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Ausgabe N°9 • Oktober 2010 • Jahrgang 1 • trafficnewstogo.de
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Zeitgeschehen S.6
Zeitgeschehen S.8
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Kunst S.23
WIE VIELE SIND WIR?
OBEN BLEIBEN?
ROLLER DERBY
GALERIE IN DER VERTIKALEN
Intelligenz scheint heute eine Frage des Standortes zu sein. Im Iran etwa: Da sind die Ingenieure offenbar schlau genug, hochkomplexe Atomanlagen zu bauen. Die gleichen Ingenieure in Deutschland können froh sein, wenn sie Taxi fahren dürfen. So sieht die Integrationspolitik in Deutschland im Jahr 2010 aus. Intelligent ist, wen Deutschland dafür hält. Willkommen ist, wer aus der richtigen Weltgegend kommt … von Thorsten Denkler
Es brodelt im Stuttgarter Talkessel. Seit Monaten schon schwelen die Auseinandersetzungen um das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21, doch mit den Ausschreitungen vom 30. September hat der Protest eine neue Dimension erreicht. Gewaltsam hatten mehrere Hundertschaften der Polizei den Stuttgarter Schlossgarten geräumt und dabei auch Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke gegen friedliche Demonstranten eingesetzt. Die Situation scheint seit diesem Vorfall verfahrener denn je, die Fronten zwischen Projektbefürwortern und Gegnern sind verhärtet und der politische Machtkampf um Stuttgart 21 ist nun auch auf Bundesebene angekommen … von Anne Zdunek
Happy Birthday, lieber Napalm schallt es durch die Arena – Sexbomben und Teufelspuppen singen ihrem Schiedsrichter ein Geburtstagsständchen. Die Markus Merks des Rollerderby heißen Napalm Ref oder Major Madness und sind im bürgerlichen Leben vermutlich keine Zahnmediziner. Man trägt hier gerne Tinte in der Haut und Farbe im Haar, die knappe Spieluniform entblößt Netzstrümpfe und Strapse. Wer gerne mit Schubladen hantiert, wird die Rollerderbykultur wohl irgendwo zwischen Punk, Rockabilly und Goth verstauen … von Michel Braun
Die Bowery in New York ist um ein architektonisches Schmuckstück reicher. Trotz Finanzkrise hat die Sperone Westwater Gallery ihr neues Galeriegebäude gebaut. Die Architekten Foster + Partners haben einen Raum geschaffen, der der kleinen Baufläche durch die Höhe des Gebäudes und eine intelligente Raumkonzeption trotzt – Architekt und Gastprofessor für Architectural Design am New Jersey Institute of Technology Pablo Jendretzki im Gespräch mit Michael Wurzel, Projektarchitekt, Partner von Foster + Partners und Leiter des New Yorker Büros … von Michael Wurzel
AUDER — s.21 ESTWATER — s.24 AMSKI — s.26 THIEL — s.28 NSTHERBST — s.28 NDRIX — s.29 BASTARD s.13
MICHEL A — SPERONE WE — PETER ADA — FRANK T — BERLINER KUN — JIMI HEN — ARROGANT B
Berlin, Rosenthalerstrasse 38 Hamburg, Europapassage
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Contributors
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© Jacques C. Stephens
© Jörg Klaus
© Marco Hafid Lopez
Contributors
GRETA TAUBERT
Gunnar Lützow
MICHEL AUDER
Greta Taubert wurde vor 26 Jahren im tiefen Thüringer Wald geboren, von dem aus sie irgendwann immer weiter ostwärts lief und schließlich auch herausfand. Sie lebte in Leipzig, Wroclaw, Berlin und durchquerte Mittelosteuropa, den Balkan und den Nahen Osten. Ihre Reportagen sind unter anderem in Cicero, Die Zeit und Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung erschienen. Das MediumMagazin wählte sie im vergangenen Jahr zu den wichtigsten Journalisten unter 30 Jahren. Für TRAFFIC erklärt sie jeden Monat die Welt in drei Akten.
Gunnar Lützow, geboren 1970 in Hamburg, lebt seit 1992 in Berlin, wo er die Berliner Journalistenschule absolvierte. Seither arbeitet er als freier Autor zu Themen wie Kunst, Stadt und Gesellschaft für Medien wie ZEIT, SZ, Vogue, art und taz, gelegentlich produziert er auch Radio-Features für den WDR 3. Er war schon mal in New York, wäre gerne in London hängen geblieben und ist derzeit häufiger in Wien anzutreffen. In seiner knapp bemessenen Freizeit ist er als Kurator der „Sammlung Lützow“ aktiv, die mit Vorliebe malerische Berliner Off-Positionen pflegt.
Michel Auder, geboren 1945 in Frankreich, lebt und arbeitet seit den spätern 60ern in Brooklyn, NY. Seit er 18 ist, begleitet ihn die Kamera. Beeinflusst ist er durch die Nouvelle Vague, den amerikanischen Experimentalfilm und Andy Warhol, dessen Muse Viva er 1969 heiratet. In den 80ern erlangen seine technisch versierten Produktionen Bekanntheit, so u.a. Olympic Variations (1984), TVAmerica (1984) and Gorgeous Ladies of Wrestling (1986), wie auch Co-Produktionen mit seiner zweiten Frau, Cindy Sherman. Diese Ausgabe zeigt Filmstills seiner Produktionen der letzten Jahre.
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VERLEGER Jacques C. Stephens V.i.S.d.P. Co-VERLEGER Murat Suner DESIGN Superbo BILDREDAKTION Ivan Cottrell REDAKTION Carlina Rossée PRAKTIKANTIN Nina Seckel NEW YORK Liaison Jacques Magloire MITARBEITER DIESER AUSGABE HP Adamski, Eric Aichinger, Michel Auder, Michel Braun, Thorsten Denkler, Mathias Kilian Hanf, Anne Hansen, Maria Hinzmann, Holger Homann, Pablo Jendretzki, Philipp Kohl, Michael Ladner, Gunnar Lützow, Michèlle Mussler, Charles Nebelthau, Jacques C. Stephens, Murat Suner, Greta Taubert, Frank Thiel, Adrian Stanley Thomas, Johanna Thompson, Lilo Viehweg, Michael Wurzel, Anne Zdunek Titelbilder Michel Auder La Plage l’Opium Lund, Nobel, Narcolepsy; HP Adamski 8 Tränen quadratisch weinen, 2008; Sperone Westwater Gallery, © Nigel Young F + P; Frank Thiel Untitled (Palast der Republik #67), 2008, © VG Bild-Kunst, Bonn; Courtesy of Sean Kelly Gallery, New York Druck Druckhaus Schöneweide ISSN 1869-943 X
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Zeitgeschehen
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Solange sich Politik und Gesellschaft nicht klar dazu bekennen, dass Diversität und Einwanderung erwünscht und auf Dauer angelegt sind, wird irgendeiner in Frage stellen, ob Migranten dazugehören. Das grundlegende Ausbleiben einer Anerkennungspolitik führt zur Stigmatisierung und Spaltung – wie die Affäre Sarrazin zeigt
Wie viele sind wir? von Thorsten Denkler INTELLIGENZ SCHEINT HEUTE eine Frage des Standortes zu sein. Im Iran etwa: Da sind die Ingenieure offenbar schlau genug, hochkomplexe Atomanlagen zu bauen. Die gleichen Ingenieure in Deutschland können froh sein, wenn sie Taxi fahren dürfen. So sieht die Integrationspolitik in Deutschland im Jahr 2010 aus. Intelligent ist, wen Deutschland dafür hält. Willkommen ist, wer aus der richtigen Weltgegend kommt. Wäre es doch nur so schön einfach, wie es so manch ein Hazardeur in unserem oder auch in anderen Ländern weiß machen will. Dann wäre die Abstammung an allem Schuld. Hier die Schlauen, alle anderen irgendwie doof. Und richtig doof sind die, die aus islamischen Herkunftsländern kommen. Schönes Weltbild. Wollen wir unser Land retten, dann lassen wir einfach keinen mehr rein, der von seiner genetischen Herkunft her dumm sein muss, oder schmeißen sie raus, wie derzeit in Frankreich. Das Dumme ist nur: Unser Land steht gar nicht am Abgrund. Es muss nicht gerettet werden. Es muss seine Potentiale besser nutzen. Der Schritt dahin führt über das eigene Bekenntnis zu dem, was unser Land heute, im 21. Jahrhundert, eigentlich ist. Jahrzehntelang
rieben wir uns an unserer deutschen Identität, durften nicht stolz sein, keine Fahnen schwenken und immer schwang etwas mit, wenn man im Ausland sagte, dass man Deutscher sei. Seit der Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land änderte sich das und erst recht als Schland in Südafrika mit Özil & Co. den freudvollsten Fußball spielte, an den sich die Nachkriegsgeneration erinnern kann. Wir waren auf bestem Weg im besten Sinne deutsch zu sein. Nach all den Qualen, die der Nationalsozialismus auch für uns nachfolgende Generationen bereit hielt, waren wir endlich frei. Heureka! Nun reden wir wieder von Deutschen, die schon immer welche waren – zu neudeutsch den Autochtonen – und solchen, die es im schlimmsten Fall aufgrund ihrer Abstammung nie werden. So kommen wir nie zusammen. Der deutschen Mehrheitsgesellschaft ist nicht in den Sinn gekommen, dass sie etwas sehr Einfaches tun kann und muss, damit sich Menschen aus anderen Ländern mit allem, was sie haben und nicht haben, zu diesem Land bekennen: Nicht mehr von Wir und Ihr oder schlimmer – über Die zu reden. Man kann nicht ewig verlobt bleiben; wenn man es ernst meint, muss man eben irgendwann ja sagen und heiraten, sonst fühlt man sich nie angenommen.
Natürlich müssen Migranten sich anstrengen. Wie alle anderen auch, wenn sie hier etwas werden wollen. In der Regel sogar mehr, weil sie oftmals ungünstigere Startbedingungen haben. Die Herausforderungen, die uns beschäf beschäftigen, sind jedoch keine Probleme der Migranten alleine. Aus der Integrationsforschung ist bekannt, dass Schule schwänzen, gewalttätiges Verhalten, Macho-Gehabe zumeist Phänomene unterer sozialer Schichtungen sind. Unabhängig von der religiösen oder kulturellen Herkunft. Der autochtone Deutsche haut ebenso schnell zu wie Achmed, wenn er in einem gewaltbereiten Milieu aufwächst, die Eltern ihn vernachlässigen, die Zukunftsaussichten düster sind. Warum haben wir uns durch ein paar wirre Thesen eines (Ex-)Bundesbankers mit Statistik-Fetisch so aus dem Tritt bringen lassen? Ist es die „German Angst“? Vor allem die jener German Mittelschicht, die sich seit einigen Jahren von dauerhaften Abstiegssorgen geplagt sieht? Inzwischen sind auch in der Mittelschicht die Umbrüche am Arbeitsmarkt, die existentiellen Unsicherheiten angekommen. Solche erstaunlichen Meldungen wie die von Siemens, 128.000 Mitarbeiter auf unbegrenzte Zeit nicht zu entlassen, erscheinen geradezu surreal, wie aus einer anderen, heilen Welt.
