TÜV SÜD Journal 3/2012

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Editorial

LIEBE LESERINNEN UND LESER, »grüne« Immobilien sind en vogue! Dass nachhaltige Bauweise nicht nur sinnvoll ist, sondern auch architektonische Maßstäbe setzen kann, zeigt unsere aktuelle Titelgeschichte. Die Verbindung von gutem Design und Funktionalität als Leitthema ist dabei nicht zufällig: Mit dieser Ausgabe halten Sie ein rundum erneuertes TÜV SÜD Journal in Händen, mit dem wir uns genau dieses Ziel gesetzt haben. Das ganze Heft soll Sie mit einer modernen Optik und einem erweiterten Themenspektrum begeistern. Wir laden Sie dabei zu einem »Blick über den Tellerrand« ein – mit Reportagen, Interviews und Servicestrecken, die zeigen, wie spannend aktuelle technische und gesellschaftliche Entwicklungen sein können. Das neue TÜV SÜD Journal ist dabei ein Magazin nicht nur für Kunden, sondern auch von Kunden. Denn in die Neukonzeption sind Ihre Anregungen eingeflossen. Im Herbst 2011 haben wir dazu eine große Leserumfrage durchgeführt. Sie ergab viel Zuspruch für unser Heft und eine Fülle von Ideen für künftige Ausgaben. Weltoffen, verlässlich, modern – das Kundenmagazin spiegelt die Werte von Unter www.tuev-sued.de/journal können Sie uns mitteilen, TÜV SÜD wider. Und baut wie Ihnen das neue TÜV SÜD Journal gefällt. Wir sind gespannt wie das Unternehmen auf auf Ihre Meinung! einer langen, erfolgreichen Geschichte auf: Bereits im Januar 1897 erschien die erste Ausgabe der »Zeitschrift des Bayerischen Dampfkessel-Revisionsvereins«, einem direkten Vorläufer des TÜV SÜD Journals. Unter www.tuev-sued.de/journal laden wir Sie zu einer kleinen Reise durch die Historie des Magazins ein.

Schick oder schräg?

Viel Freude beim Lesen!

Dr.-Ing. Axel Stepken Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG 2 TÜV SÜD Journal


Inhalt

#06

TITELSTORY Stararchitekten haben Grün als ihre Lieblingsfarbe entdeckt und vereinen nachhaltiges Bauen mit ästhetischem Anspruch.

Auf die

Auf dem

Auf den

Was treibt Menschen weltweit um? Wir nehmen technische und gesellschaftliche Entwicklungen unter die Lupe.

Die Welt von morgen im Blick: Diese Innovationen könnten schon bald unser Leben prägen.

Nachgefragt! Unsere »Mehrwert«-Seiten machen komplexe Zusammenhänge leicht verständlich.

#16 Hackersicher Wie können Unternehmen ihre IT-Systeme schützen? Ein Ex-Mitglied der Hackergruppe Anonymous berichtet.

#22 Strom im Tank Die Münch TTE-2 gilt als das schnellste Elektromotorrad der Welt. In Ungarn zeigt die Maschine, was in ihr steckt.

#28 Von London in die Welt Wenn ab Ende Juli 2012 bei den Olympischen Spielen Gold gewonnen wird, glitzert es auch zu Hause. Aber wie kommen die Livebilder eigentlich auf die Bildschirme?

#18 Konfuzius‘ Kinder Chinas Schüler gelten als die fleißigsten der Welt. Aber lernen sie das Richtige? Ein Besuch im Pädagogischen College Jingan – in der Schule, die bei der internationalen PISAVergleichsstudie als Sieger hervorging.

#26 Mit Spannung erwartet Weltweit arbeiten Forscher an Alternativen zu herkömmlichen Nickel-Cadmium- und Lithium-Ionen-Batterien. Fünf vielversprechende Entwicklungen und wie weit sie bereits gediehen sind.

#30 Ratgeber Fortbildung Nichts ist so alt wie das Wissen von gestern! Nur wer lebenslang lernt, bleibt auf der Höhe der Zeit. Die fünf größten Fehler bei der Weiterbildung und wie man sie vermeidet.

#4 TÜV SÜD im Bild #14 5 Minuten mit TÜV SÜD

#21 Vor Ort #31 Termine/Impressum

#32 5 Minuten mit TÜV SÜD #34 Zu guter Letzt

PROBE

WEG

PUNKT

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TÜV SÜD im Bild

Marktchancen Auf einem kleinen Lebensmittelmarkt unter freiem Himmel versorgen sich die Bewohner eines Vororts von Brasiliens Wirtschaftsmetropole São Paulo mit Gemüse und Obst. Doch die schönen Farben könnten trügen: Laut einer Studie der staatlichen brasilianischen Gesundheitsorganisation sind ein Drittel der in dem Land konsumierten Lebensmittel mit Rückständen von Pflanzenschutzmitteln belastet. Um herauszufinden, ob Kartoffeln, Gurken oder Zwiebeln tatsächlich so gesund sind, wie sie aussehen, können Behörden und Produzenten künftig auf TÜV SÜD zurückgreifen. Mit der Übernahme des Unternehmens SFDK Laboratório de Análise de Produtos, einem der führenden Anbieter von Lebensmittelprüfungen in Brasilien, verdichtet der Konzern sein bestehendes Netz von Lebensmittellaboren in Europa und Asien – und sorgt so dafür, dass auch in Lateinamerika die Menschen bedenkenlos essen und trinken können. Mehr Infos zum Thema Lebensmittelsicherheit: www.tuev-sued.de/lebensmittel 4 TÜV SÜD Journal


TÜV SÜD imim Bild TÜV SÜD Bild

5 TÜV SÜD Journal TÜV SÜD Journal 5


Titelstory

Grüner

WOHNEN

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Titelstory

Der Fincube (links) fügt sich dezent in die Landschaft ein und hat einen geringen ökologischen Fußabdruck. Hölzer aus regionaler Herkunft erzeugen im Innenraum ein natürliches Ambiente.

Ökologisch und sexy: Gebäude können tatsächlich beides sein! Das beweisen Stararchitekten mit windgekühlten Wolkenkratzern, Häusern mit integrierter E-Tankstelle und Wohnwürfeln zum Mitnehmen. So werden aus Green Buildings Designobjekte.

Text: Hendrik Nölle

A

cht Tage – länger dauert es nicht, bis der Fincube von Designer und Stararchitekt Werner Aisslinger errichtet oder auch wieder abgebaut ist. Er ist als »Haus zum Mitnehmen« konzipiert, zugeschnitten auf einen mobilen Lebensstil. Die Innenaufteilung dieses Wohnwürfels lässt sich an die Bedürfnisse und Wünsche der Bewohner anpassen. Hölzer aus regionaler Herkunft

erzeugen in Kombination mit großen Panoramafenstern ein luxuriöses Wohngefühl – und das auf bescheidenen 45 Quadratmetern. Über Photovoltaikpanels auf dem Dach kann sich das Haus selbst mit Energie versorgen. Wiederverwertbare Baustoffe, die kurze Konstruktionsphase und das nur minimale Eingreifen in die vorhandene Landschaft halten den ökologischen Fußabdruck des Gebäudes zusätzlich niedrig.

Der Fincube ist ein Vorzeigebeispiel grüner Architektur – und beileibe nicht mehr das einzige. Denn längst haben Bauherren und Architekten die Notwendigkeit nachhaltigen Bauens erkannt: Noch entfallen laut einer Studie des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) auf Gebäude rund 40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs und 80 Prozent der Treibhausgasemissionen. Wie das ausgerechnet die wenigen Stars der TÜV SÜD Journal 7


Titelstory

Wie spektakulär grüne Architektur sein kann, zeigen Zaha Hadids Entwürfe für das Projekt »CityLife« in Mailand (rechts), Daniel Libeskinds Wohnkomplex »Reflections« in Singapur (unten links) und der Pearl River Tower im chinesischen Guangzhou (unten rechts).

Architekturszene ändern wollen? Indem sie Bauwerke schaffen, die nicht nur ökologisch, sondern auch sexy sind. Eine neue Ethik in der Ästhetik

Ihr Credo lautet: Nachhaltigkeit muss die Menschen begeistern. Entsprechend verbindet ihr neuer Baustil Energieeffizienz mit spektakulärem Design. In Mailand entsteht gerade ein Wohn- und Geschäftsviertel, dessen Gebäude vollständig CO2-neutral betrieben werden. Der Entwurf für das Projekt ist eine Gemeinschaftsarbeit von Arata Isozaki, Zaha Hadid und Daniel Libeskind – drei schillernden Namen in der Welt der Architektur. Zaha Hadid – 2004 als erste Frau mit dem renommierten Pritzker-Preis ausgezeichnet – nutzt eine spezielle Software, um ihre Entwürfe sowohl gestalterisch als auch energietechnisch zu optimieren. Dabei lenken ökologische Kriterien von Anfang an den Prozess der Formfindung. Ressourcenschonendes Bauen soll mit dieser Software bald so selbstverständlich werden wie statische Berechnungen. Und Daniel Libeskind ist überzeugt: »Nachhaltigkeit ist der Weg in die Zukunft. Diesen Trend muss große Architektur heute aufnehmen.« Gebäude, die allein an technisch-funktionellen Kriterien ausgerichtet sind, erscheinen ihm aber oftmals zu banal: »Ein großartiges und zudem nachhaltiges Bauwerk sollte in seiner Ästhetik nicht von dem Statement geprägt sein: Hier wird Energie gespart.« Für Libeskind schließt Nachhaltigkeit eine hohe gestalterische Qualität mit ein, die Menschen über Generationen in ihren Bann zieht. Denn über die Bestands8 TÜV SÜD Journal


Titelstory

50 dauer eines Gebäudes entscheiden nicht nur die Baustoffe, sondern auch ästhetische Aspekte: Ein Bauwerk, das wie ein Kunstwerk erscheint, wird so schnell niemand durch ein neues ersetzen wollen. Mit neuen Konzepten, die Effizienz und Ästhetik verbinden, hat sich auch Werner Sobek weltweit einen Namen gemacht. In der Fasanenstraße 87a in Berlin-Charlottenburg kann man seinen Entwurf für das Wohnen der Zukunft bestaunen – das »Effizienzhaus Plus«. Ein Leuchtturmprojekt in Kubusform

