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Sprachenzentrum an der Universität Rostock
Rückblicke, Einblicke und Ausblicke
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DRÂË
60 Jahre
Sprachenzentrum an der Universit채t Rostock
R체ckblicke, Einblicke und Ausblicke
Universit채t Rostock, 2013
1. Auflage: September 2013 Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung in elektronischen Systemen. Den Herausgebern war daran gelegen, dass die Beiträge die persönliche Sicht der Autoren zum Ausdruck bringen. Die Herausgeber haben deshalb bewusst auf jegliche redaktionelle Bearbeitung verzichtet. Vor diesem Hintergrund möchte sich diese Festschrift nicht in jedem Punkt mit dem Anspruch an wissenschaftliche Exaktheit und Detailgenauigkeit messen lassen. Alle Fotografien stammen, sofern nicht anders ausgezeichnet, aus den Archiven der Universität Rostock, dem Sprachenzentrum sowie dem Audiovisuellen Medienzentrum (AVMZ) – heute IT- und Medienzentrum (ITMZ) – der Universität Rostock. Herausgeber: Sprachenzentrum der Universität Rostock Redaktionelle Leitung: Dr. Barbara Amling © 2013 Sprachenzentrum der Universität Rostock Satz und Layout: Michael Schultz / www.typelover.de Druck und Gesamtherstellung: IT- und Medienzentrum (ITMZ) der Universität Rostock
Celebrating 60 years of the Language Center at the Uni versity of Rostock 60 ans du Centre de Langues de l‘Univer sitĂŠ de Rostock 60 aniversario del Centro de Lenguas de la Universidad de Rostock
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 08 GruĂ&#x;wort des Rektors 12
60 Jahre Traditio et Innovatio Dr. Barbara Amling, Leiterin des Sprachenzentrums
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RĂźckblicke Prof. em. Dr. Edith Buchholz, Englisch 40 Christa Bremer, Deutsch als Fremdsprache 48 Dr. Rita Clausen, Englisch
50 Marianne Gauck, Spanisch 58 Dr. Horst Hein, Schwedisch 64 Horst Hoffmann, Russisch 70 Dr. Christine Lucyga, Spanisch 78 Karin Moll, Russisch 80 Dr. Monika Raab, Russisch 90 Prof. em. Dr. Wolfgang Richter, latein
96 Dr. Dagmar Ronnecker, Akademisches Auslandsamt 108 Dr. Lieselotte Rzeznitzeck, Englisch 114 Dr. Sabine Teichmann, Englisch 116 Meilensteine 124
Inhaltsverzeichnis
Einblicke Rebecca Collin, Englisch 130 Marika Fleischer, Englisch / Portugiesisch
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Sabine Heinzius, Englisch 140 Dr. Ingolf Hodl, russisch 146 Helen Johansson-Holze, Schwedisch 150 Cornelia Kirsten, Englisch / Hendrikje Paarmann, deutsch
158 Friederike Neumeyer, latein 164 Stephan Pohlmann, technik 170 Dr. Klaus Rambow, verantwortlicher für studium und lehre 176 Anne-Marie Schmitt, französisch 180 Kathrin Simon, französisch 184 Núria Sorribes Salazar / Viola Wille, Spanisch 192 Jekaterina Suewa, russisch 196 Silke Wollscheid, qualitätsbeauftragte 198 Zahlen & Fakten 202 als fremdsprache
/ Andrea Ruth, Englisch
Ausblicke Prof. em. Dr. Bernhard Voss – Universität von morgen
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Presseschau Ausgewählte Presseberichte 214
Vorwort Dr. Barbara Amling Liebe Leserinnen und Leser, in unserem persönlichen Leben sind runde Zahlen wie 50, 60 und 70 Meilensteine, die in uns den Wunsch wecken, kurz innezuhalten und zurückzublicken, aber auch vorauszuschauen, und das gemeinsam mit Menschen, die uns etwas bedeuten.
Genauso geht es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sprachenzentrums, das im September dieses Jahres seinen 60. Geburtstag begeht. Manch einer mag denken, 60 ist nun wahrhaft nicht viel verglichen mit fast 600 Jahren, die seit der Gründung der Universität vergangen sind. Obwohl es stimmt, muss ich widersprechen. Universitäre Sprachlehreinrichtungen, die Studierenden nichtphilologischer Fächer Fremdsprachenkenntnisse vermitteln, sind eine Errungenschaft des 20. Jahrhunderts. Sie entstanden in den 1950er Jahren, als die Er08
kenntnis reifte, dass die Fremdsprachenausbildung nicht ausschließlich Angelegenheit der zur Hochschulreife führenden Institutionen bzw. der persönlichen Initiative der Studierenden und Wissenschaftler sein kann.1 Seitdem haben Sprachlehreinrichtungen ein Wechselbad der Gefühle durchlebt. Jahre, in denen sie wie Pilze aus dem Boden schossen, stehen Jahre gegenüber, in denen sie in gleicher Weise geschlossen wurden. Sprachlehreinrichtungen mussten wie kaum ein anderer universitärer Bereich – besonders in finanziell angespannten Zeiten – beständig ihre Existenzberechtigung nachweisen. Deshalb ist es umso erfreulicher und anerkennenswert, dass das heutige Sprachenzentrum der Universität Rostock auf eine ununterbrochene 60jährige Entwicklung zurückblicken kann. Darauf kann nicht nur das Sprachenzentrum selbst, sondern die Universität insgesamt stolz sein. Es gibt nur wenige Einrichtungen in der Bundesrepublik, die das von sich behaupten können. Diese Besonderheit und die Tatsache, dass die Kolleginnen und Kollegen, die das Sprachenzentrum aufgebaut haben, bereits aus dem Arbeitsleben ausgeschieden sind oder nicht mehr unter uns weilen, haben uns bewogen, diese Broschüre herauszugeben. Wir haben uns außerdem von dem Wunsch leiten lassen, wertvolle Momente der Entwicklung des Sprachenzentrums festhalten zu wollen und allen einen Einblick in die Gegenstände und Methoden des modernen hochschulspezifischen und fachlich ausgerichteten Fremdsprachenlehrens und -lernens zu gewähren. Ehemalige und jetzige Mitarbeiterinnen und
Dr. Barbara Amling, Leiterin des sprachenzentrums
1 manuskript zur rostocker universitätsgeschichte, heft 1, 1988. zur geschichte der Abteilung sprachunterricht und des instituts für Fremdsprachen der wilhelm-pieck-universität rostock (1951 – 1985), s. 7
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Vorwort
Mitarbeiter des Sprachenzentrums berichten auf sehr persönliche Art und Weise über ihre Arbeit am Sprachenzentrum. Sie beschreiben die Vielfalt der Tätigkeiten am Sprachenzentrum, spiegeln die Individualität des Einzelnen wider und skizzieren die Entwicklungen und Herausforderungen, vor denen sie standen und stehen. Aus allen Beiträgen sprechen das Engagement jedes Einzelnen und die Freude, die wir alle an unserer Arbeit mit den Studierenden hatten und haben. Ich möchte dieses Vorwort nicht beenden, ohne allen ehemaligen und derzeitigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sprachenzentrums sowie den Lehrbeauftragten herzlich zu danken – wann immer sie sich mit ihrem Engagement, ihrem fremdsprachlichen Wissen und Können, ihrer Freude am Lehren, ihrem Interesse an wissenschaftlichen Fragestellungen für die Entwicklung der Sprachenzentrums eingesetzt haben. Ich danke insbesondere Herrn Dr. Abendroth, der über 35 Jahre die Geschicke des Sprachenzentrums geleitet hat und durch die Verbindung der Fremdsprachenausbildung mit der fachlichen Ausbildung der Studierenden den Grundstein für seine erfolgreiche Entwicklung gelegt hat. Ich danke außerdem Frau Professor Buchholz, Frau Dr. Beyer und Frau Dr. Clausen, die als Leiterinnen durch ihre wissenschaftliche Arbeit und Weitsicht in entscheidenden Momenten zur Profilierung des Sprachenzentrums beigetragen haben. Mein Dank gilt auch den Universitäts- und Fakultätsleitungen sowie allen Partnern des Sprachenzentrums, die es in seiner Entwicklung konstruktiv begleitet und seine Arbeit wertgeschätzt haben bzw. wertschätzen. Nicht zuletzt gilt mein Dank auch den Studierenden, denen unsere tägliche Arbeit gewidmet ist und die uns durch ihr Interesse an Fremdsprachen sowie ihre freundli10
Vorwort
chen und kritischen Hinweise immer wieder anregen, unsere Arbeit zu reflektieren und neue Herausforderungen anzunehmen. Auf Dich, liebes Sprachenzentrum, Deine engagierten und zuverlässigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Deine konstruktiven Partner in der Universitätsleitung und in den Fakultäten, Euer aller Elan und die vielen Ideen, die Dich 60 Jahre lang getragen haben – mögen sie Dich auch in Zukunft tragen. Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, dass Sie die Freude an unserer Arbeit spüren können und einen tieferen Einblick in die vielfältigen Aufgaben des Sprachenzentrums bekommen.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sprachenzentrums im Jahr 2012
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Grußwort des Rektors Prof. Dr. Wolfgang Schareck 60 Jahre Sprachenzentrum sind ein guter Grund zum Feiern, aber noch vielmehr ein hervorragender Anlass, die Arbeit dieser Einrichtung in den vergangenen Jahrzehnten gebührend zu würdigen. Mit der Gründung der Abteilung Sprachunterricht am 1. September 1953 wurde der Grundstein für die Vermittlung fachspezifischer Fremdsprachenkenntnisse an unserer Universität gelegt. Die Ausbildung startete mit den beiden Sprachen Russisch und Deutsch als Fremdsprache. Ergänzt wurde dieses Angebot dann um Englisch und Französisch. Etwas später folgten Latein für Mediziner, Spanisch und Portugiesisch. Ein fachlich ausgerichteter und an den praktischen Bedürfnissen orientierter Fremdsprachenunterricht ist seitdem das zentrale Anliegen dieser Einrichtung. Als höchste Maxime galt stets, die Studierenden und Beschäftigten unserer Universität mit fremdsprachlichen Kompetenzen auszustatten, um sie damit bestmöglich auf ein Studium oder Praktikum im Ausland respektive auf die Anforderungen der beruflichen 12
Praxis vorzubereiten. Auf diesem sicheren Fundament steht das Sprachenzentrum bis heute. Das Sprachenzentrum füllt die Internationalisierungsbestrebungen der Universität Rostock mit Leben, denn Fremdsprachen öffnen nicht nur Türen zu anderen Kulturen, sondern auch zu den Herzen von Menschen. In den vergangenen sechs Jahrzehnten hat sich das Sprachenzentrum der Universität Rostock zu einer leistungsfähigen Institution für die Vermittlung von Sprachkenntnissen, insbesondere in modernen Fremdsprachen, entwickelt. Jedes Semester lernen hier zwischen 1.600 und 1.700 Sprachbegeisterte, die aus einem breitgefächerten Angebot von zehn Sprachen wählen können. Dabei umfasst das Lehrangebot nicht nur die klassische Präsenzlehre, sondern auch innovative Lernformen wie das Blended Learning und das reine E-Learning. In diesem Sinne ist das Sprachenzentrum nicht nur ein zukunftsweisender Lernort, der innovative Unterrichtstechnik und -medien integriert, um eine ansprechende und hohe Qualität in der Ausbildung zu garantieren, sondern auch ein Ort der Begegnung verschiedener Nationalitäten und Fachkulturen. Aus Anlass dieses schönen Jubiläums danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf das Herzlichste, die mit ihrem großen Engagement einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen Entwicklung des Sprachenzentrums leisten. Mögen Sie die Begeisterung für Sprachen und das Sprachenlernen auch in der Zukunft an die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer weitergeben!
prof. Dr. wolfang schareck, rektor der universität rostock
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60 Jahre Traditio et Innovatio
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Unser Herz schlägt ”für eine solide fremdsprachliche Ausbildung der Studierenden.“ Dr. Barbara Amling, Leiterin des Sprachenzentrums
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60 Jahre Fremdsprachenausbildung an der Universität Rostock, 60 Jahre Traditio et Innovatio Dr. Barbara Amling, Leiterin des Sprachenzentrums Im September 2013 können wir auf 60 Jahre fachsprachliche Fremdsprachenausbildung an der Universität Rostock zurückblicken.
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eIn KURzeR RücKBlIcK (1953 – 1999)
Entgegen meinen Ankündigungen im Vorwort möchte ich meinen Beitrag damit beginnen, an Meilensteine in der Entwicklung des heutigen Sprachenzentrums zu erinnern. Es sei mir verziehen, dass dieser Abschnitt etwas sachlicher ausfällt. Aber meine persönlichen Erinnerungen beginnen erst 1985, als ich meine Tätigkeit am Sprachenzentrum aufgenommen habe. Man mag es aber kaum glauben: Bereits 1951 reifte der Gedanke, dass die Fremdsprachenausbildung nicht ausschließlich Angelegenheit der zur Hochschulreife führenden Institutionen bzw. der persönlichen Initiative der Studierenden und Wissenschaftler sein kann, sondern der Unterstützung durch die Hochschulen bedarf. Das führte dazu, dass kurz darauf an Universitäten und Hochschulen der DDR für alle Studierenden obligatorischer Unterricht in russischer und deutscher Sprache und Literatur eingeführt wurde – ein absolutes Novum im deutschen Hochschulwesen.1 Um diese Aufgabe wahrnehmen zu können, waren entsprechende organisatorische Strukturen notwendig. So wurde am 1. September 1953 an der Universität Rostock eine eigenständige, dem Rektor direkt unterstellte, Abteilung Sprachunterricht eingerichtet. Die 60er und 70er Jahre waren gekennzeichnet durch eine anwendungsorientierte Forschung, die die Effizienz der Ausbildung zum Gegenstand hatte, weil der Stand der Ausbildung und ” des Unterrichts in fremden Sprachen an unseren Universitäten und Hochschulen keineswegs zufriedenstellend war“
Dr. Barbara Amling, Leiterin des sprachenzentrums
1 manuskript zur rostocker universitätsgeschichte, heft 1, 1988. zur geschichte der Abteilung sprachunterricht und des instituts für Fremdsprachen der wilhelm-pieck-universität rostock (1951– 1985), s. 5-7
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Teile des Kollegiums der Anfangszeit
und die Fremdsprachenkenntnisse ” der Studierenden [...] nicht den jeweiligen fremdsprachlichen Anforderungen in unterschiedlichen Kommunikationssphären in vollem Umfang entsprachen“.2 In dieser Phase wurde durch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten, insbesondere Veröffentlichungen und Dissertationen zu methodisch-didaktischen Fragestellungen des fachbezogenen Fremdsprachenunterrichts und erste theoretische Konferenzen, ein Fundament geschaffen, das auch heute noch tragfähig ist und nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat. Die Profilierung der Abteilung in der fachbezogenen Fremdsprachenlehre in Russisch und Deutsch als Fremdsprache, die Einführung einer zweiten Fremdsprache (Französisch bzw. Englisch) und die systematische sprachwissenschaftliche und didaktisch-methodische Forsch ung zum fachbezogenen Fremdsprachenunterricht führten dazu, dass die Einrichtung 1967 in Abteilung für Fremdsprachen und 1978 in Institut für Fremdsprachen umbenannt wurde. 1978 betreuten 57 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2407 Studierende in der Russischausbildung, 1528 Studierende, die Englisch lernten, weitere 56 2 Manuskript zur Rostocker Universitätsgeschichte, Heft 1, 1988. Zur Geschichte der Abteilung Sprachunterricht und des Instituts für Fremdsprachen der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock (1951 – 1985), S. 25
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Studierende, die Französischkurse belegten und 35 internationale Studierende, die ihre Deutschkenntnisse vervollkommnen wollten. Außerdem wurden 180 Studierende in den Spezialkursen Latein für Mediziner ausgebildet. Darüber hinaus erhielten 97 Angehörige des Lehrkörpers eine Sprachkundigenausbildung 3 in Russisch, 172 in Englisch, 22 in Französisch, 32 in Schwedisch, 16 in Polnisch und 18 in Tschechisch. Das Intensivzentrum Spanisch betreute außerdem 12 Teilnehmer aus verschiedenen Ministerien. 4 Zu den herausragenden Leistungen der 70er und 80er Jahre gehören die Erarbeitung komplexer Lehrmaterialien für den fachbezogenen Fremdsprachenunterricht und die Entwicklung von Kriterien zur Qualitätsbestimmung von Lehr- und Lernmitteln für die fachsprachliche Ausbildung. Diese Arbeiten fanden ihre Anerkennung in der internationalen Konferenz Angewandte Sprachwis” senschaft und fachsprachliche Ausbildung“, die 1982 am Institut für Fremdsprachen ausgerichtet wurde und einen ” deutlichen Qualitätszuwachs in der fachsprachlichen Forschung sowie in der Applikation ihrer Resultate in der fachbezogenen Fremdsprachenausbildung“5 dokumentierte. Die intensive Forschungstätigkeit und Profilierung auf dem Gebiet der Angewandten Sprachwissenschaft führten 1988 folgerichtig zur Umwandlung des Instituts für Fremdsprachen in die Sektion Angewandte Sprach3 Sprachkundigenprüfung – Zertifizierungssystem von Fremdsprachenkenntnissen im Hochschulwesen der DDR 4 Vgl. Manuskript zur Rostocker Universitätsgeschichte, Heft 1, 1988. Zur Geschichte der Abteilung Sprachunterricht und des Instituts für Fremdsprachen der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock (1951 – 1985), S. 58 5 Ebenda, S. 68/ 69
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wissenschaft. Einen Höhepunkt stellte die Internationale Konferenz CALL (Computer-assisted language learning) im Oktober 1989 dar, die den Auftakt für den Einsatz von Computern in der Fremdsprachenausbildung darstellte. Die politischen Veränderungen Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre haben wir in einem Wechselbad der Gefühle erlebt. Zum einen waren wir hocherfreut über die sich uns bietenden Möglichkeiten, die Sprachen die wir unterrichten, tatsächlich anwenden und die entsprechenden Länder bereisen zu können. Wir hatten Zugang zu allen Informationsquellen Die politischen Verund technischen Hilfsmitteln. Wir waren änderungen Ende der voller Elan und Motivation, um neue 80er/Anfang der 90er Wege in der Fremdsprachenausbildung zu beschreiten. Wir waren überwältigt Jahre haben wir in von dem Zustrom der Studierenden, einem Wechselbad der die erkannten, dass sie jetzt tatsächlich Fremdsprachen anwenden können und Gefühle erlebt. deshalb lernen möchten. Wir wählten erstmals den Institutsrat und seinen Leiter in einer geheimen und demokratischen Abstimmung. Wir mussten aber auch erleben, wie von ungefähr 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die die Sektion Angewandte Sprachwissenschaft 1989 hatte, etwa drei Viertel in die Arbeitslosigkeit entlassen wurden, ohne dass ihre langjährige Tätigkeit die entsprechende Anerkennung erfuhr. Wir fragten uns, wie der verstärkte Bedarf an fremdsprachlicher Ausbildung, der sogenannte Nachholbedarf gegenüber den alten Bundesländern, mit 20 Lehrenden für die Sprachen Englisch, Französisch, Latein, Russisch, Schwedisch, Spanisch und Deutsch als Fremdsprache zu bewerkstelligen sein sollte. Wir mussten außerdem zähneknirschend akzeptieren, dass wissenschaftliches Arbeiten und Forschen nicht 20
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mehr zu den anerkannten und originären Aufgaben eines universitären Sprachenzentrums gehören, sondern unsere ausschließliche Aufgabe die Fremdsprachenlehre ist. Nicht verhindern konnten wir die Entscheidung der Fakultäten, die Fremdsprachenausbildung als obligatorischen Bestandteil der Studiengänge zu streichen. Der Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen war nunmehr eine persönliche Entscheidung der Studierenden. Damit die Studierenden überhaupt die Möglichkeit hatten, Fremdsprachen zu erlernen, mussten wir unsere Unterrichtszeiten mit den Stundenplänen der Studierenden in Einklang bringen. Das bedeutete Arbeitszeiten in den frühen Morgen- und späten Nachmittags- und Abendstunden. Das war für die vielen jungen Familien mit kleinen Kindern eine wahre Herausforderung, die nicht immer auf Begeisterung stieß, aber gemeinsam gemeistert wurde und auch heute noch zu meistern ist. Nach der personellen und organisatorischen Umstrukturierung Anfang der 90er Jahre, aus der das heutige Sprachenzentrum als zentrale Betriebseinheit der Universität Rostock hervorging, ging es in den 90er Jahren vorrangig darum, das Sprachenzentrum in die hochschulpolitische Landschaft der Bundesrepublik und die veränderten Bedingungen an der Universität Rostock zu integrieren. Getreu dem Leitmotiv unserer Universität Traditio et Innovatio“ haben wir darum gekämpft, Wert” volles zu bewahren und Neues zu wagen. Wertvolles zu
Das Hexenhaus“– ” heute Bolzendahlsches Haus, viele Jahre Domizil der Abteilung Fremdsprachen, in der Kröpeliner Str. 29
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Das Kollegium des Sprachenzentrums 1972
Im Fachgespr채ch: Ada Engel und Dr. Astrid Beyer (Russisch)
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bewahren, bedeutete, die zu der Zeit an bundesdeutschen Sprachlehreinrichtungen nicht übliche fachbezogene Fremdsprachenausbildung und zentrale Qualitätsstandards, wie wir sie durch das System der Sprachkundigenausbildung kannten, zu erhalten. Deshalb begrüßten wir die von Professor Bernd Voss initiierten Bemühungen zur Schaffung einheitlicher Standards für die Fremdsprachenausbildung an den Hochschulen der Bundesrepublik. Wir entwickelten ein Ausbildungs- und Prüfungskonzept, das den Vorgaben des Hochschulfremdsprachenzertifikats UNIcert® entspricht, und beantragten dessen Akkreditierung. Seit 1996 arbeiten wir mit diesem Konzept, das sich als Instrument zur Qualitätssicherung bewährt hat und gemeinsam mit dem Europäischen Referenzrahmen für Sprachen unser richtungsweisender Kompass ist. Angesichts der vom Land Mecklenburg-Vorpommern verordneten finanziellen Einschnitte mussten wir die Universitätsleitung und die Fakultäten immer wieder davon überzeugen, dass eine fundierte hochschulbezogene Fremdsprachenausbildung eines qualifizierten Personals bedarf und nicht allein durch Lehrbeauftragte oder private Bildungsträger geleistet werden kann. 2003 war das Sprachenzentrum trotz der Bologna-Beschlüsse in akuter Lebensgefahr. Dass es überlebt hat, verdanken wir insbesondere den lebenserhaltenden Maßnahmen der Studierenden und Fakultäten sowie den Ergebnissen der externen Evaluierung des Sprachenzentrums durch ein Gutachtergremium des AKS. 6 Die Freude über die Rettung wurde getrübt durch den Verlust weiterer fünf Stellen bis zum Jahr 2006. Nunmehr tragen 15 Lehrende die Verantwortung für eine angemessene fremdsprachliche Ausbildung der Studierenden der Universität Rostock. 6 Arbeitskreis der Sprachenzentren, Sprachlehrinstitute und Fremdspracheninstitute AKS e.V.