Spätestens die Globalisierung und erst recht die jüngste Krise der Finanzmärkte hat uns Wirtschaftswunderkinder gelehrt, dass diese Welt nicht mehr existiert. Es liegt wohl in der Natur der Mehrheitsgesellschaften, dafür Schuldige finden zu müssen. Wer wäre da besser geeignet als die Migranten, die Fremden, die Andersartigen, auf die sich Ängste projizieren lassen. Es geht nicht darum, dass man seine Meinung nicht sagen darf. Aber öffentliche Amtsträger und politische Persönlichkeiten tragen eine Verantwortung für ihr Tun: Sie sind Vorbilder. Spalten sie, finden sie schnell Nachahmer, wie jüngst der Fall einer Sachbearbeiterin zeigt, die einem unfallgeschädigten Mann Ansprüche auf eine Haushaltshilfe verweigerte, weil er ja als Muslim sowieso seine Frau spülen lasse. Halten wir uns vor Augen, wohin das führt? Jedes dritte Kind unter fünf Jahren in Deutschland stammt von Eltern mit Migrationshintergrund. Muss uns das wirklich Angst machen? Nein! Es muss aber alles dafür getan werden, dass diese Kinder die Anerkennung und die Chancen bekommen, die sie verdienen. Deutschland schrumpft. Wir brauchen jeden Kopf – gleich welcher Abstammung. zeitgeschehen@trafficnewstogo.de
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Zeitgeschehen
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Dublin vorstellte, wurde er mit ähnlich viel Krawall empfangen wie der Papst auf der Insel. Ganze Straßen mussten für die Buch premiere abgesperrt werden, Eier und Schuhe flogen, prominente Kritiker meldeten sich zu Wort. Blair beweihräucherte papstgleich seine Zuhörer mit Selbstlob und inszenierte sich als Führungsfigur mit Format. Richtig interessant wurde es erst, als auch er eine überraschend harte Keule schwang – gegen seinen ewigen Widersacher und Nachfolger im Premierministeramt, Gordon Brown. Ihm fehle jegliches politische Gespür, er sei profillos und habe null emotionale Intelligenz. Trost von seinem Widersacher habe Blair nur im Alkohol gefunden. Zehn lange Jahre.
1,2,3 von Greta Taubert Männer über Männer I Der Rottweiler Gottes hat zugeschnappt. Auf einem goldig schimmernden Brokatkissen in der katholischen Kathedrale von Westminster hatte Papst Benedikt XVI. gesessen, seine goldene Bischofsmütze auf dem Kopf getragen und in seinen Händen einen unendlich langen Zettel gehalten. Er war im September auf Staatsbesuch im Königreich Großbritannien. Und weil ihm das in den letzten 476 Jahren nur ein Papst gleichgetan hat, gab es jede Menge Redebedarf. Dass
Wo der Wind weht von Anne Hansen
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In der nordfriesischen Provinz trifft sich alle zwei Jahre die internationale Windbranche. Hightech-Ingenieure feiern abends gemeinsam am Hafen: Die Branche boomt – auch die Energiepolitik der Bundesregierung kann ihr kaum etwas anhaben. Eigentlich passt hier nichts wirklich zusammen. Um einen besseren Empfang zu haben, telefoniert der Ingenieur aus den USA direkt neben der Kuhweide. Japaner essen Fischbrötchen am Hafen, Chinesen schlafen auf Ponyhöfen und Top-Manager aus Holland und Spanien lassen sich an einer Pommesbude erklären,
Männer ü ber Männer III
auf dem Redezettel etwas von Gnade und Liebe und Barmherzigkeit stand, überrascht ja nicht gerade. Aber dann plötzlich, als sich der heilige Vater schon so vertraut in die Ohren seiner lieben Kleriker geschnurrt hatte, holte er aus und sagte in deren Richtung etwas sehr, sehr Gewagtes: Missbrauch sei ein „Verbrechen!“ Was müssen sich seine lieben Schäfchen da erschrocken haben. Jahrhunderte lang war es doch gerade mal als „Sünde“ gegeißelt worden, die Messdiener nicht nur in der Messe zu Dienern zu machen. Und nun sollen sie plötzlich vom rechten Weg abgekommen sein? Sich im Beichtstuhl nicht mehr erleichtern können? Heiliger Bimmbamm!
Apropos Vom-Weg-Abkommen. In „A Journey“ schreitet auch der ehemalige britische Premierminister Tony Blair noch einmal seine politischen Stationen ab. Erst sollte das Buch, das Blair per Hand auf 700 Seiten verfasst hat, „The Journey“ heißen, aber davon rieten ihm die Verlagsleute ab. Das würde nämlich den christlichen Weg zum Heil beschreiben – und den könne ja wohl gerade mal der Papst kennen. Obwohl – so unähnlich sind sich die beiden gar nicht. Als Blair sein Buch im irischen
Das dürfte Lothar Matthäus beruhigen. Der muss es gerade mal ein einziges Jahr mit seinem neu gewonnen Widerpart Bojko Borissow aushalten. Der breitschultrige ehemalige Türsteher ist von der Idee gar nicht begeistert, dass die bulgarische Nationalmannschaft mit Matthäus’ Passion zur Europameisterschaft 2012 geführt werden soll: „Das Maximum, dass er rausholen kann, ist, noch mal zu heiraten“, sagte der „bulgarische Rambo“ (FTD), „Batman“ (Die Zeit), „Revolverheld“ (FAZ) zur Trainerbekanntgabe. Borissow ist in der osteuropäischen Unterwelt eine echte Hausmarke, seit er als Karatetrainer, Bodyguard und Sicherheitsbeauftragter für kommunistische Regierungschefs angestellt war. Seine Vorliebe für schwarze Ledertrenchcoats, Zigarren und offene Worte haben ihn international bekannt gemacht. Ach so, und dass er bulgarischer Ministerpräsident ist, wohl auch.
was, um Himmels Willen, das Wort „Moin“ bedeutet. Alle zwei Jahre kann man genau diese Szenen beobachten: in Husum, einer Kleinstadt in Nordfriesland. Denn die weltgrößte Fachmesse der Windbranche, die „Husum Wind Energy“, findet nicht etwa in London, Paris oder Shanghai statt, sondern genau hier: in der totalen Provinz. High-Tech trifft auf Tradition, nirgendwo sonst zeigt sich der Wandel einer ganzen Branche so deutlich wie hier. 1989 fand die Messe zum ersten Mal in Husum statt. Es war eine Zeit, in der Windmüller als „Öko-Spinner“ verschrien waren, in der eher über ihre vermeintlichen Wollsocken diskutiert wurde, als ihre eigentliche Idee, Strom aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Heute – 21 Jahre danach – ist es nicht nur politisch korrekt, für Windenergie zu sein, sondern es ist auch wirtschaftlich. Sogar in Krisen-
zeiten freut sich die Branche über Wachstumszahlen, von denen andere nur träumen können. 100.000 Menschen in Deutschland leben vom Geschäft mit dem Wind, Tendenz steigend. Auf der Husumer Windmesse waren 971 Aussteller aus 35 Ländern zu Gast, die erwartete Besucherzahl von 30.000 wurde überschritten und die nächste Messe in zwei Jahren ist schon jetzt nahezu ausgebucht. Von den beiden ursprünglichen kleinen Zelten, in denen die Messe einst stattfand, ist nichts mehr zu sehen. Die Branche ist ihren Kinderschuhen entwachsen. Krisenstimmung? Fehlanzeige. Selbst das von der Bundesregierung geplante Energiekonzept kann die Aussteller nicht aus der Ruhe bringen. „Laufzeitverlängerung?“, fragt ein Ingenieur eines Herstellers aus München. „Ach so, Sie meinen die der Atomkraftwerke. Stimmt, da war doch was.“ Er lacht. Da die meisten Unternehmen ohnehin international
aufgestellt seien, wäre das für die wenigsten ein Problem, meint er. Anders sieht das Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie. „Wenn die Bundesregierung mit ihrem Energiekonzept den Ausbau der Windenergie in Deutschland bremst, besteht die große Gefahr, dass Investitionen zurückgefahren werden.“ Vor allem habe Deutschland schon immer eine Vorbildfunktion gehabt. Und genau die müsse nun verteidigt werden. „Die bisherige Entwicklung der Windenergiebranche in Deutschland zeigt, dass im Ausbau der erneuerbare Energien ein großes volkswirtschaftliches Potenzial steckt. Wenn die Bundesregierung jetzt mit ihrem Energiekonzept zurückrudert, hat das auch eine negative Symbolwirkung auf andere Länder. Wir machen uns ernsthaft Sorgen.“ Sein Mittel gegen schlechte Laune? „Lange spazieren gehen und aufs Meer schauen. Dann geht es einem sofort besser.“
Männer über Männer II
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Zeitgeschehen
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Oben bleiben?
