No. 2/2016 M채rz/April 6. Jahrgang
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WOLFMOTHER ROYAL REPUBLIC * INA FORSMAN * BLACK STONE CHERRY * ANTHRAX * BEYOND THE BLACK * SPIRITUAL BEGGARS * YOKKO RICKY WARWICK * SEXY * ENTOMBED * ROCK MEETS CLASSIC BRAINHOLZ * BLUES FESTIVAL BASEL * BRUCE SPRINGSTEEN * AMY WINEHOUSE * SIMPLE MINDS
Inhalt INA FORSMAN
FEATURES / INTERVIEWS:
4
- ROCK MEETS CLASSIC
16
Dauerbrenner
Sie ist gerade 20, in ihrer Heimat Finnland bereits eine gefeierte Blues-Sängerin und legt soeben ihr erstes Album vor - ein Mix aus selbstgeschriebenen, wunderschönen Soul und Blues Perlen, die die Seelen von Grand Dames wie Nina Simone oder Amy Winehouse atmen.
- RICKY WARWICK
23
Phil Lynott im Herzen
- BLACK STONE CHERRY
24
Unermüdlich
- BEYOND THE BLACK WOLFMOTHER
28
Überflieger
20
Der Australier Andrew Stockdale zieht sein Ding kompromisslos durch, optisch wie musikalisch. Auch auf dem neuen Album seines Projekts Wolfmother bediente er sich wieder kräftig aus der Retro-Kiste und einmal mehr lassen Zeppelin, Cream oder Black Sabbath grüssen. Allerdings verpasst Stockdale diesem Sound seine ganz persönliche Note, indem er sich nicht vor modernen Einfüssen verschliesst, wie er im Gespräch mit TRACKS erklärt.
- ANTHRAX
34
Joey Belladonna spricht
- ENTOMBED
36
Spurensuche
- SPIRITUAL BEGGARS
38
Auf ein Neues
Schweizer Szene: - SEXY
40
Grandioses Debüt
- YOKKO
44
Zum Zweiten
ROYAL REPUBLIC
- BRAINHOLZ
46
Neuer Name, Vintage Sounds
12 Die Schweden liefern einmal mehr den Soundtrack für die Mußestunden des Lebens, die perfekte Untermalung für heiße Nächte, coole Drinks und noch coolere Typen. Seit bald zehn Jahren haut uns das Quartett aus Malmö herrlich zügellosen, kompakten und antreibenden Garage Rock um die Ohren, spielt seit dem ersten Tag in unveränderter Besetzung und hat mit „Weekend Man“ sein drittes Album fertiggestellt.
Reviews
8
Anthrax, Anvil, Axel Rudi Pell, Beyond The Black, Baroness, Prong, Rotting Christ, Moonsorrow...
42
- CZAR FEST
Blues(rock)/Soul/World Joe Bonamassa, Simo, Supersonic Bluesmachine Kim Simmonds & Savoy Brown, Mike Zito...
53
Bücher Franz Trojan, Should I Stay Or Should I Go
54
DVD/BluRay Frank Zappa, Eric Clapton, Beatles, Nazareth...
56
Re-Releases Bruce Springsteen, Amy Winehouse, Rammstein, Simple Minds, Tamla Motown ...
Swiss ABU, Chica Torpedo, Polo Hofer, Trauffer, Halunke, Patrick Bishop, Zlang Zlut, Wicked Plan...
49
Jubiläums Fete
Mainstream/Indie/Alternative
Hard/Heavy/Metal
48
Alle Jahre wieder
50 Rihanna, Arno, Elton John, David Bowie, Sia, Charlie Puth, Paul Carrack, Villagers, Tindersticks, Dream Theater, Magnum, Ina Forsman, Me And My Drummer...
26
- BLUES FEST. BASEL
60 62
Konzertkalender Wettbewerb / Impressum
3
INA FORSMAN
Warme Klänge aus der Kälte
Helsinki ist normalerweise nicht unbedingt ein Ort, den man auf der Blueslandkarte suchen würde, obwohl der Blues in Finnland einen hohen Stellenwert mit lebendiger Szene und mit Pepe Ahlqvist und Erja Lyytinen auch zwei bekannte Gesichter hat. In Zukunft wird sich diese Liste aber noch erweitern, denn mit Ina Forsman ist eine junge und talentierte Musikerin aus der finnischen Hauptstadt drauf und dran, die Landkarte von Norden her aufzurollen.
ip. Astronaut, Olympionike, Pilot, Tierarzt oder Prinzessin steht bei vielen Kindern ganz oben auf der Berufswunschliste. Ganz oft ist auch Sänger oder Sängerin dabei. Und manchmal erfüllt sich der Traum, mit Musik Geld zu verdienen. Viele versuchen es bei Formaten wie „DSDS“, „Voice of Germany“ oder „Das Supertalent“, die es in vielen Ländern mittlerweile gibt. Der Grossteil davon muss zu Recht über die Klinge springen, aber ein Teil davon bleibt der Öffentlichkeit aufgrund ausserordentlichen Talents im Gedächtnis oder gewinnt sogar eine Staffel. Auch Ina Forsman, die als Sechsjährige den Entschluss gefasst hatte, Sängerin zu werden, versuchte ihr Glück 2012 bei der finnischen Ausgabe von „Idols“, das im deutschsprachigen Raum dem Castingformat „DSDS“ entspricht. Im Halbfinale schied die damals 17jährige allerdings völlig überraschend aus, was sie sich sehr zu Herzen nahm. Trotz Wildcard der Jury, die restlos überzeugt von der jungen Sängerin war, schien sie für das Publikum offenbar bereits zu gereift. Vielleicht war ihr Alter für die Öffentlichkeit nicht in Einklang mit ihrer Stimme zu bringen, die tatsächlich eigentlich viel zu erfahren und „alt“ klingt. Als Fussnote hierzu: Dass sich ihre edgy Art nicht mit dem Mainstream vereinbaren liess und lässt, darf man allerdings diskussionslos als Ehrung betrachten. Nachdem die Enttäuschung verdaut war, verliess Ina Forsman die TV-Bühne mit den Worten: „Vielleicht arbeite ich ein bisschen mehr an meiner Professionalität und versuche, noch zu wachsen. Aber dann werdet ihr wieder von mir hören.“ Das setzte sie in die Tat um. Hilfestellung hat ihr dabei Helge Tallqvist gegeben. Tallqvist, ein bekannter und seit den 80er Jahren aktiver Bluesmusiker aus Helsinki, hatte die Idols-Staffel mit Ina verfolgt und über ihre Performance von Etta James' „All I Could Do Is Cry“ gesagt: „Sie sang auf eine Weise, dass ich dachte, ich träume.“ In diesem Moment war die Idee, seine Band um eine weibliche
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Stimme zu vergrössern, geboren. Er kontaktierte Ina und ging mit ihr ins Studio, um zwei Songs von Slim Harpo, dem Louisiana-Blueser mit der Mundharmonika und einer Reihe Hits in den 60er Jahren, aufzunehmen. Für Ina Forsman war das der Moment, in dem der Blues bei ihr zündete und sie begann, sich für diese Musikrichtung zu interessieren. Nachdem das Duo Tallqvist/Forsman eine gemeinsame CD im Kasten hatte, nahmen sie an der European Blues Challenge 2014 teil. Die Blues Challenge ist ein Länderwettbewerb aus ausgewählten Bluesbands und –musikern, der jedes Jahr in einem anderen Land sattfindet und an dem am Auftrittsabend der Gewinner des jeweiligen Jahres gekürt wird. 2014 fand der Event in Riga statt und die Spanier A Contra Blues gewannen den Contest, dicht gefolgt von den norwegischen Vertretern Pristine. Tallqvist und Forsman belegten den vierten Platz. Nach der Blues Challenge tourte das Duo, trat vor allem an finnischen Bluesfestivals auf und spielte auch einige Shows in Europa. Ihr Album, das unter dem Namen „Ina Forsman With Helge Tallqvist Band“ herauskam, bestand aus einem Querschnitt an Blues/Soul-Songs wie zum Beispiel von Etta James, Magic Sam und auch „I Got Trouble“ von Christina Aguilera. Damit deckten Forsman und Tallqvist praktisch die gesamte Bandbreite zwischen den Anfängen und der Neuzeit ab und bekamen dafür hervorragende Kritiken. Tallqvist, der neben seiner Beschäftigung als Musiker auch den Beruf des Client Directors ausübte, konnte sich dank des wachsenden Interesses an Ina Forsman aus seinem Tagesjob ausklinken und sich nun voll auf die Musik konzentrieren. Was er übrigens offensichtlich und begründet geniesst, da er ein so grosses Talent begleiten kann. Aber nicht nur Helge Tallqvist steht auf der Kollaborationsliste
Forsmans. Auch Guy „Lightin' Guy“ Verlinde, der belgische Sänger/Slidegitarrist/Harmonikaspieler und Gewinner der 2011er Blues Challenge Belgium, hat sich der Sängerin angenommen. In seiner Funktion als Gastgeber der Blues Challenge in Riga, an der Forsman ja mit Tallqvist aufgetreten war, lernte er das damals 17jährige Ausnahmetalent kennen und war so beeindruckt von ihrem Können, dass er sie ansprach und ihr eine Zusammenarbeit anbot. Was Helge Tallqvist als Wegbereiter und Lehrer in Forsmans ersten Blueserfahrungen begonnen hatte, konnte Verlinde nun ausbauen. Der als der am härtesten arbeitende Musiker Belgiens und vor allem sehr versierte Blueser, der zwischen Delta Blues und Chicago Sound alles abzudecken in der Lage ist, organisierte seine Arbeit nun so um, dass er einerseits im Duo, andererseits mit seiner Band als Begleitung mit Forsman die Bühne teilen konnte. Das Resultat ist in beiden Line Ups ein mitreissendes und tief gehendes Repertoire an Bluesnummern, mit denen Verlinde und Forsman letztes Jahr auf Tour waren und viel Lob einsammeln konnten. Auf dieser Konzertreise konnte Ina Forsman ihre Bühnenpräsenz, die auch vorher bereits voller Selbstvertrauen war, verfeinern und steht mittlerweile als „alter Hase“ vor dem Publikum. Als nächster Programmpunkt steht nach der Veröffentlichung ihres selbstkomponierten und sehr starken Debutalbums (siehe Review) die Mitwirkung an der diesjährigen Blues Caravan Tour an. Das Konzept, eine Gruppe Musiker zusammenzustellen und auf die Reise zu schicken, hat sich seit 2005 bewährt und ein konstant wachsendes Publikum erfreut. Ausserdem bietet es den jungen Künstlern die Gelegenheit, sich präsentieren zu können und nicht selten wurde danach ein grosser Durchbruch gefeiert, wie man am Beispiel der grossartigen Samantha Fish verfolgen konnte. Die nunmehr 12. Ausgabe hat neben Ina Forsman auch Layla Zoe aus Kanada mit an Bord. Die Sängerin ist seit längerem aktiv und konnte vor zehn Jahren den Blues Combo Wettbewerb für sich entscheiden. Die dritte im Bunde ist Tasha Taylor, die als Tochter des R&B-Sängers Johnnie Taylor einiges an Erfahrung und Professionalität mitbekommen hat. Das stellt sie nicht nur mit ihrem eigenen Repertoire und als Soundtrackschreiberin, sondern auch als Mitglied der „Blues Brothers“ Live Shows unter Beweis. Mit diesen beiden erfahrenen Stimmen und als Teil einer etablierten Bluesveranstaltung kann Ina Forsman nun weitere Stufen auf ihrer Karriere emporsteigen. Was ihr bisher zum Erfolg in internationalem Rampenlicht gefehlt hatte, waren eigene Songs. Sie hat allerdings mit ihrem Debut nun bewiesen, dass sie sich mit dem Thema auskennt und es zu ihrem eigenen gemacht hat. Wenn man ihr Album hört, denkt man kaum daran, dass der Weg nach oben mit soviel harter Arbeit, konstantem Touren und einem Berg Hausaufgaben verbunden ist. Ina Forsman lässt ihre Gesangskunst so leicht und natürlich aussehen, dass man ihre Darbietungen schlicht nur mit Leidenschaft und Leichtfüssigkeit in Verbindung bringt. Deshalb sollte jeder Bluesfreund die Augen auf den kommenden Veranstaltungskalender richten, um die finnische Stimme auf keinen Fall live zu verpassen.
BLUES CARAVAN 2016:
INA FORSMAN Ina Forsman Ruf Recvords/MV ip. Selbst ist die Frau, hier wird eigenkomponiert. Und diese bluesigen Eigenkompositionen haben Swing, Schmiss und einen modernen Touch. Der Opener des Debuts, „Hanging Loose“ geht mit einer grossen Portion Soul und flottem Beat direkt ins Tanzbein. Hier wird sofort klar, dass Ina Forsman nicht nur mit viel Herzblut, sondern auch mit grossem Verständnis für die Materie ans Werk geht. Vor allem ihre Stimme klingt beachtlich reif und man darf schon ein bisschen darüber staunen, dass die junge Finnin so eine „alte“ Gesangsseele besitzt. Wenn man, der schriftlichen Beschreibung halber, einen Vergleich hinzuziehen möchte, dann könnte man sie vielleicht als eine Mischung aus Lucinda Williams und Amy Winehouse bezeichnen. „Pretty Messed Up“ wird von einem flockigen Bläsersatz begleitet und animiert zum Schwoof über das Tanzparkett und „Bubbly Kisses“ ist eine langsamere, sparsame Liebeserklärung an den amerikanischen Musiksüden mit einer schwülstigschönen Posaune und angetipptem Piano. In dieser Nummer tritt Forsmans ganze Bandbreite zutage, denn sie schmust sich mal zart ans Ohr, um dann wieder mit voller Kraft alle Kanäle durchzulüften. Ein ganz heisser Favoritenanwärter des Albums. „Farewell“ schnurrt mit Reggae-Beat und schlichtem Arrangement um die Beine. Mit einem tango-eskem Flair punktet „Don't Hurt Me Now“, „Talk To Me“ taucht mit Mundharmonika wieder ganz in den Süden ein und „Now You Want Me Back“ ist eine Ballade in ganz grossem Vintage-Stil. Ganz anders, nämlich mit SynthieKlängen, beginnt „Devil May Dance Tonight“ und rutscht schnell, aber sachte in einen rhythmischen, staubigen Tarantino-Soundtrack hinein, der im Refrain überraschend in einer verrauchten Gangsterbar landet. „Before You Go Home“ ist eine sehnsüchtige, filigrane Nummer, die nach Petticoat und Kaugummi klingt und ein spieluhrartiges Grundthema verfolgt. Die letzte eigene Komposition ist zugleich das erste Video, das man unbedingt auf Youtube anchecken sollte, und ein flotter, flockiger Gute-Laune-Song, der von Bläsern bis zu Orgel und einem mitreissenden Refrain alles verpackt, was in einem guten Soul/Blues-Track drinstecken muss. Als Ausklang gibt es mit der Nina Simone-Nummer „I Want Some Sugar In My Bowl“ doch noch eine Coverversion (mit denen Ina Forsman ihre bisherige Karriere bestritten hat), die aber so gekonnt über Forsmans Stimmbänder kommt, als wäre es ihr eigener Song. Mit viel Respekt vor dem Original und dem Wissen darüber, wie man den Inhalt gefühlvoll interpretiert, beschliesst Ina Forsman ihr Debut. Rockabilly-Soul-Blues mit Memphis-VoodooCharme. So könnte man dieses Album zusammenfassen. Ihren ersten Schritt in die eigenen Songs hat die Ausnahmesängerin mit Bravour gemeistert und ihrem Debut kann man nur die Bestnote mit Sternchen verleihen. Und wenn ich mir was wünschen darf, dann wäre das Tourpackage Ina Forsman/Vintage Trouble ganz oben auf meiner Liste.
(v.l.) Ina Forsman, Layla Zoe, Tasha Taylor
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Wir hatten das Glück, Ina Forsman zwischen all ihren Terminen zu erreichen und ein kurzes Gespräch zu führen. Blues ist ein Stil, der normalerweise eher mit höher temperierten Orten in Verbindung gebracht wird. Helsinki ist nicht unbedingt eine Hauptstadt für diese Musikrichtung und liefert auch nicht unbedingt die Temperaturen, um den Blues zu spielen. Kannst du uns einen Einblick in eure Szene geben? Finnland hat eigentlich eine ziemlich grosse und eng verbundene Bluesszene. Jeder kennt jeden, und das sind ziemlich viele Leute! Es wird der jährliche finnische Blues Award verliehen und Bluesfestivals in fast jeder Stadt. Wie hat sich deine Liebe zu dieser Musikrichtung entwickelt? Gab es ein Leben vor dem Blues für dich? Es hat alles damit angefangen, dass Helge Tallqvist mich kontaktiert hat und mir sagte, dass er gerne ein paar Songs mit mir aufnehmen würde. Bis zu dem Zeitpunkt wusste ich eigentlich gar nichts über den Blues. Aber während der Aufnahmen habe ich mich in diesen Stil verliebt und mich entschieden, damit mein Geld zu verdienen. Du hast im zarten Alter von 17 angefangen, auf der Bühne zu stehen. Und, um das Klischee nochmals zu bedienen, wird der Blues mit alten, gitarrespielenden Männern und traurigen Geschichten, die von vielen Lebenserfahrungen erzählen, in Verbindung gebracht. Wo nimmst du deine textliche Inspiration her? Aus meinem eigenen Leben. Ich bin jung, aber auch ziemlich extrovertiert. Daher habe ich eine Menge Geschichten zu erzählen! Hast du jeweils ein bestimmtes Ziel vor Augen, wenn du einen neuen Song aufnimmst? Beispielsweise „Ich möchte hier wie Aretha Franklin klingen“, oder passt sich deine Stimme ganz natürlich dem Inhalt des Songs an? Wenn ich einen neuen Song einstudieren möchte, spiele ich der Band einen Referenzsong vor, damit sie wissen, was ich meine. Aber ich versuche niemals, einen anderen Gesang zu kopieren. Ich singe immer auf meine persönliche, eigene Art. Was war Helge Tallqvists Rolle auf deiner Reise zu deinem fertigen Debutalbum? Er war von Anfang an eine grosse Unterstützung und hat mich immer vorwärts getrieben. Er hat mich immer wieder dazu ermuntert, meine eigenen Songs zu schreiben und hat mich jedes Mal, wenn ich einen neuen Song geschrieben hatte, mit Tomi Leino ins Studio gefahren. Ehrlich gesagt, hätte ich diese Platte ohne ihn wohl nie schaffen können. Ich habe mich lange Zeit nicht getraut, irgendwem meine Texte zu zeigen. Aber er hat mich immer wieder gepusht und ich bin ihm dafür wahnsinnig dankbar! Was war die European Blues Challenge in Riga, bei der du mit Tallqvist aufgetreten bist, für eine Erfahrung für dich? Hat es für irgendwen eine Rolle gespielt, dass du damals erst 17 Jahre alt warst? Musikalisch war das eine der besten Erfahrungen, die ich je machen durfte. Ich konnte so viele neue Kontakte knüpfen und habe viele Konzerte dadurch buchen dürfen. Das hat mir eine internationale Karriere geöffnet. Aber ich habe nie mitbekommen, dass mein Alter in irgendeiner Weise für jemanden ein Problem gewesen wäre. Auf der diesjährigen Blues Caravan Tour wirst du mit Tasha Taylor und Layla Zoe die Bühne teilen. Habt ihr euch schon kennengelernt? Ja, wir kommen wunderbar miteinander klar! Die beiden sind so unglaublich professionell und gut. Ich kann es kaum erwarten, mit ihnen zu touren! Die meiste Zeit verbringe ich sowieso damit, ungeduldig darauf zu warten, dass ich endlich on the road gehen kann. Du arbeitest auch mit Guy Verlinde zusammen. Hat das Spuren auf deinem Solodebut hinterlassen? Er hat mich auch sehr darin unterstützt, meine eigenen Songs zu schreiben. Nachdem ich ihn getroffen hatte, fing ich damit an, seriös Songs zu schreiben und das nicht nur als Hobby zu betreiben. Du hast dein Album in Austin aufgenommen und vermutlich nicht viel Zeit dafür gehabt. Wie sah dein typischer Arbeitstag aus? Wir waren neun Tage lang im Studio, das war tatsächlich sehr
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wenig Zeit. Aber alle konnten ihre Parts sehr gut und deshalb haben wir gar nicht mehr als diese neun Tage gebraucht. Wir haben morgens um zehn angefangen, pro Tag zwei oder drei Songs aufgenommen und sind um elf Uhr abends wieder nach Hause gegangen. War es einfach für dich, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die du gar nicht kanntest? Es war überraschend einfach. Erst hatte ich einige Bedenken, ob das klappen würde. Aber das waren alles so superprofessionelle Musiker, dass meine Ängste völlig unbegründet waren. Was war die wichtigste Lektion, die du in Austin gelernt hast? Benutze Sonnencreme! Wir haben in der Hauptsache bisher über den Blues gesprochen. Aber eigentlich ist deine Musik auch von Soul und Swing beeinflusst und kling somit moderner und beschwingter. Wie siehst du das und was ist dir für deine Musik am wichtigsten? Mein Album ist definitiv sehr vom Soul inspiriert. Grundsätzlich
habe ich Songs geschrieben, die ich gerne hören würde. Mir ist am wichtigsten, dass ich frei sein kann und niemand mir vorschreibt, wie etwas klingen soll. Man kann mir gegenüber zwar immer seine Meinung äussern, aber die letzte Entscheidung beim Songwriting liegt immer bei mir. Was waren deine Hauptinspirationsquellen für dein Debut? Ich habe sehr viel alten Blues und Soul gehört. Donny Hathaway, Sam Cooke, Aretha Franklin und Little Willie John waren vermutlich meine grössten Einflüsse. „No Room For Love“ ist deine erste Single mit dazugehörigem Video. Es geht um ein Paar, das sich auseinanderlebt. Das Hauptthema deiner Platte ist Liebe, mit allen Höhen und Tiefen. Wieviel davon kommt aus deiner persönlichen Erfahrung? Alles. Nicht ein einziges Wort stammt aus einer fremden Erfahrung, das bin alles ich. Mit gefällt besonders der Song „Talk To Me“, weil er einen sehr rauen Charme hat und von einer fast öligen ZZ TopGitarre lebt. Welche Nummer würdest du hervorheben? „Pretty Messed Up“ ist der persönlichste Song für mich. Es ist so was wie der letzte Liebesbrief an meinen Exfreund, ein Abschliessen einer langen Beziehung. Ich entschuldige mich darin für alle Fehler, die ich gemacht habe, aber sage ihm gleichzeitig, dass er auch nicht perfekt war. Du sagst, dass Piano und Blasinstrumente deine Favoriten sind. Wäre es möglich, dass du in Zukunft vielleicht eine Swing- oder Chansonplatte aufnimmst und von den bluesigen Einflüssen wegsteuerst? Ich bin mir ziemlich sicher, dass man den Blues in meiner Musik immer hören wird. Ich werde aber auch von vielen verschiedenen Dingen inspiriert und habe noch keine Ahnung, was in der Zukunft passieren wird. Aber ich bezweifle sehr, dass ich eines Tages ein Album aufnehmen werde, das nicht vom Blues lebt.
REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative RIHANNA Anti Universal Music
DAVID BOWIE Blackstar
Sony Music
hef. Es ist traurig, dass der „Thin White Duke“ den Erfolg seines letzten Albums nicht mehr erleben kann. Er selber muss es wohl gewusst haben, als er vor 18 Monaten die Krebsdiagnose hörte. Entsprechend hat er alles ins perfekte Timing gebracht. 69. Geburtstag am 8. Januar inklusive Veröffentlichung des neuen Albums, zwei Tage später der für die Öffentlichkeit so überraschende Tod. Das letzte Foto von David Bowie wurde am 12. Dezember in New York anlässlich seines Besuchs des Musicals „Lazarus“ geschossen. David ungeschminkt, mit ziemlich grosser Brille und grau im Gesicht. Dass er bereits todkrank ist und an der Schwelle des Todes, sah man nicht. Erst nach seinem Tod schien es offensichtlich, dass das nicht der Bowie war, den man kannte. Sein Vermächtnisalbum ist auch nicht der Bowie, den man kennt. Innovativ natürlich einmal mehr, sehr jazz-lastig, mit Jazz-Band eingespielt. „Sue (Or In A Season Of Crime)“ ist fast schon purer Jazzrock. Beim ersten Hören jedenfalls, am Abend vor seinem Tod, dachte ich über das Pop-Chamäleon nach. Und staunte, was dieser so kaum fassbare und musikalisch keine Rücksicht auf irgendwelche Trends oder Erwartungen nehmende grossartige Musiker und Verwandlungskünstler wieder einmal geschafft hatte. Dieser ungewöhnliche Sound faszinierte mich von Beginn weg, das dominierende Saxophon von Donny McCaslin, kombiniert mit den elektronischen Teilen, der auch nicht ganz typischen Bowiestimme und dieser seltsame Mix: unfassbar. So unfassbar wie am anderen Morgen die Nachricht von Bowies Tod. Wenn man sich jetzt das Album nochmals mit ausgefahrenen Antennen anhört, offenbart sich einiges. Wie etwa im Titel „Dollar Days“. Der Text zu den wunderbaren Melodien des Keyboards tönt fast schon nach Todessehnsucht („I'm dying to push their backs against the grain“). Und im Outro: „I'm trying to, I'm dying to…“). Hühnerhaut im Zusammenhang mit seinem Tod. Dann das morbide Video zu „Lazarus“, das einen nach der Todesnachricht völlig verstört zurück lässt: So ist Sterben. Ist so Sterben? David Bowie lebt, in seinen vielen musikalischen und optischen Hinterlassenschaften. Im unvergesslichen ersten Bild, das ich Ende der 1960er Jahre von ihm sah. Bowie in Frauenkleidern mit Riesenhut, den Kinderwagen mit Sohn Duncan Jones, den Bowie Zowie nannte, schiebend, seine Frau Angie in drögem Jeans-Outfit daneben. Das Bild ging um die Welt, bevor ich je einen Ton von diesem androgynen Wesen gehört hatte. Dann kam „Major Tom“, der erste Überhit „Space Oddity“, das Album „Hunky Dory“ mit dem Kunstcover, gefolgt von „Ziggy Stardust“ und der gleichnamigen Kunstfigur. Unvergesslich der letzte Auftritt als Ziggy Stardust und dem Titel „Rock'n'Roll Suicide“ – das war mein letztes Konzert, verkündete er, eine Zigarette rauchend, noch auf der Bühne. Die Presse schrieb Zeter und Mordio. Doch Bowie hatte nur seine Kunstfigur für immer versenkt. Und Medien wie Fans genarrt. Was bleibt, ist die Erinnerung an einen der faszinierendsten und ungewöhnlichsten Stars der Pop-Geschichte.
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hef. Als angekündigt wurde, dass Rihanna am 12. August im Zürcher Letzigrund auftreten wird, wusste man nur, dass die neue Welttournee „Anti“ heissen wird. Aber – ausser vielleicht Gölä und auch Bryan Adams – macht kein kommerziell denkender Pop-Künstler eine Tournee ohne neues Album im Gepäck. Gölä macht alles aus dem Bauch heraus, egal ob es gegen Musik-Industrie-Regeln verstösst. Und Bryan Adams möchte einfach auf Tournee gehen, neues Album hin oder her. „Alle drei Tage ein Konzert, sonst fühle ich mich nicht gut“, gestand er mir einst. Jetzt also ist „Anti“ doch noch erschienen. Nicht vor Weihnachten, was ebenfalls kommerziell gewesen wäre. Nein, praktisch ohne Ankündigung, quasi über Nacht. Am 30. Januar konnte man das Werk online hören. Ab 5. Februar gibt es das Album auch physisch als CD zu kaufen. Drei Jahre ist es her seit „Unapologetic“, und elf Jahre, seit die damals 16jährige kesse junge Dame von der Karibik-Insel Barbados von Jay-Z entdeckt wurde. Dankbar ist Rihanna. Auf Jay-Z's Streaming-Dienst-Portal Tidal stand es einen Tag kostenlos zum Download bereit. Weil Rihanna gehört hatte, das Portal laufe nicht so gut wie andere und der Rap-Mogul würde damit sogar drauflegen. Die ersten zwei der 13 Tracks sind gewöhnungsbedürftig. Ab „Kiss It Better“ kommt wieder die Rihanna zum Zug, welche die Fans so lieben. 190 Millionen verkaufte Platten sind die Zahl dazu. „Work“, featuring Drake, ist dann wieder die supercoole Rihanna, die mit gesungenen Rhythmus-Teilen um sich schmeisst, statt Work wöwöwöwö, aber es geht rhythmisch ab, maulfaul und ultra-locker im besten RihannaGroove hingerotzt. Robyn Rihanna Fenty, so ihr bürgerlicher Name, ist bei jedem Titel als Co-Autorin dabei, manchmal sind zehn Namen aufgeführt, manchmal nur gerade zwei inkl. Robyn Fenty.
Nur „Same Ol' Mistakes“ ist ein „Fremdgänger“, komponiert von einem gewissen K Parker. Verzerrte Stimmen und verfremdete Instrumente machen das Salz in gewissen Titeln aus, die zuweilen ein bisschen im PopBereich angesiedelt sind. Dazu Soul, Jazz, Funk bis Dubstep. Der „Spiegel“ brachte es auf den Punkt. „Rihanna ist nicht so elegant wie Adele, nicht so provozierend wie Miley Cyrus, nicht so modisch wie Lady Gaga, nicht so gewagt wie M.I.A. und – last but not least – nicht so porno wie Nicki Minaj. Aber sie ist sexy.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
SIA This Is Acting RCA/Sony Music
hef. Die andere Rihanna wird Sia Forler auch genannt. Kein Wunder, man muss schon die Ohren spitzen, wenn man sie im Radio hört, und sehr oft falle ich drauf rein, wenn es um neue Songs von ihr geht. Es ist vor allem das Tremolo in ihrer Rihanna-ähnlichen Stimme, das jeweils auf Sia schliessen lässt. Und der melodiöse Pop-Groove, der – neben der ähnlichen stimmlichen Phrasierung – viel ausgeprägter ist als in den Songs von Rihanna. Das siebte SiaAlbum mit zwölf Songs, die Single „Alive“ von Superstar Adele mitgeschrieben, ist der Nachfolger ihres vor anderthalb Jahren erschienenen „1000 Forms Of Fear“, das in den USA auf Platz 1 stürmte. Produzent ist ihr bewährter Partner Greg Kurstin, der bereits bei Stars wie Lana Del Rey und Dido seine begabten Produzentenfinger mit im Spiel hatte. Der Song „Reaper“ entstand in Zusammenarbeit mit Rap-Superstar Kanye West. Das Album heisst „This Is Acting“, „weil es“, so Sia, „durchwegs Songs sind, die ich ursprünglich für andere Leute geschrieben hatte.“ Einen auch für Rihanna, doch die wollte das Lied nicht. Andere nahmen die Sia-Songs dankbarer entgegen, Stars wie Britney Spears, Kelly Clarkson, Katy Perry, Carly Rae Jepson, Beyoncé und Céline Dion. Sie alle nahmen Sia-Songs in ihr Repertoire auf. Rihanna hatte
Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS dies früher bereits mit „Diamonds“ getan. Was ebenfalls spannend ist: Sia ist die Stimme auf Hits von Flo Rida („Wild Ones“), „Titanium“ (David Guetta) oder „Beautiful Pain“ (Eminem). Vier Grammyund eine Golden GlobeNomination pflastern den Erfolgsweg von Sia, die mit Rihanna eines sicher gemeinsam hat: den riesigen Erfolg.
unorthodox und spannend ist wie seine Musik und seine Texte.
TINDERSTICKS The Waiting Room City Slang Records
Hugs Wegweiser durch die Populär-Galaxie von Christian Hug
Tschüss, Greenfield
ARNO Human Incognito Musikvertrieb
hef. Wer noch nie von Arno gehört hat, der würde wohl beim blinden Anhören dieses Albums sein Vermögen darauf wetten, dass das hier Tom Waits ist. Ist er nicht. Tom Waits würde wohl auch kaum als ersten Titel eines neuen Albums „I'm Just An Old Motherfucker“ singen. Weil Waits kein Freak ist, obwohl er mit diesem Image kokettiert. Arno Hintjens hingegen ist schon ein ganz spezieller Star aus Belgien, oder ein sonderbarer Kerl, vielleicht auch ein Freak. Dies ist nämlich bereits sein 32. Album; Arno ist 66. Eines seiner Vorbilder ist USLegende Captain Beefheart. Neben dem Blues-Touch in seiner Musik sind es vor allem – wie bei Beefheart – die surrealen Texte und der Humor, der ihn bei seiner Fangemeinde zum Kultstar machte. Seine Philosophie ist einfach. „Ich habe noch nie gearbeitet; Musik machen ist keine Arbeit.“ Die Inhalte seiner Lieder findet Arno in den unbekannten Menschen, was der Albumtitel übersetzt bedeutet. Entsprechend ist Arno auf dem Cover ohne Kopf abgebildet. Die elf Songs zwischen Englisch und Französisch handeln von der Existenz. „Please Exist“ heisst der eine Titel, „“Oublie qui je suis“ ein anderer. Mal akustisch leise und beschwingt, dann wieder sperrig und laut. Typisch Arno halt, der auch nerven kann. Ihn kennen zu lernen jedenfalls ist spannend. Weil der Typ so
Kolumne
rp. Wie der Esel am Berg stehen die englischen Tindersticks wahrlich nicht da. Erwähnenswert ist trotzdem, dass bereits auf ihrem fünften Werk «Can Our Love» (2000) ein Esel das Cover zierte, dem zärtliche Liebe zuteilwurde. Auch auf ihrem neuen, ihrem zehnten Album «The Waiting Room» ist ein Esel abgebildet, oder besser, ein Mann mit einem Eselskopf. Dieser wartet, nicht am Berg, aber zumindest im Wartesaal. Eselei oder was? Okay, genug gekalauert. Das Visuelle war den Tindersticks ja immer schon wichtig. Weitergeführt wird dies auf «The Waiting Room» dadurch, dass jeder Song von einem Kurzfilm begleitet wird. Diese wurden von Filmmachern wie Christoph Girardet, Claire Denis, Rosie Pedlow, Joe King, Gregorio Graziosi, Richard Dumas oder Gabriel Sanna in Szene gesetzt. Leider fehlen diese Kurzfilme in meiner Promo-Version gänzlich. Auf der Bandhomepage findet sich zumindest das Video von Gabriel Sanna zum Song «We Are Dreamers!» Der verträumte Titel steht im Gegensatz zur visuellen Umsetzung: eine karge Landschaft, ein Lastwagen mit riesigen Rädern und eine zierliche Frau mit Schaufel. Sind wir Träumer, wenn wir denken, die Ausbeutung unserer Natur verhindern zu können? Die Musik, eher spröde und zuweilen bedrohlich, suggeriert vielleicht gerade dies!? «The Waiting Room» enthält aber auch fast beschaulisch, gemächliche Songs, wie das Auftakt-Instrumental «Follow Me». Oder irritierende Hektik (im Eiltempo über Strassen, Autobahnen und durchs Wasser) im eher beschaulichen «Were We Once Lovers», dessen Video auf Vimeo zu finden ist. Spannende Kontraste von Musik und Film.
Dieses Jahr werde ich nicht mehr ans Greenfield-Festival gehen. Aus zwei Gründen. Erstens: Wer sich bisher mehr für die Musik interessierte als für die schrecklichen Plastiktitten im Rckstr-Zelt, der wurde bestens bedient. Man konnte gemütlich von der grossen zur kleinen Bühne und wieder retour pendeln, weil da immer schön ein Konzert nach dem anderen kam, auf das man sich konzentrieren konnte. Neu gibt es nun eine dritte Bühne mit allerlei Mittelalter- und Depro-Krempel, und somit ist es leider unvermeidlich, dass sich die Auftritte von Bands überschneiden, und zwar vollständig. Das ist ein ärgerliches Multiple-choice-Angebot, das einerseits eine gewisse Beliebigkeit offenbart und anderseits zu einem Nur-einmal-ankreuzen-Zwang führt. Wir sehen: Immer noch mehr und immer noch grösser ist nicht zwingend die beste Lösung, das gilt auch für Openairs – und dabei ist noch gar nicht erwähnt, dass das Festival mit dem Konzert der Red Hot Chili Peppers am Mittwoch um einen Tag verlängert wurde. Zweitens: Wer sich für Musik interessiert, ist selbstredend gwundrig auf Neues. Das kriegen wir am Greenfield aber so gut wie nicht mehr. Dazu bemühen wir ein bisschen Statistik, beruhend auf dem Booking-Stand vom 12. Januar 2016 und dem Wikipedia-Eintrag: Von den dannzumal angekündigten 42 Bands der 2016er-Ausgabe waren nur lausige 16 noch nie am Greenfield zu sehen. Das heisst: Weit mehr als die Hälfte hatten wir schon. Viel schlimmer noch: Die hatten wir schon mehrfach! Dieses Jahr spielen Billy Talent, Zebrahead, Pennywise und The Hives ihr viertes Greenfield-Konzert! In Extremo, Madsen, Parkway Drive, Heaven Shall Burn, Flogging Molly und die Kindergärtler Itchy Poopzkid waren in der zehnjährigen Geschichte des Greenfield bereits schon viermal zu Gast! Bei Millencolin, NOFX, Breakdown of Sanity, Beauty of Gemina, Skindred, Offspring, Prodigy, Volbeat und Nightwish wird es 2016 das dritte Greenfield-Konzert sein. Bereits dreimal gespielt haben Sepultura, In Flames, Lagwagon, Bullet For My Valentine, Enter Shikari, Danko Jones, Gallows, Hatebreed, Bury Tomorrow, La Vela Puerca und Trivium! Das sind: 10 Bands viermal und 20 Bands dreimal. Die ZweifachBands hab ich schon gar nicht mehr gezählt. Den traurigen Rekord halten übrigens Donots mit fünf Auftritten. Andersrum betrachtet: Von den angekündigten 42 Bands der 2016er-Ausgabe standen 22 Bands in den vergangenen vier (!) Jahren bereits auf der Greenfield-Bühne, zum Teil mehrfach. Das ist mehr als die Hälfte. Das ist grauenhaft. Wer sich für Musik interessiert, der möchte dieses Jahr am Greenfield Bands sehen wie Deafheaven, Baroness, SleaterKinney, Danzig, Kadavar, Ignite und Napalm Death. Nicht, weil sie etwa zu meinen persönlichen Lieblingen gehörten. Sondern weil sie dieses Jahr viel von sich reden gemacht und wichtige Alben veröffentlicht haben. Und noch nie am Greenfield aufgetreten sind. Und eine Motörhead-Tribute-Band wäre auch anständig gewesen, das aber nur nebenbei. Doch vielleicht geht es am Greenfield gar nicht mehr darum, ob man sich für Musik interessiert. Letztes Jahr hat mich zum ersten Mal in meiner persönlichen GreenfieldGeschichte irgend so ein Ballermann-Volltrottel mit einer Wasserspritzpistole angespritzt... Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass Bono Vox verboten werden sollte, was selbstredend auch für das Album gilt, das er und seine unbebrillten Freunde für dieses Jahr angekündigt haben. Und wenn wir grad dabei sind: Who the fuck will eine Guns'N'Roses-Reunion?
