Vorschau Ausstellungskatalog »HILDE ROTH. Eine Zeitreise durch Darmstadt 1950 – 1990«

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HILDE ROTH — EINE ZEITREISE

EINE ZEITREISE DURCH

DARM STADT 1950 — 1990



EINE ZEITREISE

HILDE ROTH


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Impressum Diese Publikation erscheint anlässlich der Ausstellung des Kunstforums der TU Darmstadt »HILDE ROTH. Eine Zeitreise durch Darmstadt 1950–1990« vom 29. Mai bis 3. Oktober 2021. Die Ausstellung ist ein Partnerprojekt der internationalen Fotografie Triennale RAY 2021 Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain. Kuratorin Julia Reichelt, M.A. Leiterin des Kunstforums der TU Darmstadt Projektmitarbeit Torsten Bruns, Louise Bullock, Felix Gerhards, Albrecht Haag, Jana Kaul, Anna Schütz Herausgeber Kunstforum der TU Darmstadt Redaktion Julia Reichelt, Louise Bullock Lektorat Ute Stühr Gestaltung und Realisation KraenkVisuell, Darmstadt Druck TZ-Verlag & Print GmbH, Roßdorf b. Darmstadt Copyrights © Hilde Roth/Kunstforum der TU Darmstadt Verlag Kunstforum der TU Darmstadt, Hochschulstraße 1, 64289 Darmstadt ISBN 978-3-948908-02-7


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Die Ausstellung ist ein Partnerprojekt der internationalen Fotografietriennale RAY 2021 Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain


E I N E Z E I T R E I S E D U R C H DA R M S TA D T

HILDE ROTH »Fotografiere niemals etwas, das dich nicht interessiert.« Dieser Ausspruch der amerikanischen Fotografin Lisette Model gilt besonders für Hilde Roth (1927 – 2019), deren Fotografien geprägt sind von einem wachen, unprätentiösen Blick. Von 1950 bis 2000 war sie für das Darmstädter Tagblatt und Darmstädter Echo als Bildjournalistin tätig. Ihre Fotografien stehen beispielhaft für das Lebensgefühl einer ganzen Epoche und zeigen den gesellschaftlichen Wandel seit der Nachkriegszeit. Im Frühjahr 2020 wurde der fotografische Nachlass mit mehr als 115.000 analogen Fotografien von Hilde Roth der TU Darmstadt für eine Ausstellung übergeben. Die Auswahl ihrer Schwarz-Weiß-Fotografien zeigt den Alltag der Menschen in lebensnahen und auch humorvollen Situationen, in der Freizeit und bei der Arbeit, darunter viele Fotografien aus den Bereichen Mode und Sport. Zugleich werden besondere Ereignisse, wie der Besuch von Konrad Adenauer oder Hildegard Knef, dokumentiert. Die Bilder erzählen die wechselvolle Nachkriegszeit: von Aufbruchsstimmung in den 1950er Jahren, Wirtschaftswunder, Roaring 60s bis zu den 1980er Jahren. Das Spektrum ihrer Bilder ist dabei so vielfältig wie das Leben.

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GRUSSWORT ZUR AUSSTELLUNG »HILDE VO RWO ROTH. R T EINE ZEITREISE DURCH DARMSTADT 1950-1990«

LIEBE LESENDE, LIEBE FREUNDINNEN UND FREUNDE DES KUNSTFORUMS,

gerade das letzte Jahr hat sicher einige von uns dazu gebracht, in Erinnerungen aus der Vergangenheit zu schwelgen, wobei es hier ja sogar reicht, nur zwei Jahre zurück zu denken und schon scheint man in einer anderen Zeit, einem anderen Leben zu sein. Bilder von vollen, fröhlichen Sommertagen am Woog oder auch von alltäglichem oder festlichem Treiben in der Innenstadt wird es aus den frühen 2020er Jahren leider nicht geben. Umso schöner ist es, dass wir dieses Jahr nicht nur in die nahe Vergangenheit blicken können, sondern dank Hilde Roth in eine lückenlose Dokumentation des Darmstädter Lebens von 1950 bis in die neunziger Jahre, verewigt in über hunderttausend Bildern, eintauchen können. Über vier Jahrzehnte war Hilde Roth (1927– 2019) als Fotografin des Darmstädter Tagblatts und des Echos mittendrin und schuf ein wunderbares Zeugnis Darmstädter Stadtgeschichte – welches sie größtenteils ungesehen in ihrem Keller im Darmstädter Stadtteil Arheilgen hütete. Fast durch Zufall konnte ich einen Blick darauf erhaschen: Ich war auf der Suche nach historischen Aufnahmen der TU Darmstadt und hatte mich mit ihr 2015 hierzu verabredet. Diese persönliche Begegnung brachte mich auf die Idee, ihre Aufnahmen von Darmstadt in einer Ausstellung an Darmstadt zurückzugeben, und ich freue mich, dass Julia Reichelt, Leiterin des Kunstforums der TU Darmstadt, diese Idee aufgenommen und in tollen Auszügen aus dem umfangreichen Bilderschatz in die Tat umgesetzt hat. Von Trümmer- und Wiederaufbaubildern, Unfällen, über Frisörbesuchen hin zu sommerlichem Plantschen im Woog, Staatsbesuchen und Festumzügen: Es gibt wenig, was Hilde Roth mit ihrer Kamera nicht festgehalten hat, und ich freue mich sehr, dass wir alle über die Ausstellung »HILDE ROTH. Eine Zeitreise durch Darmstadt 1950 –1990« und in erweiterter Form in diesem Katalog an der so wunderbar dargestellten, gelebten Geschichte Darmstadts teilhaben können.