von Anne Zdunek Es brodelt im Stuttgarter Talkessel. Seit Monaten schon schwelen die Auseinandersetzungen um das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21, doch mit den Ausschreitungen vom 30. September hat der Protest eine neue Dimension erreicht. Gewaltsam hatten mehrere Hundertschaften der Polizei den Stuttgarter Schlossgarten geräumt und dabei auch Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke gegen friedliche Demonstranten eingesetzt. Die Situation scheint seit diesem Vorfall verfahrener denn je, die Fronten zwischen Projektbefürwortern und Gegnern sind verhärtet und der politische Machtkampf um Stuttgart 21 ist nun auch auf Bundesebene angekommen. Während vor allem die Grünen als Projektgegner Sturm laufen aufgrund des gewaltsamen Vorgehens der Polizei gegen die Demonstranten, wirft ihnen die CDU eine Instrumentalisierung der Ereignisse als Wahlkampfstrategie für die Landtagswahlen in Baden-Württemberg im März 2011 vor. Jedoch war es die Bundeskanzlerin Angela Merkel selbst, die bereits zwei Wochen zuvor die Ereignisse in Stuttgart zum Wahlkampfthema gemacht hatte, indem sie die kommenden Landtagswahlen zur Volksabstimmung über Stuttgart 21 erklärte. Das Projekt Stuttgart 21, dessen Name bereits andeutet, wohin es den modernisierungsbedürftigen Stuttgarter Bahnhof befördern
soll, nämlich ins technische 21. Jahrhundert, stellt sich bislang vor allem als Zerreißprobe für die politische Harmonie in der sonst eher beschaulichen Stadt dar, durch die der Mitbestimmungswille der Bürger neu entfacht ist. Denn in den letzten Wochen und Monaten ist in Stuttgart eine Protestbewegung gewachsen, die Menschen aller Alters- und Gesellschaftsschichten einschließt und die sich vor
Fläche ein neuer Stadtteil entstehen. Darüber hinaus umfasst das Bauvorhaben auch die Neubaustrecke „Ulm-Wendlingen“, mit der Stuttgart Anschluss an die so genannnte „Magistrale für Europa“ finden würde, die in den nächsten Jahrzehnten als Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Paris und Bratislava entstehen soll. Doch die Umsetzung des Projektes beinhaltet auch eine Reihe gravieren-
Die Situation scheint seit diesem Vorfall verfahrener denn je, die Fronten zwischen Projektbefürwortern und Gegnern sind verhärtet und der politische Machtkampf um Stuttgart 21 ist nun auch auf Bundesebene angekommen. allem durch eines auszeichnet, nämlich durch den Durchhaltewillen der Demonstranten. Wenn dennoch durchgeführt wird, was zwar parlamentarisch beschlossen ist, wogegen jedoch bei der letzten Groß-Demonstration an die 100.000 Menschen demonstriert haben, dann wird in Stuttgart innerhalb der nächsten zehn bis fünfzehn Jahre Europas derzeit größtes Architekturprojekt umgesetzt und der jetzige Kopfbahnhof der Stadt in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof verwandelt. Durch die Tieferlegung der Gleise könnte auf der dadurch frei werdenden
der Einschnitte in das Stuttgarter Stadtbild und den geologischen Untergrund der Stadt. Denn es sieht den Teilabriss des unter Denkmalschutz stehenden Bahnhofsgebäudes aus den zwanziger Jahren von Paul Bonatz vor, das Fällen von fast 300, zum Teil über hundert Jahre alten Bäumen, den Bau mehrerer Tunnel durch geologisch schwieriges Gestein und die Tieferlegung und Drehung der Bahngleise um 90 Grad. Während die Unterstützer das Projekt als Jahrhundertchance für die Stadt feiern, sind es einerseits die explodierenden Kosten, die die Gegner auf die
Straße treiben, andererseits neue Gutachten, die dem Projekt große Mängel bescheinigen. Die einstige Kostenrechnung aus dem Jahr 1995 von 4,807 Milliarden D-Mark, hat sich mittlerweile laut Bahn zur stattlichen Summe von 4,1 Milliarden Euro zuzüglich der Kosten für die Neubaustrecke von 2,9 Milliarden gesteigert, wobei andere Gutachten zu Kostenrechnungen gelangen, die das Doppelte dieser Summe weit übersteigen. Als Alternative zu Stuttgart 21 schlagen die Gegner eine Modernisierung des jetzigen Kopfbahnhofs vor, der nur einen Bruchteil der jetzt eingeplanten Kosten beanspruchen würde. Noch sind die Weichen im Stuttgarter Konflikt nicht gestellt. Spätestens die Landtagswahlen im März werden darüber entscheiden, wer am Ende den Sieg davon trägt. Bis dahin, so scheint es, wird sich der Protest jedoch forsetzen, denn die anfangs noch etwas demonstrationsunerfahrenen Stuttgarter haben inzwischen zu einer gewissen Professionalität gefunden. Wie jeden Abend in den letzten Wochen werden sich wohl auch heute wieder Punkt 19 Uhr auf manchen Straßen der Stadt Menschen versammeln und für eine Minute mit einem gellenden Pfeifkonzert den „Schwabenstreich“ gegen Stuttgart 21 begehen. zeitgeschehen@trafficnewstogo.de
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Das Wetter
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das wetter
Rotterdam
Starkes Gewitter
Berlin
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© Studio Makkink & Bey
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Sonnig mit leichter Brise
Stockholm © Husam El Odeh
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© Itzik Mor
Sydney Courtesy of the artist and Roslyn Oxley9 Gallery, Sydney
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Wolkenlos
Nebel
Momentum
Studio Makkink & Bey
Luigi Zuckermann
Husam El Odehs Kollaboration mit Acne
A Tracey Moffatt and Gary Hillberg video collaboration - Other, 2009 - DVD - 7 minutes
Home is where the blanket hangs.
Nach einem Clubbesuch packte mich an einem Samstagsommermorgen eine seltsame Melancholie. Die Sonne war gerade aufgegangen und ließ den Blick zum ParkInn Hotel wie den auf die Skyline von Manhatten wirken. Vielleicht war es der Restalkohol, der mir dieses Bild vorgaukelte, aber ich verspürte plötzlich große Sehnsucht nach New York. Und als ich beinahe zu weinen begann, tauchte vor mir – wie aus dem Nichts – Luigi Zuckermann auf. Der große, gutaussehende New Yorker mit italienisch-israelischen Wurzeln wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel und sprach: „Weine nicht! Ich mache dir das beste Goatcheese-Sandwich der Stadt und zum Nachtisch gibt es creamy Cheesecake.“ Mein Tag war gerettet. Einen Deli wie Luigi Zuckermann würde man in New York erwarten, seit einem Jahr gibt es ihn aber auf der Rosenthaler Straße in Berlin. Luigi macht italienisch-israelische Sandwiches und Salate aus einfachen Zutaten zu einem Hochgenuss, mit einem Service, von dem sich einige so Berliner Fast Food-Läden eine dicke Scheibe Pastrami abschneiden können.
What time is it? It is timelessness.
Rachel Rits-Volloch ist die Gründerin des internationalen Kunstprojektes Momentum. Das ist eine globale Plattform für Video, Performance, New Media und Sound Art, die in unregelmäßigen Zeitabständen an unterschiedlichen Orten auf der Welt stattfindet. Ihr simpler und innovativer Grundgedanke ist, ein nichtdigitales Netzwerk internationaler Künstler, Galeristen und Sammler zu erschaffen. Auf meine Frage, woher sie komme, sagt Rachel, sie komme von überall her. Das erklärt den Ursprung des Projektes: Angefangen hat alles mit der Idee, eine Alternative zu bereits existierenden Kunstmessen zu finden, die stark an Ausstellungen und Praxis des Kunstmarkts gebunden sind. Im Mai diesen Jahres in Sydney war Momentum ein großer Erfolg. Damit es zukünftig an weiteren Orten stattfinden kann, wird es am 8. Oktober in Berlin einen Benefit-Abend in der Gallerie TAIK in Mitte geben.
Das in Rotterdam ansässige Studio Makkink & Bey schafft aus Wolldecken und Wäscheleinen wunderbare Mohairwelten. Ihre Installationen erzählen Geschichten jenseits des eigentlichen Gebrauchs der Produkte. Noch bis zum 30. Oktober ist die erste Einzelausstellung von Makkink & Bey in der Berliner Galerie Helmrinderknecht zu bewundern. Wash House heißt das Projekt. Eine ländliche Idylle aus bedruckten Mohairdecken, die sich zwischen baumstammartigen Stützen an Wäscheleinen hängend zu einer Landschaft formen. Jede Decke ist ein luxuriöses Einzelstück, gefertigt im Textillab des Textilmuseums Tilburg. Ich kaufe mir zehn davon, fahre heim und baue mir ein Nest. www.studiomakkinkbey.nl
Husam El Odeh faszinieren „lost objects“ – Gegenstände, die ihre ursprüngliche Funktion verloren haben. Indem er sie zu hochwertigen und poetischen Schmuckstücken aufarbeitet, verleiht er ihnen eine neue Bedeutung und eine Seele. Nach dem Kunststudium an der UdK und in Chelsea entschied der Designer, sich in London dem Schmuck zu widmen. Für die Londoner Vogue Fashion's Night Out hat er erneut mit Acne kollaboriert. Entstanden ist ein T-Shirt in limitierter Auflage, das einen Acne-Bestseller mit Haute Couture-Elementen verbindet. Das Trompe-l’œil einer Weste, zusammengesetzt aus funktionsuntüchtigen, gefundenen und gefälschten Uhren, ziert das schlichte Kleidungsstück zeitlos. LV
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Prickelnder Spleen Einen Toast auf den Mineralwasser-Trend
von Michèlle Mussler STÄNDIG üBER BER G OURMETTRENDS zu berichten, ist kein Zuckerschlecken. Alle denken, das Büro quillt über vor geschenkten Leckereien, Einladungen zu Schampusorgien und man jettet von einem Genusstempel-Test zum nächsten. Ein Job, so fluffig leicht wie ein Soufflé. Von wegen. Wer möchte schon wie ein Germknödel auseinander gehen? Ständig die Frage beantworten, ob nun kalt gehackte Zedernnüsse oder japanische Miso-Algenkräcker die Trendknabberei für 2011 werden? Ob Prosecco aus der Dose mit Strohhalm genuckelt genauso prickelt wie aus der Flasche? Bestünde die Menschheit aus lauter gelangweilten Hotel-Erbinnen, wäre das relevant. Dann kommt sie, die neue Pressesendung. Als gesitteter Mensch hält man beim Gähnen die Hand vor den Mund und denkt: „Ach wie aufregend, schon wieder ein neues Mineralwasser...!“ Immerhin ist es dieses Mal ultraviolett bestrahlt, ozonbehandelt und selbstverständlich artesisch. Außerdem ist es um den halben Globus gereist, der Hollywood-Lieblingsdrink schlechthin und kostet nur marginal mehr als ein Jahrgangs-Champagner. Nach der ersten Kostprobe steht fest: selbst schnödes Blubberwasser läßt sich grandios vermarkten. Und begießt damit getrost seine Orchidee im Büro. Hatte man bisher nur die Wahl, ob mit oder ohne Kohlensäure, tauchen jetzt überall Edel-Wässerchen auf. „Bitte ein ‚Bling‘“, klingt ja auch viel kultivierter als nur ein Sprudel zu bestellen. Bis zu 98 Euro für eine 0,75 Liter Flasche verlangt ,Bling‘, das aus Tennessee stammt und mit Swarovski-Steinchen aufgehübscht ist. Der Name ist ehrlich gewählt: im Rapper-Slang steht ‚Bling‘ für pompösen Schmuck, sprich protzen – und Geschmacklosigkeit. Passend zum gesunden Lebensstil lässt sich auch mit ‚Fiji‘