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REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative Pally’s kurz und knapp GOTHIC CHICKEN - Lift The Cobweb Veil Was lange währt, wird endlich gut. Wenn das auf etwas zutrifft, dann sicher auf «Lift The Cobweb Veil» der englischen Gothic Chicken (was für ein Name!). Der Grundstein zum Debüt der Band um Sänger und Gitarrist Marco Rossi wurde vor gut zehn Jahren gelegt. Unterschiedlich gelagerte Zukunftspläne verhinderten eine Weiterverfolgung derselben. Ganz vergessen ging sie aber, glücklicherweise, nie. Es wäre äusserst schade gewesen, um «Lift The Cobweb Veil». Die zwölf Tracks lassen die englische Psychedelik-Ära mit viel schräger Experimentierfreude wieder aufleben. Dabei machen Gothic Chicken nicht halt vor Ausflügen in Richtung ProgRock (z.B. «And As For Me»). Zuweilen klingt das wie die Blossom Toes an einer Party mit Frank Zappa und Napoleon XIV («They're Coming To Take Me Away HaHa»). Viele sonnige Melodien gibt es natürlich auch!!! PALEHOUND - Dry Food Zerbrochene Liebschaften tun mitunter weh. Um darüber hinweg zu kommen, kann reden helfen oder Musik machen. Palehound Sängerin und Gitarristin Ellen Kempner hat letzteres getan. In einigen der acht Songs ihres Debütalbums nach der EP «Bent Nail» (2013) verarbeitet die 21-jährige ihren ersten grossen Liebesschmerz. Da heulen die Gitarren schon mal schmerzgeplagt in Dinosaur jr. oder Pixies Manier auf oder psychedelische Nebelschwaden verscheuchen die trüben Gedanken. Manchmal wird der Schmerz einfach hingenommen. Hoffentlich kathartischer Indierock! TWIN BANDIT - For You Die beiden Damen der Twin Bandits sind nicht mit einander verwandt, aber zumindest Schwestern im musikalischen Geiste. Die Kanadierinnen Hannah Walker und Jamie Elliott zelebrieren auf ihrem Debütalbum harmonische Eintracht (u.a zweistimmiger Gesang). Die neun Songs auf «For You», zwischen Folk, Americana und Rootsrock changierend, tragen den geneigten Hörer sanft und behutsam durch eine Welt voll bezaubernder und beschwingter Harmonie und gelegentlicher Verträumtheit. FRØKEDAL - Hold On Dreamer Anne Lise Frøkedal war fünf Jahre lang Sängerin der norwegischen Indiepopper Harrys Gym und für eine Weile auch ständiges Mitglied von I Was A King, bis sie vor ein paar Jahren entschloss, es solo zu versuchen. Für ihr Debüt trommelte sie einfach ein paar Freunde zusammen und schaute, was passiert. Passiert ist viel, vor allem bezüglich Atmosphäre. Der versponnene Indiepop und –folk der zehn Songs klingt mal bezaubernd, mal schwelgerisch, auch beseelt und immer wieder berührend. Ihre wunderschöne Stimme kann sich hier im Gegensatz zu Harrys Gym voll entfalten. OSSICLES - Music For Wastelands Ossicles (drei feine Knochen im Mittelohr) ist eine norwegische Neo-Prog-Jazzrock-Band, 2011 ins Leben gerufen, Ihr Ansatz war von Beginn an Offenheit. Das Duo bezieht ihre Einflüsse aus unterschiedlichen Genres wie Jazz, Pop, Art Rock, Post Rock, Punk, Noise, Drone, Ambient, Folk und natürlich Progressive Rock. Ihr Debüt «Mantlepiece» (2012) erhielt rundherum viel Lob, unter anderem von Steve Wilson (Porcupine Tree), der es ja wissen muss. Geschrieben wurde das Material, als die beiden Gründer und Köpfe der Band Sondre Veland und Bastian Veland gerade mal 16, bzw. 17 Jahre alt waren. « Music For Wastelands» ist ein würdiger Nachfolger. Die vierzehn Songs klingen fokussierter und einheitlicher. Ihr Gespür für spannende Strukturen haben Ossicles aber nicht verloren.
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VILLAGERS Where Have You Been All My Life? Irascible hef. Singer/ Songwriter Conor O'Brien auf Schmusekurs. Das Mastermind hinter dem irischen Quintett Villagers, sonst eher bekannt für aufgestellten PubSound, hat seine eigenen Songs neu aufgenommen und ihnen ein Lovesong-Kleid verpasst. Allein schon der larmoyante Album-Titel lässt einiges erwarten, das dann allerdings noch tief „untertroffen“ wird. Das aber wohl nur für alte Fans. Denn dieser SchmuseSound mit der warmen, hohen Stimme, die zuweilen an die Hitgruppe Passengers erinnert, tut wohl. Dazu kann man schwelgen und entschleunigen. Die sanften Arrangements mit der dominierenden Akustikgitarre lassen die Herzen aller Liedermacher-Fans höher schlagen. Hier herrschen in Sachen Text und Musik grosse Gefühle vor, Gefühle bis zum Kitsch. Aufgenommen wurde Live in den Londoner RAK-Studios des berühmten einstigen Hit-Produzenten Mickie Most (+2003), der in den 60er und 70er Jahren Dutzende von Hits produzierte von Stars wie Yardbirds (damals noch mit Eric Clapton), Donovan, Sweet, Smokie, Suzie Quatro, Hot Chocolate oder Kim Wilde, um nur einige zu nennen.
PAUL CARRACK Soul Shadows H'Art hef. Der britische Pianist/Gitarrist/Sänger und Komponist ist ein „Musician's Musician“. Einer, den die Stars gerne zu Plattenaufnahmen heranziehen wie zum Beispiel Ringo Starr, B.B. King, Elton John, The Pretenders, Roxy Music, Frankie Miller oder Roger Waters. Oder die ihn auch gerne als Begleitmusiker auf einer Tournee dabei haben wollen. Letztes Beispiel: Carrack sass bei den Konzerten zum 70. Geburtstag von Eric „Slowhand“ Clapton 2015 als einer der Stamm-Begleiter an den Keyboards. In Musikerkreisen also ist er ein begehrter Bühnen- und Studio-Partner, in der breiten Bevölkerung jedoch höchstens denen ein Begriff, die einen oldfashioned Geschmack
haben oder vielleicht auch ein bisschen von gestern sind. Gute, alte seelenvolle Pop-Musik mit Blues-Einschlag eben. Carracks Albumtitel „Seelenschatten“ zeigt schon die Richtung an. In dieser herrlich melodiösen Musik steckt viel Soul. Dass Carrack eine schwarze Musikseele hat, bewies er in verschiedenen Bands, in denen er zu den kreativen Köpfen gehörte. Wie die Gruppe Ace, deren grössten Hit „How Long“ er schrieb und mit seiner rauhen Stimme den Blues-Groove einhauchte. Bei der britischen Hitband Squeeze war er als Komponist und Sänger dabei; er sang den Hit „Tempted“. Und er war eine der Stimmen von Mike & The Mechanics, der Freizeitgruppe von Genesis-Bassist Michael „Mike“ Rutherford, die mit Titeln wie „Over My Shoulder“ oder „The Living Years“ Welthits hatte. Nach 40 Jahren Karriere ist dieses Album quasi das ausgereifte Alterswerk des 64-jährigen Mannes aus Sheffield, als Mensch die Bescheidenheit in Person. Die elf Titel hat er zumeist zusammen mit seinem Sohn Jack am Schlagzeug in eigenen Heimstudio eingespielt und in den Londoner Air Studios mit Bläsern und Streichern aufgepeppt. Als „Star-Gäste“ dabei: Ex-Squeeze-Kollege Chris Difford (Co-Autor von „Bet Your Life“) und Pee-Wee Ellis, legendärer Saxophonist aus James Browns Begleitband, der die Bläser-Section arrangierte. Der letzte Albumtitel ist ein Remake von „Share Your Love With Me“ von Bobby „Blue“ Bland, das 1970 bereits für Aretha Franklin ein grosser Hit war.
BLACKOUT PROBLEMS Holy Uncle M Music/Cargo Records cw. AlternativeRock. Ein Sammelbec ken für alles und nichts. Wenn Gitarrenmusik nicht eingeordnet werden kann, bleibt im Zweifel immer noch die verstaubte Schublade, die in den 90er Jahre noch für etwas stand. Blackout Problems könnten ihr jetzt trotzdem wieder ein ernstzunehmendes Gesicht verleihen. Das Debütalbum „Holy“ der Münchener ist gar nicht groß auf Heiligsprechung aus, ihnen reicht schon der Einzug in den Rock-Olymp. Dafür fehlt es weder an großen Gesten noch an großen Melodien. Unter dem konzeptionellen Überbau tummeln sich feingeschliffene
Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS Songs, die sowohl mit melancholischer Ernsthaftigkeit als auch mit jugendlichem Freigeist liebäugeln. Irgendwo zwischen schnörkelosen Biffy Clyro-Rock und hymnischen Donots-Punkrock haben Blackout Problems ein Album geschrieben, das sich für eine Band deren Mitglieder unter 25 Jahren sind keineswegs nach einem Debüt anhört. Sicherlich, die 13 Songs sind durch die puristische Produktion sehr aufgeräumt, und auch sonst wurde hier auf Perfektionismus wert gelegt. Dass da die rohe Energie auf der Strecke bleibt, kann man bei der Hymnenhaftigkeit von „Holy“ aber verkraften. Nicht zuletzt durch den überragenden Gastauftritt von BoysetsfireSänger Nathan Gray in „Boys Without A Home“.
RUSH R40 Live (3 CD) Universal lg. R40 Live, ist die Aufzeichnung der epischen Live-show mit einer 40 Jahre umspannenden Setlist und über 3 Stunden Material, inklusive bisher nie zuvor oder seit langer Zeit nicht mehr live vorgetragener Tracks ("Losing it", "Lakeside Park", "Anthem" und "What You're Doing") . Die Bühnenshow bezeichnen Rush als De-Evolution, was sich dadurch äußert, dass das wechselnde Bühnenbild chronologisch rückwärts verläuft. Das heisst, es beginnt beim bombastischen Bühnenaufbau des letzten Albums ("Clockwork Angels") und geht bis hin zu einer nachgebauten Schulsporthalle mit dem kleinen Bassverstärker auf einem Stuhl stehend, wie dies in den Anfangstagen der Band gemacht wurde. Somit ist auch die Songauswahl grossartig (mehr als die Hälfte von „2112“ und „Cygnus X-1“). Rush zeichneten für diese Veröffentlichung ihre zwei ausverkauften Heimspiel-Gigs in Torontos "Air Canada Centre", am 17. Und 19 Juni 2015. Der Klang der Scheibe ist grossartig und auch wenn Alex Lifeson, Geddy Lee und Neil Peart (nichts anderes als die Urväter des progressiven Hard Rock/Metal) langsam in die Jahre kommen, sind Rush nach wie vor eine der besten Bands. Hoffentlich kommt dieses geniale Trio nochmals für eine Tour nach Europa.
JOHN MARK NELSON I'm Not Afraid Gndwire Records rp. Der Amerikaner John Mark Nelson war gerade mal 18 Jahre alt, als er 2011 sein Debüt «Still Here» veröffentlichte. Mit «I'm Not Afraid» bringt er nunmehr sein viertes Werk heraus. Seit den Anfängen hat John Mark Nelson, der aus einer musikalischen Familie stammt, seinen Sound stetig verfeinert, weiterentwickelt und jetzt auch modernisiert. Gerade im Vergleich zu seinem zweiten Album, dem grandiosen «Waiting And Waiting» das viele Bezüge zu Bon Iver und den Beach Boys zulässt, überrascht «I'm Not Afraid» mit dezenten Beats, fast tanzbare Passagen und ausgelassenen Pop-Momenten. Poppige Leichtigkeit zieht durch die Songs. Gerade «Dream Last Night», «A Hundred Orchards», die Single «Control» und «That's What You Do» dokumentieren diesen Aufbruch nach vorne, auf zu neuen Ufern. Etwas von der Tiefgründigkeit seiner früheren Songs ist verloren gegangen. Sie steckt jetzt mehr in den Zwischentönen und den lesenswerten Texten. Zu dieser Veränderung hat vielleicht auch geführt, dass John Mark Nelson heute mit einer Band arbeitet und sich deshalb beschränken muss? Viele seiner früheren Songs wären nur mit viel Aufwand Live zu reproduzieren gewesen. In diesem Sinne meint der Titel des Album vielleicht: Ich habe keine Angst, mich weiterzuentwickeln. Diese Leichtigkeit steht John Mark Nelson gut. Eines hat er nämlich nicht verloren, sein untrügliches Gespür für tolle Songs
MAGNUM Sacred Blood “Divine” Lies Steamhammer/SPV mv. Es gibt Bands, da ist man einfach froh, dass sie beständig sind und in regelmässigen Abständen ein starkes Album nach dem anderen veröffentlichen. Keine Experimente, keine Stilwechsel oder
moderne Anbiederungen, einfach nur bodenständige, ehrliche Rockmusik mit viel Leidenschaft und edler Klasse. Genau das bieten Magnum alle paar Jahre wieder, seit einer gefühlten Ewigkeit und einer riesigen Diskografie in der Hinterhand. Und genau das und nicht mehr wollen die vielen Fans von den Briten um SzeneUrgestein Tony Clarkin und Ausnahmesänger Bob Catley. Schon das einmal mehr prächtige Fantasy-Coverartwork des Meisters Rodney Matthews lässt es sofort klar werden: Magnum bieten auch auf ihrem 19. Studioalbum „Sacred Blood „Divine“ Lies“ wieder richtige starke Hardrock-Kunst. Egal welchen Titel man auch anwählt, sei es der bärenstarke Opener und Titeltrack, „Crazy Old Mothers“, „Gypsy Queen“, „Princess In Rags (The Cult)“ oder „Don't Cry Baby“, die Band verwöhnt den Hörer mit wunderschönen Melodien, ruhigen wie pompösen oder hart rockenden Momenten. Und natürlich gibt es auch wieder die einfühlsame, fantastische Gitarrenarbeit von Clarkin und die variable, ausdrucksstarke Stimme von Catley, welcher auch nach bald 40 Jahren immer noch ohne Abstriche zu
begeistern weiss. Alles also wie gehabt; deshalb auch wie immer ohne Bedenken kaufen und diese tolle Band unterstützen.
P.R.O.B.L.E.M.S Another Day Rookie Records rp. Alles an «Another Day» ist laut, ausser dem Anfang. Ein sorgsam anschwellender Ton geht dem Auftakt «Lucky» voran, bis er abbricht und verzerrte Punkgitarren übernehmen. P.R.O.B.L.E.M.S Frontmann Bradly Battin schreit heraus: «I Was Lucky». Manchmal scheint es mehr, als wäre der US-Fünfer aus Portland vom Teufel geritten. Songs wie «Assume The Worst», «Hit And Run», «Figure It Out», «No Time», How We Do», «Can't Turn Off My Brain» oder «I Hate TV» galoppieren schweisstreibend über die endlose Punk-Prärie Richtung Hölle. P.R.O.B.L.E.M.S, die aus ehemaligen Mitgliedern von Dead Moon, Resist, Defiance, Detestation, Poison Idea oder Severed Head Of State bestehen, frönen auf ihrem neuen Werk dem Old-SchoolPunk von Bands wie Angry Samoans, Dictators, New Bomb Turks und zuweilen Black Flag (gerade der Beginn von «Just Another Day» klingt wie «Six Pack»). Die fünf Herren machen das so gut, dass man gerne auf den Punk-Zug (oder Ross) «Until The End» aufsteigt.
Endlich Wochenende!
Es gibt Musik, die passt wie nichts anderes zu einem Freitagnachmittag im Hochsommer. Royal Republic kleiden das Hochgefühl des Wochenendes auch auf „Weekend Man“ in hochexplosive GarageRock-Kracher, die das Bier nahezu von selbst öffnen.
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bs. Rock'n'Roll ist vieles. Vormittags um 11:30 Uhr den Abwasch zu machen kommt einem da gewiss nicht als erstes in den Sinn, ist aber genau das, was Royal-Republic-Sänger Adam Grahn bei unserem Anruf tut. „Hey, immerhin mache ich den Abwasch erst jetzt“, verteidigt er sich lautstark auf die Vermutung, dass das ja nicht gerade Rock'n'Roll sei. Und hat damit ja irgendwie auch recht. Das liegt daran, dass man ihm und seiner ekstatisch-lauten Band vertrauen kann, wenn es um Rock geht. Seit bald zehn Jahren haut uns das Quartett aus Malmö herrlich zügellosen, kompakten und antreibenden Garage Rock um die Ohren, spielt seit dem ersten Tag in unveränderter Besetzung und hat mit „Weekend Man“ sein drittes Album fertiggestellt. Bei einem Titel wie diesem wird sofort klar, wohin die Reise geht: Die Schweden liefern einmal mehr den Soundtrack für die Mußestunden des Lebens, die perfekte Untermalung für heiße Nächte, coole Drinks und noch coolere Typen. „Batman, Superman, Weekendman!“,
«Ich kann sehr ungemütlich werden wenn mir die Musik nicht passt» Adam Grahn setzt Grahn zu einer subjektiven Einordnung des titelgebenden Geschöpfs an. Er hat das Geschirrtuch beiseite gelegt und ist jetzt ganz der lässige Rocker, wie man ihn auf der Bühne kennt. „Der Weekend Man ist der ruchlose Geist der Wikinger in uns allen, der Teufel auf deiner Schulter. Der Weekend Man trifft all diese schlechten Entscheidungen, die im Grunde ja die wirklich schönen sind: Noch ein Bier um zwei, noch ein Whisky um fünf.“ Kennt jeder, oder? Auch der Frontmann der aufstrebenden Schweden hat seine Erfahrungen mit dieser Kreatur gemacht. „Von Zeit zu Zeit bin ganz zweifellos der Weekend Man“, gesteht er. „Ich lasse ihn wahrscheinlich sogar zu häufig hinaus. Allerdings hat jeder Weekend Man ja auch sein Gegenstück auf der anderen Schulter, seine Nemesis, sage ich jetzt mal.“ Ob das der Nine-to-Five-Man ist, kann Grahn nicht beantworten, stimmt aber zu, dass dieser Kerl deutlich ernster und langweiliger sein muss. Warum eine Band wie Royal Republic ein Album wie dieses „Weekend Man“ nennt, ist natürlich schnell erklärt: „Wir gingen mit rund 70 Demo-Songs ins Rennen und kondensierten diese Menge auf 15 herunter“, ist zu hören. „Als es darum ging, einen gemeinsamen Nenner zu finden, stolperten wir über den Songtitel „Weekend Man“. Und plötzlich klickte es.“ Dieser Titel, meint Adam Grahn, fasst perfekt zusammen, worum es uns auf diesem Album geht: Um den perfekten Moment, selbst wenn der nächste Morgen wehtut. Wer jetzt denkt, dass Royal Republic jede Nacht in Kneipen und Clubs versacken, wenn sie gerade mal nicht auf einer Bühne stehen, der irrt. Grahn und seine Freunde haben da ganz andere Vorlieben. „Ich war immer schon derjenige, der die Hausparty viel cooler fand als den Club“, vertraut er uns an. „Ich hasse es, wenn man irgendwo rumhängt, wo es wirklich gemütlich ist, und um Mitternacht alle plötzlich nervös aufspringen und irgendwo tanzen gehen wollen. Warum denn nur? Zuhause kann man seine eigene Musik spielen und seine eigenen Drinks trinken. Das ist kommunikativer, gemütlicher, angenehmer und außerdem billiger!“ Entsprechende Läden
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gibt es in Malmö natürlich mehr als genug. Es gibt da nur ein Problem, wie Grahn gesteht: „Ich kann sehr ungemütlich werden wenn mir die Musik nicht passt. Sobald ich zuhause einen sitzen habe, lege ich alte Soundtracks, die Beatles oder Led Zeppelin auf und nerve alle mit den Songs, die ich jetzt unbedingt hören will. Und wehe, sie gefallen dir nicht!“ Da wird der Weekend Man schon mal zum Hulk. Ansonsten ist der Sänger aber ganz umgänglich, versichert er. Oder eben so umgänglich, wie man das vom Fronter einer angesagten Garage-Rock-Band erwarten kann. Man sollte nur nicht seinen Überzeugungen und Plänen in die Quere kommen, wie schon der eine oder anderer Produzent bezeugen kann, der in den letzten Jahren mit Royal Republic zusammengearbeitet hat. Bei „Weekend Man“ war das anders: Mit Christian Neander und Michael Tibes hat man das perfekte Produzentenpaar für die eigene Vision gefunden. „Die meisten Produzenten setzen sich einfach hin und treffen ihre Entscheidungen, doch mit den beiden war es so, dass sie uns dazu brachten, auf diese Entscheidungen zu kommen. Wie ein Therapeut.“ Aufgenommen wurde „Weekend Man“ innerhalb von zwei Monaten in den Fuzz Factory Studios in Berlin-Kreuzberg. Zufall? Mitnichten. Kreuzberg und Royal Republic, das ist längst eine ganz besondere Geschichte, ein Kapitel für sich. „Berlin ist uns irgendwie zugelaufen“, meint Grahn. „Unser Management sitzt hier, wir auch schon in den legendären Hansa Studios aufgenommen und gemixt. Für mich ist Berlin das Zentrum Europas und für Royal Republic längst eine zweite Heimat. Wir lieben Kreuzberg, insbesondere die Schlesische Straße, die wir besser kennen als unsere Westentasche und wo wir schon oft abgestürzt sind. Alle sind entspannt, niemand regt sich über die anderen auf, du kannst selbst als UFO verkleidet rumlaufen und niemand fühlt sich davon gestört. Das ist doch großartig.“ Neben fragwürdigen Vorteilen wie diesen ist es vor allem die Stimmung der Stadt, die Royal Republic begeistert. „Berlin hat eine krasse Energie“, ist sich der Vokalist sicher. „Und für Bands wie uns gibt es fast nichts Wichtigeres als Energie.“ Deshalb klingt die Musik so, wie sie klingt, deshalb geht es im Studio aber auch schon mal heiß her. „Studioarbeit ist eben kein Pappenstiel, Mann“, meint Grahn mit einer Mischung aus Ironie und Ernst. „Auch diesmal hat es mehr als einmal so richtig geknallt.“ Dramatisch ist das für eine Truppe, die seit bald zehn Jahren in derselben Besetzung spielt, nicht. „Wir lösen diese Konflikte so, wie man sie als Familie löst: Mit dem Wissen, dass man die anderen eh für alle Zeit an der Backe hat.“
Royal Republic Weekend Man Vertigo/Universal bs. Die Welt da draußen ist derzeit nicht die beste, die Nachrichten nicht die optimistischsten und der Frühling wird bestimmt auch scheiße. Bleiben genau zwei Sachen, die man tun kann: Zum Trübsal blasenden Couch Potato mutieren – oder die Tanzschuhe rausholen, einen ambitioniert starken Drink mixen und die neue Platte von Royal Republic auflegen. Schwedens feinste Garage Rocker haben auch auf ihrem dritten Album „Weekend Man“ keinerlei Interesse daran, bekümmert und ernst aus der Wäsche zu schauen. Stattdessen führen sie das Erbe der frühen Mando Diao mit jeder Menge Danko Jones und The Black Keys im Blut ins nächste Wochenende, wo es ebenso wild, zügellos und heiß zugeht wie auf den letzten beiden Ergüssen der Schweden. „Weekend Man“, das sagt letztlich schon der Titel, wird keine Antworten auf fundamentale Fragen geben und nicht für Weltfrieden sorgen. Stattdessen bringt dieses Album etwas fertig, das im Grunde fast ebenso wichtig ist: Es sorgt für gute Laune, für Optimismus und für ein fettes Grinsen in jedem, der sich der schwungvollen Sause der gutgekleideten Skandinavier hingibt.
Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS CHARLIE PUTH Nine Track Mind Atlantic/Warner Music
hef. „Let's Marvin Gaye and get it on“ hört man täglich mehrmals in allen Radio-Stationen. Zusammen mit dem blutjungen Hit-Girl Meghan Trainor (22), die uns Anfang letzten Jahres mit ihrem aufgestellten und lockeren Ohrwurm „All About That Bass“ das Radiohören verschönte, hat der 24-jährige Charlie Puth einen Klassiker hingekriegt, den man wohl in den nächsten Jahren immer wieder hören wird. Puth ist kein unbeschriebenes Blatt. „See You Again“ produzierte und schrieb er mit Wiz Khalifa. Der Song ist einer der Hits im Blockbuster „Fast & Furious 7“ , dem letzten Film des am 30. November 2013 bei einem Autounfall ums Leben gekommenen Hauptdarstellers Paul Walker, der die Filmreihe seit dem ersten Teil prägte. Charlie Puth, erst 24 und vor kurzem noch Student, wird von der US-Fachzeitschrift „Weekly Entertainment“ bereits als „das nächste grosse Ding in der Musik“ angepriesen. Auch andere Stars wollen mit ihm singen. Ex-Justin-BieberSchätzchen Selena Gomez ist im Schmusesong „We Don't Talk Anymore“ (nicht die Cliff-RichardVersion...) Charlies Duett-Partnerin. Eine Art autobiografisches Lied für Selena; es handelt vom Beziehungsende und dem Ignorieren des Ex danach. Wenn Puth so weitermacht wie mit seinem beeindruckenden Debüt mit 13 abwechslungsreichen MelodiePerlen inkl. „See You Again“, die von der hohen klaren Stimme von Charlie Puth leben, dann wird das „grosse Ding“ wohl auch bei uns bald hitparadenmässig durchmarschieren.
PORT NOIR Any Way The Wind Carries Century Media em. Hierzulande dürfte das schwedische Trio Port Noir noch eher unbekannt sein. Nach dem Erstling „Puls“ (2013) und einer EP („Neon“, 2015) sind sie nun mit „Any Way The Wind Carries“ am Start. Die Mischung aus groovigem Rock, sphärischen
Keyboardklängen und PopElementen aus einer längst vergangenen Zeit, klingt sehr interessant macht Lust auf mehr. Spannende Rhythmuswechsel und auch mal ein kräftiges Gitarrenriff zeugen von der Absicht der Langeweile den Garaus zu machen. Das ist im Opener und Namensgeber des Albums deutlich zu hören. Die Stimme von Sänger Love Andersson klingt warm, hoch und erinnert teilweise an den Sound der achtziger Jahre. Beim Hören des zweiten Tracks „Earth“ macht das Hirn automatisch die musikalische Verbindung zu Muse, was aber nicht als negativ angesehen werden muss. Die Nummer „Black From The Ink“ hingegen geht dann klar in Richtung Tool,
DREAM THEATER The Astonishing Roadrunner/Warner
wenn man denn einen Vergleich herbeiziehen möchte. Auch Queens Of The Stone Age dürften als Ideengeber gelten, hört man sich die Komposition „Onyx“ an. „Beyond The Pale“ lässt ein bisschen die grossen Depeche Mode vor dem geistigen Auge vorbeiziehen, was aber absolut okay ist. Und dann sind da noch die Bassläufe in „The Sleep“, welche den Hörer sofort an Rage Against The Machine erinnern. Port Noir beweisen mit diesen zwölf Liedern ein Händchen für schöne Melodien und eine sehr grosse Vielfalt, sind aber schwer einzuordnen, was eigentlich als Pluspunkt gilt. Man wird aber trotz aller Kreativität und guten Songs das Gefühl nicht los, dass sich die Schweden noch zu sehr auf der Suche nach ihrer eigenen musikalischen Identität und Eigenständigkeit befinden. Ein solider, zeitweise etwas sperriger, aber durchaus gelungener Wegweiser dahin ist ihnen mit „Any Way The Wind Carries“ aber sicherlich geglückt.
lg. "The Astonishing", das dritte Album seit der Trennung von Bandsprachrohr und Drummer Mike Portnoy, schlägt in eine ganz andere Kerbe als die beiden direkten Vorgänger. Während "A Dramatic Turn Of Events" ein sehr klassisches, schön progressives Dream Theater-Album war und an die seligen Zeiten der 90er Jahre erinnerte ("Images And Words", "Awake"), wirkte das letzte Album namens "Dream Theater" teilweise ziellos und zerfahren, doch beinhaltete es immerhin sehr gute Songs. Mit der neuen Scheibe "The Astonishing" wollen Dream Theater nun der Welt zeigen, dass sie es auch ohne Portnoy mit der Welt aufnehmen können und weitere opulente ProgressiveMetal Meilensteine aufzunehmen in der Lage sind. Stilistisch bewegen sich Dream Theater mit dem massiven Doppel-Album "The Astonishing" – bestehend aus 34 (!) Songs – nunmehr in den Bereichen von "Metropolis Pt. 2: Scenes From A Memory" (1999) oder der bombastischen zweiten Scheibe von "Six Degrees Of Inner Turbulence" (2002). Leider schaffen es Dream Theater auf „The Astonishing“ nur selten, an ihre früheren Werke anzuknüpfen. Neben sehr soliden Dream Theater-Songs wie „When Your Time Has Come“, „The Gift Of Music“, „Three Days“ oder dem mit Abstand besten Song „A New Beginning“ wird auch viel Durchschnittliches geboten, das zumeist im balladesken oder im Mid-Tempo Bereich anzusiedeln ist. Das meiste auf "The Astonishing" tönt etwas glattpoliert und beinhaltet leider zu wenige spannende Reisen in den doch weitgefächerten Klangkosmos von Dream Theater. Dennoch kann Keyboarder Jordan Rudess, dem immer mehr Platz im Sound des Traumtheaters eingeräumt wird, einige musikalische Ausrufezeichen setzen. Im Fazit ist zu sagen, dass "The Astonishing" nicht das erwartete Knalleralbum geworden und somit in der Discographie von Dream Theater leider etwas abfällt. Man könnte meinen, dass man hier fast mit einem etwas ausufernden und etwas überambitionierten Soundtrack zu tun hat. Das Konzept des Albums mag so interessant sein (in einer post-apokalyptischen Zukunft wird die Welt von einer feudalistischen Oberschicht beherrscht), zuviel musikalischen Kitsch vermag dies auch nicht wettzumachen. Weniger ist manchmal mehr – dieses Motto sollten sich die Herren Petrucci, LaBrie, Myung, Mangini und Rudess zu Herzen nehmen. 15 sehr gute Songs reichen auch – das haben Dream Theater schon oftmals in ihrer Karriere bewiesen! Allerdings wird das Album möglicherweise mit der Zeit wachsen können – Mammutwerke haben das an sich... Live sind Dream Theater am 23. März im Zürcher Kongresshaus zu erleben. Das ist mit Sicherheit eine spannende Erfahrung, denn Live ist die Band eine Bank.
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LIVE 12.4.2016 Bern, Festhalle 13.4.2016 Zürich, Hallenstadion
Das diesjährige Rock Meets Classic wartet erneut mit einer Auswahl an feinster Qualität auf. Wie gewohnt ist Mat Sinner mit seiner Band und dem Bohemian Symphony Orchestra der Gastgeber und hat es auch in diesem Jahr geschafft, äusserst illustre und vor allem musikalisch vielfältige Gäste einzuladen. ip. Wie in den Jahren zuvor reist Mat Sinner zusammen mit dem Publikum durch die Rockmusikgeschichte und zaubert in Verbindung mit dieser Konzertreise bereits bekannte Sänger, aber auch neu angeheuerte Frontleute auf die Bühne. Joey Tempest ist als Sänger von Europe, und damit Interpret von Hits wie „The Final Countdown“ oder „Carrie“, bestens bekannt. Dass die Band in den Neunzigern zeitweise dem Grunge zum Opfer fiel und aufgrund fehlender Credibility nur noch hinter vorgehaltener Hand genannt werden konnte, gehört mit den letzten starken Alben glücklicherweise der Vergangenheit an. Joey Tempest ist schon lange nicht mehr nur der Schnuckel der schwedischen Hairmetal-Band, sondern hat sich mittlerweile und verdient auch über die Genregrenzen hinweg einen Namen mit seiner Rockröhre gemacht. Steve Walsh steht bereits länger auf der Bühne als mancher Tracks-Leser alt ist. In der Hauptsache war er zwischen 1972 und 2014 mit Kansas unterwegs und unterbrach diese Tätigkeit hie und da mit Soloalben und der Gründung der Band Streets. Wem Kansas auf Anhieb nicht im Ohr ist, der sollte sich bestimmt an Klassiker wie „Dust In The Wind“, „Carry On Wayward Son“ oder „All I Wanted“ erinnern, die nicht nur durch seine Stimme, sondern auch dank seines Songwritings zu Meilensteinen der Rockmusik wurden. Offiziell ist er seit knapp zwei Jahren nicht mehr Mitglied bei Kansas und beteiligt sich stattdessen an diversen Projekten. Umso exklusiver ist damit seine Teilnahme bei Rock Meets Classic, denn wer Steve Walsh zu seinen Lieblingssängern zählt, sollte sich die rare Gelegenheit, ihn auf der Bühne zu sehen, nicht entgehen lassen. Ein Wiederholungstäter in Mat Sinners Symphonieprojekt ist Midge Ure. Der Frontmann der britischen Formation Ultravox war bereits 2014 mit von der Partie und hat sich offensichtlich so gut in das Konzept eingelebt, dass er sich einen weiteren Platz verdient hat. Das ist nicht verwunderlich, denn „Dancing With Tears In My Eyes“ oder „Vienna“ sind Perlen der 80er und als Musiker und Songwriter ist Midge Ure schlicht ein Garant für emotionale Ohrwürmer. Obendrein scheint der Brite eben auch ein Joker in All Star-Projekten zu sein, denn neben Ultravox (die, und das muss man hier mal sagen, alles andere als eine seichte Synthie-Popband waren!) hat Ure übrigens auch bereits Band Aid veredelt, bei Thin Lizzy mitgemischt und ist sich nicht zu schade, alleine mit Akustikgitarre durch Clubs zu ziehen. Damit hat der Musiker wohl auch einen persönlichen Kreis geschlossen, denn seine erste Gitarre hatte sich Ures Vater damals vom Mund abgespart, indem er von seinem mageren Wochenlohn von sechs Pfund jeweils die Hälfte zur Seite gelegt hatte, um seinem Sohn das ersehnte
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JOEY TEMPEST
DORO
DAN McCAFFERTY Instrument kaufen zu können. Daher kommt mit Sicherheit der liebevolle Umgang zur Musik und das tiefe Verständnis, dass sich Ure über die Zeit angeeignet hat. Dass der sträflich unterbewertete Künstler also zum wiederholten Mal mit Rock Meets Classic unterwegs ist, darf auf allen Ebenen als Bereicherung gelten. Apropos Thin Lizzy: Scott Gorham, die sympathische Saitenlegende der irischen Überband, und Ricky Warwick, der nach The Almighty und Alleingang den Posten des geschassten John Sykes bei Thin Lizzy/Black Star Riders übernahm, sind einerseits alte Kollegen von Midge Ure und ebenfalls Stars des Rock Meets Classic Abends. Alleine für ein Ohr voll irischer Rock-Nostalgie lohnt sich der Besuch des Hallenstadions oder der Bernexpo, denn von Thin Lizzy kann man eigentlich nie genug hören. Gorham und die neu formierte Band änderten 2012 ihren Namen in Black Star Riders aus Respekt vor Phil Lynotts Werk und um die neuen Songs davon abzugrenzen. Geschadet hat es der Band nicht, denn wer mit ihrem aktuelleren Material vertraut ist, der weiss, dass auch hier Qualität mit Gütesiegel vertrieben wird. Geografisch bleiben wir ungefähr in der gleichen Ecke, wenn man mit Pete Lincoln und Andy Scott zwei Ikonen des Glamrock zum Billing addiert. „Ballroom Blitz“? „Teenage Rampage“? „Fox On The Run“? „Love Is Like Oxygen“? Richtig: The Sweet,
Englands Glamrock Band Nummer Eins sind mit Lincoln und Scott, einem verbliebenen Gründungsmitglied der Truppe, ebenfalls vertreten. Gestartet als Bubblegum Pop Band haben sie ihrem Stil immer wieder neue Wendungen und Gimmicks verpasst und sind letztlich eine der bekanntesten Rockbands der Insel geworden, die sich einen Platz unter den Klassikern verdient haben. Übrigens: Wer sich gerne mit The Sweet warmhören möchte, der sollte unbedingt den Song „Set Me Free“ antesten. Die Nummer ist bestimmt eine der besten und darf eigentlich als einer der ersten NWOBHM-Songs angesehen werden, denn irgendwo haben auch Iron Maiden ihre Ideen her. Wenn wir mit dem Tourbus weiter um die grossbritannische Insel fahren, dann nehmen wir in Schottland Dan McCafferty mit. Der bodenständige, freundliche Schotte ist musikalisch bekannt durch seine Band Nazareth, die er vor zwei Jahren gesundheitsbedingt verliess, und im Rock Meets Classic-Tross nicht mehr wegzudenken. Mit wenigen Ausnahmen war der Sänger fast jedes Mal auf der symphonischen Tour dabei und bekommt auch dieses Jahr wieder einen Platz ganz vorne. Seine sympatisch-erdige Art kommt übrigens sehr schön in folgender Anekdote zum Vorschein: Als Axl Rose, Sänger der L.A.-Rocker Guns'n'Roses, 1990 Erin Everly heiraten wollte, mietete er die Cupid's Wedding Chapel in Las Vegas und kümmerte sich bis ins letzte Detail um eine perfekte Feier. Everlys Lieblingssong zu der Zeit war „Love Hurts“ von Nazareth und Rose versuchte aus diesem Grund, McCafferty für die Hochzeit zu engagieren. Dieser lehnte jedoch ab mit der Begründung, dass die Ehe der beiden kaum länger halten würde als die vier Minuten, die der Song dauert. Dass Rose und Everly 27 Tage später die Scheidungspapiere einreichten, spricht für die Smartness McCaffertys. Als diesjähriger Special Guest steht niemand Geringeres als die Metal Queen herself auf der Liste. Doro ist seit Anfang der 80er Jahre aktiv auf der Bühne und verdiente sich ihren Titel vor allem ab 1983 mit der Band Warlock. Als eine der ersten Frauen bei den legendären Monsters Of Rock Festivals und überhaupt im Heavy Metal konnte sie sich immer in der von Männern dominierten
Musikrichtung behaupten. Den Respekt hat sie sich mit unzähligen Touren, Alben und unermüdlicher Arbeit mehr als verdient und auch neben der Bühne ist Doro eine immer freundliche Persönlichkeit, die ihre Fans schätzt und trotz ihres Ansehens ohne Allüren agiert. In ihrem Portfolio steht, neben ihrem eigenen Betätigungsfeld natürlich, nicht nur wiederholte Zusammenarbeit mit Lemmy Kilmister und weiteren Grössen wie Rudolf Schenker oder Klaus Meine, sondern auch die Kollaboration mit dem Fussballverein Borussia Dortmund, dem sie durch ihren Vater verbunden ist, und ein Schritt in die Schauspielerei. Somit reiht sich Doro nahtlos in das Kollektiv der diesjährigen Rock Meets Classic-Mannschaft ein, die von gewinnbringender Zusammenarbeit überzeugt sind und aus diesem Gemeinschaftssinn heraus eine für das Publikum unvergessliche Show präsentieren können. Mit Eilika ist eine weitere weibliche deutsche Stimme vertreten, die allerdings aus einer ganz anderen musikalischen Ecke stammt. Die Ostfriesin hat sich als Mezzo-/Sopranistin einen Namen in der klassischen Szene gemacht und nicht nur die Presse feiert ihre Stimme als „makellos“. In Europa und Japan bekam sie von Dirigenten und Kritikern höchstes Lob für ihre Fähigkeit, Text und Musik in ihrer Stimme auf einzigartige Weise zusammenzuführen. Das berechtigte Lob nimmt Form an, wenn man sich Stücke von ihr anhört. Ihre Interpretation von „Ave Maria“ beispielsweise klingt wie ein musikalisches Sahnebonbon und im direkten Vergleich wird einem klar, dass Maria Callas, die bedeutendste Sopranistin des 20. Jahrhunderts, neben der zarten ostfriesischen Elfe eine echte Rock'n'Rollerin war. Eilika ist insofern eine Überraschung, aber auch die bereichernde Verbindung zwischen dem Bohemian Symphony Orchestra und den anderen Stimmen, die diesen Abend gestalten. Damit ist es Mat Sinner erneut gelungen, ein Paket mit höchstem Unterhaltungswert zu schnüren. Tracks wünscht allen Besuchern dieses exquisiten Events einen unvergesslichen Abend.
REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative Meilenstein der Rockgeschichte
KING CRIMSON In The Court Of The Crimson King (1969) Island Records ub. Wahrscheinlich ist diese Platte das stilprägendste Progressive Rock-Album aller Zeiten. King Crimsons richtungsweisender und monumentaler Erstling ist ein wagemutiges Referenzwerk, welches die Grenzen zwischen Rock und Jazz aufhebt und überdies klassische SymphonieElemente einstreut. The WhoGitarrist Pete Townshend sprach von einem „frappierenden Meisterwerk“. Ab 1968 schreibt der englische Lyriker Peter Sinfield auch Songtexte und trifft den MultiInstrumentalisten Ian McDonald mit der Absicht, eine Musikgruppe zu gründen. Bald kommen Greg Lake (Bass und Gesang), Trommler Michael Giles sowie Gitarrist Robert „Mr. Spock of Rock“ Fripp hinzu. Ab Januar 69 wird gemeinsam geprobt und Sinfield gibt der Band einen Namen. Kraftvoll, arrogant und etwas düster soll er klingen: King Crimson steht als Synonym für den Beelzebub. Sie hätten die Absicht, von der „Kraft des Chaos“ Gebrauch zu machen sowie „die Anarchie zu organisieren“, so der exzentrische Fripp damals. Anlässlich des Stones-Konzerts zu Ehren von Brian Jones im Londoner Hyde Park bietet sich im Juli 1969 die Chance, die künstlerisch spektakulären und ausladenden Kompositionen den zigtausend ahnungslosen Besuchern vorzustellen. Danach geht es schnurstracks in die Wessex Sound Studios, wo der avantgardistische Klassiker des Rocks entsteht und am 10. Oktober 1969 veröffentlicht wird. Produziert hatte die Gruppe das Album selbst. Der Auftakt „21st Century Schizoid Man” kommt unerbittlich wuchtig und mit eindringlichen Worten daher.
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„Moonchild” heisst das ungewöhnlichste Stück der LP, das sich nach wenigen Minuten in melodische Bruchstücke und Akzente auflöst, bevor der stattliche Titeltrack das symphonische Finale einer Platte bildet, die neue Massstäbe setzte und das Flaggschiff der damaligen Prog-Revolution darstellte. Seinerzeit mieden King Crimsons unberechenbare Musiker die britische Blueswelle der späten 60erJahre. Trotzig erschufen sie etwas Einzigartiges, das rockig wie die Beatles, jedoch auf Jazz-Harmonien aufgebaut war und umso majestätischer und prunkvoller aufkreuzte. Die Gruppe verband verschiedene musikalische Formen und zeichnete die finstere Vision einer Welt in Scherben. Dem gefühlsautonomen schizoiden Mann des 21. Jahrhunderts steht das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Die Innenseite des Klappcovers zeigt den lächelnden, vielmehr tieftraurigen Crimson King. Barry Godber, der das spektakuläre Artwork mit Wasserfarben zeichnete, verstirbt im Februar 1970 unerwartet. Nach dem siebten Album „Red“ löst Fripp die Gruppe 1974 (zeitweilig) auf und beendet die experimentellste Phase der Band.
ELTON JOHN Wonderful Crazy Night Virgin/Universal Music hef. Das letzte wirklich erfolgreiche Album des Balladenkaisers? Muss 20 Jahre her und „Made In England“ von 1995 sein. „Candle In The Wind“ war seine letzte erfolgreiche Single, dafür die erfolgreichste Single aller Zeiten. Es war Eltons Hommage an Prinzessin Diana, die am 31. August 1997 in Paris bei einem Autounfall ums Leben kam. Statt „Goodbye Norma Jean“, wie im Original das Tribut an Marilyn Monroe hiess, textete er es um in „Goodbye England's Rose“ und sang die Ballade auch gleich selber anlässlich der Abdankung für seine Freundin Diana in der Londoner Westminster Abbey. Man muss sich schon fragen, ob Elton John – ausser mit seinen stets ausverkauften Konzerten hierzulande – Platten-mässig einfach kein Thema mehr ist. Diese 12 neuen Elton John/Bernie Taupin-Kompositionen sind nicht nur unglaublich ohrschmeichelnd, sondern perfekte Pop-Songs, von denen es eigentlich jeder in die Hitparade schaffen müsste. Diese Frage habe ich mir bei jedem neuen Elton-Album seit „Made in England“ gestellt. Von „The Big Picture“ (1997) bis „Peachtree Road“ (2004) und dem herrlichen Duett-Album „The Union“ zusammen mit Leon Russell 2010 – allesamt perfekte Pop-Scheiben voller Song-Perlen, wie sie auch hier erneut wieder glänzen. John/Taupin bleiben geniale Song-Schmiede mit Liedern, die die Herzen berühren.
RICKY WARWICK When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues) / Hearts On Trees Nuclear Blast/Warner bs. Die Geschichte des Rock ist nicht ohne ihre Doppelalben zu erzählen. Pink Floyds „The Wall“, Guns'n'Roses und ihre dicht aufeinanderfolgenden Teile von „Use Your Illusion“, The Whos „Quadrophenia“ oder Led Zeppelins „Physical Graffiti“ machten klar, dass zwei VinylSeiten manchmal eben nicht ausreichen. Ricky Warwicks Doppelalbum ist da etwas völlig anderes. Wo die erwähnten Werke hinsichtlich Stimmung, Aufmachung und Sound untrennbar zusammengehören, könnten sich
„When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues)“ und „Hearts On Trees“ nicht stärker voneinander unterscheiden. Album eins zeigt den Black-Star-RidersSänger von seiner rockigen Seite, die seine Wahlheimat Los Angeles mittlerweile auch musikalisch durchschimmern lässt. Von diesem melodischen Hard Rock irgendwo zwischen Thin Lizzy und Route 66 (bei „That's Where The Story Ends“ packt er sogar die Johnny-Cash-Keule aus) ist auf der zweiten Scheibe nichts zu spüren. „Hearts On Trees“ ist nicht seine erste Akustikplatte, aber gewiss die amerikanischste. Americana, Country und der durstige Blues des freiheitsliebenden Wanderers dominieren die ruhige Hälfte dieses ungewöhnlichen Doppelalbums. Inhaltlich hingegen besinnt sich Warwick durchgehend seiner nordirischen Wurzeln und reflektiert mal kämpferisch, mal nostalgisch, am ehesten aber melancholisch über sein Aufwachsen im zerrütteten Belfast, über die Wirren des Krieges und religiöse Erfahrungen. Nicht unbedingt eine stimmige Kombination, doch mit leichtem Vorsprung für die akustische Platte ein gelungener Doppelschlag.
ME AND MY DRUMMER Love Is A Fridge Sinnbus Records rp. Genauso wenig wie die Liebe ein Kühlschrank ist, ist Musik des Berliner Duos um Charlotte Brandi und Matze Pröllochs unterkühlt. Eher schwebt sie emotional vielschichtig auf ihrem Zweitling «Love Is A Fridge» erhaben über den Dingen und hüllt sie beschützend ein. Gerade der Auftakt «Lancelot» tut selbiges mit viel Gefühl. Me And My Drummer können aber auch anders, auch wenn sie immer irgendwie entrückt klingen. «Gun» offeriert kitschfrei tanzbaren Synthpop mit musikalischen Anleihen an Fad Gadget, «Easy On Me» gut getaktete Maschinen. Der Rhythmus ist im Soundgefüge von Me And My Drummer (bei einem solchen Namen kein Wunder) wiederholt wichtig. Manchmal bildet er fast einen Kontrast zur sanften Stimme von Sängerin Charlotte Brandi oder den schwebenden Klängen, manchmal tänzeln alle im harmonischen Einklang. Gegen Ende packen Me And My Drummer noch ihre Gitarren aus und werden ungewohnt «Nuts». Charlottes Stimme vermag auch zu kratzen. Textliche Auseinandersetzungen mit Themen wie n.a. Liebe, Ego,
Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS Wahnsinn, Depression und Resignation darf auch mal weh tun.
RHYS MARSH The Black Sun Shining Autumnsongs Records rp. «The Black Sun Shining» ist nicht gerade das, was man ein glücklich machendes Album nennen könnte. Von Anfang bis Schluss ist der in sieben Teile unterteilte Songzyklus schwer, roh, bedrohlich, aber auch ungestüm, wild und in einigen Momenten fast behutsam leise. Der geneigte Hörer sieht sich des Öfteren in eine dunkle Welt gezogen. Songs wie «I Hear I Know», «One Step Inwards» oder «Soothe The Fear» sind nicht gerade Stimmungsaufheller. Dabei bedient sich Rhys Marsh (auch Rhys Marsh and the Autumn Ghost, Unit oder Kaukasus) auf seinem zweiten Solowerk eines breitgefächerten Instrumentariums. Neben den üblichen Gitarre, Bass und Schlagzeug sind auch Flöte, Zither, Tabla und fast antike Synthesizer zu hören, alles im Alleingang eingespielt. Eigentlich wollte der in Norwegen lebenden Engländer gar kein neues Album aufnehmen. Marsh hatte zwischen Projekten etwas Zeit. Es muss ihn in einer eher dunklen Stunde erwischt haben. Der elektronische gefärbte Indie-ProgRock ist zuweilen keine leichte Kost, aber immer intensiv und mit einer fast magischen Anziehungskraft. Manchmal inspiriert das Dunkle mehr als das Licht.
WILSON Old School, New Rules Pink Hedgehog Records rp. Wilson ist die neue Band von Steve Wilson (ehemals Cheese, Little Green Men, Denzil), der bereits mit Alben wie «Steppin It Up A Notch» (2002) oder «Sideshows And Fairytales» (2007) auf sich aufmerksam machte. Wilson, der übrigens nicht mit dem anderen Steve Wilson von Porcupine Tree zu verwechseln ist, lehnt sich auf «Old School, New Rules» etwas zurück, was er ja auf seinen vorhergehenden Alben auch immer wieder tat. Der Seele sollen die elf Songs wohltun. Der Auftakt «Long Road» entspannt den Hörer n.a. mit mehrstimmigen (Westcoast)-Gesangslinien und dem wohligen Klang einer Hammondorgel. «Silver
Lining» versprüht das gleiche Laidback-Feeling wie man es auch von Mark Knopfler oder Eric Clapton gerne hört. «Fallin' Down» und «Peace Of Mind» sind beseelte Piano-Balladen. Und «Pretty Girl In A Small Town», «Waiting For Your Turn» und «You're The One» sind einfach feine Popsongs. Immer wieder zaubern die Songs auf «Old School, New Rules» dem Hörer ein Lächeln auf das Gesicht. Was will man mehr!
TIEBREAKER We Come From The Mountains Karisma Records/Nonstop mh. Wer eine Mischung aus Silverchair, Audioslave und Black Stone Cherry sucht, bei Tiebreaker könntet ihr fündig werden. Die Band stammt aus Norwegen und fabriziert nach eigenen Angaben einen hoch entzündlichen Mix aus groovigem straight-from-the-heart Rock & Roll und Blues mit einem bisschen Progressive und StonerRock. Aha. Bitzeli von allem, fast. Tatsächlich aber ist ihr Sound damit recht gut beschrieben und Songs wie der Opener „Early Morning Love Affaire“ oder „Nicotine“ machen richtig Lust auf mehr und müssen sich hinter den obengenannten Bands in keinster Weise verstecken. „Where Can Love Go Wrong“, man würde diese Songs eher einer Southern-Rock Band aus den Südstaaten der USA zuschreiben… in Norwegen würde man deren Ursprung wohl kaum vermuten. Das darf durchaus als Kompliment verstanden werden. Der heimliche Star des Albums ist allerdings der Song „El Macho Supreme“. „We Come From The Mountains“ ist das erste Album der Band, bleibt noch die Hoffnung auf baldige LiveAuftritte in unserer Region.
FACTORY BRAINS Hard Labor Wild Kingdom Records/Rough Trade mh. So verhasst die Schubladerei in der Musikszene auch ist, sie passiert und sie ist wichtig für uns Menschen, denn wir wollen uns orientieren können. Wir wollen wissen womit wir es zu tun haben und darum versuchen wir Neues in alte Denkmuster zu packen um uns das Erinnern leichter zu machen. …wow, ich weiss gerade auch nicht wo dieser Satz her kam… tönt aber irgendwie logisch. Auf jeden Fall ist es ziemlich schwer die Schwedische Band Factory Brains in eine spezielle Schublade stecken zu können. Da muss schon eher eine ganze Kommode herhalten. Das zweite
Album der 2010 gegründeten Band bewegt sich in den Fahrwassern von Rock und Americana hat aber auch deutliche Spuren von Blues und Soul drin. Ist ein Bisschen verwirrend… und macht es gleichzeitig etwas holprig beim anhören. Der Opener „I'm No Good“ ist z. B. gekennzeichnet von ordentlichem Tempo und einem dezenten Big-BandFeeling und klimpernden KlavierKlängen, was fast einen Hauch Wild-West verbreitet. Mit „Down The River“ folgt dann einer der besten Balladen die wir bis jetzt dieses Jahr gehört haben. Sehr grossartig, emotionsgeladen und glaubwürdig, ein ganz grosser Anspieltipp. „Coffee Break“ zeigt uns dann wieder eine andere Seite der Band, poppig wirkt der Song beinahe und man hat das Gefühl hier wurden The Hives mit den Beatsteaks gemixt. Das wären dann schon mal drei Songs mit drei unterschiedlichen Stilrichtungen und es geht im ähnlichen Stil weiter. Das soll aber keine Kritik an der Qualität sein, denn die stimmt. Produziert wurde die Scheibe nämlich von Chips Kiesbye (hat auch schon The Hellacopters oder Millencollin gemacht) und gemixt hat das Ding Jens Borggren (Opeth/Paradise Lost).
HASTER The Current Sea Musicarchy MediaMusic mh. Das neue und dritte Album (wenn man die 2011er 7-Track-EP auch als Album zählt) „The Current Sea“ des Kalifornischen Quintetts Haster steht in den Regalen. Und beim Reinhören wird man automatisch um einige Jahre in die Vergangenheit versetzt, denn Haster haben sich auf die Flagge geschrieben, die ursprüngliche American Alternative Metal-Bewegung wieder zu beleben. Sie machen das mit einer überzeugenden Härte und gleichzeitig auch sehr emotional. Bilder oder besser gesagt akustische Erinnerungen an Bands wie Inflames, Korn, Deftones oder Chevelle machen sich unweigerlich bemerkbar wenn man die Anlage mal ordentlich aufdreht. Die stärksten beiden Songs, die man sich herauspicken sollte, wenn man bei den obengenannten Bands bereits etwas hellhörig geworden ist, wären die grossartige und sehr infektiöse erste Single „The Unscene“ oder „Asfixiate“, das mit einer fast hypnotischen Hookline aufwartet.
Das Beste beider Welten
In schöner Regelmäßigkeit bringt Australiens endlose Weite beispiellose Rock-Ikonen hervor. AC/DC in den Siebzigern, die GrungeHelden Silverchair – und im neuen Jahrtausend zweifelsfrei Wolfmother. Australiens derzeit wichtigster Rock-Export macht auch auf „Victorious“ alles richtig, suhlt sich ebenso genussvoll im Siebziger-Trog wie im zeitgemäßen Futterbecken und liefert einen zukünftigen Klassiker nach dem anderen ab.
bs. Drei Dinge haben es Andrew Stockdale besonders angetan: Australien, Kaliforniens Küste und der gute alte Rock der Siebziger. Natürlich kommt nicht gleich seine Band Wolfmother dabei heraus, wenn man diese Ingredienzen in einen Topf wirft und kräftig rührt. Aber man nähert sich dem inneren Wesen einer der erstaunlichsten Hard-Rock-Bands, die Australien im neuen Jahrtausend hervorgebracht hat. Gegründet kurz nach der Jahrtausendwende in Sydney, konnte sich schon das Debüt „Wolfmother“ international durchsetzen und mit „Woman“ sogar eine Single ausspucken, die gleich mal einen Grammy einheimste. Wolfmother mochten unerwartet auf der Bildfläche aufgetaucht sein und den Rest der Welt im richtigen Moment genau zwischen den Augen erwischt haben, das durchaus. Was 2005 erste prächtige Früchte trug, befand sich davor allerdings in einem nahezu fünfjährigen Reifeprozess. Befragt man Stockdale heute nach diesen Anfangsjahren, wird er nicht müde, ihre Relevanz zu betonen. „Diese vier Jahre waren sehr wichtig, um herauszufinden, was ich eigentlich will“, dringt es in seinem breiten, entspannten Akzent aus der Leitung. „Ich probierte alles mögliche aus, spielte in irgendeiner Band in Sydney, schrieb ein Solo-Album und jammte sehr viel mit der Band, aus der irgendwann Wolfmother wurde.“ Was er da so jovial kundtut, ist etwas, das viele junge Bands heutzutage schmerzlich vermissen lassen. Kaum gegründet, so scheint es, werfen sie ihr Debüt auf den Markt. Über das äußern sie sich zehn Jahre später zwar kritisch, wären damals aber nie auf die Idee gekommen, einfach mal eine Weile zu spielen, zu proben und zu jammen, um einen eigenen Sound zu finden. Wolfmother hatten den gleich zu Beginn. Zugegeben, ein markantes Organ wie das von Stockdale, der wie der Enkel von Ozzy Osbourne und Robert Plant klingt, mag hier äußerst hilfreich sein. Es ist aber eben nicht nur das. „Es hätte für mich keinen Sinn ergeben, damit früher großartig an die Öffentlichkeit zu gehen“, betont er. Natürlich jammte die Band, aus der ultimativ Wolfmother werden würde, nicht vier Jahre am Stück. Doch man gab der Band die nötige Zeit, um ein wenig zu reifen. Einen guten Bordeaux von 2015 trinkt man schließlich auch noch nicht dieses Jahr. Ein weiterer Vorteil: Die erste EP und massive LiveAktivitäten in Australien brachten Wolfmother schnell den Ruf eines sensationellen Geheimtipps ein. Der ermöglichte es ihnen, die Debütaufnahmen in den legendären
Cherokee Studios sowie Sound City Studios vorzunehmen – nahezu unerhörte Weihen für einen Newcomer, noch dazu aus dem fernen Down Under. Andrew Stockdale dürfte das schon damals weniger unter Druck gesetzt und vielmehr bestätigt haben. Er ist einer dieser Künstler, die von Anfang an wissen, was sie wollen. Und dafür gerne auch mal ein paar Jahre mit jammen und experimentieren verbringen. „Jammen ist etwas Tolles“, nickt er, betont aber, dass es nicht das Nonplusultra einer Band sein darf. „Wichtiger sind die Songs. Richtige, gute Songs. Mir ging es von Anfang an darum, meine eigenen Songs zu schreiben, und daran hat sich bis heute noch immer nichts geändert. Ich bin auf der Suche nach dem perfekten Song.“ Für einen wie ihn wäre es unerhört, einen Produzenten für diese Arbeit zu bezahlen. Mehr noch. Das vierte Wolfmother-Album „Victorious“, die erwartet gelungene Fortsetzung seiner ganz eigenen Sage, schrieb er sogar komplett im Alleingang. „Das war eine richtig große Sache für mich, weil es ja auch bedeutet, dass ich für alles verantwortlich gemacht werden kann. Doch ich spürte, dass die Zeit reif dafür war und ich es tun musste, um mich vorwärts zu bewegen.“ Ein Albumtitel wie „Victorious“ ist da natürlich kein Zufall. „Mit dem Titel wollte ich die kleinen Alltagssiege würdigen“, so Stockdale ungewohnt bescheiden. „Morgens aufzuwachen, mit dem Rauchen aufzuhören – es könnte wirklich alles sein. In gewisser Weise zählt dazu natürlich auch, dass ich das Album allein geschrieben habe.“ Sie siegessichere Stimmung in elektrisierenden Hymnen wie dem Titeltrack passt da natürlich wie der Surfer an Australiens Küste, sind für den Bandgründer, Sänger und Gitarristen im Gegensatz zum Rest seiner makellosen Karriere aber keineswegs planbar. „Kunst und Kreativität haben für mich etwas mit einer außerkörperlichen Erfahrung zu tun, mit rücksichtsloser Selbstaufgabe“, gibt er zu verstehen. „Ich will Musik fühlen, wenn ich sie spiele, will das Gefühl haben, dass das etwas Größeres ist als nur eine Band, die einen Song spielt.“ Deshalb, sagt er, arbeitet er im Stduio stets äußerst schnell und effizient. „Zumindest dann, sobald alles im Fluss ist. Wenn ein gewisses Momentum entsteht, lasse ich mich davon antreiben.“ Hört man diese Worte, versteht man, weshalb sich die Zusammenarbeit mit Produzent Brendan O'Brien (Pearl Jam, Neil Young, Bruce Springsteen) geradezu übernatürlich gefügt hat. „Ein Produzent muss die Gabe haben, eine einmalige Performance einzufangen, einen
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Moment zu konservieren. Darin ist wohl kaum einer besser als Brendan“, zeigt sich Stockdale ehrlich begeistert – und schränkt seine Euphorie dennoch ein: „So sehr mich sein effektives und durchdachtes Arbeiten überzeugt haben, heißt das noch lange nicht, dass ich die nächsten zehn Alben mit ihm aufnehmen werde. Das ist immer eine Sache der jeweiligen Situation.“ Sicherer ist da schon, dass Wolfmother auch für die Aufnahmen der nächsten Platten nach Los Angeles zurückkehren werden. Für den 39-Jährigen hat das regelrecht poetische Gründe. „Mir gefällt der Gedanke, in der südlichen Heimsphäre zu komponieren und in der nördlichen Hemisphäre aufzunehmen“, meint er. Sobald er in Kalifornien weile, nehme er seine Musik anders wahr, meint er und überlegt: „Vielleicht hat das etwas mit irgendwelchen Filtern zu tun, vielleicht mit dem anderen Sternenhimmel oder einer stärkeren magnetischen Anziehungskraft, die vom Nordpol ausgeht? Was es auch ist – es tut mir gut.“ Grundsätzlich schließt Stockdale keinen Ort dieser Welt aus, wenn es um Kreativität geht, hat auch schon in Berlin komponiert. „Fremde Städte und ungewohnte Umgebungen stimulieren mich durchaus“, so der Australier, „allerdings sind es gerade die Kontraste zwischen Australien und Kalifornien, die so gut funktionieren: In Los Angeles läuft mein Leben sehr organisiert ab. Ich habe ein durchgeplantes Team von Profis um mich herum, die genau wissen, was sie tun. In Australien ist alles viel entspannter, ich bin mir selbst überlassen und kann meine DIY-Passion voll ausleben.“ Letztlich ist es die Kombination beider Orte, die das Beste aus ihm herausholt. Ganz ähnlich verhält es sich mit seiner Beziehung zu vergangener und kontemporärer Musik. Wolfmother als Retro-Band abzustempeln wäre übereilt, seine Wurzeln zwischen Sabbath, Cream und Led Zeppelin auszublenden, ignorant. „Das ist ein schwieriges Thema“, stimmt er nach einiger Überlegung zu. „Ich meine, natürlich liebe ich all diese Bands aus den Siebzigern. Sie waren Meister ihres Fachs, die ich immer als Vorväter der Rock-Musik verehren werde. Ich liebe ihre Platten aber genauso wie neue Bands, die aus dieser Generation etwas Neues formen. Wolfmother“, stellt er klar, „sind eine moderne Band. Allein aus dem Grund, weil sie im Hier und Jetzt existiert. Dass das ohne all die Einflüsse, Vorlieben und Wurzeln nicht möglich ist, sollte aber genau so logisch sein.“ Fall geschlossen. „Victorious“ zeigt darüber hinaus eine weitere Facette im Schaffen Stockdales, die auch in älteren Stücken wie „Far Away“ adressiert wurde: Seine Liebe zum Folk, insbesondere zu Bob Dylan. „Du meinst
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«Wenn Folk und Rock'n'Roll aufeinandertreffen, entsteht oft etwas Großartiges.» sicher die Nummer „Pretty Peggy!“, ruft er aus. „Klar, so etwas muss auch sein. Ich hatte immer schon eine besondere Vorliebe für Folk. Bob Dylan, Nick Drake, Neil Young, Donovan... Wenn Folk und Rock'n'Roll aufeinandertreffen, entsteht oft etwas Großartiges. Eine neue Perspektive, wenn man so will. Ich bin sehr froh, dass es die Nummer auf das Album geschafft hat. Andererseits“, überlegt er lachend, „hatte ich ja eh das letzte Wort.“ Gut, dass er auf sich gehört hat.
bs. Es gab ja durchaus den einen oder anderen, der mit dem Black-SabbathComeback „13“ nicht wirklich einverstanden war. Nachdem die Doom-Erfinder aus Birmingham nach Ablauf dieses Jahres die Bühne der harten Musik endgültig verlassen, sollte man sich spätestens jetzt nach potentiellen Nachfolgern umsehen. Nach Bands, die das Erbe von Sabbath und deren Vorbildern weder mit Samthandschuhen anfassen, noch ungeniert duplizieren. Sondern eben etwas eigenes daraus köcheln. Auftritt Wolfmother. Die haben es in ihren rund 15 Jahren trotz häufiger Besetzungswechsel weit gebracht, werden auf der ganzen Welt verehrt und zeigen auch mit ihrem vierten Album „Victorious“, dass sie die Nerven, die Courage und die nötige Arroganz haben, um dauerhaft unter den
LIVE 9. Mai 2016 Zürich, Volkshaus ganz Großen im Rock-Zirkus bestehen können. Sänger und Komponist Andrew Stockdale, Herz der Band und einziges verbliebenes Gründungsmitglied, lässt seine Liebe zu Sabbath, Purple und Cream ein weiteres Mal in zeitgemäß röhrende, durchaus mit einer produktionsbedingten Alternative-Patina umhüllten Songs fließen, die regelrecht euphorisiert lostraben. Bestes Beispiel ist hier sicherlich der aufstachelnde Titeltrack, der klingt, als hätten Sabbath bei den Aufnahmen zu „Paranoid“ unfassbar gute Laune gehabt. „Baroness“ begeistert dann mit einem Chorus für die Ewigkeit und „Pretty Peggy“ erweist schließlich gar Bob Dylan die Ehre. All das macht „Victorious“ aus zwei Gründen zu einem starken Album: Es ist zeitlos. Und es ist ehrlich. Seltene Kombination.
Belfasts treuer Sohn Obwohl Ricky Warwick seit vielen Jahren in Los Angeles lebt, ist er im Herzen ein Sohn Nordirlands geblieben. Auch auf seinem aktuellen Doppelschlag Achtung Zungenbrecher!) „When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues)/Hearts On Trees“ setzt er sich mit seiner Jugend in Belfast auseinander. Mal rockig, mal akustisch, immer aber eines: Authentisch.
Großbritannien in den Siebzigern. Swinging London hat sich ausgetanzt, die IRA hält das Inselreich in Angst und Schrecken. Im Juli 1972 gibt es beim „Bloody Friday“ allein in der nordirischen Hauptstadt Belfast 19 Anschläge, bis heute gehen etwa 1.800 Todesopfer auf das Konto der Irish Republican Army. Mitten in der Angst vor Anschlägen, den Kriegswirren und den Unabhängigkeitsbestrebungen des kleinen Nordirlands wächst Ricky Warwick auf, ein kleiner Junge aus einer Arbeiterfamilie. Er kommt in Ulster zur Welt, wird seine Jugend aber in und um Belfast verbringen. Geboren im Sommer 1966, bekommt er die Unruhen in seiner Heimat hautnah mit, wird noch Jahrzehnte später Songs darüber schreiben. Zunächst jedoch hört er die Songs anderer. Er entdeckt Bob Dylan, Bruce Springsteen und Johnny Cash, wird über diese Musiker später sagen, dass sie ihm „eine Stimme gaben, als mir niemand sonst zuhörte. Sie ließen mich an etwas Wichtigem teilhaben.“ Schnell hielten härtere Rock-Bands in seinem Kinderzimmer Einzug, darunter natürlich Thin Lizzy, Irlands Helden schlechthin. Bald war Warwick klar, dass er selbst zur Gitarre greifen musste. Mit 14 bekam er seine erste, eine akustische. Sie krempelte sein Leben um. „Diese alte gebrauchte Gitarre rettete mich. Für mich war das viel mehr als ein paar Saiten auf einem Griffbrett. Es war der tiefste Zug Leben, den ich je inhaliert hatte.“ Warwick wusste, dass er seine Berufung gefunden hatte, als er das erste Mal mit seinem Daumen über die Saiten strich. Rund 35 Jahre später lässt sich festhalten: Dieser Mann wusste schon sehr früh, was er wollte. Dass ihn diese Überzeugung irgendwann sogar hinter das Mikrofon von Thin Lizzy selbst bringen würde, hätte er in den Achtzigern natürlich niemals für möglich gehalten. Dennoch brachte er seine Karriere rasch in Schwung: Ende der Achtziger spielte er schon bei New Model Army, bald darauf feierte er mit The Almighty nicht nur in seiner irischen Heimat große Erfolge. Ricky Warwick war aber noch nie jemand, der sich nur mit einer Baustelle zufrieden gab. Nebenher schrieb er fleißig Songs, veröffentlichte seine Solo-Alben „Tattoos & Alibis“, „Love Many Trust Few“ und „Belfast Confetti“. Da mochte er längst nach Los Angeles ausgewandert sein – inhaltlich verarbeitete er noch immer seine Jugend im armen Nordirland. Das musste Eindruck gemacht haben, immerhin ging plötzlich alles ganz schnell. Ein Anruf vom Thin-Lizzy-Management später, und Warwick war der offizielle neue Sänger der Thin-Lizzy-Reunion. „Und zwar auf Wunsch von Scott Gorham“, gibt der Sänger noch immer geplättet zu Protokoll. Es ist natürlich eine ganz besondere Herausforderung, in die Fußstapfen eines größten irischen RockSängers aller Zeiten zu treten. „Dabei war das gar nicht mein Anspruch“, meint Warwick. „Niemand kann in die Fußstapfen eines Phil Lynott treten. Alles, was ich bei Thin Lizzy tue, ist, diese unsterblichen Songs mit dem Herzblut und der Leidenschaft zu singen, die sie verdienen.“ Zwischenzeitlich arbeitete er mit der Nachfolgeband Black Star Riders, steht auch dieses Jahr wieder bei Thin Lizzy hinter dem Mikrofon. Und schreibt immer noch genauso fleißig Songs für seine Solo-Karriere. Diesmal ist es sogar gleich ein Doppelalbum geworden. Wie das reinpasst zwischen Albumaufnahmen und Welttournee? „Kein Problem“, lacht Warwick. „Die Arbeiten am letzten Black-Star-Riders-Werk waren so dermaßen kreativ, dass ich gar nicht aufhören konnte, Songs zu schreiben.“ Da Ergebnis steht jetzt auf einem recht unterschiedlichen Doppelalbum bereit: „When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues)“ trägt unüberhörbare Spuren an seine letzten Jahren bei Irlands ikonischen Classic Rockern, „Hearts On Trees“ setzt seine Spaziergänge durch akustisches Terrain fort. Vereint werden sie
RICKY WARWICK
von einem roten Faden, der die Lyrics zusammenhält – und der dürfte die wenigsten überraschen, die seine Karriere in den letzten Jahren verfolgt haben. „Auch wenn die Alben sehr unterschiedlich klingen, setzen sie sich beide damit auseinander, wie es ist, im Belfast der Siebziger aufzuwachsen.“ Geschrieben hat Warwick die Songs mit seinem engen Freund Sam Robinson, entstanden sind viele Song-Skizzen bei gemeinsamen Besuchen im Pub, wenn Warwick mal auf Heimaturlaub war. Liest sie authentisch und bodenständig – und genau so klingen auch die Songs. „Uns war es wichtig, nicht in verklärte Nostalgie zu verfallen, allerdings geht es natürlich schon darum, die Dinge aus einer gewissen Distanz zu betrachten.“ Deshalb finden sich historische Referenzen ebenso auf den beiden Platten wieder wie die eine oder andere Familiengeschichte. „Das sind Storys, die jeder kennt“, so der Sänger weiter. „Man muss nicht in Belfast oder Irland aufgewachsen sein, um sie zu verstehen.“ Robinson ist nicht Warwicks einziger Partner in Crime für dieses schmucke Doppelalbum. Ursprünglich nur als Studiomusiker zusammengesammelt, ist aus seinen Buddies Robbie Crane (Black Star Riders), Mark Thwaite (The Mission) und Gary Sullivan praktisch über Nacht eine richtige Band geworden – The Fighting Hearts. Wenn die Chemie eben mal stimmt. Wie Warwick das dieses Jahr alles schaffen will, weiß er allerdings selbst noch nicht so genau. Neben seinen Soloplänen haben nämlich auch Thin Lizzy eine besondere Tournee angekündigt – als Teil der Rock-meets-Classic-Konzertreise wie auch als Headliner auf einer Tournee anlässlich des 40. Geburtstag ihres wegweisenden Albums „Jailbreak“. Für Warwick ein ganz besonders denkwürdiger Anlass: Er war sieben, als dieses Album erschien. Und ihn mit Songs wie „The Boys Are Back In Town“ für immer verändern sollte.
