TÜV SÜD Journal 4/2012

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TÜV SÜD

journal BE #16 AUF DIE PRO denk t: Profitieren Wenn der Schwarm owdsourcing? Unternehmen von Cr WEG #24 AUF DEM  Das Internet der Selbst ist das Paket: del. nier t den Versandhan tio lu vo re e ng Di #28 AUF DEN PUNKT ableiter unsere Blitz Wenn’s kracht: Wie Häuser schützen.

# 04 2012

hiffe allationssc t s n -I k r pa e Offshor

ren ü f d n i w n e k d a l e REüs c g chiff kommt ein S eOffd n e w e i g r e n r E e e diDie Zukunft d a d t s i k i t s i g o L e shor


Editorial

LIEBE LESERINNEN UND LESER, wir befinden uns weltweit mitten in einem Veränderungsprozess, der uns langfristig weniger von fossilen Energieträgern abhängig machen wird. Auch wenn eine ganze Reihe technologischer Fragen noch geklärt werden müssen, etwa der Umbau der Stromnetze oder die Entwicklung ausreichender Speicherkapazitäten – eines ist sicher: Die Energiewende kommt! Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Windenergie eine zentrale Rolle bei dieser »grünen Wende« spielen wird. Das TÜV SÜD Journal widmet dieser Technologie deshalb acht Seiten und beleuchtet unter anderem, welche Vorteile On- und Offshore-Anlagen, also Kraftwerke an Land oder auf hoher See, haben. Generell bilden Dienstleistungen rund um das Thema Nachhaltigkeit einen Schwerpunkt dieser Journal-Ausgabe. Nachhaltigkeit wurde TÜV SÜD kürzlich auch von externer Seite bestätigt: Beim Wettbewerb »Deutschlands Beste«, der von der Unternehmensberatung PwC und der Verlagsgruppe »Die Welt« veranstaltet wird, wurde unser Unternehmen ausgezeichnet und landete unter den Top Ten. Die Unter www.tuev-sued.de/journal können Sie das TÜV SÜD Journal kostenlos abonnieren, online lesen und mit der Redaktion Jury beeindruckte unser in Kontakt treten. langfristiger Erfolg anstelle

Das Journal im Internet

eines kurzfristigen Denkens in Quartalszahlen. Vor allem in den Bereichen nachhaltige Strategie, nachhaltiges Lieferantenmanagement und Compliance erzielte TÜV SÜD Bestnoten – für uns ein Ansporn, auch künftig das Beste zu geben. Viel Freude beim Lesen!

Dr.-Ing. Axel Stepken Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG 2 TÜV SÜD Journal


Inhalt

#06

TITELSTORY Offshore-Windparks helfen beim Gelingen der Energiewende. Mit Spezialschiffen können sie jetzt leichter und rentabler errichtet werden.

Auf die

Auf dem

Auf den

Was treibt Menschen weltweit um? Wir nehmen technische und gesellschaftliche Entwicklungen unter die Lupe.

Die Welt von morgen im Blick: Diese Innovationen könnten schon bald unser Leben prägen.

Nachgefragt! Unsere »Mehrwert«-Seiten machen komplexe Zusammenhänge leicht verständlich.

#16 Intelligenzquotient 10.000 Im Internet sind Millonen von Menschen mit Ideen und Expertenwissen unterwegs. Können Unternehmen diese Schwarmintelligenz nutzen, um Innovationen voranzutreiben?

#22 Der Zeit voraus Hybridantriebe sind bei Autos auf dem Vormarsch. Der Innotruck zeigt, dass die Kombination von Verbrennungs- und Elektromotor auch bei Lkws zukunftsfähig ist.

#28 Wenn’s kracht Während Sie diese Zeilen lesen, toben auf der Welt rund 3.000 Gewitter mit Blitz und Donner. Wie gelingt es Blitzableitern, dass die Himmelsfeuer möglichst keinen Schaden anrichten?

#18 Die Renaissance der Robusten Von Einkorn bis Champagnerroggen: Längst vergessene Getreidesorten erobern unsere Felder. Sie bestechen vor allem durch Robustheit und Geschmack. Doch ihre Ausbeute ist gering.

#24 Selbst ist das Paket Das Internet der Dinge stellt die globale Logistik auf den Kopf: Intelligente Warenströme sollen sich in Zukunft selbst steuern und jederzeit nachverfolgbar sein.

#30 Ratgeber Heizung Was tun, wenn sie gluckert? Richtig lüften und noch viele weitere praktische Tipps, wie Sie wirkungsvoll, aber dennoch sparsam heizen.

#4 TÜV SÜD im Bild #14 5 Minuten mit TÜV SÜD

#27 Vor Ort #31 Termine/Impressum

#32 5 Minuten mit TÜV SÜD #34 Zu guter Letzt

PROBE

WEG

PUNKT

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TÜV SÜD im Bild

Sparen beim

fahren Die Kurve steigt und steigt: Die Spritpreise an den Tankstellen haben historische Höchststände erreicht, der Preis für einen Liter Diesel hat sich seit dem Jahr 2000 ungefähr verdoppelt. Kein Wunder also, dass mehr als drei Viertel aller Lkw-Flottenbetreiber beim Kauf neuer Fahrzeuge vor allem auf eines achten: Sparsamkeit. Schließlich machen die Treibstoffkosten rund 45 Prozent der Gesamtausgaben beim LKW aus. »Nicht nur mit neuesten Technologien können Spediteure sparen«, sagt Dieter Roth, Senior Project Manager Truck Services bei TÜV SÜD. »Auch eine entsprechende Fahrweise zahlt sich aus.« Die Rechnung des Experten: Bei 50 Lkws mit einer Jahreslaufleistung von je 150.000 Kilometern sind Einsparungen in Höhe von einer viertel Million Euro pro Jahr möglich. Für spritsparendes Fahren liefert TÜV SÜD Truck Services Trainings an und BLUE LOGICO. Dieses Telematiksystem gibt dem Fahrer kontinuierlich Feedback, wie wirtschaftlich er gerade unterwegs ist. Zudem übermittelt es in Echtzeit alle relevanten Fahrdaten, um die CO2-Emissionen für die Transportgüter zu ermitteln. Mehr Infos zum Thema: www.tuev-sued.de/truckservices

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TÜV SÜD imim Bild TÜV SÜD Bild

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Titelstory

OFFSHORE

AHOI!

Ohne Wind keine Wende: Gilt diese Segelweisheit auch für die Energiepolitik, führt an neuen Windkraftanlagen kein Weg vorbei. Mit Spezialschiffen können sie jetzt effizienter und schneller errichtet werden.

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Titelstory

Text: Sandra Lehmann

Z

entimetergenau positioniert sich der riesige Schiffsrumpf der Victoria Mathias mitten in der eiskalten Nordsee. 35 Kilometer vor Helgoland beginnt gerade die heiße Phase des Jackings. So nennt es der Fachmann, wenn sich die Hubbeine des Installationsschiffes auf den Meeresgrund absenken. Zwei Stunden später ist es geschafft: Die Stelzen, die zuvor wie Schornsteine an den Ecken des Schiffes thronten, stehen fest und sicher auf dem Grund der Nordsee. Sie sind fast 80 Meter hoch und heben den Stahlkoloss bis zu 15 Meter aus dem Wasser. Wo eben noch ein großes Schiff zu sehen war, steht nun eine ebene Arbeitsplattform inmitten rauer See. In den kommenden Monaten wird sie der Crew des Windparks Nordsee Ost nicht nur den festen Boden unter den Füßen ersetzen, sondern auch der Ort sein, von dem aus Ingenieure, Mechatroniker und Servicemechaniker 48 Windkraftanlagen errichten. Für Bauingenieur Michael Neumaier ein großer Moment, von dem er seit vielen Jahren geträumt hat. Im Auftrag des Energieversorgers RWE hat er die Planung und den Bau der beiden Installationsschiffe begleitet. Die Victoria Mathias errichtet derzeit den Windpark Nordsee Ost. Ihr Schwesterschiff Friedrich Ernestine baut derweil vor Wales den Windpark Gwynt y Môr. Eine logistische Meisterleistung

Mit den Hochseekolossen schließen RWE und Neumaier eine wichtige logistische Lücke, die den Bau von Offshore-Windparks bisher erschwerte. Bevor die ersten Errichterschiffe den Markt eroberten, war die Installation von Hochseewindparks nur durch sogenannte Hubinseln möglich. Diese verfügen zwar ebenso über hydraulische Hubbeine, aber nicht über einen eigenen Antrieb sowie die notwendigen sicherheitsrelevanten Einrichtungen eines Schiffes. Deshalb mussten sie für viele Arbeitsschritte aufwendig TÜV SÜD Journal 7


Titelstory

»Mut und Weitsicht waren gefragt, denn mit unseren neuen Installationsschiffen haben wir technisches und logistisches Neuland betreten.« – Michael Neumaier, Bauingenieur bei RWE

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Titelstory

Bevor auf hoher See die Bauarbeiten beginnen können, müssen erst alle Teile auf das Installationsschiff verladen werden. Dieses transportiert die Elemente dann in die Nord- oder Ostsee.