Durst löschen, das „frei von zivilisationsbedingten VerunreinigunVerunreinigun gen“ auf einer entlegenen Südseeinsel entspringen soll. Die MarMar ke gehört einem Kanadier, dem angeblich missfiel, dass im Pazifik europäisches Importwasser getrunken wird. Heute werden mehr als zwei Millionen ,Fiji‘-Flaschen pro Jahr in Europa verkauft. War man bisher froh, ‚Badoit‘, ‚Perrier‘ oder ‚Gerolsteiner‘ fehlerfrei aussprechen zu können, sprudelt einem jetzt spanisches ‚Solan de Cabres‘, britisches ‚Ty Nant‘, patagonisches ‚Lauquen‘ oder hawaiianisches ‚MaHaLo‘ entgegen. Als Ursprungs-Quell des H2O-Jiepers tippen Experten auf das norwegische ‚Voss‘, eines der reinsten Wasser der Welt. Oder, anders formuliert, arm an Mineralien. Puristisch gibt sich auch seine Flasche, entworfen von einem Stardesigner. Und das kommt an, von Malle bis München, von Tokyo bis Toronto. Mehr noch. Dass die Wassernummer gut funktioniert, beweist der neue Berufszweig: Wasser-Sommelier. Sie empfehlen im kristallklaren Schöfferhoferisch – „das tut so schön prickeln in Ihre Bauchnabel“ – und servieren das neuseeländische Vulkanwasser ‚420 Below‘ als idealen Begleiter zu Tee, Kaffee oder Whiskey. Zum gegrillten Steak hingegen harmoniert ‚Berg‘. Kein Wunder, dass es so herrlich ursprünglich schmeckt: Es stammt von einem Jahrtausende alten Gletscher in Neufundland – für die Abfüllung extra geschmolzen. Ganz ohne Klimawandel. Zur durstigen Sommersaison haben viele namhafte Hotels eine Mineralwasserkarte mit über 30 Sorten zusammengestellt. Darunter auch das ehrwürdige Claridge in London. Das Berliner Adlon jedoch hat von 70 auf 24 Wässerchen reduziert – mangels Nachfrage, heißt es. Gut so. Nach fünfjährigem Gedeihen mit Leitungswasser ist die Orchidee übrigens tags darauf eingegangen. kolumne@trafficnewstogo.de
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Sport
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sexbomben schlagen Teufelspuppen
© Lars Goldbach
von Michel Braun Happy Birthday, lieber Napalm schallt es durch die Arena – Sexbomben und Teufelspuppen singen ihrem Schiedsrichter ein Geburtstagsständchen. Die Markus Merks des Rollerderby heißen Napalm Ref oder Major Madness und sind im bürgerlichen Leben vermutlich keine Zahnmediziner. Man trägt hier gerne Tinte in der Haut und Farbe im Haar, die knappe Spieluniform entblößt Netzstrümpfe und Strapse. Wer gerne mit Schubladen hantiert, wird die Rollerderbykultur wohl irgendwo zwischen Punk, Rockabilly und Goth verstauen. Doch zeigt ein kurzer Blick auf die Zuschauertribüne auch den ganz normalen Wahlberliner, Leute wie du und ich, die so ziemlich allem hinterherstolpern, was ihnen bunter erscheint als die eigene Tristesse. Ob das rasch wachsende Zuschauerinteresse ein Segen für den Rollschuhsport ist, bleibt dabei zweifelhaft,
denn schon einmal haben Publikumswirksamkeit und Vermarktbarkeit das Rollerderby auf die Liste der bedrohten Sportarten gesetzt. Bereits in den 30er Jahren entwickelte sich das Rollerderby in den USA, zunächst als eine Art 6-Tage-Rennen auf Rollschuhen. Aus den anfangs noch gemischten Mannschaften verschwanden rasch die Männer. Ähnlich wie beim Motorsport wurde schnell bemerkt, dass Crash und Blut am meisten amüsiert und so wurde das Rollerderby zu einem rauen Vollkontaktsport. Bis in die 70er Jahre hinein wuchs die Popularität stetig, kaum einer wollte sich die raufenden Schönheiten entgehen lassen. Dann kam es, wie es kommen musste, die kapitalistische Metzgerszunft schlachtete den Hype so lange aus, bis der rückgratlos gewordene Sport in den 80ern zu Grunde ging. Erst um die Jahrtausendwende hatte er im Umfeld des ThirdWave-Feminismus ein Revival in den USA, das nach und nach auch nach Europa schwappte.
Inzwischen gibt es in Deutschland eine Rollerderby-Liga mit immerhin acht Teams, darunter die Berlin Bombshells. Am 18. September trafen die Bombshells in der Arena Halle in Berlin auf die Devil Dolls Essen. Dank überragender Leistungen von Resident Shevil und Katapulta in der ersten Halbzeit sowie Kamikatze und Heavy Rotation in der zweiten gelang den Gastgebern ein überzeugender Sieg mit 146:82 Punkten. Die Spielregeln sind rasch zu überblicken. Gespielt wird eine Stunde lang, wobei sich die Spielzeit in eine Reihe von Jams gliedert, die höchstens zwei Minuten dauern. Zu Beginn eines Jams setzen sich vier Spielerinnen pro Team auf der flachen Rundbahn langsam in Bewegung, sie formen das sogenannte Pack, ein dichtes Rudel, das kaum zu durchdringen scheint. Kurze Zeit später setzen beide Teams jeweils einen Jammer in Bewegung, der in weit höherer Geschwindigkeit am Pack vorbeizukommen sucht. Wer
die Gruppe zuerst passiert, wird Lead Jammer und gewinnt die Option, den Jam jederzeit abzubrechen. Doch zunächst geht es ans Punktesammeln, denn nun bekommen die Jammer für jede überrundete Gegenspielerin einen Zähler gutgeschrieben. Spannend wird das Ganze dadurch, dass die Blocker im Rudel alles versuchen, den gegnerischen Jammer außer Gefecht zu setzen. Zwar werden Faust- und Ellenbogenschläge mit der Strafbank geahndet, aber auf Rollschuhen kann auch ein satter Bodycheck verheerende Wirkungen haben. Und so purzeln die Spielerinnen regelmäßig durcheinander – dass sie immer wieder auf die Beine kommen, verlangt größten Respekt ab. Wer das unterhaltsame und sportlich anspruchsvolle Spektakel näher kennenlernen möchte, sollte sich die Deutsche Meisterschaft in Berlin am 11. Dezember nicht entgehen lassen. sport@trafficnewstogo.de
Chapter 11
N o b e l
My Last Bag of Heroine (for Real) by Michel Auder
I
M u s e u m H e a d s
MET
N a r c o l e p s y
MICHEL
C o l l a g e
AFTER
C a t S t r a n g l e r s
HIS
N o t e s f o r M y s e l f
DAYS
S a v a g e M e n
OF
L a P l a g e l ‘ O p i u m L u n d
HEROINE Text by Jacques Christian Stephens
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© Nigel Young F+P
Die New Yorker Galeristin Angela Westwater setzt trotz Finanzkrise und Netz-Hype auf gute alte Galeriearbeit an einem neuen Ort
Sperone Westwater von Gunnar Lützow ALTE SCHULE Es gibt sie doch noch, die Welt außerhalb von überangesagt: Erkundigt man sich beispielsweise bei der New Yorker Galeristin Angela Westwater danach, wie sie denn die jüngst bei Alan Nederpelt in Greenpoint, Brooklyn gestiegene Kreuzkölln-im-Exil-Groupshow „A Suitcase full of Art from Berlin“ fand, erntet man freundliche Unkenntnis: Nein, da habe man leider noch nicht mal von gehört – das Programm der Galerie sei nun nicht gerade auf frische Kunsthochschulabsolventen ausgerichtet. Und so viel jugendbewegt-aufgedrehte Hipness hat eine der großen Damen des New Yorker Kunstbetriebes ja eigentlich auch gar nicht nötig. Schließlich ist sie seit inzwischen 35 Jahren in einem Geschäft, dessen physische Grundlage immer Manhattan war. Zuerst in SoHo, dann im Meatpacking District und nun auf der Bowe-
ry. Für den Umzug gab es verschiedenste Gründe – einige ganz pragmatisch-architektonischer Natur, andere finden sich auch im Umfeld: „Auf der Bowery gibt es inzwischen eine unglaubliche Energie. Dafür hat nicht zuletzt das New Museum gesorgt, aber auch das nur ein paar Blocks die Straße hoch liegende neue Gebäude der Cooper Union ist toll. Dazu hat die Bowery eine reiche Geschichte – nicht nur als Ort der Einwanderung, sondern auch als Ort der künstlerischen Produktion.“ Und zumindest auf eine reiche Geschichte der erfolgreichen Vermittlung eingewanderter künstlerischer Produktion kann auch die 1975 von Angela Westwater gemeinsam mit Gian Enzo Sperone und Konrad Fischer gegründete Galerie zurückblicken: Alt-Europäische Big Names wie Gilbert and George, Joseph Beuys oder Richard Long fanden hier ihren Weg in die Neue Welt. Doch wie ist es um die Gegenwart bestellt? Immerhin ächzen weite Marktsegmente weiterhin unter den Folgen der Finanzkrise und komplett virtuelle Kunstmessen wie die nur im
Internet stattfindende „VIP Art Fair“ stellen inzwischen sogar radikal die Notwendigkeit realer physischer Räume zur Vermarktung von Kunstwerken in Frage. Noch gibt sich Angela Westwater, die ihre prägenden Erfahrungen im Umgang mit der Kunstwelt als Redakteurin bei Artforum gesammelt hat und noch heute von der 72er documenta schwärmt, diesbezüglich ganz gelassen: „Da müssen wir wohl einfach optimistisch sein, was ja auch unser neues Gebäude zeigt – von dem ich denke, dass es viele unserer Künstler anregt, und das auch zu einer ganzen Anzahl interessanter neuer Bewerbungen geführt hat. Natürlich bleibt die Rezession Thema, insbesondere im Segment der jungen Künstler, die vielleicht erst ein oder zwei Ausstellungen hatten; aber zumindest in New York zeigt sich doch in der letzten Zeit wieder mehr Aktivität. Nicht unbedingt wie beim Schlangestehen vor der Art Basel, wo es darum geht, in der ersten Minute reinzukommen – es ist mehr ein maßvoller Prozess von Überlegung und Erwerb. Was die
Internet-Messe betrifft – davon habe ich gehört, das ist wohl ein Experiment und eine Gelegenheit, den Markt zu testen. Aber wir machen schon genug Kunstmessen und Online-Präsenz gehört ohnehin zu unserem Tagesgeschäft.“ Weswegen sich Interessenten inzwischen auch auf der Website ihrer Galerie aus über zweieinhalbtausend Angeboten von ZERO bis ChinaPop das passende Stück aussuchen können. Sie selbst kombiniert als Sammlerin daheim Uptown an der Eastside übrigens am liebsten frühe ägyptische, römische und griechische Skulpturen mit gegenwärtigen Klassikern wie Francis Picabia, Andy Warhol, Cy Twombly oder Bruce Naumann – den sie ab dem 10. November präsentiert. Zur Vorbereitung fährt sie dann doch mal an den Ort, an dem er momentan mit seiner ersten deutschen Restrospektive „Dream Passage“ im Hamburger Bahnhof zu sehen ist und an dem manche Kenner der Szene mittel- bis langfristig die Kunstmetropole des 21. Jahrhunderts verorten würden, nach Berlin.