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mh. Die vierköpfige Band aus Kentucky steht mit ihrem mittlerweile fünften Album in den Startlöchern. „Kentucky“ wird per Anfangs April erscheinen, was Grund genug für uns ist, mit deren Drummer John Fred Young über den neuen Silberling und dessen Entstehung zu quatschen. Zwischen Soundcheck und Konzert (in Zürich im Februar) treffen wir das Energiebündel mit dem Lockenkopf und erfahren von ihm, was Edwin Starr oder die Abbey Road Studios mit dem neuen Album zu tun haben und warum sie für einmal beim Promo-Tag in Paris mehr der Journalistin zuhörten als umgekehrt. Am vergangen Montag habt ihr ein Foto von euch und zwei Militärmännern aus Belgien über die sozialen Medien gepostet. Ihr habt dazu geschrieben, dass sie eure Show gesichert hätten. Haben die Anschläge in Paris vom vergangenen November euren Tour-Alltag verändert? Nein, aber es änderte unsere Sichtweise auf das Touren. Als die Tragödie in Paris passierte, sassen wir Zuhause in Kentucky und haben uns gefragt, ob es überhaupt noch sicher wäre zu touren. Als verantwortungsvolle Band haben wir uns gefragt, ob wir tatsächlich noch Konzerte spielen wollen, wenn die Gefahr besteht, dass unsere Fans oder auch wir dabei verletzt werden könnten. Diese Terroristen, these fuckers, die sind so feige und tragen keine Militäruniform. Sie versuchen uns das Glück zu stehlen. Vor einigen Tagen spielten wir in Paris, und wir haben Leute getroffen, die damals im Bataclan waren als die Eagles Of Death Metal gespielt haben. Eine Journalisten, die uns interviewt hatte, war dabei. Oh Mann, das war so krass, es war echt herzzerreissend. Das war bestimmt das erste Interview bei dem ihr mehr zugehört als selber gesprochen habt. Ja, total. Ich kann mir nicht vorstellen was die Leute durchgemacht haben, die damals im Bataclan waren. Aber ich glaube es war das Beste was wir tun konnten, nach Paris zu fahren und dort ein Konzert zu spielen. Die Leute waren so dankbar, dass wir kamen, denn es gab offenbar nicht allzu viele Bands, die in den letzten Monaten in Paris spielten. Und genau das zeigt ja auch, dass ihr euch von den Terroristen nicht einschüchtern lasst, denn das ist ja genau das was sie wollen… Ganz genau. Das war jetzt das erste Mal, nach Dimebag (Anm.: Dimebag Darrell, Gitarrist von Pantera, wurde 2004 auf der Bühne erschossen), dass die Rock'n'Roll-Gemeinschaft von einer solchen Tragödie heimgesucht wurde. Damals war es ganz anders, ein mental verwirrter Typ stürmte auf die Bühne und das hat seinerzeit bereits die Konzerte verändert. Paris hat für uns dazu geführt, dass wir über Wochen Gespräche und Sitzungen über das Thema Sicherheit führten. Und wir haben darüber diskutiert, ob wir bewaffneten Schutz an den Konzerten brauchen oder nicht. Weisst du, Waffen töten keine Menschen, Menschen töten Menschen. Aber eine gute Person mit einer Waffe kann eine böse Person mit einer Waffe stoppen. Ich bin da absolut Pro-Waffen und habe selber über 80 Stück zuhause. Es läuft aber immer alles darauf hinaus, dass man verantwortungsbewusst mit den Dingern umgeht und sie immer als geladen betrachtet. Es gibt auf jeden Fall Personen, auch in den USA, die keine Waffen besitzen dürfen sollten, aber es fehlt einfach an einem sorgfältigen Background-Check der Personen, jeder kann einfach eine Waffe kaufen. Und dann ist
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da natürlich noch die Konstitution, die es uns erlaubt Waffen zu tragen. Es ist schwierig, Mann. Schwierige Themen, und wir könnten bestimmt stundenlang darüber quatschen… diese Zeit haben wir leider aber nicht… darum hier ein abrupter Schnitt: bezeichnet ihr euch als Rockstars? (wie aus der Pistole geschossen) Absolut nicht! (lacht) Ihr habt im verdammten Wembley-Stadion gespielt, ihr müsst Rockstars sein. Ich erzähl dir jetzt mal was. Ich glaube wirklich, dass der Begriff „Rockstar“ in den 80er und 90er-Jahren ausgestorben ist. Weißt du, wir hatten einfach ein riesen Glück mit den Leuten um uns herum und wir haben wirklich hart dafür gearbeitet. Wir kommen vom Land und wenn wir nach Hause kommen und Leute treffen mit denen wir in der High School waren und die dann sagen: Hey, meine Kinder stehen total auf eure Musik, dann ist das einfach wirklich, wirklich cool! Das Wort Rockstar mag ich nicht, für mich waren Led Zeppelin, The Beatles, Cream, oder Hendrix die wahren Rockstars. Wie war es für euch auf der letzten Tour Shinedown und Halestorm als Vorband zu haben? Es war grossartig, wir kennen beide Bands seit langem sehr gut, konnten aber aufgrund von unterschiedlichen AlbumZyklen lange nicht mehr alle miteinander touren. Korrigier mich wenn ich falsch liege, aber in den Staaten sind beide Bands grösser als Black Stone Cherry, oder? Ja, total. Shinedown sind in den Staaten eine der grössten Bands, gleich nach Nickelback! Es zeigt einfach, dass in Europa das Touren mit einer grossartigen Live-Show, so wie wir das machen, mehr Wert ist als im Vergleich zu den USA, dort muss man vor allem im Radio gespielt werden um erfolgreich zu sein. Und wir sind nun mal nicht unbedingt die Band, die in den Radios gespielt wird. Noch nicht… warte bis ihr „The Rambler“ als Single veröffentlich… ein grossartiger Song vom neuen Album!! Duuuuude, thank you! Jasin Todd der ursprüngliche Gitarrist von Shinedown hat uns diesen Song eines Nachts nach einem Konzert und nach einigen Cocktails im Tourbus vorgespielt und, Mann, beim Refrain, ich hatte wirklich Hühnerhaut und musste fast eine Träne wegdrücken. Er hat einiges durchgemacht und hatte mit persönlichen Dämonen zu kämpfen, Mann, er ist einfach so ein toller Typ. Wir mussten den Song einfachen machen! Ihr habt ja jetzt euer Label gewechselt von Roadrunner Records zu Mascot Label Group, wie kam das? Nun, Roadrunner, nachdem sie von Warner aufgekauft worden sind, haben uns rausgeschmissen, vermutlich haben wir nicht genügend verkauft. Wer weiss. Wir haben uns dann gesagt, wir
machen jetzt einfach mal das beste neue Album, das wir können, ohne ein Label im Nacken und kümmern uns danach um einen neuen Deal. Das war ziemlich nervenaufreiben und hat ziemlich Mut gebraucht. Hat sich aber gelohnt. Schlussendlich sassen wir mit neun verschiedenen Labels am Tisch, die alle an uns interessiert waren. Und da waren grosse Fische dabei. Am meisten hat uns aber Ed von Mascot beeindruckt. Wir waren mit ihm essen, das war sogar hier in Zürich im letzten Jahr. Die ersten Fragen von ihm waren: Was für Amps benutzt ihr? Was für Gitarren spielt ihr? Und so weiter… Über das Geschäftliche wurde dann erst viel, viel später gesprochen. So bildet man Vertrauen, denn es geht ja um die Musik und nicht nur ums Business… Ganz genau, das war so ziemlich das erste Mal, dass wir einen Label-Boss trafen, der Ahnung von Instrumenten hatte. Wir fühlen uns dort wirklich gut aufgehoben! Zum neuen Album, ihr habt „Kentucky“ am selben Ort aufgenommen wie bereits euer erstes Album. Genau, also das Gebäude war nicht dasselbe, das wurde gewechselt. Aber das ganze Inventar war noch dasselbe, oder? Genau, und der Inhaber hatte damals vier EMI-Boards von den Abbey-Road Studios gekauft, darauf haben wir bereits das erste Album aufgenommen und jetzt auch wieder „Kentucky“. Das war schon Wahnsinn, da haben schon Bands wie The Beatles oder Pink Floyd und 1000 andere mit gearbeitet. Es war einfach super, am Ende des Tages konnten wir einfach nachhause gehen und unsere Kinder sehen. Heutzutage dreht sich alles um unsere Kinder, sogar das Touren. Wir achten darauf, dass wir immer an den Geburtstagen der Kinder zuhause sind, das ist nicht immer ganz einfach. Zum ersten Mal habt ihr das Album selber produziert. Gab es mal einen Zeitpunkt, an dem ihr dachtet: „Shit, wir hätten doch besser einen Produzenten engagiert!“? (überlegt lange) Ich glaube, es war einfach so aufregend für uns, dass wir mal niemanden hatten, der uns ständig in den Nacken geschnaubt hat. In unseren Köpfen haben wir wohl immer mal wieder versucht abzurufen, was frühere
BLACK STONE CHERRY Kentucky Mascot / MV mh. Album Nummer fünf bringt die vier Jungs von Black Stone Cherry zurück zu dem Punkt wo alles begonnen hat. Der Kreis schliesst sich, so zu sagen. Ein kurzes Lob muss an dieser Stelle schon mal vorgeschoben werden: Black Stone Cherry agieren seit ihrer Gründung im 2001 in derselben Formation! Welche Band kann das heutzutage schon von sich behaupten… Kentucky heisst nicht nur das neue Album, sondern ist auch die Heimat von Black Stone Cherry, Edmonton in Kentucky, genauer gesagt. Das Debut-Album, das dieses Jahr bereits den 10. Geburtstag feiert, wurde ebenfalls in Kentucky aufgenommen. Für die restlichen drei Alben ging man nach Nashville, nach L.A. und nach Pasadena. Back to the roots, das darf man sich jetzt in der bereits 15jährigen Bandkarriere auf jeden Fall erlauben. Aber was diesmal neu ist: die Band hat keinen Produzenten sondern produzierte das Teil in Eigenregie. Und da scheinen die Vier über die Jahre einiges an Wissen aufgesaugt zu
Produzenten wohl jetzt an dieser und jener Stelle gemacht hätten, aber im Grossen und Ganzen haben wir uns über die Jahre schon ein gewisses Know-How angeschafft und wir mussten nun selbst die Entscheidungen treffen. Es hat auf jeden Fall sehr viel Spass gemacht! Auf dem Cover von „Kentucky“ sieht man eine ziemlich heruntergekommene, irgendwie romantisch gruslige Hütte, es sieht jedenfalls nicht unbedingt wie ein glücklicher Ort aus. Dieser Ort nennt sich Übungsraum. Da drin haben wir diese Band gegründet, es ist quasi unser Nukleus, darum dreht sich alles. Mein Vater und mein Onkel spielen in der Band The Kentucky Headhunters und sie nutzten diese Hütte immer schon als Übungsraum und wir durften bereits mit 15 Jahren da rein um dort auch zu proben, wir sind dort aufgewachsen. 150 Meter von dieser Hütte entfernt steht mein Elternhaus und 600 Meter weiter habe ich mein Haus gebaut. Und ja etwas gruselig ist die Hütte schon… Tja, ich schätze ein Frühlingsfoto von der Hütte mit Blumen, Sonnenschein und einem blauen Himmel wäre auch nicht so Rock'n'Roll gewesen, oder? (lacht) Naja, für eine Ostern-Special-Edition vielleicht. Der Ort ist echt wunderschön am Tag, in der Nacht kann es schon etwas gruslig werden. Mit dem Song „In Our Dreams“ habt ihr ein sehr zeitgemässes Thema der Gesellschaft angeschnitten… Ja, die Armen haben nichts und die Reichen alles. Und wir versuchen dieser Gier zu entfliehen. Eigentlich haben wir den Song bereits für das Album „Between The Devil And The Deep Blue Sea“ geschrieben, aber dem damaligen Label war der Song zu heavy. (lacht) Edwin Starr's Motown-Klassiker „War“ ist natürlich heute mit seinem Refrain „War! What is it good for? Absolutely nothing!“, so aktuell wie eh und jeh… Ja, eigentlich wollten wir nur eine B-Side für das extended Album aufzeichnen, waren dann aber mit dem Song so zufrieden, dass wir sagten: Der muss auf das Album! Wir haben explizit nach MotownZeugs gesucht, wie (singt) „When a maaaan loves a woman“, Sam Cook, den Otis-Katalog, Al Green, dann fanden wir „War“ und waren begeistert. Wir sind super stolz darauf.
haben, denn „Kentucky“ kommt verdammt frisch und mit viel Spielfreude daher. Neu erfunden haben sich Black Stone Cherry nicht, aber ihren Song-Katalog auf jeden Fall um einige Perlen erweitert. Die Stimme von Sänger Chris Robertson klingt so einmalig, rauchig, erfahren und nach Dreck und Zigaretten, der dürfte von mir aus gerne das Hörbuch zu meiner Biographie einsprechen. Und bis es soweit ist, bleiben uns grossartige Songs wie der Opener „The Way Of The Future“, der gleich mal vorlegt, was dem Hörer da blüht. „In Our Dreams“, die erste Single, und auch „Shakin' My Cage“ schlagen dann in die gleich Kerbe. „Soul Machine“ hat dann mit der Unterstützung von weiblichen backing vocals fast schon einen funkigen Beigeschmack. „Long Ride“ schaltet dann vom Tempo her einen Gang runter, von den Gefühlen her aber einige gänsehautverursachende Gänge hoch. Dem MotownKlassiker von Edwin Starr „War“ verpassen sie auf eindrückliche Weise ihren Stempel. So aktuell wie damals 1969 ist die Thematik auch heute noch: „War! What is it good for? Absolutely nothing!“. Die nächsten fünf Stücke lassen dann den Volume-Knopf nochmals automatisch in Richtung max fahren und machen einfach Laune. „Born To Die“ spricht uns dann wieder allen aus dem Herzen und lässt selbiges mit dem grossartigen Gitarren-Riff nochmals höher schlagen und macht dann Platz für DIE Ballade, den letzten Song „The Rambler“, kurz gesagt: Wow! „Kentucky“ ist ein Pflichtkauf für alle, die mit den Namen Hinder, Seether, Theory Of A Deadman oder Blackberry Smoke was anfangen können.
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REVIEWS Hard/Heavy/Metal ANVIL Anvil Is Anvil Steamhammer/SPV
AXEL RUDI PELL Game Of Sins SPV/Steamhammer mv. Ein neues Album von Axel Rudi Pell, aber auch nichts Neues im Hause Pell. Denn der deutsche Ausnahmegitarrist bietet auch auf seinem 16. Studioalbum (!) das altbewährte Konzept und rückt mit „Game Of Sins“ keinen Millimeter von seinem Pfad ab. Das beginnt beim schönen urtypischen Coverartwork und geht über die Texte und Produktion bis hin natürlich zur Musik, welche einmal mehr alles beinhaltet, was der virtuose Saitenhexer in der Vergangenheit so erfolgreich gemacht hat. Zwar ist man diesmal beim wie immer üblichen Albumintro „Lenta Fortuna“ zuerst leicht verwirrt und rümpft gar etwas die Nase, aber der zum Glück schnell folgende Opener „Fire“ kracht dafür umso besser durch die Boxen. Dem Titel entsprechend wird hier das Feuer entfacht und die fantastische Uptempo-Hymne lässt das Metallerherz sofort höher schlagen. Überhaupt sind die ersten beiden Tracks, als nächstes folgt der von der coolen Biker-Serie „Sons Of Anarchy“ beeinflusste Dampfhammer „Sons In The Night“, sehr heavy ausgefallen und begeistern mit sägenden Riffs und viel Old School-Feeling. Das dürfte sogar alten Steeler-Fans bestens reinlaufen. Was für ein Auftakt ! Danach folgt der Titeltrack und wer Pell kennt, der weiss dass die Titelsongs eigentlich immer epische Longstracks mit starker Rainbow-Schlagseite sind. Und so steht „Game Of Sins“ dann tatsächlich in der Tradition von PellKlassikern wie „Magic“, „The Masquerade Ball“ oder „Mystica“ und begeistert nicht nur mit dem besten Refrain der Platte sondern auch mit grandiosen Melodien, viel Epik und ausufernden langen Soli. Viel besser geht’s echt nicht. Und Sänger Johnny Gioeli zeigt wieder einmal, dass er zu den allerbesten seines Fachs gehört. Es ist schon erstaunlich, mit welch einer Leichtigkeit er hier wieder Leistungen auf höchstem Niveau abliefert. Aber auch die anderen Mitstreiter, namentlich Keyboarder Ferdy Doernberg, Basser Volker Krawczak und Schlagzeuger Bobby Rondinelli (exRainbow) agieren in bestechender Bestform und so macht es einfach Spass, die vielen musikalischen Details und Feinheiten in den Songs zu entdecken. Mit „Falling Star“ folgt eine weitere Midtempo-Hymne, bevor „Lost In Love“ dann die Balladen-Fans von Pell erlöst. Hier zeigt sich jetzt aber doch, dass es für den Meister so langsam aber sicher schwierig wird sich bei dem so umfangreichen Backkatalog nicht zu wiederholen. Das gleiche gilt auch für „Till The World Says Goodbye“. Dennoch, mit dem rockigen „The King Of Fools“ und der bärenstarken Halbballade „Forever Free“ gibt es weiteres absolut hochklassiges Material, das die Fans mehr als begeistern wird. Und nicht zu vergessen den originellen Bonustrack; eine mitreissende Hardrockversion des Dylan-Klassikers „All Along The Watchtower“. Alles in allem ist also auch diese Pell-Scheibe wieder ein Pflichtkauf und wird mit Sicherheit die Charts von hinten aufrollen. Zu gönnen wäre es dem sympathischen Blondschopf auf jeden Fall.
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ip. Anvil, und vor allem die beiden Protagonisten Lips (voc) und Robb Reiner (drums), sind hochgradiger Metal-Kult. Das 1978 ursprünglich als Speedmetalband gegründete Quartett aus Kanada, das mittlerweile zum Trio geschrumpft ist, stand und steht für unprätentiösen, schlicht gehaltenen und straighten Metal mit ordentlich Dampf im Kessel. Nach einer Durststrecke um die Jahrtausendwende kamen Anvil mit ihrem aussergewöhnlichen Dokumentarfilm, der ziemlich gut darstellte, wie eine Mittelfeld-Band versucht über die Runden zu kommen und damit jeden, aber auch wirklich jeden Zuschauer bis ins Mark rührte, zurück auf die Bildfläche. Die folgenden Alben wurden trotzdem eher lau bewertet und nun steht mit „Anvil Is Anvil“ das sechzehnte Studiowerk der sympathischen Herren aus Toronto auf dem Tisch. Es ist schwer zu sagen, ob es sich bei diesem Album um den längst fälligen grossen Wurf handelt, aber eins ist sicher: Anvil sind die Metalkings der Herzen und damit haben sie sowieso schon gewonnen. Neben dem Opener „Daggers And Rum“, der als Piratenhymne Laune verbreitet und vielleicht von ihrer letztjährigen Schiffsreise bei 70'000 Tons Of Metal inspiriert ist, sind einige richtig fette Stampfer wie das fettriffige „Gun Control“ oder die Anklage im schleichenden Marschtempo „Zombie Apocalypse“ dabei. „Runaway Train“ und „It's Your Move“ leben von einem grossartigen Motörhead-Feeling und sind zusammen mit dem bereits erwähnten „Gun Control“ unbedingte Anspieltipps und Favoriten. Auch der Beat von „Fire On The Highway“ klingt nach Motörhead, aber Anvil dürfen das. Alles in allem ist „Anvil Is Anvil“ tempomässig eher gesetzt, aber klassischer Metal ohne Schnörkel und mit ziemlich grossem Wiedererkennungswert. Passt.
DEATH DEALER Hallowed Ground Sweden Music Group mv. Bands mit Namen Death Dealer gibt es sicher mittlerweilen eine ganze Handvoll. Diese hier ist eine weitere Supergroup um (ehemalige) Musiker von Bands wie Manowar, Lizzy Borden, Cage, Halford, Into Eternity und Empires Of Eden, welche ja vor zwei Jahren mit „War Master“ bereits ein sehr starkes
Debut Album veröffentlichte. Von den beiden ex-Manowar Recken Rhino und Ross The Boss blieb dabei nur noch Ross übrig, denn an den Drums sitzt nun ex-Into Eternity Schlagwerker Steve Bolognese. Ansonsten hat sich aber zum Glück nicht viel geändert, denn „Hallowed Ground“ bietet wie schon das Debut knallharten Heavy Metal der alten Schule. Das heisst, hier gibt’s keine süssen Melodien und auch keine Keyboards, dafür ordentlich Gitarrenpower, Doublebass-Geballer sowie infernalische Screams ohne Ende von Shouter Sean Peck (u.a. auch Cage, Denner/Sherman). Die Riffs von Gitarrenmeister Ross The Boss erinnern dabei erstaunlicherweise nur selten an alte Manowar-Tage, vielmehr klingen Death Dealer wie ein junger Bruder von Cage. Gerade Speed Metal-Granaten wie „Plan Of Attack“, „Total Devastation“ oder "K.I.L.L." könnten genauso gut auf dem neuen Cage Album stehen. Weitere Highlights sind die beiden sehr eingängigen Power-Hymnen „Break The Silence“ und „I Am The Revolution“. Auch wenn es die Band vielleicht ab und zu etwas übertreibt mit Klischees und Geballer, für diese Art Metal ist es genau passend und Fans von Cage und Judas Priest zu „Painkiller“-Zeiten werden das Album lieben.
NORDIC UNION Nordic Union Frontiers Records/MV mv. Die Projekte aus dem Hause Frontiers Records nehmen kein Ende und mittlerweile hat wohl selbst der grösste Fan der melodischen Rockkunst etwas die Übersicht verloren. Mit Nordic Union gibt es also einmal mehr eine Kooperation von diversen Könnern aus dem Melodic MetalBereich. Die Treiber hinter Nordic Union sind Sänger Ronnie Atkins (Pretty Maids, Avantasia) und Tausendsassa Erik Martensson (Eclipse, W.E.T.), welcher alle Instrumente bis auf die Drums übernommen hat. Man könnte jetzt langsam meinen, dass der gute Erik sein Pulver mit all den Bands und Projekten, bei welchen er in den letzten Jahren mitwirkte, verschossen hat. Aber Pustekuchen! Schon die ersten beiden Megahymnen „The War Has Begun“ und „Hypocrisy“ sind dermassen geil, dass sie bereits den Kauf dieses Albums alleine rechtfertigen würden. Atkins singt immer noch wie ein Gott und bestätigt seinen Status als einer der besten Sänger im ganzen Genre, wo Pretty Maids
Hard/Heavy/Metal REVIEWS seit einer Ewigkeit sträflich unterbewertet werden. Und Martensson zeigt hier erneut, dass er kompositorisch langsam in die Fusstapfen von Legenden wie Desmond Child treten kann und anscheinend ein unermessliches Arsenal an guten Refrains und Melodien in der Hinterhand hat. “Point Of No Return“ oder „Go“ sind weitere todsichere Hits und sprühen nur so vor Frische und guter Laune. Dazu gibt es mit „Every Heartbeart“ und „True Love Awaits You“ die obligatorischen Balladen, welche die weiblichen Fans zum Schmelzen bringen werden. Auch wenn nicht jeder Song das enorm hohe Niveau halten kann, Nordic Union verbinden das Beste aus Pretty Maids und Eclipse und sind somit eines der empfehlenswertesten Projekte der letzten Jahre. Don’t miss this one!
PRIMAL FEAR Rulebreaker Frontiers Records mv. Primal Fear geben weiterhin Vollgas. Die Jungs um ex-Gamma Ray-Sänger Ralf Scheepers und Tausendsassa Mat Sinner (u.a. Sinner, Voodoo Circle) haben seit 1997 nun auch bereits 10 Studioalben rausgebracht und sind im 2016 kein bisschen ruhiger geworden. Das provokativ „Rulebreaker“ betitelte Album bricht zwar mit Sicherheit keine Regeln (das hätte wohl auch niemand erwartet), besticht aber einmal mehr mit toll produziertem Heavy Metal mit vielen Judas Priest-Anleihen. Innovation oder grosse Veränderungen wären vermutlich auch gar nicht gewünscht bei den vielen Anhängern der Band, so machen Primal Fear einfach weiterhin was sie am besten können. Sehr eingängige Metal-Hymnen wie „Angels Of Mercy“, „Raving Mad“, „Bullets & Tears“ oder „In Metal We Trust“ unterhalten wunderbar, sind voller Klischees und werden mit Sicherheit live die Fans zu begeistern wissen. „Rulebreaker“ ist wie ein Blockbuster-Movie im Kino: laut, knallig und sehr unterhaltsam, aber es fehlt halt etwas an Tiefe und Nachhaltigkeit. Daran kann auch das überlange, ambitionierte „We Walk Without Fear“ nicht gross etwas ändern, obwohl der Song auf jeden Fall heraussticht und Abwechslung einbringt. Die Gitarrenarbeit ist absolut grossartig, was bei Könnern wie Alex Beyrodt,
Magnus Karlsson und Tom Naumann nicht erstaunt. Fans der Gruppe können so oder so bedenkenlos zuschlagen und sich auf die nächste Tour freuen. Ich bin sicher, dass Primal Fear mit dem Album auch in den Charts wieder kräftig vorne mitmischen werden.
PRONG X – No Absolutes SPV/Musikvertrieb lg. Prong, die seit Ende 80er Jahre (mit wenigen selbstauferlegten Unterbrüchen) funktionierende Groove-Maschine aus New York City um Mainman Tommy Victor (v./git.), kommt wieder mit einer neuen Scheibe ums Eck. Seit 2012 und dem Comeback-Album "Carved Into Stone" legt die Band ein unheimliches Tempo an den Tag: 2014 kam das sehr gute Album "Ruining Lives" heraus und letztes Jahr ein sehr spannendes Coveralbum ("Songs From The Black Hole"). Auf "X – No Absolutes" legt das Trio sofort ohne Rücksicht auf Verluste mit Ihrem Mix aus Metal, Hardcore und Industrial los und hat mit den ersten drei Songs – "Ultimate Auhtority", "Sense Of Ease" und "Without Words" – drei echte Hämmer am Start. Auch der Titelsong sowie die "Ballade" "Do Nothing" sind auch sehr gelungen. "X – No Absolutes" ist sicher nicht das allerbeste Werk von Prong (man denke nur an den unglaublich starken Back-Katalog mit u.a. "Beg To Differ", "Prove You Wrong" und "Cleansing" zu Beginn der 90er Jahre) und zeigt, dass Prong nach wie vor voll im Saft sind. Tolle Scheibe! Live ist das gut geölte Power-Trio am 30. März 2016 im Dynamo in Zürich zu bestaunen. Gehet hin und schüttelt die Matten! Es lohnt sich, denn auf der Bühne sind Prong eine unglaubliche Wucht.
FIND ME Dark Angel Frontiers Records mv. Nach dem sehr guten Debutalbum „Wings Of Love“ geht die Kollaboration des Schweden Daniel Flores (u.a. Issa, The Murder Of My Sweet, Seventh Wonder) mit dem amerikanischen Sänger Robbie LeBlanc (Blanc Faces) in die zweite Runde. Wie immer bei
den Frontiers Records Projekten waren auch hier wieder unzählige bekannte Leute der Melodic Rock-Szene beteiligt und „Dark Angel“ bietet dann auch den erwarteten, typischen AORSound mit starker 80er Jahre Schlagseite. Wer also von Bands wie W.E.T., Vega, Sunstorm, Issa oder Work Of Art nicht genug kriegen kann und Journey, Harem Scarem, Giant, Survivor und Foreigner für die absoluten Götter hält bekommt hier wohl sein Highlight des Jahres serviert. Find Me zelebrieren diese Musik absolut perfekt, haben unzählige starke Hooklines zu bieten, versprühen echtes 80er Jahre Feeling und berühren mit fantastischen Balladen. Perlen wie „Nowhere To Hide“, „Forever“, „Another Day“ oder das alles überstrahlende „Where Do I Go“ sind auf jeden Fall ein Muss für alle Melodic Metal/AOR-Fans. Mit Robbie LeBlanc hat man zum Glück einen sehr starken Sänger, welcher etliche Songs auf ein noch höheres Niveau hievt. Es bleibt zu hoffen, dass „Dark Angel“ nicht in der Flut von Veröffentlichungen in diesem Sektor untergeht. Sehr starke Scheibe!
CHURCH OF MISERY And Then There Were None… Rise Above/Irascible lg. Die seit zwei Jahrzehnten aktive japanische Band zelebriert ohne Kompromisse Black Sabbath-lastigen Doom und hat sich mit ihrer Massenmörder-Thematik etabliert. Auch das sechste Album "And Then There Were None…." der gar nicht mehr so japanischen Band schlägt in die gleiche Kerbe. Neben Bassist und Boss Tatsu Makmi liest sich die Besetzung wie eine amerikanische All-Star Band: Sänger ist Repulsion-Brüller Scott Carlson, an der Gitarre findet sich Dave Szulkin (Blood Farmers) und hinter dem Schlagzeug sitzt Eric Little (Earthride, ex-Internal Void). Musikalisch haben Church Of Misery das Rad nicht neu erfunden, doch bieten sie wirklich grossartigen Doom mit einer rechten StonerSchlagseite. Für Fans von Band wie Saint Vitus und Kyuss sowie Hardrock aus den 70er Jahren sind Church Of Misery das richtige Kraftfutter.
Wenige Metal-Bands haben eine derartige Bilderbuchkarriere vorgelegt wie Beyond The Black. 2014 gegründet, zählt man keine zwei Jahre später zur Symphonic-Metal-Elite. Das zweite Album „Lost In Forever“ wird ihr Übriges tun, um die Türen in den Olymp vorzeitig aufzustoßen.
bs. Schön, wenn gewisse Superlative mal keine Übertreibung, sondern vollauf gerechtfertigt sind. Über Beyond The Black kann man getrost sagen, dass es Überflieger sind, Durchstarter, deren Karriere kometenhaft anstieg und weiter ansteigt. Ihren allerersten Auftritt überhaupt absolvierten sie auf dem Wacken Open Air, Anfang 2015 katapultierte sie ihr Debüt hoch in die Charts und auf ausgedehnte Tourneen. Ziemlich genau ein Jahr später erscheint mit „Lost Ihn Forever“ der hitgespickte Nachfolger der süddeutschen Symphonic-Metal-Sensation. Ein weiterer großer Schritt, der durch die große Tournee im Vorprogramm der Scorpions gleich vom nächsten Highlight übertroffen wird. Ja, die Dinge könnten seit eineinhalb Jahren kaum besser laufen für die junge Band. Das sieht sie natürlich ganz genau so: „Dieses eine Jahr war mit absolut nichts zu vergleichen“, ist von einem sichtlich begeisterten Christopher Hummels zu hören. Der Gitarrist ist bei Beyond The Black außerdem für markige Backing-Vocals verantwortlich und fällt in Interviews vor allem durch seine angenehm entspannte Art auf. „Wir waren unglaublich viel unterwegs, haben viele tolle Menschen kennengelernt und Fans hinzugewonnen.“ Er pausiert. „Ich weiß gar nicht, wo ich da anfangen soll“, lacht er dann. Vielleicht ja im Sommer 2015, als man nach exakt einem Jahr an den Ort zurückkehrte, an dem alles begann und seine zweite Wacken-Show vor merklich geänderten Parametern spielte. „2014 standen vielleicht 200 Menschen bei uns vor der Bühne, was auch völlig berechtigt ist, weil uns ja eigentlich
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niemand kannte“, erinnert sich Hummels. „2015 spielten wir allerdings schon in einem komplett vollen Zelt vor einem ausrastenden Publikum.“ Die ganze Arbeit, die die Band in diesem einen Jahr in die Band gesteckt hat, wurde mit einem triumphalen Konzert belohnt, das auch Sängerin Jennifer Haben als „beste Show, die wir je gespielt haben“ beschreibt. Gern erinnert sie sich, wie Hummels kurz vor der Show vielleicht etwas einen Blick ins Zelt hinaus warf. Um die Lage zu checken, sozusagen. „Den bleichen Gesichtsausdruck, mit dem er sich danach zu uns umwandte, werde ich nie vergessen“, lacht sie. Es war ein anstrengendes Jahr für Beyond The Black. Doch die Mühen haben sich gelohnt. Die Mannheimer konnten sich aus dem Stand als neuen Fixstern am Symphonic-MetalFirmament festsetzen und Kritiker wie Fans mit ihrer prima Mischung aus sinfonischer Metal-Opulenz und unverblümter Eingängigkeit überzeugen. Selbst wenn man dafür auch für längere Zeit auf Urlaub verzichten musste. „Über Weihnachten und Silvester hatten wir die erste richtige Pause, seit die Band so richtig durchstartete“, verrät Gitarrist Hummels. Erstmals konnte sich all das sacken lassen, was in den vorausgegangenen Monaten passiert war, erstmals konnte die Band realisieren, was wirklich mit ihnen passiert war. „Außerdem“, fügt er an, „hatten wir endlich mal wieder Zeit für Familie und Freunde. Daraus konnten wir eine Menge neue Kraft schöpfen, die wir jetzt dieses Jahr brauchen werden.“ Jeder in der Band ist von tiefer Freude über den langgehegten
und endlich wahrgewordenen Traum von der erfolgreichen Band erfüllt. Aus guten Bekannten sind enge Freunde und irgendwann sogar ein unverwüstliches Team geworden, das gemeinsam durch dick und dünn geht. Chrisopher Hummels kommentiert: „Wir sind deutlich näher zusammengerückt. Das merkten wir immer dann, wenn es mal Nachrichten aus der Heimat gab, die vielleicht nicht so positiv waren. In diesen Momenten war die Band immer füreinander da. Das hat uns ultimativ bewiesen, dass es bei Beyond The Black um viel mehr geht als um die Musik.“ Letztlich aber natürlich auch um die. „Lost In Forever“ entstand, als sich die Band gerade mitten im Fluidum befand. Hummels nahm seine Vocals im Tourbus auf, Jennifer Haben verbrachte zwei Wochen vor und nach einer langen Tournee im Studio, um ihnen den richtigen Schliff zu geben. „Im Prinzip haben direkt nach der Veröffentlichung des ersten Albums mit den Arbeiten am Nachfolger begonnen“, so Hummels. „Eigentlich kann man sagen, dass wir konstant komponieren und immer wieder etwas aufgenommen haben.“ Vom etwaigen Druck ist in den präzise abgefeuerten Songs des zweiten Albums nichts zu spüren. Noch konsequenter als auf dem Debüt spielen Beyond The Black ihr kompositorisches Talent aus. Sie wissen, wie man echte Ohrwürmer und große Hymnen schreibt, haben keine Angst vor dem einen oder anderen Pop-Moment und überzeugen schon jetzt mit Wiedererkennungswert. „Viele Stücke wurden auch durch die Reaktion der Fans auf unsere alten Stücke geprägt“, berichtet Sängerin Jennifer. „Grundsätzlich wollten wir vor allem einen Schritt nach vorn machen.“ Getrost kann man attestieren: Mission erfolgreich abgeschlossen. Jennifers Stimme klingt reifer und traut sich mehr zu, auch die musikalische Bandbreite wurde größer. „Wenn man beide Alben hintereinander hört, soll man merken, dass wir die Unterschiede in unserer Musik noch stärker herausgearbeitet haben“, fügt Hummels an. „Von hart bis weich, von Metal bis experimentellen Anklängen. Unterm Strich haben wir uns deutlich mehr getraut als beim Debüt.“ Man muss kein Prophet mit langem Bart sein, um dem Zweitwerk einen Freifahrtschein zum Gipfelsturm auszustellen. Und wo man manch unsympathischer Bande aufgeblasener Egos den Erfolg alles andere als gönnt, lässt man sich von der geradezu jugendlichen Euphorie und all dem Überschwang, mit dem Beyond The Black auf den Plan treten, nur zu gern anstecken. „Wir haben alle den besten Job der Welt!“, ist sich Jennifer sicher. Den nehmen sie mit dem notwendigen Ernst, um in diesem Business zu bestehen, lassen sich bandintern aber nicht den Humor verbieten. „Wir lachen gern und viel, das tut natürlich verdammt gut“, verkündet Hummels und wird von seiner Kollegin unterbrochen. „Außerdem hat jeder hat seine eigene Macke. Und darf sie auch haben. Ich zum Beispiel schlafe mehr als jeder andere Mensch, Christopher hat einen Desinfektionsmittelfimmel. Er will immer alles sauber haben“, lacht sie. „Wir sind völlig unterschiedliche Typen, die genau deswegen so gut zusammenpassen. Jeder lässt den anderen ihren Raum und ihre Eigenarten.“ In der Summe ergibt das den sinfonischen MetalSound auf „Lost In Forever“ und die ungemein umgängliche Art der Band. Wenn sie sich beides bewahren, ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht.
Beyond The Black Lost In Forever Airforce 1/Universal bs. Es war ein Kickstart, ein Durchmarsch mit Ansage. Noch vor einem guten Jahr waren Beyond The Black praktisch völlig unbekannt. Und jetzt? Ist das deutsche SymphonicMetal-Gespann eine der größten Newcomer-Sensationen, die der deutsche Metal jemals hervorgebracht hat. Wer auf dem Wacken Open Air seine erste Show spielt und gleich danach im Rennstall von Universal landet, hat es eben nicht auf die Ersatzbank abgesehen. Sondern auf die Überholspur. Also haut man ein knappes Jahr nach dem Debüt „Songs Of Love And Death“ schon den nächsten Longplayer raus. Quantität statt Qualität? Nicht bei Beyond The Black! „Lost In Forever“ zeigt die Band als gewohnte Hit-Maschine, die es schafft, opulent ausstaffierte, sinfonische und mystische Metal-Kracher mit unverschämten Ohrwürmern auszustatten, die selbst in der Pop-Welt Neid provozieren dürften. Das muss man mögen und ist bisweilen durchaus radiotauglich. Aber einfach verdammt gut inszeniert. Die junge Sängerin Jennifer Haben klingt selbstbewusster und reifer, war ja aber eh immer schon das Kapital der Band und setzt großen Momenten wie dem Titeltrack die schillernde Krone auf. Internationale Größen wie Within Temptation sollten sich spätestens jetzt warm anziehen. Beyond The Black haben nämlich noch längst nicht ihr volles Potential ausgeschöpft – und greifen doch schon nach der modernen Symphonic-MetalKrone.
REVIEWS Hard/Heavy/Metal Metal Thrashing Mad mit Laurent ABBATH - Abbath Abbath, Gitarrist und Sänger, der die norwegische Black-Metal Ikone Immortal im Zwist verlassen hat, wandelt mit seiner nach ihm benannten Band auf Solo-Pfaden. Es dominiert bösartiger BlackMetal, wie der anfangs der 90er Jahre massenhaft von Bergen in die weite Welt exportiert wurde. Leider fehlen die sphärischen, an spätere Bathory erinnernden Elemente der letzten Scheiben von Immortal. Dennoch eine fiese Scheibe, so dass einem kälteste Winterblizzards um die Ohren pfeifen. Nur der Schlagzeugsound tönt leider arg klinisch. THE CASUALTIES - Chaos Sound Punk's not dead! Das schreibt sich der seit 1990 aktive Vierer aus New York um Sänger Jorge Herrera. Ganz in der Tradition von Bands wie G.B.H., The Exploited oder Sex Pistols wird meist in hohem Tempo Gas gegeben, doch finden sich auf "Chaos Sound" auch einige "Oi, Oi"mässige Midtempo-Songs. Coole Scheibe, das mit einer tollen Motörhead-Coverversion kommt (R.A.M.O.N.E.S.). CAULDRON - In Ruin Die kanadische Band Cauldron, seit zehn Jahren aktiv und mit ihrem nunmehr vierten Album "In Ruin", spielt ganz netten Heavy Metal traditioneller Prägung mit viel Melodie und Hooklines, welche gut ins Ohr gehen. Allerdings kommt das Trio um Jason Decay leider etwas gar zahm daher. Dennoch cooles Futter für Heavy Metal Fans, für welche die 80er Jahre das Grösste sind. EXUMER - The Raging Tides "The Raging Tides" ist nichts anderes als ein sehr explosives ThrashMetal Album geworden, das dem Kult-Album "Possessed By Fire" (1986) kaum nachsteht. Zudem kommt die teutonische Kult-Truppe um Sänger Mem Von Stein und Gitarrist Ray Mensh um einiges raffinierter daher als auf dem Reunion-Album "Fire & Damnation" (2012). Geboten wird herrlicher Old-School Thrash in Perfektion, der einfach Spass macht. INVERLOCH - Distance | Collapsed Die aus 2/4 der legendären Funeral-Doom Legende DISEMBOWELMENT bestehenden Inverloch haben endlich ihr Debütalbum fertiggestellt und zelebrieren ihre schon auf der EP bewährte Mischung aus sehr heftigen, crustig/death-metallischen Ausbrüchen und ruhigen, atmosphärischen Parts. Distance | Collapsed ist ein wahrliches Meisterwerk, das sich zu entdecken lohnt. Anspieltipp: der zweite Song "From The Eventide Pool". KETZER - Starless Ursprünglich im Black Metal und Thrash verwurzelt, schaffen es die deutschen von Ketzer, ihren Sound auf "Starless" mit zusätzlichen Elementen zu versehen. Ähnlich wie Bands wie Tribulation, Secrets Of The Moon oder die bereits verblichenen In Solitude finden sich auf "Starless" nunmehr Einflüsse aus dem Gothic-Bereich. Der Band steht das sehr gut zu Gesicht, wenn auch sicher einige Puristen herumnörgeln werden. Anspieltipp: die gesamte Scheibe! KORGÜLL THE EXTERMINATOR - Reborn Form The Ashes Aus Spanien kommt diese nach einem Voivod-Song benannte BlackThrash Kapelle, welche seit gut zehn Jahren ihr Unwesen treibt und mit "Reborn From The Ashes" ihr viertes Album veröffentlicht. Kreischerin Lilith Necrobitch und ihre Mitstreiter wüten sich meist in hohem Tempo durch die zehn Songs und machen keine Gefangenen. Hörenswert ist zudem das Cover "Take This Torch", ursprünglich von Razor. NECRONOMICON - Pathfinder … Between Heaven And Hell Auf dem aktuellen, achten Album verarbeitet Sänger/Gitarrist und Gründungsmitglied Freddy die eigene Geschichte der süddeutschen Thrasher von Necronomicon, die trotz dreier passabler Alben in den 80er Jahren aufgrund von diversen Fehlentscheidungen keinen Fuss auf den Boden brachten und in der Versenkung verschwunden sind. "Pathfinder….Between Heaven And Hell" ist ein interessantes ThrashMetal Album geworden, das viele Echt-Metal Zitate beinhaltet. VARG - Das Ende Aller Lügen Nach der "Rotkäppchen"-EP Ende 2015 legen Varg mit "Das Ende Aller Lügen" ihr fünftes Album vor. Musikalisch haben wir hier es mit recht extremem und deutschsprachigem Metal zu tun, der Elemente von Pagan-, Black- und Power-Metal sowie der Neuen Deutschen Härte umfasst. Die Songs sind relativ einfach gestrickt und gehen gut ins Ohr. Sicherlich eine gute Scheibe, die druckvoll daherkommt, doch aufgrund der deutschen Texte sicherlich kritisch aufgenommen wird. Mit dem Charlie Chaplin-Zitat zu Beginn wollen Varg offenbar mit den Vorwürfen von Rechtsextremismus definitiv aufräumen.