Herzlich bedanken möchte ich mich beim Kulturfonds Frankfurt RheinMain, der Kurt und Lilo Werner RC Darmstadt Stiftung, der Merck KGaA, der Vereinigung von Freunden der TU Darmstadt, der BS Kulturstiftung Darmstadt, der ENTEGA Stiftung, der Bürgerstiftung Darmstadt, dem Darmstädter Förderkreis Kultur, den HEAG Kulturfreunden und Wir für Kultur für die finanzielle Unterstützung und bei allen Mitwirkenden für die tolle Umsetzung einer Idee, die durch einen fast zufälligen Besuch in Hilde Roths Kellerarchiv geboren wurde. Viel Spaß mit diesem gemeinsamen Fotoalbum aller Darmstädter wünscht Ihnen Ihr

DR. MANFRED EFINGER Kanzler der Technischen Universität Darmstadt


GRUSSWORT ZUR AUSSTELLUNG »HILDE ROTH. EINE ZEITREISE DURCH DARMSTADT 1950-1990«

VON HEUTE AUS

Das Archiv der Fotografin Hilde Roth ist ein Zeitdokument. Die Arbeiten der Pressefotografin laden ein, die Geschichte Darmstadts aus der Perspektive der journalistischen Lokalredaktion zu betrachten. Es handelt sich um Momentaufnahmen. Eine Dokumentation von Augenblicken. Erst auf den zweiten Blick erschließt sich eine andere Dimension. Rückblickend spiegeln die Aufnahmen aus vier Jahrzehnten die Transformation der westdeutschen Gesellschaft. Sie sind kleine Blitzlichter: Sie erhellen den Wandel gesellschaftlicher Trends und Weltanschauungen. Hilde Roths Bilder aus Darmstadt erzählen die westdeutschen Denk- und Sichtweisen jener Zeit. Würden Bauarbeiten für eine neue Autobahn oder eine große Gewerbefläche im Grünen heute noch als Aufbruch in die Moderne gefeiert? Sicher nicht. Im Zeitalter von Klimakrise und Fridays for Future bringen solche Projekte Bilder von Protestierenden mit sich. Ganz anders ist die Perspektive in den Aufbaujahren nach dem Zweiten Weltkrieg, als Hilde Roth ihre Arbeit als Fotografin beginnt. Eine Gesellschaft startet durch. Der Wiederaufbau prägt die Menschen. Unbedingter Fortschrittsglaube bestimmt das Denken: Alles wird besser, wenn man sich nur anstrengt. An die gute Zukunft glaubt. In vielen Bildern aus dieser Zeit zeigen sich Stolz und Zuversicht – so zum Beispiel in zahllosen Portraits von Einzelhändlern. Konsum in neuen Kaufhäusern, Mode, visionäre Stadtplanung mit breiten Straßen für Autos: Deutschland und Darmstadt leisten sich was – und feiern sich dafür. Auch die Bürgerinitiative für den Autobahnausbau 1979 oder die Eröffnung erster US-Burgerketten (1980/85) sind Symbole für Aufbruch, für Weltgewandtheit. Von Globalisierung ist man noch weit entfernt. »Immer mehr« erscheint zunächst als »immer gut«. Kritische Aktionen tauchen vereinzelt erst in den Bildern der frühen 80er auf. Besonders deutlich werden die ideologischen Unterschiede von gestern und heute, wenn man die Frauen in den Bildern von Hilde Roth betrachtet. Die Redaktion beauftragte die freie Fotografin sehr oft mit vermeintlichen Frauen-Themen. Der Nachlass