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Die Rillen der vorderen Glas-Fassade erhöhen das Gefühl der vertikalen Bewegung. Es ist fast, als ob das Gebäude permanent darum bettelt, dass der große rote Kasten sich erhebt! Und genau das tut er dann auch.
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Die Bowery in New York ist um ein architektonisches Schmuckstück reicher. Trotz Finanzkrise hat die Sperone Westwater Gallery ihr neues Galeriegebäude gebaut. Die Architekten Foster + Partners haben einen Raum geschaffen, der der kleinen Baufläche durch die Höhe des Gebäudes und eine intelligente Raumkonzeption trotzt – Architekt und Gastprofessor für Architectural Design am New Jersey Institute of Technology Pablo Jendretzki im Gespräch mit Michael Wurzel, Projektarchitekt, Partner von Foster + Partners und Leiter des New Yorker Büros
Galerie in der Vertikalen Die Proportionen der verschiedenen Räume sowie die Materialität der Oberflächen waren für beide von größter Bedeutung.
Übersetzt aus dem amerikanischen Englisch von Johanna Thompson Die Sperone Westwater Galerie ist ein neues Instant-Wahrzeichen auf der Bowery, neben dem New Museum von SANAA. Die Bowery befindet sich trotz ihrer reichen Geschichte seit einigen Jahrzehnten im wirtschaftlichen Abstieg. Glauben Sie, dass die aktuelle Immobilienkrise zu dieser plötzlichen Entstehung von großer Architektur in der Gegend beigetragen hat? Das New Museum sowie das Gebäude der Cooper Union hatten sich schon vor der Finanzkrise in der Bowery etabliert und der Entwurf für die Sperone Westwater Gallery war bereits weit fortgeschritten. Die interessante und neue Architekturlandschaft der Bowery hat meiner Meinung nach viel mit der phantastischen Lage in Manhattan zu tun, mit Freiräumen, die genutzt werden können und nicht zuletzt der Bereitschaft der dortigen Bauherren, mutig und entschlossen neue Akzente zu setzten. Es gibt viele Beispiele von Gebäuden, beispielsweise im Hospitalitybereich, wo Aufzüge als dynamische Besonderheit verwendet worden sind, um dadurch Aufmerksamkeit zu erregen. Sperones beweglicher Ausstellungsraum schafft hier nicht nur einen Superlativ im entsprechenden Verhältnis zum Gebäude, sondern er dient auch als zusätzlicher Galerie raum. Welche dieser beiden Eigenschaften hatte mehr Gewicht in der Entscheidung für den Moving Room? Der sogenannte Moving Room war zuallererst eine Antwort auf das relativ schmale Grundstück. Galerien für zeitgenössische Kunst sind in aller Regel weitläufige, horizontale Räume. Unsere Herausforderung war es, ein Konzept für die vertikale Erschließung zu entwickeln, die den vielfältigen Bedürfnissen einer kommerziellen Galerie zugute kommt und dabei möglichst wenig Platz braucht. Der Moving Room ist nicht nur Ausstellungsraum, der die verschiedenen Galerieetagen verbindet, er dient zugleich dem Transport von Kunstwerken und kann bei Bedarf eine Ausstellungsebene erweitern. Dies nach außen sichtbar zu machen, spielte natürlich eine wichtige Rolle in unseren Überlegungen. Obwohl die Ost- und Westseite des Gebäudes verglast sind, wenn man sie von der Straße aus betrachtet, so ist doch auf Höhe der Ausstellungsräume die westliche Fassade von innen so gut wie lichtlos. Ist das nicht ein zu hoher Preis für den beweglichen Raum? Warum könnten die Betonwände gegenüber dem Moving Room-Schacht nicht verglaste Öffnungen
Beim unserem Rundgang haben Sie erwähnt, dass das Chromgeländer auf dem Balkon im zweiten Stock extrem kostspielig war, weil es nicht nur gekrümmt ist, sondern auch aus nur drei Teilen besteht, um die Anzahl der Verbindungspunkte zu minimieren. Ein Beispiel für die Liebe zum Detail, die allen Foster-Projekten gemein ist und die sie so gewählt aussehen läßt, aus großer Entfernung ebenso wie im Zentimeterbereich. Würden Sie dem zustimmen? Ja, dem kann ich zustimmen, das Detail ist uns ebenso wichtig wie das eigentliche Konzept. Nicht nur, dass es vom Benutzer im täglichen Umgang am meisten wahrgenommen wird, in ihm manifestiert sich auch, was im Englischen am besten mit ‚care about something’ umschrieben wird. Und wenn das so ist, wie schafft man es als Architekt den Kunden davon zu überzeugen, Geld für Details auszugeben, die er vielleicht gar nicht versteht, und noch schwieriger, wie schafft es der Architekt, den Bauunternehmer dazu zu bringen, seine Fehlerspanne auf fast Null zu reduzieren? Als erstes muss sich der Architekt einmal selbst überzeugen, bevor er den Bauherrn oder andere überzeugen kann. Es ist sehr wichtig, auch diejenigen frühzeitig einzubeziehen, die den Entwurf schließlich bauen. Und das geht nur mit gegenseitigem Respekt davor, wie der andere denkt und handelt. Wir leben im Zeitalter einer Kultur des ‚Tun’.
haben, selbst wenn es nur ein kleiner Schlitz wäre, so dass es von beiden Seiten Licht einfallen kann, wenn der Raum in einem anderen Stockwerk ist. Und warum sollte der Moving Room selbst keine Fenster haben? Der Moving Room dient – wie der Rest der Galerie – dem Ausstellen von Kunstgegenständen; Fenster und Wandöffnungen sind da in der Regel weniger zweckmäßig. Kontrollierter Tageslichteinfall ist natürlich wünschenswert, und so sind ein Teil der Fassade nach Osten sowie die hohe Eingangslobby verglast. Der Moving Room ist eigentlich ein sehr großer Aufzug mit einem freiliegenden Schacht, der sich mit dem Hauptfluchtweg des Gebäudes überschneidet. Wie haben Sie dafür überhaupt die Erlaubnis der Stadt bekommen? Wir haben eng mit der Stadtbehörde zusammengearbeitet und etliche zusätzliche technische Details entwickelt, die diese Konstellation ermöglichen. Ziel war es, den Aufzug so lang-
sam wie möglich zu bewegen, da es sich um einen Ausstellungsraum handelt. Das „sei das erste Mal, dass ein Architekt einen möglichst langsamen Aufzug anstrebt“, kommentierte der Hersteller den Entwurf. Welchen Einfluss hatte der sogenannte NYC Building Code auf die Form des Gebäudes? Das sogenannte ‚Zoning’ schreibt einen Rücksprung von 5 Etagen vor, um möglichst viel direkten Tageslichteinfall von den Straßen zu gewährleisten. Dies haben wir versucht zu nutzen, indem wir die Etagen der Galerie nach außen ablesbar machten. Die oberen drei Geschosse sind zurückgesetzt, in ihnen befinden sich Büros, Research und die Kunstbibliothek. Wieviel Einfluss hatte der Kunde auf wesentliche Design-Entscheidungen? Wir teilten mit unseren Bauherrn die Begeisterung, zeitgenössische Kunst in einem neuen, intimen und vielfältigen Umfeld zu zeigen.
Die Architektur des Gebäudes ist von außen laut und markant. Und die Innenräume sind so abgemessen, dass dieses Gefühl der Wichtigkeit erhalten bleibt, aber dennoch wirken sie nicht störend auf die Kunst, die sie beherbergen oder mindern deren Bedeutung. Es ist so eingerichtet, dass der Besucher immer zu Perspektiven geleitet wird, die die Aufmerksamkeit maximal auf ein bestimmtes Kunstwerk lenken. Wurde das vom Kunden so verlangt? Dem Bauherrn war es wichtig, dass man schon bei Betreten sofort weiß, um was es hier geht. Um die Kunst! Und diese ist bereits von außen durch die teilweise verglasten Eingangstüren sichtbar. Wir als Architekten waren von der Idee fasziniert, die kinetische Energie des ‚Bewegten Raumes‘ zur Straßenseite mit ihrer eigenen Dynamik sichtbar zu machen. Früher waren es Kirchturmuhren oder Glockenspiele, die einen sichtbaren oder hörbaren Akzent setzten. Die Galerie knüpft in dieser Hinsicht sozusagen an eine Tradition an.
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Sehnsucht, Potenz, Wurzel und Malerei
Die Forsthausvilla Karlsruhe zeigt den aktuellen Werkzyklus des Malers HP Adamski — einst Junger Wilder, heute Professor an der HfBK Dresden – und wirft dabei auch einen kunstgeschichtlichen Blick zurück auf das letzte Jahrhundert von Charles Nebelthau Portrait: Holger Homann Sehnsucht kommt in vielen Gedichten vor. Aber als alltäglich gebrauchte, neurotische Empfindung, die am Gefühlshaushalt zerrt, kennen wir sie heute selten. Dafür verfügen wir über emotionale Intelligenz. Vage mag bekannt sein, daß es sich bei Sehnsucht um eine ambivalente Sensation handelt, deren Leerstelle darin besteht, einen Zwischenraum, wenn überhaupt, dann nur durch das Sehen zu überwinden. Der Kapitalismus hingegen funktioniert über Bedarfsweckung. Sehnsucht geht anders. Und sie ist ein wichtiges Produktionsmittel der Malerei. Die nun in Karlsruhe ausgestellte Bildserie „Sehnsuchtsquadrate“ des in Berlin wirkenden Künstlers HP Adamski operiert, wie der Titel andeutet, nicht nur mit dem verkanteten Sehnsuchtsbegriff, sondern auch mit dem Zitat des geometrisch-optischen Körpers. Und so wie man bei Kippenberger kein Hakenkreuz finden kann, wird man bei Adamski kein Quadrat finden, außer aus Buchstaben.