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BARONESS
DREAM DEATH
Purple
Dissemination
Abraxan/Universal
Rise Above/Irascible
lg. Nach dem grossartigen Doppelalbum "Yellow & Green" aus dem Jahre 2012 und dem auf der anschliessenden Europatour tragischen Busunfall, in dessen Folge der damalige Bassist und Schlagzeuger aufgrund ihrer Verletzungen die Band verliessen, wurde es um die Band aus Savanah/USA - ausgenommen von einigen Touren ruhiger. Ende 2015 haben sich John Baizley (v., git) und seine Truppe mit voller Wucht zurückgemeldet. Mit "Purple" blieben sie beim Albumtitel dem Farbenkosmos treu, ohne genau klarzustellen, was es damit auf sich hat. "Purple" könnte mit den beim Busunfalls erlittenen (schweren) Verletzungen und Blutergüssen zusammenhängen. Neue Songs wie "Shock Me", "Kerosone", "Chlorine & Wine" und "If I Have To Wake Up (Would You Stop The Rain?)" beschäftigen sich mit dem Unfall eingehend. Rein musikalisch betrachtet tönt "Purple" im Vergleich zum Vorgänger viel direkter, energischer und härter, ohne die auf "Yellow & Green" gemachte musikalische Reise zu vernachlässigen. Dennoch ist "Purple" näher bei den Frühwerken der Band, dem sludgigen "Red Album" (2007) und dem progressiven "Blue Record" (2009) anzusiedeln, ist sehr zugänglich und verbreitet eine tendenziell positive Grundstimmung: Musikalisch haben wir in gesanglicher Hinsicht sehr melodiöse und generell eingängige Songs vorliegen, die man als eine Art progressiver Sludge Rock/Metal beschreiben könnten. Das Artwork vom in jeglicher Hinsicht grossartigen und sehr persönlichen "Purple" wurde – wie bei allen Vorgängern – selbstverständlich von Baizley persönlich gestaltet. Am 11. März 2016 treten Baroness im Mascotte in Zürich auf. Anspieltipps: das gesamte Album.
lg. Dream Death aus Pittsburgh/ USA schufen mit "Journey Into Mystery" 1987 einen genialen Bastard aus Doom- und Thrash Metal. Nach diesem Album tauchten einige Bandmitglieder bei den grossartigen Penance wieder auf, welche eher im traditionellen Doom-Bereich anzusiedeln war. Seit ein paar Jahren sind Dream Death wieder aktiv und veröffentlichen mit "Dissemination" das zweite Album seit der Reunion. Und "Dissemination" hat es wahrlich in sich, denn die Scheibe ist doomig, düster und hat aggressive Elemente der alten Celtic Frost-Schule. Eine intensive Scheibe, welche es sich anzutesten lohnt. Als Anspieltipps kann der Titelsong genannt werden, doch lohnt sich ein Durchlauf des ganzen Albums.
HYSTERICA All In Attitude Recordings ip. Schwedischer Metal von vier Mädels. Hier wäre die Review eigentlich schon zu Ende, denn jeder, der Metal mag, weiss eigentlich damit schon Bescheid. Meistens, zumindest. Um den ersten Satz aber doch noch inhaltlich zu vervollständigen, sei Folgendes hinzugefügt: Ja, die Mädels sehen super aus. Hübsch, jung, knackig und in die handelsübliche Kluft verpackt. Check. Ja, die Mädels spielen selber. Das hört man. Check. Ja, es ist ein wenig merkwürdig, dass eine Band, die seit zehn Jahren existiert, nicht einen kleinen Tuck innovativer ist. Auch, wenn sie einen NewcomerPreis in Schweden gewonnen haben. Dafür ist es aber auch erstaunlich, dass bisher keine andere Band dieses Namens existiert hat. Check. Ja, Songs und Texte wie „Lock Up Your Sons“ bedienen das Klischee. Wie
Hard/Heavy/Metal REVIEWS der Rest des Pakets übrigens auch. Check. Ob „You'll Remember My Name“ dazugehört, muss man vorläufig aussen vor lassen. Ja, die Mädels heissen Anni De Vil, Bitchie, SatAnica und Hell'n. Check. Ja, „Free Me“ hat ein erstklassiges Black Sabbath Riff. Bester Song der EP. Check. Ja, „Ease My Mind“ ist die Quotenballade mit Akustikgitarre. Check. Ja, es ist gut, nötig und indiskutabel, dass es mehr Frauen im Metal gibt. Check. Nein, Hysterica gehören erstmal nicht zur oberen Liga im Metal. Das macht aber nichts, denn die Mädels sind hübsch und jung und gut angezogen (und live deshalb wahrscheinlich auch um einiges unterhaltsamer). Check siehe oben.
MOONSORROW Jumalten Aika Century Media em. Die PaganMetaller von Moonsorrow zeigen sich auf ihrem siebten Studioalbum „Jumalten Aika“ (dt.: Das Zeitalter der Götter), welches ab 1. April im Handel erhältlich sein wird wesentlich folkiger als auf ihren vorherigen Veröffentlichungen. Wer nun denkt, dass diese Tatsache auf Kosten der Härte basiert, der irrt. Das musikalische Grundgerüst der Finnen ist brachial, schnell und kompromisslos geblieben, auch wenn schleppende und ruhige Momente durchschimmern. Es wird gekeift, gekreischt, gegrunzt und eben ab und zu auch Elemente aus der Folklore zugelassen, welche die Harmonie komplettieren. Gerade beim Stück „Ruttolehto incl. Päivättömän Päivän Kansa“ kommt das hervorragend zur Geltung. Es dient der Abwechslung, verleiht Spannung und passt auch einfach wunderbar in das Gesamtkonzept. „Jumalten Aika“ ist wild, aggressiv, aber jeder der fünf Tracks (12 bis 15 Minuten Länge) ist absolut astrein und zeugt von grosser Spielfreude und hohem Niveau. Auch die stampfenden Rhythmen bei „Suden Tunti“ wirken auflockernd und lassen genügend Freiraum für die volkstümlichen Einflüsse des Nordens. Da die Songs allesamt in finnischer Sprache dargeboten sind, ist in Sachen Lyrics doch eine gewisse Sprachbarriere vorhanden. Zweifelsohne geht es aber auch diesmal thematisch um die nordische Mythologie und
deren Wirkung auf die menschliche Seele. Episch, sauber, gnadenlos und wie aus einem Guss klingt die Scheibe, auch wenn es ein paar Anläufe braucht, bis der Sound im Gedächtnis haften bleibt. „Jumalten Aika“ dürfte jedoch allen Anhängern von Moonsorrow auf Anhieb gefallen.
ROTTING CHRIST Rituals Season Of Mist em. Mit dem neusten Output „Rituals“ stellen Rotting Christ einmal mehr, ihr Können eindrucksvoll unter Beweis. Sie sind alte Hasen im Geschäft und ihre Erfahrung ist deutlich hörbar. Ihr Sound ist kalt, düster, dunkel und hart, aber stets mit einem winzigen Hauch von eingehenden Melodien versehen. Der Opener „In Nomine Dei Nostri“ beginnt mit einer Art von Schlachtrufen und weist ein gewohnt schnelles Tempo auf. Die Gitarren brettern und werden hie und da durch symphonische Elemente ergänzt, so wie man das von Rotting Christ kennt. Es folgt das schleppende „Ze Nigmar“, das nur durch minimale nahöstliche Klänge von einer unglaublichen Beklemmtheit unterbrochen wird. „Elthe Kyrie“ ist dann wieder extrem rasant, besticht durch Rhythmuswechsel und diabolischen Stimmeinlagen. Der vierte Track „Apage Satana“ gleicht zu Beginn dem obenerwähnten ersten Song, steht aber ohne Probleme ganz für sich alleine. Der Grundtenor ist extrem spartanisch. Das Tempo wird im Gegensatz zu „Il Nomine Dei Nostri“ nicht mehr gesteigert. Der stampfende Charakter wird beibehalten und erst nach gut zwei Minuten setzen die Gitarren ein. Es folgt „Les Litanies De Satan“. Und weil wohl niemand der griechischen Herren wirklich gut französisch spricht und die Jungs von Samael als gute Freunde Rotting Christs gelten, hat deren Frontmann Vorph hier den Sprechgesang übernommen. Auch für die nächste Nummer „For A Voice Like Thunder“ wurde auf einen Gaststar zurückgegriffen und zwar in Form von Nick Holmes, seines Zeichens Leadsänger bei Paradise Lost. Die Komposition ist sehr abwechslungsreich. Treibende und kraftvolle Momente wechseln sich mit ruhigen, finsteren Passagen ab, was sehr überzeugend und mitreissend wirkt. Diese
Attribute gelten schlicht für das gesamte Album. Alle zehn Stücke wirken als Ganzes kurzweilig und spannend. Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch noch das absolut fantastische Schlusslicht „The Four Horsemen“. Heroisch, episch und behäbigschaurig. Die typischen Trademarks sind durchwegs vorhanden, ohne, dass sich die Band selbst kopiert hätte. Rotting Christ haben mit „Rituals“ ein wahres Meisterwerk geschaffen, das sich nach jedem Hördurchgang als noch vielseitiger und grandioser entpuppt
KHYMERA The Grand Design Frontiers Records mv. Ursprünglich gestartet als eine Zusammenarbeit des italienischen Produzenten und Musikers Daniele Liverani mit Sänger Steve Walsh (Kansas), ist das Projekt mittlerweilen klar das Baby von Songwriter/Produzent/Musiker Dennis Ward
(Pink Cream 69, Unisonic, Place Vendome u.v.m.) geworden. Wie schon auf den letzten Khymera Alben „A New Promise“ (2005) und „The Greatest Wonder“ (2008) hat Dennis hier mal wieder fast alles im Alleingang übernommen, sprich Songwriting, Bass, Gesang und natürlich auch die formidable Produktion des Albums. Und der Mann hat wahrlich Talent, so lässt „The Grand Design“ die langen sieben Jahre Wartezeit schnell vergessen und schliesst an die starken Vorgängerscheiben an. Wer auf keyboardlastigen AOR und Melodic Rock steht bekommt hier alles was das Herz begehrt. Highlights sind der eröffnende Ohrwurm “Never Give Up On You”, die 80er Jahre Verbeugung „Tell Me Something”, das herrlich kitschige aber starke “A Night To Remember” sowie die wunderschöne Ballade „Streetlights“. Dennis singt ausgezeichnet und auch wenn nicht ganz alle Nummern des Albums gleich stark sind, so kann man „The Grand Design“ trotzdem allen Melodic Rock-Fans empfehlen. Schön relaxte Platte für die nächste längere Autofahrt…
Ab Mitte der achtziger Jahren galten Anthrax aus New York als eine der wichtigsten Thrash-Metal-Bands, hinkten aber der übermächtigen Konkurrenz wie Metallica, Slayer, Megadeth oder auch Testament und Exodus von der Westküste etwas hinterher. Dennoch konnte die Band um Gitarrist Scott Ian und Drummer Charlie Benante grosse Ausrufezeichen setzen und war mit der Hinzunahme von Hip-Hop Einflüssen für die Entstehung des Crossover-Genres sehr wichtig. Nun stehen Anthrax mit dem neuen und überragenden Album "For All Kings" in den Startlöchern. TRACKS sprach über Gegenwärtiges und Vergangenes mit Sänger Joey Belladonna. lg. Immer wenn ein neues Album einer Band herauskommt interessiert es, wie die Band es selbst im Vergleich zum Vorgängeralbum einordnet. Joey erklärt: "For All Kings ist meiner Meinung nach härter, düsterer, tiefgehender und vielschichtiger." Auch merkt man dem Album an, dass es speziell auf die Stimme von Joey Belladonna zugeschnitten wurde und nicht wie "Worship Music" ursprünglich für einen anderen Sänger geschrieben wurde – Dan Nelson, der schliesslich bei Anthrax nie zu Albumehren kam. "Klar, ich war an der Entstehung des Albums auch beteiligt und habe meine Ideen eingebracht. Ich fühle mich auch viel mehr im Fokus der Band – sprich von Scott Ian – als noch vor ein paar Jahren, als es wohl das einfachste war, mich für Anthrax zu reaktivieren", führt Joey aus. Unglaublich ist in der Tat die stilistische Vielfalt auf For All Kings. Während ein paar typische Anthrax-Thrasher dabei sind, haben klassische Metal-Einflüsse wie von Judas Priest oder Iron Maiden auch Eingang in den Sound des Fünfers gefunden. "Mittlerweile sind wir als Band derart gereift, dass wir praktisch alles spielen können. Ich sehe For All Kings als weitere Öffnung der Band gegenüber anderen Richtungen des Heavy Metals und denke, dass uns das ganz gut gelungen ist", so Joey. Dies kann so stehen bleiben und zum Glück haben Anthrax kein Retro-Album gemacht, sondern klingen wie eine zeitgemässe und schlicht und einfach grossartige Band. Zu den Lyrics, die Scott Ian ja verfasst, kann Joey nicht viel sagen: "Ich werde mich hüten, die Texte zu interpretieren. Jeder Hörer/Leser soll sich selber ein Bild davon machen." Produziert wurde das Album von Jay Ruston, der bereits dem Vorgänger den letzten Schliff gab. "Jay steht der Band sehr nahe. Er pusht uns zu Höchstleistungen und die Sessions mit ihm sind zwar intensiv, dafür aber sehr produktiv und effizient." Anthrax werden For All Kings zunächst in Südamerika und danach in Europa im Vorprogramm von Iron Maiden live vorstellen. "Allerdings arbeiten wir an Clubgigs, so dass die Daten zwischen den Festivalshows aufgefüllt werden." Joey Belladonna wurde zeitweise fast zum Spielball von Bandchef Scott Ian sowie von Drummer Charlie Benante und Bassist Frank
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Bello (gleichzeitig Benantes Neffe). 1992 folgte ein erster Rausschmiss und 2007 wiederholte sich die Szenerie. Doch was ist bei diesen Vorfällen denn genau passiert? Joey gibt dazu zu Protokoll: "1992 wollte die Band zeitgemäss klingen und ihrem Sound neue Elemente hinzufügen. Ich war dagegen und wurde daraufhin aus der Band geworfen. 2007 war die Geschichte noch schräger." Nach den Neuaufnahmen alter Songs (auf dem Album "The Greater of Two Evils" zu hören) im Jahre 2004 mit dem zwischenzeitlichen Sänger John Bush (Armored Saint) kam Joey komischerweise kurz darauf wieder zur Band. "Zum Rauschmiss kann ich nur sagen, dass ich nicht mal genau weiss, wie es dazu kam. Die drei Herren hatten wieder mal entschieden, ohne mich zu arbeiten. Das war eine wahrlich beschissene Sache – wie in einer alten Ehe, in welcher nichts mehr geht", so Joey. Seit 2010 ist Belladonna, der im Übrigen ein paar interessante Alben unter seinem Namen veröffentlicht hat und sich in einer MetalCoverband namens Chief Big Way austobt, wieder mit an Bord, und das offenbar in stabiler Weise. Auf den letzten Touren zeigte sich Joey immer von seiner besten Seite und die Band präsentierte sich ebenfalls sehr spielfreudig. Joey nennt als seine liebsten beiden Anthrax-Alben "Spreading The Disease" sowie "Among The Living", die beiden unbestrittenen Bandklassiker aus den Jahren 1986 und 1987. ""Persistence Of Time", das letzte Album mit mir an den Vocals in der klassischen Zeit, kann daran fast anknüpfen", erzählt Joey. Auf seine besten Erlebnisse mit Anthrax angesprochen, meint Joey: "Erstmals ist es überhaupt unglaublich, was wir mit Anthrax erreicht haben. Ich kam 1985 in die Band als Nachfolger des ersten Sängers Neil Turbin (auf dem ersten und recht US-Metal lastigen Album "Fistful Of Metal" zu hören) und hatte von der Truppe noch nie etwas gehört. Nun gehören wir zu den sogenannten Big Four des Thrash und wir konnten in zahlreichen Ländern auftreten. Das führt mich zu anderen Highlights: die vielen tollen Auftritte im Verlauf der Jahre." Und es ist zu hoffen, dass Anthrax noch einige Zeit aktiv bleiben werden, denn in dieser tollen Verfassung braucht der Heavy Metal solche Bands je länger je mehr.
Hard/Heavy/Metal REVIEWS ANTHRAX
ENTOMBED A.D.
For All Kings
Dead Dawn
Nuclear Blast/Warner
Century Media/Sony
lg. Die New Yorker Band Anthrax, neben Metallica, Slayer und Megadeth die vierte Kraft der Big Four des Thrash Metals, konnte mit ihrem mit Stakkatoriffing angereicherten Songs nie ganz Erfolge im Ausmass der drei anderen, vorgenannten Bands einfahren, Dennoch gelten Anthrax als absolute Referenzband im Thrash Metal. Insbesondere beim Mix von Metal mit Rap/Hip-Hop waren Anthrax stilprägend und hatten eine Vorreiterrolle inne (man denke nur an die EP "I'm The Man" und den 1992 zusammen mit Public Enemy aufgenommenen Song "Bring The Noise"). Nach dem 2011er Album "Worship Music" veröffentlichen Anthrax nun mit "For All Kings" ihre elfte Studioscheibe, die zweite nach der Rückkehr vom prägenden Sänger Joey Belladonna. Das stark im klassischen Metal verwurzelte "For All Kings" tönt im Vergleich zum Vorgänger melodischer und songorientierter, was passend zur Stimme von Joey daherkommt. Dennoch bietet das Album genug Überraschungen und komplexe Songs. Zum Thrash-/Speed-Metal sind Songs wie "You Gotta Believe", das groovende "Suzerain", das etwas an Pantera erinnernde "Defend/Avenge", das vorab ausgekoppelte "Evil Twin" oder "Zero Tolerance" zu zählen, währenddessen der beste Song des Albums, das hitverdächtige "Breathing Lightning", als grossartige, klassische MetalNummer durchgeht. Sehr gelungen ist das Groovemonster "Blood Eagle Wings", das sicher einen festen Platz in der Setlist der Band einnehmen wird. Leider haben sich auch ein paar langweiligere Nummern eingeschlichen, was der Freude keinen Abbruch tut, dass mit Anthrax mehr denn je zu rechnen ist. Die New Yorker Institution um den Gitarristen Scott Ian, das einzige verbliebende Gründungsmitglied, kann diesen Sommer live am Sonisphere in Luzern (3. & 4. Juni 2016) bestaunt werden.
lg. Die ersten beiden Alben von Entombed (hervorgegangen aus der Band Nihilist) aus Schweden, "Left Hand Path" (1990) und "Clandestine" (1991), gelten als absolute Blaupause des typischen Stockholm Death-Metal. Auch die dritte Scheibe, "Wolverine Blues" (1993) traf mit der Hinzufügung einer gewaltigen Prise Rock'n'Roll den Nerv der Zeit. Danach verlor sich die Band etwas; dies auch infolge des Ausstiegs von Drummer und Bandsprachrohr Nicke Andersson (ex-Hellacopters, Imperial State Electric). Nach einer albumtechnischen Funkstille seit 2007 ist zumindest Ur-Sänger Lars-Göran Petrov unter dem Banner Entombed A.D. (aufgrund von Namensstreitigkeiten mit Ur-Gitarrist Alex Hellid) aktiv. Das Album "Back To The Front" aus dem Jahre 2014 war ganz solid, mehr aber auch nicht. Mit "Dead Down" setzen Entombed A.D. zum Glück einen drauf und legen ein Album vor, das ordentlich knallt (auch aufgrund der tiefer gestimmten Gitarren) und eine gute Mischung aus Death Metal und rockigeren Elementen beinhaltet, ohne in irgendeiner Art weichgespült zu klingen. Einziges Manko ist leider das leicht monotone Organ von Lars-Göran Petrov, das mit der Zeit etwas nervt. Dennoch ein Album, zu dem man hervorragend Bier trinken kann. For Those About To Rot, We Salute You!
ROXXCALIBUR Gems Of The NWoBHM Limb Music
mv. 80er Jahre Metal- und NWoBHM-Fans dürfen
jubilieren. Roxxcalibur, die begnadete Coverband aus Deutschland rund um SzeneOriginal Neudi (Manilla Road), sind zurück und führen uns mit „Gems Of The NWoBHM“ zum dritten Mal auf eine Reise ins England der beginnenden 80er Jahre. Und wie schon auf den überragenden ersten beiden Scheiben gibt es auch auf diesem Album nicht die grossen Hits der Megaseller zu hören, sondern unentdeckte Perlen und längst vergessene Rohdiamanten aus einer Zeit, wo Heavy Metal noch ganz frisch und unbekümmert gelebt und verkörpert wurde. Viele der hier gecoverten Bands haben dann auch nur auf einem Sampler mitgewirkt oder sind nur auf Singles/Demos verewigt worden. Und selbst die Bands, welche Alben veröffentlichten und Plattenklich gross geworden (z.B. Fist, Budgie oder White Spirit). Das spielt aber auch gar keine Rolle und macht alles noch viel reizvoller. Denn gerade völlig unbekannte Tracks wie “Fool’s Gold” (Virtue), “Running Blind” (Bashful Alley), “Soldiers Of
War” (Satan’s Empire) oder “Black Ice” (Aragorn) sind einfach nur grossartig, atmen den Spirit dieser Zeit und lassen den Hörer in herrlicher Nostalgie versinken. Absolutes Highlight der Platte ist das atmosphärische Epic-Monster „Somewhere Up In The Mountains“ (Marquis De Sade). Dabei schaffen es Roxxcalibur immer wieder, die Musik in beängstigender Perfektion in die heutige Zeit zu transferieren und dank fantastischer Produktion in ganz neuem Glanz erstrahlen zu lassen. So wird mit Sicherheit jeder Hörer mit „Gems Of The NWoBHM“ wieder einige Perlen für sich entdecken, welche dem grössten Teil der Szene bislang trotz Internet und Ebay völlig unbekannt waren. Und dafür gebührt Roxxcalibur grossen Respekt. Die Band ist definitiv viel mehr als nur eine Coverband. Abgerundet wird das Album übrigens mit einem wunderschönen FantasyArtwork von Altmeister Rodney Matthews (Magnum, Praying Mantis, Diamond Head etc.). Eine runde Sache von Fans für Fans!
1990 schlug eine völlig unbekannte Band aus Stockholm namens Entombed in der damals aufkeimenden Death Metal Szene voll ein. Aus der Asche von Nihilist hervorgegangen konnten die fünf Schweden mit ihrem tief gestimmten Gitarrensound und der astreinen Produktion der damaligen Death Metal Produktionslegende Tomas Skogsberg aus den Sunlight Studios neue Massstäbe setzen. "Left Hand Path", so der Name dieses bahnbrechenden Debütalbum, gilt auch gut 25 Jahre später als Blaupause eines Sounds, der eine ganze Generation von Metalfans prägen sollte. Man denke da nur an Dismember, Carnage oder Unleashed. Heute bestehen mittlerweile zwei Inkarnationen von Entombed: Entombed A.D. mit dem Originalsänger Lars-Göran (LG) Petrov (auch bei Firespawn aktiv), die nun mit "Dead Dawn" bereits die zweite Scheibe unter diesem Banner veröffentlichen, sowie Entombed mit Originalgitarrist Alex Hellid, der offenbar nicht aus den Pötten kommt und seit längerem kein Lebenszeichen von sich gegeben hat. Doch wie kam es nach den glorreichen Anfangstagen zu dieser doch eher bizarren Konstellation? TRACKS ging auf Spurensuche. lg. Wenn man an die glorreiche Gods Of Grind Tour zurückdenkt, auf welcher Entombed zusammen mit Carcass, Cathedral und Confessor (alle Bands waren damals beim Branchenprimus Earache unter Vetrag) unterwegs waren, für volle Hallen sorgten und am 25. März 1992 das Volkshaus in Zürich in Schutt und Asche zerlegten, fragt man sich, wie es soweit kommen konnte und weshalb Entombed recht lange vor sich hindümpelten. Das zweite Album "Clandestine" (1991), auf welchem der etatmässige Sänger LG Petrov aufgrund seines kurzzeitigen Ausstieges/Rausschmisses nicht zu hören war (Drummer Nicke Andersson sorgte da für den Gesang und nicht der im Booklet genannten Johnny Djordjevic) schlug zwar nach wie vor in die Death Metal-Kerbe, war aber doch schon der letzte grosse Klassiker der Band, "Wolverine Blues" aus dem Jahre 1993, bedeutete mit der Hinzunahme von Rock'N'Roll-Elementen die Abkehr von der reinen Lehre, war aber eine super Scheibe. Bis zum nächsten Album "To Ride, Shoot Straight And Speak The Truth" ging es nahezu vier Jahre, denn die Band weckte Begehrlichkeiten verschiedener Labels. Das Album kam gut an, doch anschliessend stieg Drummer und Hauptsongwriter Nicke Andersson (jetzt Imperial State Electric) aus und widmete sich ausschliesslich seiner damals auch sehr angesagten anderen Band The Hellacopters, die dann recht erfolgreich wurde. Leider schafften es Entombed in den folgenden Jahren nicht, in songtechnischer Hinsicht den Ausstieg von Andersson zu verkraften, was sich in teilweise uninspirierten Alben niederschlug. Man denke da nur an das grungige Album "Same Difference" (1998) oder etwas langweilige "Uprising" (2000). Erst mit "Morning Star" (2001) ging es wieder bei Entombed richtig metallisch zu und her, doch konnte der verlorene Boden nicht mehr gutgemacht werden – andere Bands, allen voran die damals grossen Black-Metal Bands wie Dimmu Borgir oder Cradle Of Filth, hatten das Zepter im Extrem-Metal-Bereich übernommen.
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Doch schon mit dem rock'n'rolligeren „Inferno“ (2003) erhielten Entombed nur verhaltene Reaktionen. Auch einige Besetzungswechsel und ein Album später („Serpent Saints – The Ten Amendments“ aus dem Jahre 2007) war man nicht schlauer und die Band war weiter auf ihrer unklaren Linie unterwegs. Offenbar wurde – während sich Gitarrist und UrMitglied auf drei Re-releases von Alben aus der mittleren Bandphase mittels einer Crowdfunding-Kampagne konzentrierte – von den restlichen vier Mitgliedern (LG Petrov am Gesang, Nico Elgstrand an der Gitarre, Victor Brandt am Bass und Olle Dahlstedt an den Drums) ein neues Album aufgenommen. Dies führte dann naheliegenderweise zum Bruch mit Alex Hellid, der offenbar auch an Projekten werkelt, aber mit Entombed nichts mehr gemacht hat. So ist die Inkarnation Entombed A.D. die eigentliche Nachfolgeband der Death-Metal Legende Entombed und hat stilistisch die Rock'n'Roll Elemente zurückgefahren, so dass der Sound nunmehr wieder näher beim Death Metal liegt. LG Petrov gibt nach wie vor Vollgas und scheint mit seinen Mitstreitern Spass zu haben. TRACKS wollte mit den Protagonisten dieser Posse sprechen, doch leider fand das geplante Interview nicht statt. Dennoch fällt auf, dass das neue Album „Dead Dawn“ knapp zwei Jahre nach „Back To The Front“ veröffentlicht wird, was ja angesichts der vorhergehenden langen Pausen in Sachen Veröffentlichungen verwundert. Offenbar nutzt die Bands Soundchecks auf Tour, um an neuen Songideen zu arbeiten. Dann können sie fix zuhause die Songs fertigmachen und schon steht wieder ein Album. Zu den Texten zu „Dead Dawn“ ist zu sagen, dass es sich laut LG Petrov um Weltuntergangsthemen geht. Schliesslich geht alles den Bach runter und alle landen in der Hölle; auch Entombed A.D. wollen offenbar dort ein warmes willkommen... So endet ja auch möglicherweise der „Left Hand Path“, der Weg zur schwarzen Magie.
Der wandelnde Widerspruch bs. Spiritual Beggars sind nicht wie andere Hard-Rock-Bands. Das liegt sicherlich daran, dass die Schweden aus einem All-Star-Cast bestehen, der aktuelle und ehemalige Musiker von Arch Enemy, Opeth oder Firewind in seinen Reihen weiß. Das neunte Erzeugnis „Sunrise To Sundown“ zeigt eine weitere Qualität: Wandel steht hier hoch im Kurs, nach dem bluesig angehauchten Siebziger-Rock des Vorgängers „Earth Blues“ schreitet die Band nun um eine Dekade voran. Keyboarder Per Wiberg erzählt uns, weshalb Spiritual Beggars eigentlich so anders sind.
LIVE 4. April 2016 Pratteln, Z7
Per, du hast schon in unzähligen Bands in die Tasten gehauen, warst schon bei Candlemass oder Opeth aktiv. Wo liegen die größten Unterschiede zwischen diesen Bands und den Spiritual Beggars? In jeder Band sollte Spontaneität eine Rolle spielen, um die Dinge spannend zu halten. Doch in keiner anderen Band, in der ich bisher gespielt habe, spielt sie eine solch große Rolle wie bei den Spiritual Beggars. Dieser ganz besondere Vibe, den eine funktionierende Band ausmacht, ist das, wovon wir zehren und leben. Uns ist es ungemein wichtig, wie eine gewachsene und homogene Band zu klingen. Das ist unsere Spezialität, würde ich sagen. Eine Band wie die eure ist ja eigentlich prädestiniert dazu, schnell aufzugeben – Michael Amott und Sharlee d'Angelo touren ständig mit Arch Enemy um die Welt, um nur ein Beispiel zu nennen. Wieso überlebt ihr schon seit über 20 Jahren? Es gibt einen wichtigen Grund, weshalb es diese Band immer noch gibt: Wir lieben es viel zu sehr, zusammen Musik zu machen! Wir genießen unsere Gesellschaft und wissen die gemeinsame Zeit sehr zu schätzen. Das wird in der Musik spürbar. Und ob man es glaubt oder nicht: Wir sind verdammt gute Planer. Und das ist bei unseren Zeitplänen mit all den anderen Bands natürlich das A und O. Es steht also immer schon sehr lange im Voraus fest, wann und ob es ein neues Album geben wird? Im Zuge unseres letzten Albums „Earth Blues“ brachten wir Spiritual Beggars das erste Mal seit vielen Jahren wieder zurück auf die Straße. Wie tourten viel, spielten jede Menge Festivals – und merkten dabei, wie viel Spaß uns das eigentlich
Spiritual Beggars Sunrise To Sundown Inside Out/Sony bs. Am meisten überrascht von einem neuen Spiritual-BeggarsAlbum ist ausgerechnet Bandgründer Michael Amott. Das liegt nur teilweise an seiner Rolle bei den Metal-Titanen Arch Enemy, die dieser Tage größer sind und härter touren denn je. Vor allem liegt es daran, dass die erdig-dreckige Rock-Maschine Spiritual Beggars seit ihren frühen Tagen 1992 einzig und allein zur Befriedigung von Amotts Gelüsten nach handge-machter, ungekünstelter RockMusik dient. Das lässt ihn nur Musik machen, wenn er wirklich will, und spült mit „Sunrise To Sundown“ erfreu-licherweise bereits das neunte Studioalbum in die Gehörgän-ge der treuen Fans. Auf dem ist, so muss man sagen, kaum
macht. Dass wir danach ein weiteres Album machen würde, war uns allen zumindest in diesem Fall ziemlich bald klar. Aber wie du bereits erwähnt hast. Allein Arch Enemy sind so verdammt aktiv dieser Tage, dass wir einfach sehr früh mit der Planung anfangen mussten. Schon vor eineinhalb Jahren stellten wir erste Demos und Skizzen zusammen und planten jeden Schritt sorgfältig. Hinzu kam, dass wir einige wirklich gute Ideen aus den Session vom letzten Album übrig hatten, die wir mit viel Freude aufarbeiteten und endlich vollendeten. Es gibt also ein gewisses Archiv, eine Schatztruhe mit unvollendeten Stücken? Im Grunde schon. Auf dem neuen Album findet sich sogar ein Song, an dem wir seit „On Fire“ rumschrauben. Manchmal fehlt eben die zündende Idee, manchmal passt ein Song nicht zu den anderen, manchmal ist es etwas anderes, das man gar nicht beschreiben kann. Dieser spezifische Song kam bei jedem Album seither an die Oberfläche, hatte aber nie das Glück, vollendet zu werden – obwohl wir alle überzeugt davon waren, dass er großartig ist. Also kramten wir ihn auch diesmal wieder hervor – und siehe da: „I Turn To Stone“ ist endlich fertig. Nach 14 Jahren! Viele Stücke auf „Sunrise To Sundown“ hast du mit Michael zusammen geschrieben. Wie läuft das bei euch beiden ab? Wenn Michael und ich zusammen komponieren, setzen wir uns für gewöhnlich mit der akustischen Gitarre in seine Küche und fangen an zu spielen. Meist verbringen wir so ein Wochenende zusammen, probieren viel aus, trinken ein wenig und schauen danach mit den anderen, was so alles entstanden ist. Und was macht euch beide zu einem derart guten Team? Das ist natürlich eine ziemlich gute Frage, aber wir teilen seit jeher eine sehr unaufgeregte und entspannte Herangehensweise an unsere Musik. Was aber natürlich für uns alle gilt, ist, dass wir sehr genau wissen, worum es bei Spiritual Beggars eigentlich geht. Es gibt keine Unklarheiten, keine Unsicherheiten darüber, welchen Stil wir spielen sollen. Ich meine, diese Band existiert ja nur aufgrund unserer Liebe
noch etwas vom Stoner-Rockgeschwängerten Taumel der letzten Werke zu spüren. Das deutete 2013 schon das letzte Werk „Earth Blues“ an, jedoch wurden die titelstiftenden Blues-Elemente schon wieder ad acta gelegt. Stattdessen dominiert breitbeiniger, heroischer Hard Rock mit emporgereckten Fäusten und dem Mut zum Pathos-Refrain. Gut, dass man bei den Spiritual Beggars Wandel wie diese gewohnt ist, andernfalls würde man den einen oder anderen Hörer mit dieser klassi-schen, mitunter glammigen Breitseite sicherlich irri-tieren. Andererseits wäre die Band selbst dann noch immer eine der wenigen verbliebenen Bastionen, die konsequent tun, was sie wollen. Komplett live mit der kompletten Band in einem Raum aufgenom-men, ist dieses trocken und wuchtig dröhnende Album die Repräsentation der Spiritual Beggars im Jahr 2016. Und wie könnte es anders sein: Auch dieser Sound steht den Schweden gut.
zum Rock und Metal der Siebziger und Achtziger. Diese Musik wollen wir spielen! Weil wir eh alle in den verschiedensten Projekten aktiv sind, hat niemand das Bedürfnis, mit der Idee zu einem Hip-Hop-Song in den Proberaum zu kommen. Wenn wir mit den Spiritual Beggars spielen, weiß jeder, was er zu tun hat. Kreative Dispute gibt es deswegen nie, das macht es ja so schön. Zumal ihr euch dennoch aus stilistischer Sicht nicht gerade einengt. Ich finde es großartig, dass es heutzutage so viele verschiedene Genres gibt, aber man darf eines nicht vergessen: Als alte Helden wie Deep Purple, Black Sabbath, Led Zeppelin oder Rainbow ihre Alben veröffentlichten, waren die sehr oft verdammt abwechslungsreich. Heute versucht jede Band, nur einen ganz bestimmten Stil zu spielen, und vergisst dabei, dass es selbst ihre Vorbilder anders gemacht haben. Bei den Spiritual Beggars geht es uns mehr darum, die Grenzen auszuloten, die diese Genres vorgeben. Und da ist eine Menge Spielraum, kann ich dir sagen! Diesmal scheinen es euch die wuchtig produzierten Hard-Rock-Hymnen der Achtziger besonders angetan zu haben. Zum Teil ist dafür natürlich auch die Produktion verantwortlich, aber selbst hinsichtlich der Darbietung erkenne auch ich durchaus eine Hinwendung zum Hard Rock der Achtziger. „Earth Blues“ war wilder, bluesiger natürlich auch. „Sunrise To Sundown“ ist da eher kompakter, mehr auf den Punkt gespielt. Hat dieses Gefühl auch etwas damit zu tun, dass ihr das Album komplett live aufgenommen habt – Auge in Auge, sozusagen? Oh ja! Es ist tatsächlich etwas völlig anderes, wenn du deinen Bandkollegen beim Aufnehmen direkt in die Augen schauen kannst. Es ist schwer zu greifen, doch dabei entsteht etwas, von dem wir überzeugt sind, dass man es am Ende auf dem Album hört. Da geht etwas vor sich, dass man nicht erklären kann. Und genau das ist es! Hinzu kommt, dass es aus logistischer Sicht viel einfacher ist. Aber das ist ein langweiliger Grund, ich weiß.
