Bierhübeli

MOTHERS FINEST

25.4. Solothuern, Kofmehl

30.4. Lausanne, Les Docks

30.4. Zürich, Eschwerwyss

26.4. Pratteln, Z7

THE BEACH BOYS

MOTÖRHEAD

2.5. Luzern, Schüür

27.6. Zürich, Kongresshaus

27.6. Wetzikon, Eishalle

10.5. Rubigen, Mühle Hunziken

THE DEVIL WEARS PRADA

MYRON

ROACHFORD

17.5. Zürich, Komplex 457

21.3. Magden, Rocknight

2.4. Zürich, Escherwyss

THE KARIBU

10.4. Lyss, Kufa

ROBERT CRAY BAND

8.3. Basel, Kaserne

NEW KIDS ON THE BLOCK

31.5. Zürich, Kaufleuten

28.3. Stäfa, Rössli

13.5. Zürich, Hallenstadion

RUFUS WAINWRIGHT

12.4. Gams, S-Event

NINE INCH NAILS

31.3. Zürich, Volkshaus

1.4. Zürich, Papiersaal

4.6. Zürich, Hallenstadion

SAVOY BROWN

THE PRETTY RECKLESS

ONE DIRECTION

30.4. Zug, Chollerhalle

5.3. Zürich, Komplex Club

4.7. Bern, Stade de Suisse

2.5. Aarburg, Moonwalker

THE OUTSIDE TRACK

PAT METHENY UNITY GROUP

3.5. Rubigen, Mühle Hunziken

13.4. Rubigen, Mühle Hunziken

25.5. Zürich, Kongresshaus

SIDO

THE VINTAGE CARAVAN, GRAND

POLO HOFER & DIE BAND

2.4. Zürich, Volkshaus

MAGUS, AUDREY HORNE,ZODIAC

23+24.5. Rubigen Mühle Hunziken SKUNK ANANSIE ACOUSTIC

22.3. Aarau, Kiff

PRONG

17.3. Zürich, Volkshaus

TORI AMOS

9.4. Aarau, Kiff

SLAM & HOWIE

31.5. Zürich, Volkshaus

QL

06.03. Pontresina, Pitschna Scen

WALLIS BIRD

15.3. Zimmerwald, Schneefestiva

07.03. Altnau, S-KA

13.5. Zürich, Ziegel Au Lac

29.3. Merishausen, Randen

14.03. Bern, Wohnzimmer

WALTER WOLFMAN WASHINGTON

11.4. Lyss, Kufa

15.03. Oberentfelden, Böröm

5.4. Zürich, Kaufleuten

19.4. Kirchberg, Schlagertempel

21.03. Entlebuch, Due

WE INVENTED PARIS

REA GARVEY

22.03. Ins, Schüxenhaus

3.4. Luzern, Treibhaus

24.3. Zürich, Kaufleuten

28.03. Brig, Perron1

4.4. Aarau, Kiff

REBELLION TOUR 2014

29.03. Winistorf, Estrich

5.4. Jona, ZAK

MADBALL, BIOHAZARD,H2O,DEVIL

25.04. Rubigen, Mühle Hunziken

10.4. Zürich, Viadukt Bogen F

IN ME, WISDOM IN CHAINS

26.04. Lausanne, Tacos

11.4. Basel, Kuppel

24.4. Solothurn, Kofmehl

SONATA ARCTICA

12.4. Lyss, Kufa

REINER VON VIELEN, SAALSCHUTZ

27.4. Pratteln, Z7

WITHIN TEMPTATION

21.3. Aarau, Kiff

SOULFLY, GURD, VALE TUDO

16.3. Zürich, Club Hallenstadion

RETO BURRELL

18.3. Solothurn, Kofmehl

WOLFMAN WASHINGTON

7.3. Luzern, Schüür

20.3. Luzern, Schüür

5.4. Zürich, Kaufleuten

8.3. Mümliswil, Club 30

STEEL PANTHER

YES

9.3. Grindelwald, Preso

4.3. Zürich, Komplex 457

14.5. Zürich, Volkshaus

21.3. Murten, Hotel Murten

STEVE HACKETT

ZAZ

22.3. Altnau, S-Ka

13.5. Basel, Eventhalle

13.5. Zürich, Maag Halle

6.4. Rubigen, Mühle Hunziken

STILLER HAS

2RAUMWOHNUNG

11.4. Lenzburg, Baronessa

11.4. Solothurn, Kofmehl

12.3. Solothurn, Kofmehl

7.5. Birrhard, Cubus

16.5. Zug, Chollerhalle

präsentiert

SKUNK ANANSIE 17.3. Zürich, Volkshaus

23.3. Zürich, Hallenstadion

23.4. Zürich, Kaufleuten 29.4. Bern, Bierhübeli 30.4. Lausanne, Les Docks

ERIC BURDON & THE ANIMALS

27.1. Zürich, Volkshaus

GARY CLARK JR.

25.5. Zürich, Kaufleuten 61


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PETER MAFFAY

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«Wenn das so ist» signierte CDs

KONZERT-TICKETS: je 2 x 2 Tickets für

THE BASEBALLS nach Wahl: 23.4. Zürich, Kaufleuten 29.4. Bern, Bierhübeli 30.4. Lausanne, Les Docks

HEAVENS BASEMENT 20.4. Luzern, Schüür

ERIC BURDON & THE ANIMALS 24.4. Zürich, Volkshaus

KROKUS «Long Stick Goes Boom Live From Da House Of Rust» CD

THE VINTAGE CARAVAN «Voyage»

CD

RETO BURRELL «Lucky Charme»

CD Wunschartikel auf eine Postkarte schreiben und einsenden an: TRACKS -Wettbewerb-, Postfach 108, 4323 Wallbach oder eine E-Mail an: Info@tracks-magazin.ch Die Gewinner werden ausgelost

Impressum Herausgeber/ Chefredaktor:

Hanns Hanneken (hh)

Redaktionsanschrift: TRACKS Magazin Postfach 108 CH- 4323 Wallbach T +41 61 861 03 73 info@tracks-magazin.ch www.tracks-magazin.ch Erscheinungsweise: 2-monatlich (6 Ausgaben/Jahr) Inserate:

62

Beatrix Schmocker beatrix@tracks-magazin.ch T +41 (0)79 797 35 81

Mitarbeiter Redaktion: Hanna Ziegler (hz) Natalia Schmidt (ns) MagiRoxx (mr) Erika Moser (em) Inga Pulver (ip) Marion Gross (mg) Kelly Widmer (kw) Martin Eyer (mey) Urs Breig (ub) Christian Hug (hug) Michael Vaucher (mv) Mario Hug (mh) Robert Pally (rp) Laurent Giovanoli (lg) Marko Lehtinen (leh) Ian Keates (Foto) Rockpearl&Bluesdrop (Foto)

Jede TRACKS-Ausgabe auch als E-Paper unter

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