TRAFFIC News to-go #29

Page 1

p. 30

A

h

e

g li s

Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

X PP ENDI

ZEITGESCHEHEN S.6

Bis der letzte Bock geschossen ist FEUILLETON S.8

JUDE LAW BESSER GEHT'S NOCH

SPORT S.12

Triumph und Katastrophe INTERVIEWs S.22 – 27

QUENTIN

TARANTINO BITTE LEBEN!

WONG

KAR-WAI LEBEN STATT KUNST! CHRISTOPH

WALTZ

DAS LEBEN IST EIN VERGNÜGEN FILM UND FASHION S.28

STIL KOMMT

VON PERSÖNLICHKEIT S.30

English appendix

lonely hero An homage to

S.13 - CHAPTER XXII

Martin Scorsese

FREE PRESS!

NEWS TO–GO

TRAFFIC n


TANGENTE

Ausgezeichnet: GOOD DESIGN Award für Tangente Datum. Ein weiteres Mal ging der international angesehenste und älteste Preis für Produktdesign an NOMOS Glashütte. Wie der Goldene Bär der Berlinale prämiert auch der GOOD DESIGN Award nur weltbeste Formate. Mit entsprechenden inneren Werten: feinsten Kalibern aus Glashütter NOMOS-Manufaktur. Tangente-Modelle gibt es ab 1180 Euro etwa bei: Augsburg: Bauer & Bauer; Berlin: Christ KaDeWe, Lorenz; Bielefeld: Böckelmann; Bonn: Hild; Bremen: Meyer; Darmstadt: Techel; Dortmund: Rüschenbeck; Dresden: Leicht; Düsseldorf: Blome; Erfurt: Jasper; Hamburg: Becker; Koblenz: Hofacker; Köln: Berghoff, Kaufhold; Ludwigsburg: Hunke; Lübeck: Mahlberg; München: Bucherer, Fridrich, Kiefer; Münster: Freisfeld, Oeding-Erdel; Ulm: Scheuble. Überall: Wempe. www.nomos-store.com und www.nomos-glashuette.com


Contributors

Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

3

Marc Hairapetian und Quentin Tarantino am 8.1.2013 im Berliner Hotel De Rome

Contributors

Kiki King

Marc Hairapetian

Adrian Stanley THOMAS

Kiki King ist eine britisch-venezolanische Journalistin aus London. Sie verbrachte viele Jahre als Zeitungsreporterin, Celebrity News Journalistin und Gossip Kolumnistin für Daily Telegraph, Mail on Sunday, Daily Mirror, Evening Standard und Observer. Als Moderatorin erschien sie unter anderem bei BBC, Sky News, CNN und ABC. Sie berichtete über alles, von den Terroranschlägen in London 2005 bis zu den Filmfestspielen in Cannes. Einst teilte sie eine Flasche Wein mit Quentin Tarantino um acht Uhr morgens, bekam ein Fuck-Off von Hugh Grant zu hören und Nackenküsse von Jon Bon Jovi während eines Interviews. Derzeit arbeitet sie an ihrem ersten Roman.

Marc Hairapetian ist der SPIRIT. Seit seinem 16. Lebensjahr Herausgeber des von ihm 1984 begründeten Kulturmagazins SPIRIT - EIN LÄCHELN IM STURM www.spirit-fanzine.de. Texte für NZZ, FAZ, SZ, Spiegel-Online oder Cinema. Auch Film- und TV-Schauspieler („Tatort“). 2002 Ko-Autor von „Oskar Werner - Das Filmbuch“. Seit 2011 im Vorstand vom Kinomuseum Berlin. Zeigt Filmklassiker mit Einführung in Berlins schönstem Kino Astor Filmlounge. Exklusivinterviews mit Jack Nicholson, Henry Kissinger, Christiane Kubrick, Elia Kazan, Peter Ustinov, Debbie Harry oder in dieser Ausgabe mit Quentin Tarantino, Christoph Waltz und Wong Kar-Wai.

Adrian Stanley Thomas lebt in New York und kann einen Bachelor of Fine Arts von der New York University (NYU) und einen Master der Informationswissenschaft vom Queens College aufweisen. Er ist Schauspieler, Sänger, Autor und Regisseur und arbeitet zudem als Forschungsbibliothekar an der Columbia University und am New York Psychoanalytic Society & Institute. Aktuell wirkt er als Videograf an der Vortragsreihe “Conversations with Dr. Lois Oppenheim” mit und arbeitet an seinem ersten Theaterstück. Unser “Arrogant Bastard” möchte sein Gesicht nicht preisgeben und wird weiterhin unerkannt sein Unwesen treiben.

TRAFFIC NEWS TO-GO “Constituting a new read” Inhalt / content

redaktion@trafficnewstogo.de

Anzeigen / Advertising ad@trafficnewstogo.de

Abo / Subscriptions

abo@trafficnewstogo.de

TNTG GmbH Linienstraße 40 10119 Berlin www.trafficnewstogo.de info@trafficnewstogo.de

VERLEGER Jacques C. Stephens V.i.S.d.P. jacques@trafficnewstogo.de CO-VERLEGER Murat Suner murat@trafficnewstogo.de FoTOREDAKTION Pamela Spitz pamela@trafficnewstogo.de ASSOCIATE MANAGING EDITOR Nurcan Özdemir nurcan@trafficnewstogo.de SCHLUSSREDAKTION Nurcan Özdemir DESIGN Superbo WEBDESIGN Desisn MITARBEITER DIESER AUSGABE Millicent Bystander, Thorsten Denkler, Kathrin Eckhardt, Marc Hairapetian, Natalie Holmes, Kiki King, Raphaela Lucsok Dr. Inge Schwenger-Holst, Carola Sonnet, Greta Taubert, Adrian Stanley Thomas COVER Quentin Tarantino Druck NEEF + STUMME premium printing ISSN 1869-943 X


HAVE YOU SEEN PEPE? PEPEJEANS.COM SHOP THE FILM AT



6

Zeitgeschehen

Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

Die Lehren aus der Seximus-Debatte: Was es mit Männern machen sollte, die auf ihrer Dauerbalz zunehmend ins Leere laufen

Bis der letzte Bock geschossen ist von Thorsten Denkler Na klar haben Männer jetzt Angst. Angst davor, dass sie ihre gewohnten Rollen hinterfragen müssen. Dass sie neue Handlungsmuster entwickeln müssen, weil Frauen von ihnen verlangen könnten, dass sie ihnen auf Augenhöhe begegnen. Die Sexismus­ debatte tobt in Deutschland. Und die Männer? Sie stehen etwas ratlos daneben. Weil Frauen, die alltäglichen Sexismus erleben nicht mehr auftreten, als wären sie Opfer einer Testosteron-gesteuerten Männlichkeit. Sie schütteln nur den Kopf über so viel Rückständigkeit. Mehr bedauernd als verletzt. Was genau eigentlich hat die Stern-Journalistin Laura Himmelreich getan, als sie von dem Hotelbar-Abend mit dem FDP-Altherren Rainer Brüderle berichtete? Sie beschrieb die Szene. Wie er auf ihre Brüste starrte. Wie er kommentierte, dass diese ein Dirndl ausfüllen könnten. Sie hat sich darüber nicht beschwert, hat sich nicht erkennbar angegriffen oder verletzt gezeigt. Sie hat Brüderle weiter begleitet danach. Immer wieder. Auf Reisen, im Fonds seines Dienstwagens. Sie hat gemacht, was jeder gute Journalist machen würde. Sie hat ein Verhalten erkannt, dass ihr typisch für diesen Politiker zu sein schien und recherchiert, ob es so ist. Und die Geschichte dann aufgeschrieben.

Vielleicht ist es das, womit viele Männer nicht umgehen können. Diese schlichte Beschreibung männlichen Dominanzverhaltens. So wie eine Biologin das Gruppenverhalten von Affen beschreiben würde. Und was sind Männer in solchen Momenten anderes als Affen? Wenn jetzt Männer sagen, sie würden ohne Begleitung von Mitarbeiterinnen keine Interviews mit Journalistinnen mehr führen, sich mit Journalistinnen nicht mehr in ein Auto setzen oder zum Abendessen treffen, dann zeigt das vor allem, wie unsouverän und ängstlich sie Frauen begegnen, die auf ihr hergebrachtes Dominanzverhalten eher ablehnend reagieren. Männer sind anders als Frauen. Sie reagieren eher auf visuelle Reize. Sind eher bereit ihre Gene zu streuen als Frauen. Balz- und Imponiergehabe sind angeborene Verhaltensmuster. Das ist alles nichts Neues. Neu ist aber, dass Frauen dieses Verhalten nicht mal mehr beeindruckt. Sie nehmen es als lästig bis belustigend wahr. Die Dauerbalz der Männer läuft ins Leere. Wer die #aufschrei-Debatte auf Twitter verfolgt, erkennt ein immer wiederkehrendes Muster. Frauen berichten dort vom sexistischen Verhalten ihrer Vorgesetzten und/ oder Kollegen. Zehntausende solcher Tweets gibt es bereits, seit vor wenigen Wochen die Kommunikationsberaterin Anne Wizorek den

Hashtag #aufschrei erfand und dazu aufrief, unter diesem Schlagwort Sexismus-Erlebnisse zu posten. Sie bieten Einblick in eine fast vergessene Gegen-Welt, die vor lauter Beschreibungen und Berichten über die sogenannten „neuen Männer“ fast in Vergessenheit geraten ist. Da tauchen sie plötzlich wieder auf, die eit­len Gockel, die keinen für größer halten als sich selbst. Die Pfauen, die sich offenbar für unwiderstehlich halten. Die Männer erscheinen da eher als arme Würstchen, denen allein noch ihre angenommene Machtposition erlaubt, derart übergriffig zu handeln, dass sie Frauen nahelegen, sich doch bitte mit ihnen ins Bett zu legen. Immer geht es um Macht. Das ist so banal wie immer wieder schockierend. Weil dem sexistischen Ausspielen von Machtpositionen immer etwas Schmieriges anhaftet. Und was Männer dann doch eigentlich nicht wollen, ist als schmierig zu gelten. Die Journalistin Kia Vahland hat in einem hervorragenden Beitrag zur Seximus-Debatte in der Süddeutschen Zeitung die Machtfrage neu gestellt. Sie beruft sich auf den Gegenentwurf zur herkömmlichen Machtdefinition der Philosophin Hannah Arendt. Macht und Gewalt gehören demnach getrennt. Das Wesen der Macht sei nicht „die Wirksamkeit des Befehls“. Macht entspreche vielmehr „der menschlichen

Fähigkeit, nicht nur zu handeln oder etwas zu tun, sondern sich mit anderen zusammenzuschließen und im Einvernehmen mit ihnen zu handeln.“ Sie gründe also, schreibt Vahland, „in gemeinsamer Fürsorge für die Welt, nicht in Egoerweiterung“. Kooperation statt Überlegenheitsgesten. Miteinander statt übereinander. Ein Nachdenken darüber kann, sagt Vahland, der Anfang sein „für eine Kultur des Austausches und eine Humanisierung von Herrschaftsstrukturen“. Die werden wahrscheinlich nicht dazu führen, dass die Böcke in den Chefetagen plötzlich aussterben. Aber sie dürften weniger werden. Auch Männern ist ja nicht verboten, ihr Hirn einzuschalten, ihre biologische Rolle zu hinterfragen und sich auf Neues einzulassen. Ja, solche Männer gibt es. Zunehmend. Die Seximus-Debatte hat manche immerhin sensibilisiert, dass es Frauen nicht in jeder Situation passend finden, wenn Mann offen die Beschaffenheit ihrer Brüste kommentiert. Es könnte ja sogar sein, dass Männer eine neue Art der Attraktivität entfalten, wenn sie Feinsinn und Manieren zeigen. Tür aufhalten und in den Mantel helfen. Auch so etwas Einfaches könnte schon ein Anfang sein. Das geht sogar, ohne sein Geschlecht zu verleugnen. zeitgeschehen@trafficnewstogo.de


Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll III

Kramm, Ehefrau von Heino, den Imagewechsel des Volksmusikfossils in der BILDZeitung. Der 74-Jährige hat gerade sein Album „Mit freundlichen Grüßen“ herausgebracht, auf der er mit seiner schwarzbraunnussigen Stimme und dem rollenden R deutsche Popmusik von den Ärzten über Rammstein bis Peter Fox durchknödelt. Das Musikmagazin Rolling Stone attestiert, dass das so geil klingt „wie ein angeschwipstes älteres Semester auf der Pirsch; steif tänzelnd kommt er einem mit öliger Stimme ziemlich nahe und versucht ein kokettes Grinsen.“ Ein Brüderle im Geiste. Das Album ging dann allerdings gleich mal auf Platz eins der deutschen Charts und wurde von den Digital Natives innerhalb von drei Tagen nach der Veröffentlichung so oft wie kein anderes zuvor heruntergeladen. Obwohl die BouleSex, Drugs and Rock ’n’ Roll II vardpresse schon einen „Rockerkrieg“ her„Mein Mann ist eine richtig coole Sau gewor- aufziehen sah, in dem Rammstein sich vor den“, kommentiert folgerichtig Hannelore­ Hardcore-Heino „Kotzen und Erbrechen“

Geladen und entsichert ist dagegen der ehemals „schönste Mann der Welt“, Helmut Berger. „Eine Banane werde ich schon finden, um einen Affen zu bumsen“, fasste der Österreicher seine Erwartungen an den australischen Busch zusammen, bevor er sich von RTL ins Dschungelcamp einweisen ließ. Nach zwei Tagen schaffte RTL den Schnüffelund Süffelfreund aus dem Lager, angeblich wegen der Hitze. Als der 68-jährige Österreicher noch einen drahtigen Körper, goldene Locken und Regisseur Luchino Visconti an seiner Seite hatte, war er bei den Affigkeiten des Jetsets gern gesehen. Er durfte mit Bianca und Mick Jagger in die Kiste steigen, hat Alain Delon die Freundin ausgespannt und Gruppensex auf Privatyachten angeheizt. Heute wird er von einem windigen Manager als Z-Promi an Clubs und Events vermietet, wo er eigentlich die Lässigkeit der Sechziger Jahre versprühen soll. Stattdessen lässt er auf der Bühne die Hosen runter oder kackt in seinen weißen Anzug. Beim Wiener Opernball wurde er wegen Sicherheitsbedenken gar ausgeladen. Es ist peinlich, dass ein paar Umdie-Siebzig-Jährige gegen das Artigsein rebellieren – und die Jugend zuhause am Rechner das Ganze auf Facebook kommentiert. Oder eine Kolumne darüber schreibt.

die er sich durch die Verfassung einräumen lassen wollte; die Entlassung des Generalstaatsanwalts; die Menschenrechte, die sich in den vergangenen zwei Jahren nicht wesentlich verbessert haben; die Straßenschlachten zwischen Polizei und Demonstranten, bei denen schon über 50 Menschen starben. Angela Merkel forderte Mursi auf, die Gespräche mit seinen politischen Gegnern zu suchen. Dieser aber wünschte „keine Einmischung in interne Angelegenheiten.“ Der Präsident gehörte bis zu seiner Wahl den Muslimbrüdern an, noch heute ist er streng gläubiger Islamist. Nicht nur deswegen misstrauen ihm viele Landsleute – besonders seit er sich im Eilverfahren seine islamisch geprägte Verfassung hat absegnen lassen. Die Wirtschaft liegt am Boden: Viele Touristen haben Angst nach Ägypten zu reisen, die Inves-

toren bleiben aus, solange die politische Lage sich nicht stabilisiert, die Arbeitslosigkeit steigt. Auch deswegen musste Mursi in Berlin zurückhaltend agieren, um nicht die Option auf wirtschaftliche Unterstützung aus Deutschland zu riskieren, die sein Land so dringend nötig hat. Vor zwei Jahren sind die Ägypter 18 Tage lang gegen das politische System auf die Straße gegangen. Die Revolution dauert an – denn das System funktioniert noch wie früher. Ägypten befindet sich in einem Transformationsprozess. Nur sollte sich Mohammed Mursi bewusst sein, dass er dank der Menschen an die Macht gekommen ist, die nun wieder demonstrieren. Statt sie wegen Präsidentenbeleidigung verhaften zu lassen, muss er ihre Sorgen ernst nehmen. Sonst sind die Zeiten, in denen Angela Merkel ihn mit militärischen Ehren auf dem roten Teppich empfängt, schnell vorbei.

Die monatliche Apokalypse in drei Akten

Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll I Im ewigen Grau der Apokalypsenerwartung ist der Jahresanfang eine besonders trübe Zeit. Kaum sind die letzten Sektgläser gespült, die fremden Küsse auf der Neujahrsterrasse vergessen und der Tinitus der Silvesterparty in den Alltag integriert, beginnt er: der Tugendterror. Nicht nur, dass sich selbst exzessive Hedonisten plötzlich lieber Detox-Shakes reinpfeifen, statt nervengiftiger Liköre, und notorische Lustmolche sich mal lieber wieder der Familie widmen wollen. Nein, auch die Regierung will nun eklige Raucherlungen auf Zigarettenpackungen drucken und die Medien starten ihre Hetzjagd auf moralische Irrlichter. Eindrücklichstes Beispiel gab dafür der „laufende Herrenwitz“ Rainer Brüderle – aktueller Spitzenkandidat der FDP und nicht mehr ganz so aktueller Guinness-Buch-Re-

J'accuse von Carola Sonnet, Köln Mohammed Mursi ist Ägyptens erster demokratisch gewählter Präsident. Aber ist Ägypten jetzt die Demokratie, wie die Menschen sie vor zwei Jahren gefordert haben, als sie auf dem Tahrir-Platz demonstrierten, ihr Leben riskierten für die Zukunft ihres Landes? Sicher nicht. Das Video von Polizisten, die einen Demonstranten brutal verprügeln, löste Empörung im ganzen Land aus. Ausgerechnet am 2. Februar, dem Jahrestag des Sturzes von Diktator Hosni Mubarak, misshandelten hunderte Männer mindestens 25 Frauen, einige von ihnen verge-

7

müssten, dementierten die wilden Kerle. Sie gönnen ihm den späten Hype – inklusive der weiblichen Fans. Hannelore befürchtet nämlich schon, dass Heinos neue harte Schale - enge Jeans, Nietenjacke und der Totenkopfring – Groupis anlocken könnte, die ihn vernaschen wollen. „Beim Sex ist er aber nicht wilder geworden“, entschärft sie vorsichtshalber mal die geriatrische SexRäuberpistole.

1,2,3

von Greta Taubert, Leipzig

Zeitgeschehen

kordhalter im Treffen von Weinköniginnen (1368 in einem Jahr!). Der 67-jährige Lustgreis hat der Stern-Journalistin mit dem liebreizenden Namen Laura Himmelreich einst zu vorgerückter Stunde an einer Hotelbar beim Dreikönigstreffen in Stuttgart unschöne Augen gemacht. Die nämlich wanderten während des Gesprächs über ihr Dekolleté, das laut Brüderle „auch gut ein Dirndl ausfüllen“ könnte. Als Himmelreich das veröffentlichte, ging ein Aufschrei durch die Nation. Lack, Gummi, Nylon – klar, das wäre dank Youporn-Fetisch-Sensibilisierung okay. Aber wie krank muss ein Typ sein, der sich ein so patriotisches Kleidungsstück wie das Dirndl für seine Phantasien ausleiht? Selbst Heino ist ja schon über die Tracht hinausgewachsen.

waltigten sie. Inzwischen gehen die Demonstranten deshalb nicht mehr nur gegen die Regierung, sondern auch gegen sexuelle Gewalt auf die Straße. Ägypten versinkt im Chaos. Steine und Molotowcocktails fliegen gegen den Präsidentenpalast, lautstark fordert die aufgebrachte Menge Mursis Rücktritt. Als er bei einem Kurzbesuch Ende Januar in Berlin mit Angela Merkel auf einer Pressekonferenz sprach, waren die Demonstrationen in seinem Land schon in vollem Gange. In drei Städten herrschte Ausnahmezustand. „Ägypten wird ein demokratischer Staat in jeder Bedeutung des Wortes sein“, kündigte er in Berlin an. Allein von den Ankündigungen haben die Ägypter endgültig genug. Wird Mursi zu einem zweiten Mubarak, wie es jetzt schon die Opposition verkündet? Einiges spricht dafür: Die Sondervollmachten,


Feuilleton

Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

von Dr. Inge Schwenger-Holst, Medizinerin, Unternehmerin und Vorsitzende des Vereins call a doc.

Leid im Licht Dass Scheinwerfer und Blitzlichtgewitter, optischer Saum aller roten Teppiche und weltbedeutenden Bretter, nicht unbedingt nur der seelischen Stärkung dienen, ist spätestens seit dem Outing Xavier Naidoos bekannt. Auch Elton John hat die Mutter der Porzellankiste in Form wild getönten Brillenmaterials zur Stilikonografie gemodelt und man mag sich fragen, was sich Ludwig van Beethoven, Napoleon Bonaparte oder Charles Dickens auf die Nase gesetzt hätten, wären sie zur Berlinale gebeten worden. Als „Licht“-Gestalten war Ihnen noch eines gemeinsam: Die Fallsucht oder heilige Krankheit - die Epilepsie. Immerhin nahezu 1% der Bevölkerung ist gefährdet, wiederholt Anfälle des zentralen Nervensystems zu erleiden. Prinzipiell können diese bei jedem Menschen ausgelöst werden, z.B. durch (zu viel) Alkohol oder hohes Fieber. Bei Kindern und ab einem Alter von 60 ist diese Bereitschaft besonders ausgeprägt. Was in vielen Foren schon nicht mehr als Krankheit, sondern Normvariante bezeichnet wird, ist immerhin die häufigste neurologische Fehlfunktion, die wir kennen. Dass diese immer noch ein Imageproblem darstellt – sicher wissen mehr Leser, dass Elton John schwul ist – ist wohl dem bis heute gegenwärtigen Nachhall der Einstufung der Epilepsie als Geisteskrankheit geschuldet. Aus dem scheinbaren Nichts heraus umfallende, zuckende Menschen, mit verdrehten Gliedern umher schlagend, Augen rollend und mit oft blutigem Schaum vor dem Mund, wurden – wenn sie nicht gerade Julius Caesar hießen – als vom Teufel besessen oder zu unwertem Leben erklärt. So waren es denn auch Exorzisten, die durch die Kirche, oder Euthanasie-Experten, die durch die deutschen Faschisten gerufen, dem Spuk ein Ende bereiteten. Kein Wunder, wenn die Bereitschaft über eine derartige Betroffenheit zu reden noch nicht wirklich en vogue ist. Sicher ist es daher ein Segen, dass jemand wie Xavier Naidoo das Schweigen bricht. Sofern Sie auch zu Unrecht wegen ihrer Brillenmode gehänselt werden und öfter mal weggetreten sind: Die Seiten www.epilepsieberlin.de/Selbsthilfegruppen oder das Epilepsie Zentrum Berlin Brandenburg (www.ezbb.de) helfen Ihnen. Immer stehen Ihnen natürlich unsere Sinnesprofis, die Hals-Nasen-Ohren-, Augenärzte und Neurologen von call a doc zur Verfügung.