Das entspricht der Chat-by-Funktion der spätkubistischen, parasyntaktischen Malerei: sie verzahnt die verschiedensten Milieus in der gemeinsamen Sehnsucht, den Raum dazwischen zu überwinden. Statt Milieus könnte man, an der Photoshoptechnik orientiert, auch sagen: Ebenen. Adamski’s „Sehnsuchtsquadrate“ amalgamieren verschiedene Male reistile, Verweismethoden und die ästhetische Farbstrenge und virtuose Programmatik der klassischen Grisaillemalerei, heute SchwarzWeiß genannt. Die „Sehnsuchtsquadrate“ ziehen damit auf Augenhöhe mit dem Frühwerk von Gerhard Richter, einer großen Zahl der abstrakten Expressionisten, vielen Photographien und jedem eleganten Titelblatt einer älteren Tageszeitungsausgabe. Schwarzweiß ist zugleich ein Glamourfaktor der klassischen Moderne und der Surrealisten, die Man Ray photographierte; die Färbung hat also mehr als eine Legende für sich. Wer auf den Körper der Farbe verzichtet, muss mit der Zeichnung sehr genau sein – oder ein junges Genie wie Jonathan Meese, und darüber ist HP Adamski glücklich hinaus. Das Lichtspiel dieses
eleganten zeitgenössischen Malers wird getragen von einem großen Bildarchiv und betätigt mithilfe des Diaprojektors. Die Photographie- oder Illustrationsästhetik, die auf vertraute und gleichermaßen anonyme Bildwelten verweist, macht einen großen optionalen Boden frei. Jedes projizierte Photo kann so verschieden gemeint sein, wie sein Kontext es empfiehlt. Persönlich gemeinte Malerei kam mit Malewitschs schwarzem Quadrat zu einem konzeptionellen Höhe- und vorläufigen Endpunkt. Pollock eröffnete den Blick auf die Rohrschachleistung beliebiger Tropfenbildungen. Adamski war konzeptionell orientiert und gegen Aktzeichnen und begann erst während der Ateliergemeinschaft Mühlheimer Freiheit mit dem Medium der Malerei, als akademisch nackter Autodidakt. Über Adamskis Schulter blicken wir in einen Fundus von Malereigeschichte der verschiedensten Traditionen, die folkloristisch nach Bedarf und Balance gemixt werden können: Pop-Art in eingebrachten fragmentarischen Illustrationsgraphiken, Minimalismus mit Kompositionen, die Flächen gegeneinander ausspielen und sichtbar ma-
chen; dadaistisch bis surrealistisch gewürztes Textmaterial ergänzt und verschränkt sich. Schrift und Bebilderung konvergieren in eine vielschichtige Gegenwart. Die Oberflächen nennt HP Adamski delikat, das Handwerk primitiv. Dieses Statement eröffnet denselben Lässigkeitsfaktor wie die Bilder allesamt. Sie handeln von der Sehnsucht der Quadrate nach sich selbst, vielleicht – „Tränen quadratisch weinen“ fordert beispielsweise eine Beschriftung, eine andere sagt: „Quadrate sollten in den Spiegel schauen“ – und obwohl man keine sieht, ist man gezwungen, sich die Quadrate vorzustellen – Suggestion direkt erlebt fühlt sich nicht anders an. Und es ist der ersprießliche Ast einer Kunst zur Vorführung von Witzen, deren Pointe man kitzeln fühlt, ganz viel-leicht. Vielleicht als fast letztes Wort einer geplauderten Sehnsucht – vielleicht fahren Sie nach Karlsruhe und nutzen die Gelegenheit, in der Forsthausvilla die aktuelle Ausstellung zu besuchen. Sehnsucht ist eine Attitüde, von deren Aus- und Weiterbildung diese Ausstellung nicht abrät.
6 Blumen quadratisch träumen, 2008 © Silke Helmerdig
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Interview
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Frank Neue Sicht der Dinge Der Künstler Frank Thiel und Berlin, das ist eine längere Geschichte. Über zehn Jahre hat er die Veränderungen im Berliner Stadtbild photographisch festgehalten. Darüber, wie sich sein Blick auf die Stadt und die Stadt selbst gewandelt haben, sprach Eric Aichinger mit dem Künstler Frank, du bist bekannt geworden durch deine Arbeit über Berlin. 1966 in Kleinmachnow geboren, hast du deine Heimatstadt nach deiner Ausreise 1985 von beiden Seiten der Mauer erlebt. Deine Bilder zeigen den städtebaulichen Wandel in Ost und West. Hat sich dein photographischer Blick auf die Stadt verändert?
Natürlich. Da die Stadt 20 Jahre nach Maueröffnung eine andere ist als 1990, kann man sie nicht mehr so photographieren oder sehen wie vor 20 Jahren, selbst wenn man das wollte. Im Mantel einer spätkapitalistischen europäischen Metropole sieht man anders aus als im städtebaulich-geistigen Flickenteppich des 19. und 20. Jahrhunderts. Folgst du bei der Arbeit einem festgelegten Konzept? Eher nicht. In meiner Arbeit gibt es sowohl serielle Aspekte als auch reine Einzelbilder. Nur bei bestimmten Bildertypen lohnt sich eine künstlerische Vertiefung und Variation. Letztendlich muss jedes Bild einzeln bestehen können. Am Anfang der Arbeit stehen zumeist sehr unkünstlerische
Überlegungen und Interessen, die ich dann zu visualisieren versuche. Dem liegt kein Plan zugrunde, es ist eher ein Prozess. Mein Interesse gilt vor allem der Frage, wie innerhalb der urbanen Strukturen der Stadt ein neuer politischer Raum gestaltet wird. Das klingt nach sehr unterschiedlichen Ansätzen. Mein Interesse an Bildern, meine künstlerischen Fähigkeiten und Strategien unterliegen einer permanenten Veränderung. Es hat mich nie interessiert, meine Arbeit wie ein Markenzeichen aussehen zu lassen oder eine künstlerische Routine zu entwickeln. Kaum etwas ist langweiliger als eine auf derselben Stelle hüpfende Nadel auf einer kaputten Schallplatte.
Interview
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Untitled (Palast der Republik #28), 2007 © VG Bild-Kunst, Bonn
Thiel Verstehst du deine Bilder auch als Protest gegen das Vergessen? Das Kunstsystem ist nicht der effektivste Ort für Protest. Dafür sind andere Bereiche der Kultur und Gesellschaft viel geeigneter. Ich verfolge keine politische Agenda, sondern es geht mir um Bilder, die die Dialektik zwischen Geschichte und Ort, Architektur und Ästhetik, Erinnerung und Zukunft, Aufstieg und Fall von Utopien thematisieren. Daher verweisen meine Bilder auch auf einen viel größeren Kontext als Berlin nach dem Mauerfall.
kennen, dass sie eine Stadt noch nie so gesehen oder noch nie auf diese Art und Weise über Stadt nachgedacht haben und Städte seitdem anders betrachten. Ich denke, das hat damit zu tun, dass ich mich zu einem wesentlichen Teil mit dem Unfertigen, dem Unvollendeten beschäftige. Ich photographiere Orte, die sich in einer Transformation, einem Zwischenstadium befinden, die keine urbane oder sonstige Funktion erfüllen. Es sind Bilder, die hoffentlich dazu anregen, ebenso über das Nicht-Gezeigte nachzudenken.
Asbestsanierung über Jahre photographiert habe. Dafür habe ich gerade die Fundamentreste des ehemaligen Stadtschlosses photographiert und erstmals wird Archivmaterial aus verschiedenen Quellen in diese Arbeit einfließen. Außerdem recherchiere ich für verschiedene Projekte in den USA und Südamerika, die ich in den kommenden Jahren realisieren möchte.
Kann man sagen, dass du versuchst, das Unvollendete zum eigentlichen Thema deiner Arbeit zu machen? Ich höre immer wieder von Leuten, die viele meiner Bilder
Und woran arbeitest du gerade? Ich bin dabei, eine umfangreiche Serie über den ehemaligen Palast der Republik abzuschließen, dessen Abriss ich nach der
Frank Thiel wird repräsentiert von Sean Kelly Gallery, New York, USA; Galeria Leme, São Paulo, Brazil; Galerie Krinzinger, Vienna, Austria; Galeria Helga de Alvear, Madrid, Spain.