enthält hunderte Bilder von Modenschauen. In diesen Modefotografien ab 1950 sind die Frauen als schöne Models dekorativ in Szene gesetzt. Hier weht der Geist der großen weiten Welt. Im Gegensatz dazu portraitiert sie Frauen in ihrem Alltag als Verkäuferinnen, Friseurinnen, Sekretärinnen, Hausfrauen – klassische Frauenrollen jener Zeit. Aus heutiger Sicht erscheinen diese Bilder fast naiv. Damals entsprachen sie dem Zeitgeist. Erst in den 70er und 80er Jahren werden die Frauen auf den Bildern selbstbestimmter und in anderen Bereichen sichtbar. Hilde Roth äußert sich durch ihre Bilder nicht direkt politisch oder gesellschaftskritisch. Sie gibt wieder, indem sie den Blick dokumentarisch auf ihre Stadt und ihre Mitmenschen richtet. Heute, im Rückblick, entstehen unsere Wertungen. Durch den langen Zeitraum ihres Schaffens und die Vielzahl der Themen eröffnen die Bilder von Hilde Roth uns so einen Einblick in die Veränderung von Diskursen, Gemeinschaften, Kulturen, Meinungen und letztlich auch Weltbildern. Mit »HILDE ROTH. Eine Zeitreise durch Darmstadt 1950 –1990« ergänzt das Kunstforum der TU Darmstadt als Partner von RAY 2021 IDEOLOGIEN die zeitgenössischen Werke der IDEOLOGIEN-Ausstellungen. Was wir heute kritisch hinterfragen, stand einst für Fortschritt und Moderne. Kommen Sie mit auf die spannende Reise – in die Vergangenheit Darmstadts. Und in die Ideologien, aus denen das Heute entstand.

ALEXANDRA LECHNER Kuratorin im Team von RAY und Mitbegründerin der Darmstädter Tage der Fotografie

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E I N E Z E I T R E I S E D U R C H DA R M S TA D T EINLEITUNG

HILDE ROTH — DER BESONDERE AUGENBLICK Ich freue mich sehr über die Möglichkeit, erstmals das vielfältige fotografische Werk von Hilde Roth (1927 – 2019) bekannt zu machen. Dies ist ein weiterer, wichtiger Schritt im Ergänzen der Fotogeschichte um eine spannende weibliche Position. Die vier Jahrzehnte umfassende Dokumentarfotografie zeigt Darmstadt und Umgebung aus der Sicht einer Pressefotografin, die das Besondere im Augenblick einzufangen wusste. Ihr Blick auf die Menschen und Situationen macht ihre Aufnahmen oftmals zu zeitlosen Klassikern mit universeller Reichweite. Im vorliegenden Katalogbuch finden Sie keine Bildunterschriften. Die Umschläge mit den Negativen, die uns als Hilde Roths Nachlass erreichten, enthielten diese Informationen nicht – und waren in dieser Fülle auch nicht für uns verfügbar. Daher haben wir uns bewusst dafür entschieden, die Fotos in ihrer chronologischen Reihenfolge zu zeigen. So ist – neben dem dokumentarischen Bezug – ein losgelösteres Eintauchen in diese vergangene Welt möglich. Aus dem ursprünglichen Zusammenhang genommen, kann jedes Bild zum Unikat werden, weil eine Bildunterschrift und somit festgelegte Deutung fehlen. Nichts lenkt vom eigentlichen Motiv ab, und persönliche Assoziationen oder Erinnerungen werden möglich. Aneinandergereiht ergeben die Schwarz-Weiß-Fotografien eine Reise in eine andere Zeit, bei der Unverhofftes, Ungewöhnliches und Vertrautes durcheinandergewürfelt erlebt werden können. 115.000 Fotos galt es im Vorfeld zu sichten – und dies nicht nur einmal. Diese Mammutaufgabe hat sich gelohnt, mehr als 300 Fotos wurden für den vorliegenden Band ausgewählt, was einer starken Konzentration gleichkommt. Eine über die ganze Stadt verteilte Ausstellung im öffentlichen Raum begleitet vom 29. Mai bis 3. Oktober 2021 diesen umfangreichen Katalog, den Sie hier in den Händen halten. Von 1950 bis etwa 2000 war Hilde Roth für das Darmstädter Tagblatt und das Darmstädter Echo freiberuflich als Bildjournalistin tätig – schon früh allein mit ihren beiden Töchtern. Uns liegen zahlreiche Fotos vor, die zumeist im Zeitungsauftrag eine bestimmte Situation, bestimmte punktuelle Ereignisse dokumentieren. Unerschrocken ist sie mittendrin, wenn es darum geht, Brände oder andere Katastrophen bildlich zu bezeugen, oder auch schreckliche Unfälle, zu denen sie oft genug von der Lokalpresse geschickt wird, kurz nachdem sie geschehen sind. Längst vergessene Gepflogenheiten wie die vielen Modenschauen, die es in Darmstadt gab, oder das Schaufrisieren vor Publikum lässt sie durch ihre Fotografie wiederaufleben.