Es ist emissionsfrei, rückstandslos recycelbar und mit einem Energiekonzept ausgestattet, das mehr Strom abwirft, als eine vierköpfige Familie samt zwei Elektroautos und einem E-Bike verbraucht. Mit seinen großzügigen Glasfronten, klavierlackschwarzen Fassaden aus Photovoltaikmodulen und Induktionsfeldern zum »Betanken« der E-Fahrzeuge erscheint es auf den ersten Blick eher technisch als naturverliebt. »Viele Ökohäuser waren auch deswegen ein kommerzieller Flop, weil sie von einer depressiven Entsagungsästhetik geprägt waren«, sagt Sobek. Im Effizienzhaus Plus steuert ein Hausautomationssystem das Heizen, Kühlen und Lüften und hält sich dabei dezent im Hintergrund – einzige Berührungspunkte der Bewohner mit dem System sind das eigene Smartphone und ein Touchscreen in der Wand. Künftig soll es mit solchen Geräten möglich sein, aus der Ferne die Waschma-

Prozent Energie

könnten bis 2020 im Gebäudesektor eingespart werden.

schine einzuschalten, sobald überschüssiger sauberer Strom verfügbar ist. Grüne Gebäude für das rote Reich

Solch grüne Technologie ist auch da gefragt, wo die Baubranche boomt. In China, das im Jahr 2015 für die Hälfte der weltweiten Bautätigkeit verantwortlich sein wird und wo in den nächsten Jahren alle fünf Tage ein neuer Wolkenkratzer entsteht, besteht in Sachen Nachhaltigkeit noch Nachholbedarf. Für das Beheizen und Kühlen einer Wohnung wird dort pro Quadratmeter viermal mehr Energie aufgewendet als in Europa. Insgesamt verbrauchen Chinas Gebäude mehr Energie als seine Eisen-, Stahl- und Zementindustrie zusammen. In den letzten Jahren hat die Regierung große Anstrengungen unternommen, die Energieeffizienz im Gebäudebereich zu verbessern. Es wurde ein umfassendes Regelwerk entwickelt – allein dessen Umsetzung ist problematisch. Besonders außerhalb der großen Ballungszentren kommen die Kontrolleure mit dem Prüfen kaum hinterher. Die Folge: unzählige Billigbauten, die manchmal über eine Lebensdauer von 20 Jahren nicht hinauskommen. Vorzeigeprojekte für grüne Architektur finden sich aber auch in China schon jetzt. Der 309 Meter hohe Pearl River Tower in der Küstenstadt Guangzhou gilt als einer der energieeffizientesten Wolkenkratzer der Welt. Sein Design erinnert ein wenig an einen elektrischen Rasierapparat und ist so TÜV SÜD Journal 9


Titelstory

Leuchtende Beispiele für nachhaltige Bauweise: das »Effizienzhaus Plus« in Berlin (oben) und das »Future Evolution House« in Wien.

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Titelstory

Buchtipps zum Thema Grüne Architektur Green Architecture Now! Das Buch stellt

Nachhaltige Wohnkonzepte Ein Fachbuch,

Architekten, Künstler und Firmen vor, die ökologische Pionierarbeit geleistet haben, und untersucht die Ästhetik der Gebäude. Philip Jodidio, Taschen, 416 Seiten.

das an zwölf Beispielen zeigt, wie sich Aspekte des nachhaltigen Bauens in anspruchsvolle Architektur umsetzen lassen. Hans Drexler/Sebastian El khouli, Edition Detail, 288 Seiten

ausgelegt, dass Windströme zur Energiegewinnung genutzt werden können. An vier Stellen ist die Fassade durchbrochen und mit Windturbinen ausgestattet, die einen Teil des Stroms erzeugen, der im Gebäude verbraucht wird. Es wird nicht mehr lange dauern, dann können auch Gebäude dieser Größenordnung energieautark sein.

Ecological Living Dass Glamour und grüne Architektur keine ­Widersprüche sein müssen, beweisen die in diesem Band vorgestellten 33 Traumhäuser aus aller Welt. teNeues, 220 Seiten.

»Es muss eine neue

Öko-Chicness

Einzug halten. Wir brauchen ein Schönheitsideal, das Umwelt­aspekte mit einbezieht.« – Werner Sobek, Architekt

Community-­Gedanke im Gebäudesektor

Jedes einzelne Gebäude auf Nachhaltigkeit zu trimmen, ist nach Auffassung von Werner Sobek weder erforderlich noch finanzierbar. Sein Ideal orientiert sich am Prinzip der Schwesterlichkeit; er fordert eine Betrachtungsweise, die nicht an der eigenen Grundstücksgrenze endet. In diesem Modell kompensieren Gebäude, die überschüssigen Strom produzieren, den Energiehunger denkmalgeschützter Altbauten und avantgardistischer Ausnahmearchitektur. Innerhalb eines solchen Nachbarschaftsverbundes helfen sich die Bauten gegenseitig aus, sodass unter dem Strich der ökologische Fußabdruck des entsprechenden Areals niedrig bleibt – ohne dass man dabei ästhetische Abstriche machen müsste. Schon mit der heute verfügbaren Technologie sind nach Einschätzung des UNEP im Gebäudebereich bis 2020 Energieeinsparungen von bis zu 50 Prozent möglich. Bezieht man die dadurch entfallenden Ausgaben für Strom in die Rechnung mit ein, lägen die Kosten für entsprechende Investitionen nahezu bei null. Der Bausektor bietet damit das größte Potenzial für eine langfristige Reduktion von Treibhausgasemissionen. Anreize für nachhaltiges Bauen zu schaffen, ist auch – aber eben nicht allein – ­Sache der Politik. »Es wird die wohl

wichtigste Aufgabe von Architekten und Ingenieuren sein, Ökologie atemberaubend attraktiv zu machen«, betont Stararchitekt Werner Sobek. »Öko-Chicness« nennt er dieses neue Schönheitsideal, das für ihn mit einem Umdenken auf gesellschaftlicher Ebene einhergeht. »So wie man früher viel Wert darauf gelegt hat, das Auto mit dem größten Hubraum zu haben«, sagt Sobek, »so wird es in der Gesellschaft der Zukunft wichtig sein, zu einer Gruppe zu gehören, die mit den Ressourcen sorgfältig umgeht.« Diese Auffassung vertritt auch Zukunftsforscher Matthias Horx. Seit zwei Jahren bewohnt er mit seiner Famile das »Future Evolution House« am Stadtrand von Wien, ein Gebäude, das ökologisch auf dem aktuellsten Stand ist. »Aber ein ›Evolutionshaus‹ ist nie fertig«, sagt er. »Teil des Konzepts sind andauernde Innovationsexperimente im Bereich Energie, Haussteuerung, Mobilität, Design und Materialien.« Die Zukunft grüner Gebäude steht eben erst noch bevor. Mehr Infos zum Thema Nachhaltigkeit von Gebäuden: www.tuev-sued.de/score

Grüne Gebäude auf dem Prüfstand Weltweit gibt es eine Vielzahl von Zertifizierungssystemen, die Gebäude nach Kriterien der Nachhaltigkeit bewerten. Solche Labels sind wertvolle Qualitätssiegel, die Auskunft über die Ökobilanz und Zukunftsfähigkeit von Gebäuden geben und deren Vermarktungsfähigkeit erhöhen. Komplexe Kriterienkataloge International weit verbreitet ist der LEEDStandard des U.S. Green Building Council. Daneben haben sich auf nationaler Ebene weitere Bewertungssysteme etabliert, in Deutschland etwa das DGNB-Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen. TÜV SÜD zertifiziert Gebäude nach gängigen internationalen Standards und bietet mit TÜV SÜD ScoRE ein eigenes Nachhaltigkeitszertifikat an. Darüber hinaus berät TÜV SÜD hinsichtlich der Anforderungen, die zur Erreichung der gewünschten Zertifizierungen erfüllt sein müssen.

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Standpunkte

StandWerner Sobek, Ingenieur und Architekt Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V.

»Wir brauchen Aktivhäuser, die mehr Energie erzeugen, als sie selbst benötigen.«

A

rchitekten und Ingenieure haben heute mehr denn je zuvor eine große gesellschaftliche Verantwortung. Sie müssen nachhaltige Gebäude entwickeln, die zum Wohle der kommenden Generationen minimale Auswirkungen auf unsere Umwelt haben. Nachhaltigkeit muss ein selbstverständlicher Bestandteil der Art und Weise werden, in der wir unsere gebaute Umwelt planen und betreiben, ist doch das Bauwesen weltweit für einen sehr großen Anteil des Ressourcenverbrauchs und der CO2-Emissionen verantwortlich. Im Fokus der Aufmerksamkeit steht bislang vor allem die Energieeffizienz, die Verringerung des Verbrauchs. Dieser Begriff von Effizienz greift zu kurz. Wir brauchen Aktivhäuser, die mehr Energie erzeugen, als sie selbst benötigen – dies ist bereits heute problemlos realisierbar. Außerdem ist Nachhaltigkeit weit mehr als nur Energieeffizienz. Es geht um die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes, um Aspekte wie Komfort, Funktionalität, Rezyklierbarkeit. All dies gilt es zu berücksichtigen. Sicher eine Herausforderung – aber eine, die wir gerne angehen, zum Wohle von uns allen ebenso wie der nach uns kommenden Generationen! Werner Sobeks Wohnhaus »R128« in Stuttgart: das erste Aktivhaus der Welt, energieautark und komplett recycelbar.

nach haltig keit Visionen für die Architektur von morgen 12 TÜV SÜD Journal


Standpunkte

B

ei Architektur sollte es weniger um Energieeffizienz als um Ressourcenerhaltung gehen. Jeder verwendete Rohstoff muss neue Ressourcen erzeugen. So entsteht ein Kreislauf ohne Abfall. Diese Forderung nenne ich das »Cradle to Cradle«-Prinzip. Das heutige Verständnis von Nachhaltigkeit ist geprägt von Fragen der Moral und Effizienz. Das ist der falsche Ansatz. Statt den ökologischen Fußabdruck zu minimieren, sollten wir uns positive Ziele setzen. Was wir brauchen, sind Schönheit, Qualität und echte Innovation. Gebäude sollten – wie Bäume – Solarenergie verwenden, Nahrung produzieren, Lebensraum schaffen und Wasser und Luft reinigen. Wir können auf Dächern eine sehr produktive Landwirtschaft betreiben, auf Hauswänden nahrhafte Algen kultivieren oder CO2 als Pflanzendünger einsetzen. Es gibt Beton, der die Luftqualität verbessert, indem er Stickoxide zerstört, und man kann Fassaden bauen, die im Sommer lichtabweisend sind, im Winter die Wärme im Gebäude halten und ihre Farbe mit den Jahreszeiten ändern. Was wir brauchen, ist eine Architektur, die der Natur nützt und den Menschen feiert, statt ihn als Schädling zu betrachten.