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Kultur Ornithologie
40 Jahre habe es gedauert, bis er dieses Buch fertigstellen konnte, sagt Peter Wawerzinek. Als Kleinkind wurde der Autor von seiner Mutter, die in die BRD floh, in der DDR zurückgelassen und verbrachte von da an sein Leben in verschiedenen Heimen und Pflegefamilien. In „Rabenliebe“ schrieb er sich seine Mutterfindung von der Seele. Durch die dichte, bildgewaltige Sprache Wawerzineks wird man hineingesogen in die märchenartige Welt des Waisen. Seine besten Freunde sind die Vögel vor seinem Fenster. Nur mit ihnen spricht er. Für alle anderen bleibt der Junge bis zu seinem vierten Lebensjahr stumm. Der autobiographische Roman ist eine poetische und tragikomische Wortcollage; Peter Wawerzinek hat dafür den diesjährigen Ingeborg-BachmannPreis und den Publikumspreis in Klagenfurth gewonnen. Der Jurorin Maike Feßmann kamen bei der Laudatio für den Gewinner die Tränen vor Rührung. Man hatte es ihm gewünscht. Sicherlich auch nicht der letzte Preis, den dieses wunderbare Buch gewinnen wird. LV Peter Wawerzinek: „Rabenliebe“, Galiani Verlag, 432 Seiten, 22,95 Euro © Galiani Berlin
JIMI HENDRIX Stilsicheres Gitarrenzerbrechen Von Mathias Kilian Hanf Nehmen wir es genau: Rock, das ist weitaus mehr als eine musikalische Stilrichtung, nämlich die Legitimierung hemmungsloser Ekstase, während man die eigenen Instrumente trasht. Und darin war Jimi Hendrix so stilsicher wie kein anderer. Dem echten Guitar Hero zum vierzigsten Todestag. Seine bevorzugte Gitarre, die Stratocaster von Fender, hat so einige seiner Auftritte nicht überlebt. Zum Beispiel 1966 in München, als das Instrument beim Bad in der Menge brach und danach von Hendrix auf der Bühne zerschlagen wurde. Oder, legendär, beim
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Lärm und Form
Was wird bleiben vom metropolitanen Kunstherbstwochenende 2010? Dieser Quadratur des Kreises aus art forum berlin, abc, Preview Berlin und Berliner Liste. Welche Klassiker und Frischlinge, welche Außenseiter und Renegaten werden diesmal entdeckt, umjubelt oder ewig unverstanden bleiben? Wenn die Galerie Elisabeth & Klaus Thoman aus Innsbruck das Phototriptychon „Formalisierung der Langeweile“ (1980/81) von Jürgen Klauke auf dem art forum zeigt, setzt sie auf ein sicheres Pferd. Wohl kaum wurde Überdruss durch mangelnde Abwechslung kurzweiliger ins Bild gesetzt als in Klaukes schussbereiter Waffenruhe gegenüber den unsichtbaren Nachbarn. Weiter ausholend ist Boris Shpeizman mit „My Pet“ (2005) auf der Berliner Liste, der einen Tierschädel mit mundgeblasenen Röhrchen als Schnauze zu einem so harten wie zerbrechlichen Objekt geformt hat, dass es gleichsam einen Schulterschluss zwischen dem Holozän und Zwiesel bildet – wie eine ironische Allegorie der Moderne. Dagegen wartet Philipp Hennevogl mit „Studio“ (2010) bei der Galerie Hunchentoot auf der Preview Berlin mit dem althergebrachten Verfahren des Linolschnitts auf. Nur setzt er Platte und Messer ein wie andere Silbergelatine. So gestochen scharf zumindest hat lange kein Photo mehr Repräsentationskritik ins Licht gerückt. Am Ende bleibt wieder abzuwarten, ob eine Koje sich zum Mini-Museum aufschwingen kann und welche nur zum Vereinslokal am Ende einer Butterfahrt gerät. EA
Bereits das selbstbetitelte Debütalbum der Band Women vor zwei Jahren überzeugte. Das kanadische Indie-Quartett kehrt die dunkle Seite von Beach Boys-Vocals hervor, die seit der Surf-Pop-Renaissance gerne und gedankenlos gebraucht werden. Noise-Intermezzi und Strukturverweigerung machen verblüffende Statements zu Problemen mit der Song-Form. „Public Strain“ hadert mit dem richtigen Anfang, macht viel Krach, bis die zweite Hälfte des Albums fast schon überprägnant durchgeformte Songs bereithält: „Locust Valley“ und „Eyesore“ sind die herausragenden Früchte aus dem Ideenpool des letzten Albums. Dazwischen gibt es balladeske Anwandlungen wie „Venice Lockjaw“. Zu deren Süße sichern die Vocals immer das Gegengewicht – finster, verstrahlt, verstimmt. PK
Monterey Pop Festival im Juni 1967, als er sie während „Wild Thing“ mit Benzin übergoss und in Flammen aufgehen ließ. Rock, das waren die Töne, die ein solcher Akt aus der Stratocaster lockte, und das Geschrei aus der tobenden Menge, das nachhallte. Dieser Moment bedeutete für die Generation der 68er nicht nur hedonistische Erfüllung, sondern auch identitätsstiftende Vereinigung. Zum Woodstock-Festival kamen über 400.000 Begeisterte. Dies war die eigentliche „Great Society“, nicht das geplante Reformprogramm von Präsident Johnson, welches durch die hohen Kosten des Vietnamkrieges schließlich verhindert wurde. Dieser Society um den verlorenen Krieg und Stolz der Amerikaner widmete Jimi Hendrix seine Hymne. „The Star-Spangled Banner“ spielte er zum ersten Mal am Montagmorgen auf dem Festival von Woodstock. Der Auftritt hatte sich
so sehr verzögert, dass nur noch etwa 25.000 Besucher anwesend waren. Für sie spielte der Gitarrenexzentriker tatsächlich die Nationalhymne, zerstörte sie aber gleichzeitig durch quietschende Tonfolgen und bizarr verzerrte Akkorde so, dass man meinte, die Kriegsstätten voller Sirenen und quälender Schreie hören zu können. In seinen Auftritten und seiner Musik spiegelte sich der amerikanische Alptraum, den Hendrix selbst erlebte: Er wurde am 27. November 1942 in Seattle geboren und lebte die erste Hälfte seines Lebens in völliger Armut. Der Alkoholsucht und Gewalt in seinem Elternhaus schien er nur durch die Musik entfliehen zu können, schon fast zwanghaft praktizierte er es, das Gitarrespielen, nachdem er mit 15 seine erste Akustische bekommen hatte. Er fand schließlich Arbeit als Begleitmusiker für Soulgrößen wie The Supremes. Aber dem schwarzen Amerika war er mit seiner Vorliebe für Rockmusik suspekt und im
Women: „Public Strain“, Label: Jagjaguwar, 15,98 Euro
Your home is your trauma
Wann beginnt dieses Gefühl, das wir im Deutschen „Zuhausesein“ nennen? Wenn wir Hausschuhe tragen? Freunde spontan vor der Tür stehen? Es einen Internetanschluss gibt? Dieser Frage spüren gerade zwanzig Künstler aus aller Welt in Berlin nach. „Home Base“ heißt das Projekt, das sich zuvor in New York mit dem archetypischen Begriff der Heimat auseinandergesetzt und ihn in öffentliche Kunst verwandelt hat. Im fünften Jahr haben sich die temporären Heimatfinder in ein ehemaliges Busdepot sowie ein FDJ-Ferienheim im Berliner Stadtteil Pankow einquartiert – Orte also, an denen nie jemand zu Hause war. „Ich habe die klassischen Vorstellungen von dem, was Heimat ist, so satt“, sagt die Initiatorin des Projekts, Anat Litwin. „So viel von dem ist nicht mehr gültig.“ Weit ab von ihren Herkunftskontexten setzen sich die Künstler mit der eigenen Identität auseinander, fahnden nach Traumata, erzählen ihre Geschichte neu. Deshalb entsteht in jedem der Zimmer des Ferienheims ein eigenes Bild davon, was Zuhause sein kann. Eine Künstlerin zementiert sich in den Berliner Boden, als hätte sie Wurzeln geschlagen. Eine andere überzieht eine ganze Wand mit den Namen und Organisationen der Gründer der amerikanischen Black-Nationalism-Bewegung. Ein anderer baut die Möbel des FDJ-Heims aus Pappe eins zu eins nach. Die Frage lautet also nicht, wann das Zuhausesein beginnt, sondern ob es jemals aufhört. GT © Ugur Orhanoglu
weißen Amerika war er als Schwarzer mit seiner Afrofrisur und der extravaganten Kleidung nicht immer willkommen. Mit seiner neuen Band The Jimi Hendrix Experience und deren Album „Are You Experienced?“ schrieb er schließlich in England Geschichte, im Swinging London der 60er Jahre. Erst über den Umweg Europa fand er dann auch in der Heimat Anerkennung. Aber Rock, das ist auch ein Gefühlszustand zwischen den Kontinenten, zwischen den Schichten und Hautfarben. Es geht um höheres Bewusstsein; man entschuldigt sich mal eben, während man den Himmel küsst. Rock ist ein Trip, der für Jimi Hendrix am 18. September 1970 endet, als er nach einer durchgemachten Nacht in seinem Hotelzimmer in London stirbt. Gerade mal 27 war er da und, wir nehmen es genau, schon eine Legende. kultur@trafficnewstogo.de
Präsentationen Internationales Berliner Design 2010 5. – 7.11. Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin: In Bewegung Eröffnung mit Modenschau 5.11. 19 h Ausstellung 6. + 7.11. 11 – 19 h Panel 6.11. 18 h Die Versportlichung der Gesellschaft - Auswirkungen auf die Mode
John-Foster-Dulles-Allee 10
26. – 28.11. Lette-Verein: WorkFlowMotion
10557 Berlin Fon 39 7871 75 www.hkw.de
Eröffnung mit Fashion Battle 26.11. 19 h Fotografie-Ausstellung 27. + 28.11. 11 – 19 h Fashion Walk 27.11. 19 h
In Kooperation mit Mediadesign Hochschule, ESMOD Berlin, Kunsthochschule Weißensee, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und Lette-Verein
Abschlusspanel Mode macht Schule 2010 28.11. 18 h
Modestadt Berlin
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Arrogant Bastard
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Arrogant Bastard
von Adrian Stanley Thomas I WANT TO BELIEVE Whether or not you believe in the possibili ty of “extraterrestrial” life or some sort of species that exists on a distant planet, you must agree that even the very thought of such a thing is incredibly exhilarating. All of the suspected sightings and examples of an actual visit to earth from Roswell to crop circles, and the out-of-focus flying saucer video is testament to the hope that there are in fact E.T.’s among us. There seem to be a decreasing number of things that excite me nowadays. There’s the rare new band that I discover which initially makes me happy and then the realization that eventually the mass media ogre will drain the uniqueness and I’m left with corny tee-shirts and car commercial soundtracks. Aliens may really be all I have left. It’s untapped intrigue. I so want to believe in this phenomenon. There’s only one problem. I have NEVER once seen anything remotely close to an alien sighting. I have seen some very weird dogs, especially a pit-bull mixed with; I’m not really sure. I have read so many articles about people being abducted; usually folks that give a tale of lobotomies and intimate extractions that pro bably don’t involve a debate about liberty or the social contract. We have all been inundated with documentaries and television specials that chronicle the sometimes flimsy evidence that there is in fact life on distant planets. The Mayans and Egyptians have given us actual
pictures of abstract creatures that look subhuman or super-human; which ever you prefer as your adjective of choice. Let me state emphatically that I want to believe in this whole concept of E.T. Because I need this to be true for my own selfish reasons, such as boredom with my own species, I hereby call on all creatures from other worlds to please provide me with evidence that you are real. Give me the exclusive so I can promote your philosophy throughout the world. Trust me on this; it will be really easy to do.
means that opinions are not relevant in your thought process. This would be a welcome departure from this perfunctory malaise of earth chatter about nothing and slang that is meek and lazy as it slides off of the tongues of practically every person that I meet. Do you see where I’m going? The possibility of conversing with a new creature gives me hope that language might actually make it into at least the middle of the 21st Century. As it turns out; I believe its security is slowly being sifted among the ruble of what used to be engaging verse.