Wie sich die Gesellschaft verändert hat, bilden ihre Fotografien nachvollziehbar ab: Den städtebaulichen Wandel seit den 50erJahren mit seiner Aufbruchstimmung zeigt sie durch die feierliche Einweihung von nüchternen Neubauten, ersten Großmärkten und neuen Straßen. Auch in der Entwicklung der Mobilität wird der Umbruch greifbar. Der Straßenverkehr verändert sich, die Unfälle häufen sich und die Autos werden windschnittiger. Waren es in der Mode der 50er noch adrette Schönheiten im »new look« eines Christian Dior (S. 3) mit kunstvollen Frisuren inmitten eines noch weitgehend zerstörten Darmstadts, wird die Kleidung zunehmend legerer, ändern sich Frisuren und Habitus, ebenso wie die sich anbahnende Umgestaltung innerhalb der Gesellschaft mit ihrem beruflichen Wandel und der langsamen Erneuerung des Rollenverständnisses – etwa wenn ein langhaariger Mann lässig den Kinderwagen über den Luisenplatz schiebt (S. 220) oder barbusige Mütter nebeneinander auf dem Sofa ihre Babys stillen (S. 263). Junge Frauen gewinnen die ersten Preise der Handwerkerinnung oder sitzen vor den ersten Computern, die wie klobige Ungetüme wirken. Auch die Erziehung verändert sich: Stehen Kinder anfangs noch fein gekleidet wie Erwachsene brav mit ihrer Schultüte bereit fürs Erstklässlerfoto oder nehmen sie strahlend in zünftigen Lederhosen ihr Zeugnis entgegen, fläzen sie sich später gelangweilt auf ihren Stühlen oder hocken rauchend auf dem Boden (S. 172). Hilde Roth ist ganz nah an den Menschen und wird nicht müde, die wiederkehrenden Faschings- und Kerbeumzüge, Neugeborenen, Hochzeiten, Ehrengeburtstage oder Preisverleihungen aufzunehmen, Jahr für Jahr wie ein wiederkehrender Kreislauf von Lebensritualen. Nicht das Staatstheater, sondern die Dorfbühne, nicht die unerreichbare Glitzerwelt der Schönen und Reichen, sondern die Freiwillige Feuerwehr Schneppenhausen oder das Akkordeonorchester Bickenbach sind ihr Fokus. Zurückhaltend inszeniert sie stolze Preisträger*innen mit ihrer Trophäe, Geburtstagsjubilar*innen mit großen Blumensträußen, Ladenbesitzer*innen mit ihrer Ware, die fröhlich in die Kamera strahlen. Auch die vielen Einzelporträts, die sie vermehrt ab den siebziger Jahren aufnimmt, sind geprägt von ihrem einfühlsamen Blick, der die Menschen so sein lässt, wie sie sind. Statt künstlichem Lächeln in die Kamera fängt sie das Echte, Lebendige ein. Ihre Aufträge erledigt sie stets mit der Suche nach ungewöhnlichen Perspektiven und Bildausschnitten und komponiert mit Leichtigkeit wie en passant.


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Mit einem Blick, der gern auch komische Details integriert, wie den alten Herren mit seinem Schlappohrhasen (S. 192) oder die 70erJahre-Schönheit, deren Frisur ihrem Pudel ähnelt (S. 269). Neben diesen Auftragsarbeiten zeigt sich in vielen Bildern Hilde Roths unbändiges Vergnügen, die Welt fotografisch einzufangen, ihre Leica immer dabei. »Fotografiere niemals etwas, das dich nicht interessiert.« Dieser Ausspruch der amerikanischen Fotografin Lisette Model gilt auch für Hilde Roth, deren Fotografien geprägt sind von einem wachen, unprätentiösen Blick. Etwa, wenn sie den noch frühmorgendlichen Luisenplatz durch ihre Linse betrachtet. Das Spiel mit dem Morgenlicht auf den geometrischen Flächen des Bodens hält sie fest, im Hintergrund das nüchterne HEAG-Gebäude und ein einzelner Passant, der als eiliger Schatten den sonst menschenleeren Platz überquert (S. 90). Es sind Momentaufnahmen, die sie faszinieren, wenn sie die Szene ablichtet, als ein paar Jungs an den Resten der Altstadtmauer lehnen, hinter ihnen schon neu entstandene Wohngebäude, sich die Sonne aufs Gesicht scheinen lassen und diesen Augenblick offenkundig genießen (S. 50/51). Wie ein Gemälde wirkt ihr Blick auf eine ruhige Allee irgendwo auf dem Land oder der Blick in den Hof eines alten Landgutes, in dem ganz für sich allein ein Baby aus dem Kinderwagen blickt (S. 120/121). Solche Aufnahmen sind schon jetzt Klassiker, losgelöst von Zeit und Raum, auch wenn sie einen bestimmten Moment festhalten. Künstlerische Fotografien entstehen bei Hilde Roth nicht durch eine abstrakte Herangehensweise, sondern lebensnah und von Menschen ausgehend, die Spuren von Menschen suchend. Wie bei ihrer Serie, in der sie verschiedene Situationen ablichtet, in denen weiße Bettwäsche zum Lüften aus dem Fenster gehängt ist (S.94). Oder wenn sie Autospuren im Schnee oder eine Reihe von Fahrrädern am Woog festhält, die geometrische Muster ergeben (S. 138). Stets sucht sie das Vielschichtige und Originelle. Wie Filmstills, Standbilder aus Schwarz-Weiß-Filmen, wirken manche Szenen, die sie zufällig fotografiert (S. 102/103). Wie oft hält sie die große Lust am Feiern fest, am Beisammensein, egal wo und wie, ob in schnörkellosen Turnhallen bei Büttenreden oder bei lustigen Polonaisen. Knapp geschützt unter Sonnenschirmen in der Mittagssonne auf betoniertem Innenhof (S. 235), im Büro oder privat ausgelassen feiernd, tanzend, sich küssend (S. 49). Eine Wandergruppe singt und spielt auf Mundharmonikas (S. 234), im Restaurant San Remo wird ein Fußballtor gefeiert (S. 279).

Miteinander tanzend im Abendlicht vor den Kranichsteiner Hochhäusern, mitten auf der Straße zum Akkordeon oder mit eingeübten Schritten auf knarrendem Parkett unter Anleitung eines aufmerksamen Tanzlehrers. Roths Bilder wecken eine Sehnsucht nach dieser unbeschwerten Leichtigkeit und Fröhlichkeit, nach diesem prallen Leben, das sie so unbeschwert eingefangen hat. Vielleicht auch, weil sie eine Zeit dokumentiert, in der noch nicht alles aalglatt und perfekt sein musste, wie es ihr Porträt eines Lilienfußballers (S. 87) veranschaulicht: Obwohl die Lilie auf seinem Shirt schon halb zerrissen ist, strahlt er in die Kamera, die Hände stolz auf den Hüften. Eine visuelle Gebrauchsanweisung fürs Leben. Ihre Fotografien zeigen nicht nur den Wunsch, das Schöne einzufangen, sondern auch ihren Humor und den Sinn für die vielen kleinen skurrilen Details, die das Leben ausmachen. Beispielhaft seien hier die karussellfahrenden Anzugträger (S. 146) genannt. »Es gibt nur zwei Weisen, die Welt zu betrachten: Entweder man glaubt, dass nichts auf der Welt ein Wunder sei, oder aber, dass es nichts als Wunder gibt.« (Albert Einstein) Das Leben in seiner ganzen Vielfalt kleiner und feiner Momentaufnahmen, die so schnell vorüber und so schwer zu erhaschen sind: Hilde Roth hält sie fest mit sicherem, empathischem Blick. Und auch wenn sich die Gesellschaft wandelt und dies in den Fotografien spürbar wird – eins bleibt in ihrem Blick eine unveränderliche Konstante, personifiziert in diesem Porträt (S. 192): Es zeigt eine alte Omi mit ihrer großen Leselupe. Sie hat kaum noch Haare auf dem Kopf, sitzt auf ihrem geblümten Stuhl, adrett in ihrem Spitzenkragen und gemusterten Kleid. Die Zeitung hat sie für das Foto auf ihren Schoß sinken lassen, und sie strahlt über das ganze Gesicht: Es ist die Neugier auf das Leben. Viel Vergnügen beim Anschauen dieses Kataloges und eine inspirierende Zeitreise!

JULIA REICHELT, M.A. Leiterin des Kunstforums der TU Darmstadt Kuratorin der Ausstellung


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E I N E Z E I T R E I S E D U R C H DA R M S TA D T

HILDE ROTH — WENN DER ZEITGEIST AUF DEM LAUFSTEG DEFILIERT Im Stadtlexikon Darmstadt gibt es (noch) keinen Eintrag über Hilde Roth. Dabei hat sie wie kaum jemand anders die Stadtgeschichte in Bildern festgehalten. Wer chronologisch ihre Fotos ab 1950 durchgeht, wird verblüfft von vielen Momentaufnahmen, die nicht nur die bauliche, sondern auch die gesellschaftliche Entwicklung in Darmstadt festgehalten haben. Meist war die Fotografin im Auftrag der Lokalpresse unterwegs – zu Jubiläen, Einweihungen, Preisverleihungen, Modeschauen, prominenten Besucherinnen und Besuchern der Stadt. Im Sommer stand sie am Woog, im Winter bei den Rodlern auf der Mathildenhöhe (wo dem Hochzeitsturm nach dem Krieg noch ein paar Zacken in seiner Krone fehlten). Auch wenn’s irgendwo brannte oder ein VW mit einem Baum zusammenstieß, wurde sie alarmiert. Die Auswahl der Motive für die Ausstellung musste das breite Spektrum ihrer Themen einengen, aber wunderbar deutlich wird der Wandel der Geschlechterrollen im Laufe von vier Jahrzehnten.

Gerade die immer wiederkehrenden Modeschauen, zu denen sie als Frau mit ihrer Kamera vielleicht bevorzugt geschickt wurde, verraten mehr als den Kleidungsstil der Zeit. Frauen genießen es in den 1950er-Jahren ganz besonders, den eleganten Mannequins zuzusehen, wie sie auf dem Laufsteg durchs Publikum stolzieren. Models mit schwingenden Kleidern und ausladenden Hüten, mit Pelzmänteln und schicken Badeanzügen. Modefotos nimmt Hilde Roth sogar vor Ruinen und den omnipräsenten Baustellen in der Stadt auf. »Trümmerfrau ade, mer mache uns jetzt schee!«, lautete wohl die Devise der Darmstädterinnen. Nach der harten Zeit der Kriegsängste, Verluste und Entbehrungen war die Sehnsucht nach Extravaganz sicher groß. Tagsüber sehen wir die Hausfrauen beim Kochen oder beim Ausschöpfen mit der Suppenkelle am Küchentisch. Und abends die Aschenputtel-Verwandlung: In eine lange, glitzernde Robe und hochhackige Pömps geschlüpft, die Haare hochtoupiert, schreitet frau wie eine Königin die Treppe herunter. Der Schuh bleibt am Fuß. Die Nachkriegsgesellschaft will tanzen, und sie kann es auf großen Bällen, sei es in den Ausstellungshallen auf der Mathildenhöhe oder beim alljährlichen Rot-Kreuz-Ball in der Otto-Berndt-Halle, dem Prinzessin Margaret zu Hessen und bei Rhein royalen Glanz verleiht. Doch Walzer, Foxtrott, Rumba, Tango wollen gelernt sein, zusammen mit der Etikette, die bei solchen Anlässen beachtet werden sollte. Eine Glanzzeit für die Tanzschulen Stroh und Bäulke, in denen selbst viele Bälle stattfinden. Der Alltag war für die meisten Frauen weniger glamourös. Viel zu sagen hatten sie noch nicht. Bis 1958 konnte ein Ehemann entscheiden, ob seine Frau gegen Verdienst arbeiten durfte, und wenn er seine Meinung ändern sollte, konnte er auch jederzeit das Arbeitsverhältnis seiner Frau kündigen. Das änderte sich mit dem Gleichberechtigungsgesetz von 1958. Aber noch bis 1977 durfte eine Frau in Westdeutschland nur dann berufstätig sein, wenn das »mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar« war. Aufgaben im Haushalt und in der Kindererziehung waren also klar den Frauen zugeordnet. Hilde Roth zeigt uns Mütter im Kittelkleid, beim Babywickeln, als Schubkraft für einen bauchigen Kinderwagen. Aber mit der Zeit haben sich die Hausfrauen als solche professionalisiert – mit Hilfe des Hausfrauenbunds. Hier konnten sie Meisterinnen werden in ihrem Fach und sich fortbilden, zum Beispiel in Umweltfreundlichkeit und Haustechnik.


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Hilde Roth hat aber auch Frauen in verschiedenen Berufsfeldern außer Haus fotografiert. Welche Möglichkeiten boten sich ihnen in den 1950er-/60er-Jahren? Sie arbeiteten als Sekretärinnen vor monströsen Schreibmaschinen, auf denen sie einhämmerten, was sie vorher bei Gesprächen von Politikern und Unternehmern stenographiert hatten. Man sieht sie als Erzieherinnen und Lehrerinnen, Kranken- und Säuglingsschwestern, Näherinnen oder als Kellnerinnen. Männer machen Politik, dynamisch ausschreitend, im Restaurant dinierend oder von der Bühne herab, Zigarettenrauch in die Luft paffend. Frauen sind auf diesem Gebiet noch weitgehend unsichtbar. Immerhin zeigt ein Foto zwei Frauen von hinten, die ein Wahllokal betreten. Die Hosen an hatten sie noch nicht. Auf einem Gruppenfoto von dreizehn Schülerinnen (1959) tragen fast alle Kleider mit weiten Röcken, nur eine posiert frech-vergnügt in Hosenbeinen. Als Künstlerin oder Schriftstellerin kann frau sich auch in jenen Zeiten schon eher hervortun. Die aus Schweden stammende Malerin Franca Weiss ist zu sehen. Eva Franke-Weißgerber war ein Darmstädter Original als Modistin und als Zeichnerin, die fast nie ohne Skizzenblock und nie ohne extravaganten Hut ausging. Gabriele Wohmann hat Roth mehrfach porträtiert, auch Katja Behrens; beide Schriftstellerinnen wohnten auf der Rosenhöhe. In den Gymnasien waren Jungs und Mädchen bis Mitte der 1970erJahre noch getrennt. Und in der Freizeit? Ein Mädchen spielt Klavier, ein Junge spielt Fußball. Männer amüsieren sich beim Angeln, beim Modellfliegen oder auf dem Schießstand; Frauen am Wühltisch oder bei der Wassergymnastik. Doch allmählich weichen die starren Geschlechterrollen auf. Junge Frauen treffen sich mit geschulterten Rucksäcken am Hauptbahnhof. Ein Männerballett tritt auf beim Fastnachtstreiben, eine Drag Queen läuft mit beim Umzug. Ein langhaariger Vater schiebt einen Kinderwagen spazieren, Mütter stillen ihre Babys in der Öffentlichkeit. Die ersten Polizistinnen werden in ihr Amt eingewiesen. Und Frauen und Männer demonstrieren gemeinsam: »Hände weg vom Oberfeld« oder »Wir haben Angst um unsere Arbeitsplätze« heißt es auf den Transparenten. Die Aufbruchszeit der Jahre um 1968 ist weniger gut dokumentiert. Der Kampf der Frauen um Gleichberechtigung kommt bildlich nicht zur Geltung. Freiheiten, die sie sich herausnehmen, scheinen auf Bikinis und Miniröcke beschränkt.

Hilde Roth hatte sicher ihren Spaß, wenn Promis nach Darmstadt kamen. Sie traf Hildegard Knef genauso wie GB-Prinz Philip, der hier Verwandtschaft besuchte. Sie hatte Bundeskanzler Konrad Adenauer vor der Linse oder auch den Komiker Otto Waalkes, der mit einem Hubschrauber einflog. Aber eindrucksvoller sind doch ihre Alltagsporträts von Goldenen Hochzeitspaaren, von Kindern mit Schultüten oder namenlosen Frauen mit der Eleganz von Prinzessinnen. Die Emanzipierteste von allen war sie wohl selbst als Pressefotografin – bei allem öffentlichen Geschehen immer vornedran, aber vor unseren Augen verborgen. Denn von Selfies hielt sie noch nichts. DR. JUTTA SCHÜTZ Soziologin und Journalistin


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HILDE ROTH

1927– 2019

Zur Biografie von Hilde Roth erinnert sich ihre Tochter Corinna Hochrein

4. August 1927

Hilde Roth wird als zweite Tochter von Paula Pullmann (geb. Wedekind) und Karl Pullmann in der Darmstädter Altstadt, Bachgasse 2, geboren. Die Eltern sind Kaufleute und Hoflieferanten für Korb- und Haushaltswaren. »Es gab einen großen Innenhof mit einem Stall, in dem Max, der geliebte Apfelschimmel, wohnte. Der wurde damals auch genutzt, um die Waren mit dem Karren innerhalb der Stadt auszuliefern.«

1932 – 1936

Besuch der Grundschule in Darmstadt. »Sie hatte eine glückliche Kindheit. Mit dem Vater ist sie oft stundenlang im Vorderen Odenwald und im Darmstädter Stadtwald spazieren gegangen. Er weckt in ihr die tiefe Liebe zur Natur und vermittelt das Wissen über Flora und Fauna. Am Oberfeld hatte die Familie einen Schrebergarten, dort durfte sie ihr Wissen anwenden und auch selbst pflanzen.«

1936 – 1944

Besuch der Eleonorenschule Darmstadt – Notabitur. »Die Eleonorenschule war damals ein Mädchengymnasium, sie ist wissbegierig und geht gern in die Schule.«

1944

»Der Krieg und die Brandnacht am 11. September 1944 werden traumatisch erlebt, ein Luftschutzkeller war an der Krone. Am 12. September läuft ihre Mutter mit ihr durch das zerbombte Darmstadt. Um die Tochter vor dem schlimmen Anblick zu schützen, verbirgt sie sie unter ihrem Mantel. Dennoch hat Hilde Roth den Geruch der verbrannten Leichen nie vergessen. Im Krieg stirbt zudem der Vater im Elisabethenstift, aufgrund einer abgebrochenen Operation. Ein weiteres Trauma für Hilde Roth. Sie lebt nun allein mit der Mutter Paula und der Schwester Erna in der Feldbergstraße in Darmstadt. Dort lernt sie ihren späteren Mann kennen.«

1944 – 1946

Ausbildung zur Fotografin in Darmstadt-Eberstadt, Abschluss Gesellenprüfung. »Ein inszeniertes Familienporträt mit einem 'richtigen' Fotografen ist der Auslöser für den Berufswunsch der siebzehnjährigen Hilde. Während die Schwester einen pflegerischen Beruf ergreift, unterstützen sie die Eltern dabei, ihren Berufswunsch zu verfolgen. Die erste eigene Kamera, die sich Hilde Roth – allerdings erst viel später – kauft, ist eine Hasselblad. Später ist die Leica ihr ständiger Begleiter bis 2016.«


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Mai 1947

Heirat mit Heinz Georg Roth, geboren am 12.08.1922 in Mayen in der Eifel. »Er kam aus einer alten Homöopathenfamilie mit einem großen Interesse für Naturwissenschaften, aber auch kreativ mit Schreibeslust. Aufgrund der Kriegswirren wurde das klassische Medizinstudium nicht abgeschlossen. Später nahm er eine Journalistenlaufbahn als Redakteur und Autor, dann als Verlagsleiter des ABC-Verlages Darmstadt.« Hilde Roth hatte immer in der Mansarde der ehelichen Wohnung eine Dunkelkammer.

1949

Geburt der ersten Tochter Angelika Roth.

Ab 1950

Hilde Roth fotografiert für die örtliche Tageszeitung »Darmstädter Tagblatt« unter dem Kürzel: hiro. Umzug in die Riedeselstraße 43 B. »In jüngeren Jahren war sie sehr gesellig und feierte gern. Geburtstage oder auch ihre institutionalisierten 'Weiber-Abende' (Treffen mit Freundinnen seit 1950 immer montags) boten Anlass, mich als kleines Mädchen Getränke im Keller holen zu lassen (dafür gab es immer ein paar Pfennige von den Gästen) mit einem weiteren Datterich-Zitat: 'Lisettche, noch e Schöppche'.«

1962

Geburt der zweiten Tochter Corinna Catherin Hochrein (geb. Roth). »Hilde Roth hatte eine großartige Phantasie. Abends erfand sie als Gutenachtgeschichte ihre mir unvergesslichen 'Mäuse-Geschichten‘. Unglaublich spannend, niemals langweilig, von Zeit zu Zeit auch immer als Fortsetzung – mit diesen Geschichten unterhielt sie nicht nur mich als Kind, sondern später auch ihre Enkelkinder.«

Januar 1964

Plötzlicher Tod des Ehemannes Heinz Georg Roth im Alter von 41 Jahren. Hilde Roth finanziert fortan allein den Lebensunterhalt für die Familie. »Sie liebte Gedichte. Eine frühkindliche Erinnerung (ich war 4 Jahre alt): lehrte sie mich die Apfelkantate von Matthias Claudius. Bei jedem Spaziergang, bei jeder Fahrt mit dem Roller zum Kindergarten, die 'Apfelkantate‘ war immer dabei. Es folgten weitere Gedichte von Christian Morgenstern, Ringelnatz und anderen – oft auch wiedergegeben auf Autofahrten in den Urlaub oder auch zu Terminen im Landkreis oder in Darmstadt – da hatte sie mich außerhalb der KindergartenZeiten immer dabei. Bei diesen Autofahrten wurde auch immer gesungen – Volkslieder wie 'Das Wandern ist des Müllers Lust' oder 'Im Frühtau zu Berge…', das ganze Repertoire eben.«


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1986

Einstellung des Darmstädter Tagblattes, Hilde Roth wird als freiberufliche Fotografin vom Darmstädter Echo übernommen. »Nachdem sie jahrzehntelang analog fotografiert hatte, macht sie den Wechsel zum digitalen Fotografieren mit – ist aber bis zum Schluss nicht von der Qualität der digitalen Fotos überzeugt.«

2001

Offiziell im Ruhestand, inoffiziell weiter sporadisch freiberuflich als Fotografin tätig, dazu Expertin für Stadtgeschichte, aktiv im Freundeskreis Stadtmuseum Darmstadt, dies bereits seit vielen Jahren. »Auf dem Altstadtmodell sieht man auch ihr Elternhaus.« »Es ist ihr wichtig, dass man seine 'Wurzeln' kennt – im wahrsten Sinne des Wortes, die Darmstädter Stadtgeschichte war für jeden von uns, den Kindern und Enkelkindern vertraut.« »Verblüffenderweise konnte sie auch den 'Datterich' fast auswendig und mitsprechen. Bis ins hohe Alter fielen immer wieder mal Zitate wie 'Sie hawwe mer so e bekannt Physionomie, ich mahn, ich mißt Ihne kenne'. Dies hat sie sogar mal zu einem Pfleger im Pflegeheim gesagt, der bass erstaunt war, als ich ihm erzählte, woher dieses Zitat stammt.«

2010

Zunehmender Rückzug ins Familiäre. »Mei schee alt Darmstadt – ich könnt greine, wenn ich des so seh«, sagte ihre Mutter nach der Brandnacht – und Hilde Roth übertrug diesen Ausspruch gern, wenn sie durch Darmstadt ging und mal wieder eine Bausünde erblickte.

7. September 2019

Hilde Roth stirbt im Pflegeheim Agaplesion Elisabethenstift, Mathildenhöhe Darmstadt im Alter von 92 Jahren.


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Wir danken für die freundliche Unterstützung:


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DANKE

Wir danken Corinna Hochrein, die das Projekt von Anfang an begleitet hat, für die vielen inspirierenden Gespräche über ihre Mutter Hilde Roth und die damit verbundene lebendige Erinnerung. Ohne ihre tatkräftige Unterstützung bei der Übergabe des umfangreichen fotografischen Nachlasses wäre eine Ausstellung in dieser Form nicht möglich gewesen. Und wir danken posthum auch Hilde Roth selbst, die zu Lebzeiten von dem Ausstellungsprojekt wusste – und die Ausstellung zu gern noch erlebt hätte.

Unseren Sponsoren danken wir herzlich für die freundliche Unterstützung der Ausstellung »HILDE ROTH. Eine Zeitreise durch Darmstadt 1950–1990« und insbesondere der Kurt und Lilo Werner RC Darmstadt Stiftung für die großzügige Förderung des vorliegenden Katalogbuches!




»Mei schee alt Darmstadt – ich könnt greine, wenn ich des so seh.«

Hilde Roths Fotografien – geprägt von einem wachen, unprätentiösen Blick – stehen beispielhaft für das Lebensgefühl einer ganzen Epoche und zeigen den gesellschaftlichen Wandel seit der Nachkriegszeit in Darmstadt. Von 1950 bis 2000 war sie für das Darmstädter Tagblatt und Darmstädter Echo als Bildjournalistin tätig.


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