CALL A DOC die 24-7 Hotline für Ihr medizinisches Problem 01805 - 32 13 03 (0,14 EUR/min aus dem Festnetz)

Für den Optimisten Jude Law kommt das Beste noch jenseits der 40

THE SIDE EFFECTS OF BEING PRETTY Jude Law in Sky Captain and the world of tomorrow, 2004

8


Sein durchdringender Blick fasziniert wie immer, doch es besteht kein Zweifel: 2013 ist Jude Law 40+, und er hat sich verändert. Falten ziehen sich um seine strahlend blauen Augen. Die Linien, die seine Stirn markieren, verraten, dass dieser Mann intensiv lebte und so manch einen Grund hatte, die Stirn zu runzeln. In drehfreien Zeiten ziert sein Gesicht heute meist ein Stoppelbart und die flotte, schlanke Gestalt geht langsam in eine etwas massivere Figürlichkeit über. Der elegante, jugendliche Charme des britischen Schauspielers, der uns in seinen Filmen begeisterte - seine Verkörperung menschlicher Perfektion in Gattaca 1997 - erscheint dieser Tage etwas angegraut. Wobei das natürlich weit übertrieben ist: Er sieht gut aus, keine Frage. Doch er ist reifer geworden. Viele Jahre lang war er als bessere Hälfte der Traum jedes geifernden Boulevardjournalisten: Zunächst neben seiner ersten Frau Sadie Frost, dann als Partner der Boho-Blondine Sienna Miller. Die Presse zeigte immer wieder die gleichen Bilder: Law spät nachts beim Verlassen eines exklusiven Clubs, dem Londoner Groucho in Soho oder einer ähnlich angesagten Location in New York, Berlin oder Toronto und die dezente Verachtung angesichts des Medienhypes um ihn herum signalisierend. Den Blick fest auf den Boden gerichtet, kämpft er sich durch die drängelnden

Paparazzi auf dem Bürgersteig. Die Hände verbergen sein Gesicht, der Kragen ist hochgeschlagen, als könne ihn das vor dem grellen Blitzlichtgewitter schützen. Dabei trug er selbst durchaus dazu bei, dass die Medien auf ihn fixiert waren. Ausgiebige Zechtouren mit Frost und ihrer Posse, als Taufpate der Tochter von Kate Moss und zwei Mal wurde die Polizei zu seinem Haus nach Primrose Hill gerufen. Schließlich betrog er Sienna mit ihrem Babysitter, gerade als sich die berüchtigte Londoner Partyszene nur noch um ihn und seine Freundin zu drehen schien. Die „Nanny“ verkaufte die Story, Sienna trennte sich, 2009 waren beide wieder ein Paar, es gab Gerüchte über eine Verlobung, 2011 war es erneut vorbei. In dieser Zeit wurde Jude Law ein weiteres Mal Vater - Folge eines kurzen Flirts mit dem amerikanischen Model Samantha Burke. Jude Laws Medienpräsenz in den Illustrierten sorgte unverdienterweise für mehr Ruhm, als sein schauspielerisches Können. Er verleiht Filmen wie Der Talentierte Mr. Ripley und Unterwegs nach Cold Mountain (für den er oscarnominiert wurde) diese düstere Gereiztheit, die in den Produktionen, in denen seine Rollen vor allem seine Attraktivität betonen, weniger offensichtlich ist. Seine wahre Größe zeigt sich jedoch auf der Bühne, wie beispielsweise in Michael Grandages erfolgreicher Hamlet-Inszenierung aus dem Jahre 2009. Je älter er wird, desto kantiger werden seine Gesichtszüge. „Es ist ungewöhnlich, aber ich empfinde eine gewisse Erleichterung darüber, dass ich nicht mehr der junge Schönling bin“, sagte er kürzlich in einem Interview. „Es ist netter, darüber zu reden, wie es als ‚nettes, junges Ding war, als es zu sein.“ Nachdem er 2011 den Vater in Hugo Cabaret spielte und 2012 die Rolle des betrogenen Gatten in der Verfilmung der Anna Karenina übernahm, werden wir ihn demnächst groß, brutal und mit schütterem Haar in Dom Hemingway sehen. In Steven Soderberghs Side Effects, der hier bei der Berlinale seine Premiere feiert, spielt er einen Psychiater, der in einen Pharmaskandal verwickelt wird. Soderbergh zeigt sich von Laws Optimismus fasziniert. „Nachdem wir ‚Side Effects’ schon halb abgedreht hatten, realisierte ich, dass er sich nicht ein einziges Mal beklagt hat“, stellte der Regisseur kürzlich erstaunt fest. „Er gehört zu den Menschen, die immer optimistisch sind.“ Jude Law hat einen privilegierten Moment seines Lebens erreicht. Wie bei Leonardo DiCaprio, Ben Affleck und anderen Schauspielern seines Jahrgangs, schadet die Tatsache, dass er seine Jugend hinter sich hat, keiJude Law mit Jane Krakowski in ALFIE, 2004

von Kiki King, London Übersetzung aus dem Englischen von Lilian-Astrid Geese

Feuilleton

9

Jude Law in Anna Karenina, 2012 © ddp pictures

Jude Law in EIN MORD FÜR 2, 2007 © Action Press

Jude Law mit Nicole Kidman Cold Mountain, 2003

Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

neswegs seiner Karriere. Anders als die ewig Schönen, die Matthew McConaugheys, scheint Law den Staffelstab des Beau ganz gern an seinen Side Effects-Filmpartner Channing Tatum, an Ryan Reynolds, Bradley Cooper oder andere Kollegen weiter zu geben. Für Schauspielerinnen ist das Überschreiten des Rubikons der Vierzig dagegen bei weitem nicht so reizvoll. Weder bringt dies gewichtigere Rollen, noch bewegendere Drehbücher. Niemand feiert die Fältchen und Linien, die einer Figur Intensität und Tiefe verleihen. Sie sind an einer Hand abzuzählen, die Frauen, die es unbeschadet durch diese Wüste schaffen, die spannende Karrieren leben und die damit verbundenen Filmpreise erhalten. Traurig aber wahr: Ein Film, in dem eine ältere Frau Sex mit einem jüngeren Mann hat, macht immer noch Schlagzeilen. Als hätte sich nichts geändert seit Anne Bancroft 1967 in Die Reifeprüfung einer ganzen Generation männlicher Teenager Schweißausbrüche bescherte. Überdies gilt ein Film, in dem die weibliche Hauptrolle nicht extrem mager oder modelschön ist, nach wie vor als ‚mutiges Kinoprojekt’. Meryl Streep, Helen Mirren, Diane Keaton und Judi Dench haben es geschafft. Unter den Schauspielerinnen aus der Generation Jude Laws können dagegen nur Cate Blanchett - und vielleicht noch die etwas jüngere Kate Winslet - auch in den nächsten zehn Jahren noch mit einem sicheren Engagement in reizvollen und wichtigen Produktionen rechnen. Anderen talentierten Schauspielerinnen, von Halle Berry bis Jennifer Aniston, von Drew Barrymore bis Kate Hudson, und selbst Gwyneth Paltrow, bleibt kaum mehr als die Rolle der kumpelhaften Freundin oder der Schwiegermutter in einer romantischen Komödie. Das alles braucht Jude Law nicht zu kümmern. Er kann die Witze über seine zunehmend hohe Stirn (und sein Haar wird dünner, keine Frage) locker wegstecken, während er aufmerksam den sich ständig erneuernden Stapel von Drehbüchern, die sein Agent ihm schickt, durchblättert. Das einstige Idol der Kino-Matinee ist zum erwachsenen Hauptdarsteller geworden. Die gewonnene Freiheit vom trainiert zoomenden Kameraobjektiv ist verdient. Law schlug mehrere Jahre lang Schlachten gegen News International, um seine Privatsphäre zu schützen, und immer gewann er. Ein Vergleich über 150.000 Dollar und eine mürrische Entschuldigung waren das Mindeste, mit dem er sich begnügen musste. „Schließlich hatten sie mich und meine Beziehungen sozusagen durch. Es gab nichts mehr, worüber sie hätten schreiben können“, erläuterte er jüngst in einem Gespräch zum Thema Medien und Privatleben. „Die Menge der Wäsche, die öffentlich gewaschen werden kann, ist endlich.“ 2011 war er Mitglied der renommierten Jury des Filmfestivals von Cannes. Als Laudator für den Turner Prize 2012 nutzte er die Verleihung der wichtigsten britischen Auszeichnung für moderne Kunst zu einer deutlichen Kritik an den rigiden Kürzungen im Kulturetat der Regierung. Law machte sich einen Namen als engagierter Unterstützer der Peace One Day Kampagne, drehte einen Dokumentarfilm in Afghanistan und leistete Lobbyarbeit bei den Vereinten Nationen. Heute sind es nicht mehr aus den Kneipen Sohos strömende Partykids, die den Star „spotten“, sondern andere Eltern, die samstagnachmittags mit ihren Kindern im Park Fußball spielen. Jude Law ist 40+ und strahlt die ruhige Gewissheit aus, dass das Beste noch vor ihm liegt.


10

Das Wetter

Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

das wetter von Raphalea Lucsok wetter@trafficnewstogo.de

1

Moskau

Venedig

2

55° 45' N, 37° 37' O Kontrastreich

45° 26' N, 12° 20' O Wolkenlos

Es scheint beinahe ironisch, dass die zweitältesten Filmfestspiele weltweit, die Internationalen Filmfestspiele von Moskau, von Stalin ins Leben gerufen wurden und prompt, gleich im ersten Jahr, Walt Disney zu einem der Preisträger machten. Die hübsche Anekdote steht noch heute sinnbildlich für den Kontrast innerhalb der Stadt – und von kaum einem Hotel wird das alte und das neue Russland so zelebriert wie von dem Ararat Park Hyatt. Das Interieur des Hotels ist Avantgarde, futuristisch, mit High-Tech Stahl- und Glasfahrstühlen und Bang & Olufsen Entertainmentsystemen. Vor der Tür hingegen: Der Kreml, der rote Platz und das Bolshoi Theater. Übrigens ist auch die internationale Zweigstelle der Walt Disney Company nicht weit entfernt.

Leone d’Oro. Wenn etwas schon so grandios klingt, kann auch die Veranstaltung zu der dieser Preis, der Goldene Löwe, verliehen wird, nicht weniger großartig sein. Tatsächlich zählen die Filmfestspiele von Venedig zu den ältesten, noch bestehenden Filmfestivals weltweit. Nicht weniger traditionsecht sollte da die Unterkunft ausfallen. In dem Metropole Hotel gab einst Antonio Vivaldi Waisenkindern Musikunterricht – doch so wie auch der Goldene Löwe nicht länger der Coppa Mussolini ist, so ist auch das Hotel inzwischen seinen beklemmenden Status aufgestiegen, zum Sinnbild der venezianischen Hochkultur. Dank des authentischen Looks, dem Kanalzugang und dem familiären Service, wird sich das auch in den nächsten Jahren nicht ändern. Ebenso wenig, wie das Filmfestival.

3

Karlsbad

4

Cannes

50° 14' N, 12° 52' O Milde

43° 33' N, 7° 1' O Strahlend

In einer verhältnismäßig kleinen Stadt wie Karlsbad, herrscht ein noch beinahe familiäres Ambiente: Das Grandhotel Pupp greift dem Filmfestival mit einer Stiftung unter die Arme und in der von uns gemalten Utopie geschieht das sicherlich auch ganz selbstlos. Bei diesem optimalen Zusammenspiel von Historie und dem Charme der malerischen Stadt, zieht es auch den einen oder anderen Weltstar zur alljährlichen Verleihung des Kristallglobus. Und da das Grandhotel Pupp nicht nur eines der wenigen schwergewichtigen Luxushotels in Karlsbad, sondern auch noch gleichzeitig der Veranstaltungsort des Filmfestivals ist, rechnen wir uns gute Chancen aus, den Stars beim Frühstück zu begegnen.

Wo der Glamour regiert, mietet man sich nicht eine kleine Pension. Da nimmt man ein Hotel, dass das Wort „Majestic” im Namen hat. Ein Hotel, wie das Hôtel Majestic Cannes Barrière, für 4.400 Euro pro Nacht und Suite. Ein Art Deco Palast, der an der Strandpromenade thront und für all das steht, wofür auch die Filmfestspiele von Cannes seit 1946 stehen: Sehen und gesehen werden, Prunk, Luxus und Goldene Palmen. Kaum zu glauben also, dass das Filmfestival im Jahre 1948 und 1950 wegen Geldmangels gestrichen werden musste. Heute muss man sich höchstens noch darum sorgen, ob man denn noch ein Hotelzimmer abbekommt. Oder noch einen Parkplatz für seine Yacht. Oder ob Lars von Trier sich mal wieder daneben benimmt.

1

2

3

4



12

Sport

Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

Triumph und Katastrophe von Natalie Holmes Übersetzt aus dem Englischen von Lilian-Astrid Geese Triumph und Katastrophe erlebte Kirsten Bruhn in Griechenland, dort, wo die (klassische) Tragödie ihren Anfang nahm. Seit einem Motorradunfall bei einem Griechenlandurlaub 1991 ist sie querschnittsgelähmt. In Athen gewann sie 2004 ihr erstes paralympisches Gold über 100-Meter-Brustschwimmen. Henry Wanyoike wurde in den Slums von Kikuyu in Kenia geboren. Nach einem nächtlichen Schlaganfall wachte er eines Morgens blind auf. Er war gerade 21. Sieben Jahre später qualifizierte er sich für den 5000-Meter-Lauf bei den Paralympics in Sydney. Und dies, obwohl sein Begleiter kurz vor der Ziellinie zusammenbrach. Henry lief die letzten Minuten alleine weiter. Sein Sieg bei diesem Rennen war so unglaublich, dass die Offiziellen prüften, ob er wirklich nichts sah. Die ersten Paralympischen Spiele fanden 1948

statt. Am Start stand eine kleine Gruppe britischer Veteranen, die der 2. Weltkrieg zu Invaliden gemacht hatte. Im Laufe der Zeit beteiligten sich mehr und mehr Sportlerinnen und Sportler mit den unterschiedlichsten körperlichen und geistigen Behinderungen. Die Paralympischen Spiele nahmen an Bedeutung zu. Seit 25 Jahren werden sie - getreu der Übersetzung des griechischen Wortes „pará“, das „neben“ bedeutet - parallel zu den Olympischen Spielen ausgerichtet. Ständig unter Finanznot leidend, die gleichwohl immer wieder heftig diskutiert wird, wurde das Event im vergangenen Jahr mit 4000 Teilnehmer/innen aus 164 Nationen zur bisher größten Veranstaltung ihrer Art. Auf dem Weg nach London 2012 finden sich viele Geschichten wie die von Kirsten und Henry, Geschichten von Menschen, die unvorstellbar verzweifelt waren und denen es schließlich gelang, ihre Mutlosigkeit zu überwinden. Doch es gibt auch Schicksale wie das des australischen Rollstuhlrennfahrers Kurt Fearnley, der nicht von einem plötzlichen

Ereignis aus der Bahn geworfen wurde. Kurt kam 1981 mit verstümmelten Beinen zur Welt. Dank der Unterstützung und Akzeptanz seiner kleinen Gemeinde, litt er jedoch nie unter Depressionen. Bereits als Teenager begann er mit dem Rollstuhlsport. Michael Hammons Beitrag „Gold - Du kannst mehr als Du denkst“ wird bei den diesjährigen Berliner Filmfestspielen in der Sektion Berlinale Special Premiere feiern. Der Filmemacher und Regisseur wollte sich diese Geschichten nicht entgehen lassen. Zusammen mit seinem Team begleitete er die drei Athleten bei der Vorbereitung auf London und bei den Wettkämpfen selbst. Sein Film zeigt, wie sie die scheinbar unüberwindlichen physischen und emotionalen Hürden auf dem Weg dorthin meistern. Ein Bündnispartner jener, die meinen, sie seien gegen derart emotionale, inspirierende Filme wie „Gold“ immun, ist der deutsche Regisseur Niko von Glasow, dessen Paralympics-Produktion „Mein Weg nach Olympia“ ebenfalls im Berlinale Special Programm 2013 läuft. Von

Glasow kam als Contergan-geschädigtes Kind mit Phokomelie - einer auf den berüchtigten Wirkstoff Thalidomid zurückzuführende Deformation der Gliedmaßen - zur Welt und er hasst Sport. In jungen Jahren gezwungen an Wettkämpfen teilzunehmen, ist er ein großer Kritiker der Paralympics. Seine Interviews mit behinderten Sportler/innen machen das mehr als deutlich. Von Glasow möchte verstehen, „warum zum Teufel [die] ihren Körper quälen für eine Veranstaltung, die wahrscheinlich doch nur dazu dient, das schlechte Gewissen der Gesellschaft zu beruhigen“. Verraten sei dazu nur so viel: Diese Sportler/ innen geben sich keinem Hass hin. Sie mussten in ihrem Leben wesentlich mehr überwinden, als einen zynischen Filmemacher. Die Folge: Ein überraschend positiver Sinneswandel Glasows. Verbitterte Berlinalebesucher seien daher gewarnt: Vor dem konsequent optimistischen Geist der Paralympics ist niemand sicher! sport@trafficnewstogo.de


Martin Scorsese dominates a picture frame. Whether alone in an extreme closeup or in a group shot with his crew, the elder statesman is content with his accomplishments and secure with his purpose. The young Scorsese on the set of New York New York in 1976, The Color of Money in 1985 is confident in his bravado and vibrantly possessed with portraying life realistically and dramatically in the raw.

CHAPTER XXII

Narrated by Adrian Stanley Thomas, New York City EDITED BY Pamela Spitz & Nurcan Özdemir IMAGES BY COURTESY OF Deutsche Kinemathek, Berlin EXHIBITION Martin Scorsese January 10th – May 12th, 2013 Deutsche Kinemathek Museum für Film und Fernsehen Potsdamer Straße 2 10785 Berlin

lonely hero The Architect of Cinematic Dreams - An homage to

Martin Scorsese on the occasion of his 70 th birthday


The cinematic landscape that Martin Scorsese is most familiar with is grounded in the “Yankee” backdrop of New York City. From Hell’s Kitchen to Little Italy; the flavor, honesty, and bravado takes aim through the eyes of a taxi driver on the mean streets of Gotham city.

Growing up in Flushing Queens, Scorsese was “Self Sheltered” because of his asthma. His Italian roots are at the epicenter of his American story. Catholic faith and family dominated his childhood and permeate his filmmaking.

Probably the most challenging film in history to make, the expectations from the religious community, as well as the general public were tremendous for The Last Temptation Of Christ. Martin Scorsese discussed the film with Robert De Niro about playing Jesus. De Niro’s retort was modest, “If you’re in a bind, I’ll do it.” Willem Dafoe was eventually cast as Jesus with the nexus of the film revolving around the human characteristics of Jesus. Scorsese received no complimentary points for initially wanting to become a priest before being bitten by the film bug. It is his most adventurous film to date.


Always the inquisitive collector and historian, Scorsese understands the visual symbols orchestrated by the masters of film. Fellini, Hitchcock, The Archers personified film as a craft. Clearly, his fondness for red shoes and Moira Shearer as Vicki Page cannot be discounted. Michael Powell, the director of The Red Shoes, was married to Thelma Schoonmaker who would edit all of his films beginning with his first feature Who’s That Knocking At My Door in 1967.


Goodfellas, one of the best films that Scorsese has made, showcases Ray Liotta and Joe Pesci who give excellent performances as small time gangsters with big dreams. Liotta outshines everybody in this film that depicts drugs, violence, and a loving mother the Scorsese way, in your face.

Mean Streets – 1973 I´m in charge!


Taxi Driver personifies the disgruntled, forgotten, and unappreciated Vietnam Vet nestled within the microcosm of an acerbic and confident superpower and the travesty of war. The result? Art imitates life as filmmaker Martin Scorsese peels away the frustration and anger layer by layer to examine the psyche of one man who serves under the American Flag.

Charles and Catherine Scorsese molded their son under the influence of God and family. Growing up in Flushing, Queens, amidst the gangs and racial tensions, Martin was nurtured in the Catholic faith which would initially lead to a desire to serve in the priesthood. Scorsese would later say in an interview that "before film, my family´s religious identity was at the center of my early life".


Considered one of the best films of the 80’s, Raging Bull personifies brutal violence through the lens of the 20th century gladiator sport of boxing. Shot in B&W, the reality of physical contact in the midst of grey accentuates the visceral consequences of facial savagery.

Casino is a film that stems from the research and nonfiction book of the same name by Nicholas Pileggi about the mob involvement of casinos in the 1970’s. Nicholas reached out to Scorsese to develop a screenplay that would portray the life of gangsters in Las Vegas. Based on true characters, the film displays a gritty reality that Scorsese is known for.

A Twentieth Century bull needs the proper armor.

In 1991, Scorsese made a remake of the original Cape Fear with Robert De Niro taking the lead character in place of Robert Mitchum as Max Cady. Body art provided an updated visual of Cady’s demented mind.


A sequel to The Hustler in 1961, Paul Newman reprises his role as Fast Eddie Felson, a pool hustler trying to teach a young kid Vincent Lauria, played by Tom Cruise, the skills necessary to be a winner. Scorsese seems to stay out of the way on this film. One of his first truly commercial films, he allows Paul Newman to fill the screen and guide the flow of the film.

Considering the variety of his film pedigree, it’s actually surprising that Scorsese waited so long to attempt a clear departure from gangs and violence. The Age of Innocence, originally a novel by Edith Wharton, is the tale of 19th century high society in New York that involves no guns and no cursing. Robert De Niro and Joe Pesci aren’t in this one.

Any quality director will tell you that the editor is probably the most important person in your film life. Yes, actors, the entire crew, and producers are important as well, but without the editor, you’ve just got footage. Consistency is the key and Martin Scorsese and Thelma Schoonmaker are joined at the hip. Scorsese sets the storyboard and frames the angles but Thelma Schoonmaker makes it flow. It’s in the editing, I tell you.

The Departed, a film released in 2006 that blurs the lines of good and bad in the Massachusetts police department, continues the commercial filmmaking of Martin Scorsese with Matt Damon and Leonardo DiCaprio in the lead roles. See, you can make a quality film with highly paid actors.


A group picture of the 1991 remake of Cape Fear. Robert Mitchum is pleased that he doesn’t have to get all those tattoos for the remake and Nick Nolte is still in character. He has two Max Cadys’ standing right next to him. It can make a person look a bit serious in a group photo.

1976 was a good year for Martin Scorsese. Writer Paul Schrader provided Scorsese with the perfect script for embellishing on his own personal hatred of the Vietnam War. Taxi Driver is considered by many to be his best film. After four Kent State University students are killed protesting the Vietnam War, Scorsese, a professor at New York University in film technique and criticism, forms The New York Cinetracks Collective to film student protests against the war. De Niro’s character, Vietnam Vet Travis Bickle, embodies the Nixon era angst that mirrors the verbose disillusionment with regard to country and its violent tendencies. Bickle feels this betrayal and seeks comfort in the words of God. Always a charlatan, Travis paints a picture of social and monetary success. Beneath the layers of deceit, the sad and lonely existence is clearly apparent. He reaches out to his parental attachment, not for help, but to affirm his independence.


Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

lorem

21

Available at KADEWE • Paper-la-Papp • Schoene Schreibwaren

kaweco-pen.com co-pen.com

Kaweco Special. Zeitlos klassisch.


22

Film

Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

Vom Legastheniker und Videothekar zum Kultautorenfilmregisseur und Millionär: Der am 27. März 1963 in Knoxville (Tennessee) geborene Quentin Jerome Tarantino ist ein Enthusiast geblieben, der es liebt, über Filme zu diskutieren. Es müssen ja nicht immer die eigenen sein. Im Exklusivinterview spricht der Oscar- und Golden-Globe-Gewinner über beides – die Filme von anderen und sein eigenes neuestes Werk: In „Django Unchained“ (seit 17. Januar in deutschen Kinos) wird ein Sklave (Jamie Foxx), der im tiefen Süden der Vereinigten Staaten von seiner Frau Broomhilda (Kerry Washington) getrennt wurde, vom deutschen Kopfgeldjäger Doktor King Schultz (Christoph Waltz) befreit. Django erhält ein schier unglaubliches Angebot: Wenn er mithilft, die Verbrecherbande Brittle Brothers zu töten, wird er von Schultz im Gegenzug dabei unterstützt, wieder mit Broomhilda vereint zu werden, die auf der Plantage des öligen Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) ein Dasein in Angst und Schrecken fristet. Ein Gespräch über Sklaverei, Spaghetti-Western, Lampenfieber und die Freundschaft mit Christoph Waltz.

Sie müssen am Leben sein! von Marc Hairapetian Marc Hairapetian: In manchen Szenen erinnert mich „Django Unchained“ an Ihren Vorgänger „Inglourious Basterds“. Wollten Sie etwa sagen, dass das, was die weißen Amerikaner den versklavten Afrikanern antaten, genauso schlimm war, wie die Verbrechen der Nazis an den Juden? Quentin Tarantino: Die kurze Antwort auf diese Frage lautet: Ja! Die USA sind verantwortlich für zwei Holocausts im eigenen Land: Zum einen für die „Umsiedlung“ mit gleichzeitiger Eliminierung von unzähligen Indianerstämmen, die ja die Ureinwohner Amerikas waren, zum anderen für die Versklavung der Afro-Amerikaner, also Afrikanern und Leuten von den Westindischen Inseln, die ins „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ verschleppt und dort ausgebeutet, erniedrigt, gefoltert, verstümmelt und auch ermordet wurden. Der Film ist brutal bis an die Schmerzgrenze, und dennoch unterhaltsam. Ist das dem Thema angemessen? Zuerst einmal wollte ich mit „Django Unchained“ eine aufregende Abenteuergeschichte erzählen, der Subtext ist allerdings das Drama der Sklaverei. Sie währte in den USA 245 Jahre lang: 1619 kam es zur Ankunft der ersten Afrikaner in Virginia. 1669 wurde in South Carolina die Sklaverei durch den Grand Council gesetzlich verankert. Erst nach der Ermordung Abraham Lincolns kam etwas zugunsten der Schwarzen in den USA in Bewegung: Durch den am 18. Dezember 1865 ratifizierten 13. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, wurde die Sklaverei auf dem gesamten Gebiet der USA endgültig abgeschafft. Ich wollte in „Django Unchained“ zeigen, mit welcher Brutalität weiße Amerikaner gegen schwarze Sklaven vorgingen. Doch um offen zu sprechen, konnte ich nur einen Bruchteil der damaligen Grausamkeiten andeuten, ansonsten wäre der Film weder zu sehen noch zu ertragen gewesen. Ihr Vergleich trifft zu: Manche Szenen der Rachegeschichte von „Django Unchained“ wirken wie eine Weiterentwicklung von „Inglourious Basterds“ – nur die Zeit ist eine andere, die Kostüme, Orte und Protagonisten haben gewechselt.

Und Christoph Waltz, der in „Inglourious Basterds“ noch den Antagonisten und Juden-Jäger Hans Landa gab, übernimmt jetzt den Part des den Sklaven Django bei der Suche nach seiner Frau behilflichen Kopfgeldjägers Doktor King Schultz, der im Namen des Gesetzes nur Bösewichte tötet... Christoph ist ein wahrer Glücksfall. Bevor er mir im Casting für „Inglourious Basterds“ zwei Szenen vorspielte, kannte ich ihn gar nicht. Eine Bildungslücke! Inzwischen verbindet uns eine Freundschaft wie einst Francois Truffaut und Oskar Werner, die zusammen „ Jules und Jim“ und „Fahrenheit 451“ machten. Er ist wie Oskar Werner bei Francois Truffaut der Ältere und Kultiviertere, auf dessen Rat ich höre. Wir teilen viel – nicht nur die Liebe zum Film, sondern auch die Begeisterung für klassische Musik. Allerdings wird unsere Zusammenarbeit nicht nach dem zweiten Film wie bei Truffaut und Werner, die sich über die Inszenierung der Bücherverbrennungsszenen in „Fahrenheit 451“ in die Haare gerieten, beendet sein. Ich plane auch den nächsten Film wieder mit Christoph, dessen Vorbild Oskar Werner ist und über dessen Unbestechlichkeit und Wahrheitssuche er mir viel erzählt hat. Francois Truffaut und Oskar Werner hatten sich in den 1970er Jahren wieder versöhnt und wollten noch einen dritten Film machen, wie mir Werners Lebensabschnittsgefährtin, die Schauspielerin Antje Weisgerber, erzählte. Wird Ihr nächster Film das Remake von Russ Meyers Frauenfilm-Klassiker „Faster, Pussycat! Kill! Kill! – Die Satansweiber von Tittfield“ sein? Gut zu wissen, dass sich Truffaut und Werner wieder vertragen haben! Das Projekt „Faster, Pussycat! Kill! Kill!“ will ich unbedingt durchziehen, weiß aber noch nicht, wer heute die Heldinnen von einst - die Japanerin Tura Satana, die Armenierin Haji und die Amerikanerin Lori Williams – verkörpern könnte. Deswegen ziehe ich „Kill Bill: Vol. 3“ vor – und da hoffe ich, ist neben Christoph wieder Uma Thurman mit von der Partie. Sie arbeiten allgemein gerne mit einem festen Stab zusammen – engagieren auch Schauspieler mehr als einmal. Nach welchen Kriterien gehen Sie dabei vor?

Es gibt nur zwei Dinge, die für mich in der Zusammenarbeit mit Schauspielern und Stabmitgliedern wichtig sind - und es spielt dabei keine Rolle, ob sie bereits in einem großen Film mitgewirkt haben oder aus Amerika stammen, denn gerade in Japan und China „Kill Bill“ oder in Deutschland und Frankreich „Inglourious Basterds“ zu drehen, hat meinen Horizont erweitert. Die beiden Kriterien für die Auswahl von Schauspielern und Crewmitgliedern lauten: Ich muss sie mögen – und sie müssen am Leben sein! Wie Hitchcock treten Sie in fast all ihren Filmen selbst auf. Und diesmal hatte ich mehr Lampenfieber als sonst. Wissen Sie, vor sechs Jahren machte ich einen Abenteuerurlaub in Botswana. Bei einer Pferdesafari wollte ich mir beweisen, was ich für ein toller Kerl bin, nur da musste ich keine Filmzeilen von mir geben. Bei den Dreharbeiten im letzten Jahr zu „Django Unchained“ entfiel mir auf dem Rücken des Pferdes sämtlicher Text. Echt peinlich, wo ich doch vorher Gelegenheit hatte, Christoph Waltz oder Jamie Foxx beim Reiten und Sprechen ausgiebig zu studieren. Was lieben Sie so am Genre des Spaghetti-Western, das sich wie ein roter Faden durch fast all Ihre Filme zieht? Stimmt, auch bei „Pulp Fiction“, „Kill Bill: Vol. 2“ oder „In­ glourious Basterds“ habe ich Elemente des Italo-Westerns bei der Inszenierung übernommen. Ich liebe die Mischung aus Härte und Humor, die großen „Opern“-Szenen, die andererseits aber auch Comics entlehnt sein könnten. Und natürlich die Musik! Ennio Morricone und Luis Enriquez Bacalov, der die Musik zum Original-„Django“ komponierte, sind einfach Genies. Ich wollte nicht seinen berühmten Titelsong benutzen, das wäre zu einfach gewesen, aber Teile seiner Musik sind auch in „Django Unchained“ zu finden. Warum drehen Sie, im Gegensatz zu dem mit Ihnen befreundeten Regisseur Roberto Rodriguez, für den Sie bei „Sin City“ sogar eine Gastregie übernahmen, nach wie vor auf analogem Filmmaterial? Ganz einfach, weil es besser aussieht. Breitwand-Filme wie Richards Brooks „Lord Jim“ oder Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“, die in 70mm Super Panavision gedreht wurden, stellen bis heute alles an Schärfe und Leuchtkraft in den Schatten. Ehe ich digital drehe, höre ich lieber mit der Regie auf – und schreibe Romane. „Django Unchained“ beinhaltet nicht nur den Kampf gegen die Sklaverei, sondern auch eine romantische Liebesgeschichte zwischen Jamie Foxx und Kerry Washington, die 1966 im Original„Django“ von Regisseur Sergio Corbucci nur angedeutet wurde. Ich liebe Corbuccis „Django“. Der damals erst 24-jährige Franco Nero wirkte als einsamer Racheengel schon sehr reif in der Titelrolle. Unvergesslich, wie er ein Drittel des Films einen Sarg hinter sich herzieht, in welchem ein Maschinengewehr versteckt ist. Er hat Charisma und bereichert meinen Film durch einen CameoAuftritt, indem er als Bargast auf Jamie Foxx trifft. Allein aus seiner sonoren Stimme spricht Filmgeschichte. Dennoch wollte ich meinem Django mehr Komplexität und Herz verleihen. Kopfgeldjäger Doktor King Schultz rettet ihn vor der Versklavung. Er macht ihn zum freien Mann und „Mitarbeiter“, gibt ihm dazu seinen Selbstrespekt zurück. Als ihm Django von seiner versklavten Frau Broomhilda berichtet, erzählt ihm Schultz die Legende von Siegfried und Brunhilde. Bei mir könnte Django also auch Siegfried heißen, der seine Frau aus der Hölle – hier die Plantage des von Leonardo DiCaprio verkörperten Calvin Candie – befreien will. Und Doktor King Schultz ist eine Art John Brown, der 1859 als weißer Anführer der Anti-Sklaverei-Guerilla in Charles Town hingerichtet wurde. Leider erfährt man heute in den amerikanischen Schulen mehr über den Goldrausch am Klondike als über ihn. Eingangs unseres Gesprächs erwähnten Sie den Völkermord an den Ureinwohnern Amerikas. Ihre Mutter ist selbst halb­ indianischer Abstammung. Würde es Sie nicht reizen, einen Film über den von Ihnen benannten ersten Holocaust in den USA zu machen? Da bringen Sie mich auf eine Idee. Es stimmt, in meinen Adern fließt auch Cherokee-Blut. Ich mag Ralph Nelsons „Das Wiegenlied vom Totschlag. Ein Film, der Witz hat, aber auch die Bestialität des Massakers von Sand Creek zeigt, bei dem 1864 von US-Soldaten ein Indianerdorf mit Frauen und Kindern ‌ niedergemetzelt wurde. Nelsons 1970 gedrehter Film war gleichwohl eine Abrechnung mit dem Massaker von My Lai: Hier metzelten US-Soldaten 1968 in Südvietnam 503 Zivilisten nieder und töteten sogar alle Tiere des Dorfes. Ich finde es gut, wenn Filme historische Bezüge und Querverweise erstellen, denn Mord bleibt Mord. In „Django Unchained“ ist die Reaktion auf Gewalt Gegengewalt. Ist das Ihre Botschaft? Vergessen Sie bitte nicht, es ist nur ein Film! Und hier lautet die Devise: Trefft die Mörderschweine dort, wo es ihnen am meisten wehtut – am besten in die Eier!


Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

Film

23


lorem Film

Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

Reaktion statt Aktion –

24


Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

lorem Film

25

Leben statt Kunst

Der 1958 in Shanghai geborene Wong Kar-Wai ist als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent der auteur des neuen Hongkong-Kinos. Der filmische Experte in Sachen tragischer Liebe hegt eine Vorliebe für die 1960er Jahre – und auch für den Martial-Arts-Film. Der Jurypräsident der diesjährigen Berlinale präsentiert zugleich seinen eigenen Eröffnungsfilm „The Grandmaster“ mit Zhang Ziyi und seinem Lieblingsdarsteller Tony Leung Chiu Wai in den Hauptrollen. Beim Interview streichelt er immer wieder Marc Hairapetians Husky-Mischling und gibt sich auch sonst vollkommen unprätentiös. von Marc Hairapetian Marc Hairapetian: Sie sind 2013 nicht nur der Präsident der Wettbewerbsjury der Berlinale, sondern präsentieren mit „The Grandmaster“ auch den Eröffnungsfilm. Ist das eine doppelte Belastung oder eine doppelte Freude für Sie? Wong Kar-Wai: Ich würde sagen, es ist eine doppelte Ehre. „The Grandmaster“ als Eröffnungsfilm zu zeigen ist ein großes Glücksgefühl für mich, bedeutet aber auch Stress. Die ganze cineastische Welt blickt am 7. Februar auf die Eröffnung und somit auch auf „The Grandmaster“. Ich hoffe, er fällt bei Publikum und Presse nicht durch. Das wird kaum zu erwarten sein, gelten sie doch als Publikums- und Kritikerliebling gleichermaßen. Ihre Anhänger kennen Sie als Spezialisten für stilvoll gefilmte, tragische Romanzen wie „Chungking Express“, „In the Mood for Love“ oder „2046“. Dabei scheinen Sie auch ein Anhänger von Martial-Arts-Filmen zu sein, wie „Ashes of Time“ und nun „The Grandmaster“ beweisen. Was lieben Sie so an Kung-Fu-Filmen? Wie Sie wissen, bin ich zwar in Shanghai geboren, aber in Hongkong aufgewachsen. Anfang der 70er-Jahre sah ich als Jugendlicher die Martial-Arts-Filme von Bruce Lee. Er verzichtete auf Tricks wie durchsichtige Fäden, an denen die Schauspieler durch die Gegend wirbelten, sondern drehte die Action selbst – ohne Doubles und mit Gegnern, die wirklich kämpfen konnten. „Die Todesfaust in Cheng Li“ (Tang shan da xiong“) und „Todesgrüsse aus Shanghai“ („Jing wu men“) brachen in Hongkong damals alle Kassenrekorde und machten sogar Hollywood neugierig. „Der Mann mit der Todeskralle“ („Enter the Dragon“) war wirklich fantastisch! Bruce Lee, der in kantonesisch eigentlich Lee Siu-Lung hieß und auch als Lee Jun-fan bekannt wurde, war keinem bestimmten Kampfstil verpflichtet. Sein Stil setzte sich aus verschiedenen Stilen zusammen. Die Filme waren einfach, direkt und brutal, hatten aber alle eine philosophische Grundhaltung, den Kampf nur zur Verteidigung einzusetzen. Es ist nicht nur die französische Nouvelle Vague, die mich als Filmemacher inspirierte. Auch Bruce Lee war und bleibt mein Held. Ihm will ich mit „The Grandmaster“ meine ganz eigene Verbeugung erweisen. Kann man Ihren letzten großen Film davor, „2046“, der im Science-Fiction-Gewand daherkommt, als Fortsetzung von „In the Mood for Love“ bezeichnen? Nein, obwohl es stilistische Gemeinsamkeiten gibt. „2046“ ist ein Film, der aus mehreren – zeitlichen wie inhaltlichen – Blöcken zusammengesetzt ist. „In the Mood for Love“ war eine eher lineare Geschichte. Trotz seiner Zukunftsepisoden spielt „2046“genauso wie „In the Mood for Love“ vorderrangig in den 1960er Jahren. Was fasziniert Sie so an dieser Epoche?

Zuerst einmal bin ich in dieser Zeit aufgewachsen. Ich bin als Fünfjähriger 1963 von Shanghai nach Hongkong gekommen. Das war eine total neue Erfahrung für mich. Fernöstliche und westliche Lebenskultur waren Gegensätze, die mich magisch anzogen. Es war eine äußerst kreative Epoche. Filme, Musik, Mode der 1960er Jahre beschritten neue Wege, trauten sich mehr, hatten aber im Unterschied zu den 1970er Jahren noch einen klassischen Look. Also eine Art stilvolle Kulturrevolution? Genau, auch wenn die wirkliche Kulturrevolution in der Volksrepublik China stattfand. Hongkong war ja eine britische Kolonie, die mit angloamerikanischen Kulturgütern überschwemmt wurde. Als Kind hat man nur den Hauch einer Ahnung, was die wirklichen gesellschaftspolitischen Probleme betrifft. Hongkong in den 1960er Jahren war für mich ein nicht enden wollender Urlaub. Bedenken Sie, dass man als sehr junger Mensch ein ganz anderes Zeitgefühl hat. Sind Sie ein Nostalgiker? Durchaus. Kindheit und Jugend prägen uns wie keine anderen Zeitabschnitte. Die Kraft der Erinnerung ist eine wundervolle Macht, die Ursehnsüchte in uns weckt. Doch wir neigen auch dazu, die Vergangenheit zu verklären. In der Erinnerung wird alles perfekt, was vielleicht gar nicht besser war. Dennoch kann ich mich diesen Rückbetrachtungen nicht entziehen. Ihre Schauspieler kennen meist das komplette Skript nicht und wissen nicht, was mit den von ihnen verkörperten Figuren am nächsten Drehtag passieren wird. Es stimmt, die Schauspieler wissen am Ende eines Drehtages nicht, in welche Richtung sich die Geschichte weiterentwickeln wird. Guten Schauspielern kann man dies zumuten. Der Überraschungsmoment interessiert mich. Ich möchte nah am wirklichen Leben bleiben und nicht „nur“ Kunst produzieren: Wir wissen doch alle nicht, was uns am nächsten Tag tatsächlich erwartet. In „2046“ hat der Schriftsteller eine Schreibblockade. Kennen Sie dieses Problem auch als auteur, der die Drehbücher seiner Filme schreibt? Nein, die lange Produktionszeit hat nichts mit einer Blockade in meinem Kopf zu tun. In den letzten Jahren hat sich die Filmindustrie in Hongkong gewaltig verändert. Trotz bemerkenswerter Filme erlitt der asiatische Markt einen Kollaps. Die Finanzierung ist nicht immer gewährleistet, man ist förmlich gezwungen mit anderen Ländern zu kooperieren. Doch

durch die Koproduktionen mit Frankreich oder Italien ergeben sich auch neue Chancen. Der weltweite Vertrieb asiatischer Filme wird besser. Als Produzent, Drehbuchautor und Regisseur habe ich also einen Haufen Verantwortung. Doch meine Kreativität wird dadurch nicht behindert. Warum wählten Sie eigentlich verschiedene Komponisten für den Soundtrack von „2046“? Wir hatten in „2046“ zwei Hauptkomponisten. Zum einen Shigeru Umebayashi, der bereits den Score für „In the Mood for Love“ schrieb, und den inzwischen leider verstorbenen Peer Raben, dessen Musiken ich schon bei den Filmen Fassbinders bewunderte. Die Wahl der Filmmusik ist auch ein Tribut an meine eigenen Lieblingsregisseure: Truffaut, Kieslowski und Fassbinder. Einer von Truffauts schönsten Filmen ist „Der Mann, der die Frauen liebte“. Sind sie der Regisseur, der die Frauen liebt? Ja, natürlich! Truffaut und ich sind nicht nur die Regisseure, die die Frauen über alle Maßen lieben, sondern stellen auch die Verehrung, die wir ihnen entgegenbringen, ins Zentrum fast all unserer Filme. Truffauts Alter Ego war in vielen Filmen JeanPiere Leaud. Ist Tony Leung Chiu Wai, der Hauptdarsteller aus „Ashes of Time“, „Chungking Express“, „In the Mood for Love“, „2046“ und nun „The Grandmaster““, das Ihrige? Soweit würde ich nicht gehen. Tony ist viel flexibler als ich. Für Eisenstein war die Form alles, für Chaplin der Inhalt. Was ist für Sie bei einem Film wichtiger? „Was“ und „wie“ sind für mich untrennbar miteinander verbunden. An sich denke ich aber nicht sehr viel darüber nach, wie ein Film aussehen sollte. Wichtig ist, dass er physisch wird.

Sie sagten einmal, Liebe ist eine Frage des Timings. Richtig, gerade in der heutigen, hektischen Zeit. Vieles Bedeutsame wird einem erst bewusst, wenn es schon vorbei ist. Ihre Protagonisten scheinen äußerlich häufig sehr kontrolliert. Ist dies ein elementarer Wesenszug der fernöstlichen Mentalität? Ich denke, dass die asiatischen Menschen weniger kontrolliert, als eher passiv sind. Ich bin kein Regisseur des „clear go“, der Filme nach dem Motto „I want to be a champion!“ dreht. Mehr als die Aktion interessiert mich die Reaktion. Ihre Filme laufen in Hongkong und der Volksrepublik China an. Gibt es Unterschiede in der Publikumsreaktion? In China mögen es die Leute, über den Film im Anschluss zu diskutieren. Das liegt daran, dass sie es lange nicht durften. In Hongkong möchten sie wie in den USA in erster Linie unterhalten werden. Der teilweise freizügige Umgang mit Erotik in meinen Filmen, der vor ein paar Jahren noch nicht möglich gewesen wäre, hat die Chinesen überrascht. Doch es hat ihnen gefallen! (lacht)


26

Film

Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

ipfel des gnügens von Marc Hairapetian Im wahren Leben wirkt er etwas unscheinbar. Im Kino, im Fernsehen oder auf der Theaterbühne wächst er hingegen regelmäßig über sich hinaus: Der am 4. Oktober 1956 in Wien geborene Schauspieler Christoph Waltz begeistert immer wieder mit skurrilem Charme, egal ob er Protagonisten oder Antagonisten verkörpert. Ob als Täufer Jan van Leyden in Tom Toelles „König der letzen Tage“ (1993) oder als tragischer Schlagersänger Roy Black in Peter Keglevics „Du bist nicht allein“ (1996) - zum Weltstar avancierte Waltz erst 2009 in der Oscar- und Golden-Globe-gekrönten Rolle des SS-Standartenführers Hans Landa in Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“. Nun hat das Duo Infernale erneut zusammen gearbeitet: „In Django Unchained“ gibt der Vollblutakteur den nur Bösewichte eliminierenden Kopfgeldjäger Doktor King Schultz. Lohn der Angst: Ein weiterer Golden Globe und eine erneute Oscar-Nominierung als „Bester Nebendarsteller“. Christoph Waltz sprach mit Marc Hairapetian über die Freundschaft zu Quentin Tarantino, die Verehrung zu Oskar Werner und angenehmen Snobismus. Marc Hairapetian: Gratulation zu Ihrer Rolle des antirassistischen Kopfgeldjägers Doktor King Schultz in „Django Unchained“. Das ist wirklich der beste Part, den Sie je gespielt haben, und ich kenne Sie von den Anfängen Ihrer Karriere, wie in der TV-Krimi-Reihe „Derrick“. Wie viel Spaß hat es Ihnen gemacht, diese Rolle zu spielen? Christoph Waltz: Wie sieht es denn aus? Sieht das so aus, als hätte ich kein Vergnügen gehabt? Sie erlauben mir ein bisschen, das in Frage zu stellen. Zu betonen, wenn einem solch ein Drehbuch auf einem silbernen Teller präsentiert wird, nicht vor Freude und Dankbarkeit fast in die Knie zu gehen, wäre ja hybrid bis zur Unerträglichkeit. Aber danke für das Kompliment. Ob Sie es glauben oder nicht: In „Derrick“ mitzuwirken, hat mir damals auch Freude gemacht. Natürlich kann man meine Auftritte dort mit Doktor King Schultz nicht vergleichen. Tarantinos Filme sind für das große Kino gemacht und verlieren etwas im Fernsehen, genauso wie „Derrick“ im Kino etwas verloren wirken würde. Sie haben nach „Inglorious Basterds“ den Wunsch geäußert wieder mit Quentin Tarantino zu drehen. Wie war Ihre Zusammenarbeit und verdanken Sie ihm Ihre internationale Karriere? Sie haben schon gesagt, es war ein Wunsch und dazu noch ein Vergnügen und es kann nicht viel besser werden, als das. Und wenn mit dem, was Sie da tun schon der Gipfel des Vergnügens erreicht ist, das dann noch zu machen mit jemandem, der ein wirklich wichtiger Freund geworden ist, was will man da noch mehr sagen...? (lacht) Tarantino sagt, dass die Magie zwischen Ihnen dadurch zustande kommen würde, weil er ein Pop-Art-Typ sei und Sie – ich zitiere wörtlich –„ein Snob, der sogar noch darauf stolz ist!“ Ein weiteres Kompliment oder eher ein kleiner Seitenhieb? Er hat vollkommen recht. (grinst) Ich bin ein Snob, aber kein unangenehmer und keiner von der Sorte, der einen ungehobelten Wildling in die Hochkultur einführt und ihn dann dabei beobachtet, wie ein Wissenschaftler das Versuchskaninchen. Von Seitenhieb kann also nicht die Rede sein, eher muss ich ihm das Kompliment machen, dass er mich nach zwei Filmen schon so gut kennt. Natürlich steckt hinter seiner Aussage etwas mehr. Er wirft Dinge manchmal auf, die ich gerne auslote. Und dann geschieht das Wunderbare, dass er mir diese Dinge sogar überlässt. Dass er mir solches Vertrauen entgegenbringt ist das wahre, unausgesprochene Kompliment. Was hat Sie am einst so glorreichen Genre des Italo-Westerns gereizt, das zuletzt durch die Filme von Bud Spencer und Terence Hill zur Slapstick-Farce verkommen ist?

De V


Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

Film

27

Der Gipfel des Vergnügens Ehrlich gesagt lag der Reiz für mich nicht darin, das Genre des Italo-Westerns neu zu beleben. Es waren vielmehr das Drehbuch und Tarantino selbst, die mich dazu bewogen haben, bei „Django Unchained“ mitzumischen. Nur die wenigsten Regisseure gestatten ihren Schauspielern, das noch unfertige Drehbuch zu lesen. Stimmt es, dass Tarantino Ihnen schon Auszüge von „Django Unchained“ zukommen ließ? Ja, das war ein ungeheures Privileg und heißt nicht, dass er die Dialoge alleine nicht schreiben könnte. Er lässt mich vielmehr teilhaben an seinen Ideen und schätzt meinen Rat.

Hat er nach dem gemeinsamen Besuch einer „Ring“-Aufführung die Geschichte von Siegfried und Brunhilde in „Django Unchained“ eingeführt? Djangos Frau heißt bei Tarantino Broomhilda – und Sie sehen Jamie Foxx ja als eine Art Siegfried, der seine von Kerry Washington verkörperte Liebste aus den Klauen der Sklaverei befreien will. Nein. Es war umgekehrt. Zuerst war der Siegfried-/Brunhilde-Aspekt in „Django Unchained“. Aber nach dem Besuch der „Ring“-Aufführung meinte Quentin verschmitzt zu mir: „Christoph, daraus könnten wir noch etwas mehr borgen!“ Für Ihre Rolle des SS-Standartenführers Hans Landa in „In­ glourious Basterds“ gewannen Sie 2010 einen Oscar als “Bester Nebendarsteller“. Damit waren Sie nach Maximilian Schell der erste deutschsprachige Schauspieler, der diese begehrte Trophäe ergattern konnte. Nun sind Sie für „Django Unchained“ wieder nominiert. Sind Sie genauso aufgeregt wie beim ersten Mal? Na klar bin ich aufgeregt, auch wenn ich nicht durch die Gegend renne und jubiliere „Ich bin wieder für einen Oscar nominiert!“ Jede Auszeichnung und Nominierung bedeutet mir etwas – so auch der Gewinn des Golden Globes als bester Nebendarsteller für „Django Unchained“. Das macht mich stolz, wenn man mir zutraut „die Linie Oskar Werner, Maximilian Schell, Curd Jürgens und Klaus Maria Brandauer“ weiterzuführen, wie es der Botschafter Dr. Ralph Scheide bei der Verleihung des „Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kultur“ in seiner Würdigung am 6. Juni 2012 in der Österreichischen Botschaft in Berlin sagte. Ich habe gelesen, dass Sie ein großer Verehrer von Oskar Werner sind. Ich schreibe eine Biografie über ihn und mich würde interessieren, ob Sie ihm mal begegnet sind, ob er Sie beeinflusst hat und was Sie so toll an ihm finden? Oskar Werner bewundere ich sehr. Er ist sozusagen mein Idol. Nein, ich bin Oskar Werner leider nie begegnet. Ich habe ihn nur im Film gesehen. Ich liebe seine Rolle des idealistischen Ritterkreuzträgers Wüst, der Hitler von der Überflutung der Berliner Tunnel abbringen will, in G. W. Pabsts Meisterwerk „Der letzte Akt“. Seine Sterbeszene ließ sich Marlon Brando mehr als zwei Dutzend Mal hintereinander vorführen. Außerdem habe ich Oskar Werner einmal bei einem Rezitationsabend im Wiener Konzerthaus live gesehen und gehört, wo er Balladen von Goethe und Schiller vorgetragen hat. Und was mir an ihm gefällt, da können wir uns gerne mal eine Woche zusammensetzen und das im Detail austragen. Sehr gerne! Vielen Dank für das Gespräch, Herr Waltz!

© AP IMAGES

Sie sollen ein fast genauso großer Cineast sein wie er, der sich in jeder freien Minute gerne Filmklassiker ansieht. Teilen Sie noch andere kulturelle Leidenschaften mit ihm? Ja, die Liebe zur klassischen Musik. Wir haben sogar zusammen eine Aufführung von Richard Wagners „Ring der Nibelungen“ besucht und ich lehne mich sicher nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass eine Inszenierung von ihm, den Bayreuther Festspielen erfrischende Impulse geben würde.


28

Film und Fashion

TOP 5

Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

BEST DRESSED ACTORS STINE GOYA CEZANNE WALLET Unless you're A-list or A-list 'arm candy', you may need to pull out your wallet to purchase some tickets to this year's Berlinale, match your lips to your Rosewood hued leather wallet, smile a lot, and the general impression may just bump you up to A-List 'arm candy' next year round. 499 DKK - www.stinegoya.com

von Kathrin Eckhardt, Zürich

FEATHER NECKLACE BY AKONG Catch some eyes and collect some numbers in this 'Akong' statement necklace, an intriguing combination of neon silk's, electric blue feathers & swarovski crystals. Networking sorted. Enjoy the film. 924 GBP - www.kabiri.co.uk

ATALANTA WELLER DARI SHOE If you don't own a pair of red carpet worthy shoes, stay home, or head to Atalanta Weller for these graphic black & white heels, with a nice walkable wedge to ensure you won't topple after one too many tipples. 600 GBP - www.atalantaweller.com

LE BERLINOIS UMBRELLA No one should step outside these drizzle prone days without an umbrella on their arm, looking as sharp as any leading man with this elegant pinstriped umbrella accompanying you. Prospective leading ladies will appreciate the protection. 229 EU - www.sotostore.com

Berlinale Essentials by Millicent Bystander

To-Go Boutique

Grace Kelly

Johnny Depp

Wenn Eleganz eine Person wäre, würde sie sich als Grace Kelly in Gestalt zeigen. Im 50er Jahre Film „High Society“ tanzt sie mit Frank Sinatra etwas angetrunken vor dem Pool. Von den Fingerspitzen bis zu den Zehen war jeder Muskel unter Kontrolle, jede Gliedmasse fein gestreckt. Schlichte, lange Kleider umschmeichelten ihre mädchenhafte Figur so, dass ein bisschen, aber nicht zu viel von ihrem makellosen Körper gezeigt wurde. Hermès benannte eine Tasche nach ihr und ihr weiteres Markenzeichen, das Kopftuch, wurde in den 60er Jahren zum „Kelly Style“. Grace hatte die Grazie im Namen und die war Programm. Als sie die Schauspielerei des Prinzen von Monaco wegen aufgab, strahlte sie ein letztes Mal in Spitze in einem Brautkleid von Helen Rose für die Öffentlichkeit, bevor sie abtauchte, Mutter und Gattin wurde, in eine Sinnkrise stürzte und ihre Schönheit der Öffentlichkeit nur noch selten offenbarte.

Es scheint, als habe Johnny Depp sich äusserlich ein klein wenig von jeder Rolle, die er gespielt hat, angeeignet. Und nicht nur seine Rollen, vor allem die Kostüme waren ungewöhnlich. In Cry Baby war er rockig, als Edward mit den Scherenhänden hatte er zerzaustes Haar, als Captain Jack Sparrow trug er zerfetzte Kleider und als Besitzer einer Schokoladenfabrik erschien er mit farbigem Gesicht und einem grossen Zylinder auf dem Kopf. Die zotteligen Tücher, der viele Schmuck und die abgetragenen Kleider hat er sich auch privat zu eigen gemacht. Konform ist anders und weil er seinem Stil immer treu bleibt, ist er im Zeitalter der Austauschbarkeit eine Ikone. Während Black Tie für das Betreten des roten Teppichs obligatorisch ist, trägt Depp zwar den schwarzen Smoking, dazu aber eine Brille mit blau getönten Gläsern und Hut – wunderbar unverwechselbar.

Look VALENTINO, Sonnenbrille Illesteva, Hut Hermès, Schuhe Miu Miu (Net-A-Porter), Ohrringe Oscar De La Renta (Net-A-Porter), Wäsche ERES, Tasche Jil Sander

Look Ann Demeulemeester, Sonnenbrille Ray Ban , Hut A.P.C. (Mr Porter), Schuhe Marsell (Mr Porter), Halstuch Alexander McQueen (Mr Porter), Hemd EDWIN


Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

Film und Fashion

29

Eine Stilikone trägt nicht nur das schönste Kleid, die leuchtendsten Diamanten oder den best sitzenden Smoking. „Best dressed“- Schauspieler brauchen eine aussergewöhnliche Persönlichkeit, die mehr Charakter und eine eigenwilligere Ausstrahlung als ihre Mitstreiter haben. Fünf Beispiele, die dank ihrer Persönlichkeit die Mode und sich zur perfekten Symbiose bringen.

Kristen Stewart

Steve McQueen

Tilda Swinton

Das Posieren auf dem roten Teppich ist bei Kristen Stewart so holprig, wie die Fahrt auf einem Pickup über das ländliche Honduras. Sich souverän der Öffentlichkeit zu präsentieren liegt der Jungschauspielerin fern. Ihre Auftritte bei Filmpremieren sind eine Mischung aus altem Hollywood-Glamour und Grunge-Attitüde. Kurt Cobain hätte seine Freude an ihr gehabt. Gekleidet in feinster Spitze und Pailletten von Zuhair Murad und Erdem oder in geometrischen Entwürfen von Balenciaga und Rodarte, ist ihr Kajalstrich immer etwas dick aufgetragen und die Haare etwas zu zerzaust für den glatten Glamour. Ihr Blick vereinigt Gleichgültigkeit und rotzfreche Gedanken. Stilexperten denken bei ihrem Anblick, dass “sie irgendwie nicht so recht in diese Welt passt“, und genau das ist es, was Stewart so interessant macht. Das freche Mädchen in wunderschönen Kleidern hat das Zeug zur Stilikone.

Wissenschaftler sagen, Draufgänger und Egoisten bekommen die besten Mädchen. Vielleicht war Steve McQueen deshalb ein Frauenheld. Er galt als Enfant terrible, feierte, rauchte, drückte zu sehr auf das Gaspedal und war wegen seinen Missetaten ab und an zu Besuch auf Polizeiposten. Das Strassenkind schaffte es von der Gosse bis auf die Bühnen Hollywoods. Dabei zeichneten ihn die schweren Tage. Tiefe Stirnfalten legten sich über seine blauen Augen, die vertrauenswürdig wirkten. Auch sein Kleiderstil war eine Mischung zwischen Draufgänger und unschuldigem Junge. Ob schwarzer Rollkragen oder maritimer „all-in-white“-Look, McQueen behielt die Ausstrahlung des wilden Wolfes stets bei. Sein Auftreten verriet immer ein bisschen davon, denn seine Socken waren etwas zu verwaschen, die Schuhe zu abgetragen und die Zigarette im Mund zu qualmend.

Mystiker behaupten die englische Schauspielerin stamme aus einer Zwischenwelt. Ihre weit auseinanderliegenden Augen, die helle Haut mit den kurzen, blonden Haaren und die langen Beine scheinen nicht von dieser Welt zu sein. Swinton hat ihre eigene Definition von Schönheit und trägt sie nach Aussen. Fast ungeschminkt und ungepolstert, anders als ihre Schauspielkolleginnen, präsentiert sie sich in avantgardistischen Kleidern von Haider Ackerman, Akris oder Céline. An ihrem Aussehen, das eine Mischung des jungen David Bowie und Grace Coddington ist, scheiden sich die Geister. Man vergöttert oder verdammt sie, und das trifft auch auf ihr Privatleben zu. Sie hat adeliges Blut, hält aber nichts von ihrer Herkunft und distanziert sich von ihrer Herkunftsfamilie. Swinton schreibt eigene Gesetze, lebt in einer wilden Ehe ohne traditionelle Rollenbilder. Das sieht man der Künstlerin an. Ein Vorbild für die moderne Frau.

Look Rodarte, Armband Bulgari, Schuhe Jimmy  Choo (Net-A-Porter), Tasche Bulgari, Hosen 3.1. Philipp Lim (Net-A-Porter), Oberteil Dolce & Gabbana (Net-A-Porter)

Look J.Lindeberg, Sonnenbrille PERSOL, Helm Harley-Davidson, Schuhe Clarks Originals JINK Sand, Uhr Omega, Hemd Levi’s, Lederjacke Belstaff

Look Haider Ackermann, Schuhe Céline, Schmuck Pomellato 67, Tasche Akris Alex, Mantel Calvin Klein Collection (The Outnet)


30

English Appendix

Arrogant bastard

Escaping Reality to See Reality? by Adrian Stanley Thomas, New York City Cinema is a wonderful tool that we all use from time to time to sort of get away from it all. You know, film is that thing that allows you the opportunity to sit in a dark space and loose yourself in some story about people dealing with some sort of conflict while portraying characters realistically in order for you to believe the experience. You’re trying to take a break from people and all of the things you do during the course of a week and to watch a group of people come together to make a film as realistically as possible. This sounds so strange to me in a number of ways. I guess in a way we like to run towards what we’re trying to run away from. Film is also the place where perversions mature. Don’t pretend that you don’t know what I’m talking about. You’re underground most of the time, it’s dark, and guys will try to get a girl to do weird things because we’re ridiculous. It’s bound to create all of these “Situations” and odd cavernous motivations that end up being creepy. Whether or not you go to a film to get away from your annoying significant other or the pressure of your job is giving you second thoughts about your career choice, escaping to the cinema affords you the opportunity to feel something else and embellish on desires that can seem faded at times. You want to believe in the passion of a relationship or the strength of “Superhero” ability to save the world from an alien cyborg intent on turning humans into servants. The question is if you count on that experience, the odds are that you may be disappointed. The reason, acting is hard people; it’s a craft not to be confused with reality television. Wait, shouldn’t that be more real? But that’s reality, not acting. But it’s still a performance, right? This is too much to decipher. Film is fictional but reality television is real, right? But I go to the movies to see professional actors portray characters as if they were real, but I know it’s just a film. What are we trying to do with ourselves? When I was in college, I studied at The Lee Strasberg Theatre Institute in New York City. Now this particular form of acting has produced some of the people that are considered the best, Brando, De Niro, you know, the heavy weights. I can remember sense memory, and emotional recall to develop events that would create a reality for my characters and therefore be “real” and honest. Let’s just say that it was exactly what I found interesting about the craft. My point is this: You’ve rationalized and hypnotized yourself into the reality of the unreality. Perhaps because the world is not what it should have been, so the brain needs momentary escapes to maintain sanity, or maybe it’s just the heart that needs it. It’s sort of a conundrum I think. But whatever it is, the group therapy of film plays a vital role in the game. I guess the real question becomes during the maturation of the species (That’s such a great word, species.) Anyway, the real question becomes how we process the images and language that an actor is portraying on the screen for our consumption? We obviously love violence but not actual violence. Wait, wait, but we want to see good actors that make us believe that the scenes that happen during the course of a film are real. That would mean, or better yet one can deduce, that we do want the actual violence and destruction

Ausgabe N°29 • Februar / März 2013 • Jahrgang 5 • trafficnewstogo.de

we see on screen. Hold on a second, if we go to see films for an accurate portrayal, then would that make you a hypocrite? I’m saying you, because I’m not confused like the rest of you. Looking at this from a subjective point of view as I always do, where can the justification be for the desire to take pleasure in violence on a screen but repulsed by a news broadcast that reports violence? Why can’t people learn to live beside one another? Why do we need atomic bombs? Why are people starving? See these are all good questions right? Sure they are, we can talk about this later, in your movie.

THE SIDE EFFECTS OF BEING PRETTY by Kiki King, London German version on page 8 His piercing blue eyes are as arresting as always, but there is no denying that the Jude Law of 2013, aged forty, is a changed man. Deep crinkles frame his penetrating gaze. And the lines etched into his forehead show a man who has lived and frowned, a lot. Nowadays, he usually sports a gruff beard in his free time between films, his sprightly leanness has leaked somewhat; the sleek, wide-eyed charm of the young British actor who blazed onto our screens - cast as human perfection in Gattaca - in 1997, today is somewhat more wizened. Wizened might be pushing it too far, no-one could possibly call him anything but handsome, but wiser, definitely. He spent years as one half of a tabloid newspaper editor’s drooling dream come true, first with wife Sadie Frost and then boho-blonde Sienna Miller. The repeated image of Law, usually leaving a late-night member’s only drinking den like the Groucho in London’s Soho or somewhere equally hip in New York, Berlin or Toronto was always one of nearly concealed disdain at the media mayhem around him; his eyes fixed on the ground as he tried to walk down a pavement littered with paparazzi, one hand covering his face, coat collar turned up defensively against the barrage of bright flashes. He didn’t help assuage the attention fixated on him. There was late-night carousing with Frost and her posse, he was made godfather to Kate Moss’s daughter, twice the police were called to their Primrose Hill home. Then, at the pinnacle of the louche London party scene which appeared to revolve around him and girlfriend Sienna, he cheated on her with his children’s nanny. She sold her story. Sienna dumped him, they got back together in 2009, rumours of an engagement, by 2011 it was all over, again. In those years, Jude also fathered another child during a fling with American model Samantha Burke. The magazine-fodder attention took precedence, undeservedly, over his acting abilities. He brought a dark edginess to The Talented Mr Ripley and Cold Mountain (for which he garnered Oscar nominations) often harder to spot when the roles just showed off his looks. It was on stage as Hamlet in 2009, directed by Michael Grandage in a hugely successful run that his true grit shone. As he gets older, he is becoming liberated from his chiselled jaw. “In a weird way, it’s kind of a relief to think, ‘Oh, I know I’m not that young sort of pretty thing anymore,’ ” he said in a recent interview. “It’s quite nice talking about what it was like to be the young pretty thing, rather than being it.”

Cast as the cuckolded husband in last year’s Anna Karenina and the father in Hugo, later this year, we will apparently see him large and violent, and with bad hair, in Dom Hemingway. As a psychiatrist caught up in a scandal involving prescription drugs in Side Effects, premiering in Europe here at the Berlinale Film Festival, director Steven Soderbergh has spoken about being struck by Law’s optimism. “We were halfway through ‘Side Effects’ when I realized that I have never heard him complain about any aspect of his life,” Soderbergh said recently. “He’s one of those people that kind of drains to an optimistic place in general.” His is a privileged place to be. Like his contemporaries Leonardo DiCaprio or Ben Affleck, leaving their youth has done their careers a favour. Unlike the perennial pretties, the Matthew McConaughey types, Law seems relieved to pass the beau-baton on to the likes of his Side Effects co-star Channing Tatum, Ryan Reynolds and Bradley Cooper. For female actors however, crossing the rubicon of forty has none of this allure, no promise is there of weightier roles and moving scripts. For women there is no celebrating of the crinkles and lines which give depth and resonance to a character. You can count on one hand the women who make it across this barren dessert intact, with interesting careers and the statuettes to match. It is a sorry state of affairs. A film with an older woman having a sexual relationship with a younger man is still touted as a big deal, as if nothing has changed since 1967 when Anne Bancroft made an entire generation of teenage boys break out in an uncomfortable sweat in The Graduate. And a film where a female lead is not whippet-thin or model-beautiful is heralded as a ‘daring’ piece of film-making. Meryl Streep, Helen Mirren, Diane Keaton and Judi Dench all made it through. Of Law’s generation of female actors, only Cate Blanchett and maybe the slightly younger Kate Winslet - is secure in her place for the truly interesting, cutting-edge pictures of the next decade. But for talented actors, from the likes of Halle Berry to Jennifer Aniston, Drew Barrymore to Kate Hudson and even Gwyneth Paltrow, negotiating a world of angsty sidekicks and romantic comedy mother-in-law roles looms large. But none of this need fold another crease onto the forehead of Jude Law. He can take the titillations about his receding hairline (and it is a receding hairline, there is no denying this) as he faithfully flicks through the ever-replenishing stack of scripts from his agent. He has stepped neatly from matinee idol to grown-up leading man. His new-found freedom from the trained lens of the long-range camera is entirely deserved. Law spent several years battling with News International over his privacy and won. A settlement of 150,000e and a grovelling apology must be, for him, the least of it. “They had kind of stripped me and my relationships bare there was nothing left to write,” Law said of the media intrusion in a recent interview. “And there is only so much laundry one has, in the end, to be washed in public.” In 2011 he joined the prestigious judging panel of the Cannes Film Festival. Last year, he presented the Turner Prize in London, the UK’s biggest contemporary art award, using the moment to rant against government cuts to arts funding. He has gained stature as an avid supporter for the Peace One Day campaign, making a documentary in Afghanistan and lobbying the United Nations. These days, he’s usually spotted not by party kids spilling out of drinking dens in Soho, but by other parents playing football with their kids in the park on a Saturday afternoon. As Jude Law enters his forties, he exudes a quiet confidence that the best is still to come.

Triumph and Disaster by Natalie Holmes German version on page 12 It was in Greece, the birthplace of tragedy, where Kirsten Bruhn met with both triumph and disaster. While on holiday there in 1991, she was left paralysed after a motorbike accident. Then in Athens in 2004, she took her first Paralympic gold for the 100m breaststroke Henry Wanyoike was born in the slums of Kikuyu, Kenya. One night, at the age of 21, he suffered a stroke and woke the next morning blind. Seven years later he qualified for the Sydney Paralympics as a runner in the 5000m, and though his guide fell ill and collapsed minutes’ from the finish line, Henry went on alone, winning the race in a manner so unbelievable that officials had to double check he really couldn’t see. The Paralympic Games started in 1948 with a handful of British ex-servicemen disabled in World War II. Involving athletes with a range of physical and intellectual disabilities, the Games have since gone from strength to strength, running in parallel with the Olympics (“pará” is Greek for alongside”) for the last 25 years. Despite an enduring and controversial lack of funding, last year’s homecoming was the biggest Paralympics yet, with over 4000 athletes from 164 nations taking part. The road to London 2012 was replete with stories of people like Kirsten and Henry, who stared unimaginable despair in the face until it turned away, defeated. Then there are those like Australian wheelchair racer Kurt Fearnley, for whom there was no sudden catastrophe. Kurt was born in 1981 with a birth defect that means his legs remain underdeveloped. But thanks to the support and acceptance of his small community, he never experienced depression, and got into wheelchair sports as a young teen. For filmmaker Michael Hammon, director of Gold - Du kannst mehr als Du denkst, which premiers in the Berlinale Special section of the eponymous film festival, these narratives were too good to miss. Hammon and his team filmed all three athletes as they prepared for and finally competed in London, all overcoming their own seemingly insurmountable physical and emotional hurdles along the way. Those who consider themselves immune to emotive, blatantly inspirational films like Gold have an ally in German director Niko von Glasow, whose Paralympics-based film Mein Weg nach Olympia also graces the Berlinale Special programme this year. Von Glasow, who was born with phocomelia - a limb deformity caused by the now notorious drug Thalidomide - is a self-confessed hater of sports. Forced as a child to take part in games, the director is particularly critical of the Paralympics, holding no punches during his interviews with numerous athletes to try and understand “why the hell they would torment their bodies for an event that probably only serves to calm the guilty conscience of society”. Suffice to say, the athletes don’t give way to hating - they’ve risen above far worse than a cynical filmmaker - and the result is a surprisingly uplifting change of heart from von Glasow. Bitter Berliners beware: it seems no one’s safe from the optimistic spirit of the Paralympics.


selbstverwirklichung

beginnt dort, wo träume wirklichkeit werden. Rolf Benz EGO. das sofa nach maß.

ROLF BENZ EGO VORTEILS-EDITION! TRAUMSTOFFE ZU TRAUMPREISEN.* * Gültig für die Stoffnummern 05.270 ff / 05.370 ff / 05.380 ff (Sonderedition).

Design: Edgar Reuter www.rolf-benz-haus-berlin.de

stilwerk Berlin Kantstraße 17/ 3. OG · 10 623 Berlin Tel. 030 / 315 15 650 · Fax 030 / 315 15 651 info@rolf-benz-haus-berlin.de


WWW.RADO.COM

RADO HYPERCHROME AUTOMATIC CHRONOGRAPH MONOBLOC CASE ENGINEERED IN HIGH-TECH CERAMIC


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.