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BoloGna, MoDeRne TechnoloGIen, KnaPPe Kassen UnD anDeRe heRaUsFoRDeRUnGen Des 21. JahRhUnDeRTs
sorgte für zahlreiche änderungen: der Bologna-prozess
Das Domizil des instituts für Fremdsprachen in der der richard-wagner-str. 6 (Foto rechts)
Es gab wenige politisch so weit reichende Entscheidungen wie den Bologna-Prozess, der der Vermittlung/dem Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen die Bedeutung zugewiesen hat, die ihnen in unserer globalen Welt zukommen muss. Es mag vielleicht den einen oder anderen überraschen, aber die Sprachlehreinrichtungen und die von ihnen betreuten Studierenden sind die Bologna-Ge” winner“. In der Erklärung zur Schaffung eines europäischen Hochschulraums 7 werden die Sprachausbildung an Hochschulen, die Wahrung der Vielfalt der Sprachen und der Spracherwerb als Bedingung für Mobilität explizit genannt. Das bedeutet eine Stärkung der Sprachausbildung an der Universität, die dazu beitragen muss, eine Kommunikationsfähigkeit in mehreren Sprachen zu fördern, damit ihre Absolventinnen und Absolventen Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, ihre europäischen Bürgerrechte wahrnehmen und eine europäische Identität entwickeln können. Fremdsprachenkenntnisse werden dadurch zu Schlüsselqualifikationen für Absolventinnen und Absolventen aller Fachrichtungen. 8 Erstmalig müssen Sprachenzentren ihre Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit nicht begründen, sondern können davon ausgehen, dass sie als 7 Der europäische hochschulraum. gemeinsame erklärung der europäischen Bildungsminister, 19. Juni 1999, Bologna http://www.bmbf.de/pubrD/bologna_deu.pdf (zugriff: 01. April 2013) 8 wege zur mehrsprachigkeit an deutschen hochschulen – Die integration der Fremdsprachenausbildung in das hochschulcurriculum, positionspapier des AKs, http://www.aks-web.de/ziele-undresolutionen/ (zugriff: 01. April 2013)
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notwendige und kompetente Partner anerkannt werden, um die allgegenwärtige Formel 1+2 9 mit Leben erfüllen zu können. Das führte u. a. dazu, dass wir – aufgrund der Nachfrage der Studierenden – unser Angebot an Sprachen erweitert haben. Die Studierenden haben nunmehr auch die Möglichkeit Arabisch, Chinesisch und Italienisch zu lernen. Es bleibt allerdings die Frage, nach welchen Kriterien wir in Zukunft entscheiden, welEs bleibt allerdings die che Sprachen wir anbieten. In dieser Hinsicht wünsche ich mir eine mit der Frage, nach welchen Universitätsleitung und den FakultäKriterien wir in Zukunft ten abgestimmte Sprachenpolitik der Universität Rostock, die im Einklang entscheiden, welche mit den InternationalisierungsstrategiSprachen wir anbieten. en steht und den begrenzten Ressourcen des Sprachenzentrums Rechnung trägt. Ganz einfach gesagt: Profilieren wir uns, in dem wir uns bewusst auf eine begrenzte Anzahl von Sprachen festlegen und diese ausbauen? Oder bleiben wir bei einem breitgefächerten Angebot? Welchen Stellenwert messen wir unserer Muttersprache Deutsch bei? Inwieweit erwarten wir, dass internationale Studierende und Beschäftigte der Universität Rostock Deutsch sprechen, wenn sie zu uns kommen? Ich habe Bedenken, dass eine Kommunikation ausschließlich in Englisch, das für alle Beteiligten eine Fremdsprache ist, zu Qualitätsverlusten im wissenschaftlichen Diskurs und Studium führt. Ganz abgesehen davon, dass in unserer Region nicht davon ausgegangen werden kann, dass außerhalb der Universität überall Englisch gesprochen wird. Ein Auslandsaufenthalt sollte auch 9 1+2 bedeutet, dass alle nicht nur ihre Muttersprache sprechen, sondern auch zwei Fremdsprachen.
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dazu dienen, die Kultur und Sprache des Gastlandes kennenzulernen. Für mich ist die Frage deshalb eher: Welche Möglichkeiten wollen wir den internationalen Studierenden und Beschäftigten bieten, ihre Deutschkenntnisse zu vervollkommnen? 10 Wie heißt es so schön? Wer das eine will, muss das andere mögen. Bologna bedeutet/e nicht nur mehr Fremdsprachen, sondern auch Modularisierung. Wir hätten uns nie träumen lassen, wie viel Zeit und Mühe es uns kosten würde, unser auf dem UNIcert®-System basierendes Ausbildungs- und Prüfungssystem so zu zerlegen“, dass ” es mit den modularisierten Studiengängen kompatibel ist. Unsere Sprachkurse mussten in 3- und 6-Leistungspunkte-Module gegliedert werden. Was wir am Anfang gar nicht ahnten, aber bald zu spüren bekamen, war die ungeheure Prüfungslast, die nunmehr zu bewerkstelligen ist. Anstelle einer UNIcert®-Prüfung am Ende einer drei- oder viersemestrigen Ausbildung müssen jetzt jedes Semester ungefähr 1600 bis 1800 Prüfungen abgenommen werden, damit die Studierenden ihre Leistungspunkte bekommen. Unsere Mühe hat sich aber auch insofern gelohnt, als dass inzwischen nicht nur Latein in verschiedenen Curricula verankert ist, sondern auch Englisch, Französisch, Schwedisch und Spanisch. Die Studierenden können Module in diesen Sprachen als wahlobligatorisches Fach in ihr Studium einbringen und nutzen diese Möglichkeit zahlreich. Das wiederum konfrontiert uns mit Begehrlichkeiten, die uns bis dato in dieser Form und Vehemenz unbekannt waren. Da die Noten auf einem Abschlusszeugnis erscheinen, haben die Studierenden nicht nur den 10 Empfehlungen der 11. Mitgliederversammlung der HRK Sprach” politik an deutschen Hochschulen“ http://www.hrk.de/uploads/ media/Empfehlung_Sprachenpolitik_MV_22112011.pdf
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verständlichen Wunsch, möglichst gute Ergebnisse zu erzielen, sondern die Noten sollen so gut sein wie die in den Fachprüfungen erreichten. Im Klartext heißt das, dass eine 2,0 eine Katastrophe sein kann, die den Notendurchschnitt verdirbt und dringend verbessert werden muss. Aber das ist bei Fremdsprachen nicht so einfach, weil fremdsprachliches Wissen und Können allmählich reift und nicht in ein, zwei oder drei Nächten auswendig gelernt werden kann. Außerdem muss es regelmäßig angewendet werden, damit es reifen kann und nicht in Vergessenheit gerät. Was tun? Vielleicht sollten wahlobligatorische Fächer wie die Fremdsprachen nicht mit einer Note in das Zeugnis eingehen, sondern nur mit dem Vermerk bestanden“. Das scheint mir ein sinnvol” ler Ansatz zu sein, um den Studierenden die Möglichkeit zu bieten, Kenntnisse in mehreren Sprachen zu erwerben und als Schlüsselkompetenzen in ihr Studium einzubringen. Zum anderen erlaubt es uns als Fremdsprachenlehrenden bestimmte Standards, die durch den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen sowie die UNIcert®-Akkreditierung gesetzt sind, einzuhalten. Moderne Technologien
Wenn man Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität, die mehr als die Hälfte ihres Berufslebens absolviert haben, fragt, was sie mit Fremdsprachenunterricht verbinden, dann bekommt man meistens zur Antwort: Sprachlabore, Kopfhörer, Tonbänder, Einsetzübungen etc. oder Fremdsprachenunterricht ist nicht notwendig, denn Fremdsprachen lernt man im Ausland. Ich weiß nicht, wie lange sich diese Vorstellungen noch halten werden und warum so viele immer noch annehmen, dass Fremdsprachenlehrende die technischen Entwicklungen um sie herum nicht wahr28
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nehmen. Aber was ich weiß, ist, dass diese Vorstellungen nichts mit dem heutigen Fremdsprachenunterricht zu tun haben und computergestützte Technologien schon längst zu unseren täglichen Arbeitsmitteln gehören – seien es Lernplattformen wie Stud.IP, ILIAS, Campus Language Training, Aula Virtual de Español oder andere Software. Wir benötigen sie als flankierendes Element zu unseren Lehrveranstaltungen und den im strukturierten Selbststudium zu bearbeitenden Aufgaben, die kommunikativ ausgerichtet sind und dem Ansatz des handlungsorientierten Lernens und Lehrens von Fremdsprachen folgen. In den letzten Jahren haben wir deshalb zahlreiche Online-Lerneinheiten für die verschiedensten Sprachen entwickelt und getestet, um sie in ein Blended-Learning-Konzept integrieren zu können, das bis 2015 entwickelt werden wird.11 In diesen Bereich gehört auch die Erstellung des SAIL-
Das Selbstlernzentrum des Sprachenzentrums
11 Universitätsentwicklungsplan 2011 bis 2015 vom 13. Mai 2009, S. 40; Zielvereinbarung 2011 bis 2015 zwischen dem Land M-V und der Universität Rostock, S. 12; Entwicklungsplan des Sprachenzentrums der Universität Rostock 2011 bis 2015
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COMPASS – eines Internet-Portals für internationale Studierende, das ihnen den sprachlichen und interkulturellen Einstieg in ein Studium an unserer Universität erleichtern soll. Außerdem werden wir unter Federführung des Fachsprachen- und Medienzentrums der Universität Greifswald SEAGULL zum Fliegen bringen. Mit diesem EU-Projekt legen wir einen weiteren Grundstein für das digitale, autonome und lebenslange Fremdsprachenlernen mit muttersprachlichen Partnern. Diese Fakten bringen zum Ausdruck, dass wir uns den technischen Herausforderungen eines modernen Fremdsprachenunterrichts stellen und sie mit großem Engagement meistern, weil sie eine sinnvolle Ergänzung unserer kommunikativ und handlungsorientiert ausgerichteten Lehr- und Lernphilosophie darstellen. Sie bringen aber nicht zum Ausdruck, dass die finanziellen und personellen Bedingungen des Sprachenzentrums eigentlich nicht für diesen Wettlauf mit der technischen Entwicklung ausreichen. Den steigenden Erwartungen der Studierenden an die technischen Lehr- und Lernmittel gerecht zu werden, wird eine der größten Herausforderungen der Zukunft sein. Knappe Kassen …
und der drastische Personalabbau bis 2006 haben dazu geführt, dass wir zum Wintersemester 2003/ 04 beschlossen haben, im Interesse der Studierenden und zur Sicherung eines Minimalangebots, für nicht curricular verankerte Sprachkurse Gebühren zu erheben. In Absprache mit der Universitätsleitung und den Studierendenvertretungen wurde die Höhe der Entgelte kalkuliert und festgelegt, dass die Einnahmen vom Sprachenzentrum verwaltet und für die Beschäftigung von Lehrbeauftragten ausgegeben werden können. Diese Entscheidung kam einer Revolution 30
Fremdsprachenausbildung an der Universität Rostock
gleich, die nicht von allen gleichermaßen begrüßt wurde, aber als notwendig angesehen wurde, um den fremdsprachlichen Anforderungen des europäischen Hochschulraums gerecht werden zu können. In der Zwischenzeit haben wir Studierende kennengelernt, die um Ratenzahlung baten, Studierende, die uns mit Aussagen konfrontierten wie Was ” nichts kostet, ist nichts wert.“; Wenn der Kurs nur 40€ kos” tet, kann er nichts taugen.“; Sind die 40€ für eine Stunde zu ” bezahlen?“; 40€ – das ist ja geschenkt.“ Unstrittig ist hinge” gen, dass die Einführung dieser Entgelte für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sekretariats und Studienbüros viel mehr Arbeit bedeutet. Aus diesen Einnahmen beschäftigen wir ungefähr 15–20 Lehrbeauftragte, die pro Semester ungefähr 80– 120 SWS Lehre abdecken und fast vollständig die Verantwortung für die Sprachausbildung im Anfängerbereich tragen. Ohne ihre engagierte und zuverlässige Mitarbeit sowie die Betreuung durch die Kolleginnen und Kollegen des Sprachenzentrums wäre vieles nicht möglich. Deshalb bedaure ich es, dass die Arbeit der Lehrbeauftragten beschämend schlecht vergütet wird.
20 120 Bis zu 20 Lehrbeauftragte decken etwa 120 SWS Lehre ab
Andere Herausforderungen des 21. Jahrhunderts
‚Qualität‘ mit all seinen möglichen Kompositabildungen wie Qualitätssicherung, Qualitätsmanagement, Qualitätsdialog, Qualitätssicherungsinstrumente, Qualitätskreislauf, Qualitätssiegel usw. ist das Modewort dieses Jahrzehnts an deutschen Universitäten, dem sich auch Sprachenzentren stellen müssen. Unabhängig davon haben Fragen der Sicherung einer guten Qualität der Fremdsprachenausbildung und Zerti31
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fizierung von Fremdsprachenkenntnissen für uns immer eine zentrale Rolle gespielt. Das Sprachenzentrum fühlte sich seit seiner Gründung dem Gedanken der Qualitätssicherung verpflichtet und setzt diesen immer wieder aufs Neue in die Praxis um. Es verfügt über ein breites, hochschul- und adressatenspezifisches Ausbildungssystem, das seit 1996 regelmäßig durch externe Gutachter und seit 2005 durch die am Kurs teilnehmenden Studierenden evaluiert wird. Die Ausbildung am Sprachenzentrum zeichnet sich aus durch _ ihre hochschulspezifische Zielstellung (Vorbereitung auf ein Studium, Praktikum im Ausland sowie auf die Anforderungen der späteren beruflichen Kommunikation, Methodenkompetenz, Vermittlung von Lernstrategien im Sinne des lebenslangen Lernens), _ ihre fach- und studienbezogenen Inhalte und deren hochschuladäquate didaktische Umsetzung (steile Lernprogression, systematische Einbeziehung kognitiver Lernverfahren, effektive Nutzung medialer Lernphasen), _ ihre Orientierung an hochschulübergreifenden Qualitätsstandards wie dem GER und dem Hochschulfremdsprachenzertifikat UNIcert®. Konferenzen, Tagungen, Workshops und hausinterne Veranstaltungen nutzen wir, um unsere Arbeit immer wieder bewusst zu reflektieren, neue Möglichkeiten auszuloten und Erfahrungen mit anderen Einrichtungen auszutauschen. Seit Oktober 2011 werden wir durch eine Qualitätsbeauftragte bei der Erarbeitung eines sprachenzentrumsspezifischen Qualitätssicherungskonzeptes unterstützt. Die Qualität der Ausbildung wird maßgeblich durch die 32
Fremdsprachenausbildung an der Universität Rostock
hohe fachliche Kompetenz, das didaktische Geschick und außerordentliche Engagement der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bestimmt. Die Mitarbeit im UNIcert®-Verbund, Senat und seiner Kommission Studium und Lehre, die regelmäßigen, engen Kontakte und Abstimmungen mit den Fakultäten und die Zusammenarbeit mit dem Akademischen Auslandsamt bei den Auswahlverfahren für amerikanische Universitäten tragen dazu bei, dass das Sprachenzentrum seine Lehre an den Anforderungen und Bedürfnissen der Fakultäten ausrichten und das maßgeschneiderte Angebot im Bereich der Fachsprachenausbildung weiterentwickeln kann. Wir arbeiten unter den gegebenen Bedingungen effektiv und entwickeln sie weiter, um optimale Bedingungen für die Sprachvermittlung und die Umsetzung der Internationalisierungsbestrebungen der Universität gewährleisten zu können.12 In den nächsten Jahren wird es vorrangig darauf ankommen, im Sinne von Traditio die bewährte fachbezogene Fremdsprachenausbildung und die Verknüpfung der Fremdsprachenausbildung mit der Entwicklung von studien- und berufsbezogenen Schlüsselkompetenzen sowie Kompetenzen, die das lebenslange Fremdsprachenlernen unterstützen, fortzusetzen. Im Sinne von Innovatio liegt das Hauptaugenmerk auf dem Blended-Learning-Konzept, das Online-Lerneinheiten mit ausgewählten Ausbildungsabschnitten verzahnen soll, um eine größere Flexibilität für die Lernenden zu erreichen und den Bereich des autonomen Lernens zu stärken. Es ist meine tiefe Überzeugung, dass eine gute Lehre auch auf fundierten Ergebnissen wissenschaftlicher Ar12 Das Wulkow Memorandum zu Sprachenzentren an Hochschulen in Europa, 2009, http://www.aks-web.de/ziele-und-resolutionen/ (Zugriff: 01. April 2013)
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60 JAHRE
beiten und Untersuchungen zu den Besonderheiten der hochschulspezifischen und fachbezogenen sowie mediengestützten Fremdsprachenausbildung basiert. Deshalb möchte ich meinem Wunsch Nachdruck verleihen, zur langfristigen Qualitätssicherung der Ausbildung am Sprachenzentrum eine aufgabenbezogene Forschung zuzulassen, weil sie unabdingbar ist. Dadurch wird nicht nur das Sprachenzentrum gestärkt und die Trennung von Lehre und Forschung aufgehoben, sondern die Durchführung fächerübergreifender Forschungsprojekte in der Angewandten Linguistik, Fremdsprachendidaktik und E-/Mobile Learning ermöglicht. Was unbedingt noch gesagt werden muss
Wir pflegen internationale Kontakte mit den Universitäten in Dalian, Reitaku, Nantes, Lorient und Ekaterinburg. Wir nehmen Sprachtests wie UNIcert®, Dele, TestDaF und für Bewerbungen zum Studium oder Praktikum im Ausland ab. Wir haben eine Kinderuniversität zum Thema Warum gibt es bloß so viele Sprachen?“ gestaltet, uns mit ” verschiedenen Themen an der Langen Nacht der Wissenschaft beteiligt und uns über die große Resonanz gefreut, die interkulturelle Aspekte erfahren haben. Es gibt eigentlich keinen Bereich – außer der Forschung –, in den sich das Sprachenzentrum nicht eingebracht hat oder einbringt. Zu unseren Traditionen gehören die fach- und wissenschaftsbezogenen Inhalte und die hochschul- und berufsspezifischen Zielstellungen der Lehre, die enge Verflechtung der Lehre mit intensivem wissenschaftlichen Arbeiten und das fachliche Können und persönliche Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zu den Innovationen der letzten Jahre gehören die Modularisie34
Fremdsprachenausbildung an der Universität Rostock
rung der Fremdsprachenaus- Zu den Innovationen der letzbildung, ihre Verankerung in ten Jahre gehören die Moduladen Curricula der Studiengänge, die Entwicklung von risierung der Fremdsprachenvielfältigen Lehr- und Lern- ausbildung, ihre Verankerung materialien für das E-Learning, die Einbeziehung in den Curricula der Studienvon Lernplattformen in die gänge, die Entwicklung von Lehre, die Erweiterung der vielfältigen Lehr- und Lernmaangebotenen Sprachen, die terialien für das E-Learning, Beteiligung an Projekten. Für die Zukunft wün- die Einbeziehung von Lernsche ich mir, dass das Motto unserer Universität Tradi- plattformen in die Lehre, die ” tio et Innovatio“ auch das Erweiterung der angebotenen rasante Tempo unserer Zeit Sprachen, die Beteiligung an überlebt und beide immer in einem ausgewogenen Ver- Projekten. hältnis zueinander stehen. Sichere Fundamente sind notwendig, um Neues wagen und erfolgreich abschließen zu können. Ich wünsche mir außerdem, dass die Universitätsleitung, die Fakultäten und die Studierenden das Sprachenzentrum als das wahrnehmen, was es ist – eine Einrichtung, die die Universität bei der Umsetzung ihrer Internationalisierungsbemühungen unterstützt hat, unterstützt und unterstützen wird und deren Herz für eine solide fremdsprachliche Ausbildung der Studierenden schlägt.
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Sprachlabor, Tonbänder, Kassetten – was war das noch gleich? Im Jahr 2013 ist E-Learning ein fester Bestandteil in der Bildungslandschaft und am Sprachenzentrum. Die Entwicklung schreitet schnell voran, in den USA ist mittlerweile bereits von M-Learning die Rede – wir dürfen also gespannt sein, wohin die Reise geht. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir schon zurück schauen auf eine rasante Entwicklung in diesem Bereich. Noch ist längst nicht alles perfekt, es gibt weiter großen Entwicklungsbedarf und wer weiß, ob wenn das Sprachenzentrum 120 Jahre alt wird, wir uns nicht fragen: E-Learning – was war das noch gleich?
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R端ckblicke
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Heute, im Jahre ”2013 schaue ich auf ein glückliches, erfüllendes Berufsleben zurück, das interessanter, anregender und fordernder nicht hätte sein können.“ Dr. Rita Clausen, Englisch
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(Fremd)Sprache und Technik Prof. em. Dr. Edith Buchholz, Englisch Den ab 1951 per Verordnung eingeführten ”Unterricht in russischer Sprache und Literatur und in deutscher Sprache und Literatur für alle Studierenden in der DDR“1, erlebte ich nach seiner Erweiterung auf andere Sprachen (1953) Ende der Fünfziger passiv in Seminaren der russischen und der französischen Alltagssprachen als Studentin an der Universität Greifswald. 1961 beschloss ich, aktiv an diesem Bildungsprozess teilzunehmen, und begab mich zu diesem Zweck an die Universität Rostock.
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Nach fünfjährigem Diplomstudium der Anglistik und zweijähriger Tätigkeit unter Muttersprachlern des Englischen, sah ich keine großen Schwierigkeiten voraus. Das änderte sich umgehend, als sich erwies, dass die anfangs dominieren” de Ausrichtung auf die sogenannte Gemeinsprache einer fachsprachlichen Orientierung gewichen“2 war. Von den von mir zu unterrichtenden Fachsprachen (Maschinenbau, Elektronik, Schiffbau, Seewirtschaft etc. pp.) beherrschte ich schon das deutsche Fachvokabular nicht, ganz zu schweigen von dem englischen, das sich unserer (deutschen) Logik oft entzog. Zum Beispiel der Begriff swap bodies“. Natürlich ” wusste man, dass ‚to swap partners’ ein beliebtes amerikanisches Unterhaltungsspiel“ auf Partys der Mittelklasse war (Partnertausch). Aber ‚bodies’ tauschen? Bodies = Körper oder Leichen, vielleicht im Hafen, wie Gefangene am Checkpoint Charlie? Nach nervender Recherche (es gab ja noch kein Internet!) ergab sich für body die Fachbezeichnung Pritsche (beim LKW) oder Aufleger (beim Sattelschlepper), d. h. containerähnliche Transportbehälter mit weichen Wänden aus Plaste oder Stoff. Diese konnten von Eisenbahnflachwagons auf Sattelschlepper umgesetzt (swap) und weitertransportiert werden. So weit, so gut, Inhalt des Begriffes klar. Aber nun die deutsche Bezeichnung? Endlich fand sich ein Kundiger: Wechselbrücke! Na logisch! Vor der Verzweiflung rettete mich der Fakt, dass es allen Kolleg(inn)en in allen Sprachen so erging, denn keiner im Institut hatte das Neuland fachbezogene Fremd” sprachenausbildung“ absolviert. Es gab in diesem Stadium
Prof. em. Dr. Edith Buchholz
1 gesetzblatt der DDr (1951) s.871 2 Lothar hoffmann, sprache in wissenschaft und technik, Leipzig 1978, s. 5
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Rückblicke
Sprachlabore waren eine Neuerung der 1970er Jahre
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der Ausbildung auch keine Lehrbücher. Es war zwar nicht schwierig, Fachtexte zu besorgen. Jedes Fachinstitut hatte Fachzeitschriften in den bedeutendsten Weltsprachen. Aber jeder Lektor musste sich seine Übungen, Vokabellisten usw. selbst erarbeiten. Wir waren ein recht kreatives Kollektiv. Doch damit waren wir uns nicht in jedem Fall der Aussprache und der fachlichen Umgangssprache“ sicher. ” Um dem abzuhelfen, wurden Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre in allen Fachspracheneinrichtungen die von den tschechischen Tesla-Laboren erdachten Sprachlabore eingebaut. Hörsäle wurden mit Technik für Hör- und Sprechübungen und zum Selbststudium umgerüstet. Sie bestanden aus Kabinen mit Tonband und Mikro für die Studenten und einem Mischpult“ vorn für ” den Lektor, wo er die Bandstellen zum Üben einstellte und die Leistungen der Studenten abhören, sprich sich in jede Kabine einschalten konnte. Wieder eine neue, dieses Mal scheinbar rein technische Hürde! Aber wir lernten schnell mit der Technik umzugehen. Schwieriger, jedoch ebenfalls lösbar, war das Entwerfen von Hör- und Sprechübungen, mit denen die Labore gefüttert werden mussten. Zunächst waren das sog. Vier-Phasen-Übungen (Hören – Nachsprechen, Hören – Nachsprechen). Diese erarbeiteten wir und ließen sie von Muttersprachlern (Muttersprachler aller Sprachen – Englisch, Französisch, Russisch, später Spanisch und Portugiesisch und viele mehr – gab es an der Uni mehr oder weniger zahlreich) auf Tonband sprechen, wozu auch ein Tonstudio aufgebaut werden musste. Für diese Aufgaben konnten wir fremdspracheninteres-
(Fremd)sprache und Technik
sierte Absolventen der technischen Fakultät als Assistenten einstellen. (In diesem Stadium schaffte die Informationstechnik noch Arbeitsplätze!) So wuchsen wir auch unmerklich in die Fremdsprachentechnik hinein. Ein Nachteil der Labore war der mangelnde Direktkontakt mit den Studenten, denn natürlich konnten wir nicht alle Kabinen ständig abhören, so dass manche Studenten auch dem Raten von Kreuzworträtseln oder dem Lesen des Magazins nachgingen. Bald darauf entstand eine neue Herausforderung: Weg ” von dem Zustand‚ jeder Lektor hat sein eigenes privates Lehrmaterial“ – Lehrbücher für die Fachsprachenausbildung waren die immer lauter werdende“ Aufgabe des Tages. Aus dem Ausland waren solche nicht zu erwerben. Dort gab es eine solche Ausbildung nicht – außer in einigen östlichen Republiken, aber deren Lehrbücher waren auf unseren Bedarf nicht zugeschnitten. Deshalb erhielten die Fremdsprachenabteilungen der Universitäten der DDR Aufträge zur Erarbeitung derartiger Bücher. Einige Beispiele seien hier genannt: Englisch für Physiker, 1977 HU Berlin, Englisch für Chemiker, 1978 Halle, in Rostock wurden Lehrbücher in Englisch und Russisch für die Seewirtschaft erarbeitet. Zu den Büchern erschienen Tonbänder, Folien und Dias, hergestellt von uns und produziert im Institut für Film, Bild und Ton in Berlin. Bevor jedoch die Bücher entstehen konnten, wollten wir sicher sein, das häufigste Vokabular auch besonders oft zu verwenden, das heißt, in die Übungen einzubauen. Die Art der Ermittlung der wichtigsten Unterbereiche der Seewirtschaft und des dazugehörenden Textmaterials lasse ich hier aus. Wichtig, weil wieder eine neue technische Etappe, war die rechnergerechte Eingabe der ausgewählten Texte auf Lochstreifen mittels Lochzangen“ in die damals ” noch raumfüllenden und viel Wärme erzeugenden Rech43
Rückblicke
ner im Uni-Hauptgebäude. Zur Erarbeitung der Texte und Übungen in unserem Lehrbuch Englisch für die Seewirt” schaft“³ gaben wir rund einhunderttausend englische Wörter ein und glaubten, mehr Zangenbewegungen getan zu haben als die fleißigsten Zugschaffner. In den siebziger Jahren waren Fachsprachen (ESP = English for Specific Purposes) auch zum Forschungsgegenstand geworden. Es entstanden zahlreiche Veröffentlichungen und Dissertationen, damals war unzitiertes Abschreiben nicht möglich, es gab zu wenige Arbeiten auf unserem Gebiet und die waren weltbekannt (u.a. G. Herdan, P. Dunkel in den USA, R. Last, S. Hockey in GB). Mitarbeiter unserer Einrichtung studierten Nebenfächer im Fernstudium, schrieben zahlreiche Veröffentlichungen zum Thema Fachsprachen, promovierten und habilitierten sich. Dann kam wieder eine neue Technik auf den Markt: der Personal Computer, geeignet für den Gebrauch am Arbeitsplatz. Hier hinkten wir technisch hinterher, aber nicht lange: Sponsoren (so würde man heute sagen) übergaben uns ESER-PCs (RGW), Commodore Rechner (eingeschmuggelt aus GB, denn es bestand ja ein Embargo auf moderne technische Geräte aller Art). Die Erfahrungen aus den Sprachlaborjahren wurden schnell auf den PC übertragen. Wir produzierten neben trockenen“ technischen Übungen ” auch Sprachspiele (Einsetz-, Ergänzungsübungen). Das Experimentieren übte einen großen Reiz aus. Unsere Einrichtung wurde Mitglied in der internationalen Organisation ALLC (Association for Literary and Linguistic Computing) und deren Untergruppe CALL (Computer-Assisted Language Learning); wir wurden in zahlreiche Länder zu Vorträgen eingeladen. Da war es nur folgerichtig, dass der Vorstand von CALL uns fragte, ob wir nicht selbst 3 Englisch für die Seewirtschaft, Verlag die Wirtschaft, Berlin 1981
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(Fremd)sprache und Technik
eine Call-Konferenz ausrichten könnten. Das erwies sich weniger schwierig, als wir erwartet hatten. Die Uni unterstützte uns vorzüglich, und vom 15.–17. November 1989 trafen sich in Rostock-Warnemünde über 200 Konferenzteilnehmer aus Ost und West (viele, die sich aus Veröffentlichungen kannten, sahen sich hier zum ersten Mal persönlich). Während der Konferenz versuchten wir eine Telefonkonferenz mit den USA aufzubauen. Das Hören klappte nicht so ganz, aber wir erhielten zum ersten Mal viele Mails von Studenten von der Penn State University. Am Abschlusstag zeigten wir unseren Gästen die Schlösser in Güstrow und Schwerin und luden sie abends zu einem opulenten Konferenzessen ins Kurhaus ein. Am nächsten Morgen hatten wir ein Problem: Wir wurden unsere ausländischen Gäste nicht los. Während unserer Konferenz war die Grenze zur BRD geöffnet worden. Kein Zug bzw. Bus fuhr mehr, da viele Lokführer, Busfahrer privat gen West unterwegs waren. Zum Glück erklärten sich eine Reihe Kollegen spontan bereit, Gäste in ihren eigenen PKWs zu einem der drei Berliner Flughäfen zu fahren und dort mit ihnen zu warten, bis sich für sie ein Ausflug aus dem turbulenten Deutschland ergab.
Rostock spielte in der 1. Liga bei CALL mit
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Deutsch für Ausländer Christa Bremer, Deutsch als Fremdsprache In den 1950er und 1960er Jahren wurden die ersten ausländischen Studierenden an der Universität Rostock immatrikuliert. Sie kamen aus Korea, der ”Vereinigten Arabischen Republik“, d. h. Syrien und Ägypten, und Ländern Afrikas, unter ihnen auch der erste ausländische Aspirant, Dr. Eltigani aus dem Sudan, der auf dem Gebiet der Phytopathologie promovierte. Die Studienfächer waren in den Anfangsjahren Schiffbau, Schiffsmaschinenbau sowie Medizin.
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Mit diesen Studenten erwuchsen der Abteilung Sprachun” terricht“ neue Aufgaben im Bereich des weiterführenden fachsprachlich orientierten Deutschunterrichts für Ausländer, der obligatorisch war, in der Regel vier Semester dauerte und mit der Prüfung für Fortgeschrittene“, erforderlich ” für die Zulassung zum Examen, abschloss. Dieser Unterricht fußte auf der am Herder-Institut der Karl-Marx-Universität Leipzig absolvierten Grundausbildung. Die Lehrenden waren Germanisten und Deutschlehrer, ausgebildet für die allgemeinbildenden Schulen, d. h., sie betraten Neuland in umfassendem Maße. Der Unterricht erfolgte weitestgehend einsprachig, begründet durch die national heterogene Zusammensetzung der Kurse sowie Fehlen der Muttersprache. Es gab weder linguistische noch methodische Grundlagen und es gab kein Lehrmaterial. Dieser Zustand galt für alle Universitäten, an denen ausländische Studierende ausgebildet wurden. Das erforderte eine Zusammenarbeit, die organisiert werden musste. Beim Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen wurde eine Fachkommission gegründet. Sie setzte sich zusammen aus Lehrenden des Herder-Instituts und den mit der Ausbildung befassten Universitäten Leipzig, Halle, Dresden, Jena, Berlin und Rostock. Ihre Aufgabe war die Erarbeitung von Lehrmaterial zu lexikalisch und syntaktisch relevanten sprachlichen Mitteln. Die erarbeiteten allgemeinsprachlichen Materialien wurden ausgetauscht, im Unterricht erprobt und aufgrund der Erfahrungen optimiert. Fachsprachliche Lektionen wurden an den einzelnen Universitäten separat für den Bedarf entwickelt, in Rostock zunächst vorwiegend für Schiffbau, Schiffsmaschinenbau und Medizin.
Christa Bremer, Deutsch als Fremdsprache
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Rückblicke
Eines der ersten Lehrbücher des Herder-Instituts: Deutsch. Ein Lehr” buch für Ausländer“
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Deutsch für Ausländer
In einem langen Prozess, fußend auf den sprachwissenschaftlichen Erkenntnissen und methodischen Erfahrungen, entwickelte sich aus dem Deutschunterricht für ” Ausländer“ unter Führung des Herder-Instituts das Fach Deutsch als Fremdsprache“ mit einer eigenen Zeitschrift ” gleichen Namens. Mit der internationalen Anerkennung der DDR, ihrer Aufnahme in die UNO, erweiterte sich die Internationalität und es trat eine Schwerpunktverlagerung ein, sowohl den Teilnehmerkreis als auch die Fachrichtungen betreffend. Zunehmend waren Aspiranten, die ebenfalls die obligatorische Ausbildung durchliefen, zu unterrichten. Neben Medizin“ traten landwirtschaftliche Fach” richtungen in den Vordergrund, insbesondere betraf dies Aspiranten aus Kuba und Syrien. Neben diese obligatorische Ausbildung traten zunehmend fakultative Kurse für Gäste: Professoren und Dozenten aller Fachrichtungen, die an der Universität hospitierten oder Gastdozenturen wahrnahmen und ihren Aufenthalt nutzten, Deutsch zu lernen oder ihre Kenntnisse zu erweitern. In den 1980er Jahren wurde ein weiteres Kapitel aufgeschlagen: Ferienkurs in den Sommermonaten. Diese Kurse fanden Dank und Anerkennung bei Teilnehmern aus ganz Europa. Wie Teilnehmer berichteten, ergab ein Vergleich mit Kursen dieser Art an Universitäten der Bundesrepublik ein positives Bild der Kurse in Rostock.
„I study at the University of Glasgow for this semester and my lectures started last week. I am very glad that I joined your Business English class from Modul 1 to Modul 3. It makes it so much easier for me.“ Julia Kern (englisch) in einer e-Mail an Rebecca collin, september 2012
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Zur Entwicklung von Sprachintensivkursen Dr. Rita Clausen, Englisch In den 80iger Jahren entwickelte sich eine stärkere wissenschaftliche Zusammenarbeit nicht nur zwischen den Universitäten des Ostens, sondern auch mit Universitäten westlicher Länder. Das fand seinen Niederschlag in Universitätsvereinbarungen, z. B. mit der Brown University Providence, in denen der Austausch von Wissenschaftlern, des wissenschaftlichen Nachwuchses und von Studenten festgelegt wurde.
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Um diese Vereinbarungen mit Leben zu erfüllen, war es erforderlich, dass die betreffenden Wissenschaftler und der akademische Nachwuchs die englische Sprache als Lingua Franca der Wissenschaft und Technik beherrschten. Die in drei obligatorischen Semestern erworbenen fachsprachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten entsprachen nicht mehr den gestiegenen Anforderungen. Um hier Abhilfe zu schaffen, begann das Sprachenzentrum 1987 mit dem Aufbau eines Englisch-Intensivkurses für Nachwuchswissenschaftler sowie Angehörige des Lehrkörpers aller Fakultäten. Es entstand ein neues vierköpfiges Lektorat Eng” lisch Intensiv“, das die Aufgabe erhielt, in kürzester Zeit ein Konzept für diese neue Ausbildungsform vorzulegen und mit der Ausbildung zu beginnen. Das war nur möglich, weil unser Institut bereits Erfahrungen auf diesem Gebiet erworben hatte (Spanisch-Intensivkurse seit 1974, Portugiesisch-Intensivkurse seit 1982) und es an der Berliner Humboldt-Universität und an der Technischen Hochschule Dresden ähnliche Einrichtungen gab, von deren Erfahrungen wir profitieren konnten. Dennoch gab es eine Reihe von Fragen zu beantworten und Aufgaben zu lösen, bevor der erste Intensivkurs, der mit der Sprachkundigenprüfung IIa abschließen sollte, am 2. Mai 1988 beginnen konnte:
Dr. Rita Clausen, Englisch
_ Welche sprachlichen Fertigkeiten müssen junge Wissenschaftler vorrangig entwickeln? Das Schreiben von Fachartikeln, von Zusammenfassungen, von Versuchsergebnissen…? _ Das Verstehen von Fachvorträgen und wissenschaftlichen Diskussionen? 51
RücKBlIcKe
_ Das Halten von wissenschaftlichen Vorträgen und die Teilnahme an ihrer Diskussion? _ Sollten sie nicht auch im Small Talk brillieren und im Alltagsleben sprachlich bestehen?
ab 1987 auf dem Plan der sprachausbildung: englischIntensivkurse
Angesichts der unterschiedlichen Fachgebiete unserer Kursteilnehmer stellte sich die Frage, mit welchem Sprachmaterial und welchen Methoden sich die erforderlichen Fertigkeiten, das erforderliche Wissen und Können am effektivsten aneignen und trainieren lassen. Wir waren uns einig, dass der Schwerpunkt unseres Kurses auf der Vermittlung und Aneignung von anwendungsbereitem Wissen und Können liegen musste. Das Ergebnis gemeinsamer Überlegungen der beteiligten Kolleginnen Dr. Sabine Teichmann, Dr. Dagmar Ronnecker und Dr. Rita Clausen führte zu einem Kurskonzept, das auf der Grundlage der einzelnen zu entwickelnden Fertigkeiten beruhte. Dementsprechend erfolgte die Ausbildung in sechs unterschiedlichen Kursen und einer individuellen Fachtextlektüre der jeweiligen Forschungs- oder Studieneinrichtung. 1. BasIc sKIlls coURse 6 sTD./woche
Der Kurs umfasste 6 Wochenstunden und reaktivierte, übte und festigte die englische Grammatik und Syntax, insbesondere die Besonderheiten der Fachsprache. 2. wRITInG sKIlls coURse 6 sTD./woche
Dieser Kurs konzentrierte sich auf die Vermittlung, Übung und Festigung des Schreibens wissenschafts- und fachtextrelevanter Texte, wie Artikel und deren Zusammenfassungen, Erörterungen, Beweisführungen usw. 52
Zur Entwicklung von Sprachintensivkursen
3. Conference Skills Course 4 + 2 Std. / Woche
In diesem Kurs erfolgte die Simulation von wissenschaftlichen Konferenzen mit Chairman und Vortrag zu einem Fachthema mit anschließender Diskussion nach Vermittlung und Übung der entsprechenden Konferenzsprache. Zu diesem Kurs gehörte auch eine individuelle Fachtextlektüre im Umfang von 30 Seiten, die in einer Konsultation von 90 Minuten überprüft wurde, sowie ein Fachvortrag und ein Gespräch zum Thema und eine schriftlich eingereichte summary. 4. Discussion Skills Course 4 Std./Woche
Der Kurs diente der Vermittlung, Übung und Anwendung von sprachlichen Mitteln zum Ausdruck z. B. der Zustimmung, Unterbrechung, des Widerspruchs, u. a. in fachlich-akademischen Diskussionen, und der Festigung und Übung allgemeinsprachlicher Wendungen. 5. Listening Skills 4 Std./Woche
Auf der Grundlage authentischen Materials wurde das Verstehen von Vorträgen und deren Diskussion sowie von umgangssprachlichen Dialogen trainiert. 6. Social Skills 4 Std./Woche
Der Kurs wurde in der Regel von einem Muttersprachler geleitet, um die notwendige sprachliche und soziale Authentizität herzustellen. In Rollenspielen wurden umgangssprachliche Wendungen des Alltags und des Universitätslebens trainiert. Im Zeitraum vom 2. Mai 1988 bis zum 24. Januar 1992 fanden 13 der hier skizzierten Intensivkurse mit einer Gesamtteilnehmerzahl von 129 statt, von denen 110 Teilneh53
Rückblicke
Zur Entwicklung von Sprachintensivkursen
mer ihre Abschlussprüfung (Sprachkundigenausbildung Stufe II a) erfolgreich ablegten. Ab März 1990 wurde der Kurs auch zur Vorbereitung auf eine Umschulung zu Englischlehrern genutzt. Aufbau, Durchführung und Ende der Intensivausbildung waren eng mit den tiefgreifenden Umwälzungen in der Endzeit der DDR bis zur Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 verbunden. Diese dreieinhalb Jahre gehören aus der Sicht meiner 35-jährigen Lehrtätigkeit am Sprachenzentrum zu meinen nachhaltigsten Erinnerungen. Intensivkurse erfordern Teamarbeit und Teamgeist. Mit den beteiligten Kolleginnen Dr. Sabine Teichmann, Dr. Dagmar Ronnecker und unserem jeweiligen Muttersprachler waren wir eine hochmotivierte Truppe, die mit Freude, Engagement, Lehrerfahrung und Fachwissen die Teilnehmer zu einem erfolgreichen Abschluss führte. Heute, im Jahre 2013, schaue ich auf ein glückliches, erfüllendes Berufsleben zurück, das interessanter, anregender und fordernder nicht hätte sein können, das mich mehrmals an die Grenze meiner Leistungsfähigkeit gebracht hat und mich dennoch ausgefüllt und glücklich gemacht hat.
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„Ich habe über 2 Semester einen Lateinkurs im Sprachenzentrum besucht, der mir einen interessanten Einblick in die Geschichte bot aber gleichzeitig für meine anderen Sprachen von Nutzen sein wird.“ Doreen Kaiser (latein), lektürekurs im sommersemester 2011
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Vom Hexenhaus in die Kaserne – eine Reminiszenz Marianne Gauck, Spanisch Dass eine Universität in durchaus aufgeklärten Zeiten über ein Hexenhaus verfügt, darf man getrost als Kuriosum der besonderen Art betrachten. Als Unikat wohl auch, dessen sich die Rostocker Universität rühmen konnte.
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An einem schönen Sommertag des Jahres 1973 war ich auf der Suche nach eben diesem Haus. Ob diese Bezeichnung für mich nun Verheißung oder Bedrohung bedeuten sollte, musste sich erst noch herausstellen. Dorthin sollte ich mich zu einem Vorstellungsgespräch begeben, und dieses Haus sollte im Erfolgsfalle meine künftige Dienststelle werden. Wenn man die Eingangshalle der Universität durchquerte und den Hinterausgang passiert hatte, kam man auf den Hinterhof und von dort zu einer unscheinbaren Tür, an der – gleichermaßen unscheinbar – Abteilung Fremd” sprachen der Universität Rostock“ zu lesen war. Ich war also an der richtigen Adresse. Und fand die Bezeichnung Hexenhaus“ durchaus angemessen. Die ” alten unebenen Dielenbretter knarrten, die Wände waren schief und krumm, die Raumhöhe vermittelte einem normal gewachsenen Menschen den Eindruck, die Räume nur mit eingezogenem Kopf betreten zu können. Ich kann mich an ein Gefühl noch genau erinnern: Wie ist es möglich, dass in einem solchen Haus die Schreibtische und Schränke nicht durch die maroden Fußböden brachen…?, und ich hoffte insgeheim, die Kollegen würden vorsichtig genug auftreten, um genau diesen Durch” bruch“ zu verhindern. Das Haus hielt übrigens noch sehr lange, es ist noch heute Bestandteil der Uni, hübsch restauriert, und macht eher einen gemütlich-beschaulichen als einen Hexenhaus-Eindruck. Meine Anstellung an dieser Abteilung verdankte ich einem politischen Prozeß. Die DDR befand sich in diesen Jahren international im Zeichen ihrer politischen Anerkennung als zweiter deutscher Staat, womit die endgültige Abspaltung von der BRD zementiert werden sollte.
Marianne Gauck, Spanisch
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Rückblicke
Das hatte eine ganze Reihe von politischen Veränderungen zur Folge, auch im nationalen, regionalen und lokalen Bereich. Teilhabe an der Gestaltung politischer Entwicklungen weltweit wurde angestrebt, Spezialisten der unterschiedlichsten Fachrichtungen wurden – politische Loyalität zur DDR vorausgesetzt – für einen Einsatz im Ausland vorbereitet. Der letzte Schritt auf dem Wege der Vorbereitung derartiger Einsätze war der der fremdsprachlichen Ausbildung. Die Universitäten der DDR wurden beauftragt, sog. Sprachintensivzentren zu bilden, an denen der ausgewählte Personenkreis, die Auslandskader“, ” sprachlich ausgebildet werden sollte. Rostock bekam also ein Sprachintensivzentrum für Spanisch, wohl wegen der Existenz der damaligen Sektion Lateinamerikanistik. An genau dieser Institution hatte ich mich viele Jahre vergeblich um ein Studium bemüht, aber immerhin hatte mir der Direktor eines Tages den Weg für eine Teilnahme an der sprachlichen Ausbildung für Spanisch frei gemacht. Ich durfte also diesen Teil des Studiums als sog. Externe mitmachen und abschließen, wurde auch einbezogen in die studienbegleitenden Dolmetsch-Einsätze der Studenten. (Später ermöglichten mir zwei wohlgesonnene Institutsdirektoren das Studium dennoch, sozusagen durch die Hintertür als Frauenförderungsprogramm“, eine sei” nerzeit sehr beliebte Formulierung für alles, was mit der gängigen Bürokratie nicht oder nur sehr schwer durchzusetzen war.) Die Ausbildung war sehr gut, die Dolmetsch-Einsätze sehr anspruchsvoll, und praktisch die einzige Möglichkeit, mit Personen in Kontakt zu treten, deren Muttersprache das Spanische war. Das damalige Ministerium für Hochschulwesen, dem die Universitäten direkt unterstellt waren, konnte im Bedarfsfalle direkt auf diesen Dolmetscherstamm zugreifen. 58
Vom Hexenhaus in die Kaserne
Als mich die Anfrage zur Mitarbeit am Sprachintensivzentrum Spanisch erreichte, saß ich bei Dr. Langner im Französisch-Kurs. Er kannte mich schon, denn zusätzlich zu dem Abschluss in der Lateinamerikanistik hatte ich bei ihm die Sprachkundigen-Prüfung Spanisch absolviert, für alle Fälle… Wollen Sie da nicht mitmachen?“, fragte er mich. Es ” ” gibt keine Leute dafür, und Sie sind doch fertig.“ So kam’s, dass ich dort anfing. Dr. Günther Abendroth war damals der Leiter der Abteilung Fremdsprachen. Er stellte eine ganze Reihe von Kollegen ein, auch und oftmals gerade, weil ihre biografischen Gegebenheiten sich mit den aktuellen ideologischen Anforderungen nicht geradlinig vereinbaren ließen. Er hatte ein ausgeprägtes Verständnis für Menschen, die, wie er es nannte, Probleme mit den vaterländischen Gewalten“ hatten. Mit” te der 80er Jahre wurde er aus parteipolitischem Kalkül als Chef abgesetzt, um ihn politisch zu disziplinieren, nach der politischen Wende 1989 jedoch wieder ins Amt gehoben. Ein Glücksumstand, denn seinem Einsatz und Durchsetzungsvermögen in der Wendezeit, seiner bisweilen schwejkhaften Verhandlungsführung verdankt das heutige Sprachenzentrum letztlich seine Existenz. Er war es, der verhinderte, dass die Institution abgewickelt“ ” und die Kollegen auf die entsprechenden Fakultäten und Fachrichtungen aufgeteilt wurden. Die Geburtsstunde des Sprachintensivzentrums Spanisch war denkbar unspektakulär. Von den Kollegen als exotisches Anhängsel betrachtet, begannen wir mit vier Kollegen praktisch ohne Vorbereitung die Kurse, kaum dass ein Konzept dafür vorlag. Zur Verfügung hatten wir nicht mehr als zwei miteinander verbundene Räume, darin Tische, Stühle, Tafel und Kreide, alles sämtlich aus 59
Rückblicke
Schwer zu bekommen waren Unterrichtsmaterialien für das Fach.
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alten Beständen. Lehrmaterial gab es nicht, wir benutzten das einzig verfügbare Lehrbuch für Schüler. Das Ziel dieser Kurse war vorgegeben: Stufe I war der Grundkurs, er dauerte fünf Monate mit sechs Unterrichtseinheiten pro Tag, Stufe II war der Kurs für Fortgeschrittene, er dauerte drei Monate. Für diese Stufe gab es absolut keine Unterrichtsmaterialien. Wir mussten sie sämtlich selbst erarbeiten, dazu das gesamte Überprüfungssystem konzipieren und erstellen, und das, obwohl keiner von uns über Erfahrungen als Lehrbuchautor verfügte. Mit den Jahren wurde die Nachfrage (und damit unsere Kurse) größer, neue Kollegen waren hinzugekommen und wir bekamen ein eigenes Haus in der Richard-Wagner-Straße, ehemals die Villa einer jüdischen Anwaltsfamilie. Ich kannte es aus meiner Schulzeit, es war Internat der Kinder- und Jugendsportschule, an der ich mein Abitur gemacht hatte. Im Garten hatte man eine Baracke gebaut, um ausreichend Platz für die auswärtigen Schüler zu haben. In dieser Baracke bekam das Intensivzentrum seinen Platz, die Kollegen der anderen Lektorate, die mit der studentischen Ausbildung befasst waren, richteten sich im Vorderhaus ein. Zwar gab es nun neue Stühle und Tische, auch die Tafel war neu, aber die Lehrmaterialien mussten wir nach wie vor selbst erstellen. Die Quellensuche gestaltete sich schwierig, ein Zugriff auf Vorhandenes war praktisch nicht möglich, weil es kein vergleichbares Institut gab und Anleihen aus dem Westen nicht gemacht werden durften. Es war ein großes Fest, als wir endlich Langenscheidt-Wörterbücher bekamen!
Vom Hexenhaus in die Kaserne
Eine ebenso mühevolle Aktion war Die Universität wurde, die Vervielfältigung der verwendeten wie unzählige andere Materialien. Dazu gab es eine stark nach Ammoniak riechende Maschi- Betriebe, einer ”Abwickne, in die eine Druckvorlage eingelegt lung“ unterzogen. Jeder wurde, die dann mit einer schrecklich intensiven lila Farbe vervielfältigt einzelne der bislang etwa wurde. (Nach der Wende bekamen 90 Kollegen musste sich wir den ersten Kopierer, aber jede auf eine der verfügbaren Kopie musste einem wissenschaftlichen Mitarbeiter zur Genehmigung Stellen bewerben. vorgelegt werden, sodass wir oft lieber selbst unsere alten Schreibmaschinen betätigten, um ein Schriftstück mit möglichst vielen Durchschlägen zu erstellen.) Mit der politischen Wende 1989 veränderte sich das Leben für alle von uns. Die Universität wurde, wie unzählige andere Betriebe, einer Abwicklung“ unterzogen. Das hieß: Jede Stel” le wurde neu ausgeschrieben, jeder einzelne der bislang etwa 90 Kollegen musste sich auf eine der verfügbaren Stellen bewerben. Zur Verfügung standen im günstigsten Falle aber nur 20% der bisherigen Stellen, sodass ein massiver personeller Kahlschlag bevorstand. Das war ganz gewiss die bitterste Zeit dieses ansonsten befreienden Übergangs, denn die Kollegen, die gehen mussten (aus welchen Gründen auch immer), traf die plötzliche Entlassung extrem hart, und die Verbleibenden fühlten sich angesichts dieser täglichen Abschiede fast schuldig, weil sie bleiben konnten. Einige Kollegen verließen das Institut und gingen in die Politik (Christine Lucyga) oder in die Universitätsverwaltung (Dagmar Ronnecker, Sabine Teichmann), die so ebenfalls neu strukturiert werden musste. 61
Rückblicke
Erste Besichtigung der neuen Räumlichkeiten in der Ulmenstraße 69
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Das Institut wurde zum Sprachenzentrum, einer eigenständigen Institution innerhalb der Universität, das Angebot von mehr als einem Dutzend Sprachen auf die Hälfte reduziert. Ganz folgerichtig verschwanden auch die Sprachintensivzentren, die Kollegen des Bereichs Spanisch wurden in die studentische Ausbildung integriert, womit sich auch das Anforderungsprofil entscheidend änderte. Mit dem Ende der DDR und ihren Restriktionen waren nun endlich Sprachreisen und Besuche bei anderen (westlichen) universitären Sprachenzentren möglich, es konnten Wörterbücher und Fachliteratur angeschafft werden. Auch die Frage der räumlichen Gegebenheiten stellte sich neu, und wir hatten das große Glück, in einen wirklich außergewöhnlichen Bau mit einzuziehen: eine Kaserne. Eine, die es schon zu Kaisers ” Zeiten“ gab, die seither allen politischen Systemen als Soldatenunterkunft gedient hatte und nun für die Universität umgebaut wurde. Endlich gab es angemessene räumliche Bedingungen und bedarfsgerechte Ausstattung, Büros im Dachgeschoss des Gebäudes und Seminarräume – nur für das Sprachenzentrum! Wir haben das als Geschenk und irgendwie auch als Verpflichtung gesehen, unsere neuen Auf-
Vom Hexenhaus in die Kaserne
gaben den äußeren Bedingungen anzupassen, eine großartige Chance. Es hat einfach Spaß gemacht, den neuen Anfang nach unseren kollektiven und individuellen Möglichkeiten gestalten zu können. Die größtmögliche Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Ressourcen, modernste technische Ausstattung, Reisefreiheit, das soziale Gefüge am Sprachenzentrum, das Zusammengehen der Kollegen in allen wichtigen Fragen, all das fügte sich zu einem Ganzen, das das Sprachenzentrum und seine Mitarbeiter hat wachsen und zu einer anerkannten Institution mit ganz eigener Prägung werden lassen. So fällt denn auch mein ganz persönliches Resümee nach 33 Jahren an diesem Institut ganz überwiegend positiv aus. Meine zahlreichen biografischen Umwege haben mich konfrontiert mit einer Reihe von Umständen, die letztlich eher Chancen als Chancenlosigkeit waren, und mit Menschen, die mir bis heute wertvoll sind. In diesem Sinne: ad multos annos!
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Das Schwedischlektorat feiert 100 Jahre Bestehen im Jahr 2019 Dr. Horst Hein, Schwedisch Das Sprachenzentrum ist stolz auf sein 60-j채hriges Bestehen, aber wie der folgende Beitrag zeigt, reichen seine Wurzeln noch weiter zur체ck: Das Schwedischlektorat kann im Jahr 2019 bereits auf eine 100-j채hrige Geschichte zur체ckblicken.
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zUR GeschIchTe Des schweDIschleKToRaTs BIs 1946
Der Universität Rostock als Leuchte des Nordens“ mit ih” rer geographischen Lage und ihren traditionellen Verbindungen zu den nordischen Ländern galt nach dem 1. Weltkrieg die besondere Orientierung Schwedens. Nach der Gründung des Nordischen Instituts in Greifswald 1918 richtete sich das schwedische Interesse auf die Universität Rostock, um dort Möglichkeiten zum Erlernen der schwedischen Sprache und der Beschäftigung mit Kultur, Wirtschaftsleben und Politik zu schaffen. Das Vorhaben Schwedens, an der Universität Rostock ein Schwedischlektorat zu gründen, entspringt auch den Erfahrungen aus dem 1. Weltkrieg, nämlich die geographische Lage und die gewachsenen historischen und wissenschaftlichen Verbindungen zu nutzen und mit der Vermittlung von Sprache und Kultur für das friedliche Zusammenleben der Völker an der Ostsee zu wirken. Das frühe 20. Jahrhundert war keineswegs die erste Epoche, in der man ein Interesse am deutschen Kulturraum konstatieren kann. Schweden war seit der Reformation als lutherisches Land mit den deutschen protestantischen Kleinstaaten verbunden, sicherlich auch aufgrund seiner damaligen norddeutschen Besitzungen (die Inseln Rügen, Usedom, Wismar, Bremen-Verden). In dieser Zeit spielte die deutsche Sprache an schwedischen Schulen und Universitäten eine dominierende Rolle. Die Ausrichtung der schwedischen Sprache als Wissenschaftssprache bedeutete auch eine Suche nach internationalen Kontakten für den wissenschaftlichen Austausch. So heißt es im Glückwunschschreiben des Reichsverbandes zur Pflege des Schwedentums im Ausland zur
Dr. Horst Hein, Schwedisch
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Rückblicke
500-Jahr-Feier der Rostocker Universität 1919: Für ” Schweden war Rostock während des ganzen fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts die höhere Universitätsanstalt, wo die jungen Schweden vorzugsweise ihre wissenschaftliche Ausbildung erhielten [...]. Auch nach dieser Zeit bestanden stets bedeutungsvolle Verbindungen zwischen der Universität Rostock und dem schwedischen Bildungswesen.“ Prof. W. Lundström als Bevollmächtigter des Reichsverbandes zur Pflege des Schwedentums im Ausland überbrachte der Festversammlung zur 500-Jahrfeier eine Donation zur Stiftung eines Lehrstuhls für schwedische Sprache und Literatur auch als ein Dank vieler Schweden, die in Rostock studiert haben. Er sagte: Måtte detta ärevördiga lärosäte blomstra genom ” nya århundraden till nytta och ära för vetenskaplig forskning och gemensam germanistisk kultur: Länge lefve Rostocks gamla, stolta, berömda universitet!“ In Übersetzung: Möge diese ehrwürdige Bildungsstätte sich ” im Laufe der nächsten Jahrhunderte zu einem hohen Entwicklungsstand entfalten zum Nutzen und zur Ehre wissenschaftlicher Forschung und gemeinsamer germanischer Kultur. Lange lebe Rostocks alte, stolze, berühmte Universität.“ Als 1. Lektor für Schwedisch wird Prof. Viktor Björkman genannt. Im Rostocker Universitätskalender werden die Lehrveranstaltungen Schwedisch für Anfänger und Fortgeschrittene mit Übungen zur Syntax, Stilistik, neueren schwedischen und norwegischen Schriftstellern, Sprachgeschichte und Dialekten verzeichnet. 1931 bewirbt sich Gerhard Björkman, Sohn von Prof. Björkman, als Lektor und leitet u. a. Schwedischkurse für Siemens-Angestellte. Im Wintersemester 1931/ 66
Das Schwedischlektorat feiert 100 Jahre Bestehen im Jahr 2019
32 übernimmt nach Gerhard Björkmans Tod seine Frau, die Schwedin Prof. Björkman, den Unterricht. 1931 wird Magister Phil. Alexander Mutén aus Göteborg das Schwedische Lektorat übertragen. 1938 erhöht sich die Teilnehmerzahl an den Lehrveranstaltungen auf 38. In Rostock finden auch die ersten beiden Konferenzen sämtlicher Lektoren der schwedischen Sprache in Deutschland statt. Mutén entwickelt folgende Gedanken zum Ausbau des Schwedischlektorats: _ Einrichtung von Examensmöglichkeiten, die ab 1939 genehmigt werden _ Einführung der Fremdsprache Schwedisch an mecklenburgischen Schulen als Wahlfach und Ausbildung der Lehrkräfte am Lektorat _ Förderung des Studenten- und Lehreraustausches zwischen Rostock und Schweden _ Veranstaltung von traditionellen schwedischen Volksfesten (Lucia, Mittsommerfest) 1940 übernimmt Ingeborg Reppenhagen, Studentin bei Mutén, die Vertretung von Lektor Mutén, der zum schwedischen Wehrdienst einberufen wird. 1944 geht schließlich aufgrund der Kriegsereignisse Mutén mit seiner Familie zurück nach Schweden. Die Entwicklung der Schwedischausbildung von 1946 bis heute
Ein denkwürdiges Ereignis unserer Universität war die Wiedereröffnung im Februar 1946 und die politische und wissenschaftliche Neubestimmung der Ausbildung. Ab Frühjahrssemester 1946 übernimmt die frühere Assistentin bei Mutén, Marie-Helene Lundquist, den Schwedisch 67
Rückblicke
Eröffnung der Ausstellung zum Leben und Wirken der schwedischen Schriftstellerin Selma Lagerlöf
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unterricht. 1953 wird Vera Hagemeister, wissenschaftliche Assistentin am Germanistischen Institut und Studentin von Marie-Helene Lundquist, Schwedischlektorin. Besonderes Interesse weckte sie für die schwedische Literatur mit ihrem 1957 erschienenen Schwedischen Lesebuch“. ” Neben Vera Hagemeis ter unterrichtet Fred Wulf und forscht u. a. auf dem Gebiet der Runeninschriften. 1971 beginnt Horst Hein nach 12-jähriger Tätigkeit als Schwedischlehrer an der Herder-Schule und Volkshochschule seine Tätigkeit an der Abteilung Fremdsprachen. Er widmet sich in wissenschaftlichen Studien der Forschung zur Reformbewegung an schwedischen Universitäten, insbesondere der Internationalisierung der Hochschulausbildung. Mit der Einführung der Sprachkundigenausbildung wächst die Zahl der Kursteilnehmer stark an. In der Zeit von 1979 – 1982 und 1986 – 1990 arbeitet Dr. Horst Hein in Stockholm als Deutschlektor und widmet sich dort der Fortbildung schwedischer Deutschlehrer und der Ausbildung schwedischer Studenten. In dieser Zeit übernimmt die Lektorin Ingrid Tatewosjan die vielfältigen Aufgaben der Sprachkundigenausbildung und die Pflege schwedischer Traditionen. Im Herbstsemester 1990 gestaltet sich nach Rückkehr von Dr. Horst Hein aus Schweden eine Ausstellung
Das Schwedischlektorat feiert 100 Jahre Bestehen im Jahr 2019
des Schwedischen Instituts An dieser Stelle verdient das über das Leben der schwediSchwedische Institut in Stockschen Schriftstellerin Selma Lagerlöf im Foyer der Uni- holm einen großen Dank für versität zu einem Höhepunkt die großzügige Förderung des der Arbeit des Schwedischlektorats. Zur feierlichen Eröff- Schwedischunterrichts. nung der Ausstellung unter der blau-gelben schwedischen Fahne durch den Prorektor der Universität, Herrn Prof. Kiesow, und Dr. Hein waren zahlreiche Vertreter wissenschaftlicher Einrichtungen, Studenten, Rostocker und lokale Medien erschienen. An dieser Stelle verdient das Schwedische Institut in Stockholm einen großen Dank für die großzügige Förderung des Schwedischunterrichts. Mit vielseitigen Informations- und Studienmaterialien, modernen Lehrbüchern, Lektorkonferenzen und der Stipendienvergabe zu Studien- und Forschungsaufenthalten hat das Schwedische Institut, besonders in der DDR-Zeit, einen bedeutenden Beitrag zur Prägung des Schwedenbildes geleistet und die Ideen des Reichsverbandes zur Pflege des Schwedentums im Ausland von 1919 würdig weiter getragen. Von 1990 – 1993 wird die Ausbildung bzw. Umschulung von Fremdsprachenlehrern für das wahlobligatorische Fach Schwedisch an Schulen Mecklenburg-Vorpommerns ein Schwerpunkt. Im Jahr 2000 beginnt die Schwedin Helen Johansson-Holze ihre Lehrtätigkeit am Sprachenzentrum und widmet sich erfolgreich der Sprachausbildung zum Erwerb des Hochschulfremdsprachenzertifikats UNIcert®.
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Die Zeit ist wie ein großes, fließendes Wasser Horst Hoffmann, Russisch Eben noch Erlebtes treibt sie gnadenlos zurück, und der abrufbare Spiegel der Erinnerung verblasst mit den Jahren mehr und mehr. Nicht vergessen, aber unauslöschbar lebt tief in mir noch heute jener legendäre Moment im April des Jahres 1959 weiter, als ich, der frischgebackene Diplomslawist Horst Hoffmann, mit bibberndem Herzen im Hauptgebäude der Universität Rostock vor einer weißen Tür stand, hinter der sich eine Gruppe von Biologiestudenten befand, denen ich im für sie obligatorischen Unterrichtsfach „Russisch“ meine erste Unterrichtsstunde geben sollte. 70
Noch heute trage ich das allererste Wort meiner nun folgenden 34-jährigen Diensttätigkeit an der damaligen Abteilung Sprachunterricht – erst als Lektor, später dann als Lehrer im Hochschuldienst – wie etwas Heiliges auf meinen Lippen. Und dieses eine kleine Wort lautete Ja!“ Während nämlich ” meine Hand kurz vor dem öffnenden Druck auf die Türklinke des Unterrichtsraumes stand, selbst innerlich zitternd und mit Herzschlägen bis zum Kinn, kam noch ein verspäteter Student den Korridor entlang gehastet, sah mich und fragte atemlos: Hast du heute auch bei diesem Hoffmann ” Russisch?“ Hinlänglich erleichtert sagte ich: Ja!“ ” Und dann gingen wir beide in den Unterrichtsraum hinein. So also begann meine Diensttätigkeit an der Abteilung für Fremdsprachen, die nach 34 Jahren fast ebenso absurd mit einem Pappbecher Sekt, den ich in meiner letzten Unterrichtsstunde mit meinen Medizinstudenten leerte, wieder enden sollte. Und da lag es nun hinter mir, das große Dazwischen, in dem sich so unendlich viel ereignet hatte. Das Kollektiv, heute das Team“, in das ich eingeglie” dert werden sollte, half mir mit seinen Kenntnissen, Erfahrungen und mit seiner menschlichen und beruflichen Reife sowie seiner Vorbildwirkung überall dort, wo es für einen 25-jährigen Anfänger wie mich auch immer notwendig war. Die Räumlichkeiten der Abteilung Fremdsprachen in der ehemaligen historischen Druckerei der Universität waren karg bemessen, klein und winklig, dazu hoch oben, und erhielten von uns nicht umsonst die treffende Bezeichnung Hexenhaus“. Erst in späteren Jahren zogen wir dann als In” ” stitut für Fremdsprachen“ in eine nahezu schon noble holzgetäfelte Villa in der Richard-Wagner-Straße.
Horst Hoffmann, Russisch
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Rückblicke
Zwischen 950 und 1770 DDR-Mark betrug das monatliche Salär zur Vermittlung von Russisch als Fremdsprache
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Mit Dr. Günter Abendroth hatten wir einen hervorragenden Institutsleiter, dessen politisches Profil sich in einer wohltuenden Mitte etabliert hatte. Ein brillanter Rhetoriker und Formulierer, allen unseren beruflichen und privaten Problemen stets ein wohlwollendes Ohr leihend. Er war der erhobene Zeigefinger unserer sogenannten Dienstag-Schreckschusskonferenzen“, an denen er ” alle Belange unserer Tätigkeit, alle Positiva und Negativa zu interpretieren und einzuordnen pflegte. Mit viel Hingabe sammelte ich damals seine sprachlichen Bonmots, mit denen er seinen Ausführungen stets eine besondere Würze verliehen hatte. Wie etwa seine Interpretation der angeblichen Tatsache, dass männliche Studenten, die vor Studienbeginn drei Jahre lang bei der Volksarmee gedient hatten, in ihrer Lernfähigkeit oft schlechter dastünden als die Studentinnen: Der Stahlhelm greift scheinbar doch ” das Gehirn an!“ Mein Berufsanfang im Jahre 1959 mit einem Monatsgehalt von 950 DDR-Mark, das bis zur Wende 1988 auf 1770 Mark ansteigen sollte, verlief eher unspektakulär und lautete: Vermittlung der wissenschaftlichen Fachsprache Russisch für Studenten unterschiedlicher Fachrichtungen. Mein Anfang war klein und schwer: ohne Erfahrung! Jedoch mit 25 Jahren jung, dynamisch ” und vorwärtsstrebend“, wie man heute sagen würde, ging ich es an. Hinter mir fünf Jahre Studium der Diplomslawistik an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, ein einjähriges Zusatzstudium an der Staatlichen Shdanow-Universität Leningrad sowie eine kurzfristige Tätigkeit als Fachübersetzer auf der Rostocker Warnow-Werft, also mit passablem Rüstzeug ausgestattet, wuchs ich mit den Jahren mehr und mehr bis ich schließlich als Fachverantwortlicher Lektor für den Bereich Medizin oben angekommen war.
Die Zeit ist wie ein großes, fließendes Wasser
Mein persönliches Arbeitsmotto, das ich mir auf diesem weiten Weg auferlegt hatte, lautete: Drei Arbeitstage an ” einem Tag!“ Das war hart, nahezu eine Zumutung – früh bis mittags: Studium der Medizin auf Gasthörerbasis (Physikum und erste Staatsexamina, Sonderregelung des Dekanats für Medizin zur Berufsprofilierung – mittags bis zum frühen Abend: Unterrichtstätigkeit im Fachbereich Russisch für ” Mediziner“ – abends: Abendstudium Gesang und Musiktheorie am Konservatorium Rostock (Berufsausweis als Sänger). Alle diese mit Mühen erarbeiteten Nebenkomponenten meiner Haupttätigkeit konnte ich dann über Jahre sinnbringend in meine Unterrichtstätigkeit integrieren. So wurden allein die von der Sektion Russisch einzubringenden monatlichen Leistungen auf dem Gebiet der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft fast vollständig durch
Fast alle Beiträge zur Deutsch-Sowjetischen Freundschaft leistete Horst Hoffmann musikalisch, hier zu sehen in seinem Element
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Rückblicke
meine musikalischen Auftritte als Gestalter russischer Lieder- und Samowarabende auf breiter Universitätsebene und einer eigenen Veranstaltungsreihe im HDF, ja selbst in Objekten der Sowjetischen Armee abgearbeitet“. ” Auch die von unserem Wissenschaftsbereich ausgerichteten jährlichen Internationalen Sprachintensivkurse Deutsch konnten durch meine wöchentlichen Singestunden Worte und Weisen – ” Auslandsaufenthalte waren Altes und neues deutsches Liedgut – gehört, gespielt turbulent. Alles war in und mitgesungen“ bereichert werden und wurden von den Bewegung und ich war ausländischen Studenten sehr niemals allein. Auch nicht gut angenommen. Ganz abgenachts. sehen natürlich von der durch mein Medizinstudium erlangten fachlichen Kompetenz bei der unterrichtlichen Interpretation und Übersetzung russischer medizinischer Fachtexte. Als Reisekader unseres Institutes war ich fast acht Jahre als Lektor für Deutsch in der damaligen Sowjetunion tätig. Das betraf vor allem das Schiffbauinstitut Leningrad, mit dem uns ein Freundschaftsvertrag verband und das uns als Gegenleistung seine Russischdozenten nach Rostock schickte. 1984/85 war es dann die Universität Simferopol (Krim), wo ich im Namen des Herder-Institutes Leipzig ein neues Deutsch-Lektorat aufbauen sollte. Zu diesem Zeitpunkt bereits zu lukrativeren Bedingungen als anfangs: Weiterzahlung des Rostocker Gehaltes plus einer Pauschale, die etwa dem Monatsgehalt der russischen Kollegen entsprach. So hatten wir also mitgeholfen, den Namen unserer Rostocker Fremdspracheninstitution hinaus in die Welt zu tragen. Wenn das auch etwas gewaltig klingen mag. 74
Die Zeit ist wie ein großes, fließendes Wasser
Auslandsaufenthalte waren turbulent. Alles war in Bewegung und ich war niemals allein. Auch nicht nachts. Dann besuchten mich nämlich die tagsüber hinter dem Kühlschrank schlummernden Tarakantschiki“, die weltweit hei” mischen Kakerlaken! In dieses Spaßmuster passt genauso gut das Angebot eines meiner letzten russischen Studenten, eines Offiziers aus Pütnitz, der nach der Wende in Deutschland bleiben und mir seine Kalaschnikow verkaufen wollte. Letztendlich bekam ich von der Gruppe eine kleine schneeweiße Leninbüste aus Gips geschenkt, die indessen von Sonne oder Staub einen satten Beigeton angenommen hat und in meinem Landhaus ganz oben in der Mansarde steht. Spaß beiseite: Freud und Leid einer bewegten und bewegenden Epoche! Fazit: Die Lehrtätigkeit in Rostock war für mich ein Volltreffer. Sie war mein kleines“ goldenes Zeitalter, und ir” gendwie bin ich noch heute stolz darauf, ein kleiner Meilenstein auf der 60-jährigen Erfolgsroute des heutigen Sprachzentrums der Rostocker Universität gewesen zu sein. Ich gratuliere!
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Das Sprachintensivzentrum für Spanisch – ein Rückblick Dr. Christine Lucyga, Spanisch „Möchten Sie Spanisch unterrichten?“, sprach mich ein älterer Kollege auf der Straße an. Das war im Sommer 1973, als das wachsende internationale Engagement der DDR, darunter besonders in Chile und Kuba, auch einen wachsenden Bedarf an Fachkräften mit spezifischen Sprachkenntnissen forderte.
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In diesem Kontext wurde das Sprachintensivzentrum Spanisch (SFZ) am Institut für Fremdsprachen gegründet. Die Lehrkräfte waren in der Mehrzahl Absolventen der Rostocker Universität mit unterschiedlicher Berufsorientierung und entsprechend heterogenen Vorstellungen hinsichtlich der künftigen Aufgaben. Es war eine Zeit innovativer Lehr- und Lernkonzepte, der Sprachlabore, der Theorien vom Lernen im Schlaf oder unter Hypnose. Es wurden verschiedene Modelle diskutiert und Praxiserfahrungen eingeholt – in Potsdam, in Karlshorst, in Jena –, um schließlich in zwei bescheidenen Räumen des Rechenzentrums der Universität mit 20 Wochen zumeist konventionellen Frontalunterrichts und nachmittäglicher Lernbegleitung“ den ersten Inten” sivkurs der Stufe I zu starten, wobei wir uns von einem Provisorium zum nächsten voran arbeiteten. Mangels spezifischen Lehrmaterials wurde ein sechsbändiges Übungsbuch der Volksbildung verwendet, das minutiös auf die täglichen Lerneinheiten aufgeschlüsselt und von uns nach und nach adressatenspezifisch verändert und vor allem durch audiovisuelle Komponenten ergänzt wurde. Für die weiterführenden, 3-monatigen IIa-Kurse wurde ein eigenes Lehrmaterial entwickelt und im laufenden Unterrichtsprozess getestet; dies alles bei bescheidenen Ressourcen und Möglichkeiten. Die damaligen Reisebeschränkungen und Restriktionen in Bezug auf das sogenannte NSW 1 machten Sprachreisen ins spanischsprachige Ausland oder den Zugang zu modernen Lehrmaterialien äußerst schwer oder ganz unmöglich, was auch unserem Sprachkönnen zwangsläu-
Dr. Christine Lucyga, Spanisch
1 nsw – nichtsozialistisches wirtschaftsgebiet
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Rückblicke
Das Sprachintensivzentrum für Spanisch
fig Grenzen setzen musste. Trotz schwieriger Umstände gelang es uns aber immer, unseren Absolventen das notwendige Sprachwissen mit auf den Weg zu geben – dank unseres Improvisationsvermögens. Unverzichtbar waren für die Bereicherung unserer Sprachpraxis die zwei Muttersprachler, die nach dem tragischen Ende der Unidad Popular in Chile (auch dies an einem 11. September!) als Emigranten zu uns kamen. Und schließlich hatten wir auch den erfahrenen Romanisten und Hochschullehrer Dr. Langner als sachkundigen Begleiter dabei. Vor allem aber haben wir es unserem Chef “, Dr. Gün” ther Abendroth, zu danken, dass das SIZ sich am Institut für Fremdsprachen zu einem anerkannten Bereich entwickeln und mit Erfolg arbeiten konnte. Mit Ein DDR-Top-Spion Fingerspitzengefühl und Verständnis legte vor seiner medien- half er uns über manche Hürde. Nach seiner Ablösung, die gegen wirksamen Enttarnung Mitte der 80er Jahre erfolgte, wurde die IIa-Prüfung ab. das Klima insgesamt deutlich kälter und härter – dies auch als politischer Reflex einer immer noch machtbesessenen SED-Führung, die sich den sichtbar werdenden gesellschaftlichen Umbrüchen widersetzte. Wie unterschiedlich unsere Klientel war, sehen wir an zwei extremen Gegensätzen: So legte einerseits u. a. ein DDR-Top-Spion (er wird nicht der einzige gewesen sein) vor seiner medienwirksamen Enttarnung bei uns die IIa-Prüfung ab und andererseits – und daran denke ich gern zurück – die junge Theologin, deren Bild bei der Besetzung der Stasi-Zentrale aufgenommen wurde, am Beginn eines Umbruchs, mit dem auch die Fremdsprachenausbildung an unserer Einrichtung neu definiert wurde. 78
„Das Sprachenzentrum war die beste Möglichkeit Spanisch zu lernen, weil es die Sprachkurse zu günstigen Zeiten und zu studentenfreundlichen Preisen anbietet. “ christoph Meyer (spanisch), aufbaukurs 2009
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Ein Jahr Gastlehrtätigkeit am Leningrader Schiffbauinstitut Karin Moll, Russisch Im Jahre 1972 erweiterten das Leningrader Schiffbauinstitut ( LKI ) 1 und die Rostocker Universität ihren seit 1960 bestehenden Freundschaftsvertrag. Hatte es sich bisher ausschließlich um eine sich kontinuierlich entwickelnde Kooperation der schiffstechnischen Fachrichtung in Forschung und Lehre gehandelt, so sollten nun die Fremdsprachen in die Zusammenarbeit einbezogen werden.
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zIelsTellUnGen
Durch einen Austausch von Fremdsprachenlektoren für Russisch und Deutsch für jeweils ein Studienjahr 1. die Partnerhochschule in der studentischen und postgradualen Fremdsprachenausbildung unterstützen (12–14 Wochenstunden) 2. Hilfestellung bei der Erarbeitung von Lehrmaterial geben, einschließlich der Herstellung von Tonträgern mit muttersprachlichen Sprechern für die Arbeit im Sprachlabor 3. zum Austausch landeskundlicher Kenntnisse und damit zur Festigung der Beziehungen zwischen beiden Partnerschulen bzw. Ländern beitragen 4. den Aufenthalt an der Partnerhochschule zur jeweils eigenen sprachlichen, landeskundlichen vor allem zur fachsprachlichen Weiterbildung nutzen.
Karin Moll, Russisch
Dem für mich reizvollen Angebot, mich diesen Aufgaben zu stellen, stimmte ich unter der Bedingung zu, meine damals vierjährige Tochter Claudia nach Leningrad mitnehmen zu können. So war ich dann im Studienjahr 1972/73 die erste einer ganzen Reihe unserer Kolleginnen und Kollegen, die 1 Leningradskij korablestroitel‘nyj institut (LKi), 1902 als Abteilung des polytechnischen instituts gegründet, wurde 1930 zur selbstständigen hochschule und war neben nikolajev, odessa, gorki und Vladivostok die führende hochschule für schiffbau der sowjetunion. heute: sankt-peterburgskij gosudarstvennyj morskoj technitscheskij universitet
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Rückblicke
für ein Studienjahr ans LKI gingen 2 , womit vielfältige und zum Teil Jahrzehnte überdauernde Freundschaften ihren Anfang nahmen. Obwohl ich mit den Lebensbedingungen in der Sowjetunion einigermaßen vertraut war, ich hatte von 19461952 mit meinen Eltern in der Nähe von Moskau gelebt und war 1967 zu einem 6-monatigen Zusatzstudium an der Moskauer Lomonossov-Universität, war unser Start im herbstlichen Leningrad relativ frustrierend. Zunächst hakte es auf allen Ebenen, was wohl der Tatsache geschuldet war, dass ich im Rahmen des Freundschaftsvertrages die erste Gastlehrkraft am Lehrstuhl für Fremdsprachen war und noch dazu eine Frau mit einem kleinen Kind. Es brauchte also reichlich Geduld, Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen, aber mit der Zeit fügte sich fast alles! Nach ca. 3 Monaten waren wir akzeptabel untergebracht, bewohnten ein großes Zimmer in einer Dreizimmerwohnung im Seitenflügel des Studentenwohnheimes, in der außer uns 2 Angehörige der Rostocker Sektion Schiffstechnik, Christoph Reißmann und Edgar Haß, untergebracht waren, die zu einem 10-monatigen Zusatzstudium am LKI weilten, sowie einige Doktoranden und Gäste anderer sowjetischer Hochschulen. Meine kleine Tochter wurde tagsüber im Betriebskindergarten der Kirov-Werke gut behütet und liebevoll betreut, fand sich sprachlich schnell zurecht und hatte sehr bald Freunde. Im Sommer 1973 zog der gesamte Kindergarten auf seine Datscha am Finnischen Meerbusen und Claudia verbrachte dort mit den anderen Kindern unbeschwerte fröh2 Monika Raab, Horst Hoffmann, Bruni Gebler, Hans-Georg Witte, Barbara Troschke
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Ein Jahr Gastlehrtätigkeit am Leningrader Schiffbauinstitut
liche Wochen. Und auch am Darüber hinaus unterrichtete Lehrstuhl für Fremdsprachen ich eine Gruppe sprachlich gab es Fortschritte: Hinsichtlich meines Ein- und landeskundlich sehr satzes bestanden von Beginn an interessierter Studenten des unterschiedliche Auffassungen 1. und 2. Studienjahres, die zwischen dem Prorektor für Studienangelegenheiten, Prof. Kras- eine sogenannte „deutsche nikov, der mich im regulären stu- Schule“ abgeschlossen dentischen Deutschunterricht einsetzen wollte, und der Lei- hatten. tung des Lehrstuhls für Fremdsprachen, die bestrebt war, meine Tätigkeit am Lehrstuhl auch für die sprachliche Weiterbildung ihrer Deutschlektoren und bei der Erarbeitung und Überarbeitung von Lehrmaterial zu nutzen. Auf Anweisung des Prorektors arbeitete ich ausschließlich an der Fakultät für Schiffbau und war zunächst in der regulären Studentenausbildung des 1. und 2. Studienjahres eingesetzt, die exakt nach auf Unterrichtseinheiten aufgeschlüsselten Lehrplänen anhand von wenig anspruchsvollen allgemeinsprachlichen Lehrmaterial unterrichtet werden sollten (10 Wochenstunden). Das erwies sich als unbefriedigend und wenig effektiv und nach mehreren Interventionen des Lehrstuhles für Fremdsprachen konnte ich diese Gruppen im Verlauf des Studienjahres wieder abgeben und mich intensiver anderen Themen und Aufgabenstellungen zuwenden. Darüber hinaus unterrichtete ich eine Gruppe sprachlich und landeskundlich sehr interessierter Studenten des 1. und 2. Studienjahres, die eine sogenannte deutsche ” Schule“ abgeschlossen hatten, d. h. eine Schule, in der der Unterricht in einigen Fächern in deutscher Sprache erfolgte (2 Wochenstunden). 83
Rückblicke
Der Kollegiengang der Universität von St. Petersburg, bis 1991 noch Universität von Leningrad
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Und eine postgraduale Gruppe; die Teilnehmer waren für längere Studienaufenthalte in der DDR und in Schweden vorgesehen (4 Wochenstunden). In beiden Gruppen konnte ich nach eigenen Konzepten und Lehrmaterialien arbeiten (u. a. dem Lehrbuch Deutsch für Sie“ [2] von ” Förster und Heinrich, Leipzig 1972), vieler landeskundlicher Materialien und unter Verwendung von Beiheften der Zeitschriften Deutsch ” als Fremdsprache“. Die beiden letzten Gruppen behielt ich bis zum Ende des Studienjahres. Die entstandenen Freiräume konnte ich vielfältig nutzen. U. a. habe ich mich an der Erarbeitung neuer und der Durchsicht bereits vorliegender Lehrmaterialien beteiligt, so einer Fachtext- und Übungsreihe zum Thema U-Boo” te“ und einer Arbeit Neologismen in der modernen deut” schen Sprache“ (einem Wörterverzeichnis mit Erläuterungen für die Hand des Studenten). Das war insofern von Bedeutung, als vielfach zum Teil veraltete Wendungen aus der Literatursprache (wie etwa ein Knabe hoch von Wuchs) oder eine Zeitung und andere Presseveröffentlichungen aus der deutschsprachigen Region Kasachstans verwendet wurden, die ebenfalls vielfach nicht den Normen der modernen deutschen Sprache entsprachen. Unterstützung konnte ich leisten bei der Erarbeitung von Texten zur Entwicklung der Hörfertigkeit und der Herstellung der entsprechenden Tonträger.
Ein Jahr Gastlehrtätigkeit am Leningrader Schiffbauinstitut
Seit meiner Ankunft hatte von Seiten der Leningrader Deutschlektorinnen der Wunsch nach Konversations- und Diskussionsrunden bestanden, die wir nun mit 4 Wochenstunden realisieren konnten. Themen waren natürlich auch – die Fremdsprachenausbildung in beiden Ländern, an beiden Hochschulen, Ausbildungskonzeptionen, Strategien zur Entwicklung der verschiedenen Sprachfertigkeiten etc., aber darüber hinaus viele Alltagsthemen und -probleme, die uns beiderseitig beschäftigten. Anstoß zu einigen sehr interessanten Diskussionen gaben die Vorlesungen des Rostocker Soziologen Peter Voigt, der für 4 Wochen am LKI tätig war und dessen Vorlesungen zu dolmetschen uns übertragen worden war. Die Gesamtzahl der von mir im Studienjahr 1972/73 am Lehrstuhl für Fremdsprachen des LKI erteilten Lehrveranstaltungen betrug 584 Stunden. Zu meiner eigenen Weiterbildung hatte ich neben dem russischsprachigen Alltag auf allen Ebenen (im Institut, im Wohnheim, im Kindergarten, bei Veranstaltungen verschiedenster Art, im Theater, beim Einkaufen) pro Woche 2 Stunden Individualunterricht am Lehrstuhl für Russische Sprache bei Nina Andrejevna Stepanova, der jedoch ebenfalls ausschließlich im Bereich der Allgemeinsprache bzw. der klassischen Literatur (u. a. Tschechov) angesiedelt war. Da ich in Rostock in den Fachrichtungen Physik, Angewandte Mechanik und Mathematik unterrichtete und mein Interesse in hohem Maße der Fachsprache galt, habe ich an der Fakultät für Schiffbau eine Reihe von Fachvorlesungen gehört. Auf Empfehlung von Leningrader Kollegen – Festigkeitslehre“ bei Prof. Jakov G. Panovka, dessen ” Vorlesungen zu besuchen ein sprachlicher Genuss war, da er nicht nur ein exzellenter Rhetoriker, sondern darüber hinaus auch ein hochgebildeter, kluger Mensch war. 85
Rückblicke
Zwischen 1975 und 1976: Der Austausch von Kolleginnen und Kollegen mit der Uni Rostock beginnt.
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Und eine Reihe vorrangig mathematisch angelegter Vorlesungen am Lehrstuhl für Schiffbaumechanik zur Theorie ” nichtlinearer Platten“ und Linearer Schalentheorie“ bei ” Prof. Valerij A. Postnov, dem späteren Ehrendoktor (1986) unserer Universität, die mich in die Lage versetzten, die sprachliche Umsetzung mathematischer Formeln und Rechenoperationen etc. zu verfolgen und mir für meine Lehrveranstaltungen in Rostock nutzbar zu machen. Die Leningrader Deutschlektorinnen hatten leider nur ca. 3 Jahre die Möglichkeit, einen Aufenthalt an unserer Universität für ihre eigene Weiterbildung zu nutzen. Auf Anweisung des sowjetischen Ministeriums für Hochund Fachschulwesen durften nur Lehrkräfte die russische Sprache im Ausland vertreten, die einen entsprechenden Hochschulabschluss besaßen. Im Gegensatz zu unseren Kollegen, die in der Regel Germanistik und Slawistik studiert hatten, verfügten die sowjetischen Kollegen nur über einen Abschluss in einer Sprache. So kamen dann ab etwa 1975 oder 1976 im Austausch die Kollegen des Lehrstuhls für Russische Sprache zu uns nach Rostock, was beiden Hochschulen die Weiterführung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Fremdsprachen ermöglichte, aber zu unser aller Bedauern, insbesondere aber zum Bedauern der Leningrader Deutschkolleginnen einem direkten wechselseitigen Austausch ein Ende setzte. Doch, wie lebte es sich nun für uns am LKI und in Leningrad und was blieb schließlich von und nach der einjährigen Gastlehrtätigkeit? Zunächst einmal kam ich am LKI nicht umhin, mir einen Vatersnamen zuzulegen, denn alle – die Kolleginnen, die Professoren, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung etc. – wurden mit Vor- und Vatersnamen angesprochen, während von ihnen mit ihrem Familiennamen die Rede war. Man hatte sich also zu jeder Person drei Na-
Ein Jahr Gastlehrtätigkeit am Leningrader Schiffbauinstitut
men einzuprägen! So wurde also aus Frau Köwing – Karina Erichowna. Zu einer ganzen Reihe meiner Deutschkolleginnen entwickelte sich durch die enge Zusammenarbeit auf den verschiedenen Ebenen schnell ein freundschaftliches Verhältnis und damit wurde aus Karina Erichowna einfach Karina, aus Galina Nikolajevna Vasiljeva- Galja, aus Jevgenija Grigorjevna Magidova - Shenja und so weiter. Schwierigkeiten hatten die Leningrader Kolleginnen, sich vorzustellen, wie man als berufstägige Frau den Alltag mit einem kleinen Kind ohne die Hilfe einer Großmutter bewältigen kann. Und so erhielt ich gleich am Anfang unseres Aufenthaltes ein sehr großmütiges Angebot von Galja Mironjuk, einer meiner Kolleginnen. Sie bewohnte mit Mann und Tochter, ihren Schwiegereltern und einem Kater eine 2-½ Zimmerwohnung, in der sie uns aufnahmen, uns das halbe Zimmer zur Verfügung stellten und die Großmutter sich um die beiden Mädchen kümmern wollte. Dieses Angebot rührte mich sehr, und es abzulehnen, war nicht ganz unproblematisch. Aber ich wollte gern unabhängig sein und blieb mit Claudia im Wohnheim. Zunächst einmal erkundeten wir die Stadt. Die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel, insbesondere zu den Spitzenzeiten, war eine echte Herausforderung und oft musste ich mein Töchterchen in der Metro auf den Arm nehmen, damit sie Luft zum Atmen hatte, und wir waren froh, wenn wir nach dem Aussteigen noch alle Knöpfe hatten. An den Winterwochenenden fuhren wir an den Finnischen Meerbusen, schauten beim Eissegeln und beim Eisangeln zu, liefen Schlittschuh oder Ski. Im Frühling besuchten wir die vielen wunderschönen Parks und Schlösser der Umgebung (Peterhof, Pavlovsk, Puschkino etc.). Aber auch die Kultur kam natürlich nicht zu kurz – Theater, Konzerte, die Ermitage etc., alles was Leningrad im Überfluss zu bieten hatte, zumal im Marijnskij-Theater 87
Rückblicke
(damals Kirov-Theater) Opern- und Ballettaufführungen sonntags auch um 12.00 Uhr mittags stattfanden, was von vielen Auswärtigen und von Eltern mit Kindern gern genutzt wurde. Da uns ja nun aber keine Großmutter zur Verfügung stand, musste ich meine Tochter bisweilen zum Unterricht ins Institut mitnehmen, denn ausgefallene Lehrveranstaltungen (z. B. von verlängerten Heimatfahrtswochenenden für die Studenten der gesamten Fakultät) wurden sonntags nachgearbeitet und da war der Kindergarten geschlossen. Wo auch immer wir im Institut auftauchten, wurde Claudia sehr verwöhnt und insbesondere meine Studenten waren fasziniert von dem kleinen Mädchen, das so gut Deutsch ” sprechen konnte“. Gegen Ende des Studienjahres verzauberten die weißen Nächte die Stadt und es war, als ob alle Menschen ein wenig in Hochstimmung gerieten durch die langen Tage und das Licht. Ich hatte Besuch von meinen Eltern und von meiner Kollegin und Freundin Christa Bremer. Nach Abschluss der Lehrveranstaltungen nutzte ich meinen Urlaub im Land für eine ganze Reihe landeskundlicher Unternehmungen. Während meine Tochter mit ihrem Kindergarten wohlbehütet auf der Datscha war, fuhr ich nach Tallin, war auf eigene Faust im sagenumwobenen Nowgorod am Ilmensee mit seinem prachtvollen Kreml und den unzähligen Kirchen, in Petrozavodsk und auf der zauberhaften Insel Kishi im Onegasee. Und ich erfüllte mir, nach Überwindung zahlreicher bürokratischer Hindernisse, meinen lang gehegten Traum einer Reise nach Sibirien, an den Baikalsee, nach Ulan Ude, mit dem Schiff die Angara hinauf nach Bratsk und mit der Transsibirischen Eisenbahn zurück nach Moskau. 88
Ein Jahr Gastlehrtätigkeit am Leningrader Schiffbauinstitut
Neben den 10 Monaten in Leningrad und am LKI waren auch diese Reisen sowohl hinsichtlich des sprachlichen als auch des landeskundlichen Zuwachses an Kenntnissen und Erfahrungen kaum zu überbieten. Nach Rostock zurückgekehrt, wurde mir (neben der Fachrichtung Physik) die Sprachkundigenausbildung der Stufe IIa für die sogenannten SU-Kader“ übertragen, das ” heißt für die wissenschaftlichen Mitarbeiter und Hochschullehrer unserer Universität, die für einen längeren Studienaufenthalt in der Sowjetunion vorgesehen waren, so dass ich meine allgemein- und fachsprachlichen Kenntnisse und meine landeskundlichen Erfahrungen in vollem Umfang einbringen konnte; doch die Behandlung dieses Themas würde den Rahmen meines Beitrages sprengen. Und was blieb auf längere Sicht? Es blieben freundschaftliche Beziehungen über die Jahrzehnte zu einer ganzen Reihe von Kolleginnen des Lehrstuhls für Fremdsprachen: Galja Vasiljeva, Shenja Magidova, Valerija Savtschenko, Rosa Stolpner, Nina Sytova und andere. Und es blieb eine herzliche Freundschaft zu Valerij Postnov und seiner Frau Lija, einschließlich ihrer Kinder und später Enkel, die auch über seinen Tod im Jahr 2008 und ihren Tod 2012 hinaus Bestand hat. Vielfach war ich nach 1973 zu Besuch in Leningrad – mit meiner Tochter, mit meinem Mann und immer, wenn ich zu einer 6–8-wöchigen Weiterbildung oder auch 1993 auf Dienstreise an der Moskauer Lomonossov-Universität war, gab es zumindest einen Kurzbesuch und ein Treffen in Leningrad bzw. St. Petersburg, und einen bislang letzten Besuch im Jahr 2008.
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Blicke ”nach draußen“ von 1970 bis 2000 Dr. Monika Raab, Russisch Die siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts: Für uns in der Fachsprachenausbildung Tätige bedeutete dies auch eine Weiterbildung auf dem Gebiet der Technik. Es ging nicht nur darum, die Tesla-Sprachlabore einwandfrei bedienen zu können, nein, das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen hatte „Höheres“ mit uns vor.
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DeR eRsTe BlIcK
So hatten wir die Auflage, einen EDV-Kurs erfolgreich zu absolvieren. Wir waren erfolgreich, vor allem dank der einfühlsamen Betreuung durch Kollegin Dr. Buchholz, die gerade ihr Fernstudium als Elektronikingenieur beendet hatte. Aus der Urkunde von dem damaligen Rektor, Prof. Heidorn, kann man leider nicht ersehen, was wir für schöne Flussdiagramme als Abschlussarbeit zustande gebracht hatten! Weiter ging es dann zu Beginn der achtziger Jahre im Computerlabor der Uni mit dem Mathematiker Dr. Peters, der uns im Programmieren schulen sollte. Zum ersten Male saßen wir vor überdimensionierten Computern und suchten auf Anweisung irgendwelche Tasten zu drücken…Mit dieser Weiterbildungsmaßnahme waren wir jedoch leicht überfordert… Das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen hatte inzwischen eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit der Anwendung von Computern im Fremdsprachenunterricht zu beschäftigen hatte und deren Leiterin aus unserem Hause kam. Sie ermutigte mich, zu einer Computerkonferenz nach Kasan, der Hauptstadt der damaligen Tatarischen Autonomen Sowjetrepublik, zu fahren. Als einzige Deutsche wurde ich vom Leiter des Rechenzentrums, Herrn Dr. Takajev, herzlich begrüßt. Angesichts der dort anwesenden Experten auf dem Gebiet des computergestützten Unterrichts (CALL) stellte ich etwas schüchtern die in unserer Einrichtung entwickelten Programme vor, was von den russischen, tatarischen und bulgarischen Kollegen – Frauen außer mir waren nicht vertreten – wohlwollend aufgenommen wurde. Bereitwillig halfen sie mir beim Bedienen der komplizierten Geräte
Dr. Monika Raab, Russisch
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Rückblicke
und gaben Anregungen zur Gestaltung von Lernprogrammen. Auf der Konferenz konnte ich auch die bereits bestehenden Kontakte zu Moskauer Kollegen vertiefen, so z. B. zu Dr. Azimov, der in der Folgezeit einige Male zu einer Vortragstätigkeit nach Rostock kam und dessen Märchen-Programme für Russischlernende wir später im Selbststudium erfolgreich eingesetzt haben. Der zweite Blick
Der zwischen der Schiffbautechnischen Fakultät der Rostocker Uni und dem Leningrader Schiffbaubauinstitut (LKI) seit langem bestehende Kooperationsvertrag wurde in den siebziger Jahren für uns Lehrkräfte interessant, denn nun sah er auch den Austausch von Fremdsprachenlehrern vor. Nachdem Frau Moll als Wegbereiterin nach einer einjährigen Lehrtätigkeit aus dem damaligen Leningrad zurückgekehrt war, unterrichtete ich als Nächste für ein Jahr zukünftige Schiffsingenieure in deutscher Sprache und bereitete wissenschaftliche Mitarbeiter des LKI auf deren Auslands einsätze in deutschsprachigen Ländern vor. Was gab mir diese Leningrader Zeit?
1. Ich lernte eine wunderbare Stadt und ihre Menschen kennen. Es entstanden Freundschaften, die zum Teil bis zum heutigen Tag bestehen. Für uns Deutsche ungewöhnlich, kümmerten sich rührend um mich und meinen damals fünfjährigen Sohn nicht nur die Kolleginnen des Lehrstuhls für Fremdsprachen, sondern auch leitende Mitarbeiter anderer Lehrstühle. Ich erinnere mich an das Ehepaar Korotkin, mit dem ich gemeinsam meinen Sohn auf der Datsche des Kindergartens am Finnischen Meerbusen besuchte, wo dieser einige Wochen zusammen mit seiner Kindergarten92
Blicke nach draußen“ von 1970 bis 2000 ”
gruppe lebte. Dort trösteten mich meine Begleiter, als mein Sohn, anstatt mit mir spazieren zu gehen, es vorzog, mit seinem Freund Andrjuscha zu spielen und mir das auf Russisch zu verstehen gab! Heute als Arzt in Schwerin profitiert er immer noch von seinen damals in Leningrad und später in Moskau erworbenen Russischkenntnissen, wenn er diese bei russischsprachigen Patienten anwenden kann. 2. Die Tätigkeit am Leningrader Schiffbauinstitut bedeutete für mich, dass ich mich in die Fachsprache des Schiffbaus einarbeiten musste. Aber nicht nur in dieser Beziehung war ich gefordert! Die wissenschaftlichen Mitarbeiter – überwiegend Techniker – wollten zwar in erster Linie ihr Deutsch verbessern, aber auch von mir landeskundliche Informationen über die DDR erhalten. So fragten sie z. B. gleich in der ersten Unterrichtsstunde nach Gedichten von Eva Strittmatter, über die sie in der Literaturnaja gazeta“ ” gelesen hatten. Das verwunderte mich sehr! Ja, sagte mir Jakob Chodorkovski – damals Dozent, später Professor am LKI, heute in den USA lebend – diese Zeitung sei immer in seiner Aktentasche und während der langen Metro-Fahrten ein guter Zeitvertreib. Außerdem wisse man dadurch, was es Neues an Belletristik außerhalb des russischsprachigen Raums so gäbe. Und seine Kollegen stimmten ihm zu. Da verstand ich, weshalb auch die Lyrik Heinrich Heines so beliebt war und einige z. B. die Lorelei“ auswendig aufsa” gen konnten. Ein Glück, dass ich bei der Lyrik Puschkins mithalten konnte! 3. Durch die vielen Einladungen bei Kollegen, die gemeinsamen Theater- und Museumsbesuche und vor allem durch meine Reise zum Baikalsee konnte ich mich nicht nur in der russischen Alltagssprache vervollkommnen – ich erweiterte insgesamt meinen Horizont. Und ich bewunderte die 93
Rückblicke
Menschen, die das Gemeinschaftsgefühl über alle materiellen Dinge stellten: Viele Russen, die ich kennen gelernt hatte, besaßen wenig, aber waren stets gastfreundlich und hilfsbereit. Wir sind es gewohnt, viel Leid zu ertragen, aber ” wir halten zusammen, und das kann uns keiner nehmen“, das hörte ich oft. Und beim Anblick der unendlichen Weiten dieses Landes kam mir meine Heimat sehr eng vor … Der dritte Blick
Russland hatte mich so fasziniert, dass ich einige Jahre später wiederum das Land aufsuchte. Dieses Mal ging es nach Moskau, um für fast zwei Jahre an der Deutschen Sektion des Progress-Verlags, des größten Verlags für fremdsprachige Literatur in der damaligen Sowjetunion, zu arbeiten. Gemeinsam mit einem Dresdner Kollegen hatte ich deutschsprachige Texte zu redigieren, die von Nicht-Muttersprachlern aus dem Russischen übersetzt worden waren. Diese Aufgabe erwies sich für uns beide oft als äußerst schwierig, denn nicht selten wurden unsere Bemühungen um ein korrektes Deutsch durch den glavnyj redaktor“ zunichte gemacht. So kam es ” vor, dass dieser Termini prägte, die in der deutschen Sprache überhaupt nicht existierten. Er sah dies jedoch anders. Und das war sehr deprimierend für uns, denn als Chefredakteur hatte er ja stets das letzte Wort! Erschwerend für mich kam hinzu, dass wir es vorrangig mit Literatur über Wirtschaft und Sport zu tun hatten, Bereiche, in die ich mich erst einmal einarbeiten musste. Zum Glück kannte ich deutsche Journalisten, die in Vorbereitung der Olympischen Spiele in Moskau lebten und die ich ab und an fragen konnte. Verbessert hatte sich in Vergleich zu dem Leningradaufenthalt unsere Wohnsituation. So wohnte ich mit meinem Sohn nicht mehr im Studentenheim, sondern besaß 94
Blicke nach draußen“ von 1970 bis 2000 ”
eine richtige Wohnung, sogar mit Telefon (was in der DDR nicht der Fall war). Über meine Leningrader Freunde konnte ich schnell Kontakte zu den Moskauern knüpfen. Und so fanden sich stets hilfsbereite Menschen, die meinen Sohn von der Schule abholten, wenn ich Überstunden machen musste oder die auch mal unser Auto reparierten. Da es zu dieser Zeit in Moskau nur wenige Autos vom Typ Tra” bant“ gab, kam es oft vor, das ich an der Tankstelle überhaupt nichts bezahlen musste, denn dieses Auto und eine Frau am Steuer, das war damals – wir schreiben das Jahr 1978 – eine Seltenheit. Auch im Winter fuhr unser kleines Auto ganz tapfer. Und so erkundeten wir, oft gemeinsam mit Freunden oder Besuchern aus der Heimat, die nähere und weitere Umgebung dieser großen Stadt, stets gut bewacht von der GAI“, der Polizei, die uns einmal sogar mit dem ” Hubschrauber verfolgte. Später zahlte es sich aus, dass ich in dieser Stadt viel herumgefahren war und mich einigermaßen auskannte, denn ich begleitete in den 80er Jahren zweimal Studentengruppen der Rostocker Uni, die ihr Auslandspraktikum in Belorussland, Aserbaidschan und Grusinien absolvierten und dessen krönender Abschluss stets ein Besuch der russischen Metropole war. Auch in diesem Jahrtausend sah ich Moskau wieder, denn eine Dienstreise nach Jekaterinburg, wo ich an die Wirtschaftswissenschaftliche Universität zu einer Lehrtätigkeit in Wirtschaftsdeutsch eingeladen worden war, erlaubte mir einen kurzen Zwischenstopp. Doch wie hatte sich diese Stadt verändert!
Luxus im Vergleich zur DDR: In der UdSSR stand ein Telefon zur Verfügung
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Neue Wege zu ”alten Sprachen“ – Fachlinguistische Innovationen in der Medizin – ein Rückblick Prof. em. Dr. Wolfgang Richter, Latein Im Sommer 1958 habe ich als Absolvent des bis zur deutschen Wiedervereinigung letzten Rostocker Immatrikulationsjahrganges für ”Klassische Philologie“ nach zehnsemestrigem Studium meine Diplomexamina in den Fächern Griechisch und Latein sowie in den ergänzenden Disziplinen Epigraphik, Papyruskunde und Archäologie abgelegt. Anschließend verblieb ich an unserer Alma mater und begann meine wissenschaftliche Assistentenzeit am Archäologischen Institut bei Prof. Dr. phil. Dr. h. c. Gottfried von Lücken. 96
Zu diesem Zeitpunkt war ich – geprägt von den Wertvorstellungen klassischer Antikerezeption und eingestellt auf die wissenschaftlichen Anliegen der Altertumskunde – weit entfernt von der Vorstellung, wenige Jahre später in anatomischen Präparierkursen die gräko-lateinstämmige internationale medizinische Fachnomenklatur und in Vorlesungen die Geschichte der antiken Medizin zu vermitteln. Gleichwohl wurde schon damals der Blick nach vorn überschattet von zunehmender Ungewißheit, denn neuimmatrikulierte Studierende – sowohl klassische Philologen als auch Archäologen – blieben Jahr für Jahr aus. Wir befanden uns bereits im hochschulpolitischen Vorfeld der sog. dritten sozialistischen Hochschulreform, und ich entschloß mich, noch vor der Beendigung meiner vertraglich abgesicherten Assistentenzeit – in meiner Entscheidung bestärkt durch eskalierende Meinungsdifferenzen mit tonangebenden Vertretern der gesellschaftswissenschaftlichen Funktionärshierarchie – die Philosophische Fakultät zu verlassen. Was das Schicksal meiner Fächer betraf, so wurde nach der Wende in der von der Enquete-Kommission Leben in ” der DDR“ 1997 veranlaßten Expertise Bildung und Wis” senschaft“ – wie seinerzeit von mir vorausgeahnt – lakonisch festgestellt: ... das Institut für Altertumswissenschaf” ten (in Rostock) hörte 1968 als selbstständige Einrichtung auf zu existieren“. Erfreulich anders verhielt es sich mit der 1953 ins Leben gerufenen Abteilung für Fremdsprachen“, die später” hin als Institut für angewandte Sprachwissenschaften“ und ” nach 1990 als Sprachenzentrum“ mit einem modernen, ” technikgestützten Lehrangebot bei gleichzeitig breitgefächerter linguistischer Forschung dem Profil der Universität Rostock in seiner internationalen Bewertung zu hohem Ansehen verholfen hat. 97
Rückblicke
Als Lektor für alte Sprachen im Frühjahr 1964 eingestellt, hatte ich einige Jahre die Romanisten, Germanisten und Historiker sowie die damals in Rostock noch immatrikulierten Pharmazeuten zum Latinum zu führen, den eigentlichen Schwerpunkt meiner Lehrtätigkeit indes bildeten dreieinhalb Jahrzehnte die Studenten der Medizin, die in ehrenamtlich übernommenen prüfungspflichtigen Seminaren auch nach meinem Dienstende (2000) von mir noch betreut wurden. Mein Arbeitsbeginn bei den Als die Masse der lateinMedizinern erfolgte in einer Ausbillos Immatrikulierten sich dungssituation von geradezu brisanter Problematik, um nicht von einem drastisch auf 80% erhöht fachsprachlichen Notstand zu sprehatte, entschloß sich das chen, der, falls nicht zügig und gründMinisterium in kopfloser lich behoben, die Voraussetzungen eines störungsfreien Ablaufs der meKapitulation vor dieser dizinischen Studiengänge über kurz Lawine zum Verzicht auf oder lang in Frage stellen mußte. Eine jedweden Lateinnachweis. ebenso kurzsichtige wie ”alternativlose“ ministerielle Bildungsplanung hatte zu einem unaufhaltsamen Rückgang des Lateinunterrichtes an den Erweiterten Oberschulen geführt, so daß in der Mitte der 60er Jahre der Anteil der medizinischen Studienanfänger ohne lateinische Vorkenntnisse auf nahezu zwei Drittel angestiegen war. Da jeder Studierende für seine Zulassung zum Physikum das Kleine Latinum“ nach” zuweisen hatte, geriet er in eine bedrückende Zwangslage, die nicht wenige Anfänger rat- und mutlos machte. Als die Masse der lateinlos Immatrikulierten sich drastisch auf 80% erhöht hatte, entschloß sich das Ministerium in kopfloser Kapitulation vor dieser Lawine zum Verzicht auf jedweden Lateinnachweis, was – wie zu erwarten – freilich nur von kurzer Dauer sein konnte, weil 98
Neue Wege zu alten Sprachen“ ”
diese Regelung erst recht geradezu groteske Situationen nach sich zog, so etwa, wenn in Rostock gleich nach einer der ersten Anatomie-Vorlesungen eine aufgeregte studentische Abordnung den Dozenten händeringend vor Ratlosigkeit bestürmte, um Gotteswillen doch die Organe und ihre Teile, ja überhaupt alles, was er dargelegt und aufgezählt habe, von der nächsten Stunde an nur noch mit deutschen Wörtern verständlich zu machen. Damit erwarteten diese bedauernswerten Opfer verworrener zentraler Studienplanung von ihrem Hochschullehrer allen Ernstes, ein nach mehreren tausend Termini zählendes international verbindliches Standardwerk wissenschaftlicher Kommunikation, die NOMINA ANATOMICA, EMBRYOLOGICA und HISTOLOGICA, ihrer berufssprachlichen Unkenntnis zuliebe außer Kraft zu setzen, wobei die ahnungslosen jungen Leute zu diesem Zeitpunkt nicht einmal bedachten, daß es im Fortgang des Studiums auch
Einblick in das Lehrbuch „Über den Aufbau des menschlichen Körpers“ des flämischen Anatomen Andreas Vesalius (1514 - 1564)
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Früher Förderer des medizinisch-linguistischen Vorhabens: Prof. Dr. med. habil. Dr. med. dent. GertHorst Schuhmacher
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noch die umfangreiche, vorwiegend griechischstämmige Fachlexik der Klinik mit ihrer Vielzahl synonym zum fachlateinischen Wortgut gebrauchten Termini eindeutig und unverwechselbar zu beherrschen galt. Gegen die Ratlosigkeit der Studierenden mußte ebenso schnell wie pragmatisch eine Lösung gefunden werden, wobei ein Festhalten an traditioneller Didaktik nicht länger in Frage kam. Konsequentes Überdenken der zwar vertrauten und im herkömmlichen Spracherwerb bewährten, aber eben einer praxisorientierten Fachsprachenvermittlung in keiner Weise angemessenen Lehrweise erwies sich als unumgänglich. Es ging nicht mehr um die Einübung des grammatischen Regelwerkes der lateinischen Syntax etwa an den Texten Caesars über Gallien, sondern um die aus den Studienablaufplänen der Anatomie, Embryologie und Histologie und aus den Testatinhalten im Präpariersaal sich ergebenden fachsprachlichen Anforderungen. Den Studierenden war die Einsicht zu vermitteln, daß eine sattelfeste Vertrautheit mit den terminologischen Konstruktionsprinzipien die sachgerechte Aufnahme des Lehrstoffes weitgehend erleichterte, weil sie anstelle des mechanischen Auswendiglernens ein verstehendes, nicht zuletzt auch studienökonomisch effizientes Erfassen der Informationen ermöglichte. Um eine die Studierenden überzeugende Fachnähe zu erreichen, erwies es sich nur als folgerichtig, mich selbst sehr gründlich auf die medizinische Materie einzulassen. Als ich dann, der gleichsam aus den homerischen Gefilden in die Welt des Hippokrates immigrierte Altphilologe, auf das Novum eines fachintegrierten lateinischen Lehrmodells hinzuarbeiten begann, vollzog sich dieser Prozeß unter den denkbar günstigsten Bedingungen.
Neue Wege zu alten Sprachen“ ”
Im Direktor des Anatomischen Instituts, Herrn Prof. Dr. med. habil., Dr. med. dent. Gert-Horst Schumacher, erwuchs dem medizinisch-linguistischen Vorhaben ein unverzichtbarer Schirmherr, der den interdisziplinären Arbeitskontakten, für die er auch seine Mitarbeiter, namentlich die Oberärzte Ehler, Fanghänel und Lange, zu stimulieren wußte, in vielfältiger Anteilnahme wesentliche Impulse verlieh. Neben den Empfehlungen ausgewählter Fachliteratur und des für visuell gestützte Sprachübungen besonders geeigneten anatomischen Bildmaterials erwies es sich als in hohem Grade hilfreich, daß mir der Ordinarius seine eigenen Vorlesungsunterlagen zusammen mit den Testatumfangsplänen für konzeptionelle Überlegungen zur Verfügung stellte, was meinem Lehrmodell inhaltlich wie methodisch sehr entgegenkam. Schließlich wurden in die anatomischen Testate auf dem Präpariersaal zum jeweils anstehenden Prüfungsthema auch meine fachterminologischen Leistungskontrollen voll miteinbezogen, bald folgten die jeweils themenrelevanten Nomina der Klinik und des Rezeptlateins. Die Präsenz im Präpariersaal und meine Erreichbarkeit in einem mir großzügig überlassenen eigenen Arbeitsraum zu bestimmten, mit meinem Spracheninstitut abgesprochenen Tageszeiten, erwiesen sich für die Kommunikation mit den Studierenden auch psychologisch als sehr günstig. Über die Ergebnisse meiner medizinisch-linguistischen Bemühungen und deren Resonanz ist andernorts manches bereits angemerkt worden. Wenn auch mit einiger Verlegenheit, so sei gleichwohl doch auch mit Genugtuung von mir die Meinung kompetenter Fachvertreter wiedergegeben, daß der Lektor für alte Sprachen mit seinem in einer ihm zunächst fremden Disziplin erarbeiteten didaktischen ” Konzept ... eine große Zahl von Studenten vor einem vorzei101
Rückblicke
tigen Studienabgang bewahrte“, so Gert-Horst Schumacher, in: Die Universität Rostock zwischen Sozialismus und Hochschulerneuerung. Zeitzeugen berichten.1 Derselbe Autor hatte sich 2005 der kritischen Eskalation der fachsprachlichen Defizite seiner Medizinstudenten in den 60er Jahren in einer autobiographischen Rückschau wie folgt erinnert: Auf der Suche nach einer den Realitäten angepaßten ” Möglichkeit [...] waren die Diskussionen über diese Problematik in den Anatomischen Kolloquien immer wieder aufgeflammt [...] unter dieser Konstellation konnten wir den jungen Altphilologen und Archäologen Wolfgang Richter gewinnen, der unsere anatomischen Kolloquien mit Vorträgen maßgeblich bereichert hatte [...] vor Schließung des ‚Instituts für Altertumswissenschaften‘ war er 1964 als Lektor für alte Sprachen in die ‚Abteilung für Fremdsprachen‘ (das heutige ‚Sprachenzentrum‘) gewechselt, wo er als wichtigste philologische Ausbildung die der Mediziner im Fach Latein übernahm [...]. Mit ungewöhnlichem Engagement bekannte er sich zu einer engen interdisziplinären Arbeitsweise. Zunächst galt es der Hilflosigkeit der Studierenden gründlich entgegenzuwirken und sie auf kürzestem Weg zu einem sicheren Umgang mit ihrem fachsprachlichen Instrumentarium zu befähigen. Aus dem herkömmlichen Nacheinander von Sprachaneignung bei Parallelisierung des anatomischen Unterrichts mußte ein eng fachbezogenes Ineinander werden. Er entwickelte ein praxisorientiertes Lehrmodell, das inhaltlich und organisatorisch detailliert auf die fremdsprachlichen Anforderungen und die Studienabläufe der Anatomie abgestimmt war. Un1 Rostocker Studie zur Universitätsgeschichte, Bd.3, 2009, S. 401
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ter Benutzung einschlägiger Lehrbücher nahm Wolfgang Richter an den anatomischen Vorlesungen und Kursen mit allen Testaten teil, in denen er sich anatomische Grundkenntnisse erwarb, die denen eines Physikumskandidaten entsprachen. Sie bildeten die Grundlage für sein Unterrichtskonzept, das als methodisch-didaktisches Novum der weiteren fachsprachlichen Ausbildung fruchtbare Impulse verlieh. Die Effizienz dieser altsprachlichen praxisbezogenen Wissensvermittlung spiegelte sich nicht nur in einer spürbaren Steigerung der studentischen Lernmotivation wider, sondern dokumentierte sich auch in deutlichen, statistisch belegbaren Leistungssteigerungen der Studierenden im Fach Anatomie. Schon bald wurde diese Unterrichtskonzeption und ihre Anwendung, die er in seiner Dissertation (1971) niedergelegt hatte, in Fachkreisen als ‚Rostocker Modell‘ bekannt. Seine linguistischen, didaktisch-methodischen Ergebnisse fanden nach einer Publikation in der Zeitschrift ‚Anatomischer Anzeiger‘ ein durchweg positives Echo. Nachdem er die innovativen Merkmale und Methoden des Rostocker Modells einem internationalen Kreis interessierter Fachleute auf der ‚71. Versammlung der Anatomischen Gesellschaft‘ in Rostock-Warnemünde 1976 vorgestellt hatte, wurde es auch von anderen Universitäten übernommen, und zahlreiche Hospitanten machten sich vor Ort mit dessen praktischer Anwendung vertraut. Wenige Jahre später, als mein Mitarbeiter Jochen Fanghänel zum Professor mit Lehrstuhl und Direktor des Instituts nach Greifswald berufen wurde, bewährte sich das Rostocker Modell auch an der Ernst-Moritz-Arndt Universität. Im Jahre 2005 verlieh das Anatomische Institut der Universität Rostock Wolfgang Richter – dieser inzwischen zum Honorarprofessor für Alte Sprachen ernannt – die Ehrenmitgliedschaft ...“ 103
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Die im Vorangegangenen von Gert-Horst Schumacher beschriebenen Aktivitäten stellen nur einen Ausschnitt dar aus dem vielfältigen interdisziplinären Zusammenwirken des Lektorats für Alte Sprachen mit der medizinischen Fakultät, vornehmlich mit dem Anatomischