AUSGABE 7
JULI/AUGUST 2010
FREE PRESS!
JAHRGANG 01
ZEITGESCHEHEN
06 NIEDERL AGE OHNE SIEG – DIE WAHL DES BUNDESPRÄSIDENTEN
FASHION
12 SUGARHIGH 17 DIE BESSERE WAHL – MELISSA DRIER BLICK T ZURÜCK UND NACH VORN AUF DIE MODESTADT BERLIN 20 RAUMFAHRT REVISITED
WIRTSCHAFT
08 VON SCHL ANGEN UND K ANINCHEN – NICOLAS BISSANTZ NIMMT DIE ZEIT IN DEN BLICK
DAS WET TER
09 PARIS, MALLORCA, BERLIN, ITALIEN
ST YLE
10 JUGENDWAHN – ÜBER FUSSBALLSPIELENDE BABYS UND ZUSCHAUER, DIE FÜR NACHWUCHS SORGEN
28 WALKING THE DOCS – MODEBLOGGER DAVID ROTH ÜBER SEINE PASSION FÜR SCHUHE
SPORT
KULTUR
30 GRAND OPENING, GRAND CLOSING.
ENGLISH TRANSL ATIONS 31 THE BET TER CHOICE – MELISSA DRIER LOOKS AT BERLIN
VON KOPF BIS FUSS
STRAULINO, SUGARHIGH, PRÄSIDENTENWAHL, MELISSA DRIER, DANDY DIARY
NEWS TO GO
WHAT ARE YOU PLANNING TO DO TODAY TO MAKE THE WORLD A BETTER PLACE OR AT LEAST MAKE IT WORTHWHILE TO HANG IN THERE A BIT LONGER
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NEW SHOES ALWAYS HURT.
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CONTRIBUTORS
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Thorsten Denkler, geboren 1971 in Westfalen, fordert als Schülersprecher das Ende der politisch emotionslosen Schule, macht aber in der LandeschülerInnenvertretung von Nordrhein-Westfalen unangenehme Bekanntschaften mit quotierten Redelisten. Statt in die Politik zieht es ihn in den politischen Journalismus; ab 1998 als freier Schreiber für die Tagezeitung in Bonn, ab 1999 als Volontär der taz und ab 2001 als Korrespondent für sueddeutsche.de in Berlin. Er hat unter anderem für die Financial Times Deutschland und die Frankfurter Rundschau gearbeitet. Straulino forscht in seinen Photographien der Schönheit des Menschen nach. Seine experimentellen Arbeiten abstrahieren die Modelle zu Skulpturen, getaucht in schillernde Farben, effektvoll inszeniert. Straulino hat für TRAFFIC eine Modestrecke geschaffen, die Bewegung, Stillstand und Raum in eine fremdartige Komposition umsetzt, nostalgisch und futuristisch zugleich. Der in Berlin lebende Photograph arbeitet u.a. für die deutsche Vogue, Harper’s Bazaar und Another Magazine, außerdem hat er zahlreiche Werbekunden, wie Thierry Mugler und Wella. Peter J. Henssen und Alonso Dominguez sind die Köpfe hinter sugarhigh, einem täglichen E-Mail-Magazin mit Kurzbeiträgen zur Berliner Gegenwartskultur. Für diese Ausgabe präsentieren sie eine vom DDRMagazin Sybille inspirierte Fotostrecke und ein Gespräch mit Melissa Drier von WWD. Zur Berliner Fashion Week erscheint ein temporäres E-Mail-Magazin, sugarhigh – the fashion edition. sugarhigh kann nur auf Einladung abonniert werden. TRAFFIC-Leser können sich im Juli mit dem Zugangscode TRAFFIC auf der Seite www.sugarhigh.de registrieren.
TRAFFIC NEWS TO-GO “Constituting a new read” Anzeigenanfragen bitte an: ad@trafficnewstogo.de For advertisement enquiries please write to: ad@trafficnewstogo.de Abonnement-Anfragen bitte an: abo@trafficnewstogo.de TNTG UG Torstraße 223 D -10115 Berlin http://trafficnewstogo.de
VERLEGER Jacques C. Stephens V.i.S.d.P. Co-VERLEGER Murat Suner DESIGN Double Standards BILDREDAKTION Ivan Cottrell REDAKTION Carlina Rossée
MITARBEITER DIESER AUSGABE Maxime Ballesteros, Cathrin Bauendahl, Michel Braun, Thorsten Denkler, Alonso Dominguez, Eden, Julius Forgo, Anne Hansen, Peter Hennsen, Maria Hinzmann, Ana Finel Honigman, Cornelia Huth, Philipp Kohl, Heiko Laschitzki, Hanna Lemke, Tamara, Tina Maier, Katarina Preussing, Chris Rehberger, Carlina Rossée, Gregor Runge, Christopher Sano-Davies, Nora Sobich, Jacques C. Stephens, Straulino, sugarhigh, Murat Suner, Caecilia Suworowa, Britta Thie, Andreas Vitt Druck: Druckhaus Schöneweide ISSN 1869-943X
Cover: Straulino
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ZEITGESCHEHEN
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MERKELS SCHLÄFER
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JAHRGANG 01
BOYKOTT AUS DEN EIGENEN REIHEN: KANZLERIN MERKEL GEHT AUS DEM WAHLDEBAKEL UM DEN BUNDESPRÄSIDENTEN STARK GESCHWÄCHT HERVOR UND APPLAUS FÜR DEN SIEGER, CHRISTIAN WULFF, BLEIBT AUS.
VON THORSTEN DENKLER
U
uups, das ist ja noch mal gut gegangen. Christian Wulff ist der 10. Bundespräsident der Republik. Gewählt zwar erst im dritten Wahlgang, aber was soll’s. Mehrheit ist Mehrheit, das pflegte schon Helmut Kohl zu sagen. Wer so denkt, der hat nicht ganz verstanden, was da am letzten Junitag des Jahres 2010 unter der Reichstagskuppel geschehen ist. Im ersten Wahlgang haben 44 Parteigänger von CDU, CSU und FDP die Seiten gewechselt, haben sich enthalten oder den äußerst respektablen Kandidaten Joachim Gauck gewählt. Der war danach Präsident der Herzen. Wulff dagegen nur noch eine mäßige Erfindung von Kanzlerin Angela Merkel. Um Wulff nicht unrecht zu tun: Es ging zu keinem Zeitpunkt um ihn. Ein paar wenige aus Baden-Württemberg vielleicht haben ihm nicht verziehen, dass er als Ministerpräsident von Niedersachsen und Aufsichtsrat von Volkswagen nicht unwesentlich daran beteiligt war,
den schwäbischen Autobauer Porsche in die Knie zu zwingen. Der Sportwagenfabrikant gehört jetzt zum Wolfsburger Autokonzern. Aber das ist nicht der Grund für die Meuterei der 44 für den wohldosierten Putschversuch in der Bundesversammlung. Die Ziele der Kamikaze-Wahlfrauen und -männer waren Angela Merkel und ihre schwarzgelbe Bundesregierung. Dass es da hinten und vorne nicht langt, dass es ächzt im Gebälk und einfach nichts zusammenfinden will, was doch eigentlich so natürlich zusammengehört, ist umfassend beschrieben. In der Union zumindest herrscht bei den Merkel-Skeptikern die Vorstellung vor, dass es an der FDP nicht alleine liegen kann. Merkel hat in ihren Augen die CDU zur zweiten sozialdemokratischen Kraft verkommen lassen. Am Ende, respektive am Anfang, der schwarz-gelben Koalition passte dann nicht die FDP zur Union, sondern die Union zur FDP.
Merkel hat die CDU modernisiert, heißt es, hat die alten Zöpfe in der Familien-, der Migrations- und auch der Wirtschaftspolitik abgeschnitten. Nur: Erfolg hatte sie damit nicht. Die Wahlen 2005 und 2009 waren einen Desaster für die CDU. Das Ausmaß der Katastrophe wird allein von der Tatsache überdeckt, dass Merkel sich als Kanzlerin erst in eine große Koalition, dann dank der überraschenden Stärke der FDP in eine schwarz-gelbe Regierung flüchten konnte. Was habt ihr denn, wir haben doch gewonnen, dachte sie. Viele andere in der Union dachten nur: Glück gehabt. Merkel wird ihre Politik ändern müssen. Schon allein deshalb, weil niemand genau weiß, wer die 44 sind, wie viele von ihnen in den Bundestagsfraktionen von Union und FDP hocken. Schläfer werden Personen genannt, die in einem Land ein unbescholtenes Leben führen und plötzlich, ein Anruf genügt, Bomben bauen. Merkel
hat davon möglicherweise 44 in ihren eigenen Reihen. Genug, um die Koalition zu sprengen. Die Hardliner in der Union fordern seit langem eine Politik für die Stammwähler der Union – und damit auch eine Politik für die Stammtische. Sie wollen eine Parteiführung, die auch mal austeilt und nicht immer nur moderiert. Eine Politik aber, die diesen Ansprüchen genügt, würde über kurz oder lang die SPD wieder stark machen. Sie leidet vor allem daran, dass Merkel ihre Wähler gekonnt umgarnt hat. Wie auch immer, im Moment scheint Merkel keine Option mehr zu haben, die ihr einen nachhaltigen Erfolg verspricht. Merkel wird zunehmend machtlos. Sie könnte die Vertrauensfrage stellen, um ihre Position zu sichern. Zur Zeit aber stehen die Chancen nicht schlecht, dass sie diese Abstimmung wirklich verliert. Foto: AP Photo/Markus Schreiber
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JULI/AUGUST 2010
ZEITGESCHEHEN
JAHRGANG 01
VICTORIA!
REDITA.
PERDITA.
Sie hat gesiegt. Über die Eltern: Sie wollten nicht, dass die Kronprinzessin einen Mann ehelicht, der nicht nur nicht adelig war (war Silvia einst ja auch nicht), sondern den der selbst als solches geltende König als dumm bezeichnet haben soll. Über die Presse: Die ist darauf aus, dass Adelige skandalumwittert sind, sonst würden die Leser ja nicht über sie lesen wollen – sie versuchte, noch kurz vor dem Ja-Wort mit Gerüchten Öl ins Feuer zu gießen, dass der ehrenlose Ex von Prinzessin Madeleine eine Kollegin geschwängert habe. Und über alle, die vorgaben, sich kein bisschen für die schwedische Königsveranstaltung zu interessieren, am Abend der Hochzeit am 19. Juni aber sehr genau wussten, was die Braut trug (Per Engsheden), wie viel Diamanten ihr Ehering hatte (25) oder wer die prominenteste Vorbesitzerin ihres Diadems war (Kaiserin Josephine von Frankreich). Schweden feierte die Liebe der beiden gerührt als gelungene PR-Kampagne. Ein schönes Jahr: Eine Sängerin gewinnt ohne Windmaschine den Grand Prix, eine nette Kronprinzessin heiratet ihren durchschnittlichen Freund, und selbst Lady Gaga soll auf Fotos wie ein Mensch ausgesehen haben. Normal sein kann so schön sein.
Die Ex-Landesbischöfin aus Hannover, Ex-EKD-Vorsitzende Margot Käßmann ist zurückgekehrt. Nur wohin? Am letzten Maitag hielt sie knapp 3 Monate nach ihrer Alkoholfahrt über eine rote Ampel in der Hannoveraner Innenstadt in einer überfüllten Marktkirche eine erste Predigt über das Verzeihen. Oft falle „es uns nicht leicht, Barmherzigkeit zu üben, weil wir uns manchmal unsere Fehler und Verfehlungen selbst am wenigsten vergeben könnten“. Spricht sie da von sich? Schon Mitte Mai wurde Käßmann auf dem ökumenischen Kirchentag in München wie ein Star gefeiert, der sein Comeback hat. Eine Umfrage von Stern Online fand heraus: Die Deutschen wünschen sich Käßmann zurück. Nicht nur auf die Podien der Kirchentage, nicht nur in die Marktkirche – nein, die Deutschen wollten Margot Käßmann als neue Bundespräsidentin. Diese Mischung aus Über-Andere-Richten und Doch-Fehlbar-Sein kommt an. Man muss die eigenen Fehler nicht so ernst nehmen – macht sie schließlich auch nicht! Die Ermittlungen darüber, wer der Presse die Alkoholfahrt der Prominenz gesteckt hat, sind eingestellt, die Pastorin ist wieder Gewissen der Nation. Und It-Theologin der Medien. Normal kann sie wohl nicht. Auch schön.
Lange Zeit galt sie als verloren. Eine Logik der Historiker besagte, dass man in Adolf Hitlers Liebesleben nicht stochern, den Unmenschen nicht vermenschlichen dürfe. So ist die erste große Biografie über Eva Braun – Hitler Ehefrau in letzter Sekunde – in diesem Jahr erst erschienen: „Eva Braun. Leben mit Hitler“. Unbefangener ist man im Ausland, nicht nur in England, sondern jetzt auch in einem Teil des Ex-Empires: In Bollywood wird „Dear Friend Hitler“ geplant, ein Film über die Menschen, die Hitler beistanden, ihn liebten. Model Neha Dhupia (wohl kaum nach Hitlers Geschmack) sollte die Eva spielen, mit dem rassistischen Diktator vor klassischen Bollywood Settings zu bewundern. Regisseur Rakesh Ranjan Kumars Bemerkung, Hitler habe Indien immerhin zur Unabhängigkeit verholfen, man könne ihm also einen Film widmen, führte – kaum im Mumbai Mirror veröffentlicht – zum Ausstieg des Hauptdarstellers Anupam Kher wegen zu vieler entsetzter Zuschriften. Menschliche Gefühle seien größer als das Kino, erklärte er. So irre scheint Bollywood also doch nicht zu sein. Und wird endlich vielleicht im Sinne der Schweden und Deutschen erkennen: Normal sein ist schön. Und auch das kann sehr populär machen. Katarina Preussing
Foto: Prolineserver 2010 (prolineserver@gmail.com); cc-by-sa-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)
Foto: apn Photo/Focke Strangmann
WILLKOMMEN IN DER WIRKLICHKEIT Es ist ein Nachmittag im Juni, an dem die große Revolution beginnen soll. Nichts Geringeres als die virtuelle Welt steht auf dem Spiel. Alles, was sonst nur online bei Facebook stattfindet, soll heute wahr werden, ganz real im ganz realen Mauerpark von Berlin. „Facebook“ heißt heute „Facepark“, aus digital wird analog, und das für einen ganzen Tag. Dafür gibt es Profile aus Pappe, die man sich über den Kopf stülpt, Filzstifte, mit denen man seine Statusmeldungen aufschreibt, „I-Like“Aufkleber, einen Mafiosi mit Zigarre im Mund (Mafiawars!) und sogar Farmville ist vertreten: Ein kleines Schwein grunzt fröhlich in einem eingezäunten Gehege vor sich hin. Die Berliner Hippster-Gemeinde baut ihr Dorf auf. Willkommen in der Wirklichkeit!
Kevin findet alles super hier. Der 20-Jährige ist heute alleine gekommen und kennt niemanden. Hätte er keine sperrige Pappe um den Hals, würde es sicher ein einsamer Nachmittag werden, da ist er sich sicher. So haben sich aber schon drei Fremde mit Namen verewigt (er wurde also schon geaddet!) und auch einen „I-Like“Button hat ihm ein Mädchen bereits aufgeklebt. „Man kommt echt schnell mit den Leuten in Kontakt“, sagt er. „Es ist auch toll, dass man die Leute wirklich sieht. So hat man sofort ein Feedback und kann einschätzen, wie die anderen so drauf sind.“ Bei Facebook falle ihm das oft schwer. Da schreibt man einem Bekannten was auf die Pinnwand und dieser antwortet erst nach drei Tagen. Hatte er keine Lust oder einfach nur keine Zeit? Da schickt man jemandem eine Freundschaftseinladung
mit einem netten Gruß dazu und die Reaktion ist eine stumme Bestätigung ohne Kommentar. Was hat das nun wieder zu bedeuten? „Hier ist alles direkter“, sagt Kevin und macht ein Photo vom Schwein. „Echt prima, dass alles so, na ja, so echt ist.“ Die Generation-Google entdeckt die Möglichkeiten. Bei der Frage, ob er sich vorstellen könnte, auf Facebook zu verzichten, wirkt er zum ersten Mal an diesem Nachmittag irritiert. „Natürlich nicht, wie soll man sonst mit all den Leuten Kontakt halten?“ Genau aus dem Grund gelingt heute wohl auch nicht der große Befreiungsschlag gegen virtuelle Zwänge. Nach etwa einer Stunde liegen die Pappen ohne dazugehörigen Besitzer leblos in der Gegend rum. Diese wiederum sonnen sich auf der Wiese, analog sein macht
müde. Und auch Kevin fährt jetzt gleich nach Hause. Er will die Fotos von heute Nachmittag bei Facebook hochladen. Anne Hansen
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WIRTSCHAFT
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JAHRGANG 01
ZEITSCHLANGEN GEGEN DIE KANINCHENSITUATION
VON NICOLAS BISSANTZ UNSERE WELT PASST NICHT IN EILMELDUNGEN UND SONDERBERICHTE. UM ZU VERSTEHEN UND ZU ENTSCHEIDEN, BRAUCHT ES KONTEXT UND VERGLEICH. WIR SIND KEINE KANINCHEN UND NICHT JEDES EREIGNIS IST EINE GIFTSCHLANGE. DESWEGEN: MEHR DATENDICHTE, MEHR SPARKLINES.
W
enn wir in der Zeitung von Finanzkrise, Schuldenkrise, Währungskrise lesen, dann scheint Eile geboten. Wir fühlen uns wie das Kaninchen vor der Schlange: Wenn es noch kann, flieht es. Zu groß ist die Gefahr einer Fehleinschätzung. War die Schlange nicht giftig, ist es eben umsonst davongehoppelt. Als Fluchttier sind seine Möglichkeiten ohnehin begrenzt. Es muss also schnell entscheiden. Die letzte, aktuelle Information muss dafür ausreichen. Als Menschen ergeht es uns mitunter ähnlich. Wenn wir eine Straße überqueren, sollten wir gut aufpassen, ob ein Auto kommt – auf welchem Weg wir zu dieser Straße gelangt sind, darf für den Augenblick außer Acht bleiben. Evolutionsbiologisch hat sich die Konzentration auf die unmittelbar jüngste Wahrnehmung für Kaninchen wie Menschen bewährt. Solange wir mit Speeren bewaffnet, barfuß und im Lendenschurz auf Mammutjagd gingen, war Philosophie ein gefährliches Unterfangen. Überlebt hat, wer sich vor allem auf den genau nächsten Schritt konzentrierte. Deswegen messen wir bis heute der Eilmeldung, der brisanten Neuigkeit, dem Sonderbericht große Bedeutung bei. Leider mit Nebenwirkungen. Die Welt ist kein Kaninchen; die Herausforderungen sind oft
groß und selten durch sofortige Flucht zu lösen. Viel mehr hilft es uns, den Blick zu weiten und die Dinge im zeitlichen Kontext und im Zusammenhang zu sehen. Oft ist das einfacher als gedacht. Tante Lisbeth wollte neulich erschreckt von mir wissen, was sie mit ihren Ersparnissen tun soll. Der Euro sei ja wohl nicht mehr zu retten, hätte sie gelesen. Dass die Währungsunion ewig währt, wollte ich ihr lieber nicht versprechen. Andererseits: Wie steht es denn wirklich um den Euro? In der Tageszeitung fanden wir vor allem den Wert von gestern und den vom Tag davor. Wir malten uns Sparklines mit verschieden langen Zeiträumen. Sparklines sind Grafiken in Wortgröße, die mit einem Minimum an Zahlenbeschriftung auskommen und deren Muster dennoch zu verstehen ist. Unsere erste Sparkline startete am Jahresanfang. Da kostete der Euro 1,44 Dollar. Seitdem ist er vor allem gesunken, um insgesamt 15 % auf jetzt 1,23 Dollar. Damit steht der Euro wie vor acht Jahren: 1,21 1,23. In dieser Zeit ging es mal bergauf, mal bergab. Wer in dieser Zeit darauf vertraute, dass sich Währungen langfristig niemals nur in eine Richtung entwickeln, fand sich bestätigt.
Iris, Tante Lisbeths Nichte, blickte von ihrer Zeitung auf. Sie hat ein gutes Zahlengedächtnis. „Als der Euro eingeführt wurde, sind wir bei knapp 90 Cent gestartet“, sagte sie. Stimmt. Zur Einführung des Euro als Bargeld am 1.1.2002 musste man 0,88 Dollar für einen Euro bezahlen. Und nochmals drei Jahre früher, zur Einführung des Euro als Buchgeld am 01.01.1999, stand der Euro bei 1,17. Seitdem 1,23. sieht die Entwicklung so aus: 1,17 Tante Lisbeth staunte. Wenn der Euro immer mal wieder auf dem Stand von heute ankommt, mal darüber, mal darunter liegt, woher kommt dann die Hysterie? Geholfen bei unserer Betrachtung hat uns Datendichte: Statt einzelner Werte haben wir uns ganz viele angesehen. In unserer längsten Sparkline waren es gut 4.000 Kurse. Wenn wir keine Kaninchen sein wollen, müssen wir weniger Giftschlangen und mehr Zeitschlangen malen.
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JULI/AUGUST 2010
DAS WETTER
JAHRGANG 01
KÜHLE NÄCHTE
HEITER BIS WOLKIG
WINDIG
LEICHTE BRISE
Berlin
Mallorca
Paris
Italien
Sommerwetter hin oder her: Das kann uns von jetzt an egal sein! In dem reinseidenen Hausmantel von Edsor Kronen bleibt man nämlich am liebsten zuhause. In der Berliner Traditionsmanufaktur wird jedes dieser edlen Stücke selbstverständlich von Hand gefertigt. Ein Muss für gemütliche Tage und Nächte. Das Beste daran: Wenn Besuch kommt, ist der Gastgeber immer stilvoll gekleidet! Denn was gibt es Schöneres, als in reine Seide gehüllt die Tür zu öffnen?
Wer keine Lust mehr hat auf die europäische Festlandkühle, sollte die Inseln besetzen! Auf des Deutschen liebster, Mallorca, haben Cosmopolitan Estates, Marcel Wanders “tecARCHITECTURE” mit dem Casa Son Vida neue Designstandards gesetzt. Hier kann man wahlweise lässig auf den 800 qm Luxuswohnfläche abhängen oder aber in dem riesigen Pool abtauchen. Ein ideales Domizil, im Sommer wie im Winter.
An einer Straßenecke im Pariser St. Germain kann schon mal ein kühles Lüftchen wehen. Ein Glück, dass die kleinen Begleiter von Hermès in jede Handtasche passen! Es gibt sie diesen Sommer in allen Farben, die das Herz begehrt. Schick, finden wir. Die eleganten Schals und Tücher des Pariser Labels kann man übrigens auch in allen anderen Metropolen dieser Welt tragen. Am Hals, im Hosenbund oder auf dem Kopf. Je nach Wetterlage.
Was für eine Vorstellung: Das Meer schimmert blau, leichte Wellen schlagen gegen den Bug – dieses Gefühl kann man von nun an auf einer Lamborghini-Yacht genießen. Mauro Lecchi, der italienische Industriedesigner, hat am Vorbild der Lamborghini-Modelle eine Luxusyacht entworfen. Ein 15m langer Traum in dunklem Matt. Ein Traum wird es vorerst aber bleiben. Ob das edle Stück jemals wirklich gebaut wird, hängt davon ab, ob sich ein spendabler Sponsor findet.
Foto: edsor kronen, www.edsorkronen.com
Foto: Casa son vida, Gaelle Le Boulicault
Foto: Hermes, www.hermes.com
Foto: Lamborghini yacht, Mauro Lecchi
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SPORT
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JAHRGANG 01
BABYBOOM VON MICHEL BRAUN
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ugendbande, Jugendstil, Jugendsonstwas – die Einfallslosigkeit, mit der das Boulevard die neue Jogilichkeit wiederkäut, kennt keine Grenzen. Warum nicht einmal Baby-Boom als Schlagzeile? Oder nach dem befreienden Hammer im Ghana-Spiel ein BabyBumms zu Ehren des niedlichsten deutschen Kinderstars seit Heintje? Wer sich die tägliche Pressekonferenz der deutschen Nationalmannschaft wirklich täglich in voller Länge zu Gemüte führt, entwickelt Respekt vor der Mannschaft der Sportjournalisten, die der deutschen als einzige konditionell gewachsen scheint. Und wieder erklärt unser krächzender Kapitän seinen jugendlichen Führungsstil; zu seinen geliebten Meerschweinchen will er sich inzwischen nicht mehr äußern. Die sadistischeren Kollegen fragen noch einmal bei Herrn Schweinsteiger nach, ob er inzwischen verstanden habe, warum der Bundestrainer ihn als emotionalen Leader bezeichnet. Das wisse er auch nicht so recht, auf dem Platz habe
er halt Emotionen, das sei so sein Charakter. Nachdem dann Pressesprecher Harald Stenger die Frage eines englischen Kollegen wieder einmal falsch ins Deutsche übersetzt – was anbei bemerkt nicht weiter stört, weil dieselbe Frage zuvor bereits dreimal gestellt wurde – betritt Jogi das Podium. Die mangelnde Erfahrung seines jungen Teams räumt er ein, kontert aber einmal mehr mit der Qualität der Jungen. Spätestens seit der dritten Pressekonferenz wünscht man sich von Herzen, Qualität wieder in attributiver Begleitung zu vernehmen. Und sei es auch nur in Form der viel beschworenen spielerischen Qualität, die man der deutschen Mannschaft nach Jahrzehnten endlich wieder zuerkennen kann. Wird uns der Baby-Boom auf dem Platz nach Ablauf der regulären neun Monate aber einen demographischen bescheren? Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Jugend und was sonst so übrig bleibt, baut jedenfalls fest auf die Legenden, die seit der Weltmeis-
terschaft im eigenen Land kursieren. Ein tatsächlicher Anstieg der Geburtenzahl, den einige Eltern auf eine erhöhte Zeugungslust im Kontext der Sommermär zurückführten, gebar den deutschen Mythos, den man in der Vergangenheit primär von Stromausfällen kannte. In Barcelona sprach man wenig später sogar von einer Iniesta-Generation, da dessen Ausgleich gegen Chelsea die Katalanen in Wallung gebracht hätte. Allerdings fragt sich in besonderer Hinsicht auf die deutschen Verhältnisse, warum aus der grassierenden Wollust gleich Familienzuwachs resultieren sollte. Sind die sogenannten deutschen Tugenden selbst Hans Muster schon abhanden gekommen? Stürmt auch er inzwischen spritzig in die gegnerische Hälfte, ohne hinten dicht zu machen? Womöglich hat Frau Schröder den vielen Autokorsos zu danken, immerhin ist das Handschuhfach oft schlechter bestückt als die Nachttischschublade. Der Latexindustrie wäre eine groß angelegte Kampagne mit einer Spe-
zialausgabe in schwarz-rot-gold wirklich zu empfehlen. Und für die Bad-Boy-Masche vielleicht ein Präservativ mit dem Trikotaufdruck von Kevin-Prince Boateng? Eventuell könnte man unseren gebeutelten Ex-Kapitän als guten Zweck ausweisen und mit einem Groschen pro verkaufter Rettung auf der Linie unter die Arme greifen. Wobei man streng genommen von einer Rettung hinter der Linie sprechen müsste; für die Deutschen kein Problem: beste Grüße nach England.
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FASHION
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SYBILLES GEISTER VON NORA SOBICH DAS MODEMAGAZIN DER DDR LEBT WIEDER AUF – IN BILDERN, DIE EINE HOMMAGE SIND AN DIE GESPALTENE STADT BERLIN UND DIE KLEIDER IHRER JUNGEN MODESZENE
Mode besitzt die Fähigkeit, sich zu ändern. Sich Lebensverhältnissen, ökonomischen Realitäten und Geographien von Orten anzupassen. Moden ändern sich und doch – bleibt die Mode immer gleich. Es ist die Kunst, mit der Zeitgeist physische Form erfährt, in der sich dieser jeden Tag aufs Neue materialisiert. Die Berliner Mode ist da keine Ausnahme. Während allerdings in den großen Modemetropolen – ob Paris, New York oder Mailand – nicht selten ein etablierter Markt Kreativität bestimmt und sich so auch seine eigene Nachfrage schafft, folgt das Modegeschäft in Deutschlands Hauptstadt einem anderen, unkonventionelleren Gang. Berliner Mode ist weder angepasste Antwort auf Markt noch gar ein Feld des Massenkonsums, eher eine Art metaphorischer Spielplatz, auf dem sich reich geschichteter Zeitgeist trifft – Gegenwart, Zukunft und all die wachen Geister bewegter Vergangenheit. Ein großer Geist der Berliner Modegeschichte ist jetzt wieder zurückgekehrt: die Sybille, das einflussreichste Modemagazin der DDR. Die Publikation „Sybille – Modefotografien 1962-1994“, herausgegeben von dessen einstiger Chefredakteurin Dorothea Melis und der Fotografin Ute Mahler, versammelt die berühmtesten Bilder dieses legendären Magazins. Anläßlich der Fashion Week präsentiert hier auf den nächsten Seiten sugarhigh – ein täglich (zweisprachig) erscheinender E-Mail-Newsletter zur Berliner Gegenwartkultur, Kunst, Musik, Film, Mode, Design, Essen – eine subtile Hommage an die Sybille und ihre ikonischen Bilder. Berlins Vergangenheit begegnet seiner Gegenwart: seinen neuen Labels, seinen jungen Photographen, seinen inzwischen veränderten, aber doch unverändert charakteristisch vernarbten Straßen, seinen wie magisch besetzten Orten und seltsam entlegenen Un-Orten. Berlins zeitgenössische Mode zeigt sich mutig verflochten in kantig ätherischen Großstadt-Silhouetten und stark gewählten Stoffen von ambitionierten Newcomern: Als ein Stil, den es spätestens jetzt lohnt, näher kennen zu lernen, der so absichtsvoll wie wunderlich erscheint – inspiriert von einem unlösbaren Dialog mit dieser so präsenten Vergangenheit der Stadt, ihrer durchgreifend dynamischen Gegenwart und einer ungewissen, aber vielversprechenden Zukunft!
Alle Bilder: Photographie: Heiko Laschitzki Haare/Make-Up: Eden Model: Britta Thie, Christopher Sano-Davies Styling: Ana Finel Honigman Produktion: sugarhigh
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Ort: Gallerie Lucas Carrieri Britta: handgef채rbtes Baumwollkleid, JULIAANDBEN Christopher: handgef채rbtes BaumwollT-Shirt und Mantel aus Schurwolle, alles JULIAANDBEN
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Ort: Angermünder Straße Britta: weiße Kurzbluse Polly, schwarze Wickelhose und Enola Sandalen, alles Michael Michalsky Christopher: weißes Hemd Pierre, Armee Hose, schmaler Blazer und Multiplex Sportschuhe, alles Michael Michalsky
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Ort: Stattbad Wedding Britta: Blausilbernes Herrenhemd, A.D. Deertz; Strickstola in beige, Boessert/Schorn
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FASHION
LA DOYENNE AMERICAINE
MITTE DER ACHTZIGER JAHRE KAM DIE GEBÜRTIGE NEW YORKERIN FÜR WOMEN’S WEAR DAILY NACH BERLIN UND BLIEB. MELISSA DRIER – IKONE DES MODEJOURNALISMUS – SPRACH MIT SUGARHIGH: WOVON BERLIN MEHR GEBRAUCHEN KANN UND WARUM ES TROTZDEM DIE BESSERE WAHL IST. INTERVIEW: ANA FINEL HONIGMAN
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Bei unserem letzten Gespräch sagtest du, dass Berlin „mehr“ gebrauchen könnte. In der letzten Saison ist eine Menge passiert. War es genug? Die letzte Saison war definitiv eine Verbesserung. Es gab „mehr“, aber mehr wovon? Die kritische Masse war größer. Sogar so groß, dass ich nur die Hälfte mitbekommen habe, leider. Es gab vielversprechende Shows mit jungen Designern, die nichts mit dem offiziellen Line-up zu tun hatten. Einige davon waren schlecht, aber nicht etwa wegen der beteiligten Designer, sondern weil es einfach an Professionalität mangelte. Was verstehst du unter „Professionalität“? Geht es darum, dass die Leute komfortabel sitzen und jede Form von Durcheinander vermieden wird? Ich gehe nicht auf Shows, um mich zu vergnügen. Ich mache meine Arbeit. Ich erwarte, dass Shows Sinn machen. Es gibt keine Regeln, aber es geht darum, Mode ernst zu nehmen. Davor gibt es hier eine gewisse Scheu, und das ist in vielerlei Hinsicht problematisch. Die Diskussionen darüber, ob die Shows auf dem Bebelplatz stattfinden sollen, machen mich verrückt. Wie denkst du über die Finanzierung bzw. das Programm der Fashion Week? Ich finde, es mangelt vor allen Dingen noch immer an Unterstützung für junge Designer. Da bewegt sich aber was. Es gibt gute Programmpunkte. Wer sind deine Favoriten? Ich bilde mir von Saison zu Saison meine Meinung. Sogar als ich mit den wichtigen Leuten in New York gearbeitet habe, habe ich mich von Saison zu Saison neu orientiert. Wenn du mich fragst, wer der Beste ist, dann sage ich dir, wer in dieser Saison der Beste ist. Ist das nicht problematisch? Für die Marken ist es doch besser, wenn sie so etwas wie einen Wiedererkennungswert haben. Außerdem entwickeln oder verlieren die Leute ja nicht im Verlauf von sechs Monaten ihre Fähigkeiten. Das meine ich nicht. Es gibt immer Labels, an die man glaubt, aber die Qualität schwankt von Saison zu Saison. Die Modewelt ist heutzutage so schnellebig, dass es nicht gelingen kann in sechs Monaten die Welt zu verändern, geschweige denn in vier Monaten, wenn man die ganzen Vorund Nachbereitungsarbeiten in Betracht zieht. Und dann gibt es natürlich Vorstellungen darüber, was man bei einer Modenschau in Berlin zu erwarten hat. Ich denke, das spiegelt die Hoffnung auf irgendeine Art von individuellem Statement wider. Seit wann lebst du hier? Seit 24 Jahren. Als ich herkam, war der Look ausschließlich asymmetrisch. Viel Rot und Schwarz. Dann gab es den Punk-Aufguss, der lange nicht so richtig verschwand. Mich würde ein schlechtes Gewissen plagen, wenn ich meine Hausaufgaben nicht machen würde, aber jedes Mal, wenn ich bei irgendwelchen Events oder Messen vorbeischaute, habe ich immer wieder denselben Kram gesehen. Aber jetzt bewegen sich die Dinge. Du kennst den Kontext dieser Entwicklung. Aber internationale Modekritiker, die nicht hier leben und auch nicht regelmäßig herkommen, beklagen sich lauthals darüber, dass sie nicht in Paris gelandet sind. Die sind wegen des Berlin-Hypes hier. Worüber müssen sich diese Kritiker im Klaren sein, wenn sie sich hier umsehen? Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie sich hier nicht in einer der großen Modemetropolen befinden, an die sie gewöhnt sind. Das ist also kein Vergleichsmaßstab. Natürlich gibt es ein paar Kollektionen, die dem standhalten. Aber es wird hier einfach nicht so viel Geld für Shows ausgegeben. Die Dinge funktionieren hier anders. Der Markt entwickelt sich. Also sollte man ihm Zeit geben, sich zu entwickeln. Es gibt in diesem Land eine Menge Geld und Deutschland ist wirtschaftlich beileibe kein Entwicklungsland. Es gibt hier einen richtigen Luxusmarkt. Warum wurde die Modeindustrie nicht schon früher kultiviert? Es gibt hier eben keinen richtigen Luxusmarkt. Es gibt hier die Standard-Luxusmarken, die man überall bekommen kann. Es gibt ein paar einheimische Designer, die sehr hochwertige Sachen produzieren, einen zum Beispiel in Frankfurt, sein Name ist mir gerade entfallen. Aber solche Leute zeigen ihre Sachen nicht in Berlin. Ich weiß nicht, warum. Vor einiger Zeit wollten die Organisatoren mal große, internationale Namen herholen, um die Messlatte höherzulegen. Aber dann fragt man sich schon auch, wozu das gut sein sollte. Warum sollten solche Leute hier ihre Sachen zeigen? Und warum ausgerechnet jetzt?
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Es wäre schon ziemlich unauthentisch und ein bisschen jämmerlich, Naomi Campbell für einen Nachmittag grundlos hier herumstolzieren zu lassen. Es ist seltsam, aber die Leute hier sind wenig erfahren. Die Medien sind wenig erfahren. Bei Händlern sieht das schon anders aus, aber die nehmen Mode nur dann ernst, wenn sie nicht von hier ist. Warum? Dafür gibt es verschiedene Gründe. Es gab nie ein Zentrum für die deutsche Modeindustrie, zumindest nicht nach dem Krieg. Große Marken lassen sich an einer Hand abzählen. Die meisten sind Handelsmarken. In Berlin versuchen wir, Mode auf verschiedenen Ebenen zu präsentieren. Eine dieser Ebenen ist ein intellektuell anspruchsvoller Kunst-Diskurs. Der nicht immer gut sein muss. Das stimmt. Aber Scheitern ist erlaubt, und das macht Berlin zu einem respektablen und inspirierenden Ort für junge Künstlertalente aus aller Welt. Und darüber hinaus gibt es hier auch einen Markt für Luxusartikel wie Autos und technischen Schnickschnack. Das stimmt. Warum wird Mode hier also nicht zur Synthese dieser beiden Pole, im Hinblick darauf, wie man sich Themen nähert und wofür man Geld ausgibt? Warum ist Mode dann nicht eine Synthese daraus, wie man die Welt betrachtet und wie man Geld ausgibt? Mode könnte doch für Luxuskunden genauso interessant sein wie Kunst oder Autos. Es muss doch irgendwo noch eine zweite Jil Sander geben. Leute, die für Mode viel Geld ausgeben, wollen etwas, das einen bestimmten Status unterstreicht. Solche Leute müssten ein bisschen unkonventionell sein und so eine Art „Underground-Spirit“ haben, um sich einen künstlerischen Anstrich zu verpassen. Und wenn solche Leute so richtig funky sein wollen, dann tragen sie Rick Owens und nicht Don’t Shoot The Messenger, obwohl sie in der Kollektion von Don’t Shoot The Messenger genauso cool aussehen könnten. Ich würde mir wünschen, dass es ein paar Eingeweihte gäbe, die bestimmte Dinge stärker unter die Leute bringen. Aber es gibt in dieser Stadt auch die Tendenz, schlecht über Dinge zu reden, noch bevor sie eigentlich reif sind. Wir gehen jetzt in die sechste Saison. Die Fashion Week steckt noch in den Kinderschuhen. Wir müssen sie besser machen. Wir sollten nicht rummeckern, obwohl ich das ziemlich gut kann. Worin siehst du deine und die Bedeutung von Women’s Wear Daily hier in Berlin? Ich bin recht froh darüber, dass Women’s Wear Berlin so viel Aufmerksamkeit widmet. Weil die Industrie hier eigentlich zu vernachlässigen ist und es sich bei Women’s Wear um ein Branchenmagazin handelt? Es ist ein Magazin, das sich an Händler richtet und sich so lange nicht für kleine Labels interessiert, bis sie von einigen unserer Händler geführt werden. Und die kommen normalerweise nicht hierher, obwohl es ihnen passieren könnte, dass sie bei einem ihrer üblichen Paris-Besuche versehentlich ein neues deutsches Label einkaufen. Ich kann ja niemandem raten, nach Berlin zu kommen und Paris oder Mailand links liegen zu lassen. Barneys war ein einziges Mal hier und fand’s gut. Aber Händler müssen in ihren Läden sein. Oder wollen an Feiertagen Zeit mit ihren Kindern verbringen. Wenn ihnen allerdings in WWD etwas auffällt, dann trägt das natürlich zur Vertrauensbildung bei. Es ist gut, dass die Händler wahrnehmen, dass sich hier was bewegt. Was denkst du über die Munich Fashion Week? Bitte! Ich habe zweimal mit angesehen, wie München den Bach runtergegangen ist. Ich werd’s mir kein drittes Mal antun. Ich habe keine Ahnung, wie sich das hält. Das ist so ein schräges Konkurrenzding zwischen BMW und Mercedes. Mehr nicht. Und die Medien hier? Was interessiert die, welche Geschichten? Die interessieren sich hauptsächlich für viertrangige Prominente. Es gibt keine Journalisten, die über Mode schreiben. Mode ist denen egal. Die schreiben diese schlechten Reportagen à la „Wow, guck mal, ein rotes Kleid!“. Vogue Germany versucht da ein bisschen auszuhelfen, Elle auch. Aber es sind immer die gleichen Leute. Man würde sich was vormachen, wenn man glaubt, Mode würde hier ernst genommen. Ich finde, bei der Fashion Week müsste es genauso funktionieren wie beim Gallery Weekend: mit Showrooms und Präsentationen ausschließlich für internationale Presse und Käufer. Ohne großes Tamtam. Wenns nur Entertainment sein soll, dann ab nach München und auf Non-Stop-TV-Übertragung setzen. Aber die Mode sollte dann doch
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lieber hier in ihrem gewachsenen Umfeld belassen werden, wo sich die Notwendigkeit zu protzen in Grenzen hält und die Leute wissen, dass die Fashion Week Gelegenheit bietet, Berlin zu erleben. In Düsseldorf gibt es Showrooms, aber was du vorschlägst, wäre cooler. Die Leute wissen ja, was sie von Düsseldorf zu erwarten haben. Das ist nicht gerade ein Wochenende voller Überraschungen. Für Händler sind da keine Entdeckungen zu machen. Genau. Und mal ganz ehrlich: Wenn ich ein Einkäufer von Barneys wäre, warum sollte ich dann nach Düsseldorf kommen wollen und nicht nach Berlin? Berlin ist angesagt und für umtriebige Einkäufer attraktiv, weil man hier eben nicht nur auf eine Handelsmesse geht, sondern auch eine Stadt erleben kann. Hier könnten die Veranstaltungen auch in Galerien stattfinden, wie es ja schon manchmal der Fall ist. Es dürfte natürlich nicht so viel Mist dabei sein. Alles könnte der Kunst näherstehen und bodenständiger sein. Die Idee gefällt mir, aber würden sie wirklich kommen? Das ist wie in dem Baseballfilm von Kevin Costner – „Wenn du es baust, wird er kommen“, heißt es da. Aber es gibt über das Jahr verteilt einfach wahnsinnig viele Veranstaltungen. Was hältst du von Bread & Butter? Das ist ein komplett anderer Markt. Und B&B behauptet auch nichts Gegenteiliges. Wegen B&B ist die Stadt in aller Munde und das ist großartig. Die Kollektionen sind allerdings nicht alle großartig. Ich persönlich begreife einfach nicht, worin sich ein hässliches, lilafarbenes T-Shirt in dieser Saison von einem hässlichen, lilafarbenen T-Shirt der letzten Saison unterscheiden sollte. Aber es geht da um eine ganz andere Sprache. Und ich spreche diese Sprache nicht. Ich gehöre nicht zu dieser Generation, und ich identifziere mich auch nicht mit ihr. Im Zusammenhang mit B&B interessiere ich mich eher für solche Sachen wie LOCK (Labels of Commin Kin). Aber ich finde es gut, dass es diese verschiedenen Dinge gibt. Ohne das jetzt überbewerten zu wollen: Ich frage mich, ob man vielleicht sagen kann, dass es sich hier eher um ein Gender- als ein Generationenproblem handelt. Wenn wir feststellen, dass Autos, Sneakers, Jeans und Jonathan Meese hier Geld generieren, ist dann Deutschland vielleicht deshalb nicht so sehr an Mode interessiert, weil Geld hier noch immer männlich konnotiert ist? Deuschland ist ja nicht per se sexistisch. Merkel ist nicht Carla Bruni oder Michelle Obama, aber wen juckt das? Vielleicht ist es auch einfach nur die Tatsache, dass diese Kultur sich für traditionell eher männlich konnotierte Produkte interessiert und Mode an den Rand gedrängt wird. Vielleicht. Oder ist es vielleicht so eine Art übriggebliebene Anti-Konsum-Haltung? Nach dem Krieg ging es darum, dass die Leute einfach was zum Anziehen bekamen. Mode war zweitrangig. In den Achtzigern dann wurde Deutschland zu einem Glücksfall für die Italiener. Ich hab Versace mal gefragt, wer die ausgefallensten Herrensachen kauft, und das waren die Deutschen. Die wildesten Teile der Kollektion gingen wirklich nach Deutschland. Die Geschmäcker haben sich seitdem verändert. In Berlin oder überall in Deutschland? Überall. Deutschland war extrem dezentralisiert, als ich hierher kam. Ich hätte überall hingehen können. Deswegen war es auch in Ordnung, in Berlin zu sein. Es war ein großes Durcheinander, alles war offen. Mittlerweile zeigt Berlin echtes Potenzial. Aber die großen Autohersteller haben keinen differenzierten Blick auf Mode. Die wollen Glamour und Blitzlichtgewitter. Ich fand immer, dass Smart als Marke hinter der Fashion Week mehr Sinn gemacht hätte als Mercedes. Das hätte Sinn gemacht. Das wäre ehrlich gewesen und hätte gepasst. Aber es ist nicht sexy genug. „Arm aber sexy“ ist ein schlechtes Motto, wenn Mode überleben soll. Und noch schlimmer ist die Tatsache, dass es an einem Verständnis dafür fehlt, dass es bei Mode nicht nur um Klamotten geht. Mode ist ja letztlich eine große romantische Geschichte über Dinge, denen man auf der Straße und überall begegnen kann. Eine etwas abgerissene Geschichte vielleicht, aber dennoch eine romantische Geschichte. Die Leute kommen hierher und nehmen Dinge mit, die sonstwo einfach nicht zu haben sind. Und wir sind einfach gerne hier. Wir leben gerne hier. Berlin hat nicht gerade eine große Käuferschicht, aber es ist ein großartiger Ort zum Leben. Es ist ein Kampf, wenn es um Mode geht, aber das ist es überall. Im Vergleich mit vielen anderen Orten ist Berlin einfach die bessere Wahl. Foto: Maxime Ballesteros für sugarhigh
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MYKITA SHOP BERLIN Rosa-Luxemburg-Strasse 6, 10178 Berlin, Germany, +49 (0)30 67308715 MYKITA SHOP PARIS 2 Rue du Pas de la Mule, 75003 Paris, France, +33 (0)1 42714819 MYKITA SHOP WIEN Neuer Markt 14, 1010 Vienna, Austria, +43 (0)1 5128852 MYKITA SHOP ZÜRICH Langstrasse 187, 8005 Zürich, Switzerland, +41 (0)43 8182730
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Kleid: Saas & Bide / Departmentstore Quartier 206 Schuhe: Flip Flop Murkudis Hut: Rike Feurstein Armband: Isajon / Departmentstore Quartier 206
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Overall: Kaviar Gauche Brille: Mykita Ohrringe: Allude Schuhe: Christopher Kane f端r Topshop / perfectprops.de
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Photographie: Straulino / Julian Meijer Agency Erster Assistent: Georg Roske Postproduktion: www.elektronischeschoenheit.de (besonderen Dank an Cathrin Bauendahl) Ort: Malzfabrik, www.malzfabrik.de Produktion: Production Berlin www.production-berlin.com Styling: Julius Forgo www.juliusforgo.com, www.perfectprops.de Stylingassistant: Caecilia Suworowa Dank an: www.perfectprops.de
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Kleid: St. Sébastien Couture Hut: Philip Tracy / perfectprops.de Ring: Vintage / perfectprops.de
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Kleid: Marcel Ostertag Hose: St. Sébastien Couture Ohrringe: Vintage / perfectprops.de Armband und Ring: Vintage / perfectprops.de Halskette: Wunderkind Haarband: Rike Feurstein Schuhe: Christopher Kane für Topshop
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Blazer: Kaviar Gauche Top: Kilian Kerner Leggings: Starstyling Stumpfhosen: Wollford Schmuck: Stephanie Schneider www.stephanieschneider.de Schuhe: Christopher Kane f端r Topshop
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Kleid: St. SĂŠbastien Couture Hut: Philip Tracy / perfectprops.de Ring: Vintage / perfectprops.de Schuhe: Opening Ceremony
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LEUTE, MACHT EUCH SCHICK! INTERVIEW: ANNE HANSEN
DEUTSCHLAND WIRD ÜBERSCHWEMMT VON MODE-BLOGS. ZAHLREICHE INTERNETSEITEN ZEIGEN, WAS DIE LEUTE AUF DEN STRASSEN GERADE TRAGEN, WAS SIE TRAGEN SOLLTEN UND WAS NICHT MEHR TRAGBAR IST. DER 26-JÄHRIGE DAVID ROTH HAT SICH IN DIE GRÜNDUNGSEUPHORIE EINGEREIHT, SEIT EINEM JAHR IST SEIN MODEBLOG „DANDY DIARY“ ONLINE. ALLERDINGS MIT EINEM GROSSEN UNTERSCHIED: ES IST FÜR MÄNNER. David, ist an dir ein Mädchen verloren gegangen? Mann in weißem Hemd, mit grauem Schlips und Weil ich mich für Mode interessiere? Ach was, ich bin grauem Jacket. ein ganzer Mann. Schließlich holen Männer auch gerade auf, was Mode betrifft. Aber natürlich sind sie im VerAuf jeden Fall. Der sieht total klassisch aus. Und klasgleich zu Frauen immer noch totale Modemuffel. sisch ist immer gut. Ich finde es überhaupt nicht verUnd du bekehrst sie jetzt. Bist du ein Mode-Missionar? werflich, einfach mal schick auszusehen. Diese ganzen Nee, aber vielleicht kann ich ja ein paar Inspirationen Mitte-Leute, die jedem Trend hinterherrennen, machen geben. Und zeigen, dass Mode interessant ist. Das wäre modisch alles zunichte. Tiefer V-Ausschnitt, Jutebeuschon mal ein Anfang. tel um die Schulter, rote Wayfarer und schräger Pony. Gott bewahre! Und das sagt einer, der gerade eine schwarze Hose, ein schwarzes T-Shirt und schwarze Schuhe trägt? Du greifst gerade 80 Prozent der Berliner an. GeBesonders originell sieht das nicht aus, wenn ich das nauso sehen doch gerade alle aus. mal so sagen darf. Das ist ja das Problem. Aber es ist auch das GrunddiAuch wenn es heute nicht so wirkt: Ich liebe Farben! lemma der Mode. Man will sich von anderen abgrenLachs-Pink kommt bald für Männer, hoffe ich. Das wird zen und schon sieht man wieder wie alle anderen aus, auf jeden Fall richtig geil. Aber klar, schwarz in schwarz die sich auch abgrenzen wollen. In München tragen die ist immer der leichteste Weg. Die Leute denken, dass Mädels Perlenketten und denken, dass sie sich total vom man damit nichts falsch machen kann. Aber hey, die Proletariat unterscheiden. In Berlin läuft man auf Teufel Zukunft gehört den Farben! komm raus runtergerockt rum. Das geht aber nach hinten los, weil plötzlich alle um einen herum gleich ausseSind die Berliner Männer denn aufgeschlossen für hen. Abgrenzung schafft immer auch Uniformität. Neues? Wie findest du ihren Kleidungsstil? Sie sind eindeutig zu schnoddrig angezogen. In Berlin Wie kommt man aus dem Dilemma wieder raus? gibt man sich immer größte Mühe, dass man so aussieht, Gar nicht. Das ist der Lauf der Dinge. als hätte man sich bewusst keine Gedanken über seine Klamotten gemacht. In London, wo ich lange gelebt habe, ist das vollkommen anders. Da geht man raus und David Roth wurde 1984 in Kassel geboren. Er studierte macht sich schick. Und steht vor allem dazu. In Berlin an der Akademie für Mode und Design in Berlin und denkt jeder, dass schick uncool ist. Das Gegenteil ist der arbeitete für ein englisches Modemagazin in London. Fall. Also Leute: Macht euch schick! Heute verdient er sein Geld bei Berlin Fashion TV. Ist der Mann da hinten gut angezogen? Du hast gesagt, dass die Berliner bewusst nicht-angezogen aussehen wollen. Aber schafft genau das nicht Zum Gespräch haben wir uns im Café Barcomis auch die gleichen Zwänge wie in anderen Städten? in Mitte getroffen. Am Tisch gegenüber sitzt ein Würde man auf einer coolen Party in Mitte nicht to-
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tal unten durch sein, wenn man in Esprit-Hose und Jack-Wolfskin-Jacke aufläuft? Nee, glaub ich nicht. Natürlich gibt es auch in Berlin enorme Modezwänge, aber ich empfinde diese Stadt immer noch wesentlich toleranter als den Rest von Deutschland. Wenn du in München mal ne falsche Mütze trägst, wirst du sofort schief angeguckt. Das passiert dir in Berlin nicht. Auch nicht in der JackWolfskin-Jacke. Gibt es denn Trends, die die Berliner gerade verkennen? Und ob! Hier hat man immer noch nicht kapiert, dass Doc Martens zurück sind. Und zwar schon seit etlichen Jahren! In London trägt jeder Doc Martens. Kleine Mädchen, Teenager, Erwachsene, Männer und Frauen. Vor allem Frauen sehen in kurzen Jeansshorts, eleganten Oberteilen und derben Doc Martens echt scharf aus. Das haben die Berlinerinnen einfach nicht drauf. Auch das Thema Haare kommt gerade und ich hoffe inständig, die Berliner erkennen das. Ketten aus Haaren, T-Shirts aus Haaren. Worauf achtest du bei Frauen zuerst? Ich sag mal ganz brav: aufs Gesicht. Aber klar, wenn die Frau einen tiefen Ausschnitt trägt, starre ich natürlich erst mal auf die Titten (lacht). Modetechnisch können schreckliche Schuhe übrigens alles zunichte machen. Am coolsten finde ich momentan grobe Keilabsätze. Da kann eine Frau sofort mit punkten. In modischer Hinsicht scanne ich die Leute von unten nach oben. Wir müssen leider noch einmal kurz auf deine Mädchenseele zu sprechen kommen. Wann hast du denn angefangen, dich für Mode zu interessieren? Das kam relativ spät, erst mit 16. Ich musste in einer Altkleidersammlung Sozialstunden machen. Und da habe ich ... Moment mal, Sozialstunden? Wofür das denn? Na ja, ich war ein etwas rebellischer Jugendlicher. Vandalismus und so. Im Sozialladen habe ich auf jeden Fall gemerkt, dass die Sachen, die da hängen, total cool sind. Jeden Mittwoch kamen die Leute und konnten die Klamotten für eine Mark das Stück kaufen. Da waren richtige geile Sachen dabei. Ich hab mir dort eine braune Lederweste gekauft, die hab ich heute noch. Aber natürlich sind die Sachen, die ich damals getragen habe, im Rückblick furchtbar. Aber das ist auch gut so. Inwiefern? Ohne Veränderung hätten wir in der Mode vollkommene Stagnation. Es muss sich immer alles wandeln, auch wenn alles natürlich wieder kommt – dann aber mit einer neuen Interpretation. Schulterpolster zum Beispiel waren in den 80ern extrem männlich, heute dagegen sind sie sehr futuristisch. Da sieht man: Trends kommen wieder, aber in einer neuen Form. Vor einem Jahr hast du deinen Blog gegründet: Dandy Diary. Der Begriff Dandy kam Mitte des 18. Jahrhunderts erstmals auf. Unter Dandies verstand man damals „junge Leute, die in auffälliger Bekleidung Kirche oder Jahrmarkt besuchen“. Der Dandy fühlt sich zu Höherem berufen und verabscheut niedere Arbeit und grelle Farben. Er wählt zu jedem Anlass die passende Kleidung und kombiniert das mit dem Auftreten eines Mann von Welt. Berühmte Vertreter waren Charles Baudelaire, Oscar Wilde und Nicolaus Sombart. Auch der US-amerikanische Schriftsteller Tom Wolfe setzt mit seinen weißen Anzügen ein Zeichen: Seht her, ich bin ein Dandy.
Klingt irgendwie langweilig. Im Gegenteil. Nichts ist spannender als Mode!
Warum hast du den Blog eigentlich gegründet? Gibt es nicht schon genug davon? Eigentlich schon, aber eben nicht für Männer. Als ich In deinem Blog inszenierst du in aufwendigen Mo- vor einem Jahr mal ein bisschen nach Männer-Modedestrecken vor allem dich selbst. blogs gegoogelt habe, bin ich ständig auf irgendwelchen schmuddeligen Schwulen-Seiten gelandet. Da gibt es War das eine Frage? eindeutig einen Misstand! Man hätte vielleicht eine draus lesen können. Es geht aber auch direkter: Bist du sehr eitel? Herzlichen Glückwunsch übrigens zur Modestrecke Wenn wir schon dabei sind, durch die Blume mitein- auf dem Pony. Das hat mein Mädchenherz absolut Bist du einer? ander zu sprechen, formulier ich es mal so: Ich tausche höher schlagen lassen. Auf jeden Fall. 90 Prozent meiner Gedanken am Tag täglich intensive Blicke mit meinem Spiegel aus. Aber, Danke. Der weibliche Teil meiner Familie war auch kreisen ums Aussehen. und darauf bin ich sehr stolz: Ich brauche im Bad nur ganz entzückt, mich mal auf dem Rücken von so einem Ding zu sehen. neun Minuten, um mich fertig zu machen.
Du kommst aus Kassel. Kannst du dir vorstellen, dorthin einmal zurückzugehen? Nee, momentan gar nicht. Wenn ich in Kassel rumlaufe, halten mich alle für voll schwul. Aber wenn ich irgendwann eine Familie gründe und Kinder habe, will ich wahrscheinlich schon aufs Land. Eine Stadt ist doch nichts für Kinder, die sollen mal lieber schön in Ruhe Indianer spielen.
Fotos: Katja Smith
KULTUR
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KWADE GANZ NAH
INDIE NO INDIE
DAS BESTE ZUM SCHLUSS
Spätestens seit ihrer Ausstellung im Hamburger Bahnhof mit dem Titel „Von Explosionen zu Ikonen“ 2008 ist die junge KĂźnstlerin Alicja Kwade von der internationalen Kunstszene wahrgenommen und gefeiert. Die geradezu archetypischen Bilder, Videos und Klänge, in die sie die physikalisch-naturwissenschaftlichen Gegebenheiten unserer Welt aufhebt, verzerren in ihrer vermeintlichen Vertrautheit unsere Wahrnehmung, vergegenwärtigen das Unheimliche, das seinen Ursprung im Heimlichen hat. Vor kurzem nun brachte der neue Berliner Distanz Verlag einen bibliophilen Kunstband Ăźber Alicja Kwade heraus, der seinen Schwerpunkt auf skulpturale Aspekte der konzeptuellen Arbeiten Kwades legt. Die falschen Fährten, die Kwades Installationen dem Rezipienten legen, sind in den groĂ&#x;formatigen Photographien erhalten geblieben und so ist die Umsetzung der klaren und zugleich entrĂźckten Bildsprache Kwades in das Medium Buch gelungen. CR
Wenn Menomena aus Portland, Oregon, auf der BĂźhne spielen, dann ist das immer nur ein momentanes Setting. Im nächsten Song hat jeder ein anderes Instrument in den Fingern. Aber der Sound bleibt wuchtig, amerikanisch, von Math- und Progrock-Architekturen informiert, immer knapp an der Grenze zur Musikermusik. Auf dem dritten Album „Mines“ sind die Verantwortlichkeiten klar: Danny Seim ackert am Schlagzeug, immer etwas Ăźbersteuert. Justin Harris ersetzt das, was bei den seelenverwandten Flaming Lips als Gitarrenriffs durch die Songs sägt, mit seinem Baritonsaxophon. Und selten bekommt man im Indie-Kontext das GefĂźhl, dass so ein gefährlich prätentiĂśses Instrument genau da hingehĂśrt. „Bote“ hat die Slidegitarre, die sich Beck nicht mehr traut. „Intil“ zeigt, wie Peter Gabriel sein jĂźngstes Klavieralbum „Scratch My Back“ schmalzlos hätte bewältigen kĂśnnen. Nicht nur er kĂśnnte sich die Frage aus der dĂźsteren Nummer „Killemall“ stellen: „Have you met your ghost? / He says things that you won’t“. PK
Das groĂ&#x;e Finale in der Temporären Kunsthalle beginnt mit einer Stunde Wartezeit und einer nahezu endlos langen Schlange um den White-Cube. Was den Besucher erwartet, ist eine Antithese zum White-Cube: der von John Bock erdachte Kosmos „FischGrätenMelkStand“. Von Kunstbetrachtung kann keine Rede mehr sein. Man treibt und taumelt, kriecht und schlängelt sich durch eine Raumstruktur, die aus allen erdenklichen Materialien, Autoreifen, Blech, Holz, Decken und Socken zu vier Ebenen zusammenmontiert wurde – elf Meter hoch, 20 Meter breit und sieben Meter tief. In dieser hat der KĂźnstler Werke von Ăźber 60 KĂźnstlern, Architekten, Komponisten und Designern (mehr als auf der aktuellen Berlin-Biennale) installiert und zu einem organischen Gesamtkunstwerk verarbeitet – ein Genre Ăźbergreifendes Konglomerat aus Installationen, Filmen, Modellen, Skulpturen, Filmrequisiten und Artefakten und ein abschlieĂ&#x;ender Blick auf die Temporäre Kunsthalle. John Bock’s „FischGrätenMelkStand“ ist die fĂźnfte und letzte Ausstellung der Reihe „KĂźnstler kuratieren“ und gleichzeitig die letzte Ausstellung der Temporären Kunsthalle Berlin vor ihrer SchlieĂ&#x;ung Ende August diesen Jahres. CH
„Alicja Kwade“. Distanz, 160 Seiten, 39,90 â‚Ź
Menomena: „Mines“. Label: City Slang. Erscheint am 23.7. 14,99 â‚Ź
John Bock: FischGrätenMelkStand Temporäre Kunsthalle Berlin, Schlossplatz, Berlin-Mitte bis 31. August, Eintritt frei
Foto: Alicia J. Rose
Photo: Jan Windszus, Š Temporäre Kunsthalle Berlin, John Bock, Courtesy: Klosterfelde, Berlin; Anton Kern, New York
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DAS MUSICAL
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ENGLISH TRANSLATIONS
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LA DOYENNE AMERICAINE INTERVIEW: ANA FINEL HONIGMAN The last time we spoke, you said that Berlin needs ‘more.’ But last season had a lot. Was it enough? Was it right? Last season was definitely an improvement.