Of course, you probably already know that we are extremely susceptible to brainwashing and mind control from monitoring us. We are all silly blokes that like gossip, money, and the occasional election where counting ballots is optional. For our initial meeting, I prefer the daylight hours preferably with my video camera and some sort of physician to take a little blood (for DNA structure only). If you are completely different than humans, we will conduct a short interview to outline why you have not destroyed earth yet. It has to be because we are just too entertaining. How can you destroy a planet that charges for internet usage and calls politics a career? My intent is not to make a farce out of this whole alien search to seem like a jocund experience that is actually quite serious. But I wish to now extend my nefarious intentions on a more receptive audience. Traveling through space means that you are adventurous. It also
Even discord was treated as a pertinent endeavor of class that provoked a soliloquy of tantalizing sentences and words that would give reverence to even the despised offender of character. No longer will we have patient introspection and intellectual debate seasoned with the curtsy of offenses when necessary to give us the tingle of grandeur. Forgive me for not acclimating myself voluntarily to the current slang of surface mockery because I am not easily impressed. Children are more respectful of language than adults who opine about callous conversation of who wore what and why oil makes us all corporate peons of obsessive indulgence. Probably; just the idea of life somewhere else is a bit too heavy for the human brain to process. If we examine our own perceptions of existence we will identify the cynosure of arrogance in every way. This undoubtedly means that any being or force that would find their way to our galaxy must therefore be evil.
If we look even deeper into this notion of superior existence, it is clear that humans believe that life more advanced than their own is too acerbic to visualize in a non-threatening way. Darwin certainly establishes his contention of the strong conquering the weak quite aptly. There is a fear among humans that if it is stronger and smarter, the meek will eventually be destroyed. It actually makes perfect sense. In lieu of this fear, I will take the mantle to seek out these E.T.’s and implore that some physical contact commence at some point in the future. If there is a preference for the discreet, then we can negotiate the way they do in peace talks. I’ll tell you something — and then not follow through or just lie all together. My dear creatures from other parts of the galaxy, I wish to engage you and meet for intergalactic conversation. There is extreme boredom here on earth. Please provide proof of your existence. You must be real in some way because I’ve seen to many movies that depict your superiority and power. You must refrain from those crop circles in the middle of the night. I am not interested in surgical extractions of any kind; we can talk about my enemies though. It must be a clear day with no clouds or rain. If you don’t mind; please send the most disgruntled member of your faction. Preferably the under-achievers, we’ll have a lot more fun. Finally, could you bring a lady friend with you; me likes the ladies.
arrogantbastard@trafficnewstogo.de
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English Appendix
SPERONE WESTWATER by Gunnar Lützow Old School
English translation by Johanna Thompson
A Gallery in the Vertical
Name, Vorname
Telefax
Telefon
English translation by Michael Ladner
Straße, Hausnummer
The architecture of the building is loud and prominent from the exterior. And its interior spaces are scaled to maintain a sense of importance, however they do not interfere or take away from the prominence of the art which it houses. It is designed to always guide the visitor to focal points that will maximize attention to selected art pieces. Were these design conditions asked for by the client? It was important to the developers that, as soon as you stepped inside, you would know what this place is about. It’s about art! And this is already visible from the outside through the partially glass-paned entryways. As architects, we were fascinated about the idea of making kinetic energy of the Moving Room visible from the street in its own dynamic. Earlier church tower clocks and bells were the accents that made something visible or audible. From this perspective the gallery has continued a tradition, one could say.
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And if so, how does an architect manage to convince the client to spend money on details they may not understand, and even more difficult, how does the architect manage to the get the contractor to reduce their margins of error to such minute scale? The architect has to convince himself first, before he convinces the developers or anyone else. It’s also important to incorporate the people who will actually build the design as early as possible. And that isn’t just about mutual respect for how others think and behave. We live in a time, in a culture of doing.
Although the East and West face of the building are glass when seen from the street, on the exhibition floors the West façade is pretty much light-less from the inside. Is this not too high a price to pay for the featured moving room? Why wouldn't the concrete walls facing the "moving room shaft" have glassed openings, even if just a thin slot, so that when the room is on another level, light can penetrate from both sides of the building. And likewise, why wouldn't the mo ving room have windows itself? The Moving Room – like the rest of the gallery – serves to exhibit art objects; windows
In our walk-through you mentioned the chrome hand rail on the 2nd floor glass balcony was a very high ticket item, because in addition to its curved shape, it was done in only 3 pieces, to minimize the number of joints. That is an example of the level of attention to detail common to all Foster projects, that makes them exquisite to look at and experience from the far all the way to the centimeter. Would you agree? Yes, I would agree with that. That detail is as important to us as the actual concept. It’s not only that it will be perceived the most by users in their daily environment, it also manifests what is best paraphrased as ‘care about something’ in English.
Postleitzahl, Ort
There are many examples of buildings where elevators have been used as dynamic features, especially in hospitality, as a way to attract attention. Sperone's moving exhibition room not only does that in a superlative way in proportion to the building, but also doubles as extra exhibition area. Which of these two features had more weight in the decision to have the moving room? The so-called Moving Room was principally an answer to the narrow lot of land. Contemporary art galleries are normally expansive horizontal rooms. Our challenge was to develop a concept for vertical expansion that would meet the various needs of a commercial gallery, without taking up too much space. The Moving Room isn’t just an exhibition room that connects the different gallery floors, it also serves at the same time as a transport for art and it can expand an exhibition level as well if need be. Making this visible from the outside obviously played an important role in our deliberations.
How much input did the client have in the main design decisions? We share our enthusiasm with our developers of being able to show contemporary art in a new, intimate and multifaceted environment. The proportions of the various rooms and the surface materials were of highest importance to both parties.
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The Sperone Westwater Gallery is an instant new icon in the Bowery, next to the New Museum by SANAA. The Bowery, although rich in cultural history, has been for the past few decades in economic descent. Do you think the latest real estate crisis contributed to the sudden emergence of great architecture in the area? The New Museum as well as the Cooper Union building established themselves in the Bowery before the financial crisis and the design of the Sperone Westwater Gallery was already under way. The new and interesting architectural landscape of the Bowery in my opinion has a lot to do with its fantastic location in Manhattan with free space that can be used and if nothing else the willingness of the local developers, who courageously and resolutely place new accents.
The moving room is really a very large elevator, with an exposed concrete shaft, intersecting right above the main means of egress from the building. How did it ever get approved by the city? We worked closely with the city ordinances and developed scores of additional technical details, which made this constellation possible. The goal was to make the elevator move as slowly as possible because it’s about an exhibition space. The manufacturer commented that this was “the first time that an architect strove for the slowest possible elevator.”
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The Bowery in New York is enriched by an architectural gem. In spite of the financial crisis, Sperone Westwater Gallery built its new gallery building. The architects at Foster + Partners have created a space, which defies the small building lot by the height of the building and an intelligent conception of space – architect and adjunct professor of Architectural Design at New Jersey Institute of Technology Pablo Jendretzki speaks with Michael Wurzel, project architect, head of New York office and partner of Foster + Partners
and wall openings are normally less practical there. Controlled daylight is of course desirable and that’s why a piece of the East façade as well as the lofty lobby are glass paned.
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It still exists, the world beyond über-hip: If for instance you ask the New York gallery owner Angela Westwater what she thought of the recent Kreuzkölln-in-exile group show “A Suitcase Full of Art from Berlin”, recently held at Alan Nederpelt’s gallery in Greenpoint, Brooklyn, you will meet with friendly ignorance: No, unfortunately they had not even heard of it – and furthermore recent art school graduates were not exactly the main focus of the gallery. And to be fair, a grand old lady of the New York art world is not really in need of that much youthfully-psyched hipness. After all, for 35 years she has now been in this business that has always had its physical roots in Manhattan. First in Soho, then in the meatpacking district, and now on the Bowery. There were various reasons for this move – some of them of rather practical and architectural nature; other reasons can also be found in the environment: „There is an unbelievable energy on the Bowery. This is owed not least to the New Museum, but the new Cooper Union building a few blocks up the street is wonderful as well. On top of that, the Bowery has a rich history – not just as a place of immigration, but also as a place of artistic production.“ And similarly, the gallery that was founded in 1975 by Angela Westwater together with Gian Enzo Sperone and Konrad Fischer can look back on a rich history of successfully placing immigrated artistic production: it was here that Old-European big names like Gilbert and George, Joseph Beuys or Richard Long found their entry into the New World. However, what about the present? After all, large segments of the market are still suffering from the repercussions of the financial crisis and by now even the necessity of having a physical exhibition space for marketing art is radically put into question by the emergence of completely virtual art fairs like „VIP Art Fair“, which takes place exclusively on the Internet. But as of now Angela Westwater, who has gained her formative experience on how to handle the art world as an editor of Artforum and who to this day enthuses over the 1972 documenta, is still relaxed about it: “We will simply have to be optimistic, something that is also reflected in our new building – which I believe inspires many of our artists and which has also led to a sizable number of interesting new applications. Of course the recession is still a topic, especially for young artists who have maybe only ever had one or two shows, but at least in New York there recently has been a bit more activity. Not necessarily like standing in line at Art Basel where it is all just about getting in there in the minute they open – it is more about the measured process of consideration and purchase. As far as the internet fair is concerned – I have heard about it, I suppose it is an experiment and a chance to test the market. But we already do enough art fairs and an online presence is just part of our daily business.“ Which is why prospective buyers can now use the gallery’s website to select the perfect piece from more than two and a half thousand items, from ZERO to chinapop. And by the way, for her own collection at home on the Upper Eastside Angela Westwater prefers to combine early Egyptian, Roman
and Greek statues with contemporary classics like Andy Warhol, Cy Twombly or Bruce Nauman – whom she will be showing from November 10th. And in preparation she is visiting the place, where Bruce Nauman currently has his first German retrospective „Dream Passage“ at the Hamburger Bahnhof and where in the intermediate or long run many experts on the art scene would locate the art metropolis of the 21st century: Berlin.
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Despite financial crisis and net-hype the New York gallery owner Angela Westwater puts her stakes on good old gallery work in a new location
Ausgabe N°9 • Oktober 2010 • Jahrgang 1 • trafficnewstogo.de
glow-berlin.de
Rosa-Luxemburg StraĂ&#x;e 22 blush-berlin.com
Zähle Deine Erbsen Information ist nicht nur Zahlen. Aber ohne Zahlen ist Information meist nichts. Erst wenn man seine Zahlen kennt, kann man auch wieder über sie hinaussehen.
Gute Berichte sind langweilig
Durchblick vor Aufsicht
Lieber zu viel Zahlen als zu wenig
Zahlen zeigen zahlt sich aus
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