Punkte Prof. Dr. Michael Braungart, Universität Rotterdam Gründer und wissenschaftlicher Leiter EPEA Internationale Umweltforschung

»Effizienz ist keine ­Lösung. Ein Gebäude muss sein wie ein Baum – nützlich ­und verschwenderisch.«

Die Niederlassung von Bosch Siemens Hausgeräte in Amsterdam: gebaut nach dem »Cradle to Cradle«-Prinzip.

Werner Sobek und Michael Braungart – zwei Architekturprofis, zwei Standpunkte zum Thema »grünes Bauen«. Während Sobek an die Verantwortung seiner Zunft erinnert, einen Baustil zu entwickeln, der die Ressourcen schont, warnt Braungart davor, Architektur einzig unter dem Gesichtspunkt der Energieeffizienz zu sehen.

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5 Minuten

Fahrzeugsicherheit in Indien

Erweiterung des EMV-Netzwerks

H-Kennzeichen leicht gemacht

Als erstes europäisches Unternehmen bietet TÜV SÜD Fahrzeugprüfungen in Indien an. In einer Pilotstation nach deutschem Vorbild in Neu-Delhi führen mehr als 20 Mitarbeiter seit Ende Juni 2012 unter anderem Checks für Käufer von Gebrauchtwagen durch. Die offizielle Eröffnung der Prüfstelle findet mit viel Politprominenz im Oktober statt.

Seit April 2012 ist die ZACTA Technology Corporation Teil der TÜV SÜD Gruppe. Die neue Tochterfirma mit Sitz im japanischen Yokohama ist ein Anbieter für Elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV). TÜV SÜD rechnet damit, dass die Nachfrage nach EMV-Messungen vor allem in Bereichen wie Medizin oder Eisenbahn weiter zunehmen wird.

Sommerzeit ist Oldtimerzeit. Doch wie kommen Besitzer eines BMW 02 oder einer Pagode von Mercedes in den Besitz eines Oldtimer-Kennzeichens, das wegen des niedrigen Jahressteuersatzes in Deutschland sehr begehrt ist? In einem unterhaltsamen Video auf der Seite www.tuev-sued. de/oldtimer gibt TÜV SÜD Auskunft.

hans-juergen.schimpgen@tuev-sued.de

chikashi.kitabayashi@tuv-sud.jp

carolin.ruopp@tuev-sued.de

Partner bei Europas größtem Lkw-Test

Neun Trucks und drei Jahre Dauer: Ende April 2012 startete auf dem Eurospeedway Lausitzring Europas größter Lkw-Praxistest bestof9. eu. Mit dabei als technischer Partner sind die Nutzfahrzeugexperten von TÜV SÜD. Sie wachen als neutrale Prüfer darüber, dass die neun für den Langzeittest eingesetzten Brummis dem strikten Reglement des Tests entsprechen. Zudem überprüft TÜV SÜD im Turnus der für Trucks üblichen Hauptuntersuchung von einem Jahr den technischen Zustand der Fahrzeuge und bewertet den Materialverschleiß. »Effizienzberatung und technische Sicherheit von Nutzfahrzeugen sind Kernthemen von TÜV SÜD«, sagt Dieter Roth, Senior Project Manager Truck Services bei TÜV SÜD. Begleitet wird bestof9.eu vom Münchener Huss-Verlag, dessen Zeitschriftenredaktionen die gesammelten Daten auswerten und einen Sieger küren werden. Kategorien des Tests sind die Gesamtwirtschaftlichkeit, der Verbrauch der Fahrzeuge und die Zuverlässigkeit. Außerdem werden die Fahrer nach ihren persönlichen Erfahrungen befragt. dieter.roth@tuev-sued.de

Umsatz- und Gewinnplus im Jahr 2011

TÜV SÜD hat 2011 neue Bestmarken aufgestellt. Der Konzern steigerte seinen Umsatz auf fast 1,7 Milliarden Euro (2010: 1,55 Mrd. Euro). Das Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern (EBIT) stieg im Vorjahresvergleich um zwölf Prozent auf rund 160 Millionen Euro. Die Zahl der Mitarbeiter erhöhte sich weltweit um 1.100 auf über 17.000 Beschäftigte. Dr. Axel Stepken, der Vorstandsvorsitzende von TÜV SÜD, betont vor allem die zunehmende Internationalisierung: Mrd. Euro Rund 35 Prozent seines Umsatzes weltweiter Umsatz der TÜV SÜD erzielte das Unternehmen 2011 bereits außerhalb von DeutschGruppe im Jahr 2011 land. Besonders erfreulich: Auch im hart umkämpften Heimatmarkt baute TÜV SÜD seine starke Stellung weiter aus. Im Jahr 2011 stieg der Umsatz in Deutschland um 5,5 Prozent. Detaillierte Geschäftszahlen und Hintergründe finden sich im Geschäftsbericht der TÜV SÜD Gruppe, der unter www.tuev-sued.de/geschaeftsbericht kostenlos bestellt werden kann.

1,7

matthias.andreesen@tuev-sued.de

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5 Minuten

Auszeichnung für Job-Film

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Die Jury war begeistert: Das Video »Mit Sicherheit ein guter Job« von TÜV SÜD hat eine Auszeichnung in Silber beim Sekunden diesjährigen Best of Corporate Publishing Begeisterung Award gewonnen. Die Verleihung von Deutschlands wichtigster Auszeichnung Vier Mitarbeiter erzählen in einmifür Unternehmensmedien fand am 27. Juni 2012 in Berlin statt. Im Mittelpunkt nütigen Passagen über ihre Arbeit. des Videos stehen vier TÜV SÜD-Mitarbeiter, die facettenreich über ihre Arbeit sprechen und so einen authentischen Einblick in die vielfältigen Aufgabengebiete bei TÜV SÜD geben. Unter www. tuev-sued.de/karriere kann der Film angesehen werden. kerstin.minderlein@tuev-sued.de

Minuten mit TÜV SÜD

Energieeffiziente Leuchten: neues Prüflabor in Atlanta

Eine Million Fahrzeuge in Südafrika

Wachstumsstimmung in Südafrika: Das TÜV SÜD-Beteiligungsunternehmen AVTS Roadworthy Stations hat seine millionste Fahrzeuguntersuchung erbracht. Der Taxifahrer Michael Olifant konnte an der AVTS-Servicestelle in Kapstadt als »Jubiläumskunde« begrüßt werden. Für Viktor F. Metz, Mitglied der Geschäftsführung von TÜV SÜD Auto Service, ist die runde Zahl ein Zeichen dafür, dass TÜV SÜD und AVTS optimal auf die Einführung der periodischen Fahrzeuguntersuchung in Südafrika vorbereitet sind: In Südafrika wird derzeit eine Gesetzesvorlage diskutiert, alle über zehn Jahre alten Fahrzeuge im Zwei-Jahres-Turnus von neutraler Seite untersuchen zu lassen. Bislang beschränkt sich die Pflicht zum Fahrzeug-Check auf gewerblich genutzte Fahrzeuge. Privatwagen müssen lediglich bei einem Halterwechsel zur technischen Prüfung vorgeführt werden. carmen.julie@tuv-sud.co.za

Deutschlands klügstes Unternehmen gesucht Rund zehn Prozent des Energiebedarfs in Industriestaaten wird für Beleuchtung in Privathaushalten und im öffentlichen Raum verwendet – das bietet jede Menge Raum für Einsparungen. Mit einem neuen Labor in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia hat TÜV SÜD jetzt in den USA umfangreiche Testmöglichkeiten geschaffen, um die Energieeffizienz von Leuchten zu prüfen und zu zertifizieren. Das Spektrum umfasst alle Arten von Leuchtmitteln, auch Tests rund um das ENERGY STARLabel sind möglich. Die Investitionssumme in das neue Labor beträgt mehr als eine Million US-Dollar.

Welches Unternehmen hat das beste betriebliche Bildungs- und Talentmanagement? Beim Deutschen Bildungspreis, einer gemeinsamen Initiative der TÜV SÜD Akademie und EuPD Research, soll diese Frage geklärt werden. Bewerben können sich alle Firmen, die die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter professionell vorantreiben und ein systematisches Talentmanagement besitzen. »Ein kluges Unternehmen ist in unseren Augen ein Unternehmen, das nicht nur weiß, wie man qualifizierte Arbeitskräfte gewinnt, sondern vor allem eines, das die gezielte Förderung von Talenten und die strategische Weiterbildung aller Mitarbeiter als zentralen Erfolgsfaktor sieht«, so Kai Probst, Geschäftsführer der TÜV SÜD Akademie. Der Deutsche Bildungspreis wird in vier Kategorien für unterschiedlich große Unternehmen vergeben. Interessenten können unter www.deutscher-bildungspreis.de einen Qualifizierungsbogen ausfüllen. Ein neunköpfiger Expertenbeirat begutachtet und bewertet alle eingehenden Bewerbungen und wählt die Teilnehmer der Finalrunde aus.

slongo@tuvam.com anne.dreyer@tuev-sued.de

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Auf die Probe

AUF DIE PR O B E

E RE #16 SICH ME E IT-SYST S A #18 CHIN IT L E SCHUL-E

Hacker, die : n e d r ö h e B geheime staatlichen n d a n r u e d n o e n m ge eh m on Untern e lahmzule v m n e t e s k ter andere y c n s e r u r e h s t c u u S o p r m m e y o d C on Sie sind gruppe An sites. Ein nutzen, um r b s e e u k a c W a n n H e e k t c ie r a slü ahl d n r te Kreditk Sicherheit ie gen. So st k n c sich Firme la lo e b ie g d w u n , z u t ä n n r e r e n e d v kun Informatio parkyBlaze S lekonsolen n ie e p S m a n n o k v können. em Dec n d e z it t Bankdaten ü m h d c e s li n ke es Ex-Mitg ernetattac t In n e h prominent lc vor so

R E K C A H R E H C SI 16 TÜV SÜD Journal journal


Auf die Probe

Interview: Thomas Weber

Wie kamen Sie zu Anonymous? Sicherheitslücken in Computersystemen aufzudecken, ist meine Leidenschaft ebenso wie der Kampf um das Recht auf freie Meinungsäußerung. Da dauert es nicht lange, bis man im Internet auf eine Seite über Anonymous stößt, und bald treibt man sich in ihrem Chat-System herum. Das war der Anfang – wie bei den meisten anderen Mitgliedern auch. Was halten Sie von politisch motiviertem Hacking? Ich finde es okay, autoritäre Regime anzugreifen, sich Zugang zu ihren Daten zu verschaffen und sie an WikiLeaks weiterzugeben. Aber Benutzernamen und Passwörter auf einem Pastebin (eine Art schwarzes Brett im Netz) zu veröffentlichen oder Infos der Menschen, für die man kämpft, weiterzugeben, das ist falsch. Was denkt Ihrer Meinung nach die Welt über Hacker? Hacker sind unbeliebt, böse Wölfe, die mal aus ihrem Kellerloch kommen müssen. Dabei wissen die meisten Menschen nicht einmal, was Hacking ist. Sie benutzen überall die gleichen Passwörter und verwenden weder Antivirus-Software noch Firewalls.

Sind Unternehmen vorsichtiger? Nicht unbedingt. Sie haben Software und Hardware, die vor Speicherüberlauf, Malware, DDoS (Überlastungsangriffen) und Code-Ausführung schützen. Aber wozu das alles, wenn es so einfach ist, an Passwörter zu kommen oder jemanden zu veranlassen, die Firewall auszuschalten? Dafür muss man nur

»Social Engineering ist bei der IT-Sicherheit heute das größte

Problem. behaupten, man sei Greg und für Computerwartung zuständig – dieses Social Engineering stellt das größte Problem dar. Was raten Sie Unternehmen? Strenge Richtlinien für Informationssicherheit umsetzen, regelmäßige Sicherheitsprüfungen durch ein externes Unternehmen durchführen lassen, Systeme für Intrusion Detection (Angriffserkennung)

einsetzen, Mitarbeiter zum Thema Informationssicherheit und Social Engineering schulen und nicht nur die Software und Hardware ständig aktualisieren, sondern auch die Firmware von Embedded Systems. Ganz wichtig: gute Systemadmins einstellen. Ihnen darf man ruhig auch einmal erlauben, eine Hackerkonferenz wie die DEFCON in Las Vegas zu besuchen. Und nicht vergessen: gute physische Sicherheitsmaßnahmen einführen. Wozu all die Sicherheitssoftware und sonstige Mühe, wenn man einfach hereinspazieren und die »sicheren« Systeme mitnehmen kann?

Der Mensch hinter der Maske SparkyBlaze will ein neues Leben in der Legalität beginnen. Deswegen hält er seine wahre Identität geheim. Er verrät nur wenig: dass er zwischen 20 und 30 Jahre alt ist, aus Manchester stammt und kein guter Schüler war: »Ich langweilte mich als Kind zu Tode, bis ich Computer entdeckte. Jetzt habe ich vor, in den USA Informatik zu studieren. Dort zu leben, war schon immer mein Wunsch, weil ich auch Schusswaffen liebe – und die sind in Großbritannien illegal.«

Mehr Infos zum Thema IT-Sicherheit: www.tuev-sued.de/embedded TÜV SÜD Journal 17


Auf die demProbe Weg

Konfuzius‘ Kinder Chinas Schüler gelten als die fleißigsten der Welt. Aber lernen sie das Richtige?

Text: Bernhard Bartsch | Fotos: Egill Bjarki

D

er Schultag beginnt schon vor dem ersten Gong. »Shang ke!«, ruft die Lehrerin und klatscht in die Hände, »Unterricht!« Die Siebtklässler stehen artig auf, grüßen und verbeugen sich. Sie tragen blaue Trainingsanzüge und die roten Halstücher der jungen Pioniere der Kommunistischen Partei. Unter manchen Uniformen schauen Daunenjacken hervor, denn im Klassenzimmer ist es 18 TÜV SÜD Journal

kalt. In der Mittelschule des Pädagogischen Colleges Jingan wird nicht geheizt. Die Lehrerin hat ihren Laptop an den Beamer angeschlossen, und als es zur ersten Stunde klingelt, ist sie bereits bei der dritten Folie ihrer Powerpoint-Präsentation: ein Gedicht aus der Tang-Zeit. Die Schüler lernen den Achtzeiler in wenigen Minuten auswendig. Keiner redet dazwischen, niemand macht Faxen. »Wir wollen nicht unsere Zeit ver-

schwenden«, sagt eine Schülerin. »Wenn wir im Unterricht nicht aufpassen, schaden wir uns doch nur selbst.« Niemand käme auf die Idee, sie als Streberin zu bezeichnen. Die Schüler haben geschafft, wovon Millionen chinesischer Kinder und vor allem deren Eltern träumen: die Aufnahme in eine Schwerpunktschule, eine der berühmtberüchtigten Eliteschmieden des Landes. Als China 2009 zum ersten Mal an der


Auf die Probe

Ein Pädagogen-Schüler-Verhältnis, das für Erfolg sorgen soll:­ Die Tafel voll, der Sportplatz leer: Das Curriculum des Colleges ist streng naturwissenschaftlich ausgerichtet. Mathematik, Biologie, Chemie und Physik sind für alle Schüler Pflichtfächer. Kunst, Musik und Sport spielen eine untergeordnete Rolle.

PISA-Studie teilnahm, belegten die Schüler auf Anhieb auf Platz 1 im internationalen Vergleich. »Bildung hat in der chinesischen Kultur traditionell einen hohen Stellenwert und unsere Pädagogen machen sich schon seit Langem Gedanken, wie wir unser System verbessern können«, sagt Schulleiter Zhang Renli. »Unser PISA-Erfolg ist also kein plötzliches Phänomen, sondern das Ergebnis langer und harter Arbeit.« Die verlangt das Bildungssystem der Volksrepublik vor allem von den Kindern. Nachzulesen ist das unter anderem in dem als Memoiren getarnten Erziehungsratgeber »Die Mutter des Erfolgs: Wie ich meinen Kindern das Siegen beibrachte«. Als das Buch der chinesischstämmigen Autorin

800 Kinder, 100 Lehrer. »Außerdem unterrichtet jeder nur ein Fach, damit er sich wirklich spezialisieren kann«, so Schulleiter Zhang Renli.

Amy Chua, die an der Eliteuniversität Yale Jura lehrt, 2010 erschien, sorgte es in Europa und den USA für großes Aufsehen. So sehr Chuas Plädoyer für maximalen Leistungsdruck auf Ablehnung stieß, so sehr nährte es auch bei vielen die unterschwellige und oft unausgesprochene Sorge darüber, dass der Westen durch Jahrzehnte des Wohlstands und der Bequemlichkeit seine Wettbewerbsfähigkeit verloren habe könnte. Wo bleibt die Fantasie?

Damit suchten andere Länder den Vergleich mit dem chinesischen Bildungssystem ausgerechnet zu der Zeit, als es selbst von großen Zweifeln geplagt war. Und sie herrschen noch immer vor. Dass Chinas Schüler viel lernen,

kann niemand bezweifeln – nach einer Studie der Asia Society verbringen sie doppelt so viel Zeit mit Unterricht und Hausaufgaben wie ihre amerikanischen Altersgenossen. Aber lernen sie auch das Richtige? In chinesischen Medien ist diese Frage ein Dauerthema. »Fantasieorientiertes Ausbildungssystem« lautet das Schlagwort, das der Bildungspolitiker Hu Jiankang vergangenes Jahr in Umlauf gebracht hat. Von den zwanzig wichtigsten Entwicklungen der letzten Jahre, welche das Leben der Menschheit heute prägen, stamme nicht eine einzige aus China, hielt er seinen Landsleuten vor. Eine TÜV SÜD Journal 19


Auf die Probe

Schnell in die Schule! Es dauert zwar noch eine Viertelstunde, bis es zur ersten Stunde läutet, der Unterricht allerdings beginnt bereits vorher.

