TÜV SÜD Journal 3/2013

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TÜV SÜD

journal ROBE #16 AUF DIE P ist eine gute Ser vicequalität: Was Dienstleistung?  WEG #24 AUF DEM ilbahnen, um die Städte setzen auf Se lösen. leme der Zukunft zu ob pr ts tä ili ob M PUNKT #30 AUF DEN  rnet: Worauf man Reisen aus dem Inte sollte. beim Buchen achten

# 03 2013

nt rmanageme e s s a W s Nachhaltige

s e t r e w h c s e b Ein un n r e h c i s n e f f b e rO L e d t f n u k u Z e i D

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a d t s i k i t s i g o L e shor


Editorial

Liebe Leserinnen und Leser, im Jahr 1830 erkrankten in Europa erstmals Menschen an einer bis dahin unbekannten Krankheit, die in den folgenden Jahrzehnten Zehntausende von Opfern forderte: die Cholera. Die Seuche fand in Europas Großstädten der aufkommenden Industrialisierung mit ihrer völlig überlasteten Wasserversorgung einen idealen Nährboden. Besiegt werden konnte die Krankheit erst, als moderne Trink- und Abwassernetze ausgebaut wurden und die Kommunen begannen, die Qualität des Wassers zu überwachen und zu schützen. Wasser ist der Ursprung allen Lebens. Ohne Wasser kann nichts wachsen und nichts gedeihen. Wasser kann aber auch krank machen. Einer wachsenden Bevölkerung sicheres und sauberes Wasser zur Verfügung zu stellen ist daher eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit – gerade auch in den schnell wachsenden Metropolen Asiens, Afrikas oder Südamerikas. Regionen wie Europa oder Nordamerika stehen dagegen primär vor der Frage, wie sie ihre Wasserver- und -entsorgung ressourcenschonender und nachhaltiger organisieren können.

Alles fließt …

Diese Themen stehen Hintergrundinfos zum Wassermanagement und zu den anderen Themen des TÜV SÜD Journals finden Sie auch in unserer neuen im Mittelpunkt unserer Titelgeschichte (ab Seite 6). kostenlosen App – mehr dazu auf Seite 36! Mit unserem neuen Bereich TÜV SÜD Water Services bündeln wir derzeit die vielfältige Kompetenz rund um Zuverlässigkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit von Wassermanagement – stellen Sie unsere Expertise auf die Probe.

Mit freundlichen Grüßen

Dr.-Ing. Axel Stepken Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG 2 TÜV SÜD Journal


Inhalt

Mehr Thema Mehr zum Thema

inUnserer Unserer Magazin-App Magazin-App in

Ab sofort gibt es das TÜV SÜD Journal auch als App – kostenlos im iTunes Store und bei Google Play. Zu jedem Artikel mit diesem Symbol finden Sie dort noch mehr Infos und Service.

#06

TITELSTORY Nachhaltiges Wassermanagement: Was Singapur zum Paradebeispiel macht für den Umgang mit dem lebenswichtigen Rohstoff.

Auf die

Auf dem

Auf den

Was treibt Menschen weltweit um? Wir nehmen technische und gesellschaftliche Entwicklungen unter die Lupe.

Die Welt von morgen im Blick: Diese Innovationen könnten schon bald unser Leben prägen.

Nachgefragt! Unsere »Mehrwert«-Seiten machen komplexe Zusammenhänge leicht verständlich.

#16 Des Kunden bester Freund Was den Unterschied zwischen guter und exzellenter Servicequalität ausmacht, erklärt Marketingexperte Professor Dr. Christian Coenen im Interview.

#22 Tüte von besonderer Güte Knappes, teures Erdöl als Basis für die Kunststoffherstellung verwenden? Kommt nicht in die Tüte! In der Verpackungsindustrie sind Biokunststoffe auf dem Vormarsch.

#28 Ganz tief im Gestein Fracking steht derzeit stark in der Diskussion. Aber wie funktioniert dieses Verfahren zur Erdgasgewinnung aus tief gelegenen Gesteinsschichten eigentlich?

#18 Bleibt doch hier! Forschung und Lehre sichern die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Genau wie Unternehmen ringen deshalb auch Universitäten mit immer mehr Aufwand um die besten Kräfte.

#24 Drahtseilakte Stadtseilbahnen sind längst mehr als eine Touristenattraktion. Weltweit begegnen Metropolen damit Mobilitätsengpässen auf immer enger werdendem Raum.

#30 Ratgeber Reise Das Internet steckt voller verlockender Reiseangebote. Aber welche sind auch wirklich seriös? Fünf Tipps, wie Sie Ihren Urlaub möglichst sicher online buchen.

#4 TÜV SÜD im Bild #14 5 Minuten mit TÜV SÜD

#21 Vor Ort #31 Termine/Impressum

#32 5 Minuten mit TÜV SÜD #34 Zu guter Letzt

PROBE

WEG

PUNKT

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TÜV SÜD im Bild

Nachhaltiges

Vergnügen Schneller, höher, weiter: Die Entwicklung in Freizeitparks gleicht Olympischen Spielen. Die Fahrgeschäfte werden immer spektakulärer. Ein Rekord jagt den nächsten. Das steigert allerdings nicht nur den Kick für Besucher, sondern oft auch den Energiebedarf, den Flächenverbrauch und die Emissionen. Mit dem Zertifikat »Green Amusement Park« hat TÜV SÜD nun einen Standard entwickelt, der die Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit von Freizeitparks bewertet und bescheinigt. Als erster Vergnügungspark weltweit wurde der Europa-Park in Rust zertifiziert, der fünf Hotels bietet, einen Campingplatz und mehr als 100 Attraktionen wie die Holzachterbahn »Wodan« (Foto). »Eine gute Bewertung bekam der Park unter anderem für die Energieerzeugung mit Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen und einem Wasserkraftwerk sowie für den Erhalt alter Baumbestände und für die Schaffung neuer Grünflächen trotz des kontinuierlichen Ausbaus und der Schaffung neuer Attraktionen«, berichtet TÜV SÜD-Experte Ernst Donislreiter. »Wir sind stolz auf das Ergebnis«, sagt Europa-Park-Inhaber Roland Mack. »Gleichzeitig wissen wir auch, dass wir nicht am Ende unserer Bemühungen sind, denn wir müssen an diesem wichtigen Thema konsequent weiterarbeiten.« Mehr Infos: www.tuev-sued.de/freizeitparks 4 TÜV SÜD Journal


TÜV TÜV SÜD SÜD imim Bild Bild

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Titelstory

Alles Text: Sandra Lehmann

Wasser bewegt sich in einem stetigen Kreislauf: Was verdunstet, regnet wieder auf die Erde herab. Doch was ist mit dem Wasser, das durch Industrie und Haushalte verschmutzt wird? Ohne efďŹ zientes Recycling droht der kostbare Rohstoff, den wir zum Leben brauchen, verloren zu gehen.


Titelstory

Ohne Wasser macht das Leben oft nur halb so viel Spaß. Aber ohne Wasser wächst auch keine Pflanze, kann kein Mensch oder Tier überleben.

MEHR ZUM THEMA

IN UNSERER MAGAZIN-APP

im

s s u l F


»Es geht nicht nur um ein besseres

Wassermanagement, sondern auch um eine nachhaltige Stadtgestaltung.« – Gerhard Hauber, Mitinhaber des Ateliers Dreiseitl

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Titelstory

Der Kallang River in Singapur. Bis 2009 war er in ein Betonkorsett gezwungen. Dann begann der Umbau zum Wasserschutz- und Naherholungsgebiet.

97,5

E

infach den Wasserhahn aufdrehen, die Toilettenspülung betätigen oder eine erfrischende Dusche nehmen. Was für Bewohner von Industrienationen eine Selbstverständlichkeit ist, bedeutet für viele Menschen auf der Welt Luxus. So haben eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, fast doppelt so viele können weder auf sanitäre Anlagen noch auf ein funktionstüchtiges Abwassersystem zurückgreifen. Ein Problem, das sich in den nächsten Jahrzehnten noch wesentlich verschärfen könnte. Demografischen Berechnungen zufolge werden 2050 neun Milliarden Menschen auf der Erde leben, die sauberes Wasser als Nahrungsmittel, Wirtschaftsgut, Produktionsfaktor und Energielieferant verwenden. Das stellt nicht nur Entwicklungsländer, sondern auch Industriestaaten vor wachsende Herausforderungen. Denn bereits heute gehört Wasser zu den wertvollsten Ressourcen der Welt. Kann ohnehin nur ein winziger Teil des weltweiten Vorkommens erschlossen und für Mensch und Industrie nutzbar gemacht werden (siehe Zahlen rechts oben), verknappt der voranschreitende Klimawandel das Angebot an Oberflächen- und Grundwasser in vielen Teilen der Erde zusätzlich. Ganzheitlich statt eindimensional

Diese Erfahrungen hat auch der Stadtstaat Singapur gemacht. Das veraltete Regenwassersystem der Stadt, das hauptsächlich aus Betonkanälen bestand, konnte der wachsenden Zahl der Einwohner und der Weiterentwicklung Singapurs zum Industrie- und Finanzzentrum Südostasiens nicht mehr gerecht werden. Nach wie vor muss Wasser aus dem Nachbarstaat Malaysia importiert werden, um den Trink- und Nutzwasserbedarf der Insel zu decken. Um von den Wasserimporten bis zum Jahr 2050 unabhängig zu werden, beschloss die Regierung des asiatischen Stadtstaats 2009, das Regenwasser für die Versorgung der Einwohner zu nutzen. Unter dem Motto »Active, beautiful, clean« (ABC-Programm) ist

69,5 Prozent des Süßwassers ist Pol- und Gletschereis.

29,5 Prozent des Süßwassers kommt unterirdisch vor.

FLÜSSE UND BINNENSEEN MACHEN LEDIGLICH

1 Prozent davon aus. ein ganzheitliches Projekt zum nachhaltigen Umgang mit dem kostbaren Nass entstanden. Für internationales Aufsehen hat vor allem die »NEWwater«-Initiative gesorgt – bei der Abwasser aufbereitet und vor allem als industrielles Brauchwasser wiederverwendet wird. Gleiches geschieht mit dem anfallenden Regenwasser, das durch die Renaturierung des Kallang River und die Neugestaltung des umliegenden Bishan Parks gesammelt und vorgereinigt werden kann. Der rückgebaute Fluss dient dabei zum einen als Reservoir

für die Trinkwasserversorgung und zum anderen als Überflutungszone bei Starkregen. »Es ging uns bei der Neugestaltung nicht nur um besseres Wassermanagement, sondern auch um eine nachhaltige Stadtgestaltung«, sagt Gerhard Hauber, Mitinhaber des Ateliers Dreiseitl aus Überlingen, das den Umbau geplant und durchgeführt hat. Hauber beschäftigt sich seit 20 Jahren mit effizientem Wassermanagement und weiß, dass in vielen Großstädten vor allem die zunehmende Versiegelung von Flächen ein Problem

»NUTZE JEDEN TROPFEN WASSER MEHRMALS« Trinkwasser

Abwasser

Regenwasser

Brauchwasser sekundäre Nutzung

A B

Dieses Motto verbindet das Wassermanagement Singapurs mit dem Projekt DEUS 21 unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächenund Bioverfahrenstechnik. Das Prinzip dahinter: In jeweils getrennten Kreisläufen wird benutztes Wasser und Regenwasser in mehreren Schritten geklärt und dann je nach Hygienegrad zum Duschen, Waschen und Putzen wieder in die Haushalte eingespeist (A) oder anderweitig, etwa für die Industrie oder Landwirtschaft, genutzt (B).

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Titelstory

UNSERE H20-BILANZ Jeder Mensch in Industrienationen verbraucht ungefähr 130 Liter Wasser am Tag für Duschen, Zähneputzen oder Kochen. Damit ist aber nur die Menge gemeint, die direkt aus dem Hahn kommt. Für die Herstellung von Gebrauchsgütern und Lebensmitteln landet einiges mehr auf unserer virtuellen Wasserrechnung.

43

107

Badewannen, 15.000 l Wasser pro kg Rindfleisch

Badewannen, 6.000 l Wasser pro Stück Jeanshose

1

1.071 Automobil

Die Marina Barrage im Hafen von Singapur ist nicht nur eines der schönsten Wasserreservoirs der Stadt, sie verfügt auch über eine der modernsten Meerwasserentsalzungsanlagen der Welt.

Badewannen, 150.000 l Wasser pro Stück

Badewanne, 140 l Wasser pro Tasse Tasse Kaffee

»In trockenen Regionen können dezentrale Systeme helfen,

Trinkwasser zu sparen und Ressourcen zu schützen.« – Dr.-Ing. Marius Mohr, Fraunhofer IGB Stuttgart

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Titelstory

darstellt. »Deshalb achten wir bei unseren Projekten darauf, dass genügend Regenwassermanagementpotenziale wie zum Beispiel Gründächer vorhanden sind, die das Regenwasser sammeln und auf natürliche Weise vorreinigen«, sagt Hauber. Jeden Tropfen nutzen

Nicht nur die Wiederverwendung von Regenwasser steht bei innovativem Umgang mit dem kühlen Nass ganz vorne. Vor allem in Regionen, die Zugang zu Meerwasser haben, setzen Experten inzwischen auf große Entsalzungsanlagen zur Gewinnung von Trinkwasser. In Israel, Jordanien und Palästina hat man damit inzwischen große Erfolge erzielt. Im Rahmen des internationalen Projektes SMART wurden im unteren Jordantal drei große Meerwasserentsalzungs- und Wiederaufbereitungsanlagen installiert, die unterirdische Sammelbecken mit Trinkwasser auffüllen. In Israel liegt die Aufbereitungsquote inzwischen bei 85,6 Prozent, was einen Wasservorrat für die nächsten 25 Jahre garantiert. »Entscheidend ist dabei die Nachhaltigkeit«, betont Dr. Andreas Hauser, Leiter TÜV SÜD Water Services. »Es gibt einen Trend zu innovativen Verfahren, die Meerwasserentsalzung von der Nutzung fossiler Energiequellen unabhängiger macht und auf erneuerbare Energien, beispielsweise Photovoltaik, setzt.« Mehrstufige Aufbereitungsverfahren

Mit sogenanntem Wasserrecycling beschäftigt sich auch das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart. Gemeinsam mit dem Institut für System und Innovationsforschung

ISI in Karlsruhe arbeiten die Experten derzeit an dem Wassermanagementsystem DEUS 21, das die Aufbereitung von Regenwasser in den Mittelpunkt stellt. Ziel ist es, die gesammelten Niederschläge so gut zu klären, dass sie als Ersatz für Trinkwasser, beispielsweise in der Spülmaschine, oder zum Duschen geeignet sind. Mittels eines mehrstufigen Aufbereitungsverfahrens werden dabei zunächst alle größeren Partikel entfernt. Dann entfernen Aktivkohlefilter gelöste Stoffe wie Pestizide. UV-Lampen töten anschließend Keime ab. So wäre das recycelte Wasser sogar zum Trinken geeignet. »Gerade in Regionen, wo Mangel an Rohwasser besteht, könnte unser System einen wertvollen Beitrag zum Schutz der Trinkwasserressourcen leisten«, sagt Dr. Marius Mohr, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IGB. Vom Abfallprodukt zum Wertstoff

Auch beim Abwassermanagement bietet das Projekt der Stuttgarter Forscher spannende Ansätze. Durch den Einsatz einer Vakuumkanalisation – das Prinzip kennt man von Flugzeugtoiletten – können zum Beispiel Fäkalien extrem wassersparend entsorgt werden. Pro Spülung wird gerade mal ein Liter Wasser verbraucht im Gegensatz zu bis zu acht Litern bei herkömmlichen Toiletten. »So wird die wertvolle Ressource nicht unnötig verschwendet«, erläutert Mohr. Die neu entwickelte Abwassertechnologie sei zudem in der Lage, Stoffkreisläufe zu schließen, indem sie Inhaltsstoffe des Abwassers zu Wertstoffen wie beispielsweise Dünger umwandelt. Angeschlossen an einen Bioreaktor könnte aus den Abfallprodukten sogar Biogas und damit wertvolle Energie In sogenannten Faultürmen können aus Abwasser Wertstoffe wie Dünger und Biogas gewonnen werden.

Mehr Effizienz in der Wasserwirtschaft Vor dem Hintergrund der weiter wachsenden Weltbevölkerung, der fortschreitenden Urbanisierung und des Klimawandels ist die Wasserversorgung eines der zentralen Zukunftsthemen. Vor allem in den schnell wachsenden Städten in China, Indien und im Nahen Osten, aber auch in entwickelten Regionen wie den USA müssen die Infrastrukturen für die Trinkwasserversorgung und die Abwasserentsorgung aufgebaut, ausgebaut oder modernisiert werden. TÜV SÜD schafft mit seinem neuen Bereich Water Services durch Qualitätssicherung, Risikobewertung und das Aufzeigen von Optimierungsansätzen effiziente, sichere und nachhaltige Lösungen sowie belastungsfähige Entscheidungsgrundlagen für die Planung und Realisierung der entsprechenden Maßnahmen und Projekte.

gewonnen werden. Das könnte den Wassermangel in besonders trockenen Regionen wie Afrika bekämpfen und gleichzeitig die Versorgung der Landwirtschaft sichern, die dort zu den wichtigsten Wirtschaftsfaktoren zählt. Das Bewusstsein schärfen

Diese Abwassertechnologie könnte auch ein Gewinn für die Industrie sein. Gerade die separate Behandlung unterschiedlich stark belasteter Abwasserströme sowie die Rückgewinnung von Energie durch anaerobe Klärung könnte zu erhöhter Energieeffizienz in der industriellen Produktion beitragen. »Wir sind bereits mit Vertretern unterschiedlicher Branchen in Kontakt und verhandeln über die Umsetzung unserer Ansätze für die Industrie«, sagt Marius Mohr. Obwohl bis zur flächendeckenden Umsetzung der Ansätze des Fraunhofer IGB und ISI noch einige Zeit vergehen wird, können sie eines schon heute leisten: das Bewusstsein von Verbrauchern und Industrie für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem wertvollsten aller Rohstoffe schärfen.

Mehr Infos zum Thema im TÜV SÜD-Geschäftsbericht: www.tuev-sued.de/urbanezukunft TÜV SÜD Journal 11


Standpunkte

STANDJerry van den Berge Sprecher der europäischen Bürgerinitiative Right2Water

»Wasser zu privatisieren heißt, den Giganten der Branche freies Spiel zu gewähren.«

A

lle Menschen in Europa und darüber hinaus sollten garantierten Zugang zu qualitativ hochwertigem Wasser haben und diesen auch bezahlen können. Das funktioniert aber nur, wenn die Wasserversorgung in öffentlicher und demokratischer Hand bleibt. Das Ziel der Europäischen Kommission ist es aber, einen gemeinsamen Binnenmarkt zu schaffen. Das hat eine Privatisierungswelle ausgelöst, die innerhalb der letzten zehn Jahre bereits die Sektoren Elektrizität und Telekommunikation erfasst hat. Die Theorie: Mehr Wettbewerb bringt qualitativ hochwertigere Produkte hervor und lässt die Preise sinken. Im Bereich der Wasserwirtschaft sieht die Praxis anders aus. Das zeigt der europäische Vergleich: Während öffentliche Versorger in den Niederlanden, Belgien und Deutschland Benchmarking betreiben und so die Wasserqualität konstant hoch halten, wächst in Frankreich, Portugal und Großbritannien die Unzufriedenheit über die privatisierte Wasserversorgung. Hier booten internationale Großunternehmen lokale Konkurrenten mit niedrigen Angeboten aus. So gewinnen sie erst mal das regionale Monopol auf die Wasserversorgung. Innerhalb weniger Jahre aber erhöhen sie die Preise um mehrere 100 Prozent. Die erwirtschafteten Überschüsse werden jedoch weder reinvestiert, noch fließen sie an die Verbraucher zurück. Die Interessen der Bürger bleiben außen vor.

TRINK WASSER Besser aus öffentlicher oder privater Hand? 12 TÜV SÜD Journal


Standpunkte

M

oderne Wasserversorgung braucht neueste Wassermanagementsysteme, stetige Kontrolle und geschultes Fachpersonal. Privatunternehmen sind dabei vor allem von der Zufriedenheit ihrer Kunden abhängig. Das garantiert bessere Qualität und faire Preise. Häufig wird privaten Wasserversorgern vorgeworfen, sie würden nur an Rendite denken und dabei Investitionen in das Netz vernachlässigen. Das trifft auf unser Unternehmen Thames Water UK mit seinen 14 Millionen Kunden nicht zu. Seit unserem Marktstart im Jahr 1989 haben wir knapp 20 Milliarden Euro in unser Trink- und Abwassernetz investiert. Andere britische Firmen haben weitere 106 Milliarden Euro für den Ausbau der Leitungen in Großbritannien aufgewendet. Ergebnis der Invests ist, dass die Wasserqualität für Kunden von Thames Water so gut ist wie nie zuvor. Außerdem ist es uns gelungen, auf unserem rund 32.000 Kilometer langen Versorgungsnetz Leckagen auf ein Minimum zu reduzieren. Bestes Trinkund Brauchwasser ist vor allem eine Frage langfristiger Investitionen. Private Unternehmen können hier natürlich mehr ausrichten als kommunale Wasserversorger. Das zeigen letztlich auch die Zahlen. Während die Kosten für Wasser in Großbritannien zwischen 1979 und 1989 jährlich um sieben Prozent gestiegen sind, lag die Teuerung nach der Privatisierung nur noch bei jährlich zwei Prozent.

PUNKTE Simon Evans Sprecher des Wasserversorgungsunternehmens Thames Water UK

»Privatunternehmen arbeiten wesentlich effizienter als kommunale Wasserversorger.«

Europa ist gespalten: In Ländern wie Großbritannien oder Frankreich ist die Wasserversorgung privatisiert. In Deutschland zum Beispiel liegt sie in öffentlicher Hand. Welches Modell ist für den Verbraucher das bessere?

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5 Minuten

Gebrauchtwagen: Auszeichnung für TÜV SÜD Iberia

Mit TÜV SÜD von Vietnam aus auf den Weltmarkt

Datenträger mit vertraulicher Information sicher vernichten

Ganvam, der spanische Verband der Automobilhändler und Werkstätten, hat TÜV SÜD in Spanien für sein System NUMoS ausgezeichnet. Das webbasierte GebrauchtwagenAnalysesystem erlaubt Händlern einen fundierten Überblick über Unternehmenszahlen und ist ein innovatives Instrument, um den Handel mit gebrauchten Fahrzeugen transparent zu steuern.

TÜV SÜD erleichtert Möbelherstellern in Vietnam den Zugang zum Weltmarkt. Gemeinsam mit HAWA, dem Verband der holzverarbeitenden Industrie des südostasiatischen Staats, wird TÜV SÜD dazu eine Reihe von Trainings durchführen. Inhaltlicher Schwerpunkt ist das Thema Qualitätskontrolle. Die Mitgliedsunternehmen von HAWA sind hauptsächlich kleine Unternehmen, oft in Familienbesitz.

Akten, Festplatten, Smartphones – wer Datenträger entsorgt, möchte sichergehen, dass auch die darauf befindlichen Informationen vernichtet werden. TÜV SÜD zertifiziert jetzt Unternehmen nach der DIN-Norm 66399 für eine solche sichere Datenträgervernichtung. Sie beschreibt in Schutzklassen und Sicherheitsstufen unter anderem die zulässigen Partikelgrößen nach der Zerkleinerung.

natalia.homs@tuev-sued.es

mei-yu.hong@tuv-sud-psb.sg

rainer.seidlitz@tuev-sued.de

Sichere Kleidung und Schuhe: neues Labor in Indonesien

Textilien und Schuhe, sogenannte Softlines, müssen bei der Einfuhr in die Europäische Union oder die USA strenge Anforderungen in puncto Sicherheit erfüllen und dürfen beispielsweise nicht mit giftigen Stoffen belastet sein. TÜV SÜD unterhält für die notwendigen Tests moderne Labors in allen bedeutenden Herstellerländern und prüft direkt vor Ort nach internationalen Standards. Seit Kurzem sind solche Prüfungen auch in Indonesien möglich. Ein entsprechendes Labor in Jakarta wurde jetzt von der indonesischen Akkreditierungsbehörde KAN anerkannt und unter Anwesenheit zahlreicher Medienvertreter eröffnet (siehe Foto). Angeboten werden sowohl chemische Tests als auch Prüfungen von spezifischen Produkteigenschaften, zum Beispiel die Entflammbarkeit. Das Labor wird in Kooperation mit dem indonesischen Unternehmen PT Qualis Indonesia betrieben. Über eine Partnerschaft mit dem japanischen Prüfunternehmen Nissenken werden auch speziell Produkte geprüft, die für den japanischen Markt bestimmt sind. mei-yu.hong@tuv-sud-psb.sg

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TÜV SÜD Sec-IT GmbH schafft Vertrauen im IT-Umfeld Mit seiner neuen Tochtergesellschaft TÜV SÜD Sec-IT GmbH baut TÜV SÜD seine Aktivitäten im Bereich Datensicherheit weiter aus. Die neue Gesellschaft bietet umfangreiche Dienstleistungen rund um Datenschutz, Neue Medien und IT-Security. Im Vordergrund stehen dabei stets Sicherheit und Mehrwert. Neben bestehenden Leistungen bietet die TÜV SÜD Sec-IT GmbH künftig auch neue Sicherheitsdienstleistungen für Rechenzentren und IT-Forensik an. »Vor allem Verbraucher wissen oft oder nicht, was genau mit ihren Daten Angriffe von außen bedrohen jedes passiert. Sie müssen und wollen auf einen zuverlässigen Partner Unternehmen! TÜV SÜD Sec-IT bietet hier Sicherheitslösungen an. vertrauen«, sagt Wolfgang Hock, Geschäftsführer der TÜV SÜD SecIT GmbH. »Für Unternehmen ist es deshalb wichtig, den Überblick über die Sicherheit ihrer IT-Systeme zu behalten. Genau hier setzen wir an. Wir haben unser Angebot für IT-Security erweitert, um Risiken zu minimieren – für Unternehmen und Verbraucher.« Externe Datenschutzbeauftragte von TÜV SÜD leisten dabei den Unternehmen auch Hilfe vor Ort.

Datenlecks

wolfgang.hock@tuev-sued.de


5 Minuten

TÜV SÜD setzt sich für sichere Textilien ein

FAST 2.300

Neuer Finanzvorstand der TÜV SÜD AG

In Europa sind viele gefährliche Textilien auf dem Markt. Das geht aus dem RAPEX- Erzeugnisse wurden im Jahr Jahresbericht 2012 der Europäischen 2012 in die RAPEX-Datenbank Kommission hervor. Mit dem RAPEXeingetragen, 16 Mal so viele Schnellwarnsystem hat die EU ein Instrument geschaffen, mit dem nationale Be- wie im Jahr 2003. hörden vor gefährlichen Erzeugnissen warnen können: Mittlerweile sind 34 Prozent aller beanstandeten Waren Textilien. Damit Hosen, Hemden oder T-Shirts für die Konsumenten sicher sind, bietet TÜV SÜD umfangreiche Dienstleistungen an: von Produktzertifizierungen bis zu sogenannten Pre- und Post-Shipment-Inspektionen. Zu diesem Zweck wurden das weltweite Labornetz und vor allem die Kapazitäten für chemische Prüfungen in den letzten Jahren gezielt ausgebaut.

Der TÜV SÜD-Aufsichtsrat hat Dr. Matthias J. Rapp mit Wirkung zum 16. August 2013 in den Vorstand bestellt. Dr. Rapp wird unter anderem für die Bereiche Finanzen, Controlling, M&A, Einkauf, IT und Risikomanagement verantwortlich sein. Der 46-jährige Manager folgt auf den bisherigen Finanzvorstand Dr. Peter Klein, der im April 2013 auf eigenen Wunsch aus dem TÜV SÜD-Vorstand ausgeschieden ist.

jens.butenandt@tuev-sued.de

matthias.andreesen@tuev-sued.de

Minuten mit TÜV SÜD

Red Dot Award für TÜV SÜD-Geschäftsbericht

Region Korea unter neuer Leitung In Südkorea werden die TÜV SÜD-Geschäfte seit Mai 2013 von einem neuen CEO verantwortet: Stefan Rentsch, bisher Geschäftsführer der TÜV SÜD Battery Testing GmbH und bis Ende 2011 Head of E-Mobility, wird die Aktivitäten des Prüfkonzerns in der asiatischen Region vorantreiben. TÜV SÜD verfügt in Südkorea vor allem auf dem Energiesektor über eine starke Marktposition. stefan.rentsch@tuv-sud.kr

Neuer Chef für wachsendes Westeuropa-Geschäft Der Geschäftsbericht 2012 der TÜV SÜD AG ist eine der weltweit besten Publikationen des aktuellen Jahres. Der Bericht mit dem Titel »Urbane Zukunft« erhält einen Red Dot Award und damit einen Preis in einem der international renommiertesten Designwettbewerbe. Bereits vor zwei Jahren war der TÜV SÜD-Geschäftsbericht mit einem Red Dot Award ausgezeichnet worden. Insgesamt wurden rund 6.500 Arbeiten für den Wettbewerb eingereicht. In der Kategorie »Annual Reports« wurden knapp 30 besonders gute Geschäftsberichte ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am 18. Oktober 2013 in Berlin statt. Der Red Dot Design Award ist der weltweit größte Designwettbewerb. Bereits seit 1954 zeichnet das Design Zentrum Nordrhein Westfalen, damals noch Industrieform e. V., herausragendes Design aus. Der begehrte »rote Punkt« hat sich seither als international anerkanntes Qualitätssiegel etabliert und wird heute in verschiedenen Disziplinen vergeben.

Seit April 2013 ist Michael Valente neuer CEO Westeuropa. Die drittgrößte Region im TÜV SÜD-Konzern erwirtschaftete im vergangenen Jahr knapp 200 Millionen Euro Umsatz und wuchs dabei dank zahlreicher Übernahmen um rund 20 Prozent. Valente startete 2001 bei dem Prüfkonzern als Geschäftsführer des Tochterunternehmens NEL. 2010 wurde er Leiter der gesamten Konzernaktivitäten in Großbritannien.

joerg.riedle@tuev-sued.de michael.valente@tuv-sud.co.uk

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Auf die Probe

AUF DIE PR O B E

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Des Kunden bester freund 16 TÜV SÜD Journal


Auf die Probe

Wann fühlen wir uns gut bedient und gut beraten? Und wann empfehlen wir eine Dienstleistung gerne weiter? Marketingexperte Professor Dr. Christian Coenen erklärt den Unterschied zwischen gutem und exzellentem Service. Mehr zum Thema

in Unserer Magazin-App Interview: Hendrik Nölle

Herr Coenen, wie lässt sich die Qualität von Dienstleistungen messen? Während Sachgüter gewisse Eigenschaften und Merkmale aufweisen, anhand derer sich ihre Qualität bestimmen lässt, spielen bei Services Merkmale eine entscheidende Rolle, die sich nicht unmittelbar und einfach messen lassen: die individuelle Wahrnehmung, bereits gemachte Erfahrungen mit dem Dienstleister und das Vertrauen in ihn. Jeder Kunde erlebt eine Dienstleistung auf eine andere Weise.

dem Service unterschiedlich zufrieden sein. Dieses subjektive Empfinden ist die größte Herausforderung beim Thema Servicequalität. Welche Faktoren entscheiden, ob ein Kunde zufrieden ist oder nicht? Das oberste Gebot im Dienstleistungsgeschäft lautet: Versprechen einhalten und zuverlässig sein. Wichtig ist auch ein professioneller Umgang mit Kundenfeedback. Beschwerden oder Reklamationen sollten unbedingt ernst

»Die besten Tipps

geben unzufriedene Kunden.« – Professor Dr. Christian Coenen Wenn zum Beispiel zwei Kunden getrennt voneinander in ein Restaurant gehen, das gleiche Essen bestellen und von demselben Kellner bedient werden, werden beide danach mit

Professor Dr. Christian Coenen Seit 2007 ist der Betriebswirt Professor für Marketing und Services Management an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Wädenswil in der Schweiz. Als Consultant unterstützte er zahlreiche Unternehmen bei der Optimierung ihrer Servicequalität. In seiner Forschung beschäftigt er sich insbesondere mit den Zusammenhängen zwischen firmeninternen und -externen Faktoren, die zur Steigerung des unternehmerischen Erfolges beitragen.

genommen werden. Den dritten Punkt nenne ich die »persönliche Note«. Dabei geht es darum, dem Kunden eine Individualität zu geben, indem man ihm personalisierte Mailings schickt oder Produkte empfiehlt, die seinen Bedürfnissen entsprechen. Besonders positiv fällt zuvorkommendes und aufmerksames Verhalten auf, wenn ein Kunde zum Beispiel merkt, dass ein Mitarbeiter etwas für ihn tut, was er eigentlich nicht tun müsste. Wie können Unternehmen ihren Service verbessern? Bei einer Dienstleistung stehen Kunde, Mitarbeiter und Unternehmen in einer Dreiecksbeziehung zueinander: Das Unternehmen macht Versprechen, die von den Mitarbeitern im Dialog mit den Kunden eingelöst werden müssen. Will die Organisation ihre Servicequalität verbessern, muss sie ihre Angestellten durch Weiterbildung und Trainings dazu befähigen, diese Anforderung besser umzusetzen.

Und wie schafft man es, die Servicequalität konstant hoch zu halten? Häufig wird versucht, Qualität durch standardisierte Prozesse sicherzustellen. Damit kann aber bestenfalls Unzufriedenheit vermieden werden. Will man begeisterte Kunden, die gerne wiederkommen und sogar eine Weiterempfehlung aussprechen, muss man jeden Tag aufs Neue individuelle Lösungen anbieten und hohes Engagement zeigen – selbstverständlich immer unter der Berücksichtigung von Effizienz und Rentabilität. Welche Rolle spielt der einzelne Mitarbeiter dabei? Er ist der Schlüsselfaktor der Dienstleistung. Der Mitarbeiter repräsentiert das Unternehmen und ist gleichzeitig auch Marktforscher. Denn er hat das Ohr am Kunden und hört aus erster Quelle, was seine Wünsche und Bedürfnisse sind. Man kann ihn also gar nicht hoch genug einschätzen, was die subjektive Qualitätswahrnehmung der Kunden anbelangt.

Mehr Infos zum Thema Servicequalität: www.tuev-sued.de/management-systeme/serviceexzellenz

Den Service optimieren Professionelles Kundenmanagement und herausragender Service tragen maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens bei. Dabei ist exzellente Servicequalität kein Zufall, sondern basiert auf einem funktionierenden Servicemanagementsystem und qualifizierten Mitarbeitern. TÜV SÜD unterstützt Firmen bei der Optimierung ihrer Servicemanagementsysteme und ist spezialisiert auf deren Zertifizierung sowie auf die Schulung von Mitarbeitern.

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Auf die Probe

Bleibt doch hier! Text: Sandra Lehmann

Forschung und Lehre sichern die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Genau wie Unternehmen ringen deshalb auch Universitäten mit immer mehr Aufwand um die besten Kräfte. Es geht darum, in- und ausländische Topwissenschaftler nachhaltig zu binden.

P

rofessor Dr. Thomas Taubner kann Dinge sichtbar machen, die wir mit bloßem Auge nicht erkennen. Der promovierte Physiker ist Spezialist auf dem Gebiet der Nanotechnologie und arbeitet mit seiner Forschungsgruppe an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen gerade an einem Infrarotlaser, der die chemische Struktur von Nano18 TÜV SÜD Journal

partikeln hochaufgelöst darstellen kann: eine Innovation, die Taubner um ein Haar nicht in Deutschland, sondern im kalifornischen Silicon Valley vorangetrieben hätte. Eine Postdoktorandenstelle an der renommierten Stanford University wäre für Taubner als Sprungbrett in die höheren Sphären des amerikanischen Wissenschaftsbetriebs bereitgestanden.

»Ich war bereits in den USA und hatte mich auf eine Professorenstelle in Kalifornien beworben, als ich das Angebot bekam, in Aachen eine eigene Forschungsgruppe zu leiten. Das hat mich motiviert, nach Deutschland zurückzukommen«, sagt Taubner. Hilfe erhielt er dabei vor allem vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der Taubner ein Stipendium vermittelte, sowie vom German Academic International Network (GAIN), das ihn mit entsprechenden Kontakten zu deutschen Hochschulen unterstützte. Beide Organisationen bemühen sich seit Jahren darum, deutsche Akademiker im Ausland wieder zurück in die heimische Forschungslandschaft zu locken, um die dauerhafte Abwanderung wissenschaftlicher Fachkräfte und ihres Know-hows zu verhin-


Auf die Probe

Silicon Valley oder grüne Idylle rund um Aachen (Foto links)? Der Physiker Professor Dr. Thomas Taubner hatte die Wahl, in Deutschland oder an einer US-amerikanischen Eliteuniversität zu forschen. Für dieses und kommendes Jahr ist seine Entscheidung gefallen.

dern. Mit Erfolg. Eine Umfrage unter den Mitgliedern von GAIN ergab, dass zwischen 2004 und 2011 zwei Drittel der deutschen Wisssenschaftler mit einer Anstellung in Nordamerika oder Kanada nach Deutschland zurückkehrten. »Es sind vor allem die verbesserten Forschungsbedingungen, die den Wissenschaftsstandort Deutschland zunehmend attraktiver machen. Endlich einmal mit ausreichenden Mitteln arbeiten zu können ist für viele sehr reizvoll«, sagt Gerrit Rößler, Leiter des Netzwerks GAIN. Eine Studie der German Scholar Organization e. V. (GSO), bei der 52 zurückgekehrte Professoren befragt wurden, bestätigt diesen Trend. Danach bewertete ein Großteil die Forschungs- und Gestaltungsmöglichkeiten an deutschen Universitäten mit sehr gut bis gut.

Innovation braucht Fachpersonal

Nach Deutschland zurückzukommen, wäre für viele Nachwuchswissenschaftler vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen. Zu schlecht war der Ruf des deutschen Hochschulsystems. Zu gering waren die Karrierechancen. Dabei ist Forschernachwuchs – insbesondere in den sogenannten MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – extrem wichtig, um einen Wirtschaftsstandort zu sichern und weiterzubringen. Eine Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) aus dem Jahr 2012 sieht Akademiker aus diesen Bereichen als Innovationsmotor des Landes. Um ihn in Deutschland auf Hochtouren am Laufen zu halten, würden allerdings jährlich 120.000 dieser

Prof. Dr. Thomas Taubner Der promovierte Physiker hat ein besonderes Auge für Kleinigkeiten. In seinem Spezialgebiet Nano-Optik und Metamaterialien entwickelt er gerade einen neuartigen Laser, der Informationen chemischer Strukturen von Nanopartikeln sichtbar macht. Nach wissenschaftlichen Stationen in Karlsruhe, an der TU München, am Max-Planck-Institut Martinsried sowie an der Stanford University ist der 38-Jährige nun Professor an der RWTH Aachen, wo er eine eigene Arbeitsgruppe leitet.

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Auf die Probe

scherelite, bietet aber selten langfristige Perspektiven. Das war für Dr. Axel Müller der Grund, Deutschland endgültig den Rücken zu kehren. Der Chemiker und Molekularbiologe war nach seinem Studium an den Universitäten von York und Lissabon zunächst einem Lehrangebot der LudwigMaximilians-Universität in München gefolgt. Ein Fehler, wie Müller heute sagt. »Die hierarchischen Strukturen und vor allem die vielen bürokratischen Hürden haben es mir sehr schwer gemacht, adäquat zu forschen. Es spielt in Deutschland eine sehr große Rolle, wer etwas gesagt hat, nicht ob es richtig oder falsch ist.« Am California Institute of Technology, wo Müller heute als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig ist, seien dagegen nicht nur die Forschungsbedingungen besser. »Man wird hier als Neuzugang sofort in New Brunswick statt Bamberg: Tobias SchulzeCleven hat seine geistige Heimat an der Rutgers University in New Jersey gefunden.

Fachkräfte fehlen. Hohe finanzielle Investitionen in deutsche Hochschulen, zum Beispiel durch die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung, sollen für den Abbau bürokratischer Hürden sorgen. War es früher beispielsweise nur über die Habilitation und die anschließende Berufung an eine Universität möglich, eine Professur zu bekommen, sind die Wege heute vielfältiger. So findet etwa die Schaffung sogenannter Juniorprofessuren als Zwischenschritt zur Stelle auf Lebenszeit bei Nachwuchswissenschaftlern großen Anklang. Und auch die enger gewordene Verzahnung von Wirtschaft, Industrie und Wissenschaft trägt dazu bei, dass immer mehr Akademiker ihre berufliche Zukunft in Deutschland sehen. Wenn Perspektiven fehlen

Deutschland arbeitet zwar mit vielen Programmen an der Rückkehr seiner For20 TÜV SÜD Journal

Auch Tobias Schulze-Cleven, derzeit an der Rutgers University in New Jersey als Assistenzprofessor für Industrielle Beziehungen tätig, sieht seine berufliche Zukunft in den USA. »Die Bedingungen hier sind gut. Es gibt die Möglichkeit, bei entsprechend positiv evaluierter Leistung längerfristig bei meinem jetzigen Arbeitgeber zu bleiben und aufzusteigen. Zudem ist meine wissenschaftliche Karriere sehr amerikanisch geprägt. Da entwickelt man Bindungen«, sagt der 37-Jährige. Die Topkräfte zum Bleiben bewegen

In der Tat beurteilen laut der GSO-Studie zwei Drittel die Wege zur Professur als stark reformbedürftig. Vor allem die vielen befristeten Verträge seien ein Problem. Im Jahr 2009 waren ganze 83 Prozent des wissenschaftlichen Personals in Deutschland nur

»Trotz der vielen Verbesserungen müssen noch

mehr Angebote für qualifizierte Nachwuchswissenschaftler geschaffen werden.« – Professor Dr. Thomas Taubner die Gemeinschaft integriert. Außerdem hilft die Universität bei Visaangelegenheiten und berücksichtigt den familiären Background«, sagt der promovierte Wissenschaftler. Eine Meinung, die viele junge Akademiker teilen. Trotz aller Bemühungen von Organisationen wie GAIN, DAAD und GSO kehren Deutschland noch immer 40.000 Hochqualifizierte jährlich den Rücken. Hier geht nicht nur Know-how verloren, sondern auch etwa eine Million Steuergelder pro Abwanderer, die bis dahin in die Ausbildung des akademischen Nachwuchses investiert worden sind. Und: Je länger deutsche Wissenschaftler im Ausland leben, desto weniger sind sie an einer Rückkehr interessiert.

temporär beschäftigt. Auch Thomas Taubner warnt vor allzu großer Euphorie. »Trotz der vielen Verbesserungen müssen noch mehr Angebote für qualifizierte Nachwuchswissenschaftler geschaffen werden. Es reicht nicht, die Leute nur zurückzuholen, man muss für sie auch Möglichkeiten zum längerfristigen Bleiben schaffen.« Er weiß, wovon er spricht. Sein Forschungsengagement läuft 2014 aus. Wie es danach weitergeht, weiß der Physiker noch nicht. Einen erneuten Auslandsaufenthalt schließt er nicht aus.

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Vor Ort

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Menschen:

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Ein guter Schnitt

C

hristian Lex hat ein neues Büro bekommen – mit eigenem Garten. Und in dem wird fleißig gemäht, gestutzt, gehäckselt und umgegraben. Sein Arbeitsplatz ist das im April 2013 eröffnete Produktprüflabor von TÜV SÜD in Garching bei München. Hier prüft der 48-jährige Maschinenbau-Ingenieur Rasenmäher, Spaten, Heckenscheren & Co. auf Herz und Nieren, auf Sicherheit, Gebrauchstauglichkeit und Qualität. »Spätestens im Herbst testen wir die Gartengeräte, die im darauffolgenden Frühjahr in den Handel kommen sollen. Manchmal sind auch exotische Modelle dabei«, erzählt Lex. »Wir hatten zum Beispiel mal eine Heckenschere mit rotierenden Messern statt des üblichen Messerbalkens. Sie hat tatsächlich alle Tests bestanden«, erinnert er sich. Und die sind gar nicht mal so einfach. Innendienst: Lex hält einen zwei Zentimeter dicken Buchenholzstab in der Hand. Den muss eine Astschere durchschneiden – sechstausend Mal im Zehn-Sekunden-Takt. Das ist mehr, als ihr im Alltag je abgefordert werden wird. Aber nur diejenigen Gartengeräte, die den Dauertest bestehen, bekommen das begehrte TÜV SÜDPrüfzeichen. Eine abgebrochene Klinge am Tisch zeigt, dass nicht alle den strengen Anforderungen entsprechen. Die Praxistests finden draußen statt, im Garten des Labors, aber auch mal zu Hause oder bei Kollegen. Insbesondere die Anwenderfreundlichkeit der Geräte liegt Lex dabei am Herzen. »Schließlich bin ich selbst Hobbygärtner, da nimmt man die Verbraucherinteressen doppelt ernst.«

Praxistest im Grünen: Um die Gebrauchstauglichkeit einer Astschere zu prüfen, legt Christian Lex schon mal selbst Hand an. Mit dem TÜV SÜD-Prüfzeichen dürfen sich aber nur Gartengeräte schmücken, die die strengen standardisierten Tests im Labor bestanden haben.

Mehr Infos zum Thema: www.tuev-sued.de/werkzeuge TÜV TÜV SÜD SÜD Journal Journal 21 21


Auf dem Weg

AUF DEM W EG

#22 BIOTOFF KUNSTS DT#24 STA NEN SEILBAH

TÜTE

von besonderer Güte Text: Timour Chafik

Knappes, teures Erdöl weiterhin als Basis für die Kunststoffherstellung verwenden? Kommt nicht in die Tüte! Stärke zum Beispiel tut es genauso. Heraus kommen sogenannte Biokunststoffe, die vor allem in der Verpackungsindustrie immer beliebter werden.

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Auf dem Weg

1869 eröffnete in den USA die erste Biokunststofffabrik, in der aus Cellulose Zelluloid hergestellt wurde. Kunststoffe auf Ölbasis lösten Biokunststoffe wie diesen bald ab. Heute feiern sie ein Comeback – vor allem als Verpackungsmaterial.

I

n einer Tüte steckt mehr als drin ist. Sie ist voller Erwartungen, die an sie gerichtet sind: Sie soll den Einkauf sicher nach Hause bringen, flexibel sein, leicht und trotzdem stabil. Und im besten Fall vollständig biologisch abbaubar. Wie etwa die Biotüte der Victorgroup aus Frechen bei Köln. Für die Herstellung wird das Erdöl – die Basis klassischer Tüten aus Polyethylen – zur Hälfte durch pflanzliche Stärke ersetzt. Genauer: durch den biobasierten Kunststoff Polylactid aus Maisstärke. Das mache sie nicht nur strapazierfähiger als herkömmliche Tragetaschen, heißt es seitens des Unternehmens, sondern auch fast vollständig kompostierbar. Trotz Polyethylen? Unsicherheit bei Industrie und Verbauchern

Ja, bei entsprechender industrieller Kompostierung können nach 80 Tagen mehr als 90 Prozent der Tüte biologisch abgebaut sein. Das sei ein Charakteristikum der Definition eines Biokunststoffes, sagt Michael Lanz, Inhaber und Geschäftsführer der Münchener designaffairs GmbH, die sich auf Material-, Produktentwicklung und Design spezialisiert hat: »Biokunststoff ist gegenwärtig ein Schlagwort, das schwer zu greifen ist: Ist Biokunststoff ein Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen? Oder ein Kunststoff, der kompostierbar ist?« Letztlich, so Lanz, komme eine Kombination aus beiden Eigenschaften der Definition am nächsten, schließlich könne auch ein Kunststoff aus fossilen Rohstoffen biologisch abbaubar sein – und umgekehrt: »Ein Material, das zu 100 Prozent biobasiert ist, muss nicht notwendigerweise biologisch abbaubar sein«, räumt European Bioplastics, der Branchenverband der industriellen Hersteller, Verarbeiter und Anwender von Biokunststoffen und biologisch abbaubaren Werkstoffen, ein. Das macht es für die Verbraucher nicht einfacher, die das Label »Aus nachwachsen-

den Rohstoffen« gerne mit Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit gleichsetzen. Und auch für die Kunststoffhersteller bleibt die Qual der Wahl: zwischen biobasierten abbaubaren und nicht abbaubaren Kunststoffen. Oder doch lieber welche, die fossilbasiert und kompostierbar sind wie etwa Polybutylenadipat-Terephthalat? Pilze für die Kunststoffzucht

»Auch die großen Chemiekonzerne forschen seit geraumer Zeit an alternativen – biotechnologischen – Herstellungsmethoden und der Nutzung alternativer Rohstoffe«, sagt die Frankfurter Industriedesignerin Mareike Gast. »Die Gründe sind vielfältig: steigende Erdölpreise oder die Angst davor, strengere Auflagen, aber auch bewusstere Konsumenten.« Vor allem Letztere, so Michael Lanz, seien die Treiber der Entwicklung rund um Maisstärke oder den Pilz »Ecovative«, der im Materiallabor des Münchener Unternehmens sprießt. In rund sieben Tagen verwächst sein Wurzelgeflecht mit Rindenabfällen zu etwas Ähnlichem wie Styropor: bräunlich weiß und deutlich schwerer, aber komplett kompostierbar. Von seinem Nutzen als Verpackungsmaterial ist Lanz allerdings nicht vollständig überzeugt: »Ein teures Smartphone oder ein Flatscreen, umhüllt von Materialien mit Jute-Touch – das ist wenig sexy und wird von Verbraucherseite nur schwer akzeptiert.« Übertrumpft ästhetisches Empfinden tatsächlich das ökologische Denken? Bioäpfel zum Beispiel werden auch dann gekauft, wenn die Schale nicht einheitlich grün glänzt. Oder gerade deswegen.

Mehr Infos zum Thema Kunststoffe: www.tuev-sued.de/ifk TÜV SÜD Journal 23


Auf dem Weg

DrahtseilAkte Text: Timour Chafik

Kopf hoch, denn da oben ist noch Platz: Luftseilbahnen sind mehr als Touristenattraktionen, sie entwickeln sich zur effizienten Ergänzung im städtischen Nahverkehr. Vor allem Metropolen in Schwellenländern haben den Schwebezustand als Mittel gegen Mobilitätsengpässe entdeckt.

24 TÜV SÜD Journal


Auf dem Weg

Weltweit sind Seilbahnen bereits ins Nahverkehrsnetz integriert, etwa in Singapur, Rio de Janeiro und London (von oben nach unten).

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TĂœV SĂœD Journal 25


Auf Aufdem demWeg Weg

Was Constantine und New York gemeinsam haben? Eine Seilbahn. Die in Algerien (Foto links) verbindet die Altstadt mit der »Bergstation« Tannoudji bei der Cité Emir Abdelkader. Die in der US-Metropole schafft eine Verbindung zwischen Manhattan und Roosevelt Island.

Sicherheit beim Seilbahnbetrieb Seilbahnen gehören weltweit zu den sichersten Massenverkehrsmitteln – in Skigebieten, in zunehmendem Maße aber auch im innerstädtischen Personenverkehr. TÜV SÜD als anerkannte Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle unterstützt Betreiber von Seilbahnen und Schleppliften dabei in allen Fragen der Sicherheit, Qualität und Wirtschaftlichkeit ihrer Anlagen – bei der Projektplanung, bei Sicherheitskonzepten, Brandschutz- und Werkstoffprüfungen, Bauteil- und Systemzertifizierung, bei der Qualitätssicherung von Wartung und Betrieb sowie im Rahmen von wiederkehrenden Seilbahnprüfungen und Sondergutachten.

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M

it der Seilbahn über chronisch verstopfte Straßen, durch die sich überfüllte Busse drängen, dazwischen knatternde Mopeds und der ein oder andere überladene Eselskarren: willkommen in Constantine im Nordosten Algeriens. Hier ist Afrika und kein Skigebiet. Zement-, Metall-, Leicht- und Lebensmittelindustrie haben sich angesiedelt. Es gibt Ruinen eines römischen Aquädukts, eine Statue des römischen Kaisers und Namensgebers Konstantin, eine Universität, gebaut nach den Plänen des brasilianischen Architekten Oscar Niemeyer. Der Fluss Rhumel hat sich unterirdisch durch die Kalkfelsen gegraben, ließ sie einstürzen und die Bewohner zu Brückenbauern werden. Manche nennen Constantine die schönste Stadt Algeriens, andere »Stadt der Brücken«. Sie könnte auch »Stadt der Gondeln« heißen, wenn es Venedig nicht gäbe. Constantines Gondeln plätschern allerdings nicht über die Kanäle, sondern surren über den Dächern der Stadt. Am Place Tatache Belkacem, unweit des Rhumel und des Militärkrankenhauses, durchbricht eine silbrig blaue Seilbahnstation das Stadtbild

aus wüstenfarbenen Häuserfronten und Minaretten. Seit dem Sommer 2008 ziehen von hier aus insgesamt 33 Kabinen aus der Altstadt nach Nordosten in das Viertel Cité Emir Abdelkader. Ein Umdenken, das nach oben strebt

Mit dem Auto braucht man für die 2,5 Kilometer ins Stadtzentrum von Constantine eine Ewigkeit, mit der »Téléphérique«, der Seilbahn, gerade mal acht Minuten, inklusive Zwischenstopp am Krankenhaus. Algerien, so konstatiert Jürgen Perschon, Geschäftsführer des European Institute for Sustainable Transport (EURIST) im Rahmen der Konferenz »The role of urban mobility in (re)shaping cities«, sei »die Wiege der modernen, urbanen Seilbahn«. Bereits 1956 wurde die erste Bahn in Algier in Betrieb genommen, mittlerweile haben auch Metropolen wie Caracas, Rio de Janeiro, La Paz oder Singapur die Vorteile dieses Transportmittels für sich erkannt. Das ist kein Zufall, denn gerade die rasant wachsenden Städte und Agglomerationen in Schwellenländern stehen vor der Herausforderung, auf begrenztem Raum hohe


Auf dem Weg

Kapazitäten für die Mobilität ihrer Bewohner schaffen zu müssen – und stoßen dabei an ihre Grenzen, weil schlicht der Platz für den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) fehlt. Ein zunehmender Bevölkerungs- und Mobilitätsdruck auf begrenzter Fläche fördert ein Umdenken, das nicht weniger als die Raumstrukturen einer zukunftsfähigen Verkehrsplanung verändert: ab nach oben. Denn da ist, im wahrsten Sinne des Wortes, noch Luft. Der Feinverteiler für die letzte Meile

Stadtgondeln wollen und können die bestehenden Verkehrsträger nicht ersetzen, wohl aber ergänzen: »Wir sehen uns nicht als klassischen Mitbewerber zum herkömmlichen ÖPNV«, sagt Ekkehard Assmann, verantwortlich für das Marketing der österreichischen Doppelmayr/Garaventa Gruppe, dem Weltmarktführer im Seilbahnwesen. »Wir sind der Feinverteiler oder die Verbindung zwischen zwei großen Verkehrsknotenpunkten; wir können die letzte Meile gut überbrücken, aber nicht mit den Kapazitäten einer U-Bahn konkurrieren.« Von London über Algier bis Caracas hat Doppelmayr Projekte geplant und umgesetzt, in Bolivien soll Ende 2014 das weltweit größte urbane Seilbahnnetz in Betrieb

»Insbesondere bei topografisch schwierigem Gelände und bei der

CO2-Bilanz

sind Stadtseilbahnen unschlagbar.« – Ekkehard Assmann, Sprecher des österreichischen Herstellers Doppelmayr/Garaventa genommen werden. Die Bahnen mit einer Gesamtlänge von knapp elf Kilometern sollen dann den Pendlerverkehr zwischen den beiden Großstädten La Paz und El Alto entlasten und insgesamt bis zu 9.000 Personen pro Stunde und Richtung transportieren. Wenn Gondeln Menschen tragen, bringt das Vorteile: Im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern seien Stadtseilbahnen in Bau und Betrieb relativ kostengünstig, so Assmann. »Sie brauchen kaum Infrastruktur und funktionieren auf einer zusätzlichen Verkehrsebene, die ohnehin frei ist.« Insbesondere in topografisch schwierigem Gelände und bei der CO2-Bilanz seien Stadtseilbahnen unschlagbar. »Bei einer Auslastung von 50 Prozent hat die Seilbahn als Verkehrsmittel sowohl beim

Die Seilbahn in Koblenz verbindet seit 2011 die beiden Rheinseiten der Stadt. Mit einer Transportkapazität von 3.800 Menschen pro Stunde gilt sie derzeit als leistungsfähigste der Welt.

Bergauffahren als auch in der Ebene, Sommer wie Winter, den geringsten CO2-Ausstoß und damit die Nase vorn«, so das Fazit des Beratungsunternehmens ClimatePartner in seiner Studie »Emissionsermittlung für Seilbahnen«. Demnach stoße ein Benzin-Pkw in der Ebene durchschnittlich 248 Gramm CO2 pro Person und Kilometer aus, ein DieselLinienbus 38,5 Gramm und die Seilbahn 27 Gramm. »Seilbahnen waren schon immer hocheffizient«, resümiert EURIST-Geschäftsführer Perschon, dennoch finden sie ihre Kritiker. Vor allem die Sicherheit ist ein Punkt, der gerne angeführt wird. Der Worst Case bei einer Stadtbahn? »Ein Stromausfall, bei dem die Kabine vollbesetzt stehen bleibt«, sagt Ekkehard Assmann. Die Kabine komme aber über Notsysteme immer wieder zurück in die Station. Die arbeiten mit Dieselantrieben. »Das tut zwar der CO2-Bilanz weniger gut, sorgt aber dafür, dass niemand zwischen den Seilen hängen bleibt«, erklärt Perschon.

Mehr Infos zum Thema: www.tuev-sued.de/seilbahnen TÜV SÜD Journal 27


Auf den Punkt

AUF DEN PU N K T GAS#28 ERD G FRACKIN E BE R G T #30 RA REISE

GANZ TIEF IM GESTEIN Hydraulic Fracturing, kurz: Fracking, nennt sich eine Methode, um Erdgas aus tief gelegenen Gesteinsschichten zu fördern. Ob sie wirtschaftlich und aus Umweltgesichtspunkten sinnvoll ist, wird derzeit stark diskutiert. Aber wie funktioniert Fracking eigentlich?

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Text: Andreas Schleinkofer

E

rdgas, so heißt es, fördere sich wie von selbst. Da es unter hohem Druck steht – manchmal bis zu 600 Bar –, strebt es nach oben, sobald ein Reservoir einmal geöffnet ist. Die große Ausnahme: das Erdgas, das tief unter der Erde im Sedimentgestein gespeichert ist, sogenanntes Schiefergas. »Da es aufgrund seiner Bindung im Gestein nicht frei herausströmen kann, kommt als Fördermethode nur das Fracking infrage«, sagt Professor Dr. Dietrich Borchardt, der an der TU Dresden die Themen Gewässerschutz und Ökosystemanalyse unterrichtet und in den vergangenen zwei Jahren einem neutralen Expertenkreis zum Thema am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung vorstand. »Beim Fracking«, erklärt er, »wird das Gestein aufgebrochen, um Fließwege für die Förderung zu erzeugen.« Fracking wurde 1949 in den USA zum ersten Mal angewandt, seither kommt es auf 28 TÜV SÜD Journal

der ganzen Welt zum Einsatz, hauptsächlich in den USA, in Südamerika, Australien und China. Dabei wird teils bis zu 6.000 Meter tief in die Erde gebohrt, bis in das Speichergestein aus Schiefer, das gigantische Ausdehnungen haben kann, aber oft nur wenige Meter mächtig ist. Innerhalb dieser Schicht wird das Bohrloch waagrecht vorgetrieben. Schließlich wird in Abhängigkeit von der Lagerstätte ein Wasser-Sand-ChemikalienGemisch mit hohem Druck in das Loch eingepresst, sodass künstliche Risse im Gestein entstehen. »Innerhalb von 15 Minuten können da bis zu 250.000 Liter reingepresst werden«, erklärt Thomas Ecker, Ingenieur für Tiefbohrtechnik und Erdölgewinnung. Der Sandanteil dient als Stützmittel, um die entstandenen Risse offen zu halten. Dies ist nötig, weil sie sich sonst unter dem Druck, der in mehreren Tausend Meter Tiefe herrscht, bald wieder schließen würden.

Aufwendig und nicht ungefährlich

Im Zusammenhang mit natürlichen Erdbewegungen besteht allerdings auch die Gefahr, dass sich die Risse ausdehnen. FrackingChemikalien und Gas könnten das Grundwasser verunreinigen. Undichte Bohrlöcher hätten dieselbe Folge. »Deshalb werden sie mit Stahlrohren und Zement gegenüber dem umgebenden Gestein abgesichert. So tendiert dieses Risiko gegen null«, sagt Ecker. »Da Fracking sehr aufwendig ist, eignen sich nur rund zehn Prozent aller Schiefergasvorkommen für eine wirtschaftlich sinnvolle Förderung«, erklärt er weiter. Dennoch bleibe laut Professor Borchardt genügend Potenzial, um die Energieversorgung bis zur vollständigen Energiewende zu sichern. Mehr zum Thema: www.tuev-sued.de/home-de/leistungen-nach-branche/ chemie-ol-gas


Auf den Punkt

Nur wenige Meter mächtig sind die Gesteinsschichten, die das kostbare Schiefergas enthalten. Dafür liegen sie oft mehrere Tausend Meter unter der Erdoberfläche. Das ist nicht der einzige Haken!

Fracking im Überblick

1 2

Das Bohrloch wird mit Zement ummantelt, um das Grundwasser zu schützen.

Ein Stahlrohr bietet zusätzlichen Schutz. Im Schiefer ist es perforiert.

3 Mit hohem Druck wird FrackingFlüssigkeit hineingepumpt. Im Gestein entstehen Risse.

4 Der Sand in der Fracking-Flüssigkeit hält die Risse stabil und offen.

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Das vorher im Gestein eingeschlossene Erdgas gelangt über den Bohrkanal nach oben.

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Auf den Punkt

Ratgeber:

.com, mach Urlaub! Wer jetzt spontan ans Meer möchte, findet im Internet eine Vielfalt an Last-Minute-Schnäppchen. Aber welche Angebote sind auch wirklich seriös? Fünf Tipps, wie Sie möglichst sicher online buchen.

2 All-inclusive? 1

3

NICHT AUF VERSTECKSPIELE EINLASSEN Ein seriöser Anbieter hat nichts zu verheimlichen. Insbesondere sein Name, die Rechtsform des Unternehmens und die vollständigen Kontaktdaten sollten auf der Internetseite zu finden sein, bei Reisevermittlern auch die Daten des Leistungserbringers. Schließlich wollen Sie bei eventuellen Reklamationen wissen, an wen Sie sich wenden sollen.

Seien Sie bei Angeboten, die sehr preiswert erscheinen, besonders wachsam: Welche Leistungen sind im Preis inklusive, welche schlagen extra zu Buche? Und lesen Sie auch online das Kleingedruckte, sprich die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

Ohne Schein kein Geld

Vergewissern Sie sich, dass der Sicherungsschein online abrufbar ist. Er schützt Pauschalurlauber, sollte der Reiseveranstalter in Insolvenz gehen. Solange Sie den Schein nicht haben, darf der Reiseveranstalter weder den vollen Reisepreis noch eine Teilzahlung verlangen.

5

Vertrauen auf einen Blick Achten Sie auf Zertifikate wie s@fer-shopping. Damit zeichnet TÜV SÜD Online-Händler aus, die unter anderem bei Datenschutz und Zahlungsvorgang hohe Sicherheit bieten.

Mehr Infos zum Thema: www.safer-shopping.de 30 TÜV SÜD Journal

Jetzt buchen

4

Privates privat halten Damit persönliche Daten wie Name, Anschrift und Kontoinformationen privat bleiben, muss ihre Eingabe über verschlüsselte Seiten erfolgen. Deren Adresse beginnt mit »https«. Links davon zeigen die meisten Browser ein geschlossenes Schloss als Symbol.


Akademie | Termine

Training-Tipps TÜV SÜD Akademie In jeder Ausgabe des TÜV SÜD Journals stellen wir Ihnen eine ausgewählte Seminarreihe vor. Diesmal zum Thema: Schulung zum CE-Beauftragten Die Anforderungen an die Zulassung von Produkten im europäischen Wirtschaftsraum sind nicht einfach zu durchschauen. Mangelnde Kenntnisse der CE-relevanten Rechtslage, Normen und Richtlinien führen bei den verantwortlichen Personen oft zu großer Handlungsunsicherheit. Die Schulung der TÜV SÜD Akademie vermittelt die optimale Vorgehensweise bei Konformitätsbewertung und CE-Kennzeichnung im Produktentstehungsprozess. Sie gliedert sich in vier Module:

08/09/10

KALENDER

Auf folgenden Messen, Kongressen und Veranstaltungen können Sie TÜV SÜD live erleben. Unsere Expertenteams freuen sich auf Ihren Besuch. Mehr Infos zu den Terminen: www.tuev-sued.de/konzernevents

August

Modul 1: Konformitätsbewertung und CE-Kennzeichnung Modul 2: Rechtsgrundlagen, Verantwortlichkeiten, Produktund Produzentenhaftung Modul 3: Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen im Sinne der Maschinenrichtlinie und des Produktsicherheitsgesetzes Modul 4: Technische Dokumentation für Maschinen, Anlagen und technische Produkte Termine mit Startmöglichkeit während des ganzen Jahres finden an Standorten im gesamten Bundesgebiet statt. Weitere Informationen zu den Seminaren und freie Termine im Internet unter: www.tuev-sued.de/akademie_de/ seminare_technik/anlagen-_und_produktionstechnik wolfgang.humburg@tuev-sued.de

Impressum Herausgeber: TÜV SÜD AG, Westendstraße 199, 80686 München Inhaber: TÜV SÜD e.V. (74,9 %), TÜV SÜD Stiftung (25,1 %), Westendstraße 199, 80686 München Leiter Unternehmenskommunikation: Matthias Andreesen Viegas Projektleitung & Chefredakteur: Jörg Riedle Kontakt: +49 (0)89 5791-0, info@tuev-sued.de Realisation: Medienfabrik Gütersloh GmbH, Neumarkter Straße 22, 81673 München Druck: Eberl Print GmbH, Kirchplatz 6, 87509 Immenstadt Fotonachweis: Corbis (1, 6, 7, 10, 11, 12, 13, 16, 18, 19, 20, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 29, 30, 32, 36), Atelier Dreiseitl (3, 8), Doppelmayr Seilbahnen GmbH (26), Europapark Rust (4, 5), Judith Haeusler (21), TÜV SÜD (2, 14, 15, 33), Watershed Council (29); Illustration (34, 35): LULU* Das TÜV SÜD Journal erscheint vierteljährlich. Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das TÜV SÜD Journal wird klimaneutral auf einem Papier aus nachhaltiger Holzwirtschaft gedruckt.

klimaneutral

Sachsen Classic, Chemnitz, 22.–24.08.2013 Zum elften Mal rollt die Oldtimer-Karavane durch Sachsen. Die dreitägige Rallye führt vom Vogtland bis ins Erzgebirge – eine Leistungsschau von Klassikern der Automobilgeschichte.

september Internationale Automobil-Ausstellung (IAA), Frankfurt am Main, 12.–22.09.2013 Ein Höhepunkt ist die Bertha Benz Challenge (12.–15.09.2013), bei der sich alternativ angetriebene Fahrzeuge auf die Spuren der Frau begeben, die vor 125 Jahren mit ihrer Fahrt im Benz Patent-Motorwagen Nr. 3 die Mobilität revolutionierte.

oktober Expo Real, München, 07.–09.10.2013 Die größte Messe für Gewerbeimmobilien in Europa wird ergänzt duch ein Konferenzprogramm, bei dem mehr als 400 Referenten über aktuelle Marktentwicklungen diskutieren. eCarTec, München, 15.–17.10.2013 Bei der internationalen Leitmesse für Elektromobilität und Hybridfahrzeuge geht es um Motorentechnik, Batterie- und Brennstoffzellensysteme sowie um Ladeinfrastruktur und Energienetze. MedConf, München, 15.–17.10.2013 Hier trifft sich die Medizintechnikbranche, um über aktuelle Themen rund um die Softwareentwicklung medizinischer Geräte zu referieren und zu diskutieren.

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gedruckt

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5 Minuten

Gute Noten von Europas Studenten für TÜV SÜD

Unterstützung für Bildungsprojekt in Afrika

Frühe Prävention: Sicherheitstrainings in Lehrwerkstätten

Beliebter Arbeitgeber: Im aktuellen Trendence Graduate Barometer belegt das Unternehmen in der Kategorie »Ingenieurwesen und IT« im europaweiten Vergleich Rang 251 – ein Sprung nach oben um fast 100 Plätze. An der Umfrage hatten rund 320.000 Studenten teilgenommen. In Deutschland zählt TÜV SÜD laut aktuellen Studien zu den Top-20-Unternehmen bei berufserfahrenen Ingenieuren.

»Ich kenne jemanden, der arbeitet bei TÜV SÜD« – so heißt ein Bilderbuch, das den Arbeitsalltag bei TÜV SÜD kindgerecht vorstellt. Die Verkaufserlöse kommen nun einem karitativen Zweck zugute: Der Verein Promoting Africa e.V. konnte jetzt eine Spende in Höhe von 4.500 Euro entgegennehmen. Gefördert wird der Bau und Unterhalt einer Handwerksschule für mittellose Jugendliche im kenianischen Nairobi.

Das ganze Berufsleben unfallfrei arbeiten – um dies zu erreichen, gibt es strenge Arbeitssicherheitsgesetze. Gerade in handwerklichen Betrieben ist das Thema besonders wichtig. Um Lehrlinge schon während der Ausbildung für das Thema zu sensibilisieren, bietet TÜV SÜD jetzt entsprechende Trainings in Lehrwerkstätten an. Erste Kunden: die Auszubildenden der Zwiesel Kristallglas AG.

thomas.schultz@tuev-sued.de

nicole.commessmann@tuev-sued.de

dominik.hammer@tuev-sued.de

Hilfe für Unternehmen bei der Chemikalienverordnung

Verstöße gegen die europäische Chemikalienverordnung REACH werden künftig härter bestraft. Seit Mai 2013 drohen bei Zuwiderhandlungen gegen das Chemikalienrecht in Deutschland zwei Jahre Haft oder Geldbußen bis 50.000 Euro. Ein Problem vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen, so Dr. Dieter Reiml, REACH-Experte bei TÜV SÜD: »Bei der Komplexität der europäischen Chemikaliengesetzgebung und vor allem der REACH-Verordnung sind Verstöße gegen Einzelvorschriften fast schon vorprogrammiert.« Das gelte vor allem, wenn ein Unternehmen nur kleinere Mengen verarbeite und daher kaum das nötige Knowhow aufbauen könne. Daher unterstützt TÜV SÜD durch eine Mittelstandsinitiative gerade die kleinen und mittleren Unternehmen mit einem speziellen Service, beispielsweise bezüglich der fristgerechten Registrierung von chemischen Stoffen.

Services für die chemische und pharmazeutische Industrie

Seit Juni 2013 gehört die SWISSI Process Safety GmbH zu TÜV SÜD. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Labor- und Beratungsleistungen für die Chemie-, Pharma- und Prozessindustrie. Die Services umfassen unter anderem die Bestimmung von Stoffdaten und Reaktionsparametern, außerdem berät SWISSI zu den Themen thermische Prozesssicherheit, Explosionsschutz und Sicherheitsbetrachtungen im Umfeld der an zwei Standorten in der Seveso-Richtlinie. Mit der Übernahme Schweiz und in Spanien stärkt TÜV SÜD seinen Geschäftsbereich arbeiten beim TÜV SÜDChemie, Öl und Gas. »Unsere Kunden verlangen ein komplettes Leistungspaket, das Tochterunternehmen SWISSI. an allen Standorten der Welt auf gleichem Niveau angeboten wird«, so der Geschäftsführer von TÜV SÜD Chemie Service, Dr. Hans-Nicolaus Rindfleisch. Die SWISSI-Übernahme unterstützt TÜV SÜD bei diesem Anspruch. Mit einer jahrzehntelangen Branchenerfahrung und rund tausend Mitarbeitern in verschiedenen Ländergesellschaften bietet der Dienstleister schon heute wertvolle Services für die weltweit aufgestellten Unternehmen der genannten Branchen.

50 MITARBEITER

dieter.reiml@tuev-sued.de www.tuev-sued.de/reach

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hans-nicolaus.rindfleisch@tuev-sued.de


5 Minuten

Datenschutz: Verbesserungspotenzial bei Mitarbeitern und Qualität Personenbezogene Daten sind zu schützen – das schreiben Gesetzgeber in fast allen Ländern der Welt vor. Auch ALLES IN ORDNUNG Kunden erwarten von Unternehmen, dass diese über ein mit der Datensicherheit? Bei gutes Datenschutzmanagement verfügen. Allerdings wird dieser Aspekt oft vernachlässigt, wie die aktuelle TÜV SÜD können UnternehDatenschutzstudie von TÜV SÜD und der Universität men einen Datenschutz-KurzMünchen zeigt: Über ein Drittel aller untersuchten Be- check durchführen lassen. triebe in Deutschland hat kein systematisches Vorgehen beim Umgang mit Datenschutzverletzungen. Außerdem werden die Mitarbeiter häufig nicht ausreichend mit verständlichen Informationen zum Datenschutz versorgt. Eine Lösung: Für ein umfassendes und funktionierendes Datenschutzmanagement sollten Mitarbeiter, die mit personenbezogenen Daten arbeiten, regelmäßig an Schulungen teilnehmen, um immer auf dem aktuellen Wissensstand zu sein. Solche Weiterbildungen werden beispielsweise von externen Dienstleistern wie TÜV SÜD angeboten. rainer.seidlitz@tuev-sued.de

Minuten mit TÜV SÜD

Innovationspreis für TÜV SÜD-Mitarbeiter

Die neue Norm ISO 13022 für das Risikomanagement von zellbasierten Produkten ist mit dem Innovationspreis des Deutschen Instituts für Normung (DIN) ausgezeichnet worden. Den Preis nahm Professor Dr. Dr. Sabine Kloth von TÜV SÜD entgegen, die seit 2007 federführend für das Projekt zuständig ist. Die Norm befasst sich mit chirurgischen Implantaten, die auf Basis von sogenanntem Tissue Engineering unter Einsatz menschlicher Zellen hergestellt werden. Durch die ISO 13022 gibt es jetzt ein weltweit einheitliches Instrument für die Produktzulassung in verschiedenen Wirtschaftsräumen. sabine.kloth@tuev-sued.de

Erneute Auszeichnung für familienbewusste Personalpolitik TÜV SÜD unterstützt seine Mitarbeiter darin, die richtige Balance zwischen Berufs- und Privatleben zu finden. Für dieses Engagement bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wurde das Unternehmen jetzt erneut ausgezeichnet: mit dem Zertifikat »berufundfamilie«, das unter der Schirmherrschaft von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder vergeben wird. Mit einem umfassenden Angebot hilft TÜV SÜD seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dabei, den idealen Mittelweg zwischen Arbeitsalltag und Familienleben zu finden. Beratungs- und Vermittlungsleistungen in allen Fragen rund um die Pflege von Angehörigen gehören ebenso dazu wie die Kinderbetreuung. Während der Schulferien gibt es beispielsweise extra Programme. Auch Arbeitszeitflexibilität und Notfallbetreuung sind bei TÜV SÜD im Angebot. Aktuell sind in Deutschland mehr als 500 Unternehmen nach dem Audit »berufundfamilie« zertifiziert. Mit messbarem Nutzen: Untersuchungen zeigen, dass ein betriebliches Familienbewusstsein unter anderem die Fehlzeiten- und Krankheitsquote signifikant senkt und die Motivation bei der Belegschaft steigt.

Unterstützung für Amerikas erste Offshore-Windkraftanlage Windkraftwerke im Meer, sogenannte Offshore-Anlagen, boomen. wird das Kraftwerk Cape Vor allem in der Nordsee sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Wind im Jahr erzeugen – große Windparks entstanden. Nun genug, um eine Großstadt soll auch in den USA ein solches Kraftwerk entstehen – mit tatkräfwie Nürnberg mit Strom tiger Unterstützung von TÜV SÜD. zu versorgen. Das Beratungsunternehmen PMSS, das seit einem Jahr Teil der TÜV SÜD Gruppe ist, wird das Projekt Cape Wind im Rahmen eines Servicevertrags mit Sach- und Fachwissen begleiten. PMSS verfügt vor allem in den Bereichen Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz, Qualitätssicherung und Risikomanagement von Windkraftanlagen über herausragende Expertise. Die Cape Wind Anlage wird vor der Küste des US-Bundesstaats Massachusetts entstehen, der Startschuss für den Bau fällt Ende 2013.

468 Megawatt

nicole.commessmann@tuev-sued.de ajy@pmss.com

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Zu guter Letzt

mehr schein als sein Datenbrillen sollen in Zukunft die Wahrnehmung der Welt um virtuelle Bilder ergänzen. Aber ist der Nutzen dieser Technologie auf einen Blick ersichtlich?

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ch sehe was, was du nicht siehst – und das ist virtuell. Mit Datenbrillen sei es ein Kinderspiel, den Blick auf die reale Welt um digitale Informationen zu ergänzen. Das zumindest behaupten Firmen wie Sony und Google, die mit solchen Geräten ab 2014 den Massenmarkt erobern wollen. Was die Minicomputer in Brillenform alles können? In etwa dasselbe wie Smartphones: Fotos schießen, Videos aufnehmen, ins Internet gehen, Wetter- oder Navigationsdaten anzeigen – jedoch nicht über einen Bildschirm in der Hand, sondern direkt im Sichtfeld des Trägers. Die Technik dahinter kennt man von sogenannten Head-up-Displays moderner Autos, die Fahranweisungen des Navis oder die aktuelle Geschwindigkeit auf die Windschutzscheibe projizieren. Hier liegt der Vorteil klar auf der Hand: Bei jedem Blick, zum Beispiel auf den Tacho, verlassen die Augen für gut eine Sekunde die Fahrbahn – bei Tempo 100 legt man währenddessen rund 28 Meter zurück. Ein Head-up-Display halbiert die Zeitspanne der visuellen Ablenkung. Der Kopf muss zur Informationsaufnahme nicht wandern, die Augen können geradeaus gerichtet bleiben, was das Fahren sicherer macht.

Und welchen großen Vorteil bringen Datenbrillen? Die Antwort versucht das Werbevideo für das Google-Modell »Glass« zu geben. Es zeigt, dass man beim Reiten filmen und fotografieren kann, ohne die Zügel aus der Hand zu geben. Die Brille gehorcht ohne Knopfdruck. Es genügt, »Take a picture!« oder »Record a video!« zu befehlen. Und steht man im Zoo vor einem Aquarium, in dem gallertartige Organismen schwimmen, muss man den Blick nicht erst auf die Infotafel schweifen lassen, um herauszufinden, dass es sich um Quallen handelt. Im Video erkennt die Brille die Wesen automatisch und blendet gleich noch den passenden Wikipedia-Eintrag dazu ein. Praktischen Nutzen verspricht auch die Datenbrille, die das Fraunhofer-Institut in Dresden entwickelt. Sie soll Mechanikern helfen, komplexe Reparaturen schneller und einfacher durchzuführen, indem sie mittels Augenbewegungen im Brillendisplay durch Handbücher und Anleitungen blättern können. Bleibt nur noch abzuwarten, welchen Lebensbereich die Datenbrillen zuerst erobern werden: erst die Arbeit und dann das Vergnügen, oder doch andersherum?

TÜV SÜD Journal 35


Tablet-PCs werden immer beliebter. Deswegen gibt es das TÜV SÜD Journal jetzt auch als App für die Mobilgeräte.

Service & Infos to go

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pätestens im Jahr 2015 werden weltweit mehr Tablets verkauft werden als klassische PCs und Laptops zusammen, prognostiziert das US-amerikanische Marktforschungsunternehmen IDC (siehe Tabelle rechts oben). Die Nutzerzahlen steigen Jahr für Jahr. Den Grund für den Trend hin zu den kleinen mobilen Geräten sieht Loren Loverde, Vice President von IDC, im Wandel der Computernutzung: »Internet, Social Media, E-Mail und Apps sind inzwischen die Hauptanwendungen. Stationäre Computer mit hoher Rechen- und Speicherleistung sind dafür nicht nötig. Deshalb wird den benutzerfreundlicheren Geräten der Vorzug gegeben.« Entsprechend schnell wächst auch die Anzahl der dafür heruntergeladenen Anwendungen (siehe Tabelle rechts unten). Eine der neuesten ist das TÜV SÜD Journal, das ab sofort auch als App sowohl für iOS- als auch für Android-Tablets erscheint. Sie bietet noch mehr Infos und Service und ist kostenlos im iTunes Store und bei Google Play downloadbar.

Entwicklung der weltweiten Verkaufszahlen von Tablets, Notebooks und klassischen PCs in Millionen Stück (Zahlen ab 2013 hochgerechnet) 1.000 800 600 400 200 0

2010 2011 2012 2013 2014 Desktop-PCs

2015 2016 2017

Notebooks

Tablets

Quelle: www.idc.com, Mai 2013

Downloads von mobilen Apps weltweit in Milliarden (Zahlen ab 2013 hochgerechnet) 400 300 200 100 0

2011

2012 Kostenfrei

Dieser QR-Code führt Sie zum Download der TÜV SÜD Journal App. 36 TÜV SÜD Journal

2013

2014

2015

Kostenpflichtig

Quelle: www.gartner.com, Mai 2013

2016


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