It’s strange but people aren’t really schooled here. The media isn’t really schooled here. Retailers are – sort of – but they only take fashion seriously when it’s from somewhere else.
There was more, but more of what? There was more critical mass. There was so much critical mass that I didn’t see half of what was going on. Unfortunately. There were new young designer shows which had nothing to do with the official line-up, which sounded promising. But some of it was a mess, not because of the designers involved but because there was a lack of general professionalism.
Why? There are different reasons why that happens. But there has never been one real center for German fashion. At least not after the war. We can name the bigger brands on one hand. A lot of them are commercial. This is an apparel market. It is a commercial market. What we are trying to do here, in Berlin, is to get fashion out there on different levels. On one hand you have the high-level intellectually challenging discourse around contemporary art. Which is not always good.
Sure, and let’s be honest - if I were a buyer from Barneys, why would I want to go to Dusseldorf instead of coming to Berlin. Berlin does have the buzz and it can be a real destination point for busy buyers who don’t just want to go to a trades-event but want to see a real city. But here, it could be in galleries, like what happens here sometimes but less bullshit. It could just be closer to art and more grounded. The idea sounds good, but would they come? Like that baseball movie with Kevin Costner – do it and they will come… But there are only so many weeks in the year.
What do you think of Bread & Butter? It’s a completely different market. They don’t pretend it’s not. B&B gives the city an amazing buzz and that’s great. Not all the collections are great. I personally don’t understand why Of course, but it’s allowed to fail. And that level of human- an awful lilac tee-shirt from this season is different from an ity lets this become a really respected and nurturing proj- awful lilac purple tee-shirt from last season. But this is a difect space for international artistic talents. But there is also ferent language. I don’t speak that language. I am not that generation and I don’t relate to it. I’m more into the LOCK a luxury market here for things like cars and gadgets. (Labels of Common Kind) kind of thing at B&B. But I apOf course! What about financing or the structure of the week itself ? preciate that the distinctions exist. I think that the biggest hole we’ve got here is support for Why isn’t fashion then the synthesis for these ways of young designers, still. It is building. There are definitely good looking and spending money? Why isn’t it the child of Without making too much of this, can we say that maybe things going on. art and cars for a high-end consumer? There has to be it’s not generational. Maybe it’s a gender issue. We’re sayanother Jil Sander somewhere. ing that cars, sneakers, jeans and Jonathan Meese make Who are your favorites? The people spending money on fashion at that level want sta- money here. Is it possible that Germany is just not too I just look season by season. Who was my favorite this season? tus fashion. They have to be a bit funky and have an under- interested in fashion because money is still male here? It’s Even when I was working with the big boys in New York, I ground spirit to frame themselves as art related. And when not sexist, per se. Merkel isn’t a Carla Bruni or Michelle was still a season by season editor. Ask me who is the best and people on that level want to get funky, they wear Rick Owens Obama, but who cares? However, maybe, it’s just simply I can tell you who was the best this season. not Don’t Shoot the Messenger, even though you can look that the culture cares about more traditionally male types as cool in Don’t Shoot the Messenger’s. I just wish that there of products and fashion just gets shuffled aside. Isn’t that problematic? Isn’t it better for a brand to have a was body of people in the know who would promote things. Maybe. recognizable DNA? And people don’t suddenly develop But there is also a tendency in this city to talk things down or lose skill over six months. before they happen or before they are allowed to be. We’re Or could it be some residual rejection of consumerism? That’s not what I’m talking about. There are always labels that going into the sixth season here. Fashion Week is a baby. It’s After the war, there was the feeling that you just had to put you will believe in, but from season to season there are ups what we’ve got. We need to make it better. We don’t need to clothing on people. Fashion was secondary. On the other and downs. Our insane fashion calendar moves so fast these bitch about it, even if that’s what I’m good at. hand, in the eighties, Germany was a real windfall for Italy. I would be at Versace and want to know who was buying the days that there is no way that people can change the world in six months, let alone four, given resort, pre-this, post-that. How do you perceive Women’s Wear Daily’s role, and your more outlandish pieces (for men) and it was the Germans. Then there are the expectations of what one sees at a catwalk individual role, here? Germany was really a place where the most wild parts of the show in Berlin. I think that’s just the hope that there will be I am rather pleased that Women’s Wear gives Berlin the space collections went. The taste buds have changed now. an individual statement being made. it does. In Berlin, or throughout Germany? You’ve lived here for eons? Because there isn’t that much of an industry here and it’s Everywhere. Germany was so decentralized when I came here Twenty-four years. When I got here, the fashion look was al- an industry publication? that I could have gone anywhere. Which is how I got away ways asymmetrical. Tons of red and black. Then there was a It’s a trade publication, and WWD isn’t that interested in lit- with being in Berlin. It was all confusion. It was all open. rehashed punkiness that never went away. I would feel guilty tle labels until they’re picked up by some of our retailers. And Now Berlin’s showing real potential. But the big car comfor not doing my homework but I would show up at these they don’t generally come here, though they might inadver- panies don’t distinguish between fashion and fashion. They little events and fairs and just see the same stuff again and tently buy a new German label in Paris or elsewhere on their want glamour and flash. I always thought that it would have normal rounds. I mean I can’t tell people to come to Berlin made more sense to have Smart be the brand behind Berlin again. But now, it is developing. and skip Paris or Milan. Barneys did come once and liked it. Fashion Week, not Mercedes. You’re able to see this development in context. But there But with their schedules, retailers need to spend time in their seems to be a pull for international critics, who don’t live here stores. Or with their kids on the fourth of July. Still, when That would have made sense. That would have been honand who aren’t invested in the long-term, to pop over and they see something in WWD, it helps build credibility. It’s est and organic. But it’s not sexy enough. loudly get disappointed that they haven’t landed in Paris. good that they see that things happen here. They are here for the Berlin buzz. What about Munich Fashion Week? “Poor but sexy” is a bad tag line for fashion that hopes What should they keep in mind when looking here? Please! I’ve seen Munich die twice. I don’t need to see it hap- to survive. They need to always remember that they are not in any of pen a third time. I don’t know why it is going on. It’s just a What’s maybe worse is that there just isn’t a deeper underthe major capitals that they are used to. And they can’t be funny car thing between BMW and Benz. That’s the story. standing throughout that fashion isn’t just clothes. Fashion is a larger romance for what’s on the street and what’s everycomparing it to that level. Sure, there are some collections here that can be seen on that tier. But there just isn’t the same What about the local press here? What are the stories for where. It might be a grungy romance but it’s still romantic. amount of money being spent on shows. It just comes off dif- them? Visitors love picking up stuff here that they don’t get elseThey are just interested in fourth-rate celebrities. They don’t where. And we love being here. We love living here. Berlin ferently. It is a developing market. Let it develop. have people writing about the clothes. They don’t care about doesn’t have much of a buying public but it’s a great place There is so much money swimming around this country the clothes. It’s this trashy “oh look, a red dress” reporting. to live. It’s a fight when it comes to fashion but it’s a fight and this is not a “developing” economy. This is a real lux- Vogue Germany tries to help. Elle tries to help. But it’s always everywhere. Berlin is just a better place to be than a lot of ury market. Why hasn’t the fashion industry been culti- the same names. We all would be fooling ourselves to say that other places. vated before? it’s taken seriously. It isn’t a real luxury market. These markets are dealing with the same standard luxury brands that everyone else has. There are I think that there should be the equivalent of gallery weekany number of homegrown designers – there’s one in Frank- end here for fashion. There should just be showrooms and furt whose name escapes me – doing a high-level product. But presentations for international press and buyers. None of they don’t show here. I don’t know why. At one point, (the the big hoopla. Or, if they want that meshugaas, then do organizers) wanted to get international names in here to up it as just entertainment and maybe do it in Munich where the ante. But that raises the question of “why”? Why would it can be on TV all the time, and leave the fashion in its someone be showing here? Why at this time? nice organic context here where the pressure to be pretentious is off and people can just know that this is the week It just looks inauthentic and a bit desperate to have Naomi to really experience and engage with real Berlin. Campbell swanning around for an afternoon, for no ap- They have showrooms in Dusseldorf, but what you’re talkparent reason. ing about would be cooler. People know what to expect in Dusseldorf. It is not an exploratory weekend. As a retailer, it is not a discovery weekend. Translation: Gregor Runge and Hanna Lemke for sugarhigh How are you defining “professionalism?” Is it just a matter of seating people properly or avoiding basic chaos? I just mean that I am not at the shows for fun. I am there to work. It is what I do. I want the shows to have some reason to them. There are no rules, but it is question of taking fashion seriously. There is an undercurrent that is afraid to do that here. This is a problem on a lot of levels. The discussion about whether to have the shows at Bebelplatz makes me crazy.
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AUSGABE 7
JULI/AUGUST 2010
JAHRGANG 01
Tod dem Dekogramm Information ist nicht Unterhaltung. Wir wollen keine Diagramme, die nur dekorieren. Wer andere informiert, soll das engagiert, handwerklich korrekt, mit geprüften Daten und ohne Schwulst tun.
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Pfeile sind keine Pluszeichen
Schneid Linien ruhig die Füße ab
Zeige nicht, wo England liegt
Verbieten verboten
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