Die Zukunft ist
SEXY LIVE 19.3. Aarau, Butcher Pub 02.4. Blasthal, Irish Tavern 22.4. Aarau, Kiff
Sie kommen aus Zofingen und haben Ende letzten Jahres ein fantastisches Debüt-Album an den Start gebracht. Ihre Mission heisst Retro-/Classicrock und sie haben das Zeug für eine grosse Karriere. hh. Für eine harte bluesbased Classicrock-Band ist Sexy eigentlich ein ziemlich bescheuerter Name, aber das kann man gleichsinnig über/von Kiss auch sagen. Geschadet hat es letzteren nicht, im Gegenteil – und weil sich ja alles irgendwann wiederholt, sind wir für Sexy also guter Hoffnung. Zur Namenswahl erklärt Gitarrist Ray Misterio: „Wir hatten ewig lange nach einem Bandnamen gesucht und wir hatten, wie gefunden habe, auch ein paar gute. Dann haben wir zufällig unter dem Sofa im Übungsraum ein Heft gefunden, das wohl zehn Jahre lang dort vor sich hingegammelt hat. Das Heft hiess Sexy und da haben wir uns gedacht, das ist jetzt unser Bandname.“ Drummer Pidi Criss ergänzt: „Wir waren da alle ziemlich angetrunken und fanden das super. Aber am nächsten Tag waren wir uns nicht mehr sicher und haben gedacht: Das kannst du nicht bringen! Das ist echt beschissen. Aber Kudi ( Kudi Heeg, Bassist) hat dann gemeint: Nein, der Name ist gut – der bleibt jetzt!“ Dazu Kudi: „Internettechnisch ist der Name sicher nicht schlau, das haben wir schnell gemerkt. Aber er polarisiert und man vergisst ihn nicht so schnell.“ Die 2011 gegründete Band ist relativ neu, die vier Musiker gehören jedoch schon seit Jahren zu den bekannten Figuren in der Rockszene und haben sich in Gruppen wie Hellmute, Pub La Bomba, 369 oder Angry Bastards die Sporen abverdient. Drummer Pidi ist nach wie vor auch bei Rams aktiv. Sieht man sich die musikalische Vergangenheit der Bandmitglieder an, erstaunt es , dass sie mit Sexy den Sound der grossen Classicrock-Bands aus den 70ern pflegen. „Obwohl wir sie ja nicht selbst erlebt haben, stehen wir alle auf den 70er-Jahre-Rock, Led Zeppelin, Deep Purple, Kiss, Status Quo – das sind schon die gemeinsamen Nenner,“ erläutert Ray. Sexy haben als musikalische Basis zwar die Hochzeiten
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Live Fotos: Marion Gross
des Classicrock, die Einflüsse von 90er Bands wie Monster Magnet oder Pearl Jam sind jedoch deutlich auszumachen, wie man auf ihrem hervorragenden Debüt-Album „Shout For Sexy“ nachvollziehen kann. Aufnahmetechnisch musste sich das Quartett aus finanziellen Gründen notgedrungen an ihren grossen Vorbildern aus den 70ern orientieren, als Platten noch im Studio in kürzester Zeit live eingespielt wurden. „Wir haben das Album in vier Tagen aufgenommen,“ erzählt Sänger Pascal Tallarico, „alles live eingespielt ohne grosse Overdubs.“ Für den rohen, druckvollen Sound war Toningenieur Reto Peter verantwortlich, ein alter Freund von Kudi schon seit Kindertagen. Peter lebt heute in den USA, hat sein eigenes Tonstudio und arbeitet u.a. mit Acts wie Green Day, Machine Head oder Iggy Pop. Wie es mit Sexy weitergeht, wird man sehen. Da die Band zwar ein Label und einen Vertrieb hat, aber ansonsten alles in Eigenregie erledigt wird, kann es durchaus sein, dass die Zofinger leider auch den Weg vieler anderer, vielversprechender Schweizer Bands gehen müssen. Und dieser Weg endet zu oft in einer Sackgasse durch den Mangel an einem guten, seriösen Management und den richtigen internationalen Kontakten, denn die Schweiz ist für eine Band wie Sexy auf Dauer viel zu klein. Das Quartett gehört auf grosse Bühnen, wie sie als Support der AC/DC-Tribute Band Live Wire im
Dezember im ausverkauften Z7 eindrücklich bewiesen. Sexy ist in erster Linie eine hammergeile Liveband mit einem fetten DebütAlbum im Gepäck, angeführt von Frontmann Pascal Tallarico, eine begnadete Rampensau, die hemmungslos alles gibt und mit einer der besten Rockstimmen gesegnet ist, die man seit Jahr und Tag in unserem Land hören durfte. Zudem ist er ein echter Ladykiller mit einem riesigen dreckig-charmanten Charisma (Vergleiche mit Steven Tyler oder Bon Scott sind absolut zulässig), der speziell auf weibliche Fans magnetische Anziehungskraft hat. All das sind die Zutaten, die nur wenige Bands vorweisen können, die aber aus einer guten Rockband einen erfolgreichen Act machen. Sexy haben diese Ingredienzen im Übermass, sind einer der derzeit heissesten, potentesten und vielversprechendsten Schweizer Rockacts. Mit Glück und eisernem Durchhaltewillen könnten die Zofinger der nächste grosse Schweizer Act auf internationalen Bühnen werden – die Qualität dafür haben sie jetzt schon! Leider, das muss einmal hier in aller Deutlichkeit gesagt werden, haben offenbar weder das Label noch der Vertrieb einen blassen Schimmer, welches Vollblut sie mit Sexy im Stall haben.
CHICA TORPEDO
POLO HOFER
Nachtschicht
Ändspurt
Endorphine
Sound Service
denn nicht ein Gebet singen?“, fragt Polo auf dieselbe Frage. Man soll ja auch nicht alles hinterfragen. Wenn man jetzt auch noch den Titel „Jesus het es Handy“ hinterfragen würde, dann könnte man auf die Idee kommen, Polo möchte gegen Ende seines Lebens den Seelenfrieden finden, vielleicht sogar mit Hilfe von oben.
„Granit“. Mit „Salsa, Tango, Walzer“ motiviert er zum Tanzkurs. Der Typ ist nicht zu stoppen; seine CH-Tournee ist bereits ausverkauft.
ABU RESET Radicalis
TRAUFFER Heiterefahne Sony Music hef. Weltmusik aus Bern. Oder so. Schmidi Schmidhauser jedenfalls ist ein Tausendsassa. Was der Mann mit der hohen und ziemlich ungewöhnlichen Mütze musikalisch auch anpackt, ob wie früher bei Stop The Shoppers oder seit ein paar Jahren mit Chica Torpedo: Spassfaktor garantiert. Musik mit Seele aus allen Varianten des Spektrums moderner Stile. Man muss solche überzogenen Worthülsen verwenden, um diesem Sound gerecht zu werden. Nur aufzuzählen, was die Musik von Chica Torpedo alles beinhaltet, reicht bei Schmidi nicht. Er sei kein typischer autobiografischer Songwriter, aber trotzdem gehe es immer um seine eigene Welt, sagte er einst. Trotzdem muss man gewisse Ingredienzen dieser latino-dominierten Musik erwähnen, auch wenn Rock, Funk, Soul, Ska und Reggae ebenso nur Einflüsse sind wie etwa Son, Salsa, light Jazz und sogar Texmex. Chica Torpedo haben das Glück, einen wirklichen, einen echten „Lateiner“ in der Band zu haben. Anselmo stammt aus aus den Bergen von Peru, er sei „sehr indio mit fast bernerischem Temperament“, meint Schmidi. „Ich habe viel von ihm gelernt, trotzdem ist unsere Musik europäisch geblieben, europäischer Latin.“ Manu Chao lässt grüssen. Hier gibts mit dem Kammerorchester „Musica Movendi“ einen neuen Zusatz-Groove, die Zusammenarbeit entstand aus einer zufälligen Begegnung mit gegenseitiger Bewunderung. Die Streicher sind gleich auf vier Songs zu hören: „Preludio“, „Streifgänger“, in „Löu“ und „Du bisch i mim Härz“. Auch die Radios haben bereits Gefallen an den „orchestrierten“ Songs gefunden. „Löu“ jedenfalls ist oft on air zu hören wie auch die andere Single „Glögglifrösch“. Wie heisst es doch so schön im Pressetext: „Nachtschicht bedeutet Arbeit – und Arbeit macht glücklich.“ Wie diese Musik, die aus viel Arbeit entstanden ist.
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hef. Der Album-Titel lässt noch alles offen, was Polo in den letzten Wochen immer gefragt wurde. Die letzte CD? Und abwinkte: „Ach was, warten wir's ab.“ Wie auch immer: Jedes neue Album von Polo ist ein Highlight. Obwohl, um das mal ganz salopp zu sagen, dieses nicht das Beste seiner Karriere ist. Nur: Im Gegensatz zu vielen anderen über 70jährigen Popstars rezykliert sich Polo nicht. Er bleibt einfach seinem eigenen Stil treu, lässt aber vieles in teils etwas feinerer, wenn nicht sogar zarterer Klinge ertönen. In einigen der 13 Lieder, sechs zusammen mit SchmetterbandKeyboarder Hape Brüggemann geschrieben und zwei mit der einstigen SchmetterdingPianistin Marianne Polistena, öffnet Polo seine Seele. Wieviel Autobiografisches in den Hofer-Songs steckt, scheint vor allem in „Dä wo trinkt“ offensichtlich. Im Lied von Mary Gauthier hat Polo den Text adaptiert. Seine Vorliebe für Alkohol war nie ein Geheimnis. „En alte Maa sitzt u winkt/ I bi dä – dä wo trinkt.“ Um allfällige Vorwürfe ad absurdum zu führen, passt der letzte Satz. „I weiss, was i bi/ Aber es isch egal – egal für mi“. Vor allem die beiden letzten TItel „When My Final Hour Has Come“ und „Sing es Gebät“ gehen unter die Haut. Ich bin bereit, wenn meine letzte Stunde gekommen ist, heisst es im letzten Satz des englisch gesungenen Songs. „Ich bin bereit, weiter zu gehen. Oh Lord, Herr, hab' Erbarmen mit mir. Ich habe ein gutes Leben gelebt. „Ha gläbt wie alli Vagabunde“, heisst es in „Sing es Gebät“. „Mänge Chehr, mänge Rank und mängi Brügg/ Ha Fründe verlore und neui gfunde/ U wie me i Wald rüeft, so chunnt's zrügg“. Ein übliches Lebensbild. Doch dann kommt der HühnerhautRefrain. „U wenn i de einisch gange bi/ De sing, sing es Gebät für mi“. Er habe versucht, selbst im Finsteren heiter zu sein, singt er in der zweiten Strophe. „Ja warum
Kuhglocken kündigen zu Beginn an: „Trauffer isch zrügg“. Der Kuhschnitzer vom Brienzersee enterte mit diesem Album auf Anhieb Platz 1 der Schweizer Album-Charts. Mit Handorgel, Jung-Bernhardiner und Schützenfahne auf dem Cover trifft er schon optisch ins Herz der breiten Schweizer Bevölkerung, satte Gitarrenriffs im ersten Titel hin oder her. „Jetzt walze mer alles platt, de Trauffer isch zrügg i de Stadt“, keiner kann uns aufhalten, auf dem Gipfel zu stehen. Tatsächlich, geschafft! Nach dem rhythmischen Einstand das krasse Gegenteil: der Jodler „Sennesinger“. Bis der Reggaeähnliche Rhythmus einsetzt und die Handorgel den Lead übernimmt. „I füehl mi niene so dihei wie da“, heisst es weiter. Auch der ReggaeGroove geht weiter in „Frl. Marty“. Das ist Party-Musik total. Zum Mitgrölen. Der Titelsong dann eine Ballade, kitschig im Text. Wie zuletzt Franz Arnold holt Trauffer mit seinem Schwizer Ethno-Sound die Leute ab. Kein Wunder: Das ist astreiner Popschlager mit der Betonung auf Pop. Da stören selbst die heissen Gitarren-Soli nicht. Trauffer ist eigentlich Unternehmer für die Touristik-Industrie mit vielen Angestellten, im Umfeld von Interlaken, wo er zuhause ist, genau das Richtige. Seine geschnitzten Kühe gehen weg wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Trauffer hat sein Musik-Handwerk als Gitarrist und Kopf der Popband Airbäg gelernt. „Marmorstei u Isä bricht, aber Dir bissi uf Granit“, singt er in
ip. ABU, der laut Biografie „kleine, bärtige Mann aus der Provinz“, macht ganz und gar keine Provinzmusik. Der Schweizer hat sich auf seinem neuen Album mit grossen Schritten über Genres hinweg-gesetzt und bringt mit „R E S E T“ eine äusserst interessante und abwechslungsreiche Scheibe unter die Leute. Grundsätzlich könnte man die Basis als alternativen Singer/ Songwriter-Indiepop bezeich-nen. Das klingt so erstmal nicht wahnsinnig spektakulär oder neu, aber der Musiker rührt mit weit ausladenden Gesten und einer breiten Palette an Zutaten ein spannendes Gericht an, das als Geschmacksexplosion im Ohr hängen bleibt. Krude Tonkombinationen und dicke Elektrobeats vermengen sich mit zerbrechlichen Vocals, manchmal wehmütigen Melodien und herkömmlichen Instrumenten. Manchmal klingt ABU auch nach einer Laid Back-Version von G. Love & Special Sauce („Look At Me“) oder zaubert filigrane Klaviermelodien in „Nowhere“. Mit „Walk Tall“ ist sogar eine sehr dezent-hübsche Nummer vorhanden, die man aufgrund der Vorgängersongs überhaupt nicht erwarten würde. Die Arrangements sind durchgehend fesselnd und mit einem Hang zur Dramatik, was dem übrigens hervorragend produzierten Gesamtkonzept eine bemerkenswert hohe Aufmerksamkeit abverlangt. Platten wie „R E S E T“ sollte es dringend öfter geben, denn ABU hat hier ein kleines Kunstwerk geschaffen, auf dem es bei jedem Durchgang Neues zu entdecken gibt und das jetzt schon zu den Favoriten des Jahres zählen muss. Denn obwohl 2016 erst gerade angefangen hat, liegt die Messlatte dank „R E S E T“ schon gewaltig hoch.
HALUNKE Easy Der letzte Schrei Records ip. Kurz und knackig kommen die Halunken aus Bern mit einer EP um die Ecke und können mit Aufnahmen auf dem Schilthorn (2970müM) sogar eine geografische Besonderheit vorweisen. Das ist aber nicht der einzige Hurra-Faktor für die radiotaugliche Kombo, denn „Easy“ ist eine insgesamt flockige und ohrwurmtaugliche Sache geworden. Der swingende Track „Schiffbruch“ hat gar Büne Huber zur Zierde und während des Durchlaufs des Kurzplayers merkt man, dass der weiche Berner Dialekt schon länger keinen so eingängigen Weg mehr in die heimischen Gehörgänge gefunden hat. Mit dem Titelsong ist eine groovige Stop-and-Go-Nummer vertreten, die einen schönen, transparenten Refrain besitzt und mit positiver textlicher Aussage unterlegt wird: „Du chasch derbi si, när isch aues easy“ hat schon wirklich was fürs Gemüt und fegt vor allem direkt ins Tanzbein. Ähnliches gilt für „Goldegi Zyte“, das textlich zwar eher aus der Beobachterposition ohne Lösungsansatz erzählt wird, aber von einer Gitarre im Reggae-Style und dezentem Bläsersatz unterlegt ist und damit (und dem schönen Berner Dialekt) trotzdem keine Tristesse verbreitet. Der letzte Song ist die Reprise seines Vorgängers und hier wird es instrumental mit Klavier ein wenig nachdenklich und schwermütig. Das macht aber gar nichts, sondern gibt der EP eine gute Abwechslung. „Easy“ ist ein feines, kleines Stückchen Berner Popmusik zum Öfterhören, denn dann erschliesst sich einem auch der volle textliche Konsens. Empfehlenswert.
PATRICK BISHOP EP Bellaphon rp. Keiner der Berner Band Patrick Bishop heisst Patrick Bishop, nicht mal einer hat den gleichen Vornamen. Das neue Werk des Quintettes hat überhaupt keinen richtigen Namen, es heisst einfach «EP». So
richtige Namen haben auch die fünf Songs darauf nicht. Nicht identifizierbar sein wollen sie, sich nicht festlegen. Kunst oder Verwirrung? Im dritten Track wird ein berühmt gewordener Ausspruch von Patrick Henry (Vertreter der Amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung wenigstens einer, der Patrick heisst) eingeblendet: «Gebt mir Freiheit oder gebt mir den Tod!“ So bewusst nicht fassbar, der/die Album- und Songtitel sind, so fassbar ist doch die Musik von Patrick Bishop. Auch wenn Tracks wie «Un», «Zwei» oder «TpÈ» eine anziehende Kraft ausstrahlen, so bewegen sie sich doch in bekannten Bahnen. Musikalisch schwimmen Patrick Bishop im bedeutungsschwangeren Gewässer von Bands wie Muse oder Placebo.
WICKED PLAN Out Of Fire Ring Of Amadon Records rp. Die Schweiz hat seit einigen Jahrzehnten eine fruchtbare Hardrock- und Metal-Szene, die auch ins Ausland ausstrahlt. Wicked Plan, die Zürcher Band um Frontfrau Natali Keller, hat das Talent ebenso im Ausland Spuren zu hinterlassen. Ihr zweites Album nach «Becoming God» (2013) ist ein überzeugendes Exempel für energetischen Metal und Power-Metal. Gleich zu Beginn macht das Quartett klar, was in ihm steckt. Knackige, elektrisierende Riffs reissen den Hörer mit. Sängerin Natali reizt dazu ihr gesangliches Potential bis zum Anschlag aus, so dass Mann und Frau an Fabienne Shine (Shakin Street) oder eine Doro (Solo, Warlock) erinnert werden. Neben Natali's Powerstimme und der erfrischenden Härte fällt immer wieder die filigrane Gitarrenarbeit von Gitarrist Dan Keller auf. Der studierte Musiker verhehlt in seinen virtuosen Solos die Nähe zu Grössen des Genres wie Yngwie Malmsteen, Joe Satriani oder Marty Friedman nicht. Keller platziert seine Solos immer wieder sehr songdienlich und vermeidet reine Effekthascherei. Diese Kombination macht «Out Of Fire» zu einem kurzweiligen Vergnügen für Fans des Genres.
ZLANG ZLUT Crossbow Kicks Czar Of Revelations/NonStopMusic lg. Zlang Zlut sind ein Duo aus Basel, welches seit 2010 aktiv ist, und mit "Crossbow Kicks" nun ihr zweites Album vorlegt. Bei den beiden beteiligten Musiker handelt es sich um Cellist Beat Schneider (hier mit ElektroCello und Moog Taurus Pedals) sowie Drummer/ Sänger Fran Lorkovic (u.a. Undergod, Bon's Angels, exErotic Jesus). Kennengelernt haben sich die beiden sehr erfahrenen Musiker Anfang der 1990-er Jahre als gemeinsame Mitglieder des Phoenix-Ensemble, einer Formation für zeitgenössische Musik. Liest man die Kombination von Zlang Zlut auf Papier, kann man sich darunter wohl kaum etwas vorstellen. Hört man allerdings die Musik von Zlang Zlut (übrigens super Bandname) dringt einem sehr lebendige und von V.O. Pulver hervorragende produzierte
Rockmusik ins Ohr. Schneider sorgt mit seinem Cello und dem Moog Synthesizer für einen adäquaten Ersatz für Gitarre und Bass mit ganz eigener Note, während Lorkovic den klassischen Part besorgt. Stilistisch machen Zlang Zlut recht noisigen Rock eigener Prägung, der Elemente des Stoner-Rock und Grunge mit klassischen Bands wie Black Sabbath vereint. Dazu kommt eine Prise Abgefahrenheit, welche einen unweigerlichen an Mike Patton von Faith No More denken lässt. Zlang Zlut muss man gehört haben – denn die Band rockt wirklich. Als Anspieltipps seien die ersten drei Songs ("Hit The Bottom", "Shake Me Up" und "Against The Wall") und der experimentelle Longtrack "Now" genannt, welche einen guten Überblick über den Bandkosmos geben.
YOKKO
Elastische Perfektion
ub. Im September 2013 debütierte die Post-Indie Band YOKKO mit dem Album „Seven Seas“ und stieg direkt in die Top 10 der Albumcharts ein. Auch mit den drei Single-Auskopplungen "Harvest", „Calling All Gods“ und „Loaded Dice“ konnten die Musiker Lorbeeren ernten. Die hochgelobten Newcomer mussten zu Beginn ihrer Karriere auch Rückschläge hinnehmen. Wir sprachen mit Philipp Treyer (Gitarre) und Matthias Tröhler (Bass) über das neue Album “To The Fighters. To The Boxers.“, welches derzeit in den Startlöchern steht.
Mit dem Erstling „Seven Seas“ seid Ihr 2013 quasi über Nacht zu nationalen Stars geworden. Was ist seither passiert? Philipp: Wir haben viele Konzerte im In- und Ausland gegeben und an den grössten CH-Openairs gespielt: Auf dem Gurten, in St. Gallen, Gampel oder an den Musikfestwochen in Winterthur. Ziemlich crazy war der Gig im Paradiso in Amsterdam oder der Auftritt im Hamburger Musikclub Molotow. Dorthin hatte uns das SRF entführt. Die Location war bereits gebucht und wir mussten während der Fahrt in den Norden alles Weitere organisieren. In einer Uni-Stadt wie Hamburg waren unsere Flyer jedoch schnell verteilt. Matthias: Ab Januar 2015 waren wir mit dem Songwriting für das neue Album beschäftigt. Zudem waren wir bei den Swiss Music Awards als “Best Live Act 2015“ nominiert. Leider mussten wir den Sieg an Lo & Leduc abtreten. Das Jahr zuvor hattet Ihr den Swiss Music Award als „Best Talent 2014“ erhalten. Was hat Euch diese Ehrung letztendlich gebracht? Ph: Geld. Neben den Einnahmen von den Live-Konzerten hat dieser Award die Aufnahmen für unser zweites Album mit ermöglicht. M: Den meisten Newcomer-Bands fehlt schlicht die Kohle. Da bringen solche Preise enorm viel. Wie erklärt Ihr Euch den Erfolg von YOKKO? Was macht Euch aus? M: Ich glaube, es gefällt den Leuten, dass wir authentisch sind. Es geht uns nicht nur darum, Erfolg zu haben. Unser Antrieb ist die Freude an der Musik. Wir bleiben uns selbst und werden spielen, solange es geht. “To The Fighters. To The Boxers.“ erscheint am 4. März. Die erste Single “River” wurde bereits veröffentlicht. Inwiefern unterscheidet sich die zweite Platte von der ersten? M: “To The Fighters. To The Boxers.“ ist ein weiterer Meilenstein auf
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unserem musikalischen Weg. Es hat sich noch klarer herauskristallisiert, was wir lieben. Zudem ist es ein sehr persönliches Album geworden. Was war die Inspiration? Gab es ein Konzept? Ph: Den Albumtitel kann man als Überschrift verstehen. Eine Zusammenfassung dessen, was wir tagtäglich erleben. Wir müssen 100%ig für unsere Sache einstehen und kämpfen dafür. Die Message lautet: Bekämpft den Kopf und hört auf Euer Herz! Im Booklet der CD findest du einen kurzen Text, der den “clash of mind and instinct” (Konflikt zwischen Verstand und Instinkt) beschreibt. Es ist okay, nach Entscheidungen Zweifel zu haben, doch du darfst an dieser Zukunftsangst nicht zerbrechen, sondern musst sie bekämpfen und überwinden. M: Dieser innere Kampf ist bei jedem Menschen auf einer anderen Ebene aktuell und schwierig. Doch man muss ihn immer wieder annehmen! Ph: Hör dir den Text zu “Bloodline” an. Es geht darum, wie viel Kraft es verleihen kann, eine Entscheidung getroffen zu haben. Vielleicht war sie nicht vernünftig oder gescheit, aber nötig und gut. Man muss seinen Impulsen folgen. M: Wir wollen die Menschen bestärken, an sich selbst zu glauben. Wer schreibt bei Euch die Songs? M: Das ist der Typ, der neben mir sitzt… Philipp Treyer ist der hauptsächliche Ideen- und Melodienlieferant. Er stösst den Songwriting-Prozess an, bevor das Ganze durch den “YOKKOFleischwolf” gedreht wird, wie wir so schön sagen (lacht). Ph: Ich schreibe auch Texte, doch meist stammen diese von Adi. Kurz bevor wir die Tracks in Berlin aufnehmen wollten, schrieb Adi alle Lyrics nochmals neu. Die Identifikation mit den Inhalten ist ihm wahnsinnig wichtig, weshalb er die Texte am besten selbst schreibt. Wir haben alle schnell gecheckt,
dass dies vor allem auch live für alle Beteiligten ein komplett anderes Erlebnis ist. Das neue Album wurde in den Vox-Ton Studios von Berlin aufgenommen (Julia Holter, Agnes Obel, Birdy, Efterklang). Wieso gerade dort? Ph: Berlin ist eine coole Stadt. Zudem stehen wir auf echte Instrumente und handgemachte Musik. Das Vox-Ton ist ein komplett analoges Aufnahmestudio. Da steht jede Menge Vintage Equipment herum. Teilweise auch Geräte, die wir zuvor noch nie gesehen hatten (lacht). Stell Dir vor, unser Album ist mit dem legendären Mischpult von “Bohemian Rhapsody” entstanden! Wie gross war der Einfluss des Produzenten Niels Zuiderhoek? M: Er hat uns animiert und gute Vorschläge gebracht. Niels ist ein feinfühliger Mensch. Als Supervisor hat er sehr gut herausgespürt, was uns beschäftigt. Vielleicht weil er selber auch Musiker ist. Er war wie ein Mentor für uns. Ph: Wir haben viel Zeit und Energie in diese Produktion investiert. Mit Hilfe von Zuiderhoek haben wir am Sound herumgefeilt, bis er unseren Ansprüchen genügte. Niels war sehr gut darin, musikalisch zu übersetzen, was wir in Wirklichkeit ausdrücken wollten. Seid Ihr Perfektionisten? M: Absolut. Vielleicht fast zu sehr. Wir sind kompromisslos, jedoch nicht verbissen. Ich würde es einen gelassenen, elastischen Perfektionismus nennen. Wir haben hohe Ansprüche an uns selbst und an unsere Musik, können Sachen aber auch einmal ruhen lassen und später nochmals angehen. Ph: Viele Songs haben es deshalb nicht aufs neue Album geschafft und wurden beiseite gelegt. Wer weiss, vielleicht spielen wir diese Stücke ja live... Wie lange wart Ihr in Berlin? Ph: Zwei Monate. Den Aufnahmen im Studio ging jedoch eine intensive Zeit in der Schweiz für die Vorproduktion voraus. Wir hatten in Baden ein altes Kino gemietet und dort zunächst alle Tracks live eingespielt. YOKKO wurde 2010 gegründet. War von Anfang an klar, in welche Richtung es musikalisch gehen soll? Ph: Darüber haben wir uns damals keine Gedanken gemacht, sondern einfach losgelegt. Welche Musiker haben Euch geprägt? Ph: Unsere Väter haben viel Ähnliches, aber auch viel Verschiedenes gehört. Allen gemein sind witzigerweise die Dire Straits. Mark Knopfler ist der Grund, weshalb ich anfing, Gitarre zu spielen. Trotz des Erfolgs gab es auch Widerstände, wie z.B. die Pleite des US-Labels, das Euch früh unter Vertrag nahm. Wolltet Ihr damals aufgeben? M: Im Gegenteil. Wir haben während dieser Zeit viel gelernt und uns nicht entmutigen lassen. Wir knüpften gute Kontakte, die bis heute bestehen. So haben wir den damaligen US-Produzenten in Deutschland wiedergetroffen. Ph: Das war schon ein echter Neustart. Wir hatten bereits ein komplettes Album eingespielt, es jedoch nie veröffentlicht. Diese Songs liegen noch irgendwo herum. Bis heute haben wir keines der Stücke jemals wiederverwendet. Was muss man unter dem Genre „Atlantic Wave” verstehen? Ph: Mächtige Wellen treffen auf bewusst reduzierte Sounds. Die Verknüpfung dieser gegensätzlichen Pole macht unsere Musik aus. M: Man nennt das wohl Dynamik. Ph: Typisch für unseren Stil sind die Songs “Disclaimer” oder “Circle”. Diese Stücke beginnen sehr ruhig und reduziert, enden jedoch im Sturm. Ab Mitte März seid Ihr auf CH-Tournee. Wird es auch Ausland-Gigs geben? Ph: Das ist noch offen. Die Tournee ist momentan noch in Planung. Natürlich wünschen wir es uns. Wenn du nicht mehr träumst, bist du tot. Zurzeit legen wir Intensiv-Wochen ein und sind völlig fokussiert auf die Vorbereitungen für die Tour. M: Wir programmierten bereits einige Sounds und bereiten uns mit dem PA Mischer optimal auf das Bühnenerlebnis vor.
YOKKO To The Fighters. To The Boxers. Muve Recordings ub. Nach „Seven Seas“ von 2013 kommt das neuste Werk der Schweizer Band Yokko noch eindringlicher daher. Der kämpferische Albumtitel steht für den täglichen Konflikt zwischen Herz und Verstand sowie für die Umsetzung unserer Entscheidungen. “Bloodline” beschreibt das befreiende Gefühl, eine eben solche getroffen zu haben. Die fünf jungen Musiker sind bekannt für grosse Gefühle und Gesten. Sphärische Klangteppiche und kultivierte Sounds nehmen uns mit auf eine Reise nach innen. Atlantic Wave nennt sich das dynamische Genre, das von Ebbe auf Sturmflut umschaltet. „Die Verknüpfung dieser gegensätzlichen Pole macht unsere Musik aus“, meint Gitarrist und Hauptkomponist Philipp Treyer. Genre-typisch sind “Disclaimer” mit 80ies-Touch oder “Circle”. Nach einem ruhigen Beginn enden die Stücke im leidenschaftlichen Rausch. Kraftvolle Gitarren kommen durchaus auch zum Einsatz („Fever“). Die erste Single-Auskoppelung “River” entpuppt sich als Ohrwurm. Der eingängige Refrain bleibt bereits beim zweiten Hören hängen. Die nachdenklichen Texte stammen aus der Feder des Leadsängers Adrian Erni. Dessen tiefe und durchdringende Stimme erinnert mal an Jim Kerr von den Simple Minds, dann wieder an Caleb Followill (Kings of Leon). Die weiteren Yokko-Musiker heissen Matthias Tröhler (Bass), Domenic Schüpbach (Drums) und Daniel Fanslau (Keyboards). Mit Hilfe des Produzenten Niels Zuiderhoek ist in den analogen Vox-Ton Studios von Berlin eine glasklare und wuchtige Produktion entstanden. Nach der “Best Live Act“Nomination des letzten Jahres, werden Yokko auch mit dem neuen Songmaterial auf der Bühne begeistern.
Keine einfachen Typen
BRAINHOLZ
ub. „Leider gibt es in Deutschland bereits eine Band, die Grove heisst. Da wollten wir nicht stur sein und überlegten uns einen neuen Bandnamen“, erklärt Brainholz-Sänger Remo „Elmo“ Schüpbach. Bassist Basil Jensen ergänzt, „Grove steht im Englischen für Gehölz. Diesem Bild wollten wir treu bleiben. Neben Bodenständigkeit benötigt das Songwriting doch auch jede Menge Hirnschmalz. Zudem klingt Brainholz echt einzigartig und ist ein Name, den die Welt noch nicht gehört hat.“ Mit dem neuen Namen sollte nun auch ein Long Player aufgenommen werden mit Raphael Krauss als Produzenten. Inzwischen managt Krauss die Jungs auch. „Als wir die Toolhouse Studios betraten, waren alle Songs bereits geschrieben“, berichtet Remo und Basil fügt an, „in unserem Bandraum in Diessbach hatten wir 2 Monate lang vorproduziert. Während der 10 Tage im Toolhouse nahmen wir die Basics sämtlicher Tracks live auf.“ Die Aufnahmen wurden schliesslich in Raphaels Lebkuchenhaus Studio in Aarberg mit Vocals, Hammond, Perkussion und Gitarren vervollständigt.“ Die Platte ist hervorragend produziert und kommt aus einem Guss. Der dreckige Low Fidelity-Sound klingt wie aus der Hüfte geschossen. „Durch die lange Vorbereitungszeit hatten wir klare Vorstellungen, wie das Endprodukt klingen sollte“, erläutert Shouter Remo und Bassist Basil präzisiert: „Das Studio wurde nach unseren Kriterien ausgesucht. Wir spielen auf alten Instrumenten und über alte Amps. Das Drumkit unseres Trommlers Steven Aebischer stammt aus dem Jahre 1966.“ Produzent Krauss arbeitet sehr gerne im Toolhouse und dies aus gutem Grund. Die Studios in Rotenburg (Deutschland) bieten hervorragende Bedingungen für Aufnahmen von Basics, speziell von Drums, Bass und E-Gitarren. Auch Top-Acts wie Silbermond oder Kraftklub sind dort regelmässig anzutreffen. Gitarrist Pat Tschäppät ist mit der Scheibe „musikalisch und textlich sehr zufrieden“ und holt aus, „obwohl jedes Stück seinen eigenen Werdegang hat, fügen sie sich perfekt aneinander, wiederholen sich nicht und bilden eine Einheit. Besonders stolz bin ich auf die
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Mit „These Days Are Gone“ legen die Retrorocker aus dem Berner Seeland ein starkes Debüt vor. Gegründet wurde die Band bereits 2009 unter dem Namen Grove. Damals waren die Musiker noch zu fünft und gewannen den Newcomer-Preis bei den X-Days 2013 in Biel. Unter neuer Flagge hat das Quartett ordentlich an Schubkraft zugelegt und knallt uns schnörkellose Rocksongs um die Ohren. Tracks unterhielt sich mit Sänger Remo „Elmo“ Schüpbach, Gitarrist Pat Tschäppät und Basil Jensen (Bass).
Tatsache, dass die Songs aus Jams und im Kollektiv entstanden sind.“ Alle Bandmitglieder hätten beim Songwriting gleichberechtigt mitgewirkt. Auch wenn Remo und Pat die meisten Songs schrieben, texten täten grundsätzlich alle Musiker. Remo: „Wir schreiben über alles, was uns beschäftigt. Meiner Erfahrung nach entstehen die besten Songs jedoch innerhalb einer halben Stunde. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass das Komponieren möglichst zügig gehen sollte.“ Dem BrainholzManager Krauss ist es wichtig, dass die Band nicht nur musikalisch sondern auch in allen anderen Bereichen gut rüber kommt. „In dieser Produktion steckt viel Herzblut drin“, schreibt er. So ist auch die ansprechende Grafik (Bandlogo, Homepage, etc.) in den Büros der Lebkuchenhaus Productions entstanden. Basil und Remo kennen sich seit vielen Jahren. Basil, Pat und Steven drückten wiederum gemeinsam die Schulbank. „Wir sind keine einfachen Typen. Was uns verbindet, ist die Idee, gemeinsam Vollgas für die Musik zu geben“, verdeutlicht Basil. Zwei Musiker gehen einem regulären Brot-Job nach, die andere Hälfte studiert noch. Bei einem Durchschnittsalter von 24 Jahren könnte man annehmen, dass die Jungs von der aktuellen Retrorock-Welle und Bands wie Kadavar, Graveyard oder The Vintage Caravan beeinflusst wurden, doch Pat Tschäppät korrigiert, „im Grunde inspirierte uns die alte Garde: Sabbath, Purple, Zeppelin.“ Pat ist fasziniert von der Unkompliziertheit und der Spontaneität, die in den 70ern herrschte sowie von der grossen Experimentierlust in Sachen Studiotechnik. „Ausserdem war es die Zeit der grossen Arena-Rockshows“, schwärmt er. „Ehrlicherweise haben wir natürlich auch nach links und rechts geschielt und beobachtet, wie die heutigen jungen Bands komponieren und produzieren.“ Das Album „These Days Are Gone“ wird am 2. April in der Kulturfabrik (KuFa) in Lyss getauft. Offizieller Release ist am 18. März 2016. Danach geht es für einige Shows nach Deutschland. Das Booking für den Sommer läuft derzeit auf Hochtouren, sodass laufend neue Konzert-Daten hinzukommen werden.
BRAINHOLZ These Days Are Gone Non Stop MusicMusic ub. Auch wenn die Idee des Coverdesigns nicht brandneu ist, so ist die Verpa-ckung doch grossartig gelun-gen und macht neugierig auf den Inhalt. Die Berner Newco-mer liefern mit ihrem Debüt „These Days Are Gone“ ein unbeugsames Classic Rock-Album ab. Die guten alten Zei-ten sind vorbei, doch Brainholz lassen den Sound vergangener Tage auferstehen. Und das Resultat kann sich hören las-sen. Bewusst erdig sollte das Klangbild daherkommen. Mit Produzent Raphael Krauss fand man den richtigen Mann für dieses Vorhaben. Aus kan-tigem Brainholz sind stämmige und direkte Rocksongs ohne Firlefanz entstanden. Der energische Opener „Hearts Locked Up“ besticht durch eine eingängige Melodiephrase und kernige Gitarrenriffs. Hinzu kommen kraftvolle Vocals, satte Drums und knackige Basslines. Dieses
Muster zieht sich durch das ganze Erstlingswerk der Berner Seeländer. Mitreissenden Bluesrock bieten in der Folge auch „Damn Blue Night“, der (eigentliche) Titeltrack „Against The Wall“ sowie „Born To Die Alone“. Bisweilen erinnern die Gitarren an Gary Clark Jr., doch Pat Tschäppät relativiert: „Wir haben nichts kopiert, sondern so lange herumgeschraubt, bis der Sound fies genug klang um zum jeweiligen Stück zu passen.“ Am Songwriting waren alle Bandmitglieder beteiligt. Einzig „Humanity“ hätte einen gesellschaftskritischen Text, ansonsten sei man keine politische Band, sondern schriebe typische Party-Texte wie zu „Comfort Zone“. Eine einzige akustische Ballade kommt zum Schluss: „Keep On Walking“. Genau. Bitte weiter so.
SEXY Shout For Sexy Ambulance Rec./Irascible hh. Als Herausgeber eines Musikmagazins wird man heute mit neuen
Platten/Streams geradezu zugeschüttet, egal um welches musikalische Genre es sich handelt. Das meiste davon ist überflüssig, durchschnittlich oder Schrott, trotz des Überangebots gibt es nur wenige neue Produkte, die aus dem Einheitsbrei herausragen und die einen schon beim ersten Hören sprichwörtlich vom Hocker hauen. „Shout For Sexy“ ist solch ein Exemplar, das einen Fan handgemachter, erdiger Rockmusik sofort in seinen Bann zieht und für lange Zeit nicht mehr loslässt. Ein gewaltiger, unpolierter und roher Sound, klasse Songs und eine Band, die auf den Punkt rockt und groovt, dass es ihre unüberhörbar grossen Einflüsse/Vorbilder wie Led Zeppelin, Aerosmith, Black Sabbath, Pearl Jam oder Monster Magnet mit Stolz erfüllen würde. Schon der Albumeinstieg mit “Supernova Queen“ ist das Paradebeispiel schlechthin, ein heavy Rocker, der zu den besten Songs von Monster Magnet zählen würde, mit einem Solo, in dem Gitarrist Ray Misterio gleich mal klarstellt, dass Jimmy Page wohl sein Gottvater ist. Dazu der treibende, dynamische Gesang von Pascal Tallarico, der sich
absolut sicher auf dem Grat zwischen Aggression und Melodie bewegt und der seine Stimmbänder immer mit der nötigen Portion Dreck schmiert. Diese Leistung hält Tallarico mühelos durch alle Songs, drückt damit dem kompletten Werk einen eindrücklichen Stempel auf und beweist gleichzeitig, dass er definitiv einer der besten Rockshouter des Landes ist und nahezu gleichberechtigt neben einem Marc Storace steht. Alle Songs des Albums bieten ein hohes bis sehr hohes Niveau – Ausfälle gibt es keine und selbst das Creedence Clearwater Revival Remake „Fortunate Son“ versehen Sexy mit neuem Glanz. Fazit: Eine der besten Schweizer Hardrock-Platten seit Jahr und Tag, präsentiert von einer Band mit mächtig dicken Eiern. „Shout For Sexy“ ist nichts für Bettnässer und Daumenlutscher, aber unverzichtbar und ein „MUSS MAN HABEN“ für jeden echten Rockfan.
Czar Of Crickets Productions feiert am 28. und 29 April 2016 sein zehnjähriges Jubiläum in der Kaserne in Basel. Diese kleine aber feine und von Zatokrev-Frontmann Frederyk „Fredy“ Rotter betriebene Basler Plattenfirma ist seit je her musikalisch offen und denkt unkommerziell und unkonventionell. Nun steigt die grosse Sause, welche es sich zu besuchen lohnt.
lg. Bevor wir weiter auf das Festival eingehen, drehen wir am Rad der Zeit und gehen zurück ins Jahr 2006, ins Gründungsjahr von Czar Of Crickets Productions aus Basel. Gründer des Labels ist Frederyk Rotter - seines Zeichens bekannt als Sänger und Gitarrist der Bands Zatokrev, Crown (FR) und Fredy Rotten/The Leaving. Die Philosophie von Czar of Crickets Productions ist schnell erklärt: Trotz diversen lukrativen Labelangeboten für das Debütalbum „Bury The Ashes“ seiner Band Zatokrev war Rotter nicht einverstanden mit den damit einhergehenden Rechtsabgaben und dem drohenden Verlust künstlerischer Freiheit. Mit der Absicht, Bands künftig die Möglichkeit, basierend auf einer fairen und gegenseitig partnerschaftlichen Beziehung, die volle funktionsfähige Struktur eines Indie-Labels anbieten zu können, gründete Rotter sein eigenes Label Czar of Crickets Productions. Der erste Release, das Debütalbum von Zatokrev, wurde international ein grosser Erfolg und Rotter sah sich in seiner Absicht bestätigt, dass mit genügend Know-how und Ausdauer sich auch ein kleines Indie-Label in einem hart umkämpften Markt behaupten kann. Aus den gesammelten Erfahrungen, mit viel Idealismus und den Einnahmen aus seinem ersten Release, entwickelte Rotter seine BusinessStrategie stetig weiter, talentierte Bands und Künstler zu unterstützen, welche sich durch hohe Qualität auszeichnen, aber aufgrund eines fehlenden Netzwerks und fehlender Strukturen nicht richtig behaupten können. Czar of Crickets Productions arbeitet folgendermassen und bietet seinen Bands faire Dienstleistungen an: Gegen ein pauschales Entgelt wird eine weltweite Veröffentlichung realisiert und die Promoarbeit von drei Monaten bis zu einem Jahr übernommen (je nach Vereinbarung und abhängig vom Umfang des Releases). Im Gegenzug erhalten die Künstler 100% der Einnahmen aus dem Handel und ihrer eigenen Verkäufe und behalten somit die komplette Hoheit über ihre Einnahmen und Urheberrechte. Letzteres ist für die Künstler für die Zukunft ein grosser Vorteil. Das Label hatte seinen Ursprung im Metal-Bereich doch expandierte es im Laufe der Zeit auch auf Bands ausserhalb des Heavy Metals. Somit war es konsequent, dass sich Czar Of Crickets Productions 2014 in zwei Sub-Labels spaltete. Die Metal-Bands kamen zum Sublabel Czar Of Bullets, während Czar Of Revelations Sammelbecken für alle Acts anderer Musikrichtungen ist. Seit März 2014 hat Czar of Crickets mit Plastic Head einen weltweiten Vertriebspartner gefunden, in der Schweiz nimmt seit Juni 2014 NonStopMusic den Vertrieb wahr. Mittlerweile befinden sich sehr interessante Bands im Labelprogramm von Czar of Crickets. Bei Czar Of Bullets sind Acts wie die Groove-Metal Band Expenzer, die Ambient Black Metal Band Ashtar aus Basel, die Basler Doomer von Phased und natürlich die Basler Modern Metal Altmeister von Gurd. Getoppt wird das Ganze von Rotters eigener Band, den überaus intensiven Doomern von Zatokrev. Doch auch im Nicht-Metal Bereich finden sich Perlen wie die als Police-Coverband gestarteten d'Schmiir, Neo Noire (eine neue Band von Rotter
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mit bekannten Mitstreitern wie zum Beispiel Thomas Baumgartner, ex-Gurd und Undergod) oder auch Zlang Zlut (geiler Name) oder The Leaving. Am 28. April 2016, dem Revelations Day, kann sich das Publikum von Bands aus den Bereichen Singer-Songwriting, Folk-Pop, Rock, Rock'N'Roll bis Soul berieseln lassen und das breite Spektrum musikalisch hochstehender Künstler geniessen. Der Bullets Day am Folgetag wird zu härteren Klängen überschreiten, aber selbst innerhalb dieses härteren Genres bleibt die Vielfalt der Stile stets erhalten. Ausserdem wird an beiden Tagen eine Rock Art Exhibition stattfinden wo Künstler wie Pascal Brun, Matthias Willy, Marcel Szerdahelyi und Philipp Thöni ihre Werke ausstellen werden. Von diversen Album-Artworks über Veranstaltungsplakate bis hin zu Bandfotos wird den Besuchern viel Interessantes fürs Auge geboten.
Das Programm für das Czar Fest, das am 28. und 29. April in der Kaserne Basel stattfinden wird:
28.04. - Revelations Day (Nicht Metal Bands) Glauco Ceccarelli Neo Noire King Legba & The Loas Zlang Zlut Serafyn D'Schmiir
29.04. - Bullets Day (Metal Bands) Expenzer Ashtar Psychobitch Phased Unhold Schammasch (special guest - Plattentaufe vom neuen Album „Triangle“) Zatokrev Zudem sind die Preise moderat. Ein Tag kostet CHF 20, der Zweitagespass kostet CHF 30.- Die Tickets sind über Starticket erhältlich. Also nichts wie hin! weitere Infos unter: www.czarofcrickets.com www.facebook.com/czarofcrickets
Vom 05. bis 10. April 2016 verspricht das 17th Blues Festival Basel 2016 mit einem abwechslungsreichen Programm im Volkshaus Basel sechs Tage Hochspannung und geballte Energie.
KING KING
PHILIPP FANKHAUSER/MARGIE EVANS
MARCUS BONFANTI
Seit Jahren fördert das Blues Festival Basel junge Talente, wie beispielsweise in der alljährlichen Promo Blues Night, die auch dieses Jahr über die Bühne des Volkshauses Basel geht (Dienstag, 5. April 2016). Fünf in einer Vorwahl auserkorene Bands aus der näheren und weiteren Umgebung werden da dem kritischen Publikum ihr Können unter Beweis stellen. Die Siegerband darf dann im nächsten Jahr am Bluesfestival 2017 im Hauptprogramm auftreten. Besonders interessant dürfte der Blues-Gottesdienst werden, den man unter das Motto «Treffen der Generationen» stellen könnte. Unter der Leitung des Zürcher ‚Blues-Diakons' Reto Nägelin trifft da die blutjunge Baselbieter Sängerin und «The Voice Kids»-Gewinnerin 2013 Michèle Bircher mit ihrer für ihr Alter erstaunlich sonoren Soulstimme auf die Grand Old Dame des Blues, die 90 Jahre alte amerikanische Sängerin Othella Dallas (Samstag, 12. März 2016, Stadtkirche Liestal). Aber auch weitere junge Stars, die schon die ersten Sprossen ihrer Karriereleiter erklommen haben, werden regelmässig eingeladen. So beispielsweise die in München aufgewachsen 20jährige Gitarristin und Sängerin Ami Warning, die die Musikwelt mit ihrer rauchigen SoulStimme und ihren schlicht gestalteten, leicht melancholischen Songs in Staunen versetzt (Mittwoch, 6. April 2016). Stark vertreten am diesjährigen Blues Festival Basel ist auch der Bluesrock. Interessant dürfte da der Auftritt von Samantha Fish aus Kansas City werden, die nicht nur ihre Gitarre mit emotionsgeladener Energie zu spielen versteht wie nur wenige andere in der Bluesrockszene, auch ihr Gesang ist speziell: eine erstaunliche Mischung von fast mädchenhaftem Timbre mit einer rauhen Sprödigkeit, die ihrer Stimme ungewöhnliche Ausdruckskraft verleiht (Freitag, 8. April 2016). Und gänzlich im Banne des Bluesrock steht der Donnerstag, 7. April 2016, der vom Gitarristen und Sänger Marcus Bonfanti eröffnet wird. Der Musiker hat sich vor allem als Sideman vieler berühmter Musiker der Blues- und Rockszene einen Namen gemacht und ist momentan Frontmann der altgedienten Bluesrock-Band Ten Years After. Am gleichen Abend gibt's einen besonderen Leckerbissen: die schottische Band King King, gegenwärtig das Beste, was in der britischen Bluesszene unterwegs ist. Der Beweis: King King gewann drei Mal hintereinander 2012, 2013 und 2014, den British Blues Award in der Kategorie Best Band und zwei Mal 2012 und 2014, in der Sparte Best Album. Stilistisch offener ist die amerikanischen Super Group Royal Southern Brotherhood mit ihrem Percussionisten, Sänger und Bandleader Cyril Neville, der sich einst in der funkbasierten Band ‚The Meters' und mit den Neville Brothers einen Namen gemacht hatte. Mit natürlicher Souveränität pendelt die Brotherhood zwischen Blues, Bluesrock und Funk (Freitag, 8. April 2016). Eine spezielle Schiene fährt da der Schweizer Gitarrist und Bluessänger Philipp Fankhauser, der mit einer grösseren Crew von hervorragenden Musikern, diversen Gästen und einer alten Freundin, die amerikanische Sängerin Margie Evans nach Basel kommt. Das Besondere: Gemäss dem Motto ‚reduce to the max' wird die Band ‚unplugged' spielen, was ein entschlacktes Konzept mit klanglich transparenter, feinschichtiger Musik voller Nuancen und Finessen verspricht (Mittwoch, 6. April 2016). Der klassische Chicago Blues schliesslich kommt am Samstag 9. April 2016 auf seine Kosten. Nachdem der letztjährige Promo Blues Night-Gewinner, Gitarrist und Sänger Pascal Geiser mit seiner Band den Abend eröffnet hat, präsentiert der in Basel aufgewachsene, seit über dreissig Jahren in Chicago lebende Saxophonist Sam Burckhardt sein neustes Projekt: The Sunnyland Slim Alumni Band. 1995 starb der grosse Bluespianist Sunnyland Slim, in dessen Band Sam Burckhardt dreizehn Jahre gespielt hat. Um seinen Mentor zu ehren, hat Sam eine Band mit hervorragenden Musikern wie etwa die Sängerin Liz Mandeville zusammengestellt, die entweder in Sunnylands Band gespielt oder sonst einen Bezug zum verstorbenen Meister hatten. Fehlt nur noch der «Festival All Star Blues Brunch», der am Sonntag, 10. April 2016 im Unionssaal des Volkshauses über die Bühne geht. Alle noch in der Stadt weilenden Musiker des Festivals versammeln sich auf der Bühne zu einer mitreissenden Jamsession, bei der jedes Jahr dank zupackender Spontaneität der Musiker total die Post abgeht. Auch erwähnt werden muss der SWISS BLUES AWARD 2016, bei dem eine professionelle Jury unter drei Nominees einen Sieger küren wird. Am Mittwoch 6. April 2016 wird der Preis prominent übergeben.
Weitere Infos unter: www.bluesbasel.ch SAM BURCKHARDT
SAMANTHA FISH
ROYAL SOUTHERN BROTHERHOOD
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REVIEWS Blues/Soul/World SIMO Let Love Show The Way Provogue
Foto: Ian Keates
JOE BONAMASSA Blues Of Desperation Provogue ub. Seit über 15 Jahren ist der knapp 39Jährige Bonamassa auf Solopfaden unterwegs, sodass es Zeit wurde, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Die agile Gitarren-Ikone schmort nicht gerne im eigenen Saft. Stets stand die musikalische Entwicklung im Vordergrund. “Blues Of Desperation” enthält elf brandneue Songs und gute Nachrichten für Musikfans, denen Bonamassas Sound gelegentlich etwas zu poliert erschien. Gitarren-Mastermind Joe Bonamassa gilt als König der neuen Blues-Generation und ist der kommerziell erfolgreichste Blues-Musiker aller Zeiten. Lange Zeit galt Blues als Musik der alten Männer. Obwohl kein klassischer Revoluzzer, riss der bodenständige Bonamassa bestehende Mauern ein und ermöglichte die Erneuerung des Blues, der so wieder Zugang zu einem jüngeren Publikum fand. Bonamassa ebnete auch den Weg für jüngere Blues-Musiker, die ihm nachfolgten. Dass der Amerikaner mit reichlich Talent gesegnet ist, wurde mit dem Release des exzellenten SoloDebüts “A New Day Yesterday” (benannt nach dem Jethro Tull-Klassiker) im Jahre 2000 klar. 2009 sorgte Bonamassa mit “Live From The Royal Albert Hall” und den Gästen Eric Clapton und Paul Jones für Jubelstürme. Ein Jahr darauf liess das Studioalbum “Black Rock” (mit B.B. King) sowie das Vintage Hardrock-Werk der Supergroup Black Country Communion (mit Glenn Hughes) aufhorchen. Mehrfach ging Bonamassa mit Beth Hart auf Tournee und veröffentlichte mehrere gemeinsame Alben. Der fleissige und rastlos wirkende Bluesrock-Musiker brachte seither mindestens zwei Alben pro Jahr heraus. In den letzten Jahren wurde der Markt mit guten Bonamassa-Alben und Konzertfilmen geradezu geflutet. Legendär sind die vier Londoner Konzertnächte vom März 2013 mit variierenden Setlisten (“Tour De Force”).
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Die letzte Studio-LP “Different Shades Of Blue” erschien 2014. Im letzten Jahr wurden dann das zweifelhafte Unterfangen “Muddy Wolf At Red Rocks” sowie “Live At Radio City Music Hall” veröffentlicht. Mit dem aktuellen Album „Blues Of Desperation“ hat Bonamassa ein echtes Kraftpaket geschnürt. Bereits der schreiende Opener “This Train” ist eine geballte Verzweiflungstat. Produzent des Vertrauens Kevin Shirley (Led Zeppelin, Iron Maiden, Journey) schlug ein aggressiv rhythmisches Powerhouse mit zwei Schlagzeugern (Anton Fig und Greg Morrow) vor, das eine Menge Unruhe stiftete, Bonamassa jedoch neuerdings herausforderte. Dem Ergebnis kommt dies zugute: Die Produktion in den Grand Victor Sound Studios von Nashville klingt sehr lebendig und fügt sich zur runden Sache. Generell bestechen die Gitarrenparts durch einen richtig fiesen Sound (“Mountain Climbing”, “No Good Place For The Lonely” oder “Distant Lonesome Train”). Zum ersten Mal überhaupt verwendete Bonamassa keine Marshall-Verstärker, sondern klassische Fender Tweed Amps. Etwas ruhiger kommt der übernächtigte Road Song “Drive” oder das leidenschaftliche „How Deep This River Runs” daher. Auch scheint Bonamassa stimmlich einen Zacken zugelegt zu haben. “Blues Of Desperation” erscheint weltweit am 25. März 2016 und ist bis dato die facettenreichste und wagemutigste Platte des Künstlers.
hh. Simo, die Band um Namensgeber J.D. Simo, stammt aus Nashville und legt hier ihr zweites Album vor. Auf Empfehlung von Joe Bonamassa, der ein Art Förderer von Simo ist, ergatterte das Trio einen Vertrag bei Bonamassa's Label. Simo pflegen den psychedelischen Blues(Rock) der Endsechziger und integrieren dabei auch Southern- und Soul-Einflüsse. Dreh- und Angelpunkt ist Gitarrist/Sänger J.D. Simo, seines Zeichens ein herausragender Gitarrenvirtuose, der inzwischen auch ausserhalb Nashville's Grenzen einen hervorragenden Ruf geniesst, regelmässig von Cracks wie Warren Haynes und Bonamassa zu Jams eingeladen wird und auch des Öfteren als Gast bei Konzerten von Blackberry Smoke auftaucht. Simo-Konzerte können schon mal mehrere Stunden dauern, da ausufernde Improvisations-Passagen zum Standard des Trios gehören. Auf „Let Love Show The Way“ präsentiert sich die Truppe energetisch und mit mächtig Dampf, rockt mit Biss, Groove und Gefühl und hat der Konkurrenz durchweg eins voraus – und das sind Songs. Bei Simo dienen lange Improvisationen nie dazu, über mangelndes Songwriting hinwegzutäuschen, die glänzenden Kompositionen haben durchweg Hand und Fuss und begeistern sowohl Blues- wie auch Rockfans gleichermassen. Dass JD Simo auch noch ein sehr guter Sänger mit grossem Gespür für raue Melodien ist, setzt dem ganzen noch das Sahnehäubchen auf. „Let Love Show The Way“ ist eines der besten Alben, die in diesem Genre seit langer Zeit das Licht der Welt erblickten. Fans von Allman Brothers, Bonamassa, Gov't Mule, Blues Pills bis hin zu Hendrix bekommen hier ein wahres Feuerwerk – es ist für jeden viel dabei und von Simo meisterhaft gebündelt.
Blues/Soul/World SUPERSONIC BLUESMACHINE
LESLIE WEST
West Of Flushing South Of Frisco
Provogue
Soundcheck
Provogue
REVIEWS
um die schönen Gitarrensoli durch verfrühte Fade Outs.
Album aufgenommen zu haben.
KIM SIMMONDS AND SAVOY BROWN
GRAINNE DUFFY
The Devil To Pay
M2 Music
Live
Ruf Records
hh. Auf diesem Album versammelt sich etwas wie die Creme des amerikanischen Bluesrocks. Hier von einer Allstar-Band zu sprechen trifft den Nagel auf den Kopf. Neben den Hauptprotagonisten Lance Lopez (Gitarre) und Fabrizio Grossi (Bass) sowie Dummer Kenny Aronoff gaben sich Billy Gibbons, Warren Haynes, Chris Duarte, Eric Gales, Walter Trout und Robben Ford die Ehre. Herausgekommen sind 13 Songs, die jedem Fan dieses musikalischen Genres das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Es rockt, bluest und vor allem groovt auf Teufel komm raus – alles in sattem Sound mit massivem Druck. Produziert hat Bassist Fabrizio Grossi, der bereits für Cracks wie Steve Vai, Joe Bonamassa, Billy Gibbons, Leslie West, Zakk Wylde, Alice Cooper und/oder Slash an den Knöpfen drehte. Lance Lopez und Kenny Aronoff gehören zudem seit Jahren zu den besten ihres Metiers, so ist es nicht erstaunlich, dass dieses Album vor geilen Songs und einer ungeheuren Spielfreude nur so strotzt. Die Supersonic Bluesmachine kocht im wahrsten Sinn des Wortes, der heisse Dampf wabert förmlich durch die Lautsprecher, die allzeit präsente Bluesharp trägt ebenfalls massiv dazu bei. Auch beim Songwriting sind keine Schwachstellen auszumachen, hier gibt es nur Killer und keine Füller. Wenn das Gaspedal mal nicht bis zum Kickdown durchgetreten wird („Let It Be“), beweist die Truppe unter die Haut gehendes Gefühl und trifft mitten in die Seele des Bluesrock-Fans. Ein Geheimnis dieser herausragenden Arbeit ist sicher der stets vorhandene Dreck unter den Fingernägeln der Musiker. Hier wird nichts poliert oder gezuckert – hier gibt es immer voll auf auf die Zwölf, punktgenau mit harten Bandagen! Ein absolut klasse Album, für Southern-, Bluesrockund Hardrockfans ein MUSS!!!
ub. Ein Teufelskerl der besonderen Art will es sich und der Welt noch einmal beweisen und ist “Here For The Party”. Dies zumindest verspricht der hammerharte Track Nr. 3. Als urgewaltiges Gitarrenschwergewicht und Gesamtkunstwerk gründete West 1969 die CreamNachahmer-Truppe Mountain. Der Hard Rock-Pionier schrieb unsterbliche Klassiker wie “Mississippi Queen” (2005 neu interpretiert von Ozzy Osbourne) oder “Never In My Life”. Zusammen mit dem einstigen Cream-Bassisten Jack Bruce und MountainDrummer Corky Laing bildete er ab 1972 die Supergroup West, Bruce & Laing. Nach gesundheitlichen Problemen erschien 2013 die vielbeachtete Solo-LP “Still Climbing” (in Anlehnung an Mountains 1970er-Debüt „Climbing!”). Nun steht das 16. Album „Soundcheck“ am Start. Früher hasste West das Herumpröbeln vor den Konzerten, heute hat er sich damit versöhnt. Ende Oktober feierte der Haudegen mit Reibeisen-Stimme seinen Siebzigsten und noch immer steht der Woodstock-Veteran auf den harten und dunklen Gitarrensound. Druckvoll, dynamisch und kantig klingt der Heavy Blues-Stoff namens “Left By The Roadside To Die” oder “Empty Promises/Nothin' Sacred”. West überzeugt mit der Darbietung von Tracy Chapmans “Give Me One Reason” ebenso wie mit Freddie Kings “Goin' Down” (unter Mitwirkung von Brian May, Bonnie Bramlett und Bobby Whitlock) und der souligen Ballade “People Get Ready” von Curtis Mayfield. Derweil sind die Covers von “Stand By Me” und “Eleanor Rigby” für den Schlot. Auch “You Are My Sunshine” (mit Peter Frampton) ist ein böses Foul. Abschliessend folgt eine alte Live-Aufnahme von “Spoonful”, doch leider heult der Wolf meilenweit entfernt. Insgesamt wirkt die Songauswahl willkürlich. Schade auch
ub. Der legendäre Gitarrist und Sänger Kim Simmonds feiert heuer das 50-jährige Bestehen seiner Band Savoy Brown, die 1966 die erste Show von Cream im Klooks Kleek von London eröffnete. Von Anbeginn hatte Simmonds die Vision einer „britischen Version einer Chicago Blues Band“ und blieb über die Jahre die einzige Konstante der häufig wechselnden Crew, welche seit 2009 mit Pat DeSalvo (Bass) und Garnet Grimm (Drums) Bestand hat. Seit 2011 bei Ruf Records unter Vertrag, veröffentlicht das Trio in regelmässigen Abständen neue Platten. „Goin' To The Delta“ hiess der letzte Output vom Januar 2014. Mit „The Devil To Pay“ steht bereits die 45. Veröffentlichung am Start. Berechtigt deshalb die Frage, ob die Welt ein weiteres Savoy Brown-Album braucht. Simmonds kann nicht anders. Das Feuer für seine BluesMission lodert noch immer, der Blues-Train bleibt auf der Spur. Das neue Album ist eine Momentaufnahme wie aus einem Guss: Auch diesmal ging die Band mit fertigen und eingeübten Stücken ins Studio und nahm die Tracks in wenigen Tagen auf. Die meisten Songs hat der Meister mit einer Epiphone Emperor eingespielt. Den jazzigen Klang dieser Gitarre muss man mögen. Einen gelungenen Kontrast dazu bilden die Blues Rock-Nummern „Got An Awful Feeling“, „I've Been Drinking“ und „Evil Eye“ mit verzerrter Gibson. Auch „Oh Rosa“ erinnert an alte Zeiten und macht Spass. „The Devil To Pay“ ist eine unterhaltsame Blues-Platte ohne Klimbim. Schier unerschöpflich das 12taktige Harmonieschema: Auch nach einem halben Jahrhundert liefert Simmonds noch solides Songmaterial ab. Und wie immer ist er davon überzeugt, das bisher beste
ub. Das Kleidchen auf dem CD-Cover ist leicht irreführend: Powerfrau Grainne Duffy aus Irland spielt keine braven keltischen FolkSongs, sondern erstklassigen amerikanischen Roots-Rock. Wie die Piratenkönigin Grainne Mhaol mit dem gleichen Vornamen nimmt auch Duffy keine Gefangenen und lässt es live ordentlich krachen. Die Sängerin und Gitarristin ist eine hervorragende Songschreiberin, die authentisch rüberkommt und ein breites stimmliches Spektrum abdeckt. Duffy liebt Rory Gallagher und Thin Lizzy sowie Front Ladies von rein männlichen Rock-Bands (wie z.B. Chrissie Hynde). Zudem mag sie den warmen Sound ihrer Gibson Les Paul. Während der Club-Tour durch Deutschland im Oktober 2014 wurden die Konzerte in Kassel und Helmbrechts mitgeschnitten. Mit „Live“ folgt die dritte Veröffentlichung der 29Jährigen Irin. Der Opener „Each And Every Time“ vom Debüt-Album „Out Of The Dark“ (2007) gefällt sofort als griffiger Ohrwurm. Auch „Let Me In“ reisst mit. Der fette und präzise Bühnensound ist auch das Verdienst der Begleitband, die aus folgenden erfahrenen Musikern besteht: Paul Sherry (Gitarre), Drummer Eamon Ferris sowie Bassist Davy Watson aus Belfast, der schon mit Beth Hart spielte. Duffys Vater inspirierte seine Tochter zur Country-Ballade „Bring It All Together“, die an Emmylou Harris oder Bonnie Raitt erinnert. Ansonsten dominieren rockende Gitarren. Bei „Reason To Be“ im 70erGroove stellt Duffy zudem ihr Können als leidenschaftlich rotzige Rockröhre unter Beweis. Starke Songs, starker Sound, starke Frau.
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REVIEWS Blues/Soul/World THORBJORN RISAGER & THE BLACK TORNADO
JOE LOUIS WALKER Everybody Wants A Piece
MIKE ZITO & THE WHEEL
Provogue
Keep Coming Back
Songs From The Road Ruf Records ub. Aufgepasst: Lasst Euch nicht vom immer gleichen Low BudgetCover der „Songs From The Road“Reihe täuschen. Dieses Paket ist ein Sondermodell der Extraklasse und hebt sich majestätisch vom Rest der Serie ab! Im März 2014 hatte die Hammertruppe aus Dänemark eine fette Leistung in Form der achten LP “Too Many Roads” hingelegt, die international aufhorchen liess und Thorbjorn Risager eine Nomination für den British Blues Award 2015 einbrachte. Als glorreiche und ununterbrochen tourende Band traten die Kopenhagener als zehnköpfiges MiniOrchester zum zweiten Mal innert Jahresfrist in der Harmonie Bonn auf. Die Deluxe-Ausgabe des schwarzen Tornados enthält eine drei-Mann-starke Bläsersektion sowie zwei Background-Sängerinnen und präsentiert sich als straffe musikalische Einheit ohne Fettpolster. Live noch fesselnder als auf Studio-Platte kommt der ausgeprägte Teamgeist der vielseitigen Könner zur Geltung: Freilich ist Risager in Anzug und mit Filzhut der optische Mittelpunkt der Show, doch der ausdrucksstarke Leadsänger mit der Stimme, die das Blut in den Adern gefrieren lässt, gibt sich zurückhaltend und überlässt den meisterhaften Solisten (Saxofonist Hans Nybo, Gitarrist Peter Skjerning und Keyboarder Emil Balsgaard) den nötigen Raum. Die beeindruckende Gruppe deckt die ganze stilistische Bandbreite ab, von ruhigen Nummern über aufwühlenden Delta-Blues bis hin zu Boogie Rock. Das Set ist zudem perfekt aufgebaut und gefällt ausnehmend gut. „Paradise“, „China Gate“ oder „Rock'n'Roll Ride“ / „High Rolling“ spielen in der obersten Liga!
Ruf Records
ub. Die kolossalen Covers von “Do I Love Her” (Taj Mahal), “One Sunny Day” aus der Feder des Fleetwood MacGitarristen Danny Kirwan und “Man Of Many Words” (Buddy Guy) bilden die unbestrittenen Glanzpunkte des Albums. JLW begibt sich auf musikalische Zeitreise und ehrt seine Vorbilder mit einem tollen BluesrockPanorama. Walker selbst ist ein Blueser von echtem Schrot und Korn. Mike Bloomfield persönlich brachte dem jungen Gitarristen im San Francisco der Sixties, dem MusikEldorado des Westens, einige Tricks bei. Inzwischen hat JLW kaum an Intensität eingebüsst. Er klingt frisch, knackig und hungrig. Kaum zu glauben, dass er an Weihnachten 66 Jahre alt wird. Walkers Band präsentiert sich in Top-Form und besteht aus Lenny Bradford (Bass), Phillip Young (Keys) und Byron Cage (Drums). Den Titeltrack “Everybody Wants A Piece” sowie das nennenswerte Stück “Young Girls Blues”, das an Walkers Aufenthalt in Chicago erinnert, hat JLW selbst geschrieben. Tom Hambridge, Songwriter (Lynyrd Skynyrd, Eric Burdon, ZZ Top) und Produzent (Buddy Guy) steuerte mit “Buzz On You” ein ebenfalls herausragendes Stück bei. Während seiner knapp 30jährigen Solo-Karriere hat Walker zwei Dutzend LPs veröffentlicht und sich einige Awards erarbeitet. Durch die Alben “Cold Is the Night” (1986) und “The Gift” (1988) erlangte er Berühmtheit und wurde 2013 in die Blues Hall of Fame aufgenommen. JLWs vorliegende 25. Veröffentlichung ist eine starke und unterhaltsame Platte, die jedoch auch zwiespältiges Material enthält und letzten Endes nicht die Klasse der Vorgänger “Hellfire” (2012) und “Hornet's Nest” (2014) erreicht.
ub. Auf der vorletzten Royal Southern Brotherhood-LP “Heartsoulblood” war Zito noch zu hören, bevor er die Supergroup verliess und sich auf sein eigenes Ding konzentrierte. The Wheel wurden 2012 gegründet und bestehen aus Scot Sutherland (Bass), Rob Lee (Drums), Jimmy Carpenter (Sax) und Lewis Stephens (Piano, Orgel). 2013 erschien das vielfältige Werk “Gone To Texas”. Auch die LiveCD/DVD “Songs From The Road” vom Herbst 2014 stellte die musikalischen Fähigkeiten der Band eindrücklich unter Beweis. Zito hat sich in den letzten Jahren als leidenschaftlicher Musiker sowie als wuchtiger Live-Act einen richtig guten Namen erarbeitet und die Messlatte hoch gehängt. Der Auftakt der neuen LP „Keep Coming Back“ überspringt diese jedoch locker. Rockende Gitarren und Zitos warme und leicht heisere Stimme gefallen auf Anhieb. In der Folge sind „Chin Up“, „Nothin' But The Truth“ sowie das grandiose Finale “Bootleg” (mit Zitos Tochter Riley als BackgroundSängerin) erstklassige Bluesrock-Tracks. Auch die glaubhafte Beichte „I Was Drunk“ im Duett mit Anders Osborne ist sehr gelungen und lässt tief blicken. Leider dümpelt das Songmaterial streckenweise im belanglosen radiotauglichen Southern Mainstream herum („Early In The Morning“, „Lonely Heart“). „Get Busy Living“ klingt nach den Doobie Brothers und „Get Out Of Denver“ ist faktisch eine Neuinterpretation von „Johnny B. Goode“. Dennoch: Zito ist und bleibt ein hervorragender Gitarrist und Sänger mit Tiefgang. Deshalb sei auch diese bunte und breitgefächerte Studioarbeit wärmstens empfohlen.
MUSIK zum LESEN FRANZ TROJAN Hauptsache Laut! Schwarzkopf & Schwarzkopf hh. In „Hauptsache Laut!“ erzählt der ehemalige Spider Murphy Gang Drummer Franz Trojan seine Lebensgeschichte. Aufgeschrieben wurde sie vom Autor Klaus Marschall, der bereits mit der Biografie von exTRIO-Trommler Peter Behrens „Der Clown mit der Trommel“ seine Erfahrung mit abgestürzten Trommlern machen konnte. Trojan lässt hier sein bisheriges Leben Revue passieren, von seiner Jugend in Kulmbach mit den alkoholabhängigen Eltern, über den rasanten Aufstieg mit der Spider Murphy Gang zu einer der erfolgreichsten Bands im Rahmen der „Neuen Deutschen Welle“ bis hin zum Absturz als Obdachloser. Dazwischen lebte Trojan stets auf der Überholspur, verprasste sein nicht unerhebliches Vermögen mit Alkohol und Kokain. Trojan erzählt offen, ist relativ schonungslos zu sich selbst und gibt auch seinen ehemaligen Weggefährten, allen voran dem Spider Murphy Gitarristen Barney Murphy noch nachträglich gern „einen auf die Kappe“. Die mit zahlreichen humorvollen Anekdoten gewürzte Biografie liest sich flüssig und gibt einen informativen Einblick in die Karriere der Münchner Rock'n'Roll-Truppe bis zum Rausschmiss von Trojan 1992. Seinen folgenden tiefen Absturz beschönigt der heute in einem Wohnwagen lebende Trommler nicht, lässt aber immer wieder durchblicken, dass er
es nicht wirklich versteht, weshalb sich niemand mehr für ihn und seine Musik, die er heute macht, interessiert. So gesehen hält sich eine gesunde Selbsterkenntnis des von sich als einen der besten Schlagzeuger (in Tat und Wahrheit aber nicht mehr als ein durchschnittlich guter Trommler) überzeugten Franz Trojan nach wie vor in überschaubaren Grenzen. Diese zu häufig angemerkte krasse Selbstüberschätzung mit der einhergehenden Selbstbeweihräucherung mindert auf Dauer ein durchgehendes Lesevergnügen, auch wenn sich Trojan durchaus bewusst ist, dass er seinen tragischen Lebensverlauf selbst zu verantworten hat. Generell dürfte das Buch in erster Linie für Fans der Spider Murphy Gang und NDWNostalgiker interessant sein, die hier sicher einen guten Gegenwert für ihr Geld bekommen.
MARC BAUMANN/ HAKAN TANRIVERDI Should I Stay Or Should I Go Die überraschendsten Antworten auf die grossen Fragen der Popmusik hh. „Where have all the flowers gone“, „Wann wird ein Mann ein Mann“, „Wann wird's mal wieder richtig Sommer“ oder „Why does it hurt when I pee“ – die Popmusik wimmelt von Fragen, auf die sie uns meistens keine Antwort gibt. Das haben die Autoren Marc Baumann und Hakan Tanriverdi nun geändert und 92 dieser brennenden Fragen
beantwortet. Dabei kommt Überraschendes heraus, meist humorvoll und immer informativ, kurz und prägnant. Ein Beispiel: Frage „Why Does It Hurt When I Pee“ (FRANK ZAPPA) – Antwort: Auf diese Frage folgt heutzutage vor dem Gang zum Arzt der Weg zu Dr. Google. Krankheitssymptome in Suchmaschinen einzugeben hat allerdings die Folge, dass man befürchtet, binnen drei Tagen sterben zu müssen. Daher erst mal eine Entwarnung: Schmerzen beim Wasserlassen sind nicht grundsätzlich lebensbedrohlich(…) Dahinter steckt meistens ein Blasenentzündung, wobei Frauen deutlich häufiger betroffen sind als Männer… Die Auswahl der hier gestellten Fragen in Popsongs geht querbeet, und reicht von Michael Jackson über Marlene Dietrich bis zu Amy Winehouse – jede Frage wird dabei von einem schönen, seitenfüllenden Foto des Interpreten begleitet. „Should I Stay Or Should I Go“ ist durchgehend ein interessantes und lesenwertes Buch, in dem auch der Humor nicht zu kurz kommt. Ein tolles Geschenk für musikaffine Leseratten und „Wer wird Millionär“–Kandidaten.
DVD/BluRay ERIC CLAPTON Slowhand At 70 Live At The Royal Albert Hall Eagle Rock/Musikvertrieb
FRANK ZAPPA & THE MOTHERS Roxy: The Movie Eagle Rock
ub. Zappa war ein Aussenseiter und freigeistiger FreakBruder jenseits aller Konventionen. Für Absurdes und Abgründiges war er stets zu haben. Er musizierte nicht, um den meisten Menschen zu gefallen. Er tat es zu seinem eigenen Vergnügen. Zappa war nicht bloss ein Rockstar, sondern ein Avantgarde-Jazzmusiker, der sich mit jenen Leuten identifizierte, die ausserhalb des Mainstreams standen. Zu Lebzeiten veröffentlichte das musikalische Genie über 60 Alben. Im Sommer 1970 brachte Zappa die Mothers of Invention, die er diktatorisch anführte, wieder zusammen. 1993 verstarb der Patriarch kurz vor seinem 53. Geburtstag. Zappas zweite Ehefrau Gail verwaltete den umfangreichen Nachlass zusammen mit den vier gemeinsamen Kindern Dweezil, Ahmet, Moon und Diva bis wenige Monate vor ihrem Tod im letzten Oktober. Posthum wurden unlängst unveröffentlichte Schätze gehoben („A Token Of His Extreme“ und „Roxy By Proxy“). Nun gibt der Zappa Family Trust mit „Roxy: The Movie“ einen über 40 Jahre lang als verloren geglaubten Film (DVD/CD) in berauschender Ton- und Bildqualität frei. Offenbar hatte es bei den legendären Aufnahmen im Roxy in Hollywood vom Dezember 1973 massive Probleme gegeben, die nun technisch behoben werden konnten. Zappa und seine Band haben die ofenfrische LP „Over-Nite Sensation“ im Gepäck und bieten einen faszinierenden Hörgenuss für Fortgeschrittene. Komplexe Kompositionen werden von George Duke (Keys), Napoleon Murphy Brock (Gesang, Sax), Tom Fowler (Bass), Bruce Fowler (Posaune) sowie Percussions-Göttin Ruth Underwood und den beiden Schlagzeugern Chester Thompson und Ralph Humphrey innovativ und verspielt aufgeführt. Der Meister selbst präsentiert sich als gutgelaunter Entertainer und bietet eine Show voller sexueller Anspielungen („Penguin In Bondage“). Abgefahrene Jazz Fusion-Intermezzi und Space Jazz-Angriffe machen die Rock Show zum Erlebnis. Für alte und neue Fans ein absolutes Muss!
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hef. Letzten März wurde Eric Clapton 70 Jahre alt. Grund für den Gitarrengott, diese runde Zahl mit einem für seine Fans wunderbaren Resumée zu feiern. Mit verschiedenen Versionen (DVD, Blu-ray, DVD plus Doppel-CD Set oder DVD plus 3-LP-Vinyl-Set oder mit einer Deluxe Edition) können sich all jene nochmals an gitarrenlastigen „Gottesdiensten“ laben, die dabei waren, und alle anderen auch noch geniessen, was sie verpassten. Alle Konzerte waren im Vorverkauf ausverkauft, trotz Ticketpreisen von 500 Euro aufwärts bis über 2000 Euro. Für echte ClaptonFans gibt es in dieser Hinsicht kaum ein Limit. Clapton-Shows in der Londoner Royal Albert Hall gehören zum Standard-Programm des Meisters. Die Konzertserie im Mai letzten Jahres schloss einen 50-jährigen Erfolgszyklus ab. Die letzte der sieben Shows war für Clapton mit dem 200. Auftritt in den heiligen Royal Albert Hall-Hallen seit seinem ersten Performances als Gitarrist der Yardbirds und den legendären Abschieds-Shows mit Cream 1968 gleichzeitig eine für ihn historische Marke. Ein Sahnestückchen für Clapton Anhänger ist die Deluxe Edition. Zu DVD und Doppel-CD gibt es als Bonus-DVD Ausschnitte aus früheren Albert-Hall-Shows plus seine Mitwirkungen mit Freunden wie Zucchero 2004, die Cream-Reunion-Shows mit Jack Bruce und Ginger Baker 2005, seine Einlagen bei den berühmten „Prince's Trust Benefit“ Shows von Prinz Charles von 2010 plus ein 60seitiges-Hardcover-Fotobuch. Unter den vielen Songs sind natürlich die ClaptonKlassiker Crossroads, „Layla“, „I Shot The Sheriff“, „Cocaine“, „Wonderful Tonight“ und „Tears In Heaven“, aber auch Blues-Evergreens wie „Hoochie Coochie Men“. „Mit Eric in der Royal Albert Hall aufzutreten, fühlt sich an wie in einem kleinen Club“, sagt Keyboarder Paul Carrack über diesen magischen Konzerte. „Eric machte keinen Hehl aus seinem 70. Geburtstag; er wollte, dass es einfach ein weiteres Konzert sei wie alle anderen.“ Neben Carrack standen altgediente Kumpels und flotte Damen auf der Bühne: Keyboarder Chris Stainton (ex-Joe Cocker), Gitarrist Andy Fairweather Low, der mit seiner eigenen Band Low Riders auch das Vorprogramm bestritt), Bassist Nathan East, Drummer Steve Gadd und die beiden Gesangslerchen Michelle John und Sharon White als Backing Vocals. Überraschungsgäste waren unter anderen Jimmie Vaughan, Bruder des verstorbenen Clapton-Freundes Stevie Ray Vaughan (kam im Rahmen einer Clapton-US-Tour, dessen Vorprogramm er bestritt, bei einem Helikopter-Absturz ums Leben. Göttliche Fügung: Clapton selber war auch für diesen Flug vorgesehen, schaffte es aber zeitlich nicht, zuzusteigen…), US-Singer/Songwriter John Mayer oder Gitarrist Doyle Bramhall II. Ausser in London feierte Clapton seinen 70. Geburtstag auch mit zwei Konzerten Anfang Mai im New Yorker Madison Square Garden. Auch diese wären wohl auch eine Veröffentlichung wert.
DVD/BluRay THE BEATLES 1+ (CD + 2 DVDs/2 BluRays) Universal hh. "Diese Videos und Filme sind spektakuläre Erinnerungen an eine außergewöhnliche Ära, die wir erlebt haben. Und sie rocken!" – sagt Paul McCartney über das Paket „1+“, das erstmals die Videos und Top-Hits der Fab Four vereint. Nachdem die Beatles ihre letzte Tournee gespielt hatten und es sich als unmöglich erwies, rund um die Welt zu reisen, um neue Veröffentlichungen zu promoten, nutzte die Band zunehmend das Medium so genannter "Minispielfilme". Die jeweils 27 Tracks umfassenden CD/DVDs und CD/Blu-rays stellen jedem Song ein wunderbar restauriertes Video zur Seite, wobei alle Songs in neuen Stereo- sowie 5.1 Dolby Digital und DTS HD Surround Audio Mixen erscheinen. Die brandneue Edition „The Beatles 1+“ würdigt deren Karriere mit insgesamt 50 Promotionfilmen und Videos mit
einer Gesamtlänge von über 200 Minuten. Sie beinhaltet neben allen 27 No.1-Hits und den entsprechenden Videos auf einer weiteren Disk nochmals 23 Videos, darunter neben alternativen Versionen auch selten gezeigtes und frisch restauriertes Film- und Videomaterial. Die einfache, 27 Tracks umfassende Audio-CD enthält ebenfalls die neuen StereoMixe. Die neuen Editionen von „The Beatles 1“ sind nur durch umfangreiche Recherche ermöglicht worden sowie durch die aufwendige Restaurierung von original Promotionfilmen, Aufzeichnungen von Fernsehauftritten und anderen sorgfältig ausgewählten Videos, die die komplette Karriere der Band umfassen. Unter den restaurierten Filmen auf Beatles 1 und Beatles 1+ finden sich bearbeitete 35mmNegative, die in hoher 4K-Auflösung gescannt und digital aufgewertet wurden. Letzteres gilt auch für die neuen Stereo- und 5.1 Surround-AudioRemixe, die auf Grundlage der
Original-Analogbänder von den Grammy Gewinnern Giles Martin (Sohn des Beatles Produzenten George Martin) und Sam Okell in den Abbey Road Studios produziert wurden. Für vier Videos haben Paul McCartney und Ringo Starr Audiokommentare respektive Filmeinführungen aufgenommen. Die 1+ Deluxe-Edition enthält zudem ein 124-seitiges, illustriertes Hardcover-Buch inklusive einer Würdigung der bahnbrechenden Filme und Videos. Ein komplettes, hochqualitativ restauriertes Werk, das nicht nur Beatles-Fans und Historikern, sondern jedem Liebhaber bahnbrechender und wegweisender Popmusik stundenlanges Vergnügen bereiten wird.
BLACK STONE CHERRY Thank You Livin Live Birmingham, UK Eagle Rock hh. Harte Arbeit zahlt sich aus, wie man im Fall der amerikanischen Southern Rocker Black Stone Cherry wieder einmal sieht. Endlose Tourneen seit der Gründung vor 15 Jahren und vier gute bis sehr gute Alben sorgten dafür, dass das Quartett um Sänger/Gitarrist Chris Robertson stetig die Erfolgsleiter heraufkletterten und von Release zu Release immer bessere Chartspositionen erreichten. Ihr Mix aus traditionellem Southern Rock und Metal Elementen ist genau das passende Gebräu, aus dem man energetische, mitreissende Live-Shows macht. Und genau darin liegt die Hauptessenz der Band. Das kann man nun, sofern man die Band nicht schon selbst live erleben durfte, in bester Ton- und Soundqualität auf dem hier vorliegenden Paket aus 1 DVD und 1 CD (gleiche Songauswahl) nachvollziehen. Die Truppe
NAZARETH No Means Of Escape Eagle Vision hh. Vor einer überschaubaren, handverlesenen Fanschar gaben Nazareth 2014 ein Konzert in den Londoner Metropolis Studios. Dan McCafferty, DIE Stimme der schottischen Rocker, ist aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr dabei und wurde von Linton Osborne ersetzt. 13 Songs umfasst das hier verewigte Live-Set und es sind natürlich einige der Nazareth-Klassiker wie „Razamanaz“, „Turn On Your Receiver“, „Bad Bad Boy“, „This Flight Tonight“, „Hair Of The
aus Kentucky liess ihr ausverkauftes Konzert in der grossen LG Arena im englischen Birmingham filmen und präsentiert dabei einen krachenden Song-Querschnitt durch ihre bisherige Karriere. Natürlich dürfen Hits wie u.a „Rain Wizzard“, „Blind Man“, „Me And Mary Jane“ und/oder „Hell And High Water“, die vom Publikum begeistert mitgesungen
Dog“ und der Mega-Hit „Love Hurts“, wie auch diverse Songs aus der jüngeren Vergangenheit am Start. Wer Nazareth hier zum ersten Mal mit dem McCafferty Nachfolger Linton Osborne erlebt, wird WehmutsTränen nicht unterdrücken können. Osborne gibt sich zwar redlich Mühe, kann von der Stimmlage her auch die hohen Töne seines Vorgängers reproduzieren und ist dennoch eine echte Fehlbesetzung. Nicht nur muss er gegen das übermächtige, einzigartige Stimmorgan des Originals ankämpfen, sondern es fehlt ihm auch total an Charisma, von McCafferty's Entertainment-Qualitäten gar nicht zu reden. Osborne wirkt wie eine billige Karrikatur des Originals, ist sichtlich mit seiner Position als Frontmann einer der legendärsten britischen Classicrock-Bands überfordert. Das überträgt sich auf die gesamte Darbietung der Truppe, und so hat das Ganze den Charakter einer mittelmässigen Tribute Band. Das haben
werden, nicht fehlen – aber auch die weniger bekannten Tracks erstrahlen live in vollem Glanz. Man muss überhaupt sagen, dass die Band trotz ihrer guten Studioarbeit ihre wahre Stärke erst auf der Bühne richtig zeigt. Hingucker ersten Grades ist dabei Drummer John Fred Young, der wohl zu den wildesten Trommlern des gesamten Rockzirkus gezählt werden muss. Seine Kollegen Ben Wells (gtr) und John Lawhon (bs) stehen im allerdings diesbezüglich nicht viel nach. Lediglich Chris Robertson ist der ruhende Fels in der Brandung und konzentriert sich auf seinen Gesang, den er ohne Abstriche perfekt wie auf Platte rüberbringt. „Thank You“ ist ein echtes Feuerwerk für jeden Hard-/Classicrockfan, wobei die harte Southernrock-Fraktion hier aufs allerfeinste bedient wird. Im Bonus-Teil gibt es noch zwei Songs vom DownloadFestival 2015 sowie an gleicher Stelle mitgeschnittenes, sehr informatives Interview mit Ben Wells und Chris Robertson. Fazit: „Thank You“ ist ein Pflichtkauf für jeden Fan des harten Rocks und zwar genreübergreifend.
Originalmitglied/Bassist Pete Agnew auch wohl selbst eingesehen, denn inzwischen haben sie sich von Linton Osborne getrennt (der neue Nazareth Fronter ist ex-Krokus- Sänger Carl Sentance). Teil 2 lässt in einer 50-minütigen Doku die Karriere der Schotten Revue passieren, mit ausführlichen Interviews von Pete Agnew und Dan MacCafferty. Weshalb allerdings bei den zwischenplatzierten Live-Ausschnitten wieder auf das gerade gesehene Konzert zurückgegriffen wird, ist nicht nur ein Rätsel sondern vor allem ein echtes Ärgernis. Wenn es schon um die Geschichte der Band geht, hätte man zumindest Aufnahmen der Original-Besetzung verwenden sollen – davon sollte es ja wohl genügend geben. Wo liegt der Sinn, wenn Agnew und McCafferty über alte Hits reden und dann kommt ein Einspieler, in dem gerade mal noch Pete Agnew von der Original-Besetzung dabei ist. Das alles erscheint doch recht lieblos, billig und mit geringstem Aufwand fabriziert – diese legendäre Band hat wesentlich Besseres verdient. Enttäuschend.
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ReReleases, Best Of, Tributes BRUCE SPRINGSTEEN The Ties That Bind – The River Collection Sony Wenn es auch längst nicht das erfolgreichste Album war, so ist es wohl dennoch das bahnbrechendste in der Karriere von Bruce Springsteen: »The River«. Das fünfte Album, das der »Boss« im Oktober 1980 veröffentlichte, war die erste Platte, mit der er auf Platz eins der USBillboard-200-Album-Charts landete. Mit »The Ties That Bind: The River Collection« gibt es jetzt erstmals eine Box, die dieses Album erneut ins Rampenlicht holt. Insgesamt vier CDs und drei DVDs bzw. zwei Blu-rays sowie ein Hardcoverbuch bieten einen tiefen Einblick in die Entstehung der Platte, und zwar mit 52 Songs, von denen viele nie zuvor veröffentlicht wurden, sowie jeder Menge rarem Videomaterial. Die vier CDs bestehen aus dem Doppelalbum »The River« von 1980 sowie einer ersten Albumversion, die Springsteen bereits 1979 in direkter Nachfolge seines Albums »Darkness On The Edge Of Town« schrieb. Das zehn Songs umfassende Werk wurde jedoch nie veröffentlicht, da es den Songs laut Springsteen an konzeptioneller Geschlossenheit mangelte. Es folgte eine Phase intensiven Songwritings und
dokumentiert mit Erzählungen, Fotos, Konzertausschnitten, AkustikPerformances und einem Interview mit Springsteen die gesamte Entstehung des Albums. Zu guter Letzt beinhaltet »The Ties That Bind: The River Collection« ein 148 Seiten starkes Hardcoverbuch mit insgesamt 200 Fotos von Studioaufnahmen und Liveauftritten sowie Singlecover und Outtakes des Originalcoverartworks. Viele dieser Abbildungen blieben bisher ungezeigt. Zudem gibt es einen neuen Essay von Bruce-Springsteen-Experte Mikal Gilmore, Linernotes und Auszüge aus dem Notizbuch Springsteens sowie der Originalreview des Albums aus einem Rolling-Stone-Magazin von 1980.
ein Jahr später das »richtige« Album. Sieben der zehn Songs von »The River« schafften es auf das spätere Doppelalbum, zum Teil wurden diese jedoch neu arrangiert bzw. umgeschrieben. Die vierte CD in der Box »The Ties That Bind: The River Collection« ist eine umfangreiche Sammlung von Studioouttakes aus den »The River«-Sessions von 1979 und 1980. Sie geben einen Einblick in das kreative Schaffen des Musikers. Insgesamt 22 Outtakes umfasst die Collection, von denen elf jetzt zum ersten Mal veröffentlicht wurden. Diese wurden von Bob Clearmountain gemischt und von Bob Ludwig gemastert. Die anderen elf Songs stammen aus der »Tracks«-Box und der »Essentials«-Compilation und sind nun erstmals auf einer CD versammelt. Auf den drei DVDs bzw. zwei Blu-rays der Box befindet sich jede Menge rares und nie zuvor veröffentlichtes Filmmaterial. Mit dabei sind unter anderem neu editierte Aufnahmen des legendären Konzertes 1980 in Tempe, Arizona, das damals mit vier Kameras gefilmt und als Multitrack-Audio aufgezeichnet wurde. »Bruce Springsteen & The E Street Band: The River Tour, Tempe 1980« dauert ganze zwei Stunden und 40 Minuten und zeigt die Liveversionen vieler Songs von »The River«. Zudem enthalten die DVDs und Blu-rays einen 20minütigen Mitschnitt von Proben des Sängers zusammen mit seiner Band, aufgenommen in Lititz, Pennsylvania. Als besonderes Highlight erwartet die Zuschauer weiterhin eine komplett neue 60-minütige Bruce-Springsteen-Dokumentation. »The Ties That Bind«
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Diese Box als umfangreich zu beschrieben, wäre noch untertrieben. »The Ties That Bind: The River Collection« ist ein mehr als randvolles Paket, das einen der bedeutendsten Zeitabschnitte der Rocklegende Bruce Springsteen bis ins Detail aufarbeitet.
Die gesamte Box im Überblick: - Original-Doppelalbum »The River« (1980) - Erste Albumversion von »The River« (1979) - »The River«-Outtakes - Neue Dokumentation: The Ties That Bind« - Konzertmitschnitt: »Bruce Springsteen & The E Street Band: The River Tour, Tempe 1980« - Footage: Probe von Springsteen und Band - 148 Seiten umfassendes Hardcoverbuch mit Fotos, Notizen und vielen Extras
ReReleases, Best Of, Tributes AMY WINEHOUSE The Collection – Box Set Island/Universal hh. Island Records veröffentlicht erstmalig eine limitierte 8-fach Vinylbox mit den zwei regulären Studio-Alben „Frank“ und „Back To Black“ sowie der Archiv-Sammlung „Lioness: Hidden Treasures“, den Shepherd's BushLiveaufnahmen von 2007, Titeln, die es erstmals auf Vinyl gibt, sowie einem RaritätenAlbum, das u. a. Livetracks von 2003 enthält. Jede Platte in 180g Vinyl, dazu ein LithoKunstdruck und eine exklusive Reihe an hochwertigen Fotografien aus den ersten beiden Album-Sessions. Dürften die beiden regulären Alben bei den meisten Fans bereits im Regal stehen, gibt es auf „Lioness…“ und „Rarities“ noch einige Juwelen zu entdecken, allerdings auch einige Songs, die Amy zu Lebzeiten wahrscheinlich nicht zur Veröffentlichung freigegeben hätte. Aber wie praktisch bei jedem verstorbenen Superstar werden posthum die Archive geplündert und das entdeckte Material in studiotechnischer Neuaufbereitung auf den Markt geworfen. Über Sinn und Unsinn bzw. Leichenfledderei lässt sich streiten, dem echten Fan ist das egal, er freut sich über derartige „neue“ Schätze. Im Fall der hier enthaltenen Raritäten macht die Veröffentlichung allerdings grösstenteils Sinn, speziell die für Radio Sessions des britischen BBC-Radio eingespielten SongVersionen, wie in erster Linie die abgespeckten Versionen ihrer Hits „Rehab“ und „Back To Black“ lohnen sich voll und ganz. Die Shepherd's Bush Live-Aufnahmen aus dem Jahr 2007 gab es bislang nur als DVD, hier werden sie zum ersten Mal als Doppelalbum präsentiert – ein weiteres Highlight dieses Box-Sets. Fazit: „The Collection“ ist ein würdiger Überblick auf das Schaffen einer der erfolgreichsten und musikalisch wertvollsten britischen Musikerinnen mit einigen neu zu entdeckenden Überraschungen, die den Fans auch nachträglich noch die eine oder andere Wehmutsträne ins Auge drücken dürfte. Ausserdem übertrifft der Sound dieser Vinyl-Versionen dem der CDs um einiges.
OPPROBRIUM Serpent Temptation Relapse/NonStopMusic
lg. Endlich wird dieser Klassiker aus den 80er Jahren in der Schnittmenge zwischen Death- und Thrash-Metal neu aufgelegt, und zwar endlich in der Originalfassung. Die beiden Neuauflagen in den letzten Jahren enthielten teilweise neu eingespielte Spuren, welche Härte und Authentizität des Sounds auf "Serpent Temptation" beeinträchtigten. Incubus (später wurde der Name aufgrund einer weichgespülten aber weit erfolgreicheren US-Alternative-RockBand zu Opprobrium gewechselt) wurde 1986 von den ursprünglich aus Brasilien stammenden und zugewanderten Howard-Brüdern gegründet. Nach Hinzunahme von
Scot W. Latour am Gesang/Bass wurde 1988 besagter Klassiker veröffentlicht, der perfekt gespielte, meist sehr schnelle Songs beinhaltet und in der Szene zu Recht nach wie vor als absoluter Meilenstein betrachtet wird. Man hört aufgrund der Präzision eine Prise Slayer aus dem Sound heraus und der Gesang erinnert an akzentfreie Sodom. "Serpent Temptation" ist eine unverzichtbare Scheibe im extremen Metal-Bereich. Nun ist dieser Knaller erstmals in der Ur-Version als CD und wieder als LP verfügbar. Anspieltipps: alle acht Songs der originalen Albums (die vier Bonussongs aus Demo-Zeiten tönen etwas gar rumplig).
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ReReleases, Best Of, Tributes
RAMMSTEIN XXI – Limited Edition Vinyl Box Set Universal
SIMPLE MINDS Once Upon A Time (Super Deluxe Edition, 5 CDs & 1 DVD) The Vinyl Collection 1979-1984 (7 LPs) Universal
lg. Von den Schotten von Simple Minds sind Ende 2015 und pünktlich zum Weihnachtsgeschäft zwei tolle Boxsets veröffentlicht worden. Einerseits kam einem der grössten Banderfolge, dem siebten Studioalbum "Once Upon A Time" aus dem Jahre 1985, genauere Beachtung mittels einer üppigen und limitierten Super Deluxe Edition zu, welche aus fünf CDs und einer DVD besteht. CD 1 beinhaltet das Album, welches mit über 2 Millionen verkauften Exemplaren auch eine Nummer 1 Chartplatzierung in UK notierte und auch die einfachen Gemüter in den USA zu ersten grösseren Erfolgen verhalf. "Once Upon A Time" mit seinen acht Songs hört sich wie aus einem Guss an und beinhaltet auch hochklassigen Pop/Rock mit einem leichten New Wave-
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hh. Ein wahrhaftig schwerwiegendes Paket offerieren Rammstein ihren Fans zum 21. Bandjubiläum. Sieben Doppel-Alben, alle in hochqualitativer 180gr. Vinyal-Ausführung, verpackt in einer nummerierten stabilen Box mit Schuber und wie es sich für Rammstein gehört, natürlich in Schwarz. Da kommt ordentlich was an Gewicht zusammen, was der Fan deutlich merken wird, wenn er das Teil aus dem Plattenladen nach Hause schleppen muss. Gewichtig, in Bezug auf die Qualität, ist denn auch der Inhalt. Alle sechs bislang veröffentlichten regulären Alben der Berliner Pyro-Rocker kommen hier jeweils als Doppelalben, bis auf „Mutter“ und „Liebe ist für alle da“ zum ersten Mal auf Vinyl. Das enthaltene siebte Doppelalbum „Raritäten“ besteht aus Songs, die nur als Singles veröffentlicht wurden und hier zum ersten Mal auf einem Album verewigt wurden. Mit „Los“ ( aus „Reise,Reise“) ist hier als FullBand-Version zudem ein bislang unveröffentlichter Song vertreten.
Einschlag. Auf dem Album befinden sich auch die vier erfolgreichen Singles Alive & Kicking, Sanctify Yourself, All The Things She Said und Ghostdancing. Die CDs 2 und 3 beschäftigen sich dann mit den obengenannten Singles und dem grössten Bandhit überhaupt, Don't You (Forget About Me). Letzterer Song ist ein NonAlbum Track und stammt aus dem Film Soundtrack von Breakfast Club. Im Boxset finden sich von allen genannten Songs alternative Version, 12" Mixes sowie alle BSeiten sowie Live-Songs und weitere Remixes. Die CDs 4 und 5 beinhalten das Konzert zur damaligen Tour in Paris 1986, welches ein Jahr darauf als Doppel-LP "Live In The City Of Light"
ReReleases, Best Of, Tributes
Dieses limitierte Box-Set ist nicht nur ein echter Leckerbissen für eingeschworenen Vinyl-Fans unter den Rockliebhabern, sondern in erster Linie unverzichtbar für jeden Rammstein-Fan, auch wenn er schon alle Alben als CDs im Regal hat. Denn die von Rammsteins langjährigem Produzenten/Toningenieur Jacob Hellner und Mastering-Experten Svante Forsback remasterten Alben sind soundmässig eine Klasse für sich und übertreffen die CDVersionen, die ja auch schon herausragenden Sound lieferten, um ein ganzes Stück. Der Sound kommt ungeheuer warm und transparent mit massivem Druck durch die Lautsprecher – ein Paradebeispiel für die unvergleichliche Qualität guter Vinyl-Pressungen. Zudem ist es derzeit nicht beabsichtigt, diese Alben auch einzeln auf den Markt zu bringen. Einmal mehr muss man feststellen, dass generell und überall dort, wo Rammstein draufsteht Qualität in höchstem Mass geboten wird. „XXI – The Vinyl Box Set“ ist zwar nicht gerade billig, aber jeden investierten Franken mehr als wert.
veröffentlich wurde und Simple Minds auf ihrem Topniveau zeigt. "Live In The City Of Light" ist in der Aufnahme perfekt und ist nichts anderes als eine Live Best-Of. Schliesslich kommt eine DVD mit dem ganzen "Once Upon A Time"-Album als 5.1 sowie Stereo-Mix. Darauf enthalten sind zudem alle Videos zu den Singles. Das zweite Boxset heisst "The Vinyl Collection 1979-1984", ist ebenfalls limitiert und enthält alle Studioalben aus der Zeit vor "Once Upon A Time". Dabei handelt es sich um "Life In A Day", "Real To Real Cacophony", "Empires And Dance", "Sons And Fascination" mit dem limitierten Bonusalbum "Sister Feelings Call", "New Gold Dream (81-82-83-84)" sowie "Sparkle In The Rain". Alle Alben wurden in den Abbey Road Studios remastered und auf 180g Vinyl gepresst; dabei ist auch ein MP3 DownloadVoucher. Die originalen Artworks wurden exakt reproduziert, einschliesslich aller Inserts. Das erste Album klang recht punkig, der Nachfolger "Real To Real Cacophony" war sehr experimentell während die dritte Scheibe "Empires And Dance" auf tanzbare New Wave Rhythmen setzte. Die Band blieb allerdings recht erfolglos, bis Peter Gabriel die Band 1981 als Vorband auf Tour mitnahm. Die danach und 1981 aufgenommenen Alben "Sons And Fascination" und das limitierte Bonusalbum "Sister Feelings Call" notierten erste signifikante Charterfolge und hievten die Band mit einem sich näher bei Rock/Pop befindenden Sound auf ein neues Level. New Gold Dream (81, 82, 83, 84) aus dem Jahre 1982 führte mit den tollen Singles "Promised You A Miracle" und "Glittering Prize" zu weiteren Erfolgen was mit "Sparkling In The Rain"(1984) weitergeführt worden ist (man denke nur an die Singles "Waterfront" oder "Speed Your Love To Me"). Eine lohnenswerte Vinyl-Retrospektive einer tollen, interessanten und auch politisch engagierten Band!
VARIOUS ARTISTS The Early Motown EPs-Box Tamla Motown/Universal
hh. Zur Erklärung für alle spät geborenen, die Vinyl-Releases lediglich mit Langspielplatten in Verbindung bringen. Früher gab es auch Vinyl-Singles und deren grosse Schwester hiess EP. Das waren sozusagen MiniLangspielplatten, die vier Songs enthielten und wie Singles mit 45 rpm abgespielt wurden. In den 60ern waren diese EPs in England sehr erfolgreich und erlebten zwischen Mitte 70er und Anfang 80er während der Punk/New Wave-Zeit eine Renaissance. Heute zählen die Original-EPs zu den begehrten Sammlerobjekten. In der hier vorliegenden, limitierten Box sind die ersten sieben EPs der drei damaligen US-Labels London American, Stateside und Tamla Moton enthalten, die zuerst den sogenannten Motown-Sound auf den Markt brachten, wie sie in den 60ern in England veröffentlicht wurden. Dabei handelt es sich um fünf Compilations mit Songs von u.a. Martha & The Vendellas, Marvin Gaye, The Surpremes, The Temptations, Eddie Holland. Die anderen zwei EPs bringen je 4 Songs von Little Stevie Wonder und The Miracles. Die Cover der Wiederveröffentlichungen sind identisch mit den Originalen, lediglich die Original-Labelnamen London und Stateside wurden auf den Covern und Etiketten jetzt aus rechtlichen Gründen durch „Tamla Motown“ ersetzt und selbstverständlich kommen alle EPs in MonoVersionen. Das Box-Set ist auf 3000 Stück limitiert, individuell nummeriert und ein Bon zum Download als MP3 Version ist beigefügt. Diese schöne Box ist für Historiker und Fans des frühen MotownRhythm'n'Blues essentiell, zumal die Original-EPs wohl kaum noch aufzutreiben sind.
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KONZERTKALENDER
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AC/DC
BRYAN ADAMS
HECHT
MAGNUM
29.5. Bern, Stade de Suisse
2.6. Zürich, Hallenstadion
11.3. Aarau, KIFF
30.4. Pratteln, Z7
ADAM LAMBERT
BUDDY GUY
12.3. Rubigen, Mühle
MATTO RULES
5.5. Zürich, Volkshaus
5.7. Zürich, Kongresshaus
18.3. Zürich, Plaza
24.3. Bern, ISC
ADELE
BUENA VISTA SOCIAL CLUB
24.3. Luzern, Schüür
MIMIKS
17.+18.5. Zürich, Hallenstadion
31.3. Basel, Musical Theater
29.4. Hasliberg, Wetterhorn
12.3. Lyss, KUFA
A-HA
CANDY DULFER
30.4. St. Gallen, Honky Tonk
MONSTER MAGNET
4.4. Zürich, Hallenstadion
26.+27.4. Zürich, Kaufleuten
HEISSKALT
21.3. Pratteln, Z7
ALL THE LUCK IN THE WORLD
CANNIBAL CORPSE, KRISIUN
24.3. Zürich, Bogen F
22.3. Winterthur, Salzhaus
16.3. Zürich, Bogen F
10.5. Aarau, KIFF
HERBERT GRÖNEMEYER
MUMFORD & SONS
AMORPHIS
CARAVAN PALACE
10.6. St. Gallen, AFG Arena
16.5. Zürich, Hallenstadion
15.4. Pratteln, Z7
19.3. Zürich, Kaufleuten
IAN PAICE PURPENDICULAR
MUSE
ANASTACIA
CARO EMERALD
19.3. Zug, Galvanik
11.+12.5. Zürich, Hallenstadion
11.4. Zürich, Kongresshaus
3.11. Zürich, Kaufleuten
28.3. Pratteln, Z7
NADJA ZELA
ANNA KÄNZIG
D-A-D
IRON MAIDEN + weitere Acts
11.3. Zürich, Bogen F
8.4. Luzern, Schüür
29.4. Pratteln, Z7
3.6. Luzern, Allmend
NASHVILLE PUSSY
ANNENMAYKANTEREIT
DELILAHS
JAEL
24.3. Zug, Galvanik
14.4. Zürich, X-Tra
30.4. Luzern, Schüür
4.3. Zug, Galvanik
NEWTON FAULKNER
16.4. Basel, Volkshaus
DIRKSCHNEIDER, ANVIL
10.3. Zürich, Kaufleuten
10.3. Zürich, Bogen F
A PLACE TO BURY STRANGERS
3.4. Pratteln, Z7
13.3. Pratteln, Z7
NICO SEMSROTT
23.3. Zürich, Bogen F
DISTURBED
JAMES BAY
17.3. Lyss, KUFA
AVANTASIA
8.6. Zürich, Komplex 457
15.3. Zürich, X-Tra
NEWTON FAULKNER
24.+25.3. Pratteln, Z7
DIXIE CHICKS
JANET JACKSON
10.3. Zürich, Bogen F
AXEL RUDI PELL
17.4. Zürich, Hallenstadion
11.4. Zürich, Hallenstadion
NOEL GALLAGHERs HIGH FLYING…
16.+17.4. Pratteln, Z7
DODO
JESS GLYNNE
11.4. Zürich, X-Tra
BABOON SHOW
25.3. Luzern, Schüür
22.3. Zürich, Plaza
PABLO NOUVELLE
5.5. Bern, ISC
DREAM THEATER
JULIETA VENEGAS
19.3. Luzern, Schüür
BARCLAY JAMES HARVEST
23.3. Zürich, Kongresshaus
1.4. Zürich, Volkshaus
PAUL DI'ANNO
14.4. Pratteln, Z7
EDOARDO BENNATO
KADAVAR
16.4. Zug, Galvanik
BASCHI
18.3. Zürich, Volkshaus
10.4. Luzern, Schüür
P. FANKHAUSER & M. EVANS
4.3. Luzern, Schüür
23.3. Frick, Monti
KAMCHATKA
12.4. Luzern, KKL
10.3. Basel, Volkshaus
ELECTRIC LIGHT ORCHESTRA
9.3. Pratteln, Z7
POWERWOLF
11.3. Solothurn, Kofmehl
3.5. Zürich, Hallenstadion
10.3. Bern, ISC
8.4. Solothurn, Kofmehl
BEN HARPER & INNOCENT CRIMIN.
ENSIFERUM
KAMELOT
PRONG
3.10. Zürich, Hallenstadion
17.4. Solothurn, Kofmehl
27.4. Luzern, Schüür
30.3. Zürich, Dynamo
BIRDY
ERIC CHURCH
KID IKARUS
RAMMSTEIN + weitere Acts
25.4. Zürich, Volkshaus
6.3. Zürich, Kaufleuten
28.4. Zürich, Bogen F
4.6. Luzern, Allmend
BIRTH OF JOY
5 SECONDS OF SUMMER
KNACKEBOUL
REDNEX
8.4. Zürich, Bogen F
24.5. Zürich, Hallenstadion
10.3. Lyss, KUFA
9.4. Zug, Galvanik
BLACK MOUNTAIN
FUSION SQUARE GARDEN
LAURA PAUSINI
ROBIN SCHULZ
6.4. Zürich, Bogen F
22.4. Lyss, KUFA
20.10. Zürich, Hallenstadion
2.3. Zürich, Volkshaus
BLUES CARAVAN 2016
GLASPERLENSPIEL
21.10. Genf, Arena
ROCK MEETS CLASSIC
6.4. Frick, Monti
4.3. Solothurn, Kofmehl
LIIMA
12.4. Bern, Festhalle
8.4. Frauenfeld, Eisenwerk
GLORIA VOLT
19.4. Zürich, Bogen F
13.4. Zürich, Hallenstadion
9.4. Rubigen, Mühle
5.3. Aarau, Butcher Street Pub
LINA BUTTON
ROCK THE RING:QUEEN, SCORPIONS,
10.4. Zürich, Moods
GRAHAM CANDY
18.3. Luzern, Schüür
IGGY POP, MARILLION, SHAKRA,
24.6. Rapperswil, Blues'n'Jazz
5.3. Aarau, KIFF
LUKAS MARSAND
MANDO DIAO, EUROPE + mehr
BOY
GUIDA, FAZ WALTZ
11.3. Luzern, Schüür
17.-19.6. Hinwil
21.3. Zürich, Volkshaus
21.4. Bern, ISC
MACKLEMORE & RYAN LEWIS
ROD STEWART
BRAINHOLZ
HATEBREED, BURY TOMORROW
21.3. Zürich, Hallenstadion
1.7. Zürich, Hallenstadion
2.4. Lyss, KUFA
5.5. Zürich, X-Tra
22.3. Genf, Arena
KONZERTKALENDER RUNRIG
SWEET KISS MOMMA
2.11. Zürich, Volkshaus
11.3. Solothurn, Kofmehl
SAGA
13.3. Bern, Rössli
18.4. Pratteln, Z7
TAJ MAHAL TRIO
SALIF KEITA
6.5. Zürich, Kaufleuten
26.3. Zürich, Kaufleuten
TANITA TIKARAM
SCHILLER
16.3. Zürich, Kaufleuten
10.10. Zürich, Hallenstadion
TANKARD
SCOUT NIBLETT
23.4. Zürich, Dynamo
4.4. Zürich, Bogen F
THE BOSS HOSS
SEVEN
22.4. Winterthur, Eishalle
1.4. Luzern, Schüür
THE CURE
2.4. Baden, Joy
4.11. B asel, St. Jakobshalle
8.4. Schaffhausen, Kammgarn
THE HILLBILLY MOON EXPLOSION
9.4. Kirchberg, Eintracht
21.4. Zürich, Bogen F
15.4. Solothurn, Kofmehl
THE IRON MAIDENS
16.4. Jona, ZAK
22.4. Luzern, Schüür
22.4. Hasliberg, Wetterhorn
THE VAD VUC
23.4. Rubigen, Mühle
18.3. Luzern, Schüür
29.4. Zürich, Kaufleuten
TINDERSTICKS
6.5. St. Gallen, Kugel
7.3. Zürich, Kaufleuten
7.5. Chur, Palazzo
TROIMER
SHAKRA
2.4. Zug, Galvanik
18.3. Pratteln, Z7
TURBOSTAAT
19.3. Lyss, KUFA
25.3. Zürich, Dynamo
24.3. Wetzikon, HoF
UK SUBS, TV SMITH
31.3. Solothurn, Kofmehl
7.2. Lyss, KUFA
1.4. Zug, Chollerhalle
URIAH HEEP
2.4. Rubigen, Mühle Hunziken
25.3. Schaffhausen, Kammgarn
8.4. Merishausen, Rock a. Randen
26.3. Solothurn, Kofmehl
SHEM THOMAS
VAN CANTO
14.4. Lyss, KUFA
1.4. Pratteln, Z7
SICK OF IT ALL
VANNA INGET
6.3. Zürich, Dynamo
26.5. Bern, ISC
SILBERMOND
WALK THE MOON
25.5. Zürich, Hallenstadion
4.3. Zürich, Kaufleuten
SIVERT HOYEM
WOLFMOTHER
19.3. Zürich, Plaza
9.5. Zürich, Volkshaus
SLAM & HOWIE
YOKKO
19.3. Winistorf, Estrich
2.3. Zürich, Hafenkneipe
26.3. Hinwil, Pirates
18.3. St.Gallen, Gare de Lion
15.4. Rubigen, Mühle Hunziken
19.3. Andermatt, Live
SPIRITUAL BEGGARS
31.3. Zürich, Bogen F
4.4. Pratteln, Z7
1.4. Bern, Turnhalle
STEREO TOTAL
2.4. Luzern, Schüür
8.4. Bern, ISC
14.5. Lyss, KUFA
SUFFOCATION
ZAZ
16.3. Aarau, KIFF
16.3. Zürich, Hallenstadion
SUNRISE AVENUE
ZUCCHERO
18.3. Zürich, Hallenstadion
31.10. Zürich, Hallenstadion 2.11. Genf, Arena
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