Ungleichheit:

18 Mal

bittere Erkenntnis für ein Land, das sich in der Vergangenheit für das innovativste der Erde hielt und vor dem Rest der Welt Schießpulver, Buchdruck und Zahn- mehr Geld als in den armen Provinzen Chinas wird in Shangprothesen entwickelte. hai pro Kind in Schulbildung investiert, so eine UN-Studie. »Chinas Schulen sind gut darin, Schüler auf Standardtests vorzubereiten«, sagt auch Jiang Xueqin, stellvertre- landeten sie nur auf Rang 17 von insgesamt tender Rektor der Mittelschule der renom- 21 Ländern. Zwar könnten Chinas Expermierten Peking Universität und einer der ten durchaus auch positivere Statistiken prominentesten Kritiker des gegenwärtigen zitieren, etwa die rapide steigenden Zahlen Systems. »So bildet man zwar gute Bürokra- chinesischer Patentanmeldungen, wissenten und Wirtschaftsprüfer aus, aber keine schaftlicher Veröffentlichung oder aus dem Menschen, die kreativ und innovativ sind.« Ausland zurückkehrender Forscher. Und Doch gerade Kreativität und Innovations- zweifelsohne verdankt China sein rasantes fähigkeit seien gefragt, wenn China in der Wirtschaftswachstum maßgeblich seinen internationalen Arbeitsteilung mehr sein Ingenieuren, Wissenschaftlern und Entwolle als die Werkbank, an der billig pro- wicklern. Aber ebenso unbestritten ist, dass duziert wird. China einen großen Teil seiner Leistungsfähigkeit ungenutzt lässt, solange es all seine Wo bleibt die individuelle Förderung? Schüler in die gleiche Elitemaschine zwingt, Statt auf die PISA-Ergebnisse bezieht sich ohne individuelle Fähigkeiten zu berückJiang lieber auf eine Vergleichsstudie, die sichtigen und zu fördern. 2009 von der Internationalen Organisation Das System funktioniert wie in einer für die Evaluation von Bildungsfortschritt Fußballliga: Die besten Schüler können zu durchgeführt wurde. Darin belegten die besseren Schulen aufsteigen, die schlechteschinesischen Schüler in Mathematik zwar ten werden degradiert. Viele Kinder haben den ersten Platz, doch bei der Kreativität Wochenpläne, die so eng getaktet sind wie 20 TÜV SÜD Journal

die eines Spitzenmanagers. Neben täglichen Förderstunden bis tief in die Nacht gehen sie oft auch am Wochenende zu Sonderkursen in Mathematik oder im Aufsatzschreiben. Belohnungen und Auszeichnungen halten die Kinder bei der Stange. Der Fluchtpunkt des Ganzen ist die zentrale Hochschulaufnahmeprüfung am Ende der 12. Klasse. Auf das über drei Tage im ganzen Land simultan durchgeführte Examen, die sogenannte Gaokao, steuert das Leben junger Chinesen vom ersten Kindergartentag an hin. Knapp die Hälfte der rund zwanzig Millionen Schüler eines Jahrgangs stellt sich der Prüfung. Gut die Hälfte davon bekommt einen Studienplatz, doch wirklich gute Jobaussichten haben nur die Absolventen von Spitzenuniversitäten. Weniger als zehn Prozent aller Kinder schaffen den Sprung dorthin. Lernen sei ein zentrales Element der chinesischen Kultur. Schulleiter Zhang Renli verweist auf Konfuzius: »So wie Handwerker zum Vollenden ihrer Arbeit Werkstätten brauchen, so braucht der Edle zum Vollenden seines Weges das unentwegte Lernen«, zitiert er. Über das reine Memorieren sei man aber hinweg. »Wir machen heute mehr Gruppenarbeit und ermutigen die Schüler, zu den Aufgaben ihre eigenen Lösungen zu finden. Den Kindern macht das Spaß und sie sind ausgeglichener«, stellt Renli fest. »Doch an die Universität kommt man nicht durch Ausgeglichenheit, sondern nur durch eine gute Prüfung«, schiebt der Endfünfziger hinterher, „nur durch Ausdauer und Fleiß.«

Mehr Infos zum Thema Bildung: www.tuev-sued.de/management-systeme/bildungund-schule


Vor Ort

Menschen:

Der TeddyTester

S

ollte Bruno, der 26 Zentimeter große Plüschteddy, tatsächlich ein Problembär sein? Er hat doch alles, was Kinder lieben: einen knuddeligen Körper, schwarze Knopfaugen und ein flauschiges Fell. Trotzdem, Robert Ziegler von TÜV SÜD will es genau wissen. Im Spielzeugprüflabor in München spannt er den Teddy in eine Zwinge. Mit 70 Newton, dem Gewicht von sieben Kilo, zieht er an Armen und Beinen, ob die Nähte halten, mit 90 Newton an den Knopfaugen. Zehn Sekunden lang dürfen sie nicht locker lassen, dann gilt es als sicher, dass die Äuglein auch beim Spielen nicht lose und gar verschluckt werden. Den ersten Test hat Bruno bestanden. Der zweite folgt sogleich. Dazu muss der linke Arm ab. Das Fell und die Innereien werden untersucht. Teile davon werden in 37 Grad warme, verdünnte Salzsäure eingelegt, ins sogenannte Magensäurebad. Finden sich später krank machende Inhaltsstoffe in der Lösung, ist der Teddy tatsächlich ein Problembär. Schließlich könnten die Schadstoffe auch beim Nuckeln freigesetzt werden. Aber nicht bei Bruno. Auf ihn wartet der nächste Test: die Entflammbarkeitsprüfung. Robert Ziegler macht ihm ordentlich Feuer unterm Fell. Es darf sich nicht schneller als 30 Millimeter pro Sekunde ausbreiten. »Wir simulieren, was passiert, wenn ein Kind mit dem Teddy zum Beispiel zu nah an eine Kerze kommt«, erklärt Ziegler. »Aber manchmal tut einem das schon in der Seele weh. Noch schlimmer wäre es allerdings, wenn ein Kind durch Spielzeug zu Schaden kommt.«

Mehr Infos zum Thema Spielzeugprüfung: www.tuev-sued.de/spielzeug

Robert Ziegler, 44, kümmert sich bei TÜV SÜD um die Themen Spielzeug, Kinderpflegeartikel und Spielplatzgeräte.

TÜV TÜVSÜD SÜDJournal journal 21


Auf dem Weg

AUF DEM W EG

OM #22 STR K IM TAN E #26 NEU IEN R E T BAT

Wer

flüstert, der

siegt

Bei Trainingsfahrten lässt die Münch TTE-2 Motorräder mit Verbrennungsmotor regelmäßig hinter sich. Sie gilt als schnellstes Elektromotorrad der Welt. Bei einem Rennen in Ungarn zeigt die Maschine nun unter ihresgleichen, was in ihr steckt. 22 TÜV SÜD Journal


Auf dem Weg

Bleibt der Asphalt trocken? Ein letzter Blick hoch zu den Wolken. Ein Handschlag unter Teamkollegen. Dann fahren Katja Poensgen und Matthias Himmelmann von Münch Racing auf ihren Elektromotorrädern um den Sieg.

Text & Fotos: Timour Chafik

K

urz vor dem Rennen greift der Weltmeister zu »Apothekers Original Pferdesalbe«, schmiert sich eine walnussgroße Menge erst in den Nacken, dann auf die Oberarme, schließlich auf die Waden. Box 27 am Hungaroring riecht jetzt nach Latschenkiefer. Ein kleines Ritual vor dem Lauf, genauso wie der eigens dafür angerührte Isodrink. »Der geht direkt in die Zellen«, sagt

Matthias Himmelmann und stochert mit einem umgedrehten Filzstift in der orangebraunen Flüssigkeit. Später, bei 220 km/h, sei sein Puls auf 180. Da sei es ganz hilfreich, wenn der Körper noch ein paar Energiereserven hat. Matthias Himmelmann – stämmig, braun gebrannt, gut gelaunt – ist TopFahrer des Münch Racing Teams. Er ist Weltmeister in der TTXGP-Serie, eine Art Worldcup für Elektromotorräder,

und Titelverteidiger der FIM-ePowerMeisterschaft. Sein Teamchef nennt ihn einen »adrenalinstrotzenden Kämpfer, aber trotzdem besonnen«. Himmelmann will gewinnen. Heute aber hilft alles nichts: keine Besonnenheit, keine Salbe, kein Isodrink. Himmelmann schafft das zweite Rennen der FIMePower-Championship-Serie in Ungarn nicht. In Runde drei kommt er mit seiner Münch TTE-2 kurz hinter TÜV SÜD Journal 23


Auf dem Weg

der langen Geraden zum Stehen. »Electrical Problems«, ruft er den Streckenposten zu, und die anderen beiden Starter ziehen an ihm vorbei. Nicht etwa die 350-VoltHightechbatterie für den Motor hat schlapp gemacht, sondern ausgerechnet die 12-VoltBordbatterie, eine, die in jedem Baumarkt zu bekommen ist. Ein Starterfeld mit drei Fahrern – das ist überschaubar und liegt daran, dass vielen Fahrern die wenige Tage zuvor gefahrene legendäre »Tourist Trophy« auf der Isle of Man noch in den Knochen und Maschinen steckt. Münch hingegen trumpft in Ungarn gleich doppelt auf: An der Seite von Himmelmann fährt seit Frühjahr dieses Jahres Katja Poensgen. Während der Weltmeister sich

50 km Reichweite schafft die Münch TTE-2 mit einer Batterieladung. Im Straßenverkehr käme sie etwa 200 km weit.

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Matthias Himmelmann (links) ist Weltmeister in der TTXGP-Serie, dem Worldcup für Elektromotorräder. Beim Rennen auf dem Hungaroring siegte allerdings seine Teamkollegin Katja Poensgen (rechts), die unter der Nummer 65 ebenfalls mit einer Münch TTE-2 an den Start ging.

einsalbt, spielt sie mit ihrer Tochter »Vier gewinnt«. Das Spiel verliert sie, das Rennen am Hungaroring nicht. Eine gehörige Portion Pioniergeist

Die Würzburger Motorradschmiede Münch hat mit der Mammut 2000 das bis heute stärkste Serienmotorrad der Welt auf die Straße gebracht. Und jetzt also E-Mobilität, vom stärksten Verbrenner zum schnellsten Elektromotorrad. Wer wissen will, was die Mammut-Macher an den strombetriebenen Zweirädern fasziniert, muss Thomas Petsch fragen, Maschinenbauingenieur, Unternehmer und Teamchef von Himmelmann und Poensgen. Petsch kaufte 1997 die Marke Münch, von der er schon als Kind geträumt hat. Jetzt nennt er sie sein Eigen und mischt sie mit einer gehörigen Portion Pioniergeist. »Der E-Mobilität gehört die Zukunft«, sagt er. »Außerdem macht es mir Spaß, das Thema voranzutreiben, weil man das auch als kleines Team kann. Dafür muss man kein großer Hersteller sein.«

Mit ihrer Münch TTE-2 – 80 kW Leistung, 12.700 Umdrehungen pro Minute, 210 Kilo schwer, 220 bis 240 km/h schnell – sorgt das Team um Petsch, Poensgen und Himmelmann regelmäßig für Überraschungen. Die erste: Da ist kein Röhren, sind keine Schaltgeräusche, kein ohrenbetäubender Lärm. Der Druck, der einem an der Rennstrecke durch Mark und Bein geht, wenn das Feld vorbeizieht, fehlt. Stattdessen ein Surren. »Wie die imperialen Truppen mit ihren Düsenschlitten in ›Star Wars‹ – so hört sich das an«, sagt Thomas Schuricht, der technische Kopf des Teams. »Unser Sound hat mittlerweile eine richtige Fangemeinde.« Strom wegnehmen statt Gas geben

Was sonst noch anders ist? Elektromotorräder kommen ohne Getriebe und Kupplung aus. »Es ist sofort und durchgehend ein Drehmoment da. Die Maschinen beschleunigen schnell. Und nimmt man den Strom weg, bremst der Motor nicht, sondern rollt fast ohne Geschwindigkeitsverlust weiter«,


Auf dem Weg

Zweieinhalb Jahre dauerte die Entwicklung der Münch TTE-2. ­

Mehr als 500.000 Euro

hat Firmeninhaber Thomas Petsch während dieser Zeit in das Elektromotorrad investiert.

erklärt Schuricht. »Eine solche Rollphase von etwa 500 Metern, in der wir keine Energie verbrauchen und sich die Akkus erholen können, nutzen wir bei Rennen vor Kurven.« Fahrer von Verbrennern hingegen geben bis zuletzt Gas, wechseln Gänge und erzeugen dadurch Lastwechselstörungen, die das Motorrad unruhig machen. »Wir schalten nicht, daher ist die Straßenlage sehr harmonisch und das Fahren viel ruhiger.« Das klingt ein bisschen nach Carrera-Bahn: Wer bis in die Kurve hinein Gas gibt, fliegt aus der Spur. In die Maschine reinhören

»Wir haben fassungslose klassische Rennfahrer nach den Trainings erlebt, die konnten es nicht glauben, dass wir schneller waren als sie mit ihren Verbrennern«, sagt Matthias Himmelmann. Das elektrische Fahren sei eben ganz anders: Zurückhaltung und ein anderes Timing müsse man lernen, viel mehr in das Motorrad reinhören, mit der Energie haushalten. »Du merkst es, wenn der Akku langsam schwächer wird, dann be-

schleunigt die Maschine nicht mehr so gut aus den Kurven raus.« Aber alles Reinhören hilft gerade nichts: Himmelmann steht auf der Strecke. Teamkollegin Katja Poensgen zieht an ihm vorbei, dreht ihre acht Runden, gewinnt sicher. Wäre Himmelmann durchgekommen, hätten alle drei Starter auf die Siegertreppe gedurft. »Uns wäre die Herausforderung auch lieber, statt bloß zu dritt mit mehr Konkurrenten an den Start zu gehen«, sagt Thomas Schuricht, »denn gerade wenn du immer vorne fährst – und wir fahren nun einmal konkurrenzlos in den Rennen – gerätst du in eine Routine, in einen Trott, und dann passieren die blödesten Fehler«. Jetzt steht der Weltmeister unten und riecht nach Latschenkiefer, die Teamkollegin holt ihre Tochter hoch aufs Siegertreppchen. So sind es doch noch drei auf dem Podest. Mehr Infos zum Thema Elektromobilität: www.tuev-sued.de/e-mobility

Grünes Kraftpaket: die Münch TTE-2 Würde man die Energie, die der TTE-2 aus ihren 680 Akkuzellen zur Verfügung steht, in die Verbrennerwelt umrechnen, käme man auf nur rund 1,5 Liter Benzin. Der Drehstrommotor der Münch-Maschine aber nutzt diese Power mit einem Wirkungsgrad von mehr als 90 Prozent. Vier Stunden Ladezeit braucht der Lithium-Polymer-Akku, um seine Leistung von 80 kW voll entfalten zu können. »Die können wir natürlich nicht über die gesamte Renndistanz hochhalten«, sagt Technikleiter Thomas Schuricht. »Wir müssen so fahren, als hätten wir vergessen zu tanken und wollten trotzdem das Ziel erreichen.« Apropos Ziel: Für die kommenden Rennen ist geplant, ein Windrad zur Stromversorgung der TTE-2 an der MünchBox aufzubauen. Grüner geht Motorradrennen derzeit wirklich nicht.

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Auf dem Weg

Mit Spannung Batterien stehten vor dem größten Innovationsschub seit ihrer Erfindung durch den italienischen Physiker Alessandro Volta im Jahr 1800. Weltweit arbeiten Forscher an Alternativen zu den herkömmlichen Technologien auf Nickel-Cadmium- und Lithium-IonenBasis. Fünf vielversprechende Entwicklungen und wie weit sie bereits gediehen sind. Text: Lukas Pitule

Folienbatterie

Textilbatterie

Idee

Ein Lithium-Ionen-Akku, aber transparent und so dünn und flexibel wie Folie: Student Yuan Yang von der Uni Stanford gelang die Umsetzung mit winzigen, fürs Auge unsichtbaren Leiterbahnen.

Ein Akku ohne flüssige Elektrolyte, eingewebt in Kleidungsstücke: Daran arbeiten Forscher rund um Professor Maksim Skorobogatiy an der Polytechnischen Schule von Montreal.

Potenzial

Die Anwendungsgebiete sind verlockend: Bei Smartphones zum Beispiel könnte die Folienbatterie den Akku ersetzen und die Geräte damit noch leichter und flacher machen.

Die Energie reiche aus, um Warnwesten blinken zu lassen, Handschuhe zu beheizen, Notfallsignale abzusenden oder sogar um einen Defibrillator zu betreiben.

Hürden

@

Noch beträgt die Energiedichte gerade mal ein Zehntel von der eines Nickel-CadmiumAkkus. Yuan Yang rechnet mit drei Jahren, bis 100 Prozent und die Marktreife erreicht sind.

Noch ist der Stoff um die Polyethylenoxid-Elektrode, die Lithium-Eisen-Phosphat-Kathode und die Lithium-Titanat-Anode nicht robust genug, um sie ausreichend zu schützen.

Online

Einen Kurzfilm über die Folienbatterie gibt es unter youtube.com/watch?v=5boywxr8ot4. Mehr Infos auf der Stanford-Seite von Yangs Dozent: www.stanford.edu/group/cui_group

Unter www.photonics.phys.polymtl.ca finden sich ständig aktualisierte Forschungsberichte und die neuesten Fachpublikationen von Maksim Skorobogatiy und seinem Team.

Produkt

+

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Auf dem Weg

erwartet S

chlüssel, die Türen per Funksignal öffnen, Heizungsventile, die per App gesteuert werden: Die zunehmende Elektrifizierung von Alltagsgegenständen beflügelt die Kreativität von Batterieentwicklern. Sie arbeiten daran, Allerweltsmaterialien wie Plastik, Stoff und Beton zu Stromspeichern zu machen. Statt in ausladen-

den, schweren Akkus ließen sich Energiereserven in Bauteilen unterbringen, etwa in dem Gehäuse von Notebooks oder der Karosserie von Elektroautos. Mobiltelefone könnten unterwegs am T-Shirt aufgeladen werden und Gebäudemauern würden den Solarstrom vom Dach speichern. Marktreif ist zwar noch keines der Konzepte, zukunftsfähig aber sind sie alle.

Mehr Infos zum Thema Batterien: www.tuev-sued.de/automotive/elektromobilitaet/ batteriesicherheit

Karbonbatterie

Betonbatterie

Redox-Flow-Batterie

Die Autokarosserie als Energiespeicher: Diese Idee wollen europäische Forscher und Automobilhersteller mit einem Mix aus Karbonfasern und Polymerharz realisieren.

Mauern als Batterie: Wissenschaftlern rund um Qiaoli Meng von der University of Buffalo ist dies mit einer Verbindung aus Zement, Zink, Magnesiumdioxid und Kohlenstoff gelungen.

Eine Batterie, bei der Wandlertechnik und Gehäuse stationär sind und deren Ladung in Form von Elektrolytflüssigkeit transportabel ist: Daran forscht das Fraunhofer-Institut.

Das Kompositmaterial ist gleichzeitig stabil und leicht genug für den Autobau. 500 Kilo des Werkstoffs würden die Reichweite eines Elektrofahrzeugs um 67 Kilometer steigern.

Wenn die Verbindung trocknet, wird sie so hart wie Beton. Das heißt, sie kann nicht nur Energie speichern, sondern hat auch die nötigen statischen Eigenschaften für Gebäude.

Solche Redox-Flow-Batterien können wie auch durch Elektrolyse gewonnener Wasserstoff helfen, Überkapazitäten von Solar- und Windkraftanlagen abzupuffern und zu speichern.

Das Material ist eher Kondensator als Batterie. Es kann eine Ladung blitzschnell aufnehmen und abgeben – ideal, um Bremsenergie zu nutzen, schlecht für konstanten Energiefluss.

Der leitende Forscher Emile Greenhalgh vom Department of Aeronautics des Imperial College London (ICL) erklärt das Projekt unter www.youtube.com/watch?v=jZ7A51h6cwU

Das Material ist eher Kondensator als Batterie. Es Ein kannKilogramm eine Ladung der blitzschnell Verbindung aufnehmen kann nur weundnige abgeben – ideal, um Strom Bremsenergie zu Da Mikrowattstunden speichern. nutzen, schlecht für konstanten Energiefluss. bei Gebäuden tonnenweise Beton verbaut wird, relativiert sich der Nachteil.

Mit der Batterieart, bei der das Elektrolyt anders als bei herkömmlichen Batterien außerhalb der Zellen gelagert wird, hat man zwar 20 Jahre Erfahrung, neu ist aber die Größenordnung.

Einen Fachartikel von Qiaoli Meng zu dem Projekt gibt es unter http://wings.buffalo. edu/academic/department/eng/mae/cmrl/ documents/cement_matrix_battery.pdf

Ausführliche Informationen über das RedoxFlow-Konzept des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT findet man unter www.ict.fraunhofer.de/de/komp/AE/rfb.html

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Auf den Punkt

AUF DEN PU N K T

„weltw

-TV: #28 LIVE ’S SO GEHT AR IN M #30 SE ER RATGEB

live dabei

Wenn ab dem 27. Juli 2012 in London olympisches Gold gewonnen wird, glitzert es gleichzeitig auf den Monitoren dieser Welt. Aber wie kommen eigentlich die Bilder aus dem Stadion auf TV, Tablet-PC und Notebook?

#1

Es werde Bild! Digitale Fernsehkameras nehmen die Wettkämpfe auf. Dabei werden die Bilder in elektrische Signale umgewandelt.

#2

#3

Der Mix macht’s Per Kabel gehen die Signale zum Auswählen und Mischen von Bild und Ton an den TV-Übertragungswagen – und für die Livestream-Übertragung an PC & Co. in den Entry-Server.

Hoch hinaus Über Parabolantennen gelangen die TV-Signale via Satellit (z.B. Sirius) zum Sendezentrum (z.B. Mainz beim ZDF) – in knapp 0,5 Sekunden einmal 35.000 Kilometer hoch und 35.000 Kilometer wieder hinunter. Dagegen wird das bereits vom Entry-Server kleingerechnete Internetsignal einfach an den Streaming-Server geschickt.

#4

Das hat Format Im Streaming-Server bekommen die Ton- und Bilddaten ein für WebTV taugliches Format, zum Beispiel RMTP (Real Time Messaging Protocol). Auch im TV-Sendezentrum werden die Signale umgewandelt: 270 MB pro Sekunde Bild und Ton schrumpfen dabei auf 8 MB. Das dauert 1,2 Sekunden.

28 TÜV SÜD Journal journal


Auf den Punkt

eit #5

Gut verteilt Mit diesen 1,2 Sekunden Zeitverzögerung wird das Signal in die klassischen TV-Netze (Kabel, Satellit, DBV-T) eingespeist. Auch fürs Web-TV werden die Daten nun verteilt: Über einen sogenannten Entry-Point wandert der Livestream in ein ganzes Netz an Servern, in das Content Delivery Network (CDN).

#6 Zieleinlauf Mit einem Flash- oder Quicktime-Player greifen Computer und Handys die Daten vom CDN ab. Zum Fernseher gelangt das Signal über Antenne, Kabel oder Satellitenschüssel.

#7

Wie vor Ort Was in London im Stadion passiert, ist nahezu zeitgleich auf dem Bildschirm zu sehen. Dank des neuen Übertragungsstandards 4G wird dies künftig selbst über das Mobilfunknetz ruckelfrei möglich sein: Im Download erreicht 4G Datenübertragungsraten von bis zu 100 MB pro Sekunde.

Mehr Infos zum Thema TV und Multimedia: www.tuev-sued.de/industrie-konsumprodukte/ branchenloesungen/elektrik-und-elektronik/multimedia

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Auf den Punkt

Ratgeber:

Fallen der Fortbildung Nichts ist so alt wie das Wissen von gestern! Nur wer lebenslang lernt, bleibt auf der Höhe der Zeit. Die fünf größten Fehler bei der Weiterbildung und wie man sie vermeidet.

Die Termin-Falle: Berufliche Weiterbildung sichert mittel- und langfristig die Konkurrenzfähigkeit von Unternehmen und Mitarbeitern. Unterliegen Sie daher nicht der Versuchung, sie zugunsten des Tagesgeschäfts ständig hintanzustellen.

1

2 Die Anbieter-Falle:

Nur zielgerichtete, fachlich fundierte Seminare bringen etwas. Informieren Sie sich deshalb vor dem Buchen über die Qualität des Veranstalters: in Fachmedien, Online-Portalen, bei Kollegen oder einer persönlichen Vorabberatung.

3 Die Preis-Falle:

Das günstigste Seminar ist nicht unbedingt das beste. Achten Sie auf Qualität und die gewünschte Qualifizierung: Bringt mich ein Einzelkurs wirklich weiter? Reicht mir eine Teilnahmebescheinigung oder brauche ich ein qualifiziertes Zeugnis?

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Die Vorbereitungs-Falle: Wer sich frühzeitig mit dem Seminarthema auseinandersetzt, profitiert umso mehr von der Fortbildung. So können Sie gezieltere Fragen stellen und bekommen noch mehr Antworten, die speziell auf Ihre Bedürfnisse eingehen und konkrete Ansatzpunkte liefern für die Umsetzung des Gelernten in Ihrem Betrieb.

Lebenslanges Lernen ist nichts Neues, wie diese Briefmarke aus dem Jahr 2001 beweist. Sie zeigt Wilhelm Buschs Lehrer Lämpel aus »Max und Moritz«.

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Die Ignoranz-Falle: Weiterbildung bringt nichts? Ohne Ihr Wissen auf dem aktuellen Stand zu halten, vergeben Sie die Chance auf einen noch spannenderen Job, mehr Verantwortung und mehr Gehalt.

Mehr Infos zum Thema Weiterbildung: www.tuev-sued.de/akademie 30 TÜV SÜD Journal


Akademie | Termine

Training-Tipps TÜV SÜD Akademie In jeder Ausgabe des TÜV SÜD Journals stellen wir Ihnen eine ausgewählte Seminarreihe vor. Diesmal zum Thema: Gebäude-Energieeffizienz Heizung und Kühlung, die Versorgung mit warmem Wasser, Strom: In vielen Gebäuden von Unternehmen oder Privatpersonen schlummern riesige Einsparpotenziale – ganz ohne Komfortverzicht. Die TÜV SÜD Akademie bietet in diesem Umfeld mehrere Seminare und Trainings an, die Architekten, Energieberater oder Facility-Manager dabei unterstützen, ihre Gebäude effizienter zu gestalten: Ausgewählte Seminare im Überblick Die Energieeinsparverordnung 2012 in Theorie und Praxis – Gebäude zukunftsorientiert bewerten Der Energieanalyst – qualifizierte Bewertung von Energiekosten

08/09/10 KALENDER

Auf folgenden Messen, Kongressen und Veranstaltungen können Sie TÜV SÜD live erleben. Unser Expertenteam freut sich auf Ihren Besuch. Mehr Infos zu den Terminen: www.tuev-sued.de/veranstaltungen

AUGUST e-miglia, Start in München, 12.–16.08. Eurobike, Friedrichshafen, 29.08.–01.09. Internationale Funkausstellung, Berlin, 31.08.–05.09.

Sachkundiger für den hydraulischen Abgleich von Heizungsanlagen Detaillierte Informationen zu den Seminaren und freie Termine im Internet unter www.tuev-sued.de/akademie TÜV SÜD Akademie Kontakt: Christan Maier christian.maier@tuev-sued.de +49 89 5791-2643

SEPTEMBER dena-Energieeffizienzkongress, Berlin, 18.–19.09. InnoTrans, Berlin, 18.–21.09. Husum Wind Energy, Husum, 18.–22.09.

 IAA Nutzfahrzeuge, Hannover, 20.–27.09

Impressum Herausgeber: TÜV SÜD AG, Westendstraße 199, 80686 München Inhaber: TÜV SÜD e.V. (74,9 %), TÜV SÜD Stiftung (25,1 %), Westendstraße 199, 80686 München Leiter Unternehmenskommunikation: Matthias Andreesen Viegas Projektleitung & Chefredakteur: Jörg Riedle Kontakt: +49 (0)89 5791-0, info@tuev-sued.de Realisation: Medienfabrik Gütersloh GmbH, Neumarkter Straße 22, 81673 München Druck: Eberl Print GmbH, Kirchplatz 6, 87509 Immenstadt Fotonachweis: Corbis (1, 4, 5, 21), TÜV SÜD (14, 15, 21, 32, 33), GettyImages (16, 17), Egill Bjarki (18, 19, 20), Timour Chafik (22, 23, 24, 25), Deutsche Post (30), Illustrationen: LULU* Das TÜV SÜD Journal erscheint vierteljährlich. Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das TÜV SÜD Journal wird klimaneutral auf einem Papier aus nachhaltiger Holzwirtschaft gedruckt.

MedConf, München, 25.–27.09.

OKTOBER Expo Real, München, 08.–10.10. EAS, Berlin, 09.–11.10. Chillventa, Nürnberg, 09.–11.10

klimaneutral

natureOffice.com | DE-141-430877

gedruckt

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5 Minuten

Gesundheit in Unternehmen

Für Audi und VW in Spanien

Schutz für Kinder

Die Gesundheit der Mitarbeiter ist für viele Firmenchefs längst ein strategisches Thema. Nun gibt es ein neues Nachschlagewerk für alle Unternehmen, die ihr Gesundheitsmanagement verbessern wollen: das Corporate Health Jahrbuch 2012, mit herausgegeben von TÜV SÜD. Es kann auf der Seite www.corporate-health-award.de bestellt werden.

Den Gebrauchtwagenmarkt fest im Blick hat TÜV SÜD in Spanien. Das Unternehmen wird in den kommenden drei Jahren den Generalimporteur für VW und Audi dabei unterstützen, sein Handelsnetz für Gebrauchtwagen auf der Iberischen Halbinsel zu verbessern und auszubauen. Unter anderem wurde dazu ein Traningsprogramm aufgelegt.

China ist einer der wichtigsten Produzenten für Spielwaren. Grund genug für TÜV SÜD, gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit in mehreren Symposien über internationale Prüfmechanismen zu informieren. Ziel: Die Sicherheit der Spielzeuge, zum Beispiel bezüglich der Inhaltsstoffe, soll noch besser werden.

norbert.girisch@tuev-sued.de

natalia.homs@tuev-sued.es

knut.boettcher@tuv-sud.cn

Einstieg in südafrikanischen Real-Estate-Markt

TÜV SÜD baut seine Aktivitäten in Südafrika gezielt aus: Jetzt wurde das Unternehmen WAC Projects aus Kapstadt übernommen, der größte unabhängige Anbieter von Prüf- und Consultingleistungen im Bereich von Aufzugsanlagen. Das Dienstleistungsspektrum umfasst Beratungsleistungen für neue und bestehende Aufzüge sowie periodische Sicherheits- und Qualitätsprüfungen und Due-DiligenceLeistungen. Künftig soll ein besonderer Schwerpunkt auf Leistungen zur Energieeffizienz und Nachhaltigkeit von Gebäuden liegen. carmen.julie@tuv-sud.co.za

Hauptuntersuchung: zahlreiche Änderungen seit 1. Juli 2012

Seit 1. Juli 2012 sind in Deutschland zahlreiche Änderungen bei der Hauptuntersuchung (HU) von Fahrzeugen in Kraft getreten. Wichtigste Neuerung: der Wegfall der Rückdatierung. Der Termin für die nächste HU orientiert sich nicht mehr wie bisher am eigentlichen Fälligkeitsdatum, sondern am tatsächlichen HU-Termin. Eine Einladung zum Zeitschinden? Nein, sagen die TÜV SÜDExperten, denn wer zukünftig mehr als zwei Monate überzieht, dessen Fahrzeug wird einer vertieften Hauptuntersuchung unterMio. Fahrzeuge zogen, die mit einer 20 Prozent höheren Geuntersucht TÜV SÜD jedes bühr zu Buche schlägt. Daneben droht, wie bisher auch, eine Geldbuße durch die Polizei. Jahr in Deutschland auf ihre Außerdem seit 1. Juli 2012 in Kraft: Bei jeder Verkehrstauglichkeit. Hauptuntersuchung muss eine kurze Probefahrt mit mindestens 8 km/h durchgeführt werden. Und mit einem speziellen Diagnosegerät werden die Sicherheitsassistenten, beispielsweise ABS oder Abstandsregler, genau unter die Lupe genommen.

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philipp.puls@tuev-sued.de

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5 Minuten

MetroSolutions wird Teil der TÜV SÜD Gruppe Beratungen, Prüfungen und Zertifizierungen von Verkehrsprojekten in Metropolregionen sind ein Kompetenzbereich von TÜV SÜD und ein Wachstumsmarkt. Unter anderem war TÜV SÜD in den vergangenen Jahren an Metroprojekten in Bangalore, Delhi oder Mekka beteiligt. Nun hat das Unternehmen mit einer Übernahme seine Präsenz in Asien gestärkt: MetroSolutions Limited mit Sitz Seit dem Jahr in Hongkong berät Regierungen, Bahnbetreiber und Investorengruppen zu Schienennahverkehrsprojekten. Für Klaus Bosch, Geschäftsführer von TÜV SÜD Rail, ergänzt die Übernahme die Dienstleistungen von TÜV SÜD optimal: »Gerade in den Metropolen Asiens gibt es hohen Bedarf bei der Entwicklung von Nahverkehrsinfrastruktur auf der Schiene, da bietet MetroSolutions Metroposich in den dortigen Megacitys die Verkehrsproble- len Beratungen zu Schienenprome über Individualverkehr nicht lösen lassen.« jekten an.

Kommunen setzen bei Fahrzeugflotten auf Effizienz

2005

klaus.bosch@tuev-sued.de

Minuten mit TÜV SÜD

Müllabfuhr, Straßenreinigung, Bauhof – Kommunen benötigen eine Vielzahl von Nutzfahrzeugen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Eine repräsentative Umfrage, die TÜV SÜD gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Technomar durchgeführt hat, zeigt jetzt, worauf die Städte und Gemeinden bei der Anschaffung achten: Für mehr als die Hälfte ist die Energieeffizienz einer der wichtigsten Faktoren beim Kauf. Hauptmotivation der Flottenbetreiber: weniger Kosten durch sinkenden Spritverbrauch. Rund ein Drittel der Befragten prüft zudem aktuell den Einsatz strombetriebener Fahrzeuge. dieter.roth@tuev-sued.de

Familienauto des Jahres Garant für sichere Anlagen in Deutschland Die regelmäßige Prüfung durch neutrale Sachverständige sorgt für ein hohes Sicherheitsniveau von technischen Anlagen. Aufzüge haben die ZÜS im Ohne regelmäßige technische Jahr 2011 unter die Lupe ge- Prüfungen würden gefährliche Mängel unerkannt bleiben. Das nommen. sind die wichtigsten Ergebnisse des Anlagensicherheits-Reports 2012, einer umfassenden Mängelstatistik, die die Zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS) für Aufzüge, Druckanlagen und Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen vorlegen. Probleme sehen die ZÜS allerdings bei Aufzügen: Zwei Drittel der im Jahr 2011 geprüften Anlagen wiesen Mängel auf, fast jeder zehnte Aufzug hatte sogar »sicherheitserhebliche Mängel«. Unter www.vdtuev.de kann der aktuelle Report eingesehen werden.

450.000 Mehr als 15.000 Leser haben gewählt: Der Skoda Roomster ist das beliebteste Auto von Deutschlands Familien.

Unter dem Motto »Mit Sicherheit mobil« war TÜV SÜD auf der Automesse AMI in Leipzig präsent. Höhepunkt am TÜV SÜD-Stand: die Prämierung des »Familienautos des Jahres«. Der Preis, hervorgegangen aus einer Leserwahl, wird gemeinsam mit der Fachzeitschrift AutoStraßenverkehr verliehen. lars.kammerer@tuev-sued.de

dieter.roas@tuev-sued.de

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Zu guter Letzt

Alles Gute kommt

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Zu guter Letzt

von oben Drohnen haben einen schlechten Ruf, denn sie sind vor allem von militärischen Einsätzen bekannt. Dabei steckt in den fliegenden Robotern jede Menge alltagstaugliches Potenzial.

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ie Gartenlaube des Nachbarn erinnert seit Neuestem an ein Forschungslabor. Auf dem Tisch sein aktuelles Spielzeug: eine Drohne. Der kleine Flugroboter sieht aus wie eine Mischung aus Ufo und Hubschrauber: in der Mitte ein grauer schlanker Korpus mit integrierter Kamera und hochkomplexem technischen Innenleben, an den vier Seitenarmen Rotoren, die den sogenannten Quadrocopter in die Höhe schweben lassen. Die Fernsteuerung ist direkt als App ins Handy integriert. Schon ab 300 Euro gibt es den neuen Trend, sagt der Nachbar, während die Drohne surrend startet. Fernab von Spielereien im Nachbarsgarten sind vor allem hoch technisierte Drohnen ein wichtiger Zukunftsmarkt. Das Geschäft mit den unbemannten Fliegern ist die Boombranche innerhalb der Luftfahrt. Doch Drohnen haben ein schlechtes Image. Kritiker fürchten um den Schutz der Privatsphäre. Auch der Nachbar weiß: Als Privatperson macht er sich strafbar, sollte er mit seiner Drohne jemanden bespitzeln oder filmen. Dabei können Drohnen sehr viel: schnell und gefahrlos in schwer zugängliches Gelände fliegen, Brandherde ermitteln, die Ausbreitung von Schadstoffen messen oder Rettungsarbeiten vorbereiten. Schon heute setzen Wissenschaftler und Hilfsorganisationen Drohnen ein. Forscher versuchen jetzt, die unbemannten Flieger noch effektiver und intelligenter zu machen und die Technologie auf Selbstständigkeit zu bürsten. Momentan sind die Drohnen von Piloten am Boden abhängig, die die Steuerung übernehmen. Künftig sollen die Flugroboter selbst Ziele anpeilen, Routen berechnen und Hindernissen ausweichen können. Außerdem sollen sie erstmals automatisch in Schwärmen fliegen, ohne zusammenzustoßen. Medikamente und Hilfsgüter mit Drohnen in abgelegene Gegenden zu liefern, ist nur eine der großen Möglichkeiten. Auch Pakettransporte oder sogar Personenverkehr zählen zu den Visionen. Ein Schweizer Forscherteam hat bereits Drohnen mit Greifarmen entwickelt, die Gebäude konstruieren können. USForscher haben Drohnen so programmiert, dass sie Musikinstrumente spielen. Und vielleicht gibt es ja bald auch Drohnen, die kochen, servieren und aufräumen – spätestens dann wäre es mal Zeit für ein Fest in der Gartenlaube des Nachbars. TÜV SÜD Journal 35


Afrikas Grundwasservorräte (Wassertiefe in Metern)

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Menschen ohne sauberes

Trinkwasser Die Erde verfügt über riesige Wasservorkommen – geschätzte 1,4 Milliarden Kubikkilometer. Doch nur drei Prozent davon sind Süßwasser. Dieses ist zum überwiegenden Teil als Eis in Gletschern und den Polargebieten gebunden. Rund 30 Prozent tritt als Grundwasser auf. Seen, Flüsse und Sümpfe machen nur ein Prozent aus. Der Anteil der Bevölkerung ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser ist auf den Kontinenten höchst unterschiedlich (Quelle: WHO 2012):

Afrika 34% Westasien

20%

Europa

1%

Ostasien/Pazifik Lateinamerika

Nordamerika

9% 6%

1%

Hoffnung für Afrika

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in neuer Atlas bringt Hoffnung für Millionen Menschen in Afrika, die bisher keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Das Kartenwerk eines Teams rund um Alan MacDonald vom Forschungsinstitut British Geological Survey liefert den Schlüssel zu den Grundwasserschätzen des Kontinents. Detailliert zeigt es auf, wo und in welcher Tiefe das kostbare Nass zu finden ist. »In den meisten bewohnten Regionen Afrikas liegen Wasserreservoire, 36 TÜV SÜD Journal

die mit Handpumpen gefördert werden können«, schreibt die Expertengruppe im Fachblatt »Environmental Research Letters«. Die Produktivität dieser Quellen, die oft keine 50 Meter unter der Erdoberfläche lägen, sei zwar oft gering, für die lokale Trinkwasserversorgung aber ausreichend. So müssen sich die Menschen nicht mehr aus zum Teil verschmutzten Flüssen und Seen versorgen und tödliche Krankheiten wie Cholera fürchten.


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