mit einem Schlepper neu positioniert werden. »Das bedeutet natürlich einen enormen zeitlichen Aufwand, der letztlich auch Geld kostet«, sagt Neumaier. Die schwimmende Arbeitsfläche ist im Gegensatz zu einer nicht angetriebenen Plattform auch besser navigierbar. Über ein satellitengestütztes System kann das Schiff exakt ausgerichtet werden. Das ist besonders wichtig, damit die Großkomponenten zentimetergenau ins Meer gesetzt werden können. »Die Schiffe sind darauf ausgelegt, ihre Position in nur wenigen Stunden zu wechseln, um so Windkraftanlage für Windkraftanlage im Baufeld zu errichten. Das schnelle und präzise Aufund Abjacken gibt uns dafür die nötige Flexibilität«, erklärt Neumaier. Jede Menge Vorteile, von denen Energieversorger und Investoren profitieren wollen. Schließlich steht der Windkraft neben der Solarenergie eine große Zukunft bevor. Im Jahr 2007 hat die Europäische Union beschlossen, den Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix bis 2020 auf 20 Prozent zu erhöhen. Glaubt man Organisationen wie der European Wind Energy Association, gelingt das nicht ohne den Bau neuer Hochseewindparks. Entsprechend groß ist die Nachfrage nach den Errichterschiffen. »Sobald ein neues auf den Markt kommt, ist es bereits auf Jahre hin ausgebucht. Und lange Wartezeiten können wir uns nicht leisten. Deshalb haben wir beschlossen, die Schiffe nicht zu chartern, sondern eigene bauen zu lassen, um damit selbst technisches und

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der Windpark nordsee ost ist geplant mit

Megawatt Leistung

1 Mrd.

Windkraftanlagen

kWh Stromerzeugung im Jahr

und einer CO2-Vermeidung von jährlich

850.000 Tonnen

logistisches Know-how aufzubauen«, sagt Neumaier. Stahlkolosse auf großer Fahrt

In der Tat: Bei Beginn der Entwurfsplanung 2007 gab es weder Baupläne für solche Schiffe noch genügend Personal mit entsprechendem Fachwissen. Doch seit September dieses Jahres wissen alle Beteiligten: Ihre Pionierarbeit hat sich gelohnt. Nach nur zweijähriger Bauzeit steuerten die beiden jeweils hundert Meter langen Ozeanriesen im Herbst endlich ihrem ersten Auftrag in der Nordsee entgegen.

Für das Projekt Nordsee Ost vor Helgoland werden derzeit die Fundamente auf den Meeresboden gesetzt. Diese Gitterkonstruktionen, die ein wenig an Strommasten erinnern, bezeichnen die Fachleute als Jacket-Fundamente. Sie dienen als tragende Basis für die Türme, Maschinenhäuser und Rotorblätter. Ein spezieller Schwerlastkran, der bis zu 1.000 Tonnen Gewicht

Schiff oder Hubinsel? Die Installationsschiffe der neuen Generation sind beides. Mit ihren 78 Meter hohen Hubbeinen können sie sich bis zu 15 Meter aus dem Wasser liften. Dann wird aus dem Schiff eine ebene Arbeitsplattform, die der Crew festen Boden unter den Füßen verleiht.

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Titelstory

Ob beim Bau von Offshore-Windparks oder bei der Überprüfung der dazugehörigen Messmasten (oben): Hier ist äußerste Präzision und Teamwork gefragt.

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Titelstory

»Offshore wird zu jeder Tages- und Nachtzeit gearbeitet –

300 Tage im Jahr

jeweils zwölf Stunden am Stück. Wer solche Hochleistungen bringt, braucht feste Ruhephasen.« – Lutz Siemers, Diplomingenieur bei Hochtief

bewegen kann, hebt die Fundamente über Deck und positioniert sie anschließend zentimetergenau an der vorgesehenen Stelle. Dort ragen sie dann wenige Meter aus dem Meer – bereit, um den Turm aufzunehmen. Die Montage sieht mühelos und leicht aus. In Wahrheit ist sie ein Kraftakt. Der Kranausleger hat es mit Schwergewichten zu tun. Ein Jacket-Fundament wiegt um die 550 Tonnen, das Maschinenhaus rund 320 Tonnen. Gut geplant ist halb montiert

Alle Teile passgenau und vor allem sicher zu montieren schafft aber nicht einmal der Hochleistungskran ohne Hilfe. Hier sind nach wie vor Handarbeit gefragt und höchste Konzentration unter extremen Bedingungen. Lutz Siemers, Projektleiter bei Hochtief Solutions, kennt die Herausforderungen, die der Bau von Offshore-Windparks mit sich bringt. Der gelernte Diplomingenieur hat bereits einige solcher Projekte auf hoher See geleitet. »An Bord ist vor allem gut strukturiertes Arbeiten wichtig. Bei uns läuft nichts ohne Vorbesprechung«, erklärt Siemers. Fehler durch genaue Planung zu vermeiden ist auch deshalb so wichtig, weil es sich bei Offshore-Windparks um kostspielige Angelegenheiten handelt. Allein das Projekt,

das Siemers gerade auf der Innovation, dem Installationsschiff von Hochtief, betreut, ist 200 Millionen Euro schwer. Eine Frage des Fingerspitzengefühls

Von Hektik ist an Bord trotzdem nichts zu spüren. Die wäre auch fehl am Platz, denn das Montieren der einzelnen Bauteile erfordert Fingerspitzengefühl. »Häufig liegen nur wenige Zentimeter zwischen den Elementen, die das Ausmaß eines ICE-Zugs haben können«, verdeutlicht Siemers. »Diese Lücken müssen den Installateuren reichen, um Bolzen und Schrauben richtig einzusetzen.« Gearbeitet wird rund um die Uhr in zwei Schichten. Nach zwölf Stunden an Deck ist eine ebenso lange Ruhephase vorgesehen. In dieser Zeit können die Crewmitglieder sich in ihren Einzelkabinen ausruhen oder einen Abstecher in die Kantine machen. Hier wird die Besatzung zu jeder Tages- und Nachtzeit mit Mahlzeiten und Getränken versorgt. Auch für seelische und körperliche Entspannung ist Platz. »Wir haben eine Sauna und einen Fitnessraum, wohin wir uns zurückziehen können. Im Grunde ist das Leben an Bord komfortabel«, sagt Siemers. Nach 14 Tagen auf hoher See steht dann eine Aus-

Herausforderungen bei Offshore-Windparks Die Energieausbeute von Offshore-Windenergieanlagen liegt um etwa 40 Prozent höher als bei Anlagen, die auf dem Land stehen. TÜV SÜD prüft, zertifiziert und berät Unternehmen im Bereich der OffshoreWindenergie von der konzeptionellen Idee bis hin zum Betrieb von Offshore-Windparks. Neben der Prüfung und Zertifizierung dieser Anlagen inklusive der Umspannstation unterstützt TÜV SÜD auch in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz sowie rund um Hebezeuge und Krananlagen. Hohe See mit harten Bedingungen Der guten Energieausbeute stehen etliche Herausforderungen gegenüber. Starker Wind, Wellen und der Salzgehalt von Wasser und Luft belasten die Anlagen. Damit ist die Qualitätssicherung für den rentablen Betrieb eines Offshore-Windparks entscheidend. Steht die Anlage aufgrund von Mängeln still, verstreicht kostbare Zeit, in der sich die Investition nicht trägt. TÜV SÜD betreut Windkraftanlagen und Umspannstationen über den gesamten Lebenszyklus hinweg – auch auf hoher See.

zeit auf dem Programm. Die Männer und Frauen, die 300 Tage im Jahr Dienst leisten, werden mit einem Helikopter aufs Festland geflogen, um zu ihren Familien heimzukehren oder sich auf den nächsten Einsatz vorzubereiten. Denn nach 14 Tagen heißt es für die gesamte Crew wieder: Alle an Deck! Mehr Infos zum Thema Offshore-Windkraft: www.tuev-sued.de/windenergie

Visionen und Alternativen zur Gewinnung von Windenergie Windfang Das World Trade Center in Bahrain produziert 15 Prozent seines Strombedarfs selbst. Zwischen den Zwillingstürmen befinden sich drei Turbinen, die Strömungswinde in Energie umwandeln.

Energiewald 1.203 Halme aus Carbonfaser sollen sich bald im Wind von Abu Dhabi wiegen. Das geplante Kraftwerk »Windstalk« soll Bewegungsenergie in Strom für rund 5.000 Haushalte umwandeln.

Flugturbine Dieser Prototyp der Firma Altaeros Energies ist ein ringförmiger Heliumballon mit einer Turbine in der Mitte. In 100 Meter Höhe produziert sie doppelt so viel Strom wie ein Rotor auf einem Turm.

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Standpunkte

StandDr. Niels-Erik Clausen, Windkraft-Ingenieur Wissenschaftlicher Berater an der Technischen Universität Dänemark (DTU)

»Die Entscheidungen für Anlagen auf hoher See fallen an Land: Dort wollen sie nur wenige haben.«

A

uf dem Meer sind größere Anlagen möglich – aber die Wartung und der Anschluss ans Stromnetz kommen teurer. Da gilt es, wirtschaftlich abzuwägen. Doch meist ist die Ortswahl eine politische Entscheidung: Viele wollen keine Windparks an Land. Der Wind auf dem Meer ist stark und stetig und die See kennt keine Grenzen. Daher kann man dort fast beliebig große Anlagen bauen. So geht auch der Trend zu Windparks mit hoher Kapazität, die in tiefen Gewässern, oft weit entfernt vom Festland, stehen. Leisteten Turbinen 2011 noch durchschnittlich bis zu 3,6 Megawatt, werden heute bereits Modelle mit fünf Megawatt installiert, Sechs- und Sieben-Megawatt-Turbinen sind in Vorbereitung. Allerdings sind die Kosten für den Bau und die Wartung der Anlagen auf See um ein Vielfaches höher als an Land. Ganz abgesehen von den Investitionen für den Netzausbau. Ob sich dieser Aufwand wirtschaftlich lohnen wird, lässt sich momentan schwer vorhersagen. Das ist jedoch nicht der Punkt. Für die Dänen und auch viele andere EU-Bürger scheint vielmehr der Standort der Anlagen bedeutend zu sein. Während die Investitionen in Offshore-Anlagen jährlich steigen, nehmen die Proteste gegen Windräder an Land zu. Denn die Erzeugung regenerativer Energie wird häufig nur dann positiv von der Gesellschaft mitgetragen, solange sie nicht vor der eigenen Haustür stattfindet.

Wind kraft Offshore oder onshore?

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Standpunkte

I

n den USA gibt es Land genug für Windparks – etwa in den Great Plains. Der Strom aus den dortigen Anlagen kostet nur ein Drittel gegenüber dem aus OffshoreAnlagen. Wichtig ist aber letztlich nicht der Standort, sondern Windkraft allgemein zu fördern. Entscheidend bei dieser Förderung ist bei uns in den USA die Wirtschaftlichkeit. Windkraftanlagen an Land erfordern deutlich geringere Investitionen. Sie lassen sich ohne großen Aufwand errichten und benötigen keine teuere Netzstruktur, weil der Strom in unmittelbarer Nähe zum Verbraucher erzeugt wird. Auch die Wartung an Land ist deutlich einfacher als auf hoher See, was sich ebenfalls finanziell bemerkbar macht. Kurz: Unsere Onshore-Anlagen in den Great Plains und in anderen Gegenden der USA stellen Strom bereit, der deutlich preiswerter ist als der von Offshore-Anlagen. Daher sind in den Vereinigten Staaten nur einige wenige Hochseewindparks in Planung oder in Betrieb. Sie könnten auch nicht konkurrieren mit unseren extrem niedrigen Erdgaspreisen. Aber Erdgas ist eine endliche Ressource. Daher gilt es, Windenergie generell zu fördern, egal ob onshore oder offshore. Außerdem können wir die Reduktion von CO2 nur dann vorantreiben, wenn wir mehr Strom aus regenerativen Quellen erzeugen. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern sichert uns auch gegenüber Preissteigerungen bei fossilen Brennstoffen ab.

Punkte Peter Asmus, Senior Research Analyst Mitarbeiter bei Pike Research, San Francisco

»Wichtig ist, die Windenergie generell zu fördern. Wo die Anlagen stehen, ist zweitrangig.«

Strom aus erneuerbaren Energien boomt – weltweit. Angesichts immer knapperer fossiler Ressourcen ist die Energiewende sinnvoll und notwendig. Damit wächst die Bedeutung von Windenergieanlagen. Aber wo sollen sie stehen? An Land oder besser auf hoher See? Zwei Experten aus Dänemark und den USA erläutern ihren Standpunkt.

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5 Minuten

TÜV SÜD America kooperiert mit Batterietester

Führerschein-Infos auf Twitter

Internationales Flottenmanagement

Kleinformatige Batterien sind im Alltag gegenwärtig: Kaum ein elektronisches Gerät – vom Handy bis zum Laptop – kommt ohne sie aus. TÜV SÜD America hat nun eine Kooperation geschlossen, um die Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Mini-Energiespeicher testen zu können: mit dem Unternehmen Energy Assurance aus dem US-Bundesstaat Georgia.

Wer nach dem Entzug der Fahrerlaubnis den Führerschein wiedererlangen möchte, für den gibt es die Möglichkeit einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU). TÜV SÜD führt solche MPUs durch – und bietet seit Kurzem tagesaktuelle Infos rund um das Thema: auf dem Twitter-Channel http://twitter.com/ MPUTestknacker und unter www.dertestknacker.blogspot.de.

Ein Jahr nach dem Start einer strategischen Partnerschaft hat TÜV SÜD 100 Prozent der Anteile des internationalen Flottendienstleisters Fleet Logistics erworben. Mit europaweit rund 100.000 betreuten Fahrzeugen ist TÜV SÜD nun der größte unabhängige Anbieter für Fuhrpark-Services in Europa. Jetzt wird die internationale Marktführerschaft angestrebt.

casteinza@tuvam.com

claudia.takatsch@tuev-sued.de

rainer.laber@tuev-sued.de

Spitzenplätze bei E-Mobilitäts-Rallye e-miglia

Jetzt ist es offiziell: Die Ingenieure von TÜV SÜD haben die E-Mobilität nicht nur in Bezug auf die Technik, sondern auch praktisch im Griff! Bei der bedeutendsten und härtesten Rallye für Elektrofahrzeuge, der e-miglia 2012, belegten die beiden TÜV SÜD-Teams die Plätze zwei und drei. Das Unternehmen, das mit einem MINI E und einer Mercedes A-Klasse E-CELL angetreten war, setzte sich gegen 20 Teams durch. Für alle beteiligten Fahrzeuge war die Rallye ein echter Härtetest, der gleichzeitig die Fortschritte und Alltagstauglichkeit der E-Mobilität dokumentierte: Mit Einzeletappen weit über 200 Kilometern und insgesamt 11.000 Höhenmetern überschritt die e-miglia 2012 ganz bewusst die technischen Grenzen. Für TÜV SÜD lieferte die Veranstaltung jede Menge Praxisdaten, die in die Entwicklung neuer Dienstleistungen einfließen. Zusätzlich werden unter anderem ein Jahr lang alle am Markt erhältlichen Elektroautos von den TÜV SÜD-E-Mobilitätsexperten im Alltag getestet. volker.blandow@tuev-sued.de

Vertrauen in zertifizierte Online-Shops

Das von TÜV SÜD entwickelte Prüfsiegel s@fer-shopping ist das mit Abstand bekannteste Online-Gütesiegel Deutschlands. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie von TNS Infratest, dem Bundesverband des Deutschen Versandhandels und der Initiative D21: Knapp zwei Drittel der Befragten kennen das Prüfsiegel. Ein ebenso großer Anteil der Webnutzer vertraut einem Online-Shop mit GüteOnline-Shopper bewerteten in siegel eher als einem ohne und würde einer repräsentativen Umfrage die Waren ausschließlich bei einem zertifizierten Online-Shop bestellen. TÜV SÜD Bekanntheit von Prüfsiegeln. s@fer-shopping ist die umfangreichste Prüfung am Markt. Das Siegel nimmt alle wichtigen Aspekte rund um Gebrauchstauglichkeit und Handhabbarkeit des Internetauftritts aus Kundensicht unter die Lupe, untersucht sämtliche Serviceaspekte von der Bestellabwicklung bis zum Beschwerdemanagement und stellt die technische und organisatorische Sicherheit auf den Prüfstand.

1.067 rainer.seidlitz@tuev-sued.de

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5 Minuten

Jubiläum bei TÜV SÜD America

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Ein Vierteljahrhundert im Dienst der Sicherheit auf dem amerikanischen Kontinent: Im Sommer 1987 wurMehr de das Unternehmen TÜV Bayern Inc. mit Sitz in Manchester, Massachu- als setts gegründet. Die Initialzündung Menschen arbeiten aktuell für für die internationale Expansion von TÜV SÜD in den USA, in Kanada, TÜV SÜD wird groß gefeiert, unter anderem mit mehreren Kundenevents. Mexiko und Brasilien. Die ersten Services in den USA: internationale Produkttests und Zertifizierungen. Heute erbringt das Unternehmen im Wesentlichen Dienstleistungen für die TÜV SÜD-Divisionen Industry Service, Management Service und Product Service. ian.nicol@tuvam.com

Minuten mit TÜV SÜD

Weltweit energiesparend Aufzug fahren

Automotive-Labor in Thailand

Mit einem neuen Labor für technische Prüfungen an Fahrzeugkomponenten in Bangkok unterstützt TÜV SÜD die wachsende Automobilindustrie in Thailand. Auf 400 Quadratmeter Fläche können Kfz-Hersteller und deren Zulieferer Komponenten prüfen und für den weltweiten Einsatz zulassen. TÜV SÜD trägt so maßgeblich zur Einhaltung internationaler Qualitätsstandards von Produkten südostasiatischer Zulieferer bei. Das neue Automotive-Komponentenprüflabor ist eines der größten von TÜV SÜD in der ASEAN-Region und deckt viele nach internationalen Normen für Fahrzeugteile geforderte Prüfungen ab. Unter anderem verfügt es über einen Trommelprüfstand zur Reifenprüfung, eine XenonPrüfkammer, Schwingprüfanlagen, Klimakammern und Räumlichkeiten für die Prüfung der elektromagnetischen Verträglichkeit und der Akustik. sean.boey@tuv-sud-psb.co.th

Mittelstandsinitiative zum Thema REACH Immobilienmanager wissen: Mit effizienter Gebäudetechnik lassen sich jede Menge Strom und damit auch Kosten sparen. TÜV SÜD bietet hier seit Jahren eine Vielzahl von Dienstleistungen an – unter anderem werden energieeffiziente Aufzüge zertifiziert. Damit Kunden in aller Welt von den hohen deutschen Standards profitieren, fand eine Schulungsreihe statt, bei der Aufzugsprüfer aus acht Nationen zusammenkamen. »So wird gewährleistet, dass unsere Experten auf demselben Wissensstand sind und in allen Ländern einheitliche Qualitätsstandards liefern«, sagt Trainingsleiter Kai Kügler.

Die EU-Chemikalienverordnung REACH regelt alle Fragen rund um die Zulassung von Chemikalien in der Europäischen Union. Unter anderem dürfen nur noch chemische Stoffe in Verkehr gebracht werden, die fristgerecht bei der Europäischen Chemikalienbehörde registriert wurden. Für Hersteller oder Importeure gelten dabei verschiedene Übergangsfristen – ja nach Volumen der hergestellten oder benötigten Chemikalien. Mitte 2013, spätestens aber 2018, müssen alle entsprechenden Unternehmen ihre Chemikalien registriert haben – gerade für kleinere Betriebe eine Herausforderung! Mit einer Mittelstandsinitiative will TÜV SÜD nun erreichen, dass REACH für diese Unternehmen nicht existenzbedrohend, sondern existenzsichernd ist. Speziell für die Bedürfnisse kleiner Firmen und Mittelständler wurde ein Dienstleistungspaket entwickelt, das bei allen Fragen rund um Chemikalien unterstützt, nach dem Motto »Sie konzentrieren sich auf Ihre Kernkompetenzen und nicht auf REACH«.

kai.kuegler@tuev-sued.de

dieter.reiml@tuev-sued.de

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Auf die Probe

AUF DIE PR O B E

HEIT #16 WEIS SSE DER MA #18 URE GETREID

Intelligenzquotient

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Unternehmen haben die Schwarmintelligenz entdeckt und nutzen das Internet, um nach guten Ideen zu fischen. Crowdsourcing nennt sich diese neue Innovationsund Problemlösungsstrategie. Nur geht sie auch auf?

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Auf die Probe

Text: Michael Kallus

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ie besten Ideen kommen manchmal von Leuten, von denen es keiner erwartet hätte. Fünf Jahre lang hatte die NASA darüber gebrütet, wie sich Sonnenstürme vorhersagen lassen, um Astronauten bei Außenarbeiten auf der internationalen Raumstation davor zu warnen. Das Ergebnis blieb unbefriedigend: Fast jede zweite Warnung erwies sich als falscher Alarm. Schließlich veröffentlichte die US-Raumfahrtbehörde das Problem auf der Internetplattform Innocentive. Dort präsentieren Unternehmen komplexe Forschungsfragen und hoffen auf Antworten von Außenstehenden. Die NASA bekam Antwort von einem pensionierten Ingenieur, der in der Mobilfunkbranche gearbeitet hatte. Mit Raumfahrt hatte er nichts am Hut, dafür eine Lösung, wie die Sonnensturmvorhersagen deutlich zuverlässiger und obendrein früher möglich sind. Viele Köpfe, viele Ideen

So funktioniert Crowdsourcing. Aufgaben werden nicht an ein Spezialunternehmen outgesourct, sondern an die Masse, die Crowd. »Ich bin der festen Überzeugung, dass wir erst am Anfang dieses Trends stehen«, sagt Prof. Dr. Nikolaus Franke, Leiter des Instituts für Unternehmensgründungen und Innovation an der Wirtschaftsuniversität Wien. »Beobachtet man, in welch unterschiedlichen Bereichen Crowdsourcing inzwischen Erfolg hat, erkennt man das Potenzial dieser Methode.« Eines ihrer vielen Anwendungsgebiete ist altbekannt: die Weiterentwicklung von Produkten aufgrund von Kundenfeedback. Neu ist hier nur, dass es nicht ungeplant über Brief, Telefon oder E-Mail zu den Unternehmen gelangt, sondern gezielt übers Internet

abgefragt wird. So ruft zum Beispiel Bosch Power Tools auf seinem Innovationsportal dazu auf, Verbesserungsvorschläge für die angebotenen Heimwerkergeräte zu liefern. Auch Ideen für völlig neue Produkte werden auf diesem Weg gesammelt. Star-

startete das Internetportal »Connect & Develop«. Gute Ideen honoriert Procter & Gamble mit bis zu 100.000 Dollar und bietet sogar Partnerschaften an, wenn sich die Ideen in gewinnbringende Geschäftsmodelle verwandeln lassen. Bereits mehr

»Die Masse

ist im Schnitt nicht schlauer als Experten in Unternehmen.« – Prof. Dr. Nikolaus Franke

bucks-Kunden etwa können auf »My Starbucks Idea« Getränke wie einen Kirschmokka komponieren und Audi ließ im »Audi Virtual Lab« von Autofans die Bedienkonsole eines Entertainmentsystems entwerfen. Als das Multimedia-Interface schließlich in Serie ging, wurde es von der Fachpresse als beste Lösung auf dem Markt gefeiert. Warum Crowdsourcing funktioniert

Kann die Crowd Aufgaben und Probleme besser lösen als die Experten in den Unternehmen? »Die Masse ist im Schnitt sicherlich nicht schlauer. Aber in der Menge der Internetnutzer findet sich eher jemand, der ein ähnliches Problem schon früher gelöst hat. Oder auch Experten und kreative Köpfe, die mit frischem, unvoreingenommenem Blick das Problem angehen und mit neuen Ideen kommen«, sagt Franke. Procter & Gamble erkannte dieses Potenzial bereits 2001 und verankerte Crowdsourcing in seine Unternehmensstrategie. Der Konsumgüterkonzern aus den USA

als 1.000 solcher Partnerschaften kamen bisher zustande, aus denen Hunderte von Innovationen hervorgingen. Sie sind Basis für mehr als 50 Prozent aller neu entwickelten Produkte von Procter & Gamble. »Natürlich lässt sich nicht jede Aufgabe crowdsourcen«, sagt Franke. »Voraussetzung ist, dass sie sich knapp und klar formulieren lässt.« Wichtig sei es auch, die Crowd nicht auszunutzen. Moleskin, der italienische Hersteller von Notizbüchern, hatte einen Wettbewerb ausgelobt, bei dem das Logo des Unternehmens weiterentwickelt werden sollte. Die Teilnahmebedingungen sorgten für einen Aufruhr: Jeder Ideengeber sollte die Urheberrechte an seinen Vorschlägen an Moleskin abtreten, nur der Gewinner hätte Geld dafür bekommen. Franke: »Das ist der größte Fehler, wenn Unternehmen die Crowd als Selbstbedienungsladen ohne Kasse interpretieren.« Mehr Infos zum Thema Management: www.tuev-sued.de/management_systeme/malik TÜV SÜD Journal 17


Auf die Probe

Renaissance der Robusten

Schwarzes Einkorn, Emmer, Champagnerroggen: Vor allem die Biolandwirtschaft entdeckt längst vergessene Getreidesorten neu. Ihr Vorteil ist ihre Robustheit, ihr Nachteil der geringe Ertrag. Potenzial sieht die konventionelle Züchtung daher in der Kombination aus Urgetreide und Hochleistungssorten.

Text: Timour Chafik

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er Legende nach soll Richard Löwenherz schuld sein. Möglich, dass der spätere englische König nach dem eher erfolglosen Dritten Kreuzzug ein paar Körner des stacheligen Urgetreides mit seinen langen Grannen in einer seiner Satteltaschen nach Zentraleuropa brachte. Vielleicht ein Souvenir aus Jerusalem, Akkon oder Zypern, das dann auf Frankreichs Feldern seine Ähren der mittelalterlichen Sonne entgegenstreckte. Ein Getreide, das ein bisschen eigen und widerspenstig anmutet. »Grannig« eben, borstig, kratzig, ruppig, rau. Allmählich wurde es still um Richard Löwenherz und das nach ihm benannte Urgetreide »Granniger Kreuzritter«. Auch andere alte Sorten mit klangvollen Namen wie Champagnerroggen oder Roter sächsischer begrannter Landweizen, Emmer und 18 TÜV SÜD Journal

das Schwarze Einkorn verschwanden mit der Zeit von den Feldern, den Tellern und aus den Brotkörben. Weil ihre Ernte als zu gering angesehen wurde, um die Versorgung einer wachsenden Bevölkerung mit bezahlbaren Lebensmitteln sicherzustellen, rückten für die immer stärker ertragsorientierte Landwirtschaft Weizen, Gerste und Roggen in den Vordergrund: Getreide, die heute einen Ertrag von rund 10.000 Kilogramm pro Hektar auf die Waage bringen, während die alten Körner auf knapp 3.000 Kilogramm kommen. Das Einkorn erbringt sogar nur 800 Kilo. Ein uraltes Getreide trifft auf den Zeitgeist

»Es ist richtig: Die Erträge entsprechen nicht denen der modernen Hochleistungssorten, weil alte Getreidesorten so gut wie nie Züchtungsentwicklungen mit dem Ziel Ertragssteigerung erfahren haben«, sagt

Peter Pluschke, Umweltreferent der Stadt Nürnberg. »Der Aufwand beim Anbau ist aber praktisch vergleichbar, daher müssen die Bauern heute einen höheren Verkaufspreis ansetzen.« Die Metropolregion Nürnberg hat jüngst eine Kampagne gestartet, um den Bekanntheitsgrad von Urgetreide, vor allem Emmer, zu steigern. Das Getreide, das schon vor 5.000 Jahren angebaut wurde, treffe wohl einen Zeitgeist, glaubt Pluschke, vor allem bei der urbanen, kaufkräftigen Zielgruppe, die auf bewusste Ernährung setzt: »Eine ganze Reihe von Bäckern berichtet uns, dass der Absatz ganz gut in Gang kommt.« Weiterer Vorteil der alten Körner: Sie sind zum Teil robuster, benötigen weniger Pestizide und sind weniger anfällig für Pflanzenkrankheiten. Sie sind toleranter gegenüber Unkräutern, ihr Anbau beeinträch-


Auf die Probe

Emmer (oben) wird mit seinen meist zweiblütigen Ährchen auch Zweikorn genannt. Auch Kamut (unten) ist eine Weizensorte, die bereits vor 15.000 Jahren in Asien bekannt war.

»Urgetreide –

das hat Ausstrahlung, Dynamik, Energie. Im konventionellen Landbau ist so etwas nicht zu spüren.« – Andreas Walz, Biobauer

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Auf die Probe

tige das Zusammenspiel von Landwirtschaft und Natur weit weniger als konventionelle Methoden, so Pluschke. »Bei intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen, die mit Pestiziden behandelt werden, kann sich entsprechend wenig Natur in und um das Feld herum entwickeln.« Zwischen Emmer und Kreuzritterweizen werden dann auch wieder Klatschmohn und Kornblumen zu sehen sein, prophezeit er. Ein solches Feld, ein paar Kilometer nordwestlich von Amberg, gehört Andreas Walz. Der Biobauer betreibt einen Demeter-Hof in Schäflohe und züchtet dort ausschließlich alte Getreidesorten. Über die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen kam er an seine Sorten, ergatterte im Jahr 2002 eine Handvoll Körner und brauchte dann rund acht Jahre, um genug Aussaat heranzuziehen, um seine Felder damit zu bestellen. Die Felder, so schwärmt Walz, hätten heute jede Menge »Ausstrahlung, Dynamik und Energie«. Im konventionellen Landbau sei so etwas nicht zu spüren, dort würde das Getreide gerade mal auf den Drescher warten. Man merkt: Für Walz ist Getreide mehr als eine Zutat für Brot, es ist etwas, das zur Witterung und zum Boden einer Region passen müsse. Ein Lebensmittel, das einen Lebensraum mit einer höheren Biodiversität schaffe, mit Schmetterlingen, Laufvögeln … »Im konventionellen Landbau rührt sich dagegen auf den Feldern relativ wenig.« Das schmecke man auch, glaubt er, während bei den neuen Sorten der Geschmack über die Züchtungen hinweg auf der Strecke geblieben sei. »Das versuchen wir als kleiner Betrieb mit unseren alten Getreidesorten wieder umzukehren.« Neue Sorten, die auf den alten aufbauen

Getreide zu optimieren versuchen auch konventionelle Züchter, vertreten unter anderem vom Bundesverband Deutscher Pflan20 TÜV SÜD Journal

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Kilogramm Ertrag pro Hektar bringt das Urgetreide Einkorn auf die Waage – moderne Sorten liefern auf gleicher Fläche rund zehn Tonnen.

zenzüchter (BDP). Deren Ziel ist es, immer neue Eigenschaften in die Sorten zu bringen. Dafür gehen sie in der ganzen Welt auf die Suche. »Man muss sich das wie ein Baukastensystem vorstellen«, erläutert Dr. CarlStephan Schäfer, Geschäftsführer des BDP. »Der Züchter muss schauen, wo er beispielsweise Getreidesorten mit einer verbesserten Eigenschaft wie etwa höherer Trockenresistenz findet. Diese Getreidesorten verwendet er dann für die Weiterzüchtung.« Für solche Kreuzungen lassen sich auch alte Getreide nutzen. »Letztlich wollen wir neue Sorten mit besseren Eigenschaften entwickeln«, sagt Schäfer. »Deswegen ist es für uns unverständlich, wenn jemand nur den Anbau alter Sorten präferiert, schließlich haben wir ja neue, bessere geschaffen, die auf den alten Sorten aufbauen.« Für ihn ist die Argumentation, Urgetreide sei robuster oder förderlicher für die Biodiversität, zu kurz gegriffen: »Es mag schon stimmen, dass eine alte Sorte robust ist, aber damit steht nur ein einziges Merkmal im Fokus; alles in allem aber – und das ist ja das Entscheidende, weil wir vor allem über Ertragssteigerung reden – kann ein altes Ge-


Auf die Probe

treide nicht zwangsläufig mit einem neu gezüchteten konkurrieren, weil die Merkmale negativ korrelieren: Eine robustere alte Sorte hat schlichtweg einen geringeren Ertrag.« Ziel der Züchter sei es, Robustheit künftig auch mit neu gezogenen Getreiden anbieten zu können. Dafür sei es wichtig, dass alle Getreide, die jemals angebaut worden sind, auch künftig zur Verfügung stehen. Das sei genetische Vielfalt und Biodiversität. Jedenfalls passt der Trend zum Urgetreide gut in die Zeit: »Zurück zur Natur«, entschleunigen, „Weniger ist mehr« … »Das mag die Triebfeder sein. Allerdings arbeitet die moderne Landwirtschaft weit weg von

einem Heidi-Image«, sagt der BDP-Geschäftsführer. Tatsächlich: Es ist schwer vorstellbar, dass auf den knapp zwölf Millionen Hektar Ackerfläche in Deutschland bald nur noch die Ähren des Grannigen Kreuzritters idyllisch im Wind schaukeln. Aber die ein oder andere Insel mit Champagnerroggen könnte der Landwirtschaft durchaus als Ruhepol dienen. Mehr zum Thema Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: www.tuev-sued.de/lebensmittel

»Eine alte Sorte

ist vielleicht robust, alles in allem aber kann sie mit einer neuen nicht konkurrieren.« – Dr. Carl-Stephan Schäfer, BDP-Geschäftsführer

Oben: Biobauer Andreas Walz auf einem seiner Felder und BDP-Geschäftsführer Dr. Carl-Stephan Schäfer. Unten: Urgetreide wie Buchweizen (links) erlebt auch in Backwaren ein Comeback.

TÜVSÜD SÜDJournal journal 21 21 TÜV


Auf dem Weg

AUF DEM W EG

LKW #22 DER UNFT K DER ZU #24 Internet ge der Din

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Der Zeit

inter futuristischem Design steckt Hightech – ein intelligenter Spar-Lkw namens Innotruck. Dank aerodynamischer Bauweise schafft er es auf den halben Windwiderstand eines herkömmlichen Lastwagens. Nicht nur das lässt ihn besonders energieeffizient fahren, sondern auch sein neuartiger Hybridantrieb. Er unterscheidet sich grundlegend von dem eines Pkw. Der Verbrennungsmotor – ein Biodieselaggregat – dient nicht direkt dem Antrieb, sondern produziert lediglich als Generator den Strom für einen Elektromotor. Nur er ist für die Fortbewegung 22 TÜV SÜD Journal

zuständig. Der Vorteil: Die Drehzahl des Verbrennungsmotors ist unabhängig von der Geschwindigkeit, wodurch sich sein Verbrauch optimieren lässt. Überschüssige Energie wird in Akkus zur späteren Verwendung gespeichert. Sie kann auch zum »Betanken« von Elektroautos verwendet oder ins Stromnetz eingespeist werden. »Damit zeigt der Innotruck, dass die Mobilität von morgen ein vernetztes System ist«, sagt Prof. Dr. Gernot Spiegelberg, der bei Siemens im Bereich Forschung für Elektromobilität zuständig ist und an der Technischen Universität München das Forschungsprojekt Innotruck leitet.


Auf dem Weg

voraus Hybridantriebe sind bei Autos auf dem Vormarsch. Das Forschungsprojekt Innotruck zeigt, dass die Kombination von Verbrennungsund Elektromotor auch bei Lkws zukunftsfähig ist. Text: Lukas Pitule

Mensch und Maschine in perfekter Symbiose

Revolutionär ist auch die Bedienung des Innotrucks. Geschwindigkeit und Fahrtrichtung werden per Sidestick gesteuert. Rundumkameras ersetzen die Außenspiegel und kennen keinen toten Winkel. Intelligente Systeme verhindern unter anderem zu dichtes Auffahren und das Abkommen von der Fahrspur. »Wir brauchen zunehmend Fortbewegungsmittel, die die Verkehrsverhältnisse verstehen und Fehlentscheidungen des Fahrers kompensieren können«, sagt Spiegelberg. »Letztendlich geht es um mehr Sicherheit und weniger Verbrauch.«

Das Design des 25 Meter langen und 25 Tonnen schweren Innotrucks stammt von Luigi Colani. Das spektakuläre Äußere des Lkw soll Werbung machen für die innovativen Technologien, die in ihm stecken. Nicht die Karosserie, nur die neuen Technologien sollen in Serie gehen. Das ist der Plan der Entwickler von der Technischen Universität München.

Mehr Infos zum Thema Hybridantrieb: www.tuev-sued.de/e-mobility TÜV SÜD Journal 23


Auf dem Weg

Das clevere Paket Ob Schuhe, Kleidung oder Fahrräder: Inzwischen kann man fast alles in Online-Shops ordern – zu jeder Tages- und Nachtzeit. Doch je mehr bestellt wird, desto enger wird das Nadelöhr Versand. Die Folge: Unsere Wunschprodukte brauchen immer länger, bis sie bei uns sind. Dank eines kleinen Chips könnte sich das jedoch bald ändern.

24 TÜV SÜD Journal


Auf dem Weg

Text: Sandra Lehmann

D

rei, zwei, eins – meins!« Der Werbeslogan eines berühmten Online-Auktionshauses bringt es auf den Punkt. Denn tatsächlich geht E-Shopping erst einmal rasend schnell. Mit einem Klick liegen Waren jeder Art in unserem virtuellen Einkaufskorb. Ein weiterer Klick – und unser Paket ist unterwegs: Einkaufen auf der Überholspur. Tatsächlich landen unsere neuen Schuhe, Bücher oder Elektroartikel danach aber immer öfter erst einmal auf dem Abstellgleis. Denn die logistischen Kapazitäten stoßen in der schönen neuen Shoppingwelt zunehmend an ihre Grenzen. »Die Logistiksysteme vieler Branchen sind bereits vor 20 Jahren entworfen worden«, erklärt Dr. Volker Lange vom Fraunhofer-Institut für Logistik und Materialfluss. »Den heutigen Anforderungen genügen sie kaum mehr.« Das Problem: Im herkömmlichen Handel gelangt die Mehrzahl der Waren

in einem einzigen Lastwagen in großen Mengen in Geschäfte. Im wachsenden Online-Segment hingegen überwiegen Einzellieferungen an Privatadressen. Dadurch steigen die Herausforderungen an die Logistik. Innerhalb kurzer Zeit müssen mehr und mehr Wege geplant werden. Das Fraunhofer-Institut rechnet damit, dass die meisten Dienstleister auf absehbare Zeit nicht mehr in der Lage sein werden, diesen Aufwand schnell und flexibel zu handhaben. Daher forscht das Institut bereits an neuen Lösungen. Sein Vorbild für ein Logistiksystem der Zukunft ist das Internet. Hier finden Datenpakete selbstständig ihren Weg zum Empfänger, weil sie dessen Webadresse kennen. Das »Internet der Dinge«, von dem das Fraunhofer-Institut spricht, versucht, dieses Prinzip auf Warenströme anzuwenden. Aber woher soll ein Paket wissen, wo es hinmuss? Es bräuchte schon ein Navigationssystem. Diese Aufgabe können beispielsweise sogenannte RFID-Chips

übernehmen. Die vier Großbuchstaben stehen für Radio Frequency Identification, ein Funksystem, das die automatische Identifikation und Lokalisierung von Gegenständen ermöglicht. Es sagt dem Paket nicht nur, welchen Inhalt es transportiert, sondern auch, wohin es geliefert werden soll. Die Informationen auf dem Chip können an jeder Station, die das Paket erreicht, ausgelesen werden. So wird die Sendung einfach von Punkt zu Punkt weitergeleitet. Mithilfe von Robotertechnik und den passenden Lesegeräten kann eine Ware vollautomatisch

TÜV SÜD Journal 25


Auf dem Weg

verpackt und auf die Reise geschickt werden. Das spart wertvolle Zeit. Erhält die Ware zusätzlich eine eigene Internetadresse, kann sie ständig über das Netz verfolgt werden. So wissen Absender und Empfänger immer, wo sich ein Paket gerade befindet und wann genau es geliefert wird. Aber damit nicht genug: Die Informationen auf den Chips können – anders als beispielsweise die Strichcodes auf Supermarktprodukten – während des Versands ergänzt und verändert werden. Wünscht sich der Empfänger seine Ware an einen anderen Ort, werden einfach die Adressdaten auf dem RFID-Chip geändert und das Paket kann noch im Lieferprozess umgelenkt werden. Globale Intelligenz

Was für das kleine Paket gilt, soll auch auf den globalen Warenfluss angewandt werden. Große Container, die mit RFID-Chips ausgestattet sind, könnten mit wenig logistischem Aufwand in der ganzen Welt gesteuert werden. Im Hamburger Hafen wüsste man dann nur mittels Datenüberwachung, wo sich eine Ladung in Südafrika gerade befindet, ob sie bereits gelöscht wurde und ihren Empfänger erreicht hat. Ein dezentral organisierter Warenstrom kommt der Logistikbranche auch bei anderen Problemen zugute. Im Gegensatz zu ei-

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Weltweit werden jährlich mehr als

13.000.000.000

Pakete verschickt. Allein in der Bundesrepublik sind es im Jahr zwei Milliarden Sendungen.

nem zentral gesteuerten System betrifft der Ausfall kleiner autonomer Einheiten nicht die gesamte Lager- und Transportstruktur. Einzig das betroffene Objekt muss umgelenkt oder zurückbeordert werden. Wenn sich Waren nachbestellen

Bis sich Warenströme tatsächlich ganz von selbst organisieren können, wird es laut Volker Lange noch einige Zeit dauern. Die RFID-Technologie sei nicht vollständig ausgereift und die Chips seien für die Massenproduktion noch zu teuer. Auch die Infrastruktur für ein Internet der Dinge, beispielsweise in Form von Lesegeräten, müsse erst noch geschaffen werden. Doch Lange ist zuversichtlich, dass in Zukunft Pakete nicht nur selbst ihren Weg finden, sondern sich Waren sogar eigenständig nachbestellen können.

Experten für Logistik Seit seiner Gründung 1981 wird im FraunhoferInstitut für Materialfluss und Logistik auf allen Feldern der inner- und außerbetrieblichen Logistik geforscht. Das »Internet der Dinge« wurde maßgeblich vom geschäftsführenden Institutsleiter Prof. Dr. Michael ten Hompel entwickelt und gehört zu den fortschrittlichsten Forschungsansätzen der Branche. Neben seiner Forschungstätigkeit berät das Dortmunder Institut auch Unternehmen.

Mehr Infos zum Thema Logistik: www.tuev-sued.de/management-systeme/logistik


Vor Ort

Menschen:

Den Fälschern auf der Spur Das Ermittlerduo Gisela Reiß und Helge Knobbe fahndet nach manipulierten Seriennummern.

Original oder Fälschung? Lässt sich das nicht wie hier auf den ersten Blick erkennen, sorgen Expertengutachten von TÜV SÜD für Klarheit.

E

s geht um viel Geld und schicke Autos: Für mehr als zwölf Millionen Euro wechselte im vergangenen Jahr ein Ferrari 250 Testa Rossa aus dem Jahr 1957 den Besitzer. Auch Modelle wie ein Porsche Spyder oder ein Mercedes 300 SL Flügeltürer erzielten bei Auktionen teils Millionenbeträge. Ihren Wert haben die meisten dieser Oldtimer innerhalb der letzten zehn Jahre verdoppelt. Das macht sie zu begehrten Anlageobjekten – und Diplomingenieur Helge Knobbe zum Anlageberater. »Wirklich lohnend macht das Investment nicht vorrangig der Erhaltungszustand des Wagens, sondern seine Originalität«, sagt der TÜV SÜD-Mitarbeiter. Insbesondere komme es auf die Seriennummern von Motor, Getriebe und Fahrgestell an. Entsprechen alle drei den Herstellerangaben und gehören sie ursprünglich auch zusammen, gibt es ein Triple-A-Rating.

Mehr Infos zu Werkstoffuntersuchungen: www.tuev-sued.de/werkstofftechnik

So weit, so gut, würden sich auf dem Oldtimermarkt nicht auch Fälscher tummeln. »Nehmen wir etwa den seltenen BMW 328 Roadster. Um einen originalen Oldtimer – und damit einen hohen Wert – vorzutäuschen, kombinieren Betrüger manchmal einen umgeschweißten Rahmen einer weniger seltenen BMW-315-Limousine mit einem Replikaaufbau des 328«, erklärt Knobbe. Die eingeprägte Fahrgestellnummer würde die Fälschung allerdings sofort enttarnen. Also wird versucht, sie unkenntlich zu machen. »Doch jede Manipulation hinterlässt Spuren im Metall«, so der Werkstoffexperte. Bei Kunden vor Ort spüren er und seine Kollegin Gisela Reiß die Veränderung mit metallografischen Untersuchungen auf und machen sie sichtbar. So bewahren sie Käufer vor bösen Überraschungen und machen es geprellten Besitzern möglich, mit Fachgutachten gegen Betrüger vorzugehen. TÜV SÜD Journal 27


Auf den Punkt

AUF DEN PU N K T

Z#28 BLIT R ABLEITE EBER G T #30 RA HEIZEN

Blitzen Text: Timour Chafik

Während Sie diese Zeilen lesen, toben auf der Welt rund 3.000 Gewitter mit Blitz und Donner. Wie gelingt es simplen Metallkonstruktionen, dass die Himmelsfeuer möglichst keinen Schaden anrichten?

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Auf den Punkt

trotzen B

litze neigen zu Bequemlichkeit. Sie gehen den Weg des geringsten Widerstands: eine Tatsache, die sich Blitzschutzanlagen, umgangssprachlich Blitzableiter genannt, zunutze machen. Sie bestehen aus elektrisch gut leitenden Materialien, aus Stangen und Drähten, zum Beispiel aus Kupfer oder verzinktem Stahl, mit einem Durchmesser von rund einem Zentimeter. Wie ein schützender Käfig umgeben sie das Gebäude, fangen Blitze ein und leiten ihre Wucht statt durchs Haus direkt in den Erdboden. In einem Blitz steckt gerade einmal so viel Energie, wie eine 100-Watt-Glühbirne in zehn Tagen verbraucht. Dass er trotzdem verheerende Schäden anzurichten vermag, liegt daran, dass diese Energie im Bruchteil einer Sekunde frei wird. Schlägt er in ein Haus ohne Blitzschutzanlage ein, sucht sich seine elektrische Ladung unkontrolliert den Weg durchs Gebäude. Leitungen können schmelzen oder explodieren, brandgefährliche Lichtbögen entstehen, in denen Temperaturen von mehreren Tausend Grad Celsius herrschen. Die äußere Blitzschutzanlage aus den metallischen Fang-, Ableitungs- und Erdungsleitern verhindert das. Trifft ein Blitz auf sie, entsteht in ihrer Nähe allerdings ein starkes elektrisches Feld, das in Strom-, Antennen- und Netzwerkleitungen Überspannungen erzeugen kann. Elektronische Bauteile, die sogenannte innere Blitzschutzanlage, beugen dem in modernen Gebäuden vor. Um Fernseher und Co. zu schützen, half früher nur, bei Gewitter alle Stecker zu ziehen – auch heute trotz allem noch ein guter Rat.

Mehr zum Thema Blitz- und Brandschutz www.tuev-sued.de/anlagen_bau_industrietechnik TÜV SÜD Journal 29


Auf den Punkt

Ratgeber:

Richtig heizen Igel halten während der kalten Jahreszeit Winterschlaf. Ihr Körper befindet sich dabei in einem energetischen Sparzustand – und kommt dadurch bestens mit tiefen Umgebungstemperaturen zurecht. Bei Menschen dagegen muss die Heizung vollen Einsatz bringen, damit sie es in den eigenen vier Wänden angenehm warm haben. Fünf Tipps, wie Sie sparsam und wirkungsvoll heizen.

