Manchmal muss es richtig wehtun
LIVE 12. November 2014 Zürich, Volkshaus
Von diesen Jungs aus New Jersey lässt man sich gerne das Herz brechen: Mit „Get Hurt” legen The Gaslight Anthem ein Album vor, das zwar eine Fortsetzung ihres schnörkellosen Rock-Punk-Sounds ist– wenn Brian Fallon aber noch kratziger und authentischer als bisher in “Selected Poems” singt “all in all I find that nothing stays the same” gibt er die Wegrichtung vor, in die der Longplayer geht.
mr. Jeder, der sich schon einmal tätowieren lassen hat, hat die Erfahrung gemacht, dass etwas, das Bestand hat, manchmal wehtun muss. Auch Brian Fallon hat schon einige Male beim Tätowierer gesagt „I came to get hurt“. Der Leadsinger und Gitarrist hat mit seiner Band nach dem 2012 erfolgreich in den Charts platzierten Vorgänger „Handwritten“ nun das neue Werk „Get Hurt“ vorgelegt. Die gleichnamige erste Single ist geradezu schmerzhaft schön und hält passenderweise fest „and maybe you needed a change“. Eine Veränderung haben auch The Gaslight Anthem angestrebt. „Wir wollten mit diesem Album sehen, in welche Richtung wir als Band noch gehen können“, erklärt Brian Fallon in einem Interview. Weil er wohl das Gefühl hatte, es sei Zeit gewesen den bisherigen Sound zu verändern, hat er den Werdegang von Bands studiert, die eben diese Entwicklung vollzogen haben. Die Frage, wie weit man gehen kann, ohne die Audience zu sehr zu irritieren, stand dabei immer im Fokus. Etwas Angst hatten er, Gitarrist Alex Rosamilia, Basser Alex Levine und Drummer Benny Horowitz
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aber wohl doch vor den Reaktionen auf ihren Richtungswechsel, warnten sie im Vorfeld des Mitte August veröffentlichten Albums doch ihre Fans, die CD sei komplett anders, als das, was man bisher von ihnen kennen würde. Die Erkenntnis, dass man nicht immer wieder eine neue Version des Altbekannten veröffentlichen muss, kam Brian Fallon wohl schon vor einiger Zeit. Nach dem Erfolg mit Alben wie „The '59 Sound“ und „American Slang“, der den New Jersey Boys bereits eine erste Duftnuance eines neuen Lebens als Stadiumrocker unter die Nase hielt, zog sich Brian Fallon mit seinem Nebenprojekt „The Horrible Crowes“ bereits ein erstes Mal zurück und widmete sich sanfteren, melancholischeren Tönen. Die Lust auf Rock-and-Punk-n-Roll vereinte ihn aber bald wieder mit seiner Hauptband. 2013 war er die Vergleiche mit Bruce Springsteen und die Wünsche der Fans nach einem zweiten „The '59 Sound“ dann aber leid und beschloss, die Stilrichtung der Band radikal zu verändern. Komplett anders und trotzdem immer noch typisch The Gaslight Anthem – das
perfekte Resümee der zwölf Songs von „Get Hurt“. Wer die CD einlegt, wird vom Opener „Stay Vicious“ erst einmal derart weggefegt, dass er kurz noch einmal nachprüfen muss, ob er wirklich eine CD von The Gaslight Anthem in den Händen hält. So treibende, elektronisch gellende Riffs und einen derart rauen, hypnotisierenden Gesang kannte man bisher von dem Quartett aus New Jersey nicht. Bei „1000 Years“ kommt einem die Band schon wieder etwas bekannter vor. Was sich aber wie ein roter Faden durch alle Lieder zieht, ist eine gewisse reife Melancholie, welche die bisher fröhlichen Songs der Band derart emotionalisiert, dass man sich schon im Stadium stehen sieht, wo man mit Tränen in den Augen „Hey-ey-ey, it's alright she says“ mitsingt. Titel wie „Helter Skeleton“ und vor allem „Rollin' and Tumblin“ mit der mitreissenden Zeile „Shimmy, shimmy shake, Baby, right in my bloodstream“ bieten immer noch genug Mitsing- und Tanzpotential, um bei einem Konzert von The Gaslight Anthem alle Sorgen zu vergessen. Mit ihrem bisher wohl intimstem Werk holen sie ihr Publikum aber auch auf einer ganzen anderen Ebene ab und vermitteln eine Gefühl von „Hey, ich kenne deine dunkelsten Gedanken, aber lass uns jetzt zusammen abrocken“. Einen besonders berührenden Moment liefern die Amerikaner mit „Break your Heart“. Hier formuliert Brian Fallon perfekt, wie viel Blösse man sich mit der neuen
THE GASLIGHT ANTHEM Get Hurt Universal
01 “Stay Vicious” 02 “1,000 Years” 03 “Get Hurt” 04 “Stray Paper” 05 “Helter Skeleton” 06 “Underneath The Ground” 07 “Rollin’ And Tumblin’” 08 “Red Violins” 09 “Selected Poems” 10 “Ain’t That A Shame” 11 “Break Your Heart” 12 “Dark Places”
Authentizität gibt: „It would break your heart, if you knew how I loved you, if I showed you my scars“. Ein Album, bei dem es sich besonders lohnt, zwischen den Zeilen und im Booklet zu lesen, wo der Leadsänger, der sich offen zu seinem starken Glauben bekennt, diesen aber nie in die Band einfliessen lassen würde, mit seinem Dank zeigt, wie schwierig er es in den letzten Jahren trotz dem anhaltenden Erfolg der Band hatte: „I would like to thank Jesus Christ that I'm still here to write these thanks.“ Nicht zuletzt ist „Get Hurt“ der perfekte Beweis dafür, dass in der Musikmetropole Nashville immer wieder Magisches passiert. Dort hat das Vierergespann sein neustes Werk zusammen mit Produzent Mike Crossey in den Blackbird Studios aufgenommen. Insgesamt klangen The Gaslight Anthem noch nie so selbstbewusst und in sich selbst ruhend, wie auf dem neusten Werk. Auch wenn nicht alle Fans die neue Kernigkeit und musikalische Vielfalt zu schätzen wissen werden, sichern sich die New Jersey Boys mit ihrem Longplayer eine neue Audience, mit denen die grossen Venues dieser Welt in kürzester Zeit ausverkauft sein werden. Es lohnt sich also, sich vom Können der Herzensbrecher am 12. November im Zürcher Volkshaus selbst zu überzeugen. Aber Achtung: Ein Gefühlsbad zwischen Party, Bier und Herzschmerz ist garantiert.
REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative
BRIAN SETZER Rockabilly Riot! All Original Sony
hh. Brian Setzer, DER Rock'n'Roll-Gitarrist schlechthin, besinnt sich auf seinem neuen StudioAlbum der frühen Stray Cats Zeiten. Und so energisch, voller Drive und mit mächtig Schmackes wie das Stray Cats Debütalbum kommt er über dreissig Jahre später daher. Setzer gilt vor allem bei seinen Gitarre spielenden Kollegen, egal aus welchem musikalischem Lager sie kommen, als absolute Koryphäe und grosses Vorbild. Er hat den 50er Jahre Stil perfektioniert und modernisiert, mit hohem Respekt vor den Rockabilly-Roots. Sein Spiel ist einzigartig flüssig und melodiös und lässt nie den rebellischen Unterton des Original-R'n'R's ausser Acht. Dass er daneben auch noch ein herausragender Songschreiber ist, man denke nur an solche Klassiker wie „Stray Cat Strut“, „Rock This Town“ oder „Sexy & 17“ – um nur einige zu nennen, stellt der dreifache GrammyGewinner auch auf seinem neuen Album eindrücklichst unter Beweis. Wo er sich bei seiner Big Band, dem Brian Setzer Orchestra, relativ „genügsam“ in den gesamten Bandsound integriert, gibt es hier wieder Brian Setzer pur! Fantastische Gitarrenarbeit,
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faszinierende Soli, toller Gesang und wie erwähnt, klasse Songs machen aus „Rockabilly Riot! All Original“ ein herausragendes Rockabilly-Album ohne jegliche Schwachstellen. Gleich der Opener „Let's Shake“ ist Paradebeispiel für das, was den Hörer erwartet: VolldampfRock'n'Roll mit exzellentem Gitarrenpicking und pumpendem HonkytonkPiano, alles in exzellentem Groove. Hier swingt der Rock – im wahrsten Sinn des Wortes! Wen dieser Song noch nicht überzeugt, wartet auf den nächsten Titel „Rockabilly Blues“ – und wen jetzt der R'n'R-Virus noch nicht angefallen hat, dem ist ohnehin nicht mehr zu helfen. „Rockabilly Riot! All Original“ ist mehr als eine Empfehlung, es ist ein Pflichtkauf – gehört es doch zu den besten Platten, die der Saitenhexer in seiner gesamten Karriere fabriziert hat. Übrigens: ein Duett oder gleich ein ganzes Album zusammen mit der irischen Rock'n'Roll-Queen Imelda May wäre fast so etwas wie ein Sechser im Lotto.
LINKIN PARK
THE PARLOTONES
The Hunting Party
Stand Like Giants
Machine Sop/Warner
Phonag
hug. Immerhin: Sie rumpeln wieder. Aber das Grundproblem ist noch nicht gelöst: Linkin Park überraschte die Welt 2001 mit ihrem Debüt «Hybrid Theory», damals war der Nu Metal, also die Verschmelzung von Rap und Metal, gerade sowas von angesagt, und Linkin Park lagen zusammen mit Papa Roach und Limp Bizkit genau richtig. Doch Nu Metal entpuppte sich relativ schnell als zwar lustige, aber schnell vergängliche Modeerscheinung, weil die Songs nach dem immer gleichen Schema funktionierten und also schnell voraussehbar wurden. Nu-Metal-Bands mussten sich nach neuen Ideen umsehen, und jetzt kommt das Problem: Welche Ideen funktionieren? Linkin Park machten ein DuoAlbum mit Jay-Z, liessen sich remixen, versuchten sich im Bereich des Techno-Crossovers, nahmen radiotaugliche FastPopsongs auf und schraubten den Druck auf ein Minimum... aber irgendwie schien nichts wirklich zu funktionieren. Das wurde erst letzthin am Greenfield-Openair überdeutlich: Gut eingespielt, satte Performance, aber die Einheit in der Musik fehlte, die Band wirkte, als wüsste sie nicht genau, in welche Richtung sie ihre Musik nun festlegen wollen. Dasselbe Problem wird auch auf «The Hunting Party» offenbar: Da hat es gute Ansätze, knallige Passagen und stadiontaugliche Mitsing-Refrains, aber die Jungs packen so viel rein, dass es scheint, als hätten sie selber die Orientierung verloren. Und so ist am Ende nicht klar, ob Linkin Park einfach zu viele Ideen haben und diese nicht unter einen Hut bringen, oder ob sie krampfhaft zu viele Ideen ausprobieren und dabei das Wesentliche verpassen. Das geht nun schon seit vielen Jahren so, und trotzdem scheinen sie bei einem vor allem jungen Publikum irgendetwas zu treffen, das so viele Leute anspricht, dass die Band überlebensfähig ist.
rh. Das neue Werk der Band gibt es offiziell eigentlich bereits seit 2013 zu kaufen. Allerdings hat es „Stand Like Giants“ erst in diesem Jahr auch in die Schweiz geschafft. Der erste Song des Albums nennt sich „Sleepwalker“ und scheint vom Namen her als Opening Track vielleicht etwas falsch gewählt. Doch wer hinhört wird schnell vom Gegenteil überzeugt: eine coole, lockere Melodie, gefolgt mit einem Songtext, der zum Mitsummen anregt. Dass The Parlatones bislang noch nicht als Chartstürmer bekannt sind, ist eigentlich erstaunlich, denn Titel wie „Lazy Sunny Days“ und „Stand Like Giants“ haben durchaus das Zeug zum Hit. Die insgesamt dreizehn Songs sind Gute-Laune-Macher und die perfekte Autofahr-Musik. Irgendwie sieht man sich beim Hören des Albums gleich irgendwo in einem Cabrio sitzen und der Sonne entgegenfahren. Nicht, dass die Songs nicht anspruchsvoll wären, aber sie laden einfach zum Träumen und Verweilen ein. Wer Musik von Train oder ähnlichen Bands mag, wird das Album „Stand Like Giants“ bestimmt lieben.
AMPLIFIER Mystoria Superball Music/Universal
hh. Die Meister des Wall Of Sound kommen mit ihrem fünften Album und wie nicht anders zu erwarten, es ist über weite Strecken wieder ein massives Brett mit den bekannt bewährten stark
Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS modifizierten Gitarren- und Basssounds, das die vier Briten auf die Hörer loslassen. Trotzdem verstehen es Bandchef Sel Balamir und seine Mitstreiter die Heavyness der Breitenseiten-Songs durch wavige („Cat's Cradle“) Tracks zu unterbrechen. Das lässt Zeit zum Durchatmen und sorgt für Dynamik und Spannung. „Mystoria“ ist stilmässig eine Wundertüte, von Heavy- über Hardrock, pschydelische 60sEinflüsse bis hin zu Progrock – Amplifier setzen sich keine Grenzen. Und so spricht der Alternative Rock auch verschiedenste Musikfans an, erstaunlicherweise ohne zu enttäuschen, egal aus welchem musikalischen Lager sie kommen. Leichte Kost ist das wahrlich nicht, „Mystoria“ verlangt dem Hörer einiges ab. Aber wer sich einmal auf die Band eingelassen hat, erfährt eine einzigartige, spannende und faszinierende Klangreise.
natürlich oftmals verloren gehen. Neben dem akustischen Teil gibt es aber auch noch etwas für die Augen. So befindet sich auch eine DVD im Case, welche eine ausführliche Dokumentation des „Making Of Night Visions“ enthält. Ein Blick hinter die Kulissen einer Albumproduktion, ein Konzertmitschnitt und alle bisherigen Videoclips auf einer DVD vereint. Geboten wird definitiv viel – allerdings wirklich nur für echte Fans. Alle anderen verpassen nicht viel, wenn sie nur im Besitz des Studio-Albums „Night Visions“ sind. DEADMAU5 While(1<2) Mau5trap/Virgin
IMAGINE DRAGONS Night Visions Live Interscope Records
rh. Die Band Imagine Dragons ist das, was man echte Durchstarter nennt. Vor zwei Jahren noch völlig unbekannt, sind die Amerikaner heute ein fester Bestandteil des Radioprogramms in der ganzen Schweiz. Hits wie „Radioactive“ oder „Demons“ sprechen ein breites Publikum an und machen die „Drachen“ so erfolgreich. Nach ihrem Erfolgsalbum und einer grossen Tour steht nun ihr Live-Album in den Läden. „Night Visions Live“ ist sozusagen ein kleines Multitalent: Neben elf LiveAufnahmen des Red Rocks gibt es die drei bekanntesten Songs zusätzlich als AkustikVersionen zu hören. Auch bei diesem Live-Album ist es nicht anders, wie bei den meisten seiner Art – irgendwie eignet es sich schlussendlich nur für wirkliche Fans. Obwohl die Aufnahmen qualitativ sehr gut sind, steht man doch lieber beim Konzert selbst in der Menge und klatscht mit. Dabei hat man auch die volle Portion Emotionen, die beim blossen Hören eines Live-Werks
hug. So klingt es also, wenn Elektroniker den Blues kriegen. Oder in sich gehen: Sie setzen sich ans Klavier. Joel Zimmermann, einer der massgebenden Protagonisten der Electronic Dance Music, hat die konzentriert-gezielten Sounds seiner letzten Alben runtergefahren auf eine Art Chillout für Deadmau5Freunde. Wenn wir uns seine Musik wie eine bergige Insel im Meer vorstellen, so ist das Doppelalbum «While(1<2)» ein paar Meter abgesunken: Wo früher vorbereitend treibender Stimmungsbeat war, ist heute mäanderndes Echt-Klavier, und entsprechend sie die Berge nicht mehr Tanzexplosionen, sondern elektronische Intermezzi. Das hat, natürlich, unverkennbaren Deadmau5-Stil, weil es eben immer noch ausgedacht und ausgefeilt ist (vielleicht bezeichnet er Skrillex deshalb bloss als Knöpfchendreher), aber es ist eben mehr ein Hintergrund- und Mitfühl-Album. Diesmal wenigstens. Nächstes Mal kann ja alles wieder anders werden. Und dass jetzt ja niemand den Begriff Electronic Dream Dance Music erfindet!
POWERMAN 5000 Builders of The Future T-Boy/Universal hug. Das muss man ihm lassen: Sänger Michael Cummings, längst das einzige noch bei Powerman 5000 aktive Gründungsmitglied, gibt nicht auf.
Und er hat immer noch dasselbe Problem: Irgendwo im Schmelzpunkt von Punk, Rock, Elektro und Nu Metal seine musikalische Eigenständigkeit zu entwickeln und gleichzeitig möglichst vielen Publikumsansprüchen
X gleichermassen zu übertrumpfen, dazwischen gibt's Lieder mit Mitsingrefrain im Stil von Simple Plan oder (nach Belieben) Linkin Park, irgendwann kommt eine zum Rest des Albums unpassende Ballade, und alles ist irgendwie übertüncht von KidRockscher Biederkeit (womit wir wieder bei den Amerikanern wären). Kurz: «Builders Of The Future» ist nie wirklich schlecht, aber auch nie wirklich gut – weil die Originalbands besser sind.
ROTFRONT 17 Deutsche Tänze gerecht werden zu wollen, ist gut gemeint, aber meistens unmöglich. (immerhin: wenn Cummings das nun schon seit 1994 versucht und ihm das meist nur halbwegs gelingt, muss trotzdem irgend etwas dran sein an dieser Band, aber vielleicht ist das eher ein amerikanisches denn ein europäisches Phänomen). So beginnt der Halbbruder von Rob Zombie das neuste Werk mit dem Opener «Invade, Destroy, Repeat», der klingt, als wolle Cummings die besseren White Zombie sein. Dann folgen mehrere Bemühungen, Marilyn Manson und Static-
Rough Trade/Phonag
hug. Wie ein angestochenes Wespennest überrannte 2009 die neunköpfige Berliner Kombo Rotfront mit ihrem Debüt «Emigrantski Raggamuffin» die Balkanbeat-Szene und erfreute Tanzwütige und Partygänger mit einem
REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative Meilenstein der Rockgeschichte
ROXY MUSIC Country Life (1974) Island Records ub. Die Platte hatte ich nur der Hülle wegen gekauft. Nicht weil ich mir vorstellte, bei was die beiden Damen im Gebüsch wohl gerade überrascht wurden, sondern weil das Cover den narzisstischen und unmoralischen Zeitgeist der ersten Hälfte der 70er-Jahre repräsentierte. Ausser dem Albumtitel hatte Bryan Ferry keinen Plan, wie er die vierte Roxy Music-LP angehen sollte. Etwas unter Druck, suchte der Songwriter und Ästhet Zerstreuung an der portugiesischen Algarveküste und lernte die beiden deutschen Touristinnen Constanze Karoli und Eveline Grunwald an einer Strandbar kennen. Jung, lebenslustig und unartig willigten sie ein, sich vom schwedischen Fotografen Eric Boman im Garten des Ferienhauses von Evelines Eltern ablichten zu lassen. Die Scheinwerfer des Mietwagens spendeten das nötigte Licht. Das wegweisende Design und die Unbekümmertheit der AmateurModels machen bis heute den Reiz der Fotografie aus. Nach dem Release von „Country Life“ im November vor vierzig Jahren wurde das Artwork kontrovers diskutiert und in einigen Ländern zensuriert. Während auf der spanischen Pressung nur Eveline Grunwald bis Mitte Brustkorb zu sehen war, verzichtete man in Amerika gleich ganz auf die Mädels und zeigte nur die Vegetation. Nichtsdestotrotz war es das erste Album von Roxy Music, welches auch in den USA erfolgreich war. Das Rolling Stone kürte die Platte damals zum „Glanzpunkt des zeitgenössischen britischen Art Rocks“, welcher sich bei mehrmaligem Hören vollends entfaltete. Der Opener "The Thrill Of It All“ ist ein mitreissender Up-Tempo-Rocker, gefolgt vom verspielten „Three And Nine“ mit
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zufriedener Oboe. „All I Want Is You“ sowie die untypisch rockige Single-Auskoppelung "Casanova" kommen mit punkiger Gitarre daher. Das erzählende "Out Of The Blue" wurde später ein Live-Favorit. Esoterisch schräg mit deutscher Textpassage: "BitterSweet". In "Prairie Rose" verehrt der galante Dandy Texas und seine Töchter. Jerry Hall war damals Ferrys neue Freundin (1975 auf dem Cover von „Siren“ und im Video der Solo Hit-Single "Let's Stick Together" zu sehen). „Aufgrund musikalischer Differenzen“ verkündete Bryan Ferry im Juni 1976 die (erste und vorläufige) Auflösung von Roxy Music, die 1971 in London von Ferry und Brian Eno gegründet wurde. Zuvor sang Ferry bei King Crimson vor. Der nicht minder extravagante und innovative Eno verliess die Band bereits nach dem zweiten Album „For Your Pleasure“ von 1973 (mit Cover Model Amanda Lear) und wurde einer der bedeutendsten Produzenten des späten 20. Jahrhunderts (Ultravox, David Bowie, Talking Heads, U2, Coldplay). Rückblickend war Roxy Music die erste New Wave-Band, welche die britische Punkszene und Bands wie Blondie, Duran Duran oder Adam Ant inspirierte. Die Zeitgeistprägende Cover Art-Idee von „Country Life“ wurde in den letzten Jahrzehnten genreübergreifend und auch weniger kultiviert imitiert. Zuletzt 2010 von der Indie Rock Band Sweet Apple für ihr Album „Love & Desperation“.
perlenden Mix aus Rap, Raggamuffin, Balkanbeat und Disco. Das war herrlich, auf der Bühne mehr noch als auf Platte. Zwei Jahre später kam der würdige Nachfolger «Visa Free» und jetzt das Album Nummer drei. Inzwischen wissen Rotfront, wie sie ihre Lieder zu organisieren haben, damit die Party auch wirklich steigt, und entsprechend sind die 17 (!) Tracks auch frisch und lüpfig. Im Kern der Sache ist allerdings und leider ein zentraler Aspekt abhanden gekommen: Das Wilde und Ungestüme einer neuen Band, die einfach mal drauflosdrescht, Hauptsache Party, Fehler sind da nur eine unwichtige Nebenerscheinung. Es ergibt sich ja umständehalber, dass das Ungestüme dem Beherrschten weicht, aber die Kunst von Multikulti-Chaos-Truppen wie Rotfront ist eben, das Ungestüme trotzdem zu bewahren. Und das ist, wie gesagt, diesmal nicht ganz gelungen. Was nicht heisst, dass «17 Deutsche Tänze» misslungen ist. Aber eben... Auf der Bühne hat sich das aber hoffentlich nicht ausgewirkt.
ganzen Band einen Zacken schärfer. Der Album-Titel ist Programm, hier ist alles handgemacht. Das Album kommt von A-Z wie aus einem Guss daher, ist transparent und sauber produziert und hat den nötigen Druck. Man könnte durchaus sagen, dass „Handmade“ das beste Wishbone Ash Album seit Dekaden ist. Ben Granfelt stellt eindrücklich unter Beweis, dass er zweifellos einer der besten europäischen Saitenvirtuosen ist. Und dass er trotzdem seine Skills immer dem Song unterordnet gebührt hohen Respekt. Selbst den gut gemachten Remakes „Breathe“ (Pink Floyd) und „Baker Street“ (Gerry Rafferty) drückt er seinen eigenen Stempel mit grossem Respekt vor dem Original auf. Tolles Album, für Wishbone Ash Fans und für alle Liebhaber von hochgradigem Gitarrenrock ein absoluter Pflichtkauf.
CAMPER VAN BEETHOVEN El Camino Real 429 Records
BEN GRANFELT BAND Handmade Music Avenue
.hh. Obwohl der Finne Ben Granfelt bereits seit 30 Jahren als Gitarrist kreuz und quer den Planeten bespielt, gehört er hier noch weitgehend zu den Unbekannten. Einige Bands jedoch, in denen er neben seiner Truppe aktiv war, sind wohl jedem Musikfan geläufig: Wishbone Ash, Leningrad Cowboys und nicht zu vergessen die wohl beste 80er Jahre FinnlandCombo Gringos Locos. Bei den Gringos spielte er zusammen mit Gitarrist Muddy Manninen, der von ihm 2004 die Gitarre bei Wishbone Ash übernahm. Und die Zeit bei den Wishbones hat Granfelt hörbar geprägt, auf diesem, seinem neuen Album, deutlich zu hören. Geboten wird Gitarrenrock vom Feinsten mit allem was dazugehört: ausgefeilte, tolle und stets melodiöse Twin-Lead-Gitarren ganz in der Ash-Tradition. Im direkten Vergleich zu den Briten hat Granfelt allerdings die Nase vorn. Nicht nur sind seine Songs griffiger, auch ist die Darbietung der
rp Der geneigte Hörer musste neun Jahre auf ihr letztes Album «La Costa Perdida» (2013) warten und nur ein Jahr auf das nächste, das vorliegende «El Camino Real». Laut Victor Krummenacher, Bassist , war nach den Aufnahmen zu «La Costa Perdida» genug Material für ein weiteres Album übrig. Wahrscheinlich ging es deswegen schneller? Handelte «La Costa Perdida» von NordKalifornien, so thematisiert «El Camino Real» den Süden von Kalifornien (z.B. im Song «I Live In LA»). Der Auftakt «The Ultimate Solution» (angelehnt an Pere Ubus «Final Solution»?) feuert mit einem Hauch asiatischem Charme Zeilen wie «I Was Living Happily Waiting For The World To End.» in Richtung Zuhörer. Schimmert hier wieder einmal die gewohnte Ironie der Band durch? Unberechenbar war die Band um David Lowery schon immer. 2002 veröffentlichten sie mit «Tusk» ein augenzwinkerndes FleetwoodMac-Cover-Album, das fast Schiffbruch erlitt. «El Camino Real» wird sicherlich keinen Schiffbruch erleiden. Zu frisch, griffig und ansteckend klingen die elf Songs, die wie gewohnt ein breites musikalisches Feld beackern: Indierock, Folk, Alt-Country, Country,
Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS Rock und Pop stehen auf der Liste. Schön zu hören, dass die 1983 gegründeten Camper Van Beethoven auch heute noch vorzügliche Alben veröffentlichen.
NEIL Neil's Heavy Concept Album Esoteric Recodings
rp Neil, eigentlich Nigel Planer, ist ein englischer Schauspieler, Komiker und Autor bekannt u.a. durch seine Rolle als Hippie im BBC Serienklassiker „The Young Ones“. Er hatte aber auch Rollen in Londoner Musicals wie Evita, Chicago, We Will Rock You, Wicked oder Charlie And The Chocolate Factory. 1984, als die Young Ones Serie auslief, benutzte er Neil, um eine Parodie vor allem auf die psychedelischen Sixties und den ProgRock der Siebziger einzuspielen. Der Albumtitel «Neil's Heavy Concept Album» machte sich lustig über Prog-Rock Konzeptalben. «Heavy Concept» bedeutete hier, dass Neil kein Konzept hatte. Das Cover verballhornt «Their Satanic Majesties Request» von den Stones. Zusammen mit Dave Stewart (Egg, nicht der von den Eurythmics) verulkt er Songs wie «My White Bicycle» (Tomorrow), «The Gnome» (Pink Floyd), «No Future (God Save the Queen)» (Sex Pistols) oder «Hurdy Gurdy Man» von Donovan. Mit «Hole In My Shoe» von Traffic gelang im gar ein riesiger Hit in England. Neben vielen amüsanten Einfällen ist vor allem folgender zu erwähnen: Im Song «Cosmic Jam» schmiert jemand Konfitüre auf die LP, dass die Stimme von Neil ganz dumpf und wie durch einen Nebel klingt. Neil erklärt, dass alle, welche die Kassettenversion des Albums besitzen, dies vergessen sollen. Auf der Kassette heisst besagter Song dann auch «Cassette Jam». Um alle Witze auf «Neil's Heavy Concept Album» zu verstehen, muss man gut zuhören und sich vielleicht auch mal die Serie The Young Ones zu Gemüte führen. Es lohnt sich.
ROYAL WOOD The Burning Bright MapleMusic Recordings rp Royal Wood ist ein hierzulande gänzlich unbekannter kanadischer Singer-Songwriter, Produzent, Arrangeur und Multiinstrumentalist.
In seiner Heimat werden seine Songs in TV-Serien und Filmen gespielt, Royal Wood (er heisst wirklich so) wurde für mehrere Juno-Awards nominiert und auch Charts-Erfolge (sein letztes Werk «We Were Born To Glory» erreichte die Top 25 der kanadischen Charts) durfte er schon feiern. «The Burning Bright» ist bereits sein achtes Album (inklusive dreier EPs). Die zwölf Songs behandeln zum Teil das Ende seiner Ehe mit der Singer-Songwriter Sarah Slean. Das Paar trennte sich offiziell im Januar 2014. Im melancholisch schleppenden «Promises» singt er:
«Well I Once Believed In A Fairy-Tale, Now I'm Holding A Coffin Nail». In «I Wish You Well» lässt er seine Ex-Frau los und wünscht ihr alles Gute. Die Songs handeln aber auch vom Vorwärtsschauen, vom Glauben an die Liebe und wieder gewonnener Lebensfreude. Gefühlvolle Musik getragen von der tiefgehenden bewegenden Stimme von Royal Wood. Empfehlenswert für alle Freunde von David Gray, Randy Newman, Hawksley Workman oder Ron Sexsmith.
THE SIGOURNEY WEAVERS Blockbuster Rookie Rec./Cargo
hh. Das schwedische Quintett mit dem originellen Namen legt hier sein Debüt-Album vor. Geboten wird alternativer Poprock mit der bekannten Schwedenspezialität: herausragendes Gespür für ohrwurmträchtige Hooklines. Ubnd die packen sie fast in jeden der zwölf Songs rein. Dabei injizieren die Jungs ihrem Sound eine satte Dosis Energie und lassen es anständig krachen. Die Songs weisen hier und da Punk- und Ska-Einflüsse auf, sind durchweg tanzbar und sorgen für beste Laune. Eine gelungenes Debüt, das sich durch gutes Songwriting von der breiten Masse gleichgelagerter Veröffentlichungen wohltuend unterscheidet.
Kolumne Hugs Wegweiser durch die Populär-Galaxie von Christian Hug
Live sterben Während des diesjährigen Glastonbury-Festivals verstarben zwei Menschen. Ein 26-jähriger Mann, der verunreinigtes Ketamin gefressen hat, ein Mittel, mit dem man ansonsten hyperventilierende Pferde ruhigstellt. Und eine 67-jährige Frau, die eines natürlich Todes verschied. Ich war nicht dabei, aber an der Pressekonferenz haben die Organisatoren sicher die Todesfälle bedauert und den Angehörigen ihr Beileid ausgesprochen. Das ist gut und recht so. Dann haben sie wahrscheinlich das Thema gewechselt. Schade eigentlich. Denn man hätte da durchaus noch die eine und andere Anmerkung machen können. Zum Beispiel, dass bei annähernd 200'000 Festivalbesuchern ein einziger Todesfall infolge Überdosis ein ziemlich guter Wert ist. Und dass wir mit dem betreffenden jungen Mann kein Mitleid haben. Er wusste ja, worauf er sich einliess. Zu der 67-jährigen Frau hätten die Veranstalter anmerken können: Und hey: Das sind gleich zwei gute Nachrichten! Erstens: Die gute Frau hat den Beweis erbracht, das Rock'n'Roll keine Frage des Alters ist, im Gegenteil. Mit vielen Lenzen macht Rock'n'Roll erst richtig Spass. Und zweitens: Gibt es einen schöneren Tod als während eines überwältigenden Konzertes? Das hätten die Organisatoren sagen sollen. Wobei allenfalls abzuklären gewesen wäre, bei welchem Konzert die Dame denn genau das Zeitliche segnete. Beziehungsweise: aus Freude oder aus Entsetzen? Letzteres kann ich mir zum Beispiel bei einem Auftritt der Pixies ganz gut vorstellen. Oder bei Clannad, Gott bewahre! Oder bei Imagine Dragons, die ebenfalls am diesjährigen Glastonbury-Festival auftraten. Umgekehrt: Vor lauter Freude über die Black Keys umkippen? Schöner Tod! Oder während Dolly Parton grad «I Will Always Love You» singt. Und bei Roxy Music wäre der Abgang immerhin überaus stilvoll. Wichtiger aber scheint mir die Erkenntnis, dass Rock'n'Roll ein Lebensstil ist und als solcher ein ganzes Leben lang gilt. Und genau da hatte ich am vergangenen Greenfield-Festival Anlass zur Sorge, ob das unser Nachwuchs ebenfalls begriffen hat. Es war während des Konzerts von Sabaton. Da standen zwei Teenies vor mir, keine zwanzig und schwer verliebt. Und während Joakim Brodén und seine Männer den glorreichen Metalizer beschworen, sang das Mädel das ganze Lied mit – mit dem Rücken zur Band und permanent ihren Typ anstarrend. Dieser wiederum starrte unbeirrt nach vorne. Um an dieser Stelle ein neudeutsches Kürzel zu verwenden: WTF? Immerhin: Es war wohltuend zu sehen, dass Brodéns Fussballerfrisur und Fussballerspiegelbrille kein Vorbild für die MetalJugend abgibt. Das wäre ein schrecklicher Tod. Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass Bono Vox verboten werden sollte
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ub. Roxy Music waren Pioniere des New Wave, beeinflussten Bands wie Blondie, Madness, Simple Minds, Spandau Ballet, Depeche Mode oder Duran Duran und ebneten den Weg für die britische Punkszene. Der kreative Ferry inspirierte David Bowie, Grace Jones, Kate Bush, Annie Lennox und Adam Ant. Aus seiner Feder stammen weltbekannte Hits, die bis heute unter die Haut gehen: “Avalon”, „More Than This“, “Don't Stop The Dance” oder der Soundtrack “Slave To Love” für „9½ Wochen“ mit Kim Basinger und Mickey Rourke aus dem Jahre 1986. Während seiner Karriere hat das Pop-Idol der goldenen 80er-Jahre weltweit über 30 Millionen Alben verkauft. Als Gesamtkunstwerk kombiniert der wegweisende Künstler und “zeitlose Ikone des Art Pop“ Eleganz und Stil mit seinem Faible für prägende Kunst und Ästhetik. Die schönsten Frauen der Welt gehörten zu seinen Musen: Amanda Lear, Jerry Hall und Kate Moss. 1945 in Nordengland geboren, zog es den arbeitslosen Intellektuellen nach London mit der Absicht, eine Musikerkarriere zu starten. King Crimson war eine seiner ersten Anlaufstellen. Die englische Progressive Rock-Gruppe um Robert Fripp suchte nach dem 69er-Meilenstein „In The Court Of The Crimson King“ einen Ersatz für Leadsänger Greg Lake und liess Ferry vorsingen. Ende 1970 gründete der charismatische Dandy zusammen mit Brian Eno am Synthesiser die Band Roxy Music. Crimsons Texter Pete Sinfield war vom Talent der Neulinge überzeugt, produzierte im März 1972 innerhalb einer Woche das erste Album “Roxy Music” und besorgte auch gleich den Plattenvertrag mit E.G. Records. Mit dem originellen Erstling gelang den „Rockstars in Designerklamotten“ sogleich der Durchbruch. Die Platte erreichte Gold-Status in England. Schützenhilfe gab es von der ersten Single “Virginia Plain”. Seit der Gründung achtete die Glam RockTruppe auf ihre visuelle Erscheinung. Eleganz und ein modisches Styling wurden gross geschrieben. Das zweite Opus „For Your Pleasure” enthielt “Do The Strand” und “Editions Of You”, ein wilder ungestümer Früh-PunkTrack. Das Cover zierte Amanda Lear, die Sängerin und damalige Muse Salvador Dalis. Wegen Streitereien verliess der extravagante Eno die Band gleich nach der Veröffentlichung und wurde einer der bedeutendsten Produzenten des späten 20. Jahrhunderts (Ultravox, David Bowie, Talking Heads, U2, Coldplay). Ende 1973 erreichten Roxy Music mit „Stranded” erstmals Platz 1 der englischen LP-Charts. Ein Jahr später folgte „Country Life“ mit kontroversem Cover Art-Design. Das vierte Album war auch in den USA erfolgreich. Das Rolling Stone kürte die Platte damals zum „Höhepunkt des zeitgenössischen britischen Art Rocks“. Auf der Hülle von „Siren“ (1975) und im Musik-Video der 1976er Solo Hit-Single "Let's Stick Together" ist Topmodel Jerry Hall zu sehen, die Ferrys Freundin wurde. Später verliess sie ihn für Mick Jagger. Die ersten fünf Meisterwerke von Roxy Music (die jeweiligen Albumtitel sind nicht auf den Covers ersichtlich) sind allesamt höchst innovativ und genial und ihrer Zeit weit voraus. Die Bandbreite reicht von verletzlichen Love-Songs über poetisch schräge Nummern bis hin zu punkigen Rockern. „Aufgrund musikalischer Differenzen“ verkündete Bryan Ferry im Juni 1976 die (erste und vorläufige) Auflösung der Band. Nach der Wiedervereinigung folgten drei weitere hochgelobte Studio-Alben mit aufsehenerregenden SingleAuskoppelungen: „Dance Away“ (1979), „Oh Yeah“ (1980) oder die Interpretation des John Lennon-Tracks „Jealous Guy“ von 1981. Nebenbei bastelte Ferry äusserst erfolgreich an seiner Solo-Karriere. Nach der zweiten Auflösung von Roxy Music erschien 1985 das UK Nummer 1-Album “Boys And Girls”. 2001 feierten Roxy Music die bisher letzte Auferstehung und gingen auf Welttournee. Auch in den letzten Jahren brachte der gereifte Gentleman grossartige Solo-Alben heraus: Das Bob Dylan-Tribut „Dylanesque“ (2007) oder der Kracher von 2012 „The Jazz Age”, auf dem das Bryan Ferry Orchestra 13 Songs aus 11 Alben zwischen „Roxy Music“ (1972) und seiner letzten Solo-Platte „Olympia“ (2010) als 20er-Jahre Jazz intoniert. Bryan Ferry ruht sich keineswegs auf seinen Lorbeeren aus. Aktuell ist er auf Tournee in UK, Europa und Nord-Amerika und macht Halt in der Schweiz.
LIVE 4. Dezember 2014 Zürich, Kongresshaus
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BRYAN FERRY Britische Stil-Ikone Seit 체ber vier Jahrzehnten pr채gt Bryan Ferry die internationale Rock- und Popszene. Weltweite Ber체hmtheit erlangte der stilsichere Musiker zu Beginn der 70er-Jahre als Frontmann, S채nger und Songwriter der Art Rock-Band Roxy Music, seine Solokarriere verlief dennoch wesentlich erfolgreicher. Im Dezember kommt der singende Megastar wieder einmal in die Schweiz.
ROXY MUSIC 1972
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REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative Pally’s kurz und knapp CHERRY GHOST - Herd Runners Hinter Cherry Ghost steckt der Engländer Simon Aldred. Mit «Thirst for Romance» knackten Cherry Ghost 2007 die Top-Ten der UK-Charts. Auch das aktuelle, dritte Album «Herd Runners» hat das Zeug dazu. Die zehn Songs, die zuweilen wie eine (noch) wehmütigere Mischung aus den Doves, Beautiful South und Elbow klingen, haben Tiefe und zeigen viel Gefühl. STALINS OF SOUND - Tank Tracks 9 Songs in knapp 24 Minuten. Die amerikanischen Stalins Of Sound (was für eine Bandname!) lieben es kurz und krachend. Ihr Elektropunk (mit Betonung auf Punk) auf «Tank Tracks», irgendwo zwischen den französischen Metal Urbain und Los Microwaves, scheppert und rumpelt ohrenbetäubend gut. ELLIS - Riding On The Crest Of A Slump Ellis war die Band von Steve Ellis (ehemals Love Affair). Zusammen mit kompetenten Musiker (n.a. Zoot Money und Jim Leverton) und produziert von Roger Daltrey (The Who) wollte er rockigere Wege als mit Love Affair beschreiten. Die beiden Alben der englischen Formation, «Riding On The Crest Of A Slump» (1972) und «Why Not?» (1973), konnten trotz offensichtlicher Qualitäten keine Erfolge verbuchen. Immerhin wurde ihr Song «El Doomo», von ihrem Debüt für die serbische, damals jugoslawische Band Smak 1976 zum grossen Hit. TOMMY HUNT - A Sign Of Times – The Spark Recordings 1975-1976 Mitte der Siebziger Jahre explodierte der Punk. Eine denkbar ungeeignete Zeit für gefühlvollen Soul. Dass der Amerikaner Tommy Hunt, der bis heute aktiv ist, mit seinem 1976 Album «A Sign Of Times» trotzdem Chartserfolge feiern konnte, spricht für die Qualitäten seiner Musik. Ergänzt wurde die Wiederveröffentlichung auf CD mit mitreissenden Liveaufnahmen aus dem legendären Northern-Soul-Club Wigan Casino in Manchester. (Northern) Soul lebt, und wie. THE TOWN HEROES - Sunday Movies Mike Ryan (Gesang & Gitarre) und Bruce Gillis (Drums) sind The Town Heroes. Die beiden Kanadier üben sich auf ihrem zweiten Album «Sunday Movies» in der Kunst der optimierten Reduktion. Nur mit Gesang, Gitarre und Schlagzeug muss alles noch etwas mehr überdacht werden. Das Duo löst diese Aufgabe bravourös. Die elf Songs klingen differenziert von leise bis äusserst kraftvoll und sind mit wunderbaren Gesangsharmonien ausgestattet. Knackig frischer Indierock, eben. Keine Wunder haben The Town Heroes in ihrer Heimat bereits Auszeichnungen erhalten.
CHRISSIE HYNDE Stockholm Caroline / Universal
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ip. Chrissie Hynde klingt immer noch so, wie sie es zu Pretenders-Zeiten tat. Ihre Stimme ist keinen Tag gealtert, das wird beim ersten gesungenen Ton sofort klar. Als Heldin der Pretenders hat sie vor gut 30 Jahren Klassiker und Lieblingsnummern wie „Brass In Pocket“, „I'll Stand By You“ oder „Don't Get Me Wrong“ geschrieben und sich damit einen verdienten Platz in den Marmor des
Rockolymps gehauen. „Stockholm“ lässt allerdings und leider nicht mehr viel von der damaligen Songwriting-Klasse erahnen. Natürlich kann Chrissie Hynde eigentlich kein schlechtes Album schreiben, und das ist „Stockholm“ auch nicht. Vielleicht liegt es an einer zu grossen Erwartungshaltung. Aber die meisten der elf Songs plätschern doch etwas spannungslos an einem vorbei. Mit „Down The Wrong Way“ und Gast Neil Young ist ein guter Rocksong vorhanden, „A Plan Too Far“ ist ein schwüler Track mit Western-Gitarrenklängen und sticht damit auch heraus, auf „In A Miracle“ klingt ein kleines bisschen ruhiger Pretenders-Anteil durch und „House Of Cards“ kann mit einem ungewöhnlichen Beat punkten. Was hingegen das Spieluhr-Gutenachtlied „Tourniquet (Cynthia Anne)“ möchte, oder der 08/15-Füller „Sweet Nuthin'“ und die Schunkel-Schnulze „Adding The Blue“ mitteilen, ist nicht wirklich ersichtlich. Obwohl Chrissie Hynde und ihre Pretenders damals zu meinen persönlichen Favoriten gezählt haben, kann ich „Stockholm“ nicht viel abgewinnen. Im Vergleich zu ihrer Hauptband ist dieses Soloalbum zu seicht und belanglos geworden. Das mag manch anderer aber auch ganz anders sehen, denn wie gesagt; schlecht ist das Album nicht. Es ist gut gemachter Pop, der im Kleingedruckten den Zusatz „Rock“ bekommt, mit der einen oder anderen netten Note. Als Ganzes betrachtet stimmig und ok. Mehr aber auch nicht.
ANDREAS BOURANI
Hitparaden mit der klasse Nummer „Nur in meinem Kopf“ angeführt. Das Album „Hey“, nach „Staub & Fantasie“ sein zweites, stieg direkt in die Top Ten der deutschen Albumcharts ein und besagte Auskopplung „Auf uns“ befindet sich nach Platz 1-Notierungen immer noch in den Hitparaden des deutschsprachigen Raumes. Zu Recht, denn Bouranis Kompositionen kommen mit einer schwebenden Leichtigkeit und Texten mit Tiefgang und Verstand an. Gesanglich gibt es z.b. bei „Wieder am Leben“ Parallelen zu Peter Fox' Übernummer „Alles neu“. Das ist aber überhaupt nicht schlimm, sondern so gut gemacht, dass es seinen Liedern den zusätzlichen Kick geben, um nicht kitschig zu wirken. Aber trotzdem nimmt man ihm auch Balladen wie „Auf anderen Wegen“ und „Delirium“ sofort ab, denn Bourani intoniert seine Texte immer authentisch und ohne aufgesetzten Pathos. „Ein Ende nach dem andern“ ist einer der wenigen erdigen Songs und selbst auf rockigerem Terrain bewegt sich Bourani trittsicher. Vielleicht hätten dem Album drei Songs weniger besser getan, denn im Kondensat bleibt nicht wahnsinnig viel Abwechslung hängen. Es gibt die Schwebesongs wie „Auf uns“, viel Ruhiges wie den Titelsong und dem gegenüber zu wenig, was Bourani auch noch kann. „Hey“ ist eine schöne Platte mit viel Material zum Zuhören. Wenn dem beim nächsten Album noch einige Facetten mehr hinzugefügt werden, dann könnte das Zielpublikum bestimmt noch erweitert und der Hörspass gesteigert werden.
ANDREAS KÜMMERT Here I Am Polydor/Island, Universal
Hey Vertigo / Universal
ip. Nach dem herben Verlust des Moderatorenduos Netzer/Delling ist der erste deutsche Fernsehsender drauf und dran, diesen mit den Nachfolgern Opdenhövel/Scholl wett zu machen. Ausserdem hat der Sender sich selbst weiter verjüngt, indem er „Auf uns“ zum Fussball-WMSong 2014 auswählte und damit die Zeile „Ein Hoch auf uns, auf dieses Leben“ zur meistgenutzten Phrase neben „Die Fahne war oben!“ machte. Andreas Bourani, der Komponist und Sänger hinter dieser neuen Fussballhymne, hat bereits vor drei Jahren die
ip. Lässt man das Publikum entscheiden, dann kommt da meistens etwas Gutes heraus. Das haben diverse Acts wie Paul Potts oder Kurt Eric Nilsen gezeigt, die rein optisch nicht wirklich in ein gängiges Verkaufsformat passen, dafür aber mit Sympathie und grossartigen Stimmen bei den Zuschauern ankamen. In die Kategorie passt auch Andreas Kümmert, der im Dezember 2013 die dritte Staffel des Castingformats Voice of Germany gewann und nun mit „Here I Am“ sein Major-Debut vorlegt. Und dieses Album steht dafür, dass eben nicht grundsätzlich alle Entscheidungen aus einer Top-Etage eines Labels die richtigen sind. „Here I Am“ ist ein ganz wunder-
Lesung Die 60er auf Tour Autor Christoph Geisselhart hat mit seiner dreibändigen Geschichte/Bio über THE WHO unter dem Titel „Maximum Rock – Die Geschichte der verrücktesten Rockband der Welt“ ein wahrlich monumentales Werk abgeliefert. Und trotz des gewaltigen Umfangs kommt bei der Lektüre in keinem Moment auch nur die Spur von Langeweile auf. Das Werk liest sich von der ersten bis zur letzten Zeile flüssig, unterhaltsam und spannend wie ein Krimi - einmal angefangen, lassen sich die Bücher nur schwer wieder aus der Hand legen. Im Vergleich zu den meisten Künstlergeschichten/bios ist Geisselharts Geschichte über diese, eine der grössten und skandalträchtigsten britischen Rockbands ein wirklich herausragendes Werk und ist nicht nur eingefleischten Who-Fans zu empfehlen – sondern jedem, der an spannender Musikliteratur Gefallen findet. In diesem Jahr feiern The Who ihr 50-jähriges Jubiläum. Grund genug, dass der Autor zusammen mit dem Gitarristen Ziggy The Raindog im Oktober auf Lesungs-Tour durch die Schweiz unterwegs ist. Geboten wird ein unterhaltsamer Abend mit vielen Geschichten und Musik aus der BeatÄra, wobei das Hauptgewicht natürlich auf Geisselharts Lieblingsgruppe The Who liegen wird. Nähere Infos zu dieser Lesung unter: www.kosi-musik.ch
16.10. 17.10. 18.10. 25.10.
Kirchberg, Burn Out Bar Baden, Nordportal Kerenzerberg-Filzbach, Kulturbühne Lihn Grüsch, Kulturhaus Rosengarten
REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative TOM PETTY & THE HEARTBREAKERS Hypnotic Eye Reprise Records/Warner
ip. Von Tom Petty könnte man immer wieder eine Neuauflage von „Learning To Fly“ oder „Into The Great Wide Open“ erwarten. Die Nummern haben geklappt, kennt jeder, sind super. Das mit dem Kopieren von sich selbst ist allerdings schal, und das weiss auch Meister Petty. „Hypnotic Eye“ ist einerseits etwas ganz anderes, aber andererseits auch wieder nicht. Denn die Musik, die sich auf diesem Album befindet, hat Tom Petty in ähnlicher Form auch schon mal gemacht, aber leider kann sich da heute kaum noch einer dran erinnern. Diese Wiederauferstehung alter Qualitäten ist Punkt Nummer 1 für „Hypnotic Eye“. Punkt Nummer 2 ist, dass Pettys mittlerweile 13. Studioalbum dermassen knäckebrottrocken klingt, dass es einem die Ohren nach all dem weichgespülten und überproduzierten Quatsch, der täglich auf einen einrieselt, endlich mal wieder porentief rein sandstrahlt. Hurra! Punkt Nummer 3 ist die Tatsache, dass Punkt Nummer 2 nicht allen Leuten gefallen wird. Und das ist Rock'n'Roll, Baby! „Hypnotic Eye“ ist auf den ersten Blick entschleunigt. Das ist ungewohnt und man könnte sich dabei ertappen, dass man auf den einen oder anderen Feger wartet. Falsch! Denn dabei entgeht einem der Kern des Albums: Drei schlichte Akkorde (manchmal einer oder zwo mehr), reduziertes Arrangement, auf den Punkt gebrachtes Songwriting. Das „Wenig“ wiederfinden, erkennen und wertschätzend geniessen. Punkt Nummer 4. Zusammenfassen sollte man das Album nicht. Deshalb eine Kurzbeschreibung, respektive ein Einblick ins Notizbuch der Rezensentin: „American Dream Plan B“: Der Motor des
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Albums, erste Single. „Fault Lines“: Flockiger Beat, Ohrwurm, passt in praktisch jeden Quentin TarantinoFilm. „Red River“: Countrymässige Strophe mit unerwarteter, rockiger Bridge, Refrain geht sofort ins Ohr, dynamisch, Offenes-AutoSonnenuntergang-Nummer. „Full Grown Boy“: Laid Back Jazz, bremst Platte herunter, eher ungewohnt, in sich schlüssige Lounge-Nummer. „All You Can Carry“: Grosses Rock'n'Roll-Riff, mit Pettytypischem Harmoniebedürfnis im Refrain als Gegenstück zum graden Thema, wildes Solo! „Power Drunk“: Aus simplem „duff-tschack“-Beat und total reduzierter Gitarrenarbeit eine Bombennummer gezimmert. Mehr braucht man nicht. „Forgotten Man“: Schneller, grossartiger Song, Rolling Stones blitzen durch, „I feel like a four letter word“. „Sins Of My Youth“: Nostalgischer Rückblick im Bossanova-Rhythmus, nette Abwechslung, müsste aber nicht zwingend sein. „U Get Me High“: Rolling Stones-Schule, Hitpotential, so stellt man sich einen TomPetty-Song vor. „Burnt Out Town“: Mit ZZ Top-Anleihe, astreiner Blues, staubtrocken, „Even my best friends are turning into crooks“. „Shadow People“: Einer der besten Songs, Bluesthema mit Moll-Refrain. Petty-Songs zeichnen sich oft durch eine besondere Dynamik aus, die sich entweder im Gegensatz von sperrigen Riffs zu auflösenden Gesangslinien manifestieren, oder aber im Arrangement von „komplett verringert“ zu „offene Instrumentierung auf allen Kanälen“. Wenn man so heruntergeschraubte Musik schreibt, ist dies das Mittel zum exzellenten Songwriting und notiert Punkt Nummer 5 auf einer Skala von 1 bis 5. „Hypnotic Eye“ ist das beste Beispiel dafür und gibt dem Hörer eine Seminararbeit in Rock'n'Roll alter Schule.
bares, soul-poppiges Werk mit leisen Rockeinschlägen geworden, auf dem Kümmerts fantastische Stimme in jedem Song zur Geltung kommt. Dazu beigetragen hat die sloppy-elegante Produktion von Max Herre, der es immer wieder schafft, mit einem leicht rohen Understatement den gewissen Charme in seine Produktionen zu bringen. Das steht Kümmert sehr gut und neben dem Titelsong sind es vor allem die souligen Nummern wie „Simple Man“ (ein Highlight!), „For So Long“ (klingt wie aus den 50ern) oder „Nothing From Nothing“ (schmissiger Beat), in denen er sich richtig zu Hause fühlt. „Solid Gold“ zeigt den Sänger von einer lüpfig-folkigen Seite und treffsicher in höheren Lagen, „Faith“ und „Jordan“ (ein ganz grosser Song) sind klassische Balladen mit Samtgesang und „Open Eyes“ ist, ähnlich wie „Just Like You“, beinahe schon Richtung Supertramp anzusiedeln. Mit „To Love Somebody“ ist eine Coverversion vorhanden, bei der Kümmert von der wunderbaren Joy Denalane unterstützt wird. Auf „Sky Is Calling (Like My Daddy Said)“ lässt der 28jährige den Rocker aus sich heraus und „Avalanche (I Find My Way To You)“ ist eine weitere tolle Ballade, die ausnehmend schön orchestriert wurde. Überhaupt sind alle Songs auf den Punkt arrangiert und mit dezenten akustischen Streuseln dekoriert, die das komplette Album zu einem erlesenen Hörerlebnis werden lassen. „Here I Am“ ist ein fantastisches Album geworden, mit dem sich einerseits Max Herre einen dicken Kranz winden lassen kann und das andererseits für Andreas Kümmert einen Massstab anlegt, für den viele andere Musiker in diesem Genre verdammt viel Anlauf brauchen, um in die Nähe davon zu kommen. Gross!
ERIC CLAPTON & FRIENDS The Breeze – An Appreciation of JJ Cale Polydor / Universal
ip. „Das Glück besteht für mich auch darin, in die Landschaft zu starren“, gab JJ Cale einst zu
Protokoll. Der kauzige Musiker schrieb genreübergreifende Musik und vereinte Blues, Country und Folk zu einer rockigen Melange, die zu seinen Lebzeiten aber eher Musiker denn Publikum begeisterte. Cale starb im letzten Jahr und für Eric Clapton, der mit dessen Komposition „Cocaine“ einen Riesenhit landete, veröffentlich nun seinen Tribut an den verstorbenen Künstler. Das tut er nicht alleine, sondern schart eine ganze Reihe Kollegen um sich, die JJ Cale die gleiche Ehre erweisen wollen. So spielt Clapton zusammen mit Tom Petty „Rock And Roll Records“, „I Got The Same Old Blues“ und „The Old Man And Me“ und Mark Knopfler hilft unverwechselbar bei „Someday“ und „Train To Nowhere“ aus. John Mayer, der jüngste Hüpfer im Bunde, unterstützt Clapton bei „Lies“, „Magnolia“ und „Don't Wait“; „Songbird“ und „Starbound“ werden von Countrylegende Willie Nelson veredelt. Ausserdem ist Don White mit von der Partie bei „Sensitive Kind“ und „I'll Be There (If You Ever Want Me)“ und Christine Lakeland singt mit Clapton die Schlussnummer „Crying Eyes“. „Call Me The Breeze“, „Cajun Moon“ und „Since You Said Goodbye“ sind die Songs, die Clapton alleine singt. Die Gastauftritte beschränken sich aber nicht nur auf diese Gesangsbeiträge, denn auch an den Gitarren finden sich weitere Hochkaräter wie Derek Trucks, Albert Lee oder David Lindley und sämtliche anderen Instrumente sind von alten Weggefährten und/oder bekannten Musikern des Genres eingespielt worden. Der Respekt vor soviel musikalischer Erfahrung verbietet hier eine eingehende Kritik. Sie ist auch nicht nötig, denn was, bitte, sollte man an diesem Album falsch machen können? Es ist auch schlicht nicht möglich, einzelne Songs hervorzuheben, denn jeder einzelne verfügt über eine ganz eigene und wunderbare Atmosphäre, die jeder Gastkünstler noch ein wenig für sich ausbaut. Clapton war es ein Anliegen, Cales Songs einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, damit ihnen die Ehre zuteil werden sollte, die Cale nie bekommen hatte. Vermutlich war es dem schrobigen Musiker eh ziemlich egal, denn wer seine Gage in die Wand eines Wohnwagens stopft, der macht sich auch nicht viel aus
Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS goldenen Schallplatten. Claptons Wunsch nach Aufmerksamkeit für Cales Repertoire sollte allerdings mit diesem Tribute-Album geweckt worden sein. Jeder einzelne Song spricht für die Qualität des Songwriters JJ Cale und die behutsame und liebevolle Umsetzung des gesamten Staraufgebotes spricht für sich und macht tatsächlich Lust darauf, sich genauer mit Cale zu beschäftigen. Und: Das Album klingt wirklich nach dem Glück, dass man durch das Starren in die Landschaft findet.
SWEETKISS MOMMA A Reckoning Is Coming Teenagehead Music
hh. Massiver Classic-Rock mit einer heftigen Southern-RockBreitseite und entsprechendem „Männergesang“ donnert wie eine Walze aus den Boxen. Ein fettes Gebilde aus SlideGitarren, kratzigen Harps und dominanter Hammond-Orgel sorgt für eine meterdicke Soundwand. Die Songs bewegen sich überwiegend im Midtempo-Bereich, wo die Heavyness der Band am besten zur Geltung kommt. Mit dem folkig angehauchten „Same Old Stories“ und dem Akustik-Instrumental „Laura Rose“ sind zudem schöne Balladen dabei. „A Reckoning Is Coming“ wurde in Nashville von Ken Coomer (Wilco) produziert, der die Band satt und druckvoll klingen lässt. Fans von ähnlich gelagerten Bands wie Feedback Revival, Mother Road etc. sowie Freunde von dicken, biestigen Hammondsounds kommen hier voll auf ihre Kosten.
BEATSTEAKS Beatsteaks Warner ip. Ja, die Beatsteaks. Ditt sind doch die Berliner, wa? Jau, die schmissigen Berliner, bei denen man nichts stillhalten kann, wenn sie spielen. Alternativer Punk nennt sich das, aber für Punk ist da definitiv zuviel Melodie drin und bei soviel verkauften Platten kann
man auch schon nicht mehr von Punk im gemeinen Sinn sprechen. Lasst uns drauf einigen, dass die Beatsteaks einfach klasse Mucke machen, die zum
Das tut man natürlich sowieso während der ganzen Platte, denn was wären die Beatsteaks ohne ihren Drummer! Hör dir die letzte Nummer an, „I Never Was“, mit der Textzeile „I wish I was a drummer“, dann weißt du, dass die Jungs zusammengehö-ren und so funktionieren, wie sie sind. Kurz, knackig, roh und wild. Passt!
FINK Hard Believer TBA Saurauslassen animiert. Dabei hilft der dieses Mal sehr direkte, un(ter)produzierte Sound (offenbar wird das zur neuen Wahrheit im Rezensions-Alphabet), der den Hörer quasi in den Proberaum einlädt. Ausserdem kommt dem zugute, dass dieses Album gerade mal 33 Minuten wiegt und mit 11 Songs einen Schnitt von 3 Minuten pro Song hinbekommt. Das wiederum ist Punkrock. Eher in die Kategorie Garagenrock fallen Stücke wie „Up On The Roof“ oder „Be Smart And Breathe“. Eher artfremd sind dafür „Everything Went Black“, das mit leichtem Reggaegroove/Offbeat angereichert ist, das lüpfige „Pass The Message“ oder „Make A Wish“, einer der besten Songs auf dem selbstbetitelten Album. „Gentleman Of The Year“ ist eine rohe, coole Nummer, bei der man sich ehrlich darüber freut, dass der Schlagzeuger Götz nach seinem bösen Sturz mit Schädelbruch wieder voll auf dem Damm ist.
sinniert über die Konstanten, die einem durch die Untiefen des Lebens tragen. Im Dub getränkten «White Flag» verlangt er gebetsmühlenhaft den Gehorsam. Im schleppend melancholischen «Two Days Later» besingt Greenall die unmögliche, weil zerstörerische Liebe: « The Love We, Feel For, Each Other Will Destroy.» Fin Greenall leidet an sich und der Welt. Der rhythmische Abschluss «Keep Falling» lässt etwas Hoffnung aufkeimen: «Keep Falling, Until you Can't Fall No More». Wenn man unten ist, kann es nur noch aufwärts gehen. Oder?
EINAR STRAY ORCHESTRA Politricks Sinbus Records
rp. Schleppend beginnt das sechstes Werk von Fink. Ein trockener Bass, ein dumpfes Schlagzeug und eine akustische Gitarre singen den Blues. Fin Greenall, der Kopf der Band, versucht, jemanden zu überzeugen. Die Beweise, die Greenall vorlegt, scheinen nicht zu genügen. «We Were Made For Each Other. Won't You Believe Me Now.» Die Tristesse von «Hard Believer» spricht dagegen. Der zweite Song öffnet ein weites Feld. Atmosphärischer Indiefolk, elektronisch aufgepeppt (Greenall war früh ja mal DJ)
rp Mit dem Zusatz «Orchestra» integriert der junge Norweger Einar Stray die vier, seit 2011 ständigen Mitglieder seiner Band. Aus dem Solokünstler wird eine Band. Dies hat sich selbstredend im Sound des neuen Albums niedergeschlagen. Klang der Indiepop und –folk von «Chiaroscuro» (2011) wie aus einem Guss, so tönt «Politricks» vielschichtiger, verspielter, weniger in sich gekehrt und wurde opulenter inszeniert. Drama, unerwartete Wendungen, Leidenschaft, Sperrigkeit, Poesie, Leiden das Leben. Einar Stray ist mit seinem Orchestra erwacht, weiter Seite 21
HUGs Kurze SAMPLER - Buddha Bar 16 Die gemütliche Weltmusik-Lounge-Reihe geht unter der Ägide des «Buddha Bar»-erprobten Ravin in die 16. Doppel-CD-Runde und ist noch immer nicht langweilig. Derweil... (siehe «Select») SAMPLER - Select 7 ...«Buddha Bar»-Erfinder Claude Challe gemeinsam mit seinem Bruder Jean-Marc auch schon zum siebten Mal seine persönlichen Weltmusik-Lounge-Highlights der letzten Monaten zusammenfasst. Ganz angenehm. ALCOHOLIC FAITH MISSION - We Stop The World From Falling Apart Das Debüt entstand im Duo in One-Takes unter Alkoholeinfluss, zum Zweitling gesellten sich drei Musiker dazu, das dritte Album brachte viele Konzerte, und für ihr jetzt vorliegendes viertes Album haben sie alte Songs neu bearbeitet. Im Bestreben, Stadiontaugliche mitschwelg- und Mitsing-Popsongs der hymnischen Art zu machen, erinnern sie an Embrace und Of Monsters And Men, nur nicht so gelungen.
WHERE DID NORA GO - Shimmer Die dänische Band um die Sängerin Astrid Nora hat mit ihrem Debüt Henrik Ibsen vertont, jetzt schimmern die Songs wie ein isländisches Abendrot hinter Björks Haus. Ist gleichermassen schön, selbstverliebt und anstrengend. TINA DICO - Whispers Mit Tina Dico lebt tatsächlich eine Dänin in Island und ist gar mit einem echten Isländer verheiratet. Björk-Ähnliche Musik ist trotzdem nicht ihr Ding, viel eher ist sie mit der Schwedin Sophie Zelmani vergleichbar, zumal auch Dico auf ihrem neuen Album in ihrem Singer/Songwriting noch reduzierter und gefühlvoller ist als sonst. ADAM COHEN - We Go Home Der Sohn von Leonard Cohen zu sein, verpflichtet: Auch auf seinem fünften Album ist Adam so superreduziert wie sein Vater, aber immerhin pflegt er die Melodien etwas aufmerksamer als der Vater und streut hin und wieder etwas Puderzucker und Chörli in die sehr sehr ruhigen Songs.
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It's only Rock'n'Roll Tom Petty mag die Rolling Stones lieber als die Beatles. Der Grund dafür liegt für ihn darin, dass sie einfachen, rohen Rock'n'Roll spielen, unkompliziert und mit wenigen schönen Harmonien. Das hat ihn als Jugendlichen davon überzeugt, dass dies die Musik ist, die er selbst zu den Leuten bringen will. Zusammen mit seinen Heartbreakers hat er das in die Tat umgesetzt und bis heute erfolgreich durchgezogen.
ip. Allerdings stehen Tom Petty & The Heartbreakers nicht generell für die Art Rock'n'Roll, den die Rollings Stones interpretieren. In Petty-Songs schwingen immer eine leichte Wehmut, ein bisschen Bob Dylan und ein latent folkiges Element mit, das seine Musik bereichert. Die Mischung macht's: Der in Florida geborene Sänger und Gitarrist ist aus weltweiten Rocksendern nicht wegzudenken, hat unzählige Chartsplatzierungen erreicht und Edelmetallalben produziert und wurde 2002 in die Rock'n'Roll Hall of Fame aufgenommen. Seine Karriere startete Petty bereits im Alter von 17 Jahren mit den Sundowners, danach den Epics, und machte sich dann einen Namen mit Mudcrutch, die u.a. mit Lynyrd Skynyrd rund um Florida auftraten. Und obwohl sich Mudcrutch nach vier Jahren auflösten, waren diverse Labels vor allem an Petty interessiert, der jedoch die ersten Angebote dankend ablehnte. Einige Monate später aber traf sich Petty wieder mit Mike Campbell (Gitarre) und Benmont Tench (Orgel), mit denen er bereits bei Mudcrutch gespielt hatte, und die unterdessen mit Ron Blair (Bass) und Stan Lynch (Drums) weitergearbeitet hatten. Campbell, Tench und Blair (mit Unterbruch) bilden bis heute die Heartbreakers, die Tom Petty seither begleiten und unterstützen. Mittlerweile sind sogar Gerüchte im Umlauf, dass es ein neues Album von Mudcrutch geben soll; was angesichts der Tatsache, dass diese Band vor über 40 Jahren existiterte, seit 2007 wieder, und erst 2008 ihr erstes Album herausbrachte, doch eine mittlere bis grössere Sensation sein dürfte. Trotz, oder vielleicht gerade wegen dieser langen Zusammenarbeit, werden gemäss diverser Kritiker und Pettys eigener Aussage die Heartbreakers immer besser. Wäre dem
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nicht so, hätte Petty die Band längst an den Nagel gehängt. Dass der Frontmann und seine Band aber konstanten Spass an ihrer Arbeit hatten und haben, beweisen Songs von den Zombies oder Paul Revere, die sie nach wie vor live einstreuen. Für Petty ist das eine natürliche Sache. Er betrachtet seinen Stil als einen grossen Eintopf aus amerikanischer Musik, der aus den Zutaten Animals, Muddy Waters, Byrds, Howlin' Wolf oder Wilson Pickett besteht und dem die Heartbreakers ihre eigene Würze hinzugefügt haben. Er fühlt sich mit seinen Mitstreitern rundum wohl, betont aber auch, dass die beste Band der Welt nichts taugt, wenn die Songs schlecht sind. Das eingespielte Team weiss mittlerweile genau, wie es gute Songs aus dem Hut zaubert und Petty gibt sein Wissen auch an jüngere Musiker weiter. Wie er dem Rolling Stone Magazine vor einiger Zeit sagte: „Das wichtigste ist immer der Song. Weißt du, du kannst Scheisse vergolden, aber das bringt nichts. Du brauchst einen Song. Und der verlangt viel Zeit und Aufmerksamkeit, damit er die ganze Arbeit wert wird.“ Petty schreibt viele Songs auf der akustischen Gitarre oder am Piano. Wenn ein Lied an diesen beiden Instrumenten funktioniert und das Feeling stimmt, probt er ihn mit seiner Band ein. Wenn nicht, fällt die Nummer durch, denn Petty ist überzeugt davon, dass ein guter Song lediglich mit einem dieser beiden Instrumente rübergebracht werden kann. Eine überraschende Arbeitsweise resultiert daraus: Für Alben wird bei den Heartbreakers grundsätzlich nicht geprobt. Petty spielt seine Songs im Studio vor, die anderen stimmen mit ein und meistens ist einer der ersten Takes der beste, der es auf die Platte schafft. „Das ist Instinkt“, erklärt es der Meister. „So ist das mit den Heartbreaker-Jungs. Die sind so lächerlich gut! Ich spiele denen
etwas vor und sobald sie mitspielen, wird daraus etwas komplett anderes, als ich mir vorgestellt habe. Einer der ersten Takes ist dann meistens einer der besten. Da wird dann noch etwas herausgestrichen oder hinzugefügt und dann ist das Arrangement im Kasten.“ Tom Pettys neues Album „Hypnotic Eye“ hat dann doch eine Weile gebraucht und ist nach „Mojo“ das 13. Studioalbum der Band. Petty selber beschreibt „Hypnotic Eye“ als komplett anders als seine letzten Veröffentlichungen. Mit „Mojo“ fand die Band wieder vermehrt zurück zum Blues, und dieser Faden zieht sich auf „Hypnotic Eye“ auch definitiv weiter. Allerdings kommen auf diesem neuen Album wieder Elemente zum Zug, deren Ursprung in den späten 70ern bei zum Beispiel „Damn The Torpedoes“, oder aber Anfang der 90er in „Wildflowers“ zu finden sind. Ryan Ulyate, der Produzent, der seit seinem 2006er-Soloalbum „Highway Companion“ mit im Boot sitzt, ist gemäss Petty das neue Bandmitglied. Ulyate hat tatsächlich das richtige Näschen dafür, wie Petty sich seinen Vintage-Sound vorstellt und hat aus „Hypnotic Eye“ ein wahres RetroSound-Werk gemacht. Nach so einem Studiopartner hatte Petty, der bekennender Vinyl-Fan ist, lange gesucht. Und das er mit Ulyate den richtigen Sidekick gefunden hat, beweist dessen Aussage: „Was Tom und die Jungs antreibt, ist der kreative Prozess am Songwriting. Das ist in ihrer DNA, sie müssen einfach Platten aufnehmen. Darin sind sie extrem gut und es ist ein Privileg, ein Teil davon sein zu dürfen.“ Nach moderner Musik ist Petty meistens sowieso nicht zumute. Ohne ein ganzes Genre zu generalisieren, findet er doch, dass
«Die richtig guten Sachen kriegen mittlerweile keine Aufmerksamkeit mehr. Das meiste klingt nach dem Zeug, das in den 80ern total beliebig war...»
den heutigen Produktionen das magische Element fehlt, das die Musik von früher hatte. „Die richtig guten Sachen kriegen mittlerweile keine Aufmerksamkeit mehr. Das meiste klingt nach dem Zeug, das in den 80ern total beliebig war und man sich auf Videos verlassen hat.“ Vielleicht ist „Hypnotic Eye“ gerade deshalb sein Statement gegen die zweifelsfrei immer noch grosse Beliebigkeit in der Musik. Seine Ziele waren früher bescheiden: Ein verlässliches Auto, ein Platz zum Wohnen und einen Job als Musiker war alles, was sich Petty vorstellte. So klingen seine Songs auch, bodenständig, ohne Firlefanz und geradeaus. Dass ihm dieser grosse Erfolg beschert wurde, damit hätte er nicht gerechnet und darauf hat er auch nicht hingearbeitet. Er ist sich sicher, dass er ohne diese Karriere zwar einem normalen Job nachgehen, aber trotzdem weiterhin an den Wochenenden auf der Bühne stehen würde. Vor zwei Jahren spielten Tom Petty & The Heartbreakers zum ersten Mal seit 13 Jahren in England. Für ihn eine besondere Situation, denn ihr erstes Album aus dem Jahr 1976 fand in Europa die ersten Liebhaber und konnte sich erst einige Zeit später in den USA durchsetzen. Ein Grund dafür mag sein, dass sich die Band damals auch zum Punk hingezogen fühlte und schlichte, dreiAkkorde-Songs schrieb. Rockmusik war für Petty damals schon aufgeblasen und reizlos geworden, fing aber auch deshalb an, sich selbst neu zu erfinden. Damals waren Tom Petty & The Heartbreakers mittendrin in diesem Prozess. Und wer weiss, vielleicht tritt der Minimalismus von „Hypnotic Eye“ dieses Mal eine neue Welle los.
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Georgia's Finest
Live 31. Oktober 2014 Zürich, Komplex Club
Seit ihrer Gründung im Jahr 2000 ist die Band Sprosse für Sprosse die Erfolgsleiter hinaufgeklettert. Waren sie zu Beginn hauptsächlich ein Geheimtipp in den Clubs um und in Georgia/Atlanta, war nach dem Release ihres Debüt-Albums „Bad Luck Ain't No Crime“ (2004) jedoch abzusehen, dass es nur noch eine Frage der Zeit sein würde, bevor das Quintett mit seinem satten Southern-/Countryrock auch die grossen nationalen Bühnen erobern würde. Denn was die Truppe der Konkurrenz voraus hatte und heute mehr denn je vorzuweisen hat, sind herausragende Songs am Laufmeter mit hohem Suchtpotential. Nun endlich kommen sie mit ihrem aktuellen, schlichtweg sensationellen Album „The Whippoorwill“ im Gepäck auch in die Schweiz.
Mit durchschnittlich 250 Konzerten pro Jahr gehört der Georgia-Fünfer zu den am härtesten arbeitenden Bands der USA. Auch wenn die ersten beiden Alben „Bad Luck Ain't No Crime“ (2004) und „Little Piece Of Dixie“ (2009) noch keine Chartsplatzierungen in den USA vorweisen konnten, begründeten sie doch den grossen Erfolg, den die Smokin' Berries heute verdientermassen in ihrer Heimat geniessen können. Landesweite Tourneen mit Genre-Grössen wie ZZ Top, Lynyrd Skynyrd, Zach Brown oder Eric Church trugen dazu wesentlich bei. Die Hauptgründe jedoch sind neben der grossen sympathischen, bodenständigen Ausstrahlung der Musiker und ihre herausragenden technischen Fähigkeiten an den Instrumenten in erster Linie die Songs. In den USA, speziell in den Südstaaten, gibt es eine praktisch unüberschaubare Menge an gleichgelagerten Bands, von denen die meisten zumindest in unseren Breitengraden unbekannt sind und auch bleiben dürften. Auch in den USA hält sich deren Erfolg in Grenzen – zu ähnlich die Musik und zu mittelmässig das Songmaterial. Blackberry Smoke unterscheiden sich hier deutlich von den Mitbewerbern, denn die Songs von Bandchef und Sänger/Gitarrist Charlie Starr haben durchweg das gewisse Etwas, diese süchtig machenden und nachhaltigen Hooklines, die praktisch aus jedem Song wenn nicht einen Hit dann zumindest einen massiv hartnäckigen Ohrwurm machen. Da gibt es auf keinem Album irgendwelche Füller, jeder Song ist eine Perle für sich. Mit ihrem aktuellen Album „The Whippoorwill“, das das europäische Debüt der Band ist (wurde in den USA bereits vor zwei Jahren veröffentlicht), schlagen sie diesbezüglich alle Rekorde. Dreizehn Songs strahlen miteinander um die Wette, jeder Titel ist eine Klasse für sich und es gibt wohl keine andere Band in diesem Metier inkl. die ganz grossen Namen, die es jemals schaffte, solch eine Ansammlung an überirdischem Songmaterial auf einem Album zu vereinen. Irgendwie ist das ja aber auch erschreckend, denn für die anderen bleibt nach Blackberry Smoke nicht mehr viel übrig! Und zum ersten Mal erscheint die Band in allen relevanten USCharts, von „Country“ über „Indie“ bis hin zu den „Rockcharts“ Listen und die Berries füllen die grössten Live-Venues der Staaten als Headliner. Die harte Arbeit beginnt sich auszuzahlen. Aber es entspricht der Einstellung der Musiker, dass sie sich auf diesem Erfolg nicht ausruhen. Europa ist für sie noch unentdecktes Gebiet. Hier sind sie einem grösseren Publikum mehr oder weniger völlig unbekannt, zumal dieser uramerikanische Rock des Quintetts in unseren Breitengraden trotz erfolgreichen Acts wie Lynyrd Skynyrd, Allman Brothers, Gov't Mule oder Molly Hatchet nicht gerade zu den Bestsellern gehört. Und so sind sie nun bereits zum dritten Mal auf Ochsentour in der „alten Welt“ unterwegs und klappern kleine und mittelgrosse Clubs ab, um den Blackberry Smoke Virus zu verbreiten. Wir dürfen uns auf eine Show dieser derzeit besten „unentdeckten“ Truppe freuen, wenn sie Ende Oktober nach
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Zürich kommen. Faszinierend und gleichzeitig eine Erklärung für den auch bei uns zu erwartenden Erfolg ist, dass Blackberry Smoke ihre Fans grenzübergreifend sammeln. Egal aus welchen musikalischen Lagern die Fans von guten, unter die Haut gehenden Rocksongs kommen, von Metal über Rock bis hin zu Blues und Country, das Quintett vereint sie alle zu einer grossen Familie. Einen Vorgeschmack darauf bietet das soeben veröffentlichte Live-Album „Leave A Scar – Live in North Carolina“, erhältlich als Doppel-Vinyl, Doppel-CD mit beiliegender 18 Songs umfassender DVD mit ausführlichem Bonus-Teil (MusikerInterviews, Behind The Scenes-Sequenzen), das die Band in hervorragender Spiellaune und bestem Sound zeigt.
BLACKBERRY SMOKE Leave A Scar - Live In North Carolina Earache / Nonstop Music
The Whippoorwill Earache / Nonstop Music
Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS Fortsetzung von Seite 15
oder wie im Pressebeiblatt steht: «Die Geschichte des Übergangs der Bandmitglieder von unschuldigen Kindheitstagen zur nicht so wirklich unschuldigen Erwachsenenwelt.» Analog zum Albumtitel «Politricks» (bezeichnet die leeren Wahlversprechungen von Politikern) stellen die neuen Songs n.a. den bedingungslosen, kindlichen Glauben und die Heldenverehrung in Frage. Das leise «For The Country» prangert die unhinterfragte Unterwerfung unter das «Wohl» eines Landes an. Und «Aleksander» erzählt von Erinnerungen an einen verstorbenen Freund. «Politricks»: Ein adäquates Album (nicht) nur für die Brüche/Übergänge im Leben.
SONGS FROM UTOPIA Shivering Tapir Records
rp Auf «Shivering» vollziehen Songs From Utopia erneut einen Richtungswechsel oder darf man die neuen Songs eine partielle Rückbesinnung auf die Anfänge nennen? Bevor sie auf ihrem letzten Album «See The Stars» (2010) dominant Akkordeon und Kontrabass einsetzten, hatten sie auf ihrem Debüt «Bring Me Home» (2008) bereits ähnliche Saiten angeschlagen: Indierock und -folk mit Gitarre, Bass und Schlagzeug. «Shivering» klingt aber karger, spartanischer instrumentiert. Reduktion auf das Notwendigste. «Shivering» vermittelt den Eindruck, als wollten Rebekka Zarkava (Gitarre, Gesang) und ihr Mann Jura Dolezal (Drums) den Geist des englischen (und auch amerikanischen) Folk der späten Sechziger und frühen Siebziger heraufbeschwören. Intime Momente in Folkclubs und Kaffeehäusern. Songs From Utopia laden ein zur Innenansicht. Ohne Netz und doppelten Boden. In «Climbing Up The Tree» singt Rebekka Zarkava: «Climbing Up The Trees. I Look Out And See. What I Left Far, Far Away. My Country, My Heart, My Dreams.» Melancholisch, schleppend
und berührend erklingt dazu die Musik... «Shivering» stellt das Ehepaar Zarkava und Dolezal in die Tradition von Linda Perhacs, Linda Thompson, Sandy Denny, Sibylle Baier, Bridget St John, Nico und John Fahey oder John Martyn (Bezüglich Gitarrenarbeit).
SEETHER Isolate And Medicate Universal
mh. Schön, endlich ein neues Album von Seether in den Händen zu halten. Und es wird noch besser, wenn man das Ding in die Anlage wirft und so richtig aufdreht. Die Band aus Südafrika, die mittlerweile von den USA aus operiert, präsentiert mit „Isolate And Medicate“ ihr fünftes Studioalbum. Der Opener „See You At The Bottom“ lässt schon mal
keine Wünsche offen. Genau so tönen Seether, man erkennt ihren Sound beinahe schon nach den ersten drei Tönen. Das Stück ist melodiös aber kommt trotzdem mit ordentlichem Druck rüber. Stimmlich bewegt sich Shaun Morgan irgendwo an der Grenze von böse, schreiend und trotzdem melodisch und zerbrechlich. Neue Seiten schlagen Seether mit „Same Damn Life“ an. In diesem Stück hört man zwischendurch eine fast Maroon-5-mässig hohe Stimme, die anfangs etwas befremdend ist, aber eigentlich steht sie dem Song recht gut. „Crash“ ist dann ein Song der etwas ruhiger daherkommt und vor Gefühlen nur so strotzt. Man glaubt die Verzweiflung, die Trauer und das Ende förmlich mitzufühlen. Ein weiteres Meisterwerk findet sich dann noch auf der Deluxe Edition vom Album. Den Song „Goodbye Tonight“ haben Seether mit der südafrikanischen Punkband Van Coke Kartel und dem Multitalent Jon Savage eingespielt und darf als ein Highlight des Albums angesehen werden. Online gibt es davon auch noch je eine Version in Afrikaans und Afrikaans-Englisch gemischt. Alles in allem ein grossartiges Stück Musik, das gerne noch ein bisschen kantiger und böser hätte daherkommen dürfen. Seether live: am 7. Dezember 2014 in der Schüür in Luzern und am 13. Dezember 2014 im Kofmehl in Solothurn.
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The Blues Pills sind Shooting Stars mit Riesenpotential und stehen für die gegenwärtige „Blues-Renaissance“. Das blutjunge Quartett spielt erstklassigen und authentischen Bluesrock. Front Lady Elin Larsson reiht sich dabei in die Tradition der grossen BluesSängerinnen ein, Dorian Sorriaux ist ein Gitarren-Wunderkind sondergleichen. Vier talentierte Musiker aus Schweden, Frankreich und USA am Anfang einer erfolgsversprechenden Karriere.
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«Ich komme aus einer kreativen und musikalischen Familie. Mein Grossvater war Sänger und auch mein Vater hat als Teenager gesungen.»
Foto: RockHard
ub. 1914 erlebte der Blues seine erste Blüte. Hundert Jahre nach W. C. Handys „The Memphis Blues“ feiert der Blues ein weiteres Comeback. Die Blues Pills spielen nach eigener Aussage „Souligen Bluesrock mit einem Schuss Psychedelic“ und liegen damit goldrichtig. Es scheint, als hätte die Welt schon länger auf diese Band gewartet, denn beinahe mühelos verdrehen sie der Musikszene den Kopf. Die Blues Pills sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ohne Zweifel muss die Band mit ihrer unbändigen Energie, Intensität und Eigenständigkeit zu einer neuen Generation des unvergänglichen Bluesrocks gezählt werden. Ein kurzer blueshistorischer Diskurs ist im Hinblick auf die Einflüsse der Blues Pills interessant: Zu Beginn der 60er-Jahre fand die musikalische Begegnung und Verständigung zwischen schwarz und weiss statt. Die deutschen Promoter Lippmann + Rau organisierten „American Folkblues Festival“ und brachten so die Blues-Botschaft nach Europa. Die Newsweek titelte im Mai 1969 die „Wiedergeburt des Blues“. Weisse Bluesmusiker waren plötzlich die hervorragendsten Vertreter der neuen Blues-Welle: Der kürzlich verstorbene Johnny Winter, Mike Bloomfield oder Al Kopper. Wegweisend für den britischen Blues waren John Mayall, der „Vater des weissen Blues“ mit seinem Album „Blues Breakers with Eric Clapton“ aus dem Jahre 1966, und Peter Green, der die "zweite grosse Epoche des britischen Blues“ prägte, als er 1967 mit John McVie und Mick Fleetwood die Blues Rock-Band „Peter Green's Fleetwood Mac“ gründete. Der wichtigste Beitrag des britischen Blues war die Wiederausfuhr des amerikanischen Blues zurück in seine ursprüngliche Heimat. Der Blues wurde dort plötzlich neu bewertet, so dass fortan auch weisse Blues-Musiker Türen öffneten für Texas Blues oder Southern Rock. Eine junge Band transportiert nun gewissermassen Peter Greens Erbe ins Hier und Jetzt: The Blues Pills. Die sympathische Leadsängerin Elin Larsson nennt im Interview mit TRACKS vor allem Pioniere des aufstrebenden Blues Rocks der späten 60erJahre als wesentlichste Einwirkung: „Das sind Free, Fleetwood Mac, Grand Funk Railroad, Cactus, Led Zeppelin und die schwedische Rockband November.“ Woher kommt die starke Verbundenheit der Anfangszwanziger mit dieser Musik? Die Mitglieder der Blues Pills wurden im zarten Kindesalter geprägt. Der Vater von Bassist Zack Anderson spielte in einer Coverband, die Dorian Sorriaux grösstenteils Songs der 60er- und 70er-Jahre spielte. So fing auch er an, diese Platten zu sammeln. Larsson erklärt: „Ich komme aus einer kreativen und musikalischen Familie. Mein Grossvater war Sänger und auch mein Vater hat als Teenager gesungen. In seiner Plattensammlung war diese LP: „Soul Classics“ mit Songs von Marvin Gaye und Otis Redding. Meine Schwester und ich sind ohne Fernseher aufgewachsen, da haben wir viel Theater gespielt und diese Songs darin eingebaut.“ Angesprochen auf die Lieblingsmusik der Blues Pills meint Elin: „Innerhalb der Band hat jeder so seine eigenen Favoriten. Persönlich stehe ich auf etwas mehr Soul und Aretha Franklin. Meine erste LP war jedoch von Joe Cocker.“ Die Hinwendung zum Soul ist neu und steht für die Entwicklung der Band. Wie es sich wohl anfühlt, mit Janis Joplin und anderen grossen Blues-Sängerinnen verglichen zu werden? „Das ist natürlich total schmeichelhaft, verrückt und unwirklich zugleich. Janis ist einzigartig, eine Legende, eine Heilige, wobei ich finde, dass ich eine dunklere Stimme habe als sie. Schon früh hatte meine Stimme einen eigenen Charakter.“
Man vernimmt den Respekt. Elin verneigt sich vor diesen Künstlerinnen, bewahrt sich trotzdem ihre Eigenheit und will keinesfalls als Kopie gelten. Blues-Sängerinnen spielten seit der ersten Phase des klassischen Blues eine entscheidende Rolle: Mamie Smith war 1920 die erste schwarze „Blues Queen“, die einen Plattenvertrag erhielt. Ma Rainey, 1886 in Alabama geboren, war eine der ersten professionellen Blues-Sängerinnen überhaupt und gilt als „Mutter des Blues“. Ende der 60er waren charismatische weibliche Rock-Röhren die Ikonen der Szene: Janis Joplin, die später als Symbolfigur der Hippie-Zeit galt, Inga Rumpf, Aushängeschild der Hamburger Band Frumpy oder Grace Slick von Jefferson Airplane. Im 21. Jahrhundert ist die Welt näher zusammengerückt. Währendem Band Mates früher alle aus dem gleichen Stadtteil kamen und sich abends zum Proben in einem dunklen Keller trafen, ist die heutige Welt dank Internet und globaler sozialer Netzwerke verbunden. „Zack und Cory Berry (Drums) hatte ich in Amerika kennengelernt, als ich in Kalifornien war“, erzählt die schwedische Sängerin. „Wir kannten uns bereits via Facebook und trafen uns ungezwungen, um miteinander Musik zu machen. Das war alles nur Spass damals - ohne Karrierepläne, nichts Ernstes.“ Aus dieser lockeren Verbindung entstanden erste brauchbare Demo-Tracks und man entschied, die Songs auf YouTube zu veröffentlichen: „Das ist wahr“, lacht Elin, „das hat den Stein ins Rollen gebracht. Wir hatten sogar ein paar Live-Auftritte als Trio damals. Gut, es waren kleine Gigs mit höchstens fünf eigenen Songs, aber so hat alles angefangen.“ Wir fragen Elin, wieso ihr die Jungs nach Schweden gefolgt sind: „Grundsätzlich wäre ich gerne in Amerika geblieben. Die Zuwanderungspolitik der USA macht es jedoch schwierig zu immigrieren, wenn du kein Millionär ist. Bei uns in Schweden geht das alles viel schneller und einfacher, und so lebt nun die ganze Band in Örebro.“ (Die Stadt Örebro hat einige interessante Persönlichkeiten hervorgebracht, wie z.B. Nina Persson, Leadsängerin der Cardigans, Ola Brunkert, Drummer von ABBA, die Punkband Millencolin oder Ronnie Peterson, einer der besten Formel-1Fahrer seiner Zeit.) Das YouTube-Release schlug derart hohe Wellen, dass die Musiker ein Angebot vom schwedischen Label Crusher Records erhielten, einen Extended Player aufzunehmen. Die Debüt-EP „Bliss“ sowie die Single „Black Smoke“ folgten 2012. In der Zwischenzeit hatte die Band den damals erst 16-jährigen Dorian Sorriaux in Frankreich getroffen und ihn Gitarre spielen sehen. „Das hat uns fast umgehauen. Die Blues Pills waren komplett.“ Mit jugendlicher Frische und einzigartiger Leichtigkeit spielt Sorriaux die virtuosesten Gitarren-Soli. Im australischen Guitar Magazine wurde er deshalb bereits unter den Top 25 der kommenden Gitarrenlegenden gehandelt. Der Plattendeal mit dem führenden deutschen Metal-Label Nuclear Blast brachte ab Ende Juli 2013 die entscheidende Wende in der Karriere des jungen schwedisch-amerikanisch-französischen Quartetts. Der Legende nach soll eine E-Mail-Bewerbung ohne grosse Erwartungen den Anstoss gegeben haben. Man kann es Fügung nennen: Wiederum besticht die Band durch ihre jugendliche Leichtigkeit und Unbeschwertheit. So richtig wollen die Blues Pills ja gar nicht zu all den Heavy Metal-Bands passen, die bei Nuclear Blast unter Vertrag stehen (Anthrax, Exodus, Slayer oder
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Testament). Dies sehen die Blues Pills jedoch pragmatisch und sind davon überzeugt, dass es ihnen letztlich mehr nützt als schadet, weil sie an Metal-Festivals mit ihrem erfrischenden und ergreifenden Soul mit Blues und Rock'n'Roll hervorstechen. Im Oktober 2013 erschien mit „Devil Man“ die zweite hochgelobte EP, die wie eine Bombe einschlug und an die Spitze der Schweizer iTunes-Charts schoss. Die Blues Pills wurden von Radio SRF3 für eine exklusive Unplugged-Einlage während der Sendung „Rock Special“ ins Studio gebeten. Rock Hard und Metal Hammer kürten „Devil Man“ jeweils zum Demo des Monats. Beeindruckende LiveAuftritte am Desertfest Berlin 2013, Roadburn-Festival in den Niederlanden oder am Hammer Of Doom-Festival in Würzburg waren beste Werbung für ihr neustes Werk. Am 18. Oktober 2013 spielten Blues Pills im Rahmen des Crossroads-Festivals in Bonn. Der Auftritt wurde vom WDR für die Sendung Rockpalast aufgezeichnet. Im Herbst folgte eine Europatournee im Vorprogramm der Label Kollegen Orchid und Scorpion Child sowie eine Tour durch Australien mit der deutschen Band Kadavar. „Mit Kadavar waren wir schon vor der Tournee befreundet. Auch der Kontakt mit Orchid und Scorpion Child war super. Wir sind gute Freunde geworden. Kein Wunder, wir waren alle im selben Tour Bus unterwegs, da kommt man kaum aneinander vorbei“, zwinkert Elin. Die Blues Pills legen ein beeindruckendes Tempo vor. Kaum eine Band zuvor hatte nach so kurzer Zeit Fans und Presse auf ihrer Seite. Die Band ist plötzlich in aller Munde, wird konstant gebucht, ist monatelang auf Tournee und spielt so gut wie nonstop Konzerte. Der Gig am Hellfest Open Air bei Nantes (Frankreich) von Ende Juni 2014 mit Iron Maiden, Aerosmith und Black Sabbath war ein besonderer Live-Meilenstein für Larsson und die
war nötig um durchzuatmen, die Seele nachreisen zu lassen und das Erlebte zu verarbeiten. Die neuen Songs der Debüt-LP wurden praktisch alle gemeinsam unterwegs auf Tour geschrieben und enthalten somit viele neue Erfahrungen der jungen und aufstrebenden Musiker. Als Überbrückung veröffentlichte das Label Nuclear Blast im Frühjahr 2014 die LiveEP „Live at Rockpalast“, die einen Ausschnitt des gefeierten Auftritts vom vergangenen Oktober bot. Die EP enthielt vier brillante Songs („In The Beginning“, „Black Smoke“, „Little Sun“ und „Mind Exit“). Als Vorgeschmack auf das selbstbetitelte Debüt "Blues Pills" präsentierte die Band im Mai die Single mit dem Titel „High Class Woman“, der unweigerlich auf Elin Larsson schliessen liess. Von „blondem Erzengel“ mit „umwerfend natürlicher Schönheit“ ist die Rede. In erster Linie werden an der überdurchschnittlichen Sängerin jedoch die kraftvolle und emotional tiefgründige Stimme sowie die intensive Bühnenpräsenz bewundert. Ende Juli erschien dann endlich die aufsehenerregende erste Langrille des BluesrockVierers. Was lange währt, wird endlich gut. Das Resultat klingt zeitlos und frisch zugleich. Treibende Bassläufe und ein groovender Schlagzeug-Beat ergänzen den Ruf des hellsten Sterns am gegenwärtigen Rock'n'Roll-Himmel. Larsson ist besonders stolz auf den ersten Longplayer: „Das Album ist voller starker und zu Ende gedachter Songs. Zum ersten Mal überhaupt bin ich 100%ig zufrieden.“ Ein entscheidender Faktor war nach „Devil Man“ die erneute Zusammenarbeit mit dem schwedischen Produzenten Don Ahlsterberg (Graveyard, The Soundtrack of Our Lives): „Dank Don konnten wir uns völlig auf die Musik konzentrieren. Er ist ein brillanter Techniker und war
Foto: Rod Hunt
Blues Pills: „Wir spielten am Sonntag als erste Band auf der Hauptbühne. Als wir um 11 Uhr morgens loslegten, waren kaum Leute da, doch während des Konzerts war plötzlich alles gerammelt voll. Es war einfach unglaublich. Die gewaltigste Show, die wir je spielten!“ Das Leben „on the road“ hat natürlich auch seine Schattenseiten: „Das viele Reisen ist schon sehr ermüdend. Man sitzt länger im Bus als man Musik macht. Aber wir lieben es, jeden Tag zu spielen. Wir treffen zurzeit viele inspirierende Menschen und schliessen Freundschaften fürs Leben. Das ist enorm spannend und bereichernd.“ Nach der Rückkehr in die schwedische Wahlheimat arbeitete die Blues Rock-Allianz mit Hochdruck am ungeduldig erwarteten Debütalbum. Die Veröffentlichung des Erstlings wurde ein wenig überraschend erst für Ende Juli 2014 angesetzt. Doch diese Zeit
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schon immer mein Wunschkandidat. Eines Tages rief er uns tatsächlich an. Wir haben extrem viel von ihm über Dynamik und Songaufbau gelernt. Er hat uns jedoch nicht gesagt, was wir zu tun haben und sich nie ins Songwriting eingemischt. Don liess mich sieben Stunden pro Tag singen und holte das Beste aus mir heraus. Er unterstützte meine Gesangsmelodien und verlor nie den roten Faden.“ Zum Schluss wollten wir noch wissen, wie es zum auffallenden Cover Artwork kam: „Das Bild stammt von Marijke Koger-Dunham. Ich bin ein Riesenfan von ihr. Sie ist eine Ikone der psychedelischen Kunst. In den 60ern hat sie für die Beatles Kleider entworfen, hat Eric Claptons berühmte Gibson SG „The Fool“ gestaltet. Per E-Mail hatten wir Kontakt aufgenommen und durften schlussendlich ein Werk aussuchen. Wir entschieden uns für das fantastische Bild, welches Marijke
Ende der 60er-Jahre schuf. Es stellt die Gegensätze im Leben dar.“ Ob schwarz oder weiss, die Grundeinstellung eines Blues-Sängers bleibt die gleiche und wurde von B. B. King einst beschrieben: „Er ist Realist und erzählt eine Geschichte. Keine erfundene, sondern Tatsachen, Ereignisse, Erlebnisse, sein eigenes Leben. Ohne SelbstBemitleidung, ohne Schmalz und Tränen. Wohl aber voll tiefer Emotionen. Der Blues ist ein Katalysator, in dem blinder Zorn, Erniedrigung und Ohnmacht ein Ventil findet.“ Diese Zeilen haben kaum an Aktualität eingebüsst und dringen zum Kern vor: Im Blues geht es mit einer gewissen Ernsthaftigkeit um Echtheit, nicht bloss um Show. Hier liegt auch das Geheimnis der Blues Pills: Sie leben und atmen den Blues. Sie versuchen nicht, einfach Retro zu klingen und Bands aus der Vergangenheit zu kopieren, sondern die BluesMusik aus den 60ern und 70ern zu neuem Leben zu erwecken und etwas Eigenes zu erschaffen. Im April starteten die Blues Pills ihre ausgedehnte 2014er EuropaOffensive und waren diesen Sommer auch in der Schweiz am Montreux Jazz Festival, Blue Balls Luzern und Open Air Gränichen zu Gast. Wer die Blues Pills verpasst hat, kann dies im Herbst nachholen: Am Up In Smoke Festival vom 3. und 4. Oktober 2014 in der Z7 Konzertfabrik in Pratteln, einem 2-Tages-Event mit rund 20 Bands auf zwei Bühnen, spielen die Pills zusammen mit The Vintage Caravan und Kadavar.
BLUES PILLS Blues Pills Nuclear Blast / Warner
lg. Blues Pills, die amerikanisch-schwedischfranzösische Kollaboration und einer der besten und heissesten Newcomer der letzten Jahre, legt sein Debütalbum vor. Das schlicht und einfach "Blues Pills" benannte Teil war schon lange überfällig. Wundergitarrist Doan Sorriaux sowie die phantastische Sängern Elin Larsson wandeln zusammen mit ihren beiden Mitmusikern mit unglaublicher Leichtigkeit durch die Windungen von
Hardrock der späten 60er- und frühen 70er Jahre und würzen diesen mit Rock'n'Roll und Blues. Nach drei sehr tollen EPs ("Bliss", "Devil Man" sowie "Live At Rockpalast") und einer 7" ("Black Smoke") war die Zeit auch wirklich reif für das erste Album. Auch bereits bekannte Songs wie "Devil Man" oder "The River" werden nicht in der bereits bekannten Version auf das Album gepackt, sondern sind neu eingespielt worden und präsentieren sich in einem anderen Gewand. Man hat den Eindruck, dass die Musiker seit
den EPs einen weiteren Sprung gemacht haben und noch gefühlvoller agieren. Blues Pills haben zeitlosen Rock'n'Roll in der Schnittmenge von Led Zeppelin, Jimi Hendrix, Janis Joplin und Cream geschaffen und veröffentlichen eine Scheibe, welche schlicht und einfach grossartig geworden ist. Das wunderschöne und psychedelische Cover der niederländischen Künstlerin Marijke Koger-Dunham aus den 60er Jahren rundet diese super Scheibe adäquat ab. Kaufen!
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Starkes Comeback Jack Black ist Schuld
Wenn man die ganz grossen USMetal Klassiker aus den 80er Jahren aufzählen will, kommt man irgendwann auf die beiden Scheiben der Power-Metaller von Sanctuary aus Seattle zu sprechen (wenn auch das zweite Album "Into The Mirror Black" 1990 erschienen ist). Da nun auch im Hause Sanctuary eine Reunion erfolgt ist, welche in dem neuen und dritten Album "The Year The Sun Died" gipfelt, liess es sich TRACKS nicht nehmen, mit Sänger Warrell Dane sowie Gitarrist Lenny Rutledge zu sprechen.
lg. Anfangs der 90er Jahre waren Sanctuary am Ende – und dies trotz zwei erfolgreicher Alben, welche den Test of Time überstanden haben und heute als US-Metal Klassiker gelten. "Wir hatten keinen Spass mehr, kamen auch in der Zeit nicht mehr gut miteinander aus, so dass die Zeit gekommen war, mit Sanctuary den Bettel hinzuschmeissen" so die beiden unisono. Gemäss Warrell "passierte alles aus einem Grund. Es ist halt wie in einer Ehe – manchmal ist alles gut und manchmal weniger. Dafür ist die Band nun sehr produktiv nach dieser langen Pause." Auf die alten Zeiten mit Sanctuary angesprochen, sagt Warrell, "dass es eine der besten Zeiten meines Lebens war. Wir waren jung und grün hinter den Ohren, konnten unser Debüt "Refuge Denied" mit Dave Mustaine produzieren, anschliessend mit Megadeth auf Tour gehen und hatten einen Major-Vertrag im Sack. All diese Sachen haben damals meine Augen geöffnet und ich habe die Erlebnisse regelrecht aufgesaugt." Lenny schliesst sich diesen Aussagen an, nennt aber als Highlights die verschiedenen Touren, sogar die letzte Europa-Tour mit Fates Warning im Herbst 1990, "bei welcher die Probleme innerhalb der Band begannen." Sean Blosl (der zweite Gitarrist) stieg nach dieser Tour aus und wurde von Brad Hull und anschliessend von Jeff Loomis (später prägend bei Nevermore) ersetzt. Betreffend dem Klassiker "Into The Mirror Black" äussert sich Warrell folgendermassen: "Ich bin sehr stolz auf dieses Album. Ich höre es mir ab und zu an und fühle mich dabei genau in diese Zeit versetzt. Erinnerungen kommen dann wieder hoch." Als letztes Lebenszeichen vor der Auflösung erschien die 5-Track Live-EP "Into The Mirror Live" (1991), welche als ausschliessliche Radio-Promo-CD veröffentlicht worden ist und heute im Original als gesuchte Rarität gilt. Es existieren hiervon aber auch Bootlegs, was Warrell stolz macht. Nach Sanctuary war Warrell Dane mit Nevermore (auch der Sanctuary-Bassist Jim Sheppard war dabei) sehr erfolgreich tätig und veröffentlichte ein paar Klassiker wie "Dead Heart In A Dead Word" (2000) sowie "This Godless Endeavour" (2005). Zu Nevermore meint Warrell kryptisch: "Ich kann einzig sagen, dass die Band derzeit in den Ferien weilt."
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Kennt man etwas die Hintergründe mit einem offenen Streit zwischen Warrell Dane einerseits und Jeff Loomis und Van Williams (dr.) andererseits, kann man schon fast davon ausgehen, dass die Band nicht mehr besteht. "Derzeit konzentriere ich mich voll auf Sanctuary", so Warrell weiter. Was war denn der Auslöser für die Reunion von Sanctuary? Lenny erklärt: "Jack Black, Schauspieler und Sänger der Band Tenacious D, wollte für sein Computerspiel namens Brutal Angel unseren Song "Battle Angels" vom Debüt verwenden. Somit kam ich wieder mit Warrell ins Gespräch. Das eine führte dann zum anderen. Die Neuformierung des Line-Ups in der Originalbesetzung, ausser dass nun Brad Hull für Sean Blosl an der Gitarre spielt, dann einige Gigs wie am Metal Aussault in Würzburg oder am letztjährigen Bang Your Head Festival (ebenfalls in Deutschland). Und nun steht ein neues Album in den Startlöchern. Ist das nicht grossartig?" Sanctuary haben auf den Shows auch neue Songs ("Frozen" und "The World Is Wired") getestet: "Wir waren überwältigt, wie gut die neuen Tracks ankamen. Das war die Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg waren und sind" sagt Warrell. Für "The Year The Sun Died" haben Sanctuary die Basic-Tracks bei Jack Endino, der Grunge-Legende, in Seattle aufgenommen. "Das war echt Vintage-Style vom Aufnahmeprozess her" erklären Lenny und Warrell. Die weitere Produktion erfolgte dann im eigenen Studio von Lenny inmitten der wunderbaren Natur des US-Bundesstaates Washington etwa 30 Meilen ausserhalb von Seattle. "Dort konnten wir auch schön abhängen, BBQs veranstalten etc." Als Lieblingssongs vom neuen Album nennen beide "Let The Serpent Follow Me" und "Question Existence Fading". Warrell hat noch ein Faible für "Arise And Purify", während es Lenny mehr zu "Frozen" und "Exitium" zieht. Auf das Touren angesprochen meint Warrell: "USA ist cool, doch kennen die Kids dort nur Bands wie Machine Head und Ähnliches. In Europa ist alles viel old-schooliger und das Publikum fachkundiger" Nach einer US Tour anfangs 2015 sollen wiederum vermehrt Live-Aktivitäten in Europa folgen. "Und wir freuen uns schon auf das Z7 in Pratteln, einer der besten Klubs im Tourzirkus", so Warrell.
Hard/Heavy/Metal SANCTUARY The Year The Sun Died Century Media/Universal
Cover lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor
lg. 24 Jahre nach dem letzten Album "Into The Mirror Black" hat es die Seattle-Power-Metal Legende geschafft, ein drittes Album zu veröffentlichen. Die Band um Sänger Warrell Dane und Gitarrist Lenny Rutledge schafft es, den hohen Erwartungen gerecht zu werden, wenn auch "The Year The Sun Died" weder mit "Refuge Denied" (1988) – aufgrund des fehlenden hohen Gesangs – noch mit "Into The Mirror Black" (1990) – mangels ausufernder Vertracktheit der Song – direkt verglichen werden kann. Das Album bewegt sich in der Schnittmenge zwischen eingängigeren Sanctuary sowie der Quasi-Nachfolgeband Nevermore. Schon der Opener "Arise and Purify" macht diese Marschrichtung deutlich. Auch das recht harte, fast schon thrashige "Let The Serpent Follow Me" schlägt in die gleiche Kerbe. Es folgt das recht hypnotische, langsame und packende "Exitium", welches eines der Highlights des Albums darstellt. Es folgen weitere tolle Songs wie das epische "I Am Low", der Kracher "Frozen" (Killer-Riff) sowie das live bereits getestete "The World is Wired". Rundum haben wir es mit einer Power-Metal Scheibe der Extraklasse zu tun, welche nicht nur Retro ist, sondern nach vorne schaut. So muss heute Power-Metal tönen (und damit meint der Rezensent recht harten Metal der US-Schule und nicht diese europäischen Tralala-Kapellen).
AUDREY HORNE Pure Heavy Napalm / Universal lg. Audrey Horne aus Bergen/Norwegen sind bereits mit Ihrem fünften Album am Start. Die Jungs um Frontmann Toschie liefern energiegeladenen Hard Rock, der sich bei den verschiedensten Jahrzehnten aus der Rockgeschichte bedient: Sowohl die 70er Classic Rock Helden wie Led Zeppelin, Black Sabbath, AC/DC, Thin Lizzy, Kiss und Rainbow standen Pate, doch haben wir auch Elemente aus dem PostGrunge, welche im Sound von Audrey Horne ausgemacht werden können. Glücklicherweise wird der 80s Glam grösstenteils ausgelassen – aus dieser Zeit können Bands wie alte Def Leppard oder in Sachen Gitarren Iron Maiden aus der Musik von Audrey Horne herausgehört werden. "Pure Heavy" ist ein Album mit grandiosen Melodien, tollen Grooves und wirklich gutem Songwriting, welches den Hörer sofort mitreisst und genau beim sehr guten Vorgänger "Young Blood" weitermacht. Es erübrigt sich, da Anspieltipps anzugeben, denn auf "Pure Heavy" bleibt das Niveau hoch, trotz einer etwas fehlenden Originalität. Aber das ist hier doch gar nicht gefragt! Thumbs up.
JUDAS PRIEST Redeemer Of Souls (2 CD Version) Sony Music lg. Was kann man von der britischen Metal-Schmiede von Judas Priest nach dem Ausstieg von Gitarrist K.K. Downing (war seit 1970 dabei) sowie dem doch am unteren Ende der Diskographie anzusiedelnden letzten Album "Nostradamus" (2008) erwarten? Zu dieser Frage waren sich die Experten uneinig. Live konnte man nach dem Einstieg des Gitarristen Richie Faulkner überzeugen, was auch an der brillanten Best-Of Setliste der letzten Tour namens Epitaph lag. "Redeemer Of Souls" legt mit "Dragonout" mit einem richtigen Heavy-Metal Stampfer los, der etwas simpel daherkommt, aber aufzeigt, dass Judas Priest auf dem richtigen Kurs sind. Man hört die Spielfreude förmlich heraus. Der Titelsong "Redeemer Of Souls" greift rein von der Songstruktur und Melodieführung in die Kiste der frühen 80er Jahre und ist sehr gelungen. "Halls Of Valhalla" ist etwas schwächer, aber nach wie vor solid, während "Sword Of Damocles" eher als langweilig taxiert werden kann. Dann kommt mit "March Of The Damned" ein MidTempo Stampfer, der wiederum passt. So wechseln sich Licht (wie
REVIEWS
Metal Thrashing Mad mit Laurent CASTLE - Under Siege Die mit einer Sängerin agierende kalifornisch-kanadische Okkult-Doom Kollaboration agierte in der Vergangenheit etwas konfus, doch konnten Castle für ihr drittes Album "Under Siege" das Songwriting wesentlich verbessern. Nur "Pyramide Lake" ist doch sehr offensichtlich bei Black Sabbaths "Sweat Leaf" geklaut. Und der Gesang nervt auf Dauer etwas. COBRA - To Hell Die jungen Peruaner von Cobra lassen mit "To Hell" ihr tolles zweites Album auf den echtmetallischen Underground los. Die Mischung aus alten Iron Maiden und NWOBHM-Konsorten sowie ganz alter US-Metal Schoten à la Demon Flight oder auch Metallica zu „Kill'em All“ Zeiten macht grossen Spass. Anspieltipp: der grandiose gut achtminütige Opener "Beyond The Curse". DARK FORTRESS - Venereal Dawn Die Bayern von Dark Fortress um Gitarrist und Produzent V. Santura (auch Triptykon) drücken mit ihrem atmosphärischen Black Metal emotionale Abgründe aus. Mal brutal ("I Am The Jigsaw Of A Mad God"), mal progressiv ("Lloigor"), mal episch ("Venereal Dawn", "On Fever's Wings") nehmen sie den Hörer auf eine grandiose Reise mit. DOWN - Down IV - Part 2 Sie liegt vor, die zweite EP der insgesamt vier angekündigten Kurzscheibletten der New Orleans Southern Sludge/StonerMetaller um Sänger Phil Anselmo (ex-Pantera) und Gitarrist Pepper Keenan (C.O.C.). Leider wirken die Songs stellenweise etwas langatmig, am besten gelungen ist die Single "We Knew Him Well". Dennoch besser als der grosse Rest der Konkurrenz. DREAD SOVEREIGN - All Hell's Martyrs Alles was Nemtheanga (Alan Averill, Sänger von der PagenMetal Grösse Primordial) anfasst, ist umheimlich intensiv. So auch seine sehr finstere Doomband Dread Sovereign, die den Hörer sofort packt. Insbesondere die epischen Longtracks bestechen (Cthulhu Opiate Haze, der Titelsong). Sehr empfehlenswert. MEDIEVAL STEEL - Dark Castle 30 Jahre nach ihrer genialen EP mit dem Übersong "Medieval Steel" hat die US-Truppe aus dem Staate Tennessee tatsächlich ihr erstes volles Album in die Regale gestellt. "Dark Castle" besticht mit sehr gutem Epic Power Metal. Die Stimme von Sänger Bobby Franklin sorgt zudem für den Unterschied. Checkt nur die Songs "Powersurge" sowie "American War Machine". Super. SERPENT VENOM - Of Things Seen And Unseen Die UK Doomer geben der hungernden Doom-Meute ein tolles Album in der Schnittmenge von Conan, Pentagram und Electric Wizard. Trotz eines Besetzungswechsels an der Gitarre konnte das Niveau des Vorgängers gehalten werden. Solid aber auch nicht sehr spektakulär. SINISTER - The Post Apocalyptic Servant Das holländische Todesbleikommando kommt mit ihrem 12. Studioalbum um die Ecke und zelebriert meist sehr schnellen old-school Death Metal. Die Riffs sitzen perfekt, das Drumming treibt konstant nach vorne und die restlichen Mitglieder geben auch Gas. Sehr gut gemacht. STALLION - Rise And Ride Die junge Truppe aus Deutschland konnte sich bereits mit ihrer ersten EP einen Namen im metallischen Underground erspielen. Nun liegt die erste Scheibe vor, und da lassen Sänger Pauly und seine Jungs mit ihrer Mischung aus Speed Metal sowie traditionellem Stahl gar nichts anbrennen. Cool (und am 22. September im Vorprogramm von Bullet im Komplex 457 in Zürich zu bestaunen). VENI DOMINE - The Light Die schwedischen Christen-Metaller, welche seit Ende der 80er Jahre aktiv sind und mit "Fall Babylon Fall" (1992) und "Material Sanctuary" (1994) zwei kleine Klassiker in der Schnittmenge zwischen Prog-Metal und epischem Doom abliefern konnten, wandern auf ihrem nunmehr siebten Album "The Light" zwar mehr auf progressiven Pfaden und können leider nicht ganz an ihre alten Glanztaten anknüpfen. Bester Song: "Hope".
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REVIEWS Hard/Heavy/Metal
MASTODON Once More Round The Sun Reprise/Warner hug. Vielleicht hätte das sechste volle Album der Proghelden aus Atlanta in den einschlägigen Internetforen nicht so hektische Diskussionen ausgelöst, wenn Sangesmeister Troy Sanders nicht diesen Satz gesagt hätte, der sinngemäss lautete: Wir haben unsere Songs ein bisschen vereinfacht, damit sie beim Publikum besser ankommen. Da wittern Fricklerfreaks natürlich Verrat, Verlust und Verdammnis. Aber unter uns Prügelknaben: So gross ist der Unterschied von ihrem letzten Album «The Hunter» zu «Once More Round The Sun» gar nicht. Er war, wenn schon, grösser von «Crack The Sky» zu «The Hunter». Abgesehen hat die Band an ihren Konzerten vielleicht einfach Freude daran bekommen, dass die Reaktion des Publikums zu gewissen (einfacheren) Songs lebhafter war als bei anderen, und um einer Reaktion willen stehen Bands ja auf der Bühne... das ist es okay, mehr gute Gefühle haben zu wollen, zumal hier von Verrat ja nicht im geringsten die Rede sein kann. «Once More Round The Sun» erzählt zusammenhängend vom Leben und seinen Herausforderungen im Zyklus eines Jahres (einmal um die Sonne), so bleibt die Band also bei ihrer Konzept-Idee treu, ohne dass das neue Album explizit ein Konzeptwerk ist. Die fehlenden Schwierigkeiten und Frickeleien, die jetzt im Vergleich zu früher in wie gesagt geringem Masse seltener geworden sind, machen mehr Platz für den Gesang, der nun öfters in grossen Klangbögen passiert, und man hat nun irgendwie dauernd das Gefühl, dass im Gegenzug die ganzen Soundwände bis zur Schmerzgrenze ans Zuviel (über-)beladen sind, das macht das Album unerwartet etwas anstrengend. Aber treue Mastodon-Jünger wissen: Wer das Album ein paarmal angehört hat, dem werden sich die neuen elf Songs als kleine Perlen offenbaren. Allerdings: Durch diese paar Mal müsst ihr durch. Aber auch dann werden viel noch die gewaltigen Türme von «Leviathan» vermissen.
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"Metalizer") und Schatten (z.B. "Down In Flames" und vor allem "Beginning Of The End") im weiteren Verlauf des Albums ab – die schnelleren und klassischen Songs machen die bessere Figur als die epischeren Sachen. Die Bonus-CD mit fünf Songs wirkt kompakter und old-schooliger. Man hat fast das Gefühl, Judas Priest aus den 70er Jahren zu hören. Somit ist diese fast besser gelungen als das reguläre Album (checkt mal die guten "Snakebite" und "Creatures", aber lasst das grottige "Never Forget" aus). Rob Halford erledigt seinen Job ansprechend, wie alle Mitmusiker auch. Nur heisst das Gitarrenduo nicht Tipton/ Downing sondern "nur" Tipton/ Faulkner. Als Fazit kann festgehalten werden, dass die Heavy Metal Maschine von Judas Priest gut geölt daherkommt, und auf "Redeemer Of Souls" die besseren Momente leicht überwiegen, wenn auch nicht der ganze grosse Wurf gelungen ist. Gamma Ray legen die Messlatte für diesen Bereich jedenfalls sehr hoch und untermauern damit eindrücklich ihren Stellenwert im melodischen Heavy Metal.
KMX KMX Rat Pak Records ip. Diese Review wird nicht objektiv; da kann ich machen, was ich will. Dafür liebe und bewundere ich King's X und Doug Pinnick (dUg Pinnick, wie er sich mittlerweile schreibt) viel zu sehr, und jeder, der zwei funktionierende Ohren hat, sieht das hoffentlich ähnlich. Deshalb auch nur kurz zum Technischen: KXM bestehen neben dem Sänger und Bassisten Pinnick aus Ray Luzier an den Drums (u.a. Korn, David Lee Roth) und George Lynch (Dokken, Lynch Mob) an der Gitarre und der Bandname setzt sich aus Buchstaben der jeweiligen Hauptbands zusammen. Nach einer Besichtigungstour durch Luziers Heimstudio war eine gemeinsame Platte beschlossene Sache und seitdem ist die neue Supergroup mächtig an der Arbeit; vor allem, um die Songs als Videos zu veröffentlichen. Für das Debut hat sich die Rackerei auch mehr als gelohnt, denn so einen starken musikalischen Einstand hat es schon länger nicht mehr gegeben. Hier kommen Druck, Melodie und Virtuosität auf der gleichen Wellenlänge und in einer eigenen Nische zusammen. Der Opener „Stars“ dient als guter Wegweiser dafür, wie das gesamte Album funktioniert: Bass und Drums schieben sich zusammen mit einem unglaublich fetten Gitarrenriff durch die Landschaft, und es gibt eigentlich kaum eine Möglichkeit, dieser Wand an Sound zu entkommen. Unterbrochen wird diese Wand mit einigen Türen, die die Sicht auf vergangene King's XPerlen freigeben und die Schwere des
Grundthemas mit den bestechenden Pinnick-typischen Melodien aufbrechen, wie in „Rescue Me“. Der rote Faden zieht sich mit treibenden Rhythmus weiter durch „Gunfight“ und „Faith Is A Room“, die Lynch Platz für solide Gitarrenarbeit lassen. Überhaupt glänzt Lynch weniger mit endlosen Dudeleien, sondern hält sich vornehm zurück und guckt nur dann aus dem Fenster, wenn er gerufen wird. Diese Tatsache trägt massgeblich dazu bei, dass dieses Album so wunderbar aus einem Guss aus den Boxen fliesst und dafür darf man Lynch grossen Respekt zollen, denn nicht jeder Gitarrist seines Kalibers hält sich an die Vorgaben, die der Song macht. „Never Stop“ ist eine leicht nach Lynyrd Skynyrd schmeckende Ballade, die mit Pinnicks einzigartig souliger Stimme gewürzt ist. Im hypnotischen „I'll Be OK“ kommt Luziers versiertes Drumming zur Geltung und der mehrstimmige Gesang, für den King's X bekannt sind, zeigt klar die Richtung, aus der das Songwriting stammt. Und das zieht sich auch direkt in „Sleep“ weiter, denn hier könnte genauso gut Ty Tabor an der Gitarre stehen. Das trifft auch für einen grossen Teil der Songs aus Sicht des Writings zu, aber Lynch behält trotzdem seine persönliche Note und die Kombination mit Luziers Drumming macht dieses Album zum bösen Bruder von King's X. KXM sind nicht einfach ein Plagiat, sondern eine eigenständige Band, die mit einer grossen Portion mehr Heaviness ungefähr in die gleichen Magengegend boxt, wie Black Sabbath. Einzig der letzte Song „Tranquilize“ darf als Spielplatz für die drei Instrumentalisten herhalten und ohne Gesang, dafür mit einem dicken Löffel Funk eine Menge Raum für ihre individuellen Soli freirühren. Soweit zum „objektiven“ Teil dieser Review. Der subjektive Teil geht so: Vergiss alles, was hier steht, kauf die Platte, setz dich hin und hör zu. Dann wird nämlich klar, warum es vollkommen überflüssig ist, „KXM“ zu beschreiben, denn dieses Trio steht für sich selbst. Gemäss dem Motto aus dem Song „Love“: „If you're gonna do it, do it right, cause this could be the last day of your life“.
URIAH HEEP Outsider Frontiers / MV mv. 45 unglaubliche Jahre gibt es diese Hard Rock Giganten nun schon, eine Zahl die für junge Fans wohl kaum zu fassen ist. „Outsider“ ist dann auch das bereits 24. Album von Uriah Heep und nach dem ersten Durchhören ist sofort klar, dass die alten Herren einfach nicht zu stoppen sind. Uriah Heep kosten ihren x-ten Frühling in vollen Zügen aus und werden dabei anscheinend weder müde noch verlieren sie ihre grosse Kreativität. Schon die letzten Scheiben "Wake The Sleeper" (2008) und "Into The
Hard/Heavy/Metal REVIEWS Wild" (2011) waren ganz grosse Klasse und „Outsider“ setzt da nahtlos an. Nur schon der Opener „Speed Of Sound“ lässt die Kinnlade runterfallen. Der Song transportiert einfach perfekt die 70er Jahre Musik mit frischem, modernen Sound in unser Jahrtausend. Dazu ist es auch ein hochkarätiger Hit und dürfte live sicher mächtig abgehen und problemlos neben den alten Klassikern bestehen. Auch das nachfolgende „One Minute“ ist hitverdächtig und gehört zusammen mit „Jessie“, „Looking At You“ und dem überragenden Titelsong zu den grossen Highlights der Platte. Nichts klingt hier altmodisch oder verstaubt und trotzdem ist die Band auch nicht zu modern. Ein Spagat, der nur bewundert werden kann. Da auch das Artwork einfach fantastisch geworden ist und der Sound höchsten Ansprüchen genügt, kann diese Ansammlung von Hardrock-Perlen nur wärmstens empfohlen werden.
BLACK TRIP Goin Under Steamhammer
mv. Und wieder eine neue Entdeckung aus Schweden, welche bald in aller Munde sein wird. Bei Black Trip sind aber keineswegs irgendwelche Grünschnäbel mit ihrem ersten Demo am Start, sondern es sind allesamt aus anderen Bands bekannte Musiker am Werk. Allen voran ex-Entombed/ex-Nifelheim Drummer Peter Stjärnvind, der sich hier als Gitarrist und Songschreiber betätigt. Dazu kommen Enforcer-Gitarrist Joseph Tholl, welcher als Sänger agiert und sein Bandkollege Jonas Wikstrand an den Drums sowie die beiden exNifelheim/ex-Necrophobic Herren Johan Bergebäck am Bass und Sebastian Ramstedt an der zweiten Gitarre. Wer jetzt aber an melodischen Death Metal denkt liegt komplett falsch. Black Trip spielen absolut authentischen RetroSound und „Goin' Under“ könnte locker als unveröffentlichtes NWoBHM-Album von 1978 durchgehen. Der Geist
der ganz alten Iron Maiden und Judas Priest ist hier durchgehend präsent, dazu kommen starke Einflüsse von Thin Lizzy und UFO. Fred Estby (Dismember) hat es dabei auch geschafft, einen entsprechend erdigen, super passenden Old-School-Sound zu produzieren, welcher die Authentizität nochmals erhöht. Das Wichtigste sind aber die Songs an sich, und mit Granaten wie „Radar“, „Voodoo Queen“, „Putting Out The Fire“, dem mächtigen Titelsong oder der „Phantom Of The Opera“-Verbeugung „No Tomorrow“ werden sich Black Trip mit Lichtgeschwindigkeit in die Herzen aller Iron Maiden-Fans dieser Welt spielen. Fantastische Twin-Leadgitarren treffen auf den stark an Paul Di'Anno erinnernden charismatischen Gesang von Joseph, so dass man während dem gesamten Album immer wieder in seligen „Iron Maiden“/„Killers“-Zeiten schwelgt. Einfach nur geil und am besten gleich auf Vinyl besorgen.
DEATH PENALTY Death Penalty Rise Above Records
lg. Gaz Jennings, der Gitarrist der 2013 aufgelösten englischen Doom-Legende Cathedral kommt mit "Death Penalty" bereits wieder um die Ecke. Die nach dem gleichnamigen Klassikeralbum von Witchfinder General benannte Band baut auf die massiven Riffs von Jennings auf und groovt ganz massiv (meistens im Midtempo-Bereich). Vom derzeit in diesem Bereich grassierenden SeventiesVirus sind Death Penalty glücklicherweise nicht befallen worden: Hier haben wir es mit eingängigem, Doom- und NWOBHM beinflussten Heavy Metal zu tun. Weitere Mitstreiter auf dieser sehr tollen Scheibe sind Michelle Nocon (v.) sowie Fredrik Cosemans der belgischen Doomern von Serpentcult. Anspieltipps: "Howling At The Throne Of Decadence" sowie "Children Of The Night".
Klassiker
FIFTH ANGEL Fifth Angel Epic mv. 1986 war mit Sicherheit eines der besten Jahre für die Metalzsene überhaupt. Die Anzahl der veröffentlichten Klassikeralben aus diesem Jahr ist Legion. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Und eben in diesem Jahr tauchte auch die amerikanische Band Fifth Angel mit ihrem überragenden selbstbetitelten DebutAlbum in der Szene auf und bot darauf neun erhabene Metal-Hymnen für die Ewigkeit. Dabei schafften es die Herren aus Seattle spielend, traumhafte teils kommerzielle Melodien mit der nötigen Härte zu verbinden ohne jemals zu weich oder kitschig zu klingen. Das treibende „In The Fallout“ eröffnet das Album perfekt und glänzt mit fantastischen Gitarrenmelodien des kongenialen Duos Ed Archer und James Byrd. Das etwas kommerzielle „Shout It Out“ setzt den Reigen fort und bereits beim dritten Song, dem epischen „Call Out The Warning“, ist klar dass hier ein Klassiker des melodischen Metals auf dem Plattenteller liegt. Die majestätische Bandhymne
„Fifth Angel“ sowie das balladeske, sich endlos steigernde Album-Highlight „Wings Of Destiny“ bestätigen dies nochmals mit Nachdruck. Drum-Legende Ken Mary (u.a. Alice Cooper, House Of Lords, Chastain) sorgte hier übrigens für den entsprechend hartpräzisen Groove, während Ausnahmesänger Ted Pilot mit seinem kraftvollen und leidenschaftlichen Gesang die Songs glänzend veredelte. Mit dem Stampfer „Cry Out The Fools“, welcher ebenfalls einen unfassbar guten Ohrwurm-Refrain aufweist, sowie dem finalen GänsehautKracher „Fade To Flames“ endet ein Album, welches von Terry Date (u.a. Metal Church, Overkill, Pantera) eine zum Glück auch entsprechend würdige Produktion erhielt. 1989 erschien mit „Time Will Tell“ noch ein ebenbürtiger Nachschlag, bevor sich die Formation leider auflöste. Warum der kommerzielle Durchbruch trotz solcher Qualität nicht erfolgte bleibt ein Rätsel in der MetalHistory…
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REVIEWS Hard/Heavy/Metal ACE FREHLEY Space Invader Steamhammer/SPV
UNISONIC
Light Of Dawn Ear Music / Phonag mv. Unisonic müssen sicher niemandem mehr vorgestellt werden, denn nach dem super Debut Album von 2012 war klar, dass die exHelloween Recken Kai Hansen (Gitarre) und Michael Kiske (Gesang) mehr als nur eine neue Supergroup am Start haben. Unisonic ist eine echte Band mit mehreren begnadeten Songwritern und Musikern, in der es einfach harmoniert und der Spass an der Musik im Vordergrund steht. Und mit „Light Of Dawn“ hat die Band nun einen zukünftigen Klassiker an den Start gebracht. Das Album ist für alle Fans der „Keeper Of The Seven Keys“Alben von Helloween einfach die lang erwartete Offenbarung. Im Gegensatz zu einstigen Ausnahmesängern wie Rob Halford lässt die Stimme Kiskes mit zunehmendem Alter einfach nicht nach. Der Mann klingt nach wie vor wie 20 Jahre jung und singt hier eine Killer-Melodie nach der anderen, es ist kaum zu glauben. Und Kai Hansen sowie seine genialen Sidekicks Mandy Meyer (Gotthard, Krokus) und Dennis Ward (Pink Cream 69) haben hier ein Gourmet an melodischen Hammersongs hervorgezaubert. Härtemässig hat man auch noch mal einen Zacken zugelegt, so sind Uptempo-Granaten wie „Your Time Has Come“, „For The Kingdom“ oder „Find Shelter“ locker im Bereich der alten Helloween Scheiben mit Kiske. Dazu kommen einige ruhigere Nummern wie „When The Deed Is Done“ oder „Blood“, welche mit wunderschönen Melodien begeistern und natürlich dürfen auch ein paar bärenstarke Rocksongs nicht fehlen („Exceptional“, „Manhunter“ oder „Throne of The Dawn“). Das ganze Album versprüht tonnenweise Spielfreude und gute Laune und wird für Kiske/Hansen-Fans definitiv das Highlight des Jahres.
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mv. Nach einiger PresseSchlammschla cht mit seinen Ex-Kiss-Kollegen Paul Stanley und Gene Simmons im Zuge der Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame lässt der ehemalige Gitarrist der Superstars nun endlich wieder die Musik sprechen. Das letzte Solo-Album "Anomaly" ist ja auch bereits wieder fünf Jahre her. Und Ace hat das rocken definitiv nicht verlernt. Das neue Album „Space Invader“ bietet mal wieder viel Rock'n'Roll, dazu grosser amerikanischer Stadionrock und vor allem eine sehr feine Gitarrenarbeit (viele Songs werden durch wirklich tolle Gitarrensoli aufgewertet). Der Albumtitel passt auf jeden Fall auch wie die berühmte Faust aufs Auge und ist geschickt gewählt worden. Highlights sind der knackige Titelsong mit seinem fetten Chorus, der lässige good-time Rocker „Gimme A Feelin'“, das nach Stadion schreiende „Inside The Vortex“, das leicht balladeske „Past The Milky Way“ sowie das abschliessende flashige Intrumental „Starship“. Dazu gibt es eine sehr gute Produktion, ein schön aufgemachtes Artwork und eine lässigcoole Coverversion von Steve Miller's Klassiker "The Joker". Auch wenn Ace mit diesem Album das Rad sicher nicht neu erfindet, Kiss-Fans werden begeistert sein und Hard Rocker können mit „Space Invader“ ganz sicher auch nichts falsch machen.
CRUCIFIED BARBARA In The Red Despotz Records mv. Die vier hübschen Schwedinnen sind mit “In The Red” auch schon mit ihrem Album Nummer 4 am Start. Nach einigen sehr erfolgreichen Tourneen mit grossen Bands wie Motörhead oder W.A.S.P. konnte die Energie und Live-Power der Mädels nun geballt auf Tonträger festgehalten werden. Denn im Gegensatz zu anderen All-Girl-Bands sehen Crucified Barbara nicht nur hübsch aus, sie überzeugen auch musikalisch mit einem explosiven Mix aus Rock'n'Roll und Heavy Metal. Eine grosse Portion Motörhead, dazu viel Girlschool, etwas Skew Siskin und dank dem rauhen charismatischen Gesang von Frontröhre Mia Coldheart auch ganz viel Warlock/Doro, so in etwa kann man die Band umschreiben und den potentiellen Fans schmackhaft
machen. Mit „In The Red“ hat man in Sachen Songwriting dann auch nochmal eine Steigerung gegenüber dem schon tollen Vorgänger „The Midnight Chase“ hinbekommen. Die Melodien sind noch etwas zwingender geworden, die Riffs von rotzig bis metallisch hart abwechslungsreicher denn je und viele Refrains haben durchaus Hitpotential und dürften live auf der Bühne für Begeisterung sorgen. Anspieltipps sind „The Ghost Inside“, „Electric Sky“und „To Kill A Man“, zu dem auch ein Videoclip vorab veröffentlicht wurde. Sehr geile Scheibe, die einfach Spass macht und bestens geeignet ist für SommerabendPartys.
ZODIAC Sonic Child Napalm / Universal lg. Hört man Zodiac, ist man sich sicher, hier einer amerikanischen Band zu lauschen. Doch dem ist nicht so, denn Zodiac kommen aus Münster in Nordrhein-Westfalen. Erst 2010 gegründet und im Rahmen des Retro-Hard-Rock Booms recht gut gestartet, präsentieren Zodiac mit "Sonic Child" bereits den vierten Release (nach zwei Alben und einer EP). Diese guten bisherigen Releases, sowie sehr fleissiges Touren (u.a. mit Audrey Horne, Grand Magus und Spiritual Beggars) halfen der Band um Gitarrist Stefan Gall und Schlagzeuger Janosch Rathmer (auch bei Long Distance Calling aktiv), sich einen Namen zu machen. "Sonic Child" beginnt schon mit dem Intro "Who I Am" sehr einlullend und nimmt den Hörer sofort mit. Mit "Swinging On The Run" geht es dann in altbewährter Manier schön bluesighardrockig los. Sänger Nick Van Delft drückt der Band mit seinem unverkennbaren Organ einen eigenen Stempel auf. Die weiteren Tracks folgen der bekannten Marschrichtung, mal recht rockig (ZZ Top und Led Zeppelin lassen grüssen, z.B. "Out Of The City"), dann wieder sehr melancholisch und balladesk ("Sad Song"). In den Songs sind immer auch ruhige, etwas spacige Parts enthalten, die dem Sound genügend Tiefe verleihen. Die beiden Highlights sind die beiden längsten Songs "A Penny And A Dead Horse" sowie "Rock Bottom Blues" die alle Ingredienzen des Zodiac'schen Musikspektrums beinhalten. Live gibt es Zodiac aus den Sümpfen des feucht-heissen Münsterland am 26. September 2014 im Kiff in Aarau zu sehen.
macht reinen Tisch „Tabula Rasa“ ist der dritte Output von MAXXWELL. „Make it or break it“-Album? Die fünf Herren interessiert das herzlich wenig. Schlussendlich treibt sie in erster Linie die Liebe zur Musik an.
MAXXWELL ist eine äusserst umtriebige Band, die an jeder sich bietenden Steckdose spielt und dementsprechend einen vorzüglichen Ruf als Livekapelle geniesst. Bedächtiges Schweizer Musikschaffen? Bei den fünf Musikern Fehlanzeige, das bisherige Schaffen spricht für sich. Über 80 Konzerte im Inund Ausland hat die Truppe bereits abgerissen, der Song „Outlaw“ schaffte es sogar auf die „Rock Band“-Spielreihe. Auch die äusserst aufwendigen Videoclips, welche die Band jeweils produziert, wurden schon zehntausendfach auf YouTube angeklickt. Dass es die Truppe nicht nur musikalisch faustdick hinter den Ohren hat, bewies das Quintett als es bei der TVShow „5 gegen 5“ doch tatsächlich den Jackpot knackte und mit dem Hauptgewinn von dannen zog. Dieser wurde natürlich umgehend in MAXXWELL und einen Bandbus investiert. Vor knapp eineinhalb Jahren trennte sich die Band überraschend von ihrem damaligen Sänger, um nur einen Monat später für sechs Shows mit Ersatzmann Andy Portmann die deutschen Bühnenbretter unsicher zu machen. Ein Rückschlag für die sehr aktive Band, welche bereits diverse Europa-Tourneen (unter anderem im Vorprogramm vom German Tank U.D.O. Dirkschneider) gespielt hat, die Schweiz unablässig beackert sowie für den deutschen Eishockey-Verein EHC Freiburg die Stadionhymne komponiert hat. Diese läuft übrigens bei jedem Heimspiel der Mannschaft und die fünf Überzeugungstäter sind auch selber immer wieder im Stadion anzutreffen. Nach knapp einjähriger Suche konnte die Band mit Gilberto „Gilbi“ Meléndez den neuen Frontmann präsentieren, welcher auch gleich ins kalte Wasser geworfen wurde. MAXXWELL waren
nämlich nicht untätig und haben während der „Wartepause“ gleich mal das neue Album eingespielt – nur halt einfach ohne denn passenden Mann am Mikro. „Tabula Rasa“ heisst das neue Werk und überzeugt auf der ganzen Linie. Nicht nur hat Gilbi einen superben Job abgeliefert, auch die Band lässt sich nicht lumpen und legt zwölf Songs vor, die das bisherige Schaffen ganz klar in den Schatten stellen. MAXXWELL haben sich quasi neu erfunden und musikalisch massiv zugelegt. Abwechslungsreichtum, Härte, eingängige Melodien und viel Dynamik sind die Mixtur für dieses sehr starke Stück Musik. Songs wie „Fuck It!“ oder „Fallin' Down“ treiben den Adrenalinspiegel hoch, während dem „Gone Forever“ oder „Never Let You Go“ zwar balladesk, aber dennoch mit dem notwendigen Punsch inne halten lassen. Dazwischen gibt es durchaus Momente, in denen sich die Band bei den alten Zutaten bedient, genannt seien diesbezüglich „Partykings“ oder auch „Man Of Steel“. Mit „Nothing Changes My Mind“ servieren MAXXWELL einen veritablen Hit, der sofort in den Gehörgängen stecken bleibt und sich dort gemütlich einnistet. Bei „Backstabber“ gibt's sogar ein Feature mit dem HipHoper „Polemikk“ und siehe da: das Ganze funktioniert wunderbar und bildet ebenfalls ein Highlight von „Tabula Rasa“. Zum Abschluss des Albums lässt sich „Run Or Hide“ geniessen wie ein gut gelagerter Wein. Wenn man überhaupt vom entscheidenden dritten Album spricht, dann hat diese Truppe alles richtig gemacht. Flucht nach vorne, keine stilistischen Scheuklappen und die pure Freude am Rock n' Roll. Sehr empfehlenswert, sehr sympathisch, sehr, sehr gut.
hug. «Origins» heisst das neue Album der überaus erfolgreichen Pagan-Metaller Eluveitie, und es ist leichter zugänglich als seine Vorgänger. Aber da ist sich Chrigel Glanzmann, Gründer, Songschreiber und Kopf der Band, nicht so sicher. Eine Bilanz nach einer Welttournee und dem Swiss Music Award.
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Eluveitie ist im Verlauf der letzten Alben stetig härter und komplexer geworden – euer neues Album «Origins» hört sich im Vergleich zu eurem letzten Album «Helvetios» einiges zugänglicher an. Wie kam das? Chrigel Glanzmann: Das habe ich inzwischen schon einige Male gehört, aber lustigerweise empfinden wir das selber überhaupt nicht so. Warum? Weil wir an «Origins» genau gleich herangegangen sind wie bei allen anderen Alben bisher. Nämlich? Bevor ich anfange, Songs zu schreiben, brauche ich zuerst eine Art Konzept, wie das fertige Album als Ganzes klingen soll, wie viele Songs dazu notwendig sein werden und welche Atmosphäre es haben soll. Immerhin: Was anders war als bei den bisherigen Alben, ist, dass wir vor den Aufnahmen den bisher längsten Konzertzyklus unserer Bandgeschichte absolvierten, nämlich eineinhalb Jahre. In dieser Zeit haben wir nichts anderes gemacht, als Konzerte gespielt. An dieser Erfahrung sind alle Eluveitie-Mitglieder musikalisch gewachsen, und das hat sich sicher auch im Songwriting niedergeschlagen. Deshalb ist «Origins» spieltechnisch gesehen auf einem sehr viel höheren Niveau als unsere früheren Alben, die Songs sind komplexer. Was ja der besseren Zugänglichkeit widersprechen würde... Ich habe beim Songwriting versucht, die höhere Komplexität nicht plakativ herauszustreichen, weil ich finde, dass Musik erst dann gut ist, wenn sie vor dem inneren Auge des Zuhörers Bilder hervorruft. Viele Auftritte wirken sich ja auch auf die Songs aus, wenn man als Band merkt, welche Ideen live gut funktionieren und welche weniger. Vielleicht spielt dieser Umstand bei der Entstehung von «Origins» eine Rolle. Das ist zwar durchaus so, aber das ist natürlich eine Gratwanderung zwischen Publikums-Bedienung und Eigenständigkeit. Und was wo warum funktioniert oder nicht, das ist nicht vorhersehbar, weil in verschiedenen Ländern das Publikum verschieden reagiert. Deshalb fährt man besser, wenn man bei sich bleibt. Oft sind wir uns sogar innerhalb der Band uneinig darüber, was jetzt gut angekommen ist und was nicht. Immerhin: Sogar innerhalb der Pagan-Metal-Szene habt ihr eine extrem hohe Eigenständigkeit erreicht, kaum eine andere Band kombiniert Tempo, Härte und Folk so konsequent wie ihr. Wie kommt das? Das war immer unsere Absicht. Und das rührt hauptsächlich daher, dass wir nie eine Pagan-Metal-Band sein wollten, auch wenn wir per Definition in diese Abteilung gehören. Aber die Sache ist: Ich spiele schon seit meiner ersten Band Sacre 1991 Death Metal, ich verstehe mich bis heute als Death-Metaller. Aber weil ich Folkmusic genauso liebe, habe ich beschlossen, Wege zu finden, wie man diese beiden Stile zusammenbringen kann – und Eluveitie gegründet. Der PaganBoom kam erst später. Und obwohl wir davon durchaus profitieren konnten, versteht sich Eluveitie bis heute als Death-Metal-Band. Hast du denn selber Vorbilder? The Bothy Band ist mein absolutes Alltime-Vorbild. Deren Dudelsackspieler ist mein ewiger Held. Wir sind eine Death-MetalBand. Aber wir sind genauso eine traditionelle Folk-Band, wie die extrem schnelle Bothy Band eine ist. Wir spielen einfach beides gleichzeitig. Einige Eluveitie-Musiker sind nebenbei in verschiedenen Folkund Ländler-Projekten engagiert, allen voran Anna Murphy bei Fräkmündt und mit ihrem Soloprojekt. Wie wichtig sind diese «Nebenjobs» für die Band? Das zeigt, dass wir alle musikalisch sehr offen sind – mir zum Beispiel gefällt das neue Album von Eminem sehr gut... Aber eigentlich haben die Nebenprojekte überhaupt keinen Einfluss auf die Band. Wir haben ja auch kaum Zeit dafür. Wenn wir grad beim Thema sind: Planst du selber ein Soloalbum? Die Songs dazu sind sogar schon fertig! Schon seit vier Jahren! Aber ich bin bis heute nicht dazu gekommen, die Songs aufzunehmen... Das Projekt heisst übrigens Luathan. Auf der Tournee mit «Helvetios» habt ihr von Januar 2012 bis September 2013 sagenhafte 400 Konzerte auf der ganzen Welt gespielt, von Brasilien und China über Kanada und den USA bis Argentinien und Russland. Deshalb kann man mit Fug und Recht behaupten, dass ihr der zurzeit erfolgreichste Musikexport der Schweiz seid. Stolz? Es gibt noch viele Länder, in denen wir noch nicht gespielt haben, aber natürlich: Das ist grossartig. Zumal ihr diese Leistung mit sehr spezieller Special-Interest-
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Musik geschafft habt. Bisher waren Schweizer Exporte eher Popmusik wie Yello, Stephan Eicher und DJ Bobo. Genau! Wir haben das jetzt geändert (lacht). Und jetzt habt ihr auch noch den Swiss Music Award gekriegt... (lacht schon wieder) Das ist eine Anerkennung, die wir gerne so zur Kenntnis nehmen. Der grüne Klotz dient jetzt als Buchstütze in meinem Wohnzimmer. Insgeheim habe ich mich aber spitzbübisch darüber gefreut, einen so kommerziellen Preis mit so extremer Musik abgeräumt zu haben. Das habe ich auch an der Dankesrede gesagt: Diesen Peis haben wir nicht für uns als Band gewonnen, sondern für den Metal und die Metal-Communitiy. Zurück zu «Origins»: Ihr seid auf der Höhe eures Schaffens. Wie könnt ihr euch weiterentwickeln? Keine Ahnung. Darüber mache ich mir keinerlei Gedanken. Habe ich noch nie. Musik zu schreiben, ist ein organischer, intuitiver Prozess, da haben rationale Gedanken keinen Platz. Meines Erachtens gibt es keinen anderen Weg, an die Zukunft heranzugehen. Vielleicht stürzt ja in zwei Wochen das Flugzeug ab, mit dem wir zu einem Konzert fliegen, dann sind wir alle tot... Was solls also... Viele Bands lassen ihre Tracks remixen und eröffnen sich so ein elektronisches Umfeld. Ist das eine Option für euch? Nein. Auf diese Idee ist bisher noch niemand gekommen. Steht ihr umgekehrt unter Erfolgsdruck? Nein. Aus demselben Grund wie bei der Zukunfts-Frage. Letzte Frage: Auf der Bonusdisc zu «Origins» spielt ihr den Song «The Call Of The Mountains» vier Mal in je einer unserer Landessprachen. Macht ihr jetzt Bliggs «Mundart» auf Metal? (Lacht) Nichts gegen Bligg, der ist wirklich cool... Da sind wir einer Meinung... Einerseits ist der Song in vier Sprachvarianten eine Liebeserklärung an unsere Schweizer Fans und an die Schweiz, hauptsächlich ist es aber ein Just-for-Fun-Ding. Wir hatten die Idee schon bei «Helvetios», kamen dann aber nicht dazu, die Songs einzuspielen. Jetzt haben wirs geschafft, und es ist toll, einen unserer Songs mal auf Schweizerdeutsch zu singen.
LIVE
ELUVEITIE IN EXTREMO 27. Dezember 2014 Wetzikon, Eishalle
ELUVEITIE Origins Nuclear Blast/Warner hug. Dafür darf die Grosskombo aus Luzern/Zürich erstmal überschwenglich gelobt werden: 400 Konzerte in 21 Monaten, verteilt auf vier Kontinente! Die Welttournee zum letzten Album «Helvetios» ist eine grossartige Leistung, das ist ein formidabler Schweizer Musikexport, und das auch noch mit einer ziemlich anspruchsvollen Special-Interest-Musik. Gut gemacht! Die vielen Auftritte und das Touren haben sich sowohl auf die Band als auch auf deren Musik ausgewirkt: Obwohl «Origins» spieltechnisch komplexer geworden ist, sind die Songs einfacher zugänglich, weil sie weniger beladen wirken und der Folk-Anteil klarer in den Vordergrund gerückt ist. Was aber bleibt: Druck, Power, Tempo. Und das ist wunderbar so! Als Zugabe hat die Band den Song «Call Of The Mountains» in allen vier Landessprachen eingesungen als kleines Dankeschön für die treuen Schweizer Fans und als Bekenntnis zur Heimat. Entsprechend erschien «Origins» am 1. August. Wird die Tour zu diesem Album noch länger? Zu wünschen wäre es Eluveitie. Japan (war zur «Helvetios»-Tour nicht auf der Liste) ist jedenfalls inzwischen ebenfalls live beglückt worden.
THE DARK CIRCUS ist das Festival für Goth- und Metal-Freaks. Echte Dark-Bands spielen hier auf – mit düsteren, synthetischen Klängen, brachialen Gitarren und tanzbaren, fetten Beats.
BÖLZER Soma Invictus Productions lg. Das Duo aus der Region Zürich, das unter den Pseudonymen KzR und HzR agiert, schlägt mit "Soma" nach der letztjährigen EP "Aura" wieder in gleicher Form zu. Auf vorliegender EP finden sich zwei grossartige Songs, das kurze "Steppes" sowie der überlange Songs "Labyrinthian Graves", der wie der Opener im atmosphärischen Death-/Black-Metal Bereich älterer Schule anzusiedeln ist, aber mit einem wirklich famosen Outro aufwarten kann, welches an Ambient-Grosstaten von Burzum erinnert. Sehr beindruckend. Man darf sich auf das geplante erste full-length Album von Bölzer freuen. Buy or die!
COMBINEHARVESTER Brikks Irascible rp Für die, welche es interessiert. Combineharvester ist Englisch und heisst Mähdrescher (zusammengeschrieben). Für alle, die dies nicht interessiert, ist das Basler Trio um Sänger und Songwriter Marlon McNeill eine ruppige, experimentelle Indie- und Noiserockband mit Hang zu extensiven Soundwänden (mit viel, ich betone viel Gitarre). Mähdrescher passt da eigentlich nicht schlecht. Im Auftakt zu ihrem nunmehr vierten Album «Brikks» hört sich das folgendermassen an: Feedback, Lärm, Flimmern. Dann eine gespenstige Stimme aus der Tiefe, die immer mehr von einer Melange aus treibendem Schlagzeug und Gitarre überlagert wird. Die Stimme verfestigt sich und vereint sich immer mehr mit der Musik. Bis diese sich über die Stimme erhebt und wie ein Sturm alles zu deckt. In Song Nummer 2 drücken Stimme und Instrumente von Anfang mit knarzigem Noiserock gegen den geneigten (oder entsetzten Hörer). Kein Entkommen. Am Gesang meint man Johnny Lydon (PIL) zu hören. Musikalisch sind es eher Flipper, Liars, die Melvins, Silver Apples und The Jesus and Mary Chain. Also nichts für schwache Ohren. (Un)wohl dosierte Lärmattacken gibt es auch in den restlichen Songs. Wobei Combineharvester durchaus zu differenzieren wissen, wie Songs wie «Shiny» und «Two Eyes» belegen.
Als Headliner führen die Zürcher Darkrocker STONEMAN mit ihrer wuchtigen und prägnanten Bühnenshow das Billing an. Die Band hat gerade mit ihrem aktuellen Album „Goldmarie“ die deutschen DAC-Charts gestürmt: sind sie doch direkt von Null auf Platz 4 eingestiegen! Dabei sind ebenfalls die Label-Kollegen von Stoneman: Die Electro Rocker METALLSPÜRHUNDE kommen gerade von ihrer „Umbra et Imago“-Tour aus Deutschland zurück und freuen sich auf Schweizer Bühnen. Dunkle, energiegeladene Sounds liefern die deutschen THE PUSSYBATS. Das neue Album „PussyPussyBangBang“ der vierköpfigen Band aus Stuttgart wurde bereits versilbert. Mit ihrem eigenen Stil aus Rock, Gefühl und Melancholie verpacken THE PUSSYBATS Klangexperimente in Erlebniswelten. Für ausgesuchte Konservensounds Herr ist der Goth und Metal DJ CURSED MIND angekündigt. So kann es also nur heissen: Hereinspaziert, hereinspaziert! Betreten der Manege auf eigene Gefahr. Infos unter: www.36zwei.ch
17.9. Zürich, Alte Kaserne 18.9. Aarau, Flösserplatz 19.9. Einsiedeln, Zieglei 20.9. Gams, S-Event
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R-A-M-S Geprügelte Hunde tanzen nicht hh. The Bucks, die Schweizer Punkrock-Institution, ist Geschichte und ein neues Kapitel wird es nicht mehr geben - aus Respekt seinem Freund Päde Scherrer gegenüber, der als Gründungsmitglied vor gut zwei Jahren krankheitsbedingt seinen Drum-Hocker bei den Zürcher Rockern verliess. „Ohne Päde keine Bucks“, sagte Bandchef Rams. Aber Rams ohne Rock'n'Roll geht genauso wenig. Und so gibt es jetzt unter seinem eigenen Namen ein Trio, das das Erbe der Bucks verwaltet ohne in Nostalgie zu ersaufen. Zum Release des neuen Albums „Beaten Up Dogs Don't Dance“ sprach TRACKS mit Rams.
In den 80ern gab es das Projekt RAMS ja schon mal. Ja, drei LPs kamen dabei heraus und der Erfolg der Band, in der ich nur als Sänger aktiv war, übertraf den der Bucks auf ganzer Linie. Die Ballade „Goin' In All The Gears“ war Dauerbrenner im Radio und sorgte für neue Fans. Wir hatten plötzlich auch viel mehr Girls im Publikum. Aber als die Band dann wieder zum Trio schrumpfte, hatten wir uns gedacht, dann können wir das Ganze auch wieder in The Bucks umtaufen. Fühlst du dich mit R-A-M-S musikalisch freier als mit The Bucks? Ja, das ist genau so! Ich habe jetzt alle Freiheiten. Wenn ich zum Beispiel Strings haben möchte, dann mache ich das. Aber trotzdem geht man ja immer in die Richtung, wo es einem am Wohlsten ist und man macht das, was Spass macht. Und deshalb ist R-A-M-S ähnlich wie The Bucks. Ich mag den einfachen, direkten 4/4 Rock. Aber bei den Bucks waren die Grenzen schon enger gesteckt. Ich wollte den Bucks-Fans auch nicht ein Album mit Strings oder so etwas antun. Das hätte sie wohl enttäuscht. R-A-M-S ist da offener, obwohl so weit weg von den Bucks sind wir ja musikalisch nicht. Wer spielt bei R-A-M-S? Gitarrist Philip Zeman und ich sind von den Bucks übrig geblieben und wir hatten sehr starkes Interesse, wieder als Trio zu arbeiten. Als Drummer ist Pidi Leuenberger dazugekommen. Der hat früher bei Hellmute getrommelt. Wenn man die neuen Songs hört, muss man sagen, dass du mit Pidi einen echten Glücksgriff gemacht hast. Das freut mich zu hören. Ja, er ist mehr oder weniger durch einen glücklichen Zufall hinzugekommen. Aber er ist genau der Drummer, den ich gesucht habe, auch weil es menschlich sehr gut harmoniert. Mit Pidi ist der Sound insgesamt offener geworden. Und im Studio ist er auch verdammt gut, er hat ein sehr gutes Timing. Es gibt ja Drummer, die sind live sehr gut, kriegen es aber im Studio nicht so hin. Hast du alle Songs des neuen Albums selbst geschrieben? Ja. Ich gehe dann mit den Songs in den Proberaum, erkläre den Jungs, wie ich mir die zusammen mit der Band vorstelle und dann machen wir die. Es sind aber auch drei, vier Songs auf der Platte, die bei einem Jam entstanden sind. Wir nehmen die Proben auf und ich höre mir das dann später zu Hause an. Und manchmal finde ich, dass das eine oder andere Riff geil ist. Dann schreibe ich eine Bridge und einen Refrain dazu und der Song steht. Das heisst, die Songs sind fertig eingeübt bevor ihr ins Studio geht. Ja, die Songs stehen. Wir spielen alles live ein. Das heisst, die Basis. Danach gibt es natürlich noch Overdubs, Gesang und
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Gitarren. Aber der generelle Boden wird zusammen live eingespielt. Und wir haben festgestellt, wenn wir Songs vorher schon live gespielt habe, dann ist das viel geiler, die aufzunehmen. Und es geht auch viel schneller, deshalb haben es auch 16 Songs auf die Platte geschafft. ( Anm. d. Red.: 12 Songs sind auf der Vinyl-LP, die CD enthält 4 zusätzliche Bonus-Tracks). Die meisten Song sind First-Takes, also direkt beim ersten Mal aufgenommen. Die anderen Songs haben wir vielleicht zwei oder drei Mal gespielt, bevor sie im Kasten waren. Das ging alles sehr easy! Lässt du dir bei den Aufnahmen reinreden oder hast du eine feste Vorstellung, die dann auch so durchgezogen wird? Ja, ich tu so als ob ich mir reinreden lassen würde(lacht). Aber ich weiss, was ich will und eigentlich wird das auch so gemacht. Aber wir sind ja basisdemokratisch und es passiert auch, dass ich von den anderen überstimmt werde. Da lasse ich mich dann auch überzeugen. Wir würdest du die Musik von R-A-M-S nennen? Ist das immer noch Punk? (überlegt eine Zeit) Das ist eigentlich am schwierigsten zu beantworten. Ich würde schon sagen, es ist noch Punk. Aber es ist Punk-Attitude! Wir spielen schon offener, aber das ist auch so gewollt. Der letzte Song auf dem Album, zum Beispiel, ist über 7 Minuten lang und hat ein Blues-Schema. Das ist natürlich nicht Punk, sondern geht eher Richtung Classicrock. Aber wir hatten viel Spass, den zu spielen. Die Punk-Attitude wird auf jeden Fall in den Texten hörbar. Ich verwende viel mehr Zeit aufs texten als aufs komponieren. Der Text muss ja auch zur Musik passen und klingen. Ich finde, dass ein Punksänger eine eigene Art hat zu artikulieren. Das ist ein stilistisches Mittel. Rams als Typ und Musiker wird auf jeden Fall mit dem Begriff Punk verbunden. Schränkt euch das nicht zu sehr ein?
Das ist schon so. Darüber haben wir auch schon in der Band diskutiert. Einerseits schränkt dich das ein, gibt dir Grenzen. Andererseits kann man ja auch froh sein, dass es Schubladen gibt. Wenn du alle Schubladen öffnest, dann hast du da Metal, dort Death Metal und alle möglichen andere Genres. Und da passen wir schon mal gar nicht rein. Am ehesten dann in die Punk-Schublade. Ich würde Rams in die RocknRollSchublade packen. Ja, sicher, da hast du wohl recht. Ich habe ja nie nach kommerziellen Vorgaben gearbeitet, immer nur die Musik gemacht, die mir Spass gemacht hat. Und diesen klassischen Punk mit 180 Beats per Minute, den mag ich nicht so sehr. Ich habe viel lieber den MidtempoRhythmus. Aber das hatten wir auch bei den Bucks schon immer so gemacht. Nun ist das neue Album da. Wie gehts jetzt weiter? So wie immer? Promo machen und Gigs spielen? Ja, genau. Mit Gigs sieht es nicht schlecht aus. Wie viel da zusammenkommt, weiss ich noch nicht. Wir sind zufrieden, wenn wir spielen können. Würde es dir gefallen, mit der Band noch mal richtig auf Tour zu gehen, auch im Ausland, so wochenlang unterwegs sein? Oder hast du dazu keine Lust mehr? Ich hatte über die Jahre nicht mehr so den Bock darauf. Aber jetzt mit dieser Band würde ich das schon machen, weil ich mich mit und in der Band wohlfühle. Aber monatelang auf Tour zu sein wird schwierig, weil die Jungs ja alle noch einen Job haben.
R-A-M-S
hh. Rams ist reifer geworden ohne
Beaten Up Dogs Don't Dance seine Punk-Roots zu verleugnen. Lux Noise / Nonstop
„Beaten Up Dogs Don't Dance“ ist handfester Riff-RocknRoll von A-Z. Das Trio bestehend aus Rams (voc,bs), Philip Zeman (gtr) und Pidi Leuenberger (dr) lässt es amtlich krachen und spielt sich homogen, energisch und dynamisch durch die 12 Songs (in der CD-Version gibt es noch 4 Bonus-Tracks). Spätestens mit dem ersten Einsatz des Gesangs ist klar, wer hier am Werke ist. Rams hat eine überaus markante Stimme mit höchstem Wiedererkennungswert. Auch musikalisch bleibt sich der Frontmann treu, nur eben, wie erwähnt, er ist reifer geworden. Der plakative, den Sound beherrschende Zorn früherer Bucks-Platten ist zugunsten ausgefeilterer Arrangements und grösserer Musikalität vermindert, obwohl Rams unterschwellig immer noch eine gehörige Portion Aggression transportiert. Aber das ist hörbar gesund und verleiht den Songs einen eigenen, authentischen Charakter. Auch wenn man sagen kann, dass dieses Album eine logische Fortsetzung des (zumindest) letzten Bucks-Albums „More Is More“ ist, ist deutlich hörbar, dass Rams als Songschreiber eine gesunde Weiterentwicklung durchgemacht hat. Es gibt praktisch keine Schwachstellen auf dem Album, jeder Track hat Rasse und Klasse und selbst langsamere Titel wie „Ain't Good Enough…“ passen sich nahtlos in die Trackliste ein. Neuzugang Pidi (ex-Hellmute) an den Kesseln ist ein echter Glücksgriff, ein würdiger Nachfolger von Päde Scherrer. Fazit: „Bad Dogs…“ ist ein tolles R'n'R-Album, definitv eins der besten in Rams' langjähriger Karriere und hat für jeden Rockfan jede Menge zu bieten. Hier den Begriff Punkrock anzuwenden, würde dem Werk nicht gerecht – es geht weit über die eng gesteckten Grenzen des traditionellen Punks hinaus – es ist Rock'n'Roll pur mit tollen Songs – nicht mehr und nicht weniger!
Zum dritten Mal präsentiert die KUFA Lyss das «Rockabilly Festival». Nach den Erfolgen mit über 1000 Gästen in den Jahren 2012 und 2013 wird es auch dieses Jahr ein unvergessliches Erlebnis. «Stillstand heisst Rückschritt» – aus diesem Grund wird das Festival dieses Jahr Samstag und Sonntag stattfinden. Beim Rockabilly Festival stehen die 60ies im Vordergrund. In diesem Sinne gibt es auf dem KUFA Areal, welches kostenlos zugängig ist, eine Autoshow mit Oldtimern, US-Cars und ein reichhaltiges BBQ Angebot im wetterfesten Festzelt. Im KUFA Club werden die Tätowierer und Piercer ihre Körperkunst zum Besten geben. Der Markt vor der KUFA bietet von Kleidern und Schuhen über Motorräder bis hin zu Airbrush-Kunstwerken alles, was das Rockabilly-Szene-Herz begehrt. Für die richtige Musik durch den Tag sorgt die Band „King Louie Combo“, die im Zelt einer ihren seltenen Shows zum Besten geben wird. Ein grosses Highlight wird sicherlich auch der Jahrmarkt, welcher aus Attraktionen aus den 60er Jahren bestehen und somit bei Gross und Klein für Begeisterung sorgen wird. Neigt sich der Nachmittag langsam dem Ende zu, werden Konzerte mit den Rockabilly Urgesteinen „Restless“ aus England sowie den Noisy Boys und eine Rockabilly-Afterparty den Abend gebührend in der KUFA Halle abschliessen. Am Sonntag wird es einen, dem Anlass entsprechenden, Vintage-Flohmarkt, für den man sich
PASCAL GAMBONI Tiara Rtunes
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übrigens noch mit einem Stand anmelden kann, inklusive Live Musik von The Dead Beatz aus Österreich und allen anderen Attraktionen geben.
rp. Den Bündner Oberländer Pascal Gamboni zog es als jungen Mann hinaus in die Welt. Lange lebte er in Österreich, studierte dort Musik. Dann ging er für eine Weile nach England. Dort spielte mit seiner Band gar im Vorprogramm der Stranglers. Schliesslich kam er wieder zurück in die Schweiz. Nicht nach Sedrun, wo er 1977 geboren wurde, sondern nach Bern, wo seine Freundin studierte. Zurück in der Heimat berief er sich wieder auf seine Wurzeln. Er singt seine Lieder in rätoromanischer Sprache. Und arbeitet mit dem Schriftsteller Arno Camenisch zusammen, den er in Österreich kennengelernt hatte. Dies tut er auch auf seinem aktuellen Album «Tiara» (Kopfbedeckung der Herrscher, Papstkrone). Im Lied «CocaCola Wunderbar» vertont er einen von Camenisch's Texten. Aber zuerst ist da mal die Eröffnungsnummer «Mar Te Dormas», die eher repräsentativ für die Stimmung
des Album ist. Das Instrumental kriecht schleppend und schwer aus den Boxen. Ennio Morricone voran und gleich kommt Clint Eastwood um die Ecke. Oft ist die Stimmung auf «Tiara» nachdenklich, zuweilen bedrückend und wehmütig. Zu dieser Atmosphäre passt auch «Sen Esch Tgesa». Dieses Kirchenlied wird in Surselva gerne an Beerdigungen gespielt. Doch hat «Tiara» auch andere Facetten. «La Biala Co» ist ein beschwingter, ziemlich fröhlicher Folksong, wie auch das fast am Ende stehende «Adina». Und in «La Babilonia Olmatica» besingt er rhythmisch groovend und elektronisch unterstützt den Seelenlärm. «Tiara» ist aber eher ein Album für die nachdenklichen Stunden des Lebens. Das findet seinen Widerhall auch in den Texten, die übrigens in deutscher Übersetzung auf Gambonis Homepage zu finden sind.
hh. Am Anfang stand eine Konfirmation. Das war 1991. Thomas Mäusli, Pianist, und ein trommelnder Kollege von der Musikschule spielten an diesem Anlass ein paar Songs. Das machte Spass und so beschloss man zusammen mit einem Gitarristen regelmässig in den Proberaum zu gehen. Aus diesem Trio entstand ein paar Jahre später dann eine richtige Band, die auf den Namen Booze Blues getauft wurde, nach einiger Zeit wurde der Zusatz Blues im Bandnamen gestrichen. „Das sorgte für Irritationen bei den Veranstaltern und Fans, denn wir waren ja keine reine Bluesband“, erklärt Thomas. Das Repertoire war rockig, punkig und natürlich auch bluesig, gesungen wurde in Englisch. „Im Laufe der Zeit habe ich aber festgestellt, dass ich lieber in meiner Muttersprache singen möchte. Da kann ich mich viel besser ausdrücken“, erzählt Bandchef, Sänger, Pianist, Texter und Hauptsongschreiber Thomas. Ein guter Entschluss, sollte man meinen. Allerdings sind hier eher die Berner Musiker erfolgreich am Start. „Der Berner Dialekt eignet sich besser zum singen. Er ist runder und wärmer“, meint Thomas zum Problem, dass andere Schweizer „Mundarten“ in dieser Szene erfolgsmässig nicht an die Berner herankommen. Ein weiterer Grund dürfte sein, dass die Kinder bereits in der Schule mit dem Berner Dialekt in der Musik durch Manni Matter in Berührung kommen, das prägt! Aber seit Bligg mit seinen zürideutschen Texten den Durchbruch auf ganz breiter Ebene schaffte, hat sich die Einstellung der Mundart-Fans deutlich geändert. Somit stehen die Chancen für Booze nicht schlecht, denn Thomas hat in seinen gehaltvollen Texten durchaus etwas zu sagen. Obwohl alle Musiker nicht mehr an eine Profikarriere denken, haben sie den Ehrgeiz, mit ihren Songs grösstmögliche Qualität abzuliefern und diese auch auf ihren Platten widerzuspiegeln. Die finanziellen Aufwendungen für derartige professionelle Produktionen leisten sie sich gern. Auch wenn sie wissen, dass gerade heutzutage diese Investitionen schwer wieder hereinzubekommen sind. „Wir nehmen unsere Platten in erster Linie für unsere Fans und natürlich auch für uns selbst auf“, sagt Thomas. Und das funktioniert soweit ganz gut, denn im Zürcher Oberland kann Booze seit Jahren auf eine stattliche Fangemeinde zählen. „Wir verkaufen hier immer genug Platten, um die Produktionskosten wieder einzuspielen.“ Aufgenommen wurde „Inventur“ in Italien. „Wir sind mit der ganzen Band nach Venedig in das Studio eines befreundeten Musikers gefahren. Das ist ja auch so eine Art Urlaub“, lacht der Bandchef. Hier wurde in zehn Tagen das Album eingespielt, vorwiegend live. „Das haben wir so zum ersten Mal gemacht. Bislang ging es im Studio immer ein Instrument nach dem anderen – jetzt wollten wir das Live-Feeling endlich einmal einfangen.“ Das ist auf jeden Fall gelungen, die intensiven Proben vor der Produktion haben sich ausbezahlt (siehe CD-Review in dieser Ausgabe). Gleichwohl wird es schwierig, der Platte den angemessenen Erfolg zu geben. Denn Booze machen alles im Alleingang. Sie haben weder Plattenfirma noch Management und so ruht die grösste Last auf den breiten Schultern von Bandmotor Thomas Mäusli, der sich aber berufsbedingt auch nur in Randzeiten um das Projekt kümmern kann. So bleibt zu hoffen, dass Booze es schaffen, mit ihren überaus radiogeeigneten Songs auf die Playlisten der heimischen Sender zu kommen. Allerdings dürfte auch das eher schwierig werden, denn im Formatradio der privaten Sender ist kaum Platz für neue Schweizer Musik – es sei denn, sie ist schon erfolgreich. Und wie unser staatliches Radio mit nationalem Musikschaffen umgeht, davon können ja (bis auf wenige Ausnahmen, die meist nichts anderes als Alibi-Funktionen haben) praktisch alle unsere Musiker ein höchst ärgerliches Lied singen. Aber das ist ein anderes Thema! Auf jeden Fall lohnt es sich sehr, Booze zu entdecken. Das aktuelle Album „Inventur“ besorgt man sich unter http://booze.ch/inventur.
Grüsse aus Venedig
booze
Obwohl es die Zürcher Oberländer bereits seit zwanzig Jahren gibt, sind sie im Rest des Landes weitgehend unbekannt. Daran konnten ihre bislang sieben veröffentlichten Platten auch nichts ändern. Mit dem neuen Silberling „Inventur“ haben sie jedoch alle Qualitäten, um sich nun auf breiter Front in der heimischen Mundart-Rockszene durchzusetzen.
BOOZE Inventur Eigenvertrieb
hh. Der Trip nach Italien hat sich gelohnt, das Album kommt in feinem Sound aus den
Lautsprechern: warm und transparent. Elf Songs haben Platz gefunden, überwiegend im Midtempo-Bereich angesiedelt. Die Band spielt überaus songdienlich und präsentiert sich als homogene Einheit. Thomas Mäusli ist nicht nur ein guter Sänger, der es versteht Gefühle und Persönlichkeit zu transportieren, sondern auch ein hervorragender Texter. Er erinnert bisweilen an Wolf-
gang Niedecken (BAP), wie überhaupt das ganze Album jeden BAP-Fan erfreuen dürfte. Auch Vergleiche mit Züri West sind durchaus zulässig, nur, dass Mäusli der wesentlich bessere Sänger ist. Dass sich Booze jeweils Zeit für ein neues Album lassen, schlägt sich qualitativ hörbar nieder. Die Songs sind ausgereift, haben praktisch keine Schwachstellen. Somit gehört «Inventur» zum Besten, was es derzeit an Mundart-Pop zu hören gibt.
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THE KONINCKS Electric Brew Irascible
hh. Donnerwetter! Was für eine Stimme! Jules Herzog heisst die Dame und ist akustischer Mittelpunkt des Aargauer Trios The Konincks, das hier seine Debüt-EP vorlegt. Vier Songs in voller psychedelischer Bluesrock-Pracht, verwurzelt in der für diesen Sound glorreichen 60er/70er Ära. Und die Konincks liegen damit zeitlich genau richtig. Im Erfolgssog der Blues Pills dürften die Ohren der Konsumenten für diesen neuen, alten Sound weit offen sein. Und für ältere Semester seien als Referenzen damalige Grössen wie Cream, Peter Green's Fleetwood Mac oder Janis Joplin angeführt. Also ziemlich genau die gleichen Einflüsse, die auch die Blues Pills angeben. Mit Mike Wegmüller hat die Band ebenfalls einen herausragenden Gitarristen mit sehr viel Bluesgefühl im Line-Up, der sich songdienlich zurücknimmt und es nur dort richtig krachen lässt, wo es der Song erfordert. „Electric Brew“ ist ein hervorragender Einstieg ins Rampenlicht und gleichzeitig ein grosses Versprechen an die Zukunft. Denn wie bei einer jungen, neuen Band nicht anders zu erwarten, gibt es bei künftigen Werken hinsichtlich Produktion und Songwriting noch einiges herauszuholen. Das allerdings wird sich von selbst einstellen, hat die Truppe erst mal die nötige Live-Routine und Erfahrungen gesammelt. Da haben wir aber keine Angst, denn es steht bereits eine Europa-Tournee als Support für Ritchie Kotzen auf dem Plan, auf der sich das Trio sicher weiterentwickeln wird. Aber hier und heute bleibt auf jeden Fall ein erstaunlich geiler Einstand mit „Electric Brew“. Wir sind beeindruckt und begeistert.
ELIJAH Eat Ripe Fruit One Camp/TBA hug. Frisch und fröhlich präsentierte sich der Zürcher Reggae-Toaster Elijah auf seinem Debüt «Beweg di», das
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war 2007. Mit dem Album tourte er drei Jahre, dann löste sich seine Band Dubby Conquerers auf, und es wurde still und immer stiller um ihn, und schliesslich war er abgetaucht. Buchstäblich: Elijah war in Jamaica, hat sich dort umgesehen und Musik gemacht und kommt nun (endlich) mit seinem zweiten Longplayer zurück. Der ist nun grösstenteils in Englisch gesungen und wurde mit den lokalen Reggae-Helden Raging Fyah im Tuff-Gong-Studio (ja, das von Bob Marley) live eingespielt. Gute Voraussetzungen also. Aber in der Ausführung leider nicht mehr so frisch und erbaulich wie
din» des St. Gallers Philipp Albrecht augenblicklich zum Radiohit gemausert – und das zu recht: «Fründin» ist lustig, groovig und kompakt. Das überaus Erfreuliche ist nun, dass fast alle elf Tracks dieses Samplers lustig, groovig und kompakt sind. Was ja aber auch nicht anders zu erwarten war, denn neben Albrecht wirken hauptsächlich die gestandenen Stereo Luchs und Phenomden mit. Letzterer verzweifelt ob der Unfähigkeit seines Baristas, Stereo Luchs widmet dem Problembären M13 selig ein ganzes Lied. Der Rapper EKR ist ja mit seinem eigenen neuen Album grad so im Schuss mit Reggae und erscheint deshalb mit einem Gastauftritt, und Ronny Trettmann stellt sich vor. Sämtliche Tracks sind übrigens bisher unveröffentlicht. Muss man haben.
ZODER The Wonders Of Life
rp Tobias Soder hat bei The Voice Of Switzerland mitgemacht. Bitte trotzdem weiterlesen. Es lohnt sich. Der Bieler hat ja bekanntlich nicht gewonnen. Wahrscheinlich ist das gut so. Unter dem Pseudonym Zoder veröffentlicht er nun sein Debüt «The Wonders Of Life». Mit den zwölf Songs erfindet er die Musik, in seinem Fall Pop und Rock, nicht neu. Muss er auch nicht. Dafür liefert Tobias Soder, der alle Songs verfasst hat, zwölf angenehm ins Ohr gehende und erfrischende Songs ab. Vor allem gelingen ihm immer wieder mitreissende Chorusse. Zum Beispiel im Auftakt, dem Titelsong, in «Fly Away», in der hymnischen Single «The Air» oder in «What We Are Not». Die tolle Stimme von Tobias Soder und der ausgewogene Mix von Midtempo-Songs und Balladen tragen das Weitere dazu bei, dass Mann und Frau «The Wonders Of Life» immer wieder gerne auflegt.
Eigenvertrieb «Beseg di»: Die Roots-Sounds sind klassisch, aber wenig inspiriert und werden deshalb auch Dauer etwas eintönig. Auch beim nur in Gitarre gehaltenen Duett mit der ansonsten innovativ wilden Terry Lynn will kaum Kraft und Intensität aufkommen – war das übrigens ein Versuch, Marleys «Redemption Song» zu würdigen? Echte Spannung kommt dagegen im Track «Granit» auf, immerhin. Nicht, dass «Eat Ripe Fruit» ein schlechtes Album wäre. Es ist solide gespielt und sauber produziert. Wir hätten uns von Elijah einfach mehr Frische erwartet.
SAMPLER Pegel Pegel! Volume 1
hug. Das «CH-Label für Dancehall- und Reggaemusik», wie sich die Kleinstfirma aus Rüschlikon nennt, hat bisher vor allem mit den Releases von Stereo Luchs von sich reden gemacht und präsentiert nun eine Reihe einheimischer Reggae- und Raggamuffin-Akrobaten. Für alle Beteiligten wohl komplett unerwartet hat sich der Track «Frün-
HUGs Kurze XY - Sedunum Wenn man die Entwicklung der einzigen ernstzunehmenden Schweizer Satanistenband Samael von «Worship Him» bis «Lux Mundi» betrachtet, erstaunt es eigentlich nicht, dass Samael-Drummer und -Keyboarder XY für sein Solo-Debüt mit dem Philharmonie-Orchester Prag und dem dazugehörenden Chor ein spektakuläres Klassik-Album eingespielt hat. Das ist nicht neu, aber grossartig. Klingt wie der Soundtrack zu einem Actionfilm mit mehr Action als Film. Wenn also für den nächsten «Pirates oft he Caribbean» der gute Hans Zimmer grad keine Zeit hat und es ordentlich krachen soll: Ruft XY an. LYING EIGHT - Funk Taxi Vielleicht liegt es daran, dass es schwierig ist, alle Mitglieder einer Zehnerkombo auf Kurs zu bringen. Vielleicht bricht die Band in der Einsamkeit des Studios ein. Vielleicht müssen sie einfach nur entspannter an die Sache. Auf alle Fälle kommt bei den 7 Songs erst gegen Schluss einigermassen Kombo-Funk-Stimmung auf. FAIR - unFAIRbindlich Der unverwüstliche Luzerner Ferdi Spaeti, Kopf der ehemaligen Mad, legt nun mit vier Freunden unter dem Namen Fair den ersten Longplayer vor und bleibt auf Linie: Mundartrock mit teilweise sehr, sehr einfachen Reimen, die in ihren guten Momenten an den heiteren Charme des Schweizer Postpunks der Marke Frostschutz erinnern – mit einem Schuss Chue-Lee. Und warum ist der Sound so unausgeglichen abgemischt? ROY AND THE DEVIL'S MOTORCYCLE - Tino – Frozen Angel Inzwischen sollte der Dokustreifen «Tino – Frozen Angel» von Adrian Winkler über den ersten Hell's-Angels-Boss ausserhalb von Kalifornien auch auf DVD erhältlich sein – reinziehn! Der Soundtrack dazu ist herrlich aussergewöhnlich: eine Art Chillout für Rockgitarristen. So hätte wohl der Soundtrack zu Wim Wenders «Paris, Texas» getönt, wäre Travis Henderson ein Harley-Fahrer gewesen.
Schweizer Death-/Black-Metal Avantgarde Das Death-/Black Metal Duo aus dem Raum Zürich konnte sich mit einer EP (Aura, 2013) im Underground bereits einen Namen verschaffen und diese mehrere tausend Mal verkaufen. Anlässlich des Releases der zweiten EP „Soma“ lüftet Okoi Jones (Sänger und Gitarrist) ein paar Details.
lg. Das seit 2008 bestehende Duo von Bölzer um Frontmann und Songwriter Okoi Jones und Drummer Fabian Wyrsch (die beiden haben sich spontan in der Stadt Zürich kennengelernt) hat den coolen Bandnamen ganz einfach vom deutschen Verb "bolzen" her und trifft so zu einem Teil den Sound von Bölzer. "Die Musik ist schnell und wesentlich von Death- und Black Metal beeinflusst. „Allerdings legen wir immer sehr grossen Wert auf Atmosphäre und Tiefgang", so Okoi. Okoi ist in der Schweiz geboren, hat dann lange am anderen Ende der Welt in Neuseeland gelebt. "Ich bin in die Schweiz zurückgekommen, weil es mir in Neuseeland etwas eng wurde. Europa hat mir immer sehr gut gefallen, da es sehr vielfältig ist. Zudem sind hier die musikalischen Möglichkeiten grösser" erklärt Okoi, der in Neuseeland bereits sieben Jahre lang bandmässig aktiv war. "In Neuseeland wird Bölzer im kommenden Jahr auch das erste full-length Album aufnehmen. Es wird sicher sehr inspirierend sein, in dieser mächtigen Natur diese Arbeiten machen zu dürfen." Es ist sehr ungewöhnlich, im Heavy MetalBereich Duos auf der Bühne zu sehen. Während Fabian die Drums bearbeitet, sorgt Okoi für den Rest. "Ich spiele auf meiner Gitarre sowohl hohe Saiten wie auch die Basssaite, zudem lasse ich den Sound durch einen Bass- und zwei Gitarrenverstärker, so dass Bölzer auch live ansprechend klingen." Okoi erzählt weiter: "Fabian und ich harmonieren sehr gut, weshalb ich mir bei Bölzer keine weiteren Musiker vorstellen kann." Okoi ist daneben auch bei Deathcult tätig, einer vierköpfigen Black-Metal Formation im klassischen Bandgefüge, welche auch sehr zu empfehlen ist. Auf die Tatsache angesprochen, dass Bölzer neben einem Demo (erst) zwei kurze EPs veröffentlicht haben, gibt Okoi zu Protokoll: "Unsere Philosophie ist ganz klar: weniger ist mehr! Lieber eine kurze, intensive und sehr kompakte Scheibe, als ein langweiliges, mit Längen versehenes Album aufnehmen. Zuviel Musik mit zu
vielen Riffs ist für den Hörer überbelastend". Die beiden EPs, die konzeptionell zusammengehören, sind folgendermassen zu verstehen: "Aura" hat die männliche Lebenskraft zum Gegenstand während "Soma" sich der tödlichen weiblichen Kraft widmet. Bölzer haben sich im internationalen Underground als Live-Act einen hervorragenden Ruf erspielt und konnten bereits auf zahlreichen renommierten und kultigen Festivals auftreten. "Natürlich war es für uns eine grosse Ehre, auf dem legendären Roadburn Festival in Tilburg zu spielen – die Leute fanden es gut, wir hatten leider grosse Probleme auf der Bühne". Als Highlights nennt Okoi das Sommer Sonnwend Festival im Juni 2014 auf einer Alp in Österrreich. "Die Stimmung war magisch und der Effort aller involvierter Personen (Künstler wie Musiker) war unglaublich. Das Konzert fand in einer Scheune statt. Als Höhepunkt wurde dann ein Turm in Spiralstruktur mit Holzstücken angezündet." Als weitere tolle Festivals gehen für Okoi das Maryland Deathfest in den USA sowie das Eistnaflug Festival in Island durch. Bölzer werden auch bei den Release-Shows der legendären irischen Pagan-Metal Formation Primordial in Deutschland spielen. Haltet Ausschau nach einem der seltenen Gigs in der Schweiz. Es lohnt sich bestimmt!
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Geerdet
YOKKO
mh. Die Berner Band Yokko ist diesen Sommer auf ausgedehnter Festival-Tournee und spielt so ziemlich an jedem Anlass in der Schweiz. Am Freitagnachmittag durften die Berner die Hauptbühne am OpenAir St. Gallen eröffnen. Später am Abend haben sich Adrian (Gesang) und Daniel (Keyboard) für das TRACKS Magazin Zeit genommen und sich auf den Zahn fühlen lassen und haben uns erklärt wie sie im Musikzirkus zurecht kommen. Wie war das Konzert am OpenAir St. Gallen für euch? Daniel: Es war grossartig. Es war eine Herausforderung für uns. So plötzlich eine solch grosse Bühne und so viele Leute im Publikum. Wie könnt ihr euch den Wiedereintritt in die Schweizer Album Charts im März erklären? (das Album „Seven Seas“ wurde bereits September 2013 veröffentlicht) Daniel: Als das passiert ist, hatten wir gerade den Swiss Music Award gewonnen (Best Talent National), was sicher viele Leute auf uns aufmerksam gemacht hat. Zum Glück hat dann unsere Musik vielen Leuten gefallen, die dann auch das Album gekauft haben. Hat sich nach dem Gewinn als Best Talent National für euch etwas geändert? Adrian: Konzerttechnisch hat sich eigentlich nicht viel mehr getan. Das einzige Festival, das durch den Award auf uns aufmerksam wurde war das OpenAir Gampel. Ansonsten haben sich durch den Gewinn plötzlich wieder viele alte Kollegen gemeldet und haben gemeint „Hey, du bist eigentlich eine coole Sau…“. (lacht). Die ersten 3-4 Wochen waren ziemlich anstrengend, denn es haben sich viele Freunde aus der Vergangenheit gemeldet, die unterwegs zwar nicht vergessen gegangen sind, aber die vielleicht einfach andere Wege eingeschlagen haben. Und jetzt wollten sie plötzlich wieder mit dabei sein. Für mich war es nicht unbedingt eine schöne Erfahrung. Denn ich habe meine Freunde und ich habe meine Familie und da brauche ich nicht noch viele mehr dazu. Die Leute hatten plötzlich das Gefühl, dass ich durch die ganze Medienpräsenz nun von der Musik lebe. Das hat irgendwie ein falsches Licht auf mich geworfen. Und ich sehe schlecht und trage keine Brille, daher erkenne ich auch auf die Leute auf der Strasse nicht und wirke wohl dadurch eingebildet. Das sind wir allerdings nicht, auch nicht geworden. Im Grunde war der Swiss Music Award ein Meilenstein für uns und wir lassen diesen Stein zurück und gehen unseren Weg weiter. Setzt euch der Erfolg von „Seven Seas“ jetzt unter Druck für ein nächstes Album? Daniel: Ich glaube nicht. Der Stein (der Award) ist ziemlich schwer, und darum haben wir ihn auch zurückgelassen. Wir tragen ihn nicht in unserem Rucksack mit, insofern lastet auch kein Druck auf unseren Schultern. Es wird schwierig genug ein neues Album zu machen, das unseren Ansprüchen gerecht wird. Denn unsere Ansprüche sind sehr hoch. Wir machen nicht primär Musik um den Leuten zu gefallen oder um in die Charts zu gelangen. Ein gewisser Druck ist sicher da und auch Erwartungen aber wir lassen uns davon nicht beirren. Wir sind auch noch immer am selben Ort wo wir das erste Album geschrieben haben, im 3. UG in unserem kleinen Keller und werkeln dort vor uns hin. Dieses Geerdet-sein tut uns gut und hält uns auf dem Boden. Adrian: Ich glaube das ist jetzt auch das worauf wir den Fokus legen: geerdet sein. Das letzte Album war ein - (Denkpause) –
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sehr schwieriges Album, denn es sind so viele verschiedene Geschichten zusammengekommen und man musste es in ein Format hineinpacken. Es hatte wirklich alles drin, wie sieben Meere. Es war eine supertolle Erfahrung, ich will nichts davon missen. Wie behauptet man sich heutzutage im Musik-Business? Adrian: Entweder du passt dich der Masse an und gehst zu einem Major Plattenlabel, kickst etwas raus, das die Massen fressen und bist nach 5 Jahren wieder vom Fenster weg. Oder du hörst auf dich und machst etwas das dir entspricht und du beginnst langsam zu wachsen so wie wir. Musiker wie Phil Collins oder Elton John, das ist Musik für die Ewigkeit. Ich glaube in diese Richtung geht es wieder zurück. Momentan wird so viel produziert und ich wünsche mir das für die ganze Musikindustrie, denn ich glaube nur so wird sie überleben können. Ich glaube, anders kann man das nicht mehr hinbiegen. Also das ist das, was wir merken, wie die Leute auf einer emotionalen und persönlichen Ebene auf uns zukommen und sagen: „Hey, es löst etwas aus in mir!“. Ich glaube das ist ein schöneres Kompliment als 15'000 Leute im Publikum. Eventuell wisst ihr es ja bereits, es gibt eine amerikanische Band die sich Atlantic Wave nennen und irische Musik spielt. Was ist Atlantic Wave für euch? (Yokko nennen ihren Musikstil: Atlantic Wave) Daniel: (lacht) Ha, lustig! Atlantic Wave widerspiegelt einfach unsere Musik. Der Atlantik der gross ist, weit ist, tief ist, kalt ist, rau ist. Das ist der eine Aspekt von unserer Musik. Und Wave ist die Welle, die kommt und dir ins Gesicht schlägt und sich dann wieder zurückzieht. Das Kommen und Gehen, das Auf und Ab. Wie Phasen von Songs, die sehr intensiv sind und dann wieder runterbrechen, das Spiel mit der Intensität. Und das du jetzt Irland ansprichst passt bestimmt auch wieder. Die ganzen Bilder von den Klippen und den weiten Highlands, fast wie wir das im Video Clip zu „Loaded Dice“ umgesetzt haben. Das passt. Habt ihr spezielle Eindrücke vom St. Galler Sittertobel? Adrian: Ja, wir sind positiv überrascht. Ich hatte das Gefühl, dass das Publikum so präsent und mit uns war, dass mich das wirklich berührt hat. Denn ich hätte es nicht erwartet. Ich dachte am Open Air St. Gallen sind vor allem die hippen und kritischen Ohren im Publikum. Daniel: Genau, wir haben irgendwie ein sehr musikaffines Publikum erwartet, das hart zu knacken ist. Adrian: Wir konnten nicht ganz abschätzen ob wir diesen Anforderungen genügen würden. Aber wir sind dann richtig gut, nicht aufgenommen, sondern mitgetragen worden. Was wir rausgegeben haben hat uns das Publikum irgendwie wieder zurückgegeben. Das hat sich dann soweit gesteigert, als wir bereits die Bühne verlassen hatten und das Publikum noch immer unseren letzten Song am singen war. Daniel: Das war echt krass! Wir wurden also schlussendlich doch mit offenen Armen empfangen. Adrian: Das war jetzt nicht überfordernd, aber doch etwas überraschend. Daniel: Es hat uns wirklich sehr gefallen!
Bereits zum siebten Mal findet die Schweizer Fachmesse LIGHT & SOUND vom 19.-21. Oktober 2014 in Luzern statt. Dieser, im 2-jährigen Turnus veranstaltete Event, ist der Branchentreffpunkt für Händler, Medien-/Bühnentechniker und Eventveranstalter aus der ganzen Schweiz.
Neue Kontakte knüpfen und bestehende pflegen ist das Motto für Aussteller und professionelle Anwender. Hersteller und Vertriebe zeigen dem Fachbesucher hochstehende Technik aus den Bereichen Audio-, Studio-, AV- und Bühnentechnik, Broadcast, Festinstallationen, DJ Equipment, Home Recording, elektronische Musikinstrumente und Zubehör. Dienstleistungsfirmen präsentieren Ihr Know-how bei der Projektierung, Planung und Umsetzung von Veranstaltungen. Und so ist auch die Messeausgabe 2014 wieder DER Schweizer Anlass für alle Ton- und Bühnenmeister, Mitarbeiter Film, Radio, Fernsehen, Konzert- und Showveranstalter, Installateure, DJ's und Musiker, die sich über neuste Trends und Errungenschaften informieren und fachlich beraten lassen möchten. Zudem gibt es im sogenannten light & sound Forum wieder die bekannten und beliebten Fachvorträge und Workshops mit dem diesjährigen Themenschwerpunkt Funkfrequenzen (Frequenzmanagement bei Live-Events, Ausblick zukünftiges Frequenzspektrum, Nationale Funkfrequenz-Datenbank PMSE etc.) Über das grossflächige Angebot der Fachmesse wird umfassend unter www.lightandsound.ch informiert.
TRACKS offeriert Dir einen Tageseintritt mit 50% Rabatt (CHF 8.- statt 16.-). Einfach folgende Gutschein-Nummer über den Online-Vorverkauf einlösen: 0101 2407 8780 5367 Gutschein-Nummer ist NUR ONLINE auf www.lightandsound.ch einlösbar.
Messe: 7. light & sound Datum: Sonntag bis Dienstag, 19. – 21.10.2014 Ort: Messe Luzern, Halle 1 Öffnungszeiten: So 11 – 18 / Mo + Di 10 – 17 Eintritt Tageskarte: CHF 16.– Vorverkauf: Onlinetickets auf www.lightandsound.ch Onlineangebot: Profitieren Sie von 25% Rabatt für einen Dauereintritt. Info: www.lightandsound.ch In der Aussenanlage werden verschiedene P.A. Systeme präsentiert und die Besucher können die Anlagen per Hörtest prüfen und beurteilen.
REVIEWS Blues/Soul/World KENNY WAYNE SHEPHERD BAND Goin' Home Provogue/Mascot/MV
Chris Layton. Tony Fanklin war ab 1984 Bassist der Supergroup The Firm mit Jimmy Page, Paul Rodgers und Drummer Chris Slade. Weitere illustre Gastmusiker auf “Goin' Home”, das übrigens auch auf 180 gr. Vinyl erhältlich ist, sind Ringo Starr, Joe Walsh, Pedal Steel-Gitarrist Robert Randolph und Warren Haynes (Allman Brothers Band).
Cryle & The Chris Fillmore Band nehmen uns mit auf eine emotionale Achterbahnfahrt. Ein rundes und reifes Gesamtwerk lässt einen beseelt zurück. Fabelhaft.
FRED AND THE HEALERS Hammerbeatmatic Blues Boulevard
COREY HARRIS Fulton Blues Blues Boulevard
MEENA CRYLE & THE CHRIS FILLMORE BAND ub. “You Can't Judge A Book By Its Cover” von Bo Diddley ist Track 7 des Albums. Diese Platte sollte man keinesfalls der Hülle nach beurteilen. Das erfrischende Werk enthält 15 fulminante Covers und lässt die grössten Bluesmusiker aller Zeiten auferstehen. „Goin' Home“ ist eine Hommage an Shepherds musikalische Vorbilder. Das spannende daran: Die Songs sind unverbraucht und selten gecovert, dazu lebendig und mit unerwarteten Wendungen präsentiert. Live eingespielt in Shreveport, Louisiana, dem Heimatort von Kenny Wayne Shepherd, versprühen die Stücke eine Lebensfreude, als wären sie erst gestern geschrieben worden. Den ursprünglichen Geist der Songs belassend ist die Grundstimmung fröhlich, die Auswahl musikhistorisch wertvoll: Der Opener „Palace Of The King“ von Freddie King, gefolgt von „I Love The Life I Live“ und „Still A Fool“ von Muddy Waters. “The House Is A Rockin'” ist ein starkes Stevie Ray Vaughan-Cover aus dessen LP “In Step” von 1989. „Breaking Up Somebody's Home“ und „Born Under A Bad Sign“ von Albert King sowie „You Done Lost Your Good Thing“ von BB King, Bonus Tracks „300 Pounds of Joy“ von Willie Dixon für Howlin´Wolf und „Trick Bag“ von Earl King sind einige der Highlights. Shepherd, mittlerweile 37 Jahre alt, war als Teenager eine Blues-Sensation. Sein beeindruckendes Debüt von 1995 „Ledbetter Heights“ wurde ein Riesenhit. Der Mann spielt Rock'n'Roll-Gitarre, haut uns geniale Soli um die Ohren und singt hervorragend. Shepherd hatte kürzlich durch die Zusammenarbeit mit Stephen Stills und Barry Goldberg, welche in der Band The Rides gipfelt, auf sich aufmerksam gemacht. Noah Hunt mit schwarzem Blues-Bariton ist seit 1998 nicht wegzudenkendes Mitglied der KWSB. Schlagzeuger auf „In Step“ von SRV sowie „Goin' Home“ ist
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Tell Me Ruf Records
ub. Meena Cryle fühlt den Schmerz wie Bonnie Raitt, trägt die Melancholie einer Norah Jones und hat Power wie Melissa Etheridge. Auf der dritten Scheibe - nach „Try Me“ (2010) und „Feel Me“ (2012) erstmals mit dabei ist ihre hörbar eingespielte Tourband um Chris Fillmore (Guitars), Marlene Lacherstorfer (Bass) und Frank Cortez (Drums). Dabei kommen Cryle und Fillmore ohne Coverversionen aus und schreiben alle Songs selbst. Aufgenommen wurde die Platte in Berlin, produziert von Raphael Tschernuth. Langsame tragende Nummern wechseln sich ab mit rockigen Tracks. „Tell Me“ ist eine grandiose Mischung aus Rock'n' Roll, Southern Rock mit verzerrter Gitarre („Enough Is Enough“), spitzenmässigem Soul Blues und akustischen Country Road-Songs („Bring Me Water“, „I Beg You“). „I've Been Drinking“ erinnert an Sharleen Spiteri (Texas). Die langsamen Nummern sind herausragend und derart atmosphärisch genial komponiert und gespielt, dass sie unter die Haut gehen („Baby, Goodbye“). Der Blues ist kein Klischee, sondern Berufung. Musikalisch definitiv im falschen Land geboren, hat die etwas angeraute Stimme der Österreicherin Meena Cryles die Leidenschaft und Intensität einer Janis Joplin, das Album internationale Qualität. Die Band tourt seit einigen Jahren erfolgreich durch Europa und Amerika und erhält dank dem weltweiten Vertrieb durch Ruf Records nun hoffentlich die verdiente Beachtung. Meena
ub. Der amerikanische Blues trifft seine afrikanischen Wurzeln. Singer/Songwriter Corey Harris ist 1969 in Denver geboren und fühlt sich dem ursprünglichen akustischen Delta Blues verpflichtet. Seine Karriere startete er als Strassenmusiker in New Orleans. Harris ist dennoch kein konservativer Hüter des Blues. Während eines Studienjahres in Kamerun wurde er hörbar von der westafrikanischen Musik beeinflusst und lässt diese variiert in seine Stücke einfliessen. 1995 erschien sein erstes Album „Between Midnight And Day“, das begeistert aufgenommen wurde. 2007 war Harris MacArthurFellow, eine Ehrung an USAmerikaner, die „andauernde kreative Arbeit versprechen“. Auf seinem 12. Album „Fulton Blues“ gilt jedoch mehrheitlich: Ein Mann - eine Gitarre, manchmal durch Harmonika oder Banjo ergänzt. Einzig „Catfish Blues“ ist ein cool groovender Funk-Blues mit Drums und einem starken SaxSolo. „Tallahatchie“ und „Fat Duck's Groove“ sind jazzig mit arrangierten Bläsersätzen. Alles Eigenkompositionen bis auf ein peppiges Skip JamesCover „Devil Got My Woman“ und das fröhliche „That Will Happen No More“ von Arthur „Blind“ Blake aus dem Jahre 1927 (das wohl auch Rory Gallagher zu „Unmilitary TwoStep“ inspirierte). Die beiden Live Bonus-Tracks zeigen eine weitere Facette von Harris: Den Einfluss und die Faszination der jamaikanischen ReggaeMusik. „Fulton Blues“ ist ein Leckerbissen für Fans des traditionellen Blues, für alle anderen über die Dauer von 16 Stücken etwas eintönig. Sein Meisterwerk „Greens From The Garden“ (1999) bleibt bis dato unerreicht.
ub. Fred And The Healers melden sich nach knapp 10 Jahren Pause mit “Hammbeatmatic” zurück. Und wie. Mit „Doyle The Hunter“ gibt's gleich ordentlich auf's Maul. Kraftvoller dreckiger Rock'n' Roll und freche Killer-Riffs stehen auf dem Programm. Sperrt eure Töchter weg: „Garage Rock meets ZZ Top“ ist Trumpf. Das rotzige „Roots And Roses“ geht locker als Punk-Rock durch. „AVD“ ist richtig dunkel und derb. Die up-Tempo Blues Hardrocker „Burning“ und “Like A Leaf“ sind weder filigran noch virtuos, aber wirkungsvoll. Nicht mehr ganz so jung wie sie rocken, sind die Musiker. Fred Lani (Guitar & Vocals) gründete das Trio 1994 im zarten Alter von 17 Jahren. Lani zeigt sich auch auf „Hammerbeatmatic“ für alle Kompositionen und die Produktion verantwortlich. 1997 erschien das Debüt „First“, 1998 „I Gotta Leave“. Danach war die Band zwei Jahre auf Tour, bevor 2001 die dritte LP „Electerrified“ folgte. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere eröffnete Lani für Bon Jovi am Werchter Festival in Belgien vor 35'000 Zuschauern. Das letzte Album „Red“ erschien 2004. Danach zog sich Fred mit seinen Heilern zurück, nach 10 Jahren im Business. Das fünfte Werk „Hammerbeatmatic“ repräsentiert nun die Auferstehung der Band mit neuem Line-up (Cédric Cornez am Bass und Nico Sand am Schlagzeug) und geht ab wie eine Rakete. Die Songs sind im Durchschnitt nur gute 3 Minuten lang, daher der Tipp: CD einlegen und von Track 1 bis 13 durchziehen.
KING OF THE WORLD King Of The World KOTW Records ub. Beste Bluesband, bester Gitarrist, bester Keyboard Player, bester Drummer und bester Bassist. King Of The World liess der Konkurrenz
Blues/Soul/World REVIEWS keine Chance und schleppte gleich alle 5 „Dutch Blues Awards 2014“ mit nach Hause. Aufgepasst! Der niederländische Blues-Vierer präsentiert ein höchst interessantes und abwechslungsreiches Album. Knackige Songs mit Durchschlagskraft, kurz und bündig auf den Punkt gebracht, lassen keine Langeweile aufkommen. Die Band liefert reife authentische Songs mit erdigem Gesang, satten Drums und mes-
serscharfen Gitarrensoli. „Fool No More“ überzeugt sogleich mit gefühlvollen exzellenten Vocals, gefolgt vom gut gelaunten Shuffle „Someway Somehow“. Gitarre, Bass und Hammond harmonieren prächtig und legen den groovenden Teppich à la Deep Purple („Messing With My Mind“). Die 70er Blues Rock-Affinität ist nicht zu überhören. “Living With The Gost Of The Past” erinnert an Lynyrd Skynyrds beste Zeiten. KOTW ist alter Wein in neuen Schläuchen und funktioniert hervorragend.
Favorit und Anspieltipp ist “If You Want To Leave”: Nach zaghaftem Einstieg knallt der hammerstarke Refrain und das Gitarrensolo voll rein. Ein John Lee Hooker-Song gab der Band ihren Namen, der wiederum auf die „drei Kings des elektrischen Blues“ (Albert, Freddie und BB) anspielt. Die kreativen Köpfe sind Sänger und Bassist Ruud Weber sowie Gitarrist Erwin Java. Letzterer ist Gründer der Band, Profi seit 1978 und kein unbeschriebenes Blatt. Ab 1986 spielte er mehrere Scheiben mit Cuby & The Blizzards ein, bis zum Tod der Blues-Legende Harry “Cuby” Muskee. Java hat auch schon mit Jan Akkerman (Focus) gespielt. Shouter Ruud Weber ist bekannt durch seine Arbeit mit Snowy White (Thin Lizzy, Pink Floyd). Tastenmann Govert van der Kolm jammte mit Coco Montoya, Matt Schofield und Monster Mike Welch. Drummer Fokke de Jong stiess von der DialektBand Normaal zu KOTW. Bereits die Proben der neuen Combo erregten deshalb Aufsehen in den Niederlanden. Auf den 11 Eigenkompositionen des Albums ziehen KOTW nun alle Register und sind zweifellos bereit, auch ausserhalb ihrer Heimat für Furore zu sorgen. Grossartig.
JOHNNY WINTER Step Back Megaforce/Sony
hh. Den Release seines neuen Albums sollte Johnny Winter nicht mehr erleben. Er starb am 16. Juli in einem Bülacher Hotel im Alter von 70 Jahren. Der blonde Texaner war auf dem Höhepunkt seiner Karriere unbestritten der beste weisse Blues-Gitarrist und hat mit seinem einzigartigen, flüssigen Spiel praktisch alle grossen Saitenvirtuosen, die in irgendeiner
LUCKY PETERSON I'm Back Again Blues Boulevard
ub. Wegen massiver Drogenprobleme ist er immer wieder von der Bildfläche verschwunden. Nun meldet sich der knapp 50-jährige Lucky Peterson auf dem Zenit seines Schaffens mit einem eindrücklichen Zeitdokument zurück. Das Konzert vom 3. August 2012 im 55 Arts Club in Berlin wurde aufgezeichnet. „I'm Back Again“ ist eine Art „Just One Night“ und enthält die 11 Songs, die an diesem Abend gespielt wurden. Somit fängt das Live-Album die Club-Atmosphäre sowie den Energieaustausch zwischen Künstlern und Publikum hervorragend ein. Lucky Peterson spielt Gitarre oder Hammond und singt und war einst die Zukunft des Blues. Das Wunderkind,
Form dem Blues verwandt sind/waren, geprägt und hörbar beeinflusst. Und einige dieser grossen Namen erweisen ihrem Idol auf diesem Album die Ehre: Eric Clapton, Ben Harper, Billy Gibbons, Joe Bonamassa, Brian Setzer, Joe Perry, Leslie West und New Orleans Legende Dr. John. „Step Back“ geht, dem Album Titel entsprechend, zurück in die 50er Jahre und Johnny selbst sagte dazu: „Step Back' ist für die Leute, die die alte Musik nie gehört haben. Es ist besser als alles, was sie heute zu hören bekommen.“ Nun, zumindest auf die Wurzeln des Blues bzw. Bluesrocks bezogen, hat der Texaner sicher recht. Zeitgenössische Blueser, wie die sogenannten “Erneuerer des Blues” Joe Bonamassa, Warren Haynes, Derek Trucks oder Gary Clark Jr. dürften dem allerdingsmit gleichem Recht wohl widersprechen. Das von Winters langjährigem Side-Gitarristen Paul Nelson hervorragend produzierte Album präsentiert den Meister in blendender Spiellaune, der auch im hohen Alter den meisten jüngeren Gitarristen zeigt, wo der Hammer hängt. Auch im Zusammenspiel mit den Gästen auf diesem Album ist
dessen Vater James ein Club in Buffalo/New York besass, wurde von „Mr. I Am The Blues“ Willie Dixon entdeckt. Im Alter von 5 Jahren hatte Lucky bereits Aufnahmen im Kasten. Sein erstes Album "Our Future" erschien 1969. Peterson trat in den renommiertesten US-TVShows der damaligen Zeit auf: "The Tonight Show" oder "The Ed Sullivan Show". Das Album „Triple Play“ von 1990 läutete die erfolgreichste Ära Petersons ein. Der jahrelange Drogenmissbrauch zerstörte jedoch nicht nur seine Karriere, sondern auch Gesundheit und Familie. „You Can Always Turn Around“ erschien 2010 nach erfolgreicher Therapie. Auf „I'm Back Again“ sind ausgezeichnete Musiker zu hören: Shawn Kellermann (Guitar), Timothy Lee Waites (Bass) und Raul Valdes (Drums). Seiner grössten Inspirationsquelle Willie Dixon widmet Peterson den 54er-Hit „I'm Ready“. Herausragend das mitreissende knapp 13minütige „Blues Medley“ sowie das ruhigere Johnny Guitar Watson-Cover „Ta' Ta' You“. Die finale Nummer „I Believe I'll Dust My Broom“ des Blues-Königs Robert Johnson ist purer Rock'n'Roll. Glaubwürdige Weltklasse.
absolut kein Qualitätsunterschied auszumachen, wo Winter draufsteht ist auch Winter drin. Lediglich stimmlich muss er dem Alter Tribut zollen, seine Finger jagen aber immer noch fast so flüssig über das Griffbrett wie zu besten Zeiten. Die meisten der hier enthaltenen Songs hat der echte Bluesfan bereits in unzähligen Versionen von anderen Künstlern im Regal, aber das ist auch nicht das Kriterium. Hier geht es um die Aufarbeitung und Weiterreichung von grossen Bluesklassikern ins Hier und Jetzt. Und das gelingt dem Album auf ganzer Linie, die illustren Gäste dabei sind lediglich das Sahnehäubchen. Im Focus steht und überzeugt ganz klar Johnny Winter. So gesehen ist “Step Back” ein Vermächtnis und ein würdiger Abschluss der Laufbahn des grössten weissen Bluesgitarristen aller Zeiten und schliesst den Kreis . R.I.P. Johnny! Hier sei nochmals auf das fantastische, 4 CDs umfassende Album “True To The Blues – The Johnny Winter Story” (Sony) hingewiesen (ausführliche Review in TRACKS 4 14) – eine herausragende Zusammenstellung von Winters besten Werken.
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REVIEWS Blues/Soul/World
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JOE BONAMASSA
PHILIP SAYCE
Different Shades Of Blue
Influence
Provogue / MV
Provogue / MV
hh. Bonamassa ohne Ende – langsam läuft es auf eine Überdosis heraus. Lediglich die grosse Klasse des Gitarristen bewahrt uns vor Übersättigung und Ausverkauf. Wenn der gute Joe nicht gerade ein eigenes neues Album herausbringt, kommt er mit der genialen Beth Hart um die Ecke oder macht den viertägigen LondonMarathon und ist auch noch um die Erneuerung des Funk besorgt. Dazwischen reisst er Tour auf Tour ab, spielt sich durch die Studios dieser Welt, wo er bei diversen anderen Acts Gastspielrollen erledigt. Der Mann kann sich die Miete sparen, er ist sowieso nie zuhause. Auf „Different Shades Of Blue“ geht es wieder vermehrt bluesig zur Sache, seine Ausflüge in den härteren Rock treten nur hier und da in Erscheinung und weisen deutliche Einflüsse von einer seiner Lieblingsbands Free zu Zeiten von „Heartbreaker“ auf. Das Album ist in der Grundstimmung ausgewogen und bietet für den BonamassaKenner keine grossartigen Überraschungen, lediglich Bläser bekommen hier mehr Einsatz als in der Vergangenheit . Tolle Gitarrenarbeit, gefühlvoller Gesang, gute bis sehr gute Songs – alles auf sehr hohem, bekanntem BonamassaNiveau. Somit ist „Shades Of Blue“ einmal mehr als sehr gelungen und empfehlenswert zu bezeichnen. Allerdings fehlen dieses Mal solche Übernummern wie „Ball Peen Hammer“, „Sloe Gin“, „Dust Bowl“ oder „Ballad Of John Henry“. Aber auch ohne solche Titel bleibt immer noch mehr als genug Substanz und Spannung und wieder einmal können wir ohne Einschränkungen sagen: Wo Bonamassa draufsteht ist auch Bonamassa drin.
hh. Mit ultra-schwerer Fuzzgitarre startet der in Kanada aufgewachsene, langjährige Melissa Etheridge Gitarrist sein neues, inzwischen sechstes (+1 EP) Album mit einem krachigen „Tom Devil“. Der eingeschworene Hendrix-Fan zollt denn auch seinem Idol ausufernd und intensiv Tribut mit einem lauten und aufs erste Hören relativ chaotisch psychedelischen „Out Of My Mind“. Im Anschluss daran kommt ein schmissiges Little Feat-Remake von „Sailin' Shoes“, bevor es mit dem nächsten Rocker „I'm Going Home“ weitergeht. Die Ballade „Fade Into You“ mit leichten Pink Floyd Anleihen bietet dann die Gelegenheit zum Durchatmen, bevor es dann mit einem Boogie in bester S.R. Vaughan-Tradition weitergeht. Im direkten Anschluss folgt der heavyfunk-angelehnte Rocker „Green Power“ mit einem „Voodoo Chile“-Wah-Wah-Intro. Sehr schön gelungen ist das Graham Nash-Remake „Better Days“ (1971), in dem Sayce auch seine herausragenden Qualitäten als Sänger präsentiert. Und in diesen musikalischen Wechseln geht es weiter durch die 13 Songs. „Influence“ ist der passende Album-Titel, denn Sayce lebt hier seine musikalischen Einflüsse teilweise exzessiv aus. Und die sind überwiegend im psychedelischen harten Rock und elektrischen Blues der 60er/Früh-70er auszumachen. Von den wenigen gefühlvollen Balladen abgesehen, hämmert Sayce seine Songs kompromisslos und aggressiv heraus. Die Produktion ist aufs erste Hören gewöhnungsbedürftig, mitunter läuft das Werk Gefahr in eine Lärmorgie abzudriften, denn Sayce's Gitarrenwände sind massiv dominant in den Vordergrund gemischt. Im
Laufe des Albums relativiert sich der Eindruck bzw. man gewöhnt sich daran und entdeckt in der Folge die Klasse von „Influence“. Kein leichter Stoff, aber ein Album mit grosser Nachhaltigkeit. Liebhaber von gemässigterem Bluesrock à la Robert Cray oder Eric Clapton sei hiermit beim Hören von „Influence“ deutlich auf die Gefahr von Kabelbrand im Herzschrittmacher hingewiesen.
GREGG ALLMAN All My Friends Rounder Records/Universal
Bruder und Slide GitarrenLegende Duane, der sein Leben bereits 1971 bei einem Unfall verlor. Die ABB prägte mit ihrer Mischung aus Rock, Blues und Country den Southern Rock und schrieb Musikgeschichte. Charakteristisch für den einzigartigen Rhythmus sind die beiden Ur-Drummer Butch Trucks und Jaimoe. Das Publikum erlebte den letzten Auftritt der ABB in dieser Besetzung: Die grandiosen Gitarristen Warren Haynes (Gründer von Gov't Mule) sowie Derek Trucks gaben zuvor bekannt, die Band zu verlassen.
ROYAL SOUTHERN BROTHERHOOD Heartsoulblood Ruf Records
ub. Gregg Allman lud ein zum „Once In A Lifetime Concert Event“ im restlos ausverkauften Fox Theatre von Atlanta, Georgia. Die Gästeliste glich dabei dem Line-up von Claptons Crossroads-Festival 2013. Der „absolute Höhepunkt seines Lebens“ wurde nun unter dem Titel "All My Friends: Celebrating The Songs & Voice Of Gregg Allman" auf 2 CDs und einer 2 ¾ -stündigen DVD für die Nachwelt konserviert und ist ein echter Leckerbissen. Nicht nur Allman-Weggefährten wie Taj Mahal, Jackson Browne oder John Hiatt waren an diesem denkwürdigen Anlass zugegen, sondern auch Musiker wie Keb' Mo', Vince Gill, Robert Randolph, Zac Brown oder Greggs talentierter Sohn Devon Allman. Für den nötigen Druck sorgte StudioSchlagzeuger Kenny Aronoff. Natürlich fehlten die Allman Brothers-Klassiker an diesem Abend im Januar 2014 nicht: „Midnight Rider“, von Joe Cocker, Bob Seger und Willie Nelson gecovert, „Dreams“ und das Kult-Opus „Whipping Post“ vom 69er Debüt-Album, welches auf beachtliche 13 Minuten kommt (auf dem 71er Live-Meilenstein “At Fillmore East” mit 22:40 Minuten eine ganze LP-Seite lang). Der inzwischen 66-jährige Sänger und Organist Gregg Allman gründete die Allman Brothers Band einst zusammen mit
ub. Schon der Bandname dieser Bruderschaft klingt nach Supergroup. Eine jedoch, die trotz weiteren Projekten eine zweite LP veröffentlicht. Gitarrist Devon Allman (Gregg Allmans Sohn) war zu Beginn skeptisch, ob die AllStar-Combo funktionieren würde. 2012 erschien das überzeugende Debüt-Album, gefolgt von einer US-Tour. Nun legt das erfrischend farbenfrohe und sehr „southerne“ Quintett mit „Heartsoulblood“ ein Scheit nach. Erstklassig! In bester Südstaaten-Manier prescht der Opener „World Blues“ mit Slide Guitar vor, bevor es mit „Rock And Roll“ nach Molly Hatchet klingt. Den Song geschrieben hat Cyril Neville, der jüngste der legendären Neville Brothers aus New Orleans, mit dem Vermerk: „Rock'n'Roll is the child of Rhythm & Blues“. Der Crossover Funk-Rocker „Ritual“ erinnert an Mother's Finest und stammt aus der Feder des Gitarristen Mike Zito. Auf der CD sind auch sehr soulige und funkige R&B-Tracks zu hören („Here It Is“, „Shoulda Known“ oder „Love And Peace“). „Groove on“ geht sofort ins Ohr. In der Tradition der Allman und
Blues/Soul/World REVIEWS
Neville Brothers agiert die Band mit einem Schlagzeuger und einem Perkussionisten und ist ab September 2014 in Europa unterwegs.
COCO MONTOYA Songs From The Road Ruf Records
ub. Die Liste der Künstler, welche eine „Songs From The Road“ Live-CD bei Ruf Records veröffentlichten, ist lang. Der amerikanische Blues-Musiker Coco Montoya bereichert die Reihe mit einem 120minütigen Doppel-Album, aufgezeichnet im Triple Door in Seattle. Montoya, 1951 in Kalifornien geboren, ist erfahrener Meister seines Fachs. Ursprünglich Schlagzeuger, brachte sich
der Linkshänder das Handwerk eines BluesGitarristen autodidaktisch bei, indem er bei Albert Collins abguckte. Den grossen Traum vom Musik-Business hatte Montoya bereits abgehakt, als er 1984 von der britischen Blues-Legende John Mayall angefragt wurde, in der nächsten Generation der Bluesbreakers mitzuwirken. „Behind The Iron Curtain“ war Montoyas erste Veröffentlichung mit den Bluesbreakern. Der Gitarrist spielte insgesamt drei Alben mit Mayall ein, bevor er sich Mitte der Neunziger entschied, auf eigenen Pfaden weiter zu gehen. In der Zwischenzeit 8 Solo-LP's eingespielt, reicht sein Repertoire von StandardBlues-Schemen mit langen Killer-Soli über melodiösen Soul Blues bis hin zu Country Rhythm Blues Rock, vergleichbar mit den Doobie Brothers. „Songs From The Road“ vereint 14 seiner besten Stücke. Wer Coco Montoya noch nicht kennt, hat mit der Set-List genau den richtigen Einstieg.
ABSOLUTION Dusty Road Blues Boulevard
hh. Das britische BluesrockTrio legt nach einem LiveAlbum nun sein zweites reguläres Studiowerk vor. Absolution ist noch relativ frisch auf der Szene, gegründet wurde die Truppe von Gitarrist/Sänger Joe Fawcett, der gemäss der Band-Bio erst seit 2006 die sechs Saiten bearbeitet. Dafür ist sein Spiel erstaunlich professionell und versiert. Als seinen grössten Einfluss bezeichnet der junge Mann klar ZZ Tops Billy Gibbons, sowie Joe Bonamassa. Fawcett lässt es gehörig krachen in bestem Gibbons-Distortion-Sound. zeigt sich aber auch in
ruhigeren Momenten als sehr einfühlsamer Gitarrist. Abstriche müssen aber beim Gesang gemacht werden, sein Stimmenvolumen ist doch relativ dünn ohne Wiedererkennungswert und kommt relativ verhalten und beliebig aus den Boxen. Hier ist noch reichlich Luft nach oben, ein paar Whiskies mehr und die eine oder andere Zigarre sollten da Abhilfe schaffen. Soll heissen: Mehr Dreck auf die Stimmbänder und schon würde das Ganze mehr Eier, Dynamik und Spannung bekommen. Als Songschreiber macht sich Fawcett allerdings sehr gut, die zwölf hier enthaltenen Songs sind durchweg eine Gemeinschaftsarbeit von ihm und seinem Drummer Doug Lang. Lang harmoniert sehr gut mit Bassist Ben Gardner ist, die beiden sorgen für einen groovigen, flüssigen Teppich. «Dusty Road» ist insgesamt ein durchaus empfehlenswertes BluesrockAlbum geworden, an dem Fans sicher Freude haben. Um jedoch aus der Masse herauszuragen, bedarf es noch ein paar Anstrengungen.
Reviews Americana/Roots/Country/Southern LINCOLN DURHAM Exodus Of The Deemed Unrighteous Blue Rose Records /MV
ub. Eine Kreuzung aus Tom Waits, Townes Van Zandt oder Steve Earle gefällig? Lincoln Durham ist ein relativ neuer Name, den man sich merken muss. Neo-Country Blues oder Roots schlechthin nennt man das wohl. Durham ist ein Suchender mit Tiefgang, der abwechslungs- und ideenreich musiziert. Nach seiner DebütLP „The Shovel Vs. The Howling Bones“ präsentiert der Singer/Songwriter aus Texas nun sein zweites Album. Ähnlich wie Seasick Steve (der 2014 auf dem Gurten und am Paléo in Nyon spielt), ist das Multitalent Durham eine „OneMan-Show“ und kommt mit einfachsten Instrumenten und Mitteln aus, mit denen er einen erdigen kernigen Sound erzeugt. Als Schlagzeug dient ein alter Koffer und/oder Footstomping. Bei „Annie Departee“ entlockt er einer Zigarrenschachtel-Gitarre am Besenstiel mit bloss einer Saite erstaunlich rockige Klänge. Dazu Durhams kräftiger und leidenschaftlich schwerer Gesang. Nach eigenen Angaben wurde Durhams “verbogene und verrückte Natur” in die 10 Songs des Albums gepackt. Dabei erkundete er auch die „dunklen Ecken der Musik“, die letztlich „alles veränderten“. Die Platte ist höchst interessant, aber verwirrt zunächst und ist gewöhnungsbedürftig. Einzig das grossartige „Stupid Man“ geht sofort ins Ohr, bleibt dort und sei als Anspieltipp genannt.
TOM GILLAM Last Night On Earth Live, Acoustic & Relaxed Blue Rose/MV rp So gediegene, entspannte Akustikkonzerte sind schon was Feines. Mann oder Frau ist hautnah beim Künstler. Verbesserte visuelle & akustische Kommunikation, etc. Die Reduktion von Songs auf Stimme und Gitarre kann
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natürlich auch ein Wagnis darstellen. Ohne den Rückhalt von unterstützender Technik klingt mancher Song gar monoton, fade und zerfällt ins Nichts. Langweilig. Dieses Problem hat der Amerikaner Tom Gillam, einst für den Americana Music Award nominiert, auf «Last Night On Earth - Live, Acoustic & Relaxed» nicht. Die zehn Songs auf seinem neunten Album (ohne die Compilation «Better Than The Rest») vertragen auch spärlichere Arrangements, sie verlangen geradezu danach. Die zehn Songs stammen grössenteils
von seinen Alben «Good for You» (2012), «Never Look Back» (2007) und «Shake My Hand» (2004). Kraftvoll, intensiv und berührend für die Freunde von Steve Earle, Neil Young und dem späten John Mellencamp.
WILLIAM CLARK GREEN Rose Queen Blue Rose / MV
mey. Und wieder bringt uns Blue Rose Records eine Neuigkeit nach Europa. William Clark Green, der 27-jährige Singer-Songwriter aus Lubbock, Texas USA. Seine musikalischen Vorlieben sind ganz klar bei den klassischen Singer-Songwriter Vorbildern und in der moderaten Americana Musik angesiedelt. Gute Texte und schöne harmonische Melodien vereinen sich auf seinem dritten Album „Rose Queen“. Mit seiner warmen Stimme überzeugt der junge aufstrebende Musiker auf der ganzen Linie. Green lässt sich aber auch auf keine musikalischen Experi-
mente ein, sondern zieht sein Ding vom Anfang bis zum Ende durch. Begleitet wird er von einer soliden Band, die sich in ihrem Genre sichtlich wohl fühlt. Jay Saldana (Drums&Percussion), Cameron Moreland (Bass), Steven Marcus (Electric Guitar), Brian Keane (Organ&Piano) und Rob McNelley (Electric Guitar) formen für William Clark Green ein sicheres Fundament mit viel Drive und dem nötigen Feeling um keinen der elf Songs zu erdrücken. Stilistisch abwechslungsreich aber nie kitschig hören sich die Kompositionen des talentierten Singer-Songwriters an. Mit dem Titelstück „Rose Queen“ eröffnet William Clark Green das Album und zeigt auch schon einmal die Gangart an. Eingängige Lieder mit guten Hooklines sind angesagt. Weiter geht die Reise auf einem Highway durch das staubige Texas mit „Remedy“. Die Songs bleiben haften und lassen den Zuhörer mitwippen. „Dead Or In Jail“ groovt einzigartig mit viel Gefühl aus den Boxen. Hier zeigt sich William Clark Green im Vers mit einem monotonen Gesang bevor im Chorus die Stimme abgeht. Toll! Eine orginelle Beziehungsgeschichte erzählt uns „She Likes The Beatles (And I Like The Stones)“. Drei wunderbare Minuten „bluegrasst“ sich die Band in „Let's Go“ durch die Gehörgänge. Langsam wird es eigentlich nur in den letzten beiden Songs „What It Takes To Be Me“ und „Welcome To The Family“. Ein schöner gelungener Abschluss für ein tolles Album. Die Musik von William Clark Green hat ein gewisses Suchtpotential. „Rose Queen“ ist ein starkes Album das aber nie aufdringlich wirkt und das man immer wieder anhören möchte.
Roots Music Szene. Vor Jahren noch unter dem Namen ihres Frontmannes als Charlie Hager & The Captain Legendary Band am Start, ist Ende 2013 ein Live Doppel-Album unter dem Titel „TCLB LIVE“ erschienen. Dieses Album wiederspiegelt die Vielfalt dieser Band. Schon auf ihrem ersten bekannten Album „Those Songs“ (2004) und dem Nachfolger „My Saving Grace“ (2006) wurde kompromisslos auf die Sparte Southern Rock mit Country und Roots Einflüssen gesetzt. Ihr drittes Album „Smoking Barrel“ (2010) war das ausgereifteste Album. Als logische Folge erschien jetzt das schöne Live Doppel-Album mit einer „Electric“ CD und einer „Acoustic“ CD. Beide Shows wurden im Frühling 2013 im Firehouse Saloon in Houston TX aufgenommen. Neben Frontmann Charlie Hager (Vocals, Guitars) besteht die Band aus: Aaron Bancroft (Guitars, Harmony Vocals), Jeff Hager (Bass) und Matt „The Kid“ Groll (Drums). Beide Scheiben zeigen einen schönen Überblick über das Schaffen der Band. Mehrheitlich mit Songs vom Album „Smoking Barrel“, doch mit den Perlen der anderen Aufnahmen zeigt sich die Band von ihrer dynamischen Seite. Die Songs weisen alle eine hohe Intensität auf und bestechen durch den ehrlichen und rohen Sound. Keine technischen Gimmicks oder überflüssige Soloeinlagen belasten die Songs. Auch der Live Charakter aus dem Firehouse Saloon kommt gut zur Geltung und zeigt tolle Konzertmitschnitte mit US Club Charme. CHUCK RAGAN Till Midnight Side One Dummy Rec.
THE CAPTAIN LEGENDARY BAND TCLB “Live” Teenage Head Music
mey. In den USA gehört diese Band schon zu den bekannteren Formationen in der Southern Rock oder American
mey. Nachdem erst kürzlich veröffentlichten Live Album „Live At Skaters PaIace“ erscheint nun das vierte Studioalbum des Mannes mit der Reibeisenstimme. Chuck Ragan knüpft mit „Till Midnight“ da an, wo er mit
Americana/Roots/Country/Southern Reviews seinen vorgängigen Alben aufgehört hat. Akustik dominierter Folkrock mit einer Portion Indie. Begleitet wird Chuck Ragan auf seinem Album von seinen Kumpels die ihn schon auf „Live At Skaters Palace“ begleitet haben. Todd Beene (Pedal Steel, Electric Guitar, Backing Vocals), John Gaunt (Fiddle), Joe Ginsberg (Bass, Backing Vocals), David Hidalgo Jr. (Drums, Backing Vocals) verstehen es vorzüglich die musikalischen Vorgaben von Ragan mit ihrer instrumentalen Würze zu verzieren. Mehrere Gastsänger, zB.: Dave Hause und Chad Price (Drag The River) oder Ben Nichols und Jenny O. duellieren sich auf „Till Midnight“ mit Chuck Ragan's bemerkenswertem Gesangsorgan, das stellenweise an den jungen Bruce Springsteen erinnert. Mit „Something May Catch Fire“ legt Chuck Ragan schon einmal kräftig los. Getrieben mit straight gespieltem Bass und Drums rollt der Opener dahin.“Vagabond“ schliesst nahtlos an und untermalt ganz klar die Richtung dieser Scheibe. Flüssige, rockige Nummern, die aber nie den Anstrich der Folkmusic verlieren. Die Anteile der elektrischen Gitarren ordnen sich den Akustik Instrumenten wie Fiddle, Pedal Steel Guitar oder Dobro unten. „Non Typical“ ist ein Duett mit der Sängerin Jenny O. Hier erinnert die Stimme in jeder Zeile extrem stark an Springsteen. Erst im siebten Song ist es an der Zeit ein wenig zu verschnaufen. Mit „Wake With You“ singt Chuck Ragan eine wunderschöne Ballade mit berührendem Text. Man spürt förmlich die Hingabe in jeder Phase des Songs. Mit „Whistleblowers Song“ und dem mit viel Dynamik vorgetragenen „For All We Care“ wird das Album beendet. Ein ausgezeichnetes Folk Album mit einem ganz tollen Sänger mit einer charakterstarken Stimme und einer super Band. „Till Midnight“ ist ein Hörerlebnis und mit leider nur zehn Songs fast ein wenig zu kurz geraten. Aber das tut der Qualität dieses Albums keinen Abbruch. NQ ARBUCKLE The Future Happens Anyway Blue Rose / MV mey. Die in Canada ansässige Alternativ-Country oder Roots Country Band NQ Arbuckle ist bei uns nur ein Insider Act. In Canada beherrschen sie schon seit Jahren die Szene und
lassen immer wieder durch ihre tollen Alben aufhorchen. Gegründet wurde die Band 2002. Durch ihre langen, ausgedehnten Touren kommen die Studioaufnahmen immer wieder zu kurz. Deshalb ist „The Future Happens Anyway“ erst das vierte Album von NQA. Das aussergewöhnliche Songmaterial und die Dichte ihrer Songs machen NQA zu ei-nem Hörerlebnis. Sicher darf man NQ Arbuckle auf das gleiche musikalische Level wie die bei uns besser bekannten Blue Rodeo einstufen. Das kraftvolle Timbre in der Stimme von Neville Quinlan gibt der Band einen grossen Wiedererkennungswert und die erfahrenen Musiker in der Band tragen das ihre für einen soliden Klang-
teppich bei. Musikalisch bietet das Album eine vielfältige Palette von rockigeren Songs wie „Back To Earth“, „Death“ oder die Power Ballade „Hot Shot“, klassische RootsCountry Songs wie „Hospitals“, das folkig angehauchte, „Art O'Leary“ oder die twangige County Nummer „Red Wine“. In dieser Vielfältigkeit liegt die Stärke von NQA. „I Wish That My Sadness Would Make You Change“ ist eine kraftvolle Ballade die mit unterschiedlichsten Nuancen und interessanten Variationen aufwartet. Ein starker Beat, ein kräftiges Piano untermalt mit Pedal Steel Passagen und einem eindrucksvollen Harmonie Gesang. „The Future Happens Anyway“ ist ein schönes Album, um auch einmal einen Gang zurückzuschalten.
CARLENE CARTER Carter Girl Rounder Records
mey. Mit dem Namen Carter verbindet sich ein grosses Stück Geschichte der Country Musik. Carlene Carter, die Tochter von June Carter und Carl Smith, gehört seit Jahrzehnten zu den „Country Rebellen“ der USA. Geboren in Nashville, entzog sie sich früh der Familie und versuchte in England in der New Wave und Rock Musik ihre Spuren zu hinterlassen. Erst im Jahre 1993 gelang Carlene Carter mit „Little Love Letters“ der eigentliche kommerzielle Durchbruch in den USA. „Little Act Of Treason“ folgte 1995, war aber zugleich für längere Zeit das letzte musikalische Werk. Persönliche Probleme warfen sie immer wieder zurück. Erst im Jahre 2006 erschien ihr nächstes Studioalbum „Stronger“. An die musikalische Stärke und die Power von „Little Love Letters“ konnte Carlene Carter nicht mehr anschliessen. Mit dem neuen Album „Carter Girl“ bringt sie zwölf Songs, die alle aus der Feder der Carter Familie stammen. A.P. Carter, Helen Carter, Maybelle und Ezra Carter, June Carter sowie Carlene Carter steuerten Songs zu dieser Aufnahme bei. A.P. Carter lebte von 1891 bis 1960, daran kann man sehen, wie alt einige der Songs sind und im neuen Anzug wirken diese lebendig rau und erdig. Don Was, der sich für die Produktion verantwortlich zeigte, verstand es mit tollen Studiomusikern (Rami Jaffee, Blake Mills, Jim Keltner, Greg Leisz, Sam Bush uvm.) ein natürliches und authentisches Country Album einzuspielen. Carlene Carter's Stimme ist nicht mehr so wild und ungezügelt wie in jungen Jahren, dafür hat die Frau mächtig an Gefühl und stimmlicher Ausstrahlung gewonnen. „Carter Girl“ beinhaltet schöne zeitlose Songs in einem neuen Mantel, der aber weit weg von High Fashion ist. „Little Black Train“ eröffnet das Album. Das zahlt sich aus, denn der Song groovt vorwärts. „Give Me The Roses“ und „Me And The Wildwood Rose“ zwei Country Klassiker, die ruhiger aber dennoch mit Biss aus den Lautsprechern tönen. „Blackie's Gunman“ schon fast als Akustik Song mit schöner Gitarren und Mandolinen Arbeit zeigt auch, wie knallig ein alter Song klingen kann. „Poor Old Heartsick Me“, geschrieben von Helen Carter, klingt mit den Harmony Vocals von Elizabeth Cook erfrischend leicht. „Lonesome
Valley 2003“ aus der Feder von Carlene ist eine ruhige Ballade. Wer sollte da nicht besser geeignet sein für den Harmonie Gesang als Vince Gill und bei „Black Jack David“ dürfen wir die Reibeisenstimme von Kris Kristofferson hören. Bei „Carter Girl“ kommen viele schöne Erinnerungen hoch. Es vermittelt eine Mischung aus Live Atmosphäre und Club Feeling. Ein Album, das sich an lauen Sommerabenden geniessen lässt. Hoffentlich ist nicht wieder fast zehn Jahre plattenmässige „Funkstille“ im Hause von Carlene Carter. Denn die Frau hats mit fast 60(!!) immer noch drauf.
PUSSNBOOTS No Fools, No Fun Bluenote/Universal
Das charmante Trio aus der mehrfachen GrammyPreisträgerin Norah Jones, Jazz-Sängerin Sasha Dobson und Catherine Popper, die bereits als Bassistin bei Ryan Adams und Jack White aktiv bringen hier zwölf Songs, von denen die Hälfte aus CoverVersionen von u.a. Neil Young, Robbie Robertson, Tom Paxton besteht und der Rest aus eigenem Material besteht. Die Songs sind durchweg ruhig gehalten, haben den Charakter einer elektrischen «unplugged» Session und bestechen durch schönen Harmoniegesang. Zudem bedienen die Ladies ihre Instrumente (Gitarren, Bass, Drums, Fiddle) selbst und sorgen in den drei enthaltenen Live-Tracks für große Begeisterung im Publikum. «No Fools, No Fun» ist ein Album zum Zuhören, definitiv keine Party-Mucke. Aber wer einen langen Tag mit ruhiger, schöner Musik ausklingen lassen möchte und Affinitäten zu Country- und AmericanaSounds hat, wird hier aufs allerfeinste bedient.
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LIVE REVIEWS BLACK SABBATH
ip. Licht aus, Videowände an, "War Pigs", Gänsehaut. Die geht auch bis um 23:15 nicht mehr weg. Black Sabbath zerlegen in zwei Stunden das Hallenstadion und man kann hohe Einsätze darauf wetten, dass 99 Prozent des Publikums elektrisiert und mit breitem Grinsen nach Hause gehen konnten. Osbourne, Butler und Iommi verwandeln die nüchterne Halle mit dem ersten Ton in einen Tempel der Meister, in dem der Vergangenheit gehuldigt und die Gegenwart willkommen geheissen wird. Einen nicht unerheblichen Anteil daran hat Tommy Clufetos am Schlagzeug, der während des gesamten Konzerts vor seinem goldenen
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Zürich, Hallenstadion 20.6.14 Fotos: Ian Keates
Gong wie ein erleuchteter Buddha sitzt und den drei Protagonisten den Groove vorgibt. Clufetos bringt jeden Schlag auf den Punkt, treibt die Black Sabbath-Galeere unerbittlich an und fügt sich perfekt in die Wucht der Band ein. "Into The Void" vom 1971er Album "Masters Of Reality" donnert nach dem Opener durch den Tempel. "Ozzy, Ozzy!"-Rufe des Publikums erwidert der glänzend aufgelegte Frontmann mit seinen eigenen "Tony, Tony!" und "Geezer, Geezer!"-Anfeuerungen und macht damit klar, dass nicht er im Mittelpunkt steht, sondern die Band. Immer wieder versichert er den Fans "We love you all!" und strahlt dabei über das ganze Gesicht. "Under The Sun" und "Snowblind" vom Kultalbum "Vol. 4" folgen und "Age Of Reason" vertritt als erster Song das letztjährige Album "13". Mit "End Of The Beginning" und "God Is Dead" sind noch zwei weitere neue Songs im Gepäck, die sich praktisch unsichtbar zwischen die alten Klassiker mogeln und bereits die Klassiker von übermorgen darstellen. Allerdings, und das muss man bei aller Huldigung erwähnen, sind es vor allem die neuen Songs, bei denen Osbourne gesanglich an seine Grenzen stösst und mit fast schon bewundernswerter Konsequenz einen Halbton daneben hängenbleibt. Seine Präsenz und seine oft rührende Freude am Publikumsfeedback lassen das jedoch in einer "Ozzy darf das"-Toleranz verschwinden. Über alle Zweifel erhaben ist dann sowieso "Black Sabbath" mit dem Riff aller Riffs. Als der Song in einer Feuer(video)wand ausklingt, hat Iommi seinen Thron auf dem Podest der Riffmaster wiederholt poliert und ins richtige Licht gerückt. "Behind The Wall Of Sleep" und "N.I.B." folgen, Ozzy animiert die Fans immer wieder mit "I can't fuckin' hear you!" Rufen, die das Tempelvolk mit einer steigenden Brandung aus Euphorie beantwortet. Das grossartige "Fairies Wear Boots" erlaubt Ozzy eine kleine Pause, bevor Iommi "Supernaut" anspielt und damit Clufetos Raum für ein hammermässiges Drumsolo gibt. Nihilistisch sparsam an Gefrickel, dafür tonnenschwer an Groove macht der Drummer, der bereits in Ozzys Soloband und für Rob Zombie gespielt hat, klar, warum er mit an Bord ist. "Iron Man" geht über in "God Is Dead" und dann wird es etwas schwierig, akustisch etwas mitzukriegen. Denn die Videosequenzen, mit denen "Dirty Women" unterlegt sind, fordern aufgrund nackter Tatsachen aus den 70er Jahren die volle optische Aufmerksamkeit. Mit "Children Of The Grave" endet der reguläre Set und zum Abschiedsgebet packen die Priester des Doom den Anfang von "Sabbath Bloody Sabbath" und natürlich "Paranoid" aus. Der Gottesdienst endet, Jünger aller Alterschichten pilgern erleuchtet nach Hause und man hört allenthalben murmeln: "Das war das Konzert des Jahrzehnts". PS: Soundgarden waren auch noch da.
SLAYER, ANTHRAX 9.6.14 Pratteln, Z7
Foto: Sonja Vaucher
mv. Ein richtig heisser Sommerabend, das Z7 ausverkauft bis auf den letzten Platz und ein Billing, dass jedes Thrash Metal-Herz höher schlagen lässt. Nach der Parkplatzsuche und weitem Fussmarsch zeigt sich schnell, dass heute wohl jeder Thrasher der Schweiz anwesend zu sein scheint. Immerhin sind ja auch zwei der „Big Four“ des Thrash Metal in Pratteln zu Gast. Diese grosse Anzahl Fans und die brütende Hitze drinnen wie draussen sorgte für viel Schweiss, was durch die treibende Performance von Anthrax noch intensiviert wurde. Die Moshkings aus New York zeigten viel Spielfreude, wussten das grosse Publikum sofort zu begeistern mit ihren diversen Klassikern. Höhepunkte waren klar das wie immer grandiose „Indians“, das uralte „Death Rider“ sowie das unvermeidliche „Caught In A Mosh“. Sänger Joey ist dabei immer noch bei erstaunlich fantastischer Stimme, die Zeit scheint ihm nichts anhaben zu können. Mit „Got The Time“ (Joe Jackson), „Anti-Social“ (Trust) und „T.N.T.“ (AC/DC) wurden leider etwas gar viele Coverversionen dargebracht, was bei der kurzen Spielzeit von nicht einmal einer Stunde nicht notwendig gewesen wäre, da die Band selber über genügend eigene Klassiker verfügt. Anyway, Anthrax räumten gut ab und so war die Halle bereits kochend heiss als Slayer die Bühne betraten. Die immer noch regierenden Könige des Thrash Metal bewiesen einmal mehr, dass wohl auch in nächster Zeit niemand das Zepter in diesem Bereich übernehmen wird und kann. Obwohl nach dem tragischen Tod von Gitarrist Jeff Hannemann und dem Rauswurf von Drummer Dave Lombardo nur noch die Hälfte des Original Line-Ups auf der Bühne stand (Gary Holt von Exodus spielt die 2. Gitarre, Paul Bostaph ist mal wieder an die Drums zurückgekehrt), entfachten Slayer auch an diesem Abend die pure Hölle in der Halle. Tödliche Thrash-Granaten wie „War Ensemble“, „Raining Blood“, „Mandatory Suicide“, „Captor Of Sin“, „Dead Skin Mask“, „Seasons In The Abyss“, „South Of Heaven“ oder das immer wieder alles zerstörende „Angel Of Death“ (härtester und bester Thrash Metal-Song aller Zeiten ?!) wurden mit unglaublicher Präzision und Brutalität ins Publikum geprügelt. Tom Araya ist zwar vom Alter nicht verschont worden, das hält ihn aber nicht davon ab, weiterhin alles in Grund und Boden zu brüllen, während Kerry King auf der Bühne mit seinen messerscharfen Riffs und seiner diabolischen Ausstrahlung alles verkörpert, was Slayer ausmacht. Hart, härter, Slayer ! Daran wird sich sicher vermutlich nie etwas ändern und so soll es auch sein.
LIVE REVIEWS MOTÖRHEAD Wetzikon, Eishalle
27.6.14
Foto: Ian Keates
ub. Motörhead ist Lemmy. Lemmy ist Motörhead. Als väterliche Identifikationsfigur gehört er beinahe zur Familie. Einmal vom Virus infiziert, ist Motörhead Lebenselixier, Kraftspender und Antrieb für viele. Entsprechend hoch war in letzter Zeit die Sorge um seine Gesundheit. Der Kurzauftritt am Wacken Open Air im August 2013 fand nur statt, weil es Lemmy hasst, seine Fans hängen zu lassen. In der Folge musste das geplante Konzert vom November 2013 in Zürich abgesagt werden. Kurzfristig ging dann Ende Januar 2014 sogar die ganze Spring European Tour den Bach hinunter. Zum Glück diente die 21. StudioLP „Aftershock“ ab Oktober 2013 zur Überbrückung. Offensichtlich war und ist der scheinbar unsterbliche, inzwischen 68-jährige Ian Fraser "Lemmy" Kilmister ernsthaft krank und instabil, sodass das Risiko eines erneuten Ausfalls des CH-Termins bestand. Der Gig am Coachella sowie eine Handvoll Konzerte an der Westküste der USA im April liessen jedoch hoffen. „Good evening, we are Motörhead.“ Zerrissen zwischen Lemmy-Kult und Wehmut hatte der Auftritt in Wetzikon eine gewisse Tragik. Der zähe Frontmann wirkte müde und konnte sich kaum auf den Beinen halten. Es war zum Weinen, als er im Zeitlupentempo „move over for a Damage Case“ krächzte und dabei litt. Es folgten „Stay Clean“ und „Metropolis“ vom 79er-Hammer „Overkill“. Lemmy selbst meinte trotzig, er sei „Over The Top“, freute sich dennoch über ein Päuschen als der massiv unterbewertete Phil Campbell mit neongrün leuchtender Gitarre zum Solo ansetzte. Danach folgt die Transformation: Lemmy saugt die Energie seiner Jünger in sich auf und lächelt zurück: “You are a fucking excellent audience!“ “The Chase Is Better Than The Catch” sowie “Rock It” vom verschmähten Album “Another Perfect Day” fahren voll ein. Der einzige neue Song “Lost Woman Blues” tönt nach ZZ Top, passt aktuell aber besser zu Motörhead als “Doctor Rock”, wo des
Sängers Stimme versagt. Mikkey “The best drummer of the world” Dee rettet die Situation mit einem gewohnt soliden Drumsolo. “Just 'Cos You Got The Power” groovt magisch, bevor es mit “Going To Brazil”, “Killed By Death” und dem letzten Song “Ace Of Spades” nochmal richtig laut wird. Die Zugabe “Overkill” ist auch seit Jahren keine Überraschung mehr, macht aber Spass. Nach knapp 75 Minuten ist leider schon Schluss im Bus. Mehr liegt für Lemmy wohl einfach nicht mehr drin. Ein Laken fliegt am sedierten Bassisten vorbei und wird von Roadies aufgehängt: „Thankx Lemmy. God of R'n'R. From 1945 to Eternity!“ Seit einigen Jahren geniesst der knurrige Rocker Kultstatus. Die vielen jungen Fans braucht er heute mehr denn je.
ROBERT PLANT, RODRIGO Y GABRIELA Montreux, Jazz Festival 8.7.14 Text: Daniel Strub Pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk legte das mexikanische Gitarrenduo Rodrigo y Gabriela mit Wohnsitz Irland mit The Soundmaker vom aktuellen Album 9 Dead Alive los. Um nicht in einem einzigen akustischen Gitarrengewitter die Konzertbesucher zu strapazieren, benutzen Sie die Gitarrenkörper als virtuoses Percussion-Instrument. Dies benötigt noch mehr Hand – oder Fingerfertigkeit als ohnehin, aber groovt gewaltig. Rodrigo y Gabriela lassen weitgehend Ihre Musik sprechen, dass ist auch gut so, denn wenn Sie sprechen wirken Sie leicht nervös oder finden nicht die passenden Worte. Nach einer guten Stunde verabschiedeten sich die beiden Mexikaner unter riesigem Beifall von der Bühne. Nach einer etwa halbstündigen Umbaupause war es soweit. Die lebende Legende Robert Plant trat mit ihrer Band den Sensational Space Shifters auf. Herr Plant muss niemandem mehr etwas beweisen und könnte ein ruhiges Leben mit ab und an einem Auftritt, bei welchem er Led Zeppelin-Songs zum Besten gibt, vorziehen. Dies ist glücklicherweise nicht so. Robert Plant war und ist nach wie vor sehr innovativ und scheut sich nicht gänzlich andere Musikstile mit seinem geliebten Blues/Classic Rock zu mischen. Seine hervorragenden Musiker wurden rekrutiert aus Bands wie Massive Attack, Memory Lane und Portishead. Natürlich war der Fokus auf Plant eingestellt, aber ein grossartiger Sänger kann nur mit einer guten Band funktionieren. Dies weiss und unterstrich Robert Plant und nahm sich ein ums andere Mal aus
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Foto: Daniel Strub
dem Mittelpunkt des Geschehens und stellte gleich zweimal während der 1½-stündigen Show seine Musiker mit einer kurzen Bio vor. Robert Plant glänzte mit seiner facettenreichen Stimme. Mal rockig, mal gefühlvoll, mal
energisch und dies jeweils auf den Punkt brachte Plant die Songs rüber. Darüber hinaus punktete er mit seinen meist in Englisch und Französisch gehaltenen Ansagen. Seine Liebe zum Blues, die afrikanische Rhythmik und Neues auszuprobieren sind drei essentielle Dinge in seiner Musik. Und, was war mit dem Publikum? Bei den klassischen Led ZepSongs gingen die Konzertbesucher sehr gut mit und bei anderen Stücken schien es, dass Sie von der Vielschichtigkeit der Songs regelrecht überrumpelt wurden. Beispielsweise wurde man beim zweiten Song “Tin Pan Valley” nur schon durch das hervorragend eingesetzte blaue Bühnenlicht und die anfänglich schleppende Musik in eine mystische Stimmung versetzt um dann beim Refrain und weissem Strobo-Licht wieder aus der Haut zu fahren oder überrascht zu werden. Dieser Song gehörte mit seiner ganzen Umsetzung zu den
LIVE REVIEWS Highlights. Mit Spoonful von Howlin' Wolf ehrte Plant seinen (Blues)Helden und gleichzeitig brachte John Baggott auf seinem Keyboard neuzeitliche Klänge in den Song, ohne dass dies störte. Mit einem Einschlag an orientalischer Musik gipfelte der Song in eine Mitklatschnummer per excellence. Das buntgemischte Publikum vom Alt-Hippie bis zum Jungspund war begeistert. Solche Crossover-Sachen fanden sich praktisch in jedem Song. So bekam der ZeppelinKlassiker “Black Dog” eine nordafrikanische Klangfarbe. Der Höhepunkt der Vermischung mehrere Stile fand sich an diesem Abend mit dem Lied “Little Maggie”. Der Song wird auf dem neuen Album “Lullaby and…The Ceaseless Roar”, welches, wie Plant präzisierte, am 8. September 2014 um Acht Uhr morgens erscheinen soll, dabei sein. “Little Maggie” begann als Bluegrass-Nummer mit viel Banjo-Einsatz und einer Art „afrikanischer Geige“ und endete in einem Blues/Trance-Mix. Dieser Mix ist gewagt, aber überzeugte live. Zum Abschluss gab es den Höhepunkt mit einer grandiosen Version des Led ZeppelinKlassikers “Whola Lotta Love” - ein bluesig, schleppendes Intro, frenetisch mitgegangen vom Publikum und gegen Ende mit tanzenden und jubelnden Fans. Nachdem verliess die Band für ein paar Minuten die Bühne um unter viel Applaus und der Erinnerungsrede an den verstorbenen Festivalgründer Claude Nobs mit zwei weiteren Songs den Abend zu beschliessen.
DEEP PURPLE, THE DANDY WARHOLS, Basel, Summerstage 11.7.14 Text + Fotos: Daniel Strub Soliden, gut vorgetragenen Rock gab es von der Basler THE JIMMY MILLER INCIDENT für die wenigen Rockfans, die den Weg in den Park im Grünen um halb Sieben bereits hinter sich hatten, und erwartungsvoll vor der Bühne standen. Im Laufe des Sets wurde die Zuschauerkulisse immer mehr. Es wurde zwar applaudiert, aber die Stimmung blieb bis auf die ersten Reihen noch aus. Die 5 Musiker verstärkt durch zwei Background-Sängerinnen interagierten gut mit dem Publikum, jedoch wollte der berühmte Funke nicht überspringen. Die amerikanische Alternative Band THE DANDY WARHOLS wirkten steifer als die erste Band auf der Bühne. So brauchte es rund eine halbe Stunde, bis Stimmung aufkam - Sänger Cortney Taylor-Taylor konnte zu Beginn noch so energisch ins Mikro singen, Brent DeBoer die Becken bearbeiten und Zia McCabe in die Tasten hauen. Einzig der Bassist/Gitarrist zog cool, unaufgeregt seine „Show“ ab. Wie erwähnt wurde die Stimmung ab Set-Mitte mit dem bekannten Song “Bohemian Like You” deutlich besser. Der Bann schien gebrochen. So bekamen auch die sehr experimentell anmutenden Stücken und die mehrstimmig gesungenen, groovigen Songs die entsprechende Resonanz der Fans. Mit dem Satz „God Bless Deep Purple – They Are F***ing Amazing“ übergaben sie das Publikum dem Headliner. Sah man die unzähligen DEEP PURPLEShirts im Publikum, war klar dass es nun stimmungsmässig nur noch aufwärts gehen konnte. Als hätte man einen Schalter umgedreht verwandelte sich ab dem ersten Zupfen von Morse-Gitarre das vorgängig zurückhaltende Konzertpublikum in ein Rockkonzertwürdiges! Es wurde gebangt, gejohlt und
Foto: Ian Keates
THE JIMMY MILLER INCIDENT
wild applaudiert. Man war wegen dem britischen Quintett im Park. Mal vorweg, man wurde wie bisher an jedem Deep Purple nicht enttäuscht! Die Band startete mit “Après Vous” fulminant in das Set und während der ganzen 100 Minuten Spieldauer gab es keine Schwächephase. Im Gegensatz zur letztjährigen Now What?!-Tour haben Sie Ihre Setliste leicht
verändert. So wurden “Fireball”, “All the Time in the World” und “No One Came” nicht berücksichtigt und stattdessen fanden “Après Vous”, “Uncommon Man”, “Hell to Pay” und “Green Onions” Platz. Mit 4 Songs war das aktuelle Album “Now What?!” gut vertreten in Anbetracht des riesigen Back-Kataloges aus 18 Studioalben! Aus meiner Warte gab es vier Höhepunkte: sehr emotional “Lazy” vom “Machine Head”-Album, “Perfect
Strangers” war in Zusammenhang mit Don Aireys Keyboard-Intro, Gillans Gesang, dem Song an sich und Morse' Gitarrenarbeit herausragend dargeboten. Durch Roger Glover's Tänzchen mit seinem Bass, der Spielfreude und Agilität aller Musiker war auch das darauf folgende “Space Truckin'” ein Höhepunkt. Da “Smoke on the Water” oder auch das zuletzt gespielte “Black Night” jeweils überwältigende Resonanzen beim Publikum bei jedem Deep Purple-Konzert hervorrufen, sind es zwar auch tolle Momente, aber nicht mehr sehr speziell. Dagegen war “Vincent Price” mit schrägen Orgelklängen in Kombination mit der Lichttechnik, dem Einspielen des hämischen Lachens Price's und dem gut sichtbaren (fast) Vollmond unglaublich. Mit dem Steve Morse Gitarren-Solo im Zwischenteil gehörte der Song zum vierten Höhepunkt an diesem Abend. Nach “Black Night” und etwa 100 Minuten Spielzeit verabschiedeten sich Deep Purple unter viel Applaus und Jubelrufen von den Fans.
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LIVE REVIEWS ROCK THE RING THE TREATMENT, CHINA, BLACK LABEL SOCIETY, KROKUS, PETER MAFFAY, ZZ TOP Hinwil 22.6.14 Fotos: Ian Keates
ip. Die Feuertaufe hat das Rock the Ring Festival in Hinwil mit insgesamt 24'000 Besuchern im Zürcher Oberland bestanden. Über drei Tage haben sich internationale Stars die Klinke in die Hand gegeben und mit dem Auftritt von Bryan Adams am Samstag Abend fand das Spektakel einen Höhepunkt. Am Sonntag begannen die jungen Briten von The Treatment, das Publikum mit gut gespieltem Classic Rock anzuwärmen. Obwohl "anwärmen" technisch gesehen gar nicht nötig war, denn das Wetter meinte es an allen drei Tagen allerbestens mit Publikum, Veranstaltern und Bands. Danach machten sie Platz für China, die Ende der 80er und Anfang/Mitte der 90er respektable Erfolge feiern konnten und seit einiger Zeit den Weg zurück auf die Bühne gefunden haben. Von der Urbesetzung ist mittlerweile nur noch Gitarrist Claudio Matteo übrig, der aber von Bassist Brian Kofmehl, einem Sidekick aus Post-Anfangstagen, tatkräftig unterstützt wird. Sänger Eric St. Michaels, der ebenfalls bereits Anfang der Neunziger mit von der Partie war, unterhält das Publikum routiniert und mit dem 95er Single-Hit "All I Do Is Wait" beschliessen die Winterthurer ihren Slot. Black Label Society sind der Dampfhammer des Tages. Frontmann Zakk Wylde hat, wie gewohnt, seinen Gitarrenfuhrpark mitgenommen und wechselt nach jedem Song sein Arbeitsgerät. Trotz kurzer Spielzeit ist seine Truppe aber vor allem für die anwesenden Metalfans ein Grund zum Feiern. Das Quartett ist trotz Hitze in die obligate Kluft aus Leder
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und Jeans gekleidet und bringt ein Konzentrat aus den besten BLSKrachern, allen voran "Suicide Messiah". Für die Gitarren-Nerds bringt Wylde eines seiner Bombensoli, aber dann ist leider auch schon wieder Schluss. Wylde und seine Band lassen es sich nicht nehmen, sich ausgiebig beim Publikum zu bedanken, bevor sie die Bühne verlassen. Sympathisch! Was Krokus dann abliefern, gehört in die Kategorie "Meisterklasse mit Sahne": Marc Storace und Mandy Meyer führen ein Furiosum an, das die Leute auf dem Gelände zum Kochen bringt. Den Set eröffnet "Long Stick Goes Boom" und der Platz vor der Bühne ist in Sekundenschnelle gefüllt. Das Publikum feiert die Solothurner Rocker vom ersten Ton an, geht zu "American Woman" ab wie eine Rakete und freut sich ebenfalls an der Soundqualität, die sich deutlich gesteigert hat. Bei "Tokio Nights" sind sämtliche Hände oben und Storace adelt die Fans immer wieder als "Geili Sieche!". Recht hat er, aber auch auf der Bühne gibt es einen geilen Siech in Form von Gitarrist Meyer, der den Kultsong "Fire" mit einem grossartig gespielten Solo noch heisser macht. "Bedside Radio" tut sein Übriges und mit "Heatstrokes" ist auch dem letzten Besucher klar, dass hier gerade die Gewinner des Tages auf der Bühne stehen. Krokus haben den Rock'n'Roll immer noch drauf, die Stimmung ist grossartig, "Easy Rocker" knallt mit der Sonne um die Wette und Storace feuert das Publikum zusätzlich an. "Hoodoo Woman" singen sämtliche Zuschauer mit und am Ende legen die Landesrockväter mit Manfred Manns/Dylans "Mighty Quinn" noch einen letzten Brüller nach. Krokus
LIVE REVIEWS
haben abgeräumt und unmissverständlich klagemacht, wo der Hammer hängt. Peter Maffay braucht nach dieser energetischen Show ein wenig Anlaufzeit, um das Publikum von sich zu überzeugen. Obwohl auch er eine Top-Band hinter sich hat, die amtlich rockt, ist sein Repertoire doch wesentlich getragener. Vielleicht haben sich auch einige Vorurteile bei den Zuschauern eingeschlichen, die Maffay nicht unbedingt zwischen Acts wie Black Label Society, Krokus und ZZ Top sehen würden. Da das Publikum aber eben genau aufgrund der stilistischen Vielfalt auch entsprechend vielfältig ist, finden sich eine Menge Leute, die Maffay und seine Band feiern. Verglichen mit anderen Acts des Tages ist sein Set geprägt von "Hochglanz"rock, der einwandfrei dargeboten wird. Seine Backingvocal-Belegschaft interagiert mit den Zuschauern und hält, genau wie der Chef selbst, alle bestens bei Laune. Bei "Halleluja" wird es etwas lauschiger und emotionaler, aber es ist dann "Über sieben Brücken musst du geh'n", das das gesamte Festivalgelände zu einem kollektiven Schunkeln überredet. Und da macht jetzt wirklich jeder, von der Ü60-Omi bis zum Unter20Metalhead mit, denn den Song kennen alle und jeder hat irgendwelche nostalgischen Erinnerungen, die er damit verbindet. Professionelle, gute Show mit vielen emotionsgeladenen Momenten. Als ZZ Top mit "Got Me Under Pressure" ihren Auftritt eröffnen, zieht der Himmel zu und einige unwesentliche Regentropfen wollen auch mal kucken, was das texanische Trio mitgebracht hat. Einen grossen Sack voll Bluesrock-Klassiker haben sie dabei, was sonst! Die Tres Hombres schieben "Waitin' For The Bus" und "Jesus Just Left Chicago" dem Opener hinterher und
sorgen damit für gute Laune bei dem leicht dezimierten Publikum. Das Tanzbein lässt sich dann zu "Gimme All Your Lovin'" schwingen und auch hier sind Fans aller Altersklassen vertreten, die mit dem mehr als verdienten Bluestrio mitgehen und sichtlich eine Menge Spass haben. Gibbons und Hill zeigen den Leuten zwischendurch, wie das mit dem Tanzbein geht: Nämlich rückenfreundlich minimalbelastend auf einer Stelle und elegant mit nicht mehr als 7,5 Zentimetern Bewegungsradius. Gibbons' Soli sind ein Volksfest für die Ohren. Für die Augen gibt es erstaunlicherweise allerdings nur einen Wechsel zur weissen Plüschgitarre bei "Legs", dem letzten Song, und dann nochmal für die Zugaben "La Grange", "Tush" und "Jailhouse Rock". Den restlichen Set spielt Gibbons mit seiner weinroten "Rev. Willy G."-Gibson, der er einen riesigen "Bier!"Aufkleber auf der Rückseite verpasst hat. Leider fehlt dann "Beerdrinkers & Hellraisers" in der Setlist, aber das machen "Pincushion", "Gotsta Get Paid", Muddy Waters' "Two Trains Runnin'" (gesungen von Dusty Hill), "Cheap Sunglasses", "My Head's In Mississippi" (kurzerhand in "My Head's In Switzerland" umfunktioniert), "Chartreuse" ("Shartroose"!), "Sharp Dressed Men" und Frank Beard mit Zigarre hinter dem Drum längstens wieder wett. ZZ Top sind einfach eine unschlagbare Band; zum einen, was den Blues angeht, zum anderen, was den Humor angeht. There is no band like ZZ Top. Grossartiges Trio und ein würdevoller, grossartiger Abschluss eines Festivals, das es nächstes Jahr wieder um die gleiche Zeit an der gleichen, tollen Location geben wird. Und da freuen wir uns drauf!
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LIVE REVIEWS mh. Ende Juni war es wieder einmal soweit, die Magie des Sittertobels hat wieder Tausende in den Bann gezogen und an die Sitter gelockt. In St. Gallen hat man – im Gegensatz zum Gurten Festival auch dieses Jahr wieder auf das Cashless Bezahlsystem gesetzt. Man konnte bereits vor dem Festival den Bändel beziehen und sein Geld auf die Chipkarte laden und so dann das Portemonnaie bequem Zuhause lassen. Es hat alles tiptop funktioniert. Eine Änderung gab es allerdings beim Haupteingang am Donnerstag-Abend. Dieser befand sich nämlich erstmals auf der Abtwiler Seite, damit die ganzen Menschenmassen nicht den Verkehr auf der Zürcherstrasse behindern, wie das letztes Jahr der Fall war. Einige Tausend Besucher wurden bereits vor der offiziellen Geländeeröffnung kontrolliert und in einen Wartebereich vor dem Eingang verfrachtet. Diese Idee war gut, um dann bei der Eröffnung schon mal einen grossen Teil der Besucher auf das Gelände stürmen zu lassen. Dies machte es dann auch sehr angenehm für Leute, die 2-3 Stunden nach der offiziellen Eröffnung ankamen und ohne grosses Anstehen die heiligen Hügel des Helga-Landes betreten konnten. Einige Stimmen wurden laut, dass das FlüssigkeitsMaximum von 3 Litern pro Person problematisch war. Jene, die bereits in den frühen Donnerstagmorgen-Stunden kontrolliert wurden und im Wartebereich die Toröffnung ausharren mussten, hatten verständlicherweise dieses Maximum schnell und mit grosser Vorfreude ausgeschöpft bzw. versoffen. Einmal auf dem Gelände waren diese Probleme aber schnell wieder vergessen bzw. versoffen. Zeit, die Magie sich entfalten zu lassen. Zelte, Pavillons und Rauchschwaden erheben sich über der noch grünen Wiese und den Schlammhungrigen steht ein wunderbares Open Air St. Gallen bevor. Musikalische Leckerbissen wie Ellie Goulding, Seeed, The Black Keys, Flogging Molly, The Naked & Famous, Milky Chance und Imagine Dragons lassen die Herzen vieler Zeltbewohner höher schlagen. Die Menschen versammeln sich zu tausenden vor den Bühnen und feiern die Musiker, ihre Musik und sich selbst. Aber auch überall sonst auf dem Gelände ist alles rammelvoll und wo man
RADIO ARGOVIA FÄSCHT 2014
OPEN AIR ST. GALLEN 26.-29.6.14 Foto: Mario Hug
hinschaut sieht man gut gelaunte Gesichter. Dies ist auch mit ein Grund für die Magie am OpenAir St. Gallen, die Besucher kommen nicht nur wegen der Musik hinunter in das Sittertobel, sondern auch wegen dem ganzen Ambiente, der offenen und friedlichen Stimmung und den bekannten Gesichtern im Publikum. Bis Samstagnacht hat auch das Wetter zauberhaft mitgespielt, vielleicht hier und dort mal ein kurzer Regenspritzer, aber alles im Rahmen des Erträglichen. In den frühen Sonntagmorgen-Stunden hat sich dann der Himmel über den Zelten so richtig ausgeleert. Und dieser teils starke Regen sollte dann auch fast den ganzen Sonntag hindurch anhalten und hat die grünen Wiesen im Nullkommanix in ein Schlammbad à la Saint Gall verwandelt. Allen widrigen Umständen trotzend und bewaffnet mit Regenschutz und Regenschirm haben es am Sonntag trotzdem noch überraschend viele Besucher auf das Gelände geschafft, bzw. sind nicht vorzeitig abgereist. Man will natürlich die Atmosphäre so lange auskosten als möglich, denn dann muss man ja wieder ein ganzes Jahr auf die nächste Ausgabe warten.
13.+ 14.6.14
rh. Das Radio Argovia Fäscht ist eines der grössten in der Region Aarau und war bis vor zwei Jahren als grösstes kostenloses Festival bekannt. Am 13. und 14. Juni 2014 wurde der Flugplatz Birrfeld einmal mehr zum grossen Partygelände umgewandelt. Tausende Musik- und Partyfans trafen sich am Freitag zum Auftakt am Beizli-Fest und rockten am Samstag anschliessend zu angesagten Bands ab. Einzige Änderung: Das Festival ist nicht mehr kostenlos. Wer sich ein Ticket im Vorverkauf sicherte, musste für die ganze Sause allerdings nur gerade mal Fr. 20.00 ausgeben,
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was für ein solches Festival mehr als ok ist. Auf der Bühne zu hören gab es altbekannte Hits der Walliserin Stefanie Heinzmann oder von den Bieler Jungs von Pegasus. Letztere Band schafft es immer wieder, das Publikum gleich von Beginn an mitzureissen, denn Pegasus hat mittlerweile so viele Songs in den Charts, dass fast jeder sie kennt. Für eine grosse Überraschung sorgte der Headliner „Fettes Brot“, denn einige Gäste standen dem Auftritt eher kritisch gegenüber. Man liebt ihre Musik oder man mag sie absolut nicht – etwas in der Mitte gibt es nicht. Doch mit einer coolen Lichtshow, frechen Sprüchen und Mitsing-Texten gelingt es auch ihnen, die Gäste abzuholen. Rea Garvey, früherer Frontsänger der Band Reamon, welche unter anderem mit Songs wie „Supergirl“ durchstarteten, stand am Radio Argovia Fäscht alleine auf der Bühne. Der Trend, nach einer Bandkarriere als Solo-Musiker durchzustarten, scheint in letzter Zeit immer mehr aufzukommen. Garvey zeigte auf der Bühne eher eine ruhigere Show und überzeugte mit Songs, die ganz im Stil von „Supergirl“ gepunktet haben. Schmusesänger Bastian Baker sang sich einmal mehr in die Herzen der Teenie-Mädchen in der ersten Reihe. Jedoch nicht nur, denn sein Auftritt beinhaltet auch einige rockige Nummern, die durchaus auch für Fans von etwas mehr Action geeignet sind. Bastian Baker zieht alleine mit seiner sympathischen Ausstrahlung schon beim ersten Ton alle Blicke
LIVE REVIEWS
OPEN AIR ETZIKEN 25.-26.7.14 Fotos: Pascal Aeby
rh. Vom 25. bis 26. Juli 2014 verwandelte sich das kleine, verschlafene Dorf Etziken einmal mehr zum musikalischen Treffpunkt für Partygänger. Angefangen mit ein paar hundert Gästen kann das Festival nach 18jährigem Bestehen 2014 das erste Mal auf zwei ausverkaufte Tage zurückblicken. Bands wie Patent Ochsner oder Sänger Baschi freuen sich immer wieder, am Openair Etziken auftreten zu können. Dies nicht zuletzt aufgrund der familiären, gemütlichen Stimmung auf dem Festivalgelände. Leider blieb jedoch auch Etziken dieses Jahr nicht vom schlechten Sommerwetter verschont und die Gäste mussten die Konzerte wohl oder übel bedeckt mit einem Regenschutz geniessen. Doch bei top Konzerten von Künstlern wie Pegasus, Bligg und Krokus konnte auch das bisschen Regen die Stimmung nicht trüben. Rapper
Bligg
Fiddlers Green
auf sich und zog auch an diesem Samstag das Publikum in seinen Bann. Für eine etwas rockigere, speziellere Abwechslung sorgte die Band LaBrassBanda. Die achtköpfige Band wurde in Deutschland durch den zweiten Platz beim EurovisionVorentscheid bekannt und fegt mit ihrem Gipsy Brass Sound alles und jeden von der Bühne. Mit einer Vielfalt an Instrumenten, die von der Trompete bis zur Tuba reicht, sowie mit ihrem Witz auf der Bühne musizierten sie sich in die Herzen der Zuschauer. Dadurch, dass sich das Wetter zwar ausnahmsweise von seiner trockenen Seite zeigte, es jedoch abends ziemlich kalt wurde, waren viele beim Auftritt von DJ Antoine bereits wieder zu Hause in der schönen warmen Stube.
Bligg war klar eines der Highlights des diesjährigen Openairs. Mit seinen schweizerdeutschen Texten trifft er den Nerv der heutigen Generation und rappt über Themen, die jedem Schweizer bestens bekannt sind. Genauso spannende Texte präsentierte das deutsche Duo 2Raumwohnung am Samstag. „Bei Dir Bin Ich Schön“ oder „36Grad“ kennt mittlerweile jeder, der Radio hört und auch die Lichtshow, die die Beiden während ihrer Show lieferten, war ein wahrer Augenschmaus. Weniger bekannt heisst nicht weniger gut. Das bewies dieses Jahr auch Musiker Trauffer live auf der Festivalbühne. Der Brienzer Musiker war früher Frontmann der Band „Airbäg“ und verbindet nun als Solo-Musiker Tradition und Moderne. Dies gelingt ihm sehr gut und er schafft es in Etziken sogar am Nachmittag, das Publikum zum Mitmachen zu animieren. Aber auch die deutsche Band Fiddler's Green sorgte für eine grosse Überraschung. Wem Irish Speedfolk bislang noch kein Begriff war, der wusste spätestens nach dem Auftritt der Band, dass bei diesem Musikstil wirklich die Post abgeht. Hätte man die Augen geschlossen, so hätte man sich irgendwo in einem alten Pub in Irland wiedergefunden. Fiddler's Green – ein Überraschungsact, der durchaus an ein Festival passt und zum Tanzen anregt. Das Openair Etziken feierte wohl auch aufgrund seiner breiten musikalischen Palette dieses Jahr einen grossen Erfolg. Man ist gespannt, ob das im nächsten Jahr noch zu übertreffen ist.
Trauffer
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60
ALBERT HAMMOND
ED SHEERAN
HUBERT VON GOISERN
3.10. Zug, Chollerhalle
19.11. Zürich, Maag Halle
24.10. Zürich, Kaufleuten
AMPLIFIER
EKO FRESH
IAN ANDERSON
7.10. Luzern, Schüür
5.10. Basel, Volkshaus
18.11. Zürich, Kongresshaus
ANATHEMA
ELIANE
INCOGNITO
5.10. Pratteln, Z7
4.12. Forum Ried
13.11. Solothurn, Kofmehl
ASKING ALEXANDRIA
6.12. Bade, Kulturtheater
IN FLAMES
15.10. Solothurn, Kofmehl
11.12. Weinfelden, Thurgauerhof
3.10. Zürich, Komplex 457
AT THE GATES, TRIPTYKON
12.12. Jona, Kreuz
JAEL MALLI
16.12. Aarau, KIFF
16.12. Luzern, KKL
16.10. Solothurn, Kofmehl
AVATAR
18.12. Bern, Theater National
JAMES GRUNTZ
14.11. Pratteln, Z7
19.12. Hochdorf, Braui
22.11. Zug, Chollerhalle
BABA SHRIMPS
20.12. Thun, KKT
JOE BONAMASSA
8.10. Solothurn, Kofmehl
27.12. Lugano,
1.10. Zürich, Hallenstadion
BEATSTEAKS
ELUVEITIE
JOHN GARCIA
9.11.+ 16.,17.12 Zürich, Volkshaus
13.9. Solothurn, Kofmehl
18.11. Luzern, Schüür
BLACK STONE CHERRY
27.12. Wetzikon, Eishalle
JOHN THE CONQUEROR
10.10. Solothurn, Kofmehl
EMIL
4.12. Luzern, Schüür
BLIGG
12.11. Solothurn, Kofmehl
KASABIAN
26.9. Schupfart, Festival
EPICA
4.11. Zürich, Hallenstadion
BLISS
22.11. Zürich, Xtra
KYLIE MINOGUE
5.11. Solothurn, Kofmehl
FAMARA
17.11. Zürich, Hallenstadion
BLONDE REDHEAD
4.10. Rubigen, Mühle Hunziken
LA BRASS BANDA
5.10. Luzern, Schüür
24.10. Liestal, Guggenheim
25.11. Zürich, Härterei
BRYAN FERRY
FINNTROLL, HATESPHERE
LACSON
4.12. Zürich, Kongresshaus
1.10. Luzern, Schüür
15.11. Wimmis, Löwen
CELTIC WOMEN
FISH
21.11. Mels, Altes Kino
13.11. Zürich, Hallenstadion
30.10. Zug, Chollerhalle
28.11. Echallens, Z&R Bar
CHIMAIRA
FLORIAN AST
29.11. Widnau, Show On Ice
13.10. Luzern, Schüür
23.10. Solothurn, Kofmehl
LACUNA COIL
CHINA
FOCUS
18.11. Pratteln, Z7
14.11. Luzern, Schüür
15.10. Rubigen, Mühle
LADY GAGA
15.11. Oekingen, Heuboden
FOREIGNER
6.11. Zürich, Hallenstadion
CHRIS REA
20.10. Luzern, KKL
LAMB
27.11. Zürich, Kongresshaus
GEORGE EZRA
20.11. Luzern, Schüür
CLIMAX BLUES BAND
26.11. Zürich, Härterei
LEA LU
23.10. Zug, Chollerhalle
GILBERTO GIL
6.9. Stans, Chäslager
CLUESO
21.10. Zürich, Volkshaus
22.9. Muri, Ochsen
30.10. Zürich, X-Tra
GOTTHARD
25.9. Kaltbrunn, Aula
CRAZY DIAMOND
21.11. Chur
2.10. Baden, Nordportal
8.11. Zug, Chollerhalle
22.11. Langenthal
17.10. Thun, Konzepthalle 6
DARK TRANQUILITY, AMORAL
26.11. Winterthur
29.11. Basel, Parterre
12.11. Luzern, Schüür
28.11. Baar
12.12. Lenzburg, Baronessa
DELILAHS
GUANO APES
LES SAUTERELLES
8.11. Luzern, Schüür
2.11. Solothurn, Kofmehl
27.9. Cham, Kreuz
DILLON
GUSTAV
LEVEL 42
18.10. Zürich, Gessnerallee
8.11. Solothurn, Kofmehl
12.11. Pratteln, Z7
19.10. Basel, Kaserne
HARDCORE SUPERSTAR
LIVE WIRE
DYINF FETUS, GOATWHORE,
23.11. Winterthur, Salzhaus
13.9. Interlaken, Marathon
2.12. Aarau, KIFF
HERBIE HANCOCK
20.9. Olten, Schützenhaus
1.12. Luzern, KKL
11.10. Murg (DE)
KONZERTKALENDER 19.+20.12. Pratteln, Z7
PETER GABRIEL
STILLER HAS
MAGNUM
18.11. Zürich, Hallenstadion
7.9. Sarnen, Festzelt
23.11. Zug, Chollerhalle
PHARRELL WILLIAMS
12.+13.9. Rubigen, Mühle
MARC SWAY
21.9. Zürich, Hallenstadion
18.9. Stäfa, Music Days
12.9. Winterthur, Salzhaus
PINK MARTINI
19.9. Küssnacht a. Rigi
13.9. Basel, Hafenfest
6.11. Zürich, Volkshaus
SUICIDE SILENCE
24.10. Lyss, KUFA
POLO HOFER & BAND
8.12. Solothurn, Kofmehl
25.10. Murten, Hotel Murten
25.10. Solothurn, Kofmehl
TEN FOOT POLE
1.11. Wetzikon, Scala
QL
4.9. Solothurn, Kofmehl
15.11. Buchs, Fabriggli
26.12. Altdorf, Barfest
THE ANTLERS
5.12. Thun, KKT
RAMS, MOTHER RAZORBLADE
18.10. Zürich, Komplex Club
6.12. Jona, Kreuz
31.10. Basel, Hirscheneck
THE BREW
13.12. Olten, Schützi
RANDY NEWMAN
10.10. Zürich, Komplex Club
29.12. Pontresina, Rondo
17.9. Luzern, KKL
THE DAMNED
MARIANNE FAITHFUL
REVOLVERHELD
11.12. Zug, Galvanik
23.10. Zürich, Volkshaus
14.10. Luzern, Schüür
THE DATSUNS
MASTODON
15.10. Schaffhausen, Kammgarn
19.11. Luzern, Schüür
11.12. Pratteln, Z7
RITSCHI
THE DEAD LOVERS
MAXIMO PARK
18.10. Lipperswil, Connyland
3.12. Rubigen, Mühle Hunziken
22.10. Solothurn, Kofmehl
RIVAL SONS
THE DELTA SAINTS
23.10. Luzern, Schüür
4.12. Solothurn, Kofmehl
15.9. Solothurn, Kofmehl
MAXXWELL,TEMPESTA,NEW ROSES ROBIN SCHULZ
präsentiert
JOE BONAMASSA
18.9. Rubigen, Mühle Hunziken
30.10. Luzern, Schüür
31.10. Bern, Gaskessel
THE DUBLIN LEGENDS
METAL STORM FESTIVAL
SAINT RAYMOND
17.9. Luzern, Schüür
27.9. Luzern, Schüür
19.11. Zürich, Maag Halle
18.9. Pratteln, Z8
MIKE CANDIS
SAINT VITUS, ORANGE GOBLIN
19.9. Solothurn, Kofmehl
6.12. Solothurn, Kofmehl
21.10. Winterthur, Salzhaus
THE FRAY
MORELAND & ARBUCKLE
SAMAEL
13.10. Zürich, Komplex 457
13.12. Zug, Chollerhalle
29.11. Luzern, Schüür
THE KLAXONS
MÜSLÜM
SAXON
21.11. Luzern, KKL
14.11. Solothurn, Kofmehl
19.11. Pratteln, Z7
TOWER OF POWER
28.11. Luzern, Schüür
SCORPIONS
5.11. Zürich, Volkshaus
NAZARETH
19.9. Zürich, Hallenstadion
…TRAIL OF DEAD
27.11. Zug, Chollerhalle
SEETHER
6.11. Luzern, Schüür
OPETH
7.12. Luzern, Schüür
TRAUFFER
1.11. Zürich, Komplex 457
13.12. Solothurn, Kofmehl
27.11. Solothurn, Kofmehl
OROPAX
SKINDRED
TRIGGERFINGER
18.9. Solothurn, Kofmehl
11.11. Luzern, Schüür
24.11. Luzern, Schüür
5.12. Luzern, Schüür
SKOR
VANDENPLAS & CLEPSYDRA
PABLO NOUVELLE
11.9. Solothurn, Kofmehl
20.9. Solothurn, Kofmehl
6.9. Greifensee, Open Air
SLAM & HOWIE
WALLIS BIRD
PALOMA FAITH
27.9. Oberarth, Horseshoe Bar
22.10. Luzern, Schüür
9.12. Zürich, Kaufleuten
24.10. Solothurn, Kofmehl
23.10. Bern, ISC
PARKWAY DRIVE, HEAVEN SHALL
6.11. Alterswil, Reithalle
24.10. Chur, Selig
9.12. Zürich, Volkshaus
SLASH
Y'AKOTO
PASSENGER
15.11. Basel, St. Jakobshalle
3.12. Zürich, Kaufleuten
23.10. Winterthur, Eishalle
SOLSTAFIR
YANN TIERSEN
PEGASUS
5.11. Luzern, Schüür
14.10. Zürich, Kaufleuten
28.11. Solothurn, Kofmehl
SPAN
15.10. Basel, Kaserne
12.12. Luzern, Schüür
20.9. Hermrigen, Boomerang
ZOMBOY
26.9. Bern, Mahagony Hall
5.9. Solothurn, Kofmehl
1.10. Zürich, Hallenstadion
BLACKBERRY SMOKE
31.10. Zürich, Komplex Club
& FRIENDS
27.12. Wetzikon, Eishalle 61
R-A-M-S «Beaten Up Dogs Don›t Dance» signierte CDs
Abo-Bestellungen nehmen automatisch am Wettbewerb teil! Wunschpreis bei der Bestellung angeben
KONZERT-TICKETS: je 3 x 2 Tickets für
THE DARK CIRCUS FESTIVAL 17.9. Zürich, Alte Kaserne 18.9. Aarau, Flösserplatz 19.9. Einsiedeln, Ziegelei 20.9. Gams, S-Event (Bitte Wunschdatum/-ort angeben)
TOM PETTY & THE HEARTBREAKERS «Hypnotic Eye» CD
BLACKBERRY SMOKE 31.10. Zürich, Komplex Club
BLUES PILLS Banner 200 x 100 cm, plastizifiert signiert
ELUVEITIE, IN EXTREMO 27.12. Wetzikon, Eishalle
BLUES PILLS «No Hope Left For Me» CD-Single -Collectors Item-
BLACKBERRY SMOKE «Leave A Scar - Live»
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