2 Regelmäßig entlüften

Wenn die Heizung gluckert, macht sie nicht richtig warm und

1

3

Die Temperatur im Blick halten Jedes Grad weniger spart circa sechs Prozent Heizenergie. Für Wohn- und Esszimmer werden 20 Grad Celsius empfohlen, für Kinder- und Arbeitszimmer 20 bis 22. Im Schlafzimmer reichen 18 Grad Celsius.

sollte entlüftet werden. Dafür muss das Ventil geöffnet werden, damit die Luft entweichen kann. Einen Entlüftungsschlüssel gibt es in jedem Baumarkt.

Nicht am falschen Ende sparen

Wer seine Heizung über Nacht oder während der Arbeitszeit ganz abschaltet, spart nur scheinbar. Kühlt die Wohnung in dieser Zeit zu stark ab, ist viel Energie notwendig, um sie wieder aufzuheizen.

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Winterschläfer wie der Igel suchen im Herbst hohle Baumstämme oder Erdhöhlen auf, in denen sie vor der strengen Kälte geschützt sind. In ihrem Unterschlupf verbringen sie mit zusammengekauertem Körper und geschlossenen Augen den Winter.

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Richtig lüften Falsches Lüften in der Heizperiode strapaziert den Geldbeutel! Also: Fenster nicht kippen, sondern mehrmals täglich für rund fünf Minuten weit öffnen.

Die Heizung clever regeln Ein herkömmliches Thermostat hält die Temperatur konstant auf dem gewünschten Wert. Programmierbare Thermostate drehen die Temperatur bei Abwesenheit herunter, was Heizkosten spart. Diese gibt es zum Nachrüsten für einzelne Heizkörper ab circa 40 Euro. Mehr Infos zum Thema: www.tuev-sued.de/wohnen-freizeit/heizenergie

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Akademie | Termine

Training-Tipps TÜV SÜD Akademie In jeder Ausgabe des TÜV SÜD Journals stellen wir Ihnen eine ausgewählte Seminarreihe vor. Diesmal zum Thema: Ausbildung zum Effizienzhaus-Experten Die Verbesserung der Energieeffizienz und die Senkung des Energieverbrauchs in Wohngebäuden bergen riesige Einsparpotenziale. Schließlich entfallen rund 40 Prozent der weltweit verbrauchten Energie auf den Gebäudesektor – ein Großteil davon geht auf das Konto von Warmwasser und Heizung. Effizienzhaus-Experten sind in der Lage, über sinnvolle energetische Sanierungsmaßnahmen sowie staatliche Förderungen zu informieren. Sie können Energieausweise erstellen und die Planung eines Effizienzhauses sowie die Umsetzung und gesamte Baubegleitung übernehmen. Für Architekten, Bauingenieure und Ingenieure aus dem Bereich Technische Gebäudeausrüstung bietet die TÜV SÜD Akademie eine Weiterbildung zum Effizienzhaus-Experten an. Sie besteht aus zwei Modulen: Effizienzhaus-Experte: Modul Energieberatung Dauer: 16,5 Tage (davon 3,5 Tage E-Learning und Projektarbeit) Effizienzhaus-Experte: Modul Planung und Umsetzung Dauer: 16,5 Tage (davon 3,5 Tage E-Learning und Projektarbeit) Die Module können einzeln oder kompakt als Gesamtkurs (25 Tage) gebucht werden. Zahlreiche Termine mit Startmöglichkeit während des ganzen Jahres finden an Standorten im ganzen Bundesgebiet statt. Weitere Informationen zu den Seminaren und freie Termine im Internet unter: www.tuev-sued.de/akademie/energie christian.maier@tuev-sued.de

Impressum Herausgeber: TÜV SÜD AG, Westendstraße 199, 80686 München Inhaber: TÜV SÜD e.V. (74,9 %), TÜV SÜD Stiftung (25,1 %), Westendstraße 199, 80686 München Leiter Unternehmenskommunikation: Matthias Andreesen Viegas Projektleitung & Chefredakteur: Jörg Riedle Kontakt: +49 (0)89 5791-0, info@tuev-sued.de Realisation: Medienfabrik Gütersloh GmbH, Neumarkter Straße 22, 81673 München Druck: Eberl Print GmbH, Kirchplatz 6, 87509 Immenstadt Fotonachweis: Corbis (4, 5, 10, 12, 13, 16, 19, 20, 21, 27, 28, 29, 30), RWE (2, 6, 7, 8, 9, 10), Siemens (8), TÜV SÜD (14, 15, 32, 33), Kai Uwe Oesterhelweg (22, 23), Altaeros (11), WTC Bahrain (11), Windstalk (11); Illustrationen: LULU* Das TÜV SÜD Journal erscheint vierteljährlich. Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das TÜV SÜD Journal wird klimaneutral auf einem Papier aus nachhaltiger Holzwirtschaft gedruckt.

11/12/01

KALENDER

Auf folgenden Messen, Kongressen und Veranstaltungen können Sie TÜV SÜD live erleben. Unser Expertenteam freut sich auf Ihren Besuch. Mehr Infos zu den Terminen: www.tuev-sued.de/konzernevents

November VDE-Kongress 2012, Stuttgart, 05.–06.11.2012 »Smart Grid – Intelligente Energieversorgung der Zukunft« ist dieses Jahr das Leitthema des VDEKongresses im Internationalen Congresscenter Stuttgart. Die intelligenten Stromnetze »Smart Grids« verbinden und steuern dezentrale Erzeuger- und Speicheranlagen. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur weiteren Integration erneuerbarer Energien TÜV SÜD ist vor Ort und bietet umfassende Beratungs- und Prüfdienstleistungen beim Einsatz von Embedded Systems an. Medica, Düsseldorf, 14.–17.11.2012 Im Gesundheitswesen sind Risikomanagement, Qualität, Sicherheit und Verantwortung von größter Bedeutung. TÜV SÜD stellt auf der weltweit größten Fachmesse für die Medizinbranche seine umfassenden Leistungen unter anderem im Bereich der Prüfung, Zertifizierung und Überwachung von Medizinprodukten vor. SPS/IPC/Drives, Nürnberg, 27.–29.11.2012 Auf der in Europa führenden Messe für elektronische Automatisierung werden Komponenten und komplette Systeme vorgestellt. TÜV SÜD unterstützt seine Kunden beratend bei der Entwicklung sicherheitsrelevanter Systeme, der Definition geeigneter Entwicklungsprozesse und durch Trainingsmaßnahmen.

Januar Arab Health, Dubai, 28.–31.1.2013 In der pulsierenden Metropole der Vereinigten Arabischen Emirate zeigt die 38. »Arab Health« die neuesten technischen Entwicklungen und Forschungen im Gesundheitswesen. Es wird mit 3.700 Ausstellern gerechnet. Parallel zur Messe findet ein viertägiger Kongress statt. Zu 18 einzelnen Konferenzen werden rund 500 internationale Experten als Redner erwartet.

klimaneutral

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gedruckt

TÜV SÜD Journal 31


5 Minuten

Jetzt Weiterbildung buchen!

Lkws im Langzeittest

Familienfreundlich arbeiten

Jetzt schon Bildungsmaßnahmen für das Jahr 2013 planen – das können Unternehmen auf der Internetseite der TÜV SÜD Akademie. Unter www.tuev-sued.de/akademie sind alle Seminare des kommenden Jahres abrufbar: rechtzeitig für die frühzeitige Einbeziehung in Strategie- und Budgetplanungen und die Schulungsziele in den Mitarbeitergesprächen.

Seit April 2012 läuft Europas größter Praxistest für Lkws, bestof9.eu. Nun wurden vom Testveranstalter Huss-Verlag und dem technischen Partner TÜV SÜD erste Ergebnisse vorgestellt. Ein Resultat: Die Euro-6-Fahrzeuge können in Sachen Sparsamkeit mithalten. Mit 28 Litern Verbrauch auf 100 Kilometern hat derzeit ein Euro-6-Lkw die Nase vorn.

Auszeichnung für Familienfreundlichkeit: TÜV SÜD hat das Qualitätssiegel »berufundfamilie« für weitere zwei Jahre erhalten. Neben flexiblen Arbeitszeitmodellen bietet das Unternehmen unter anderem Krippenplätze an. Über eine 24-Stunden-Hotline gibt es außerdem schnelle Hilfe rund um Pflege, Kinderbetreuung und schwierige Lebenssituationen.

thomas.wagenpfeil@tuev-sued.de

dieter.roth@tuev-sued.de

nicole.commessmann@tuev-sued.de

Neues Testzentrum in Schanghai

In einem neuen Testzentrum in der chinesischen Metropole Schanghai hat TÜV SÜD seine Labors gebündelt und seine Testmöglichkeiten ausgebaut. Die Einrichtung vereint die bisher in der Region angesiedelten Labors von TÜV SÜD unter einem Dach und erweitert die Möglichkeiten gleichzeitig: Auf mehr als 10.000 Quadratmetern befinden sich nun sechs Labors, in denen chemische Produkte, Lebensmittel, Textilien & Schuhe (Softlines), Elektround Elektronikartikel, mechanische Produkte und sogenannte Hardlines (unter anderem Sportartikel oder Haushaltswaren) getestet werden können. Das Testzentrum wurde durch den China National Accreditation Service for Conformity Assessment zertifiziert. Die Akkreditierung bei der Deutschen Akkreditierungsstelle läuft derzeit. charles.qiao@tuv-sud.cn

TÜV Italia prüft Anlagen in 14 italienischen Regionen

Die wiederkehrende Prüfung von Dampfkesseln und Druckbehältern, von Aufzügen oder Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen gehört in Deutschland zum TÜV SÜD-Kerngeschäft. Seit Sommer 2012 bietet der Konzern diese Leistungen auch südlich der Alpen an: Pünktlich zur vollständigen Liberalisierung des italienischen Prüfmarkts und dem Fall der letzten Monopole hat die TÜV SÜD-Tochtergesellschaft TÜV Italia eine entsprechende Akkreditierung erhalten und darf nun als Notified Body überwachungsbedürftige Anlagen prüfen. Denn erst seit Ende Mai 2012 können seit sich Unternehmen als »Zugelasseist der Anlagenprüfmarkt in Deutsch- ne Überwachungsstellen« in Italiland liberalisiert. Italien hat nun eine en akkreditieren lassen. Derzeit bieten rund 60 Mitarbeiterinnen entsprechende EU-Verordnung eben- und Mitarbeiter in 14 von insgefalls umgesetzt. samt 20 Regionen entsprechende Prüfleistungen an. Ein Fokus liegt daher auf großen, landesweit operierenden Unternehmen, die Dienstleistungen aus einer Hand in ganz Italien benötigen.

2008

boris.gehring@tuev-sued.de

32 TÜV SÜD Journal

5


5 Minuten

Britischer Spezialist für erneuerbare Energien TÜV SÜD versteht sich als weltweiter Experte für Dienstleistungen rund um erneuerbare Energien – jetzt mit noch mehr Expertise: Das britische Unternehmen Project Management Support Services Limited (PMSS) ist seit Sommer 2012 Teil der TÜV SÜD Gruppe. Das Leistungsspektrum von PMSS umfasst die Unterstützung bei der Projektentwicklung und Projektrealisierung, die Durchführung der Due Diligence sowie Planung und Kontrolle von Arbeitsschutz- und Umweltschutzmaßnahmen im Bereich der Windenergie und vor allem im Bereich von Offshore-Windparks. Durch die Verbindung dieser speziellen Expertise mit dem Know-how und den Erfahrungen von TÜV SÜD Mitarbeiter in der gesamten Energiewirtschaft entsteht beraten bei der neuen TÜV SÜDeiner der weltweit führenden Anbieter für die Unterstützung bei der Realisierung von Wind- Tochter PMSS Erbauer und Beenergie-Projekten. treiber von Windparks.

Top-Kundenbetreuung

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mvalente@tuvnel.com

Minuten mit TÜV SÜD

Bayerns Best 50

Smart Grid unter der Lupe

Als erster Versicherer in Deutschland hat die Allianz für die Qualität des Services in der Kundenbetreuung ein europaweit gültiges Zertifikat erhalten. Prof. Dr. Peter Schaff, Leiter der TÜV SÜD-Division Management Service, überreichte die Auszeichnung gemäß der Norm EN 15838 an Betriebsvorstand Dr. Manfred Knof. tomislav.vlahovic@tuev-sued.de

Seit 15 Jahren unterstützt TÜV SÜD das Unternehmen Kerafol bei der Umsetzung eines Managementsystems. Jetzt wurde der Hersteller für Spezialkeramik mit dem Preis »Bayerns Best 50« für herausragenden Innovationsgeist gewürdigt. Gratulation! johann.hoeller@tuev-sued.de

TÜV SÜD-Kunde gewinnt Anlagensicherheits-Award

Mit intelligenten Stromnetzen soll die Energiewende möglich werden. Entscheidend für die Realisierung solcher »Smart Grids« sind eine eingebettete Mess-, Steuer- und Regeltechnik zur Automatisierung der Stromverteilung sowie ein standardisierter Informationsaustausch. Seit wenigen Wochen verfügt TÜV SÜD hierzu über umfangreiche Testmöglichkeiten. Unter anderem werden im neuen Smart-Grid-Labor Geräte bezüglich der Norm IEC 61850 überprüft.

Der Verband der TÜV e.V. (VdTÜV) zeichnet einmal im Jahr Unternehmen aus, die Maßstäbe im Bereich der Anlagensicherheit setzen. In diesem Jahr ging ein Preis an die Stadtwerke München. rund TÜV SÜD prüft für diesen Kunden Rolltreppen und 170 Aufzüge Aufzüge und Fahrtreppen und nimmt prüfen die TÜV SÜD-Experten die Gefährdungsbeurteilung vor. Die Stadtwerke München setzen dabei auf für die Stadtwerke München. vorbeugende Wartung, zum Beispiel mit sensibler Sensortechnik. Diese meldet zum Beispiel, wenn die Temperatur in einem Getriebe steigt. Das zahlt sich aus: Die Verfügbarkeit der Aufzüge bei der Münchner U-Bahn liegt bei über 95 Prozent.

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kai.struebbe@tuev-sued.de dieter.roas@tuev-sued.de

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Zu guter Letzt

Goldrausch im Ein US-Unternehmen will Asteroiden zu Edelmetallminen machen und mit Bergbau im Universum Milliarden verdienen.

34 TĂœV SĂœD Journal


Zu guter Letzt

Weltall

Z

um Jahresendspurt ist am Himmel ganz schön was los: In Nordaustralien kann man am 13. November 2012 eine totale Sonnenfinsternis beobachten. Am 14. Dezember 2012 sieht man in Süddeutschland mit bloßem Auge die internationale Raumstation (ISS) in der Abenddämmerung. Nur von Planetary Resources keine Spur. Dabei hat das US-Unternehmen bereits vor einem halben Jahr angekündigt, mit Sonden, Robotern und Raumschiffen ins Weltall zu starten, um wertvolle Rohstoffe auf Asteroiden abzubauen. Der Medienhype war so groß wie die Namen, die hinter dem Projekt stehen. Gegründet wurde Planetary Resources von Eric Anderson und Peter Diamandis, die mit ihrem Erstunternehmen Space Adventures bereits seit 2001 Weltraumtouristen zur ISS bringen. Als technischen Leiter haben sie Chris Lewicki gewonnen, zuvor Chef der NASAMarsmissionen »Spirit« und »Opportunity«, sowie als Berater John Lewis, emeritierter Planetologie-Professor der Universität von Arizona und Verfasser des Werkes »Mining the Sky«. Nicht minder beeindruckend sind die Namen der Investoren. Google-Chef Larry Page, dessen unternehmerisches Gespür für Treffer allseits bekannt ist, gehört ebenso dazu wie Regisseur James Cameron, der bereits mit dem HollywoodBlockbuster »Titanic« bewiesen hat, eine Nase für Erfolgsgeschichten zu haben. Noch scheint nichts dafür zu sprechen, dass auch das Vorhaben von Planetary Resources eine wird. Dabei malt sich John Lewis bereits ein Happy End aus: Auf Billionen von US-Dollar schätzt er den Wert der Rohstoffe in den rund 8.900 bisher entdeckten erdnahen Asteroiden. Schließlich bestünden einige bis zu 30 Prozent aus Edelmetallen wie Gold und Platin. Der Plan, an die Schätze zu gelangen: Raumsonden vermessen die vorbeifliegenden Asteroiden und analysieren ihre Zusammensetzung. Erscheint sie gewinnbringend und hat der fliegende Felsbrocken einen Durchmesser von weniger als zehn Metern sowie ein Gewicht von unter 1.000 Tonnen, wird er abgeschleppt. Ein Raumschiff fängt ihn in einem Kokon aus Kevlar und zieht ihn darin in die Mondumlaufbahn. Dort beginnen Roboter mit dem Abbau der Rohstoffe. Ein Spaceshuttle bringt sie schließlich zur Erde. Alles in allem ein teures und langwieriges Unterfangen: Allein das Abschleppmanöver soll acht Jahre dauern und 2,6 Milliarden US-Dollar kosten. Als machbar gilt das Ganze allerdings. Aber was heißt schon gelten? Auch die Titanic galt als unsinkbar. Zumindest James Cameron sollte sich daran erinnern. TÜV SÜD Journal 35


Das Maß des Fortschritts

W

as macht ein Land innovativ? Die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) nennt in ihrem »Global Innovation Index 2012« 84 Faktoren. Sie reichen von den politischen Rahmenbedingungen für Firmenneugründungen über hohe öffentliche Ausgaben für Bildung bis hin zu unternehmerischer Förderung von Mitarbeitern durch Weiterbildungen, wie sie die TÜV SÜD Akademie anbietet. Die WIPO hat in Zusammenarbeit mit der internationalen Businesshochschule Insead die entsprechenden Daten für 141 Länder erfasst und daraus ein Innovationsranking erstellt. Francis Gurry, Generaldirektor der WIPO, stellt dabei fest, dass sich die Innovationsdynamik angesichts der Wirtschaftskrise verlangsamt habe, und warnt: »Ausgaben im Innovationsbereich dürfen nicht gekürzt werden, sonst riskieren Länder ihre Produktivität und ihren zukünftigen Wohlstand.«

Global Innovation Index 2012: Die Top 3 pro Region

(Maximal kann ein Land bei dem Ranking 100 Punkte erreichen. Quelle: www.wipo.int)

Finnland

Schweden Kanada

Schweiz

USA

Hongkong (China)

Tunesien Costa Rica

Singapur

Kolumbien

Mauritius

Brasilien Chile

Neuseeland

68.2 57.7

64.8

56.9 36.3

Nord- und Zentralamerika

42.7

36.6

39.2

35.5

Südamerika

63.5

61.8

Europa

37.4

Afrika

58.7

56.6

36.5

Asien und Ozeanien

WORLD INTELLECTUAL PROPERTY ORGANIZATION (WIPO). SOURCE: GLOBALINNOVATIONINDEX.ORG.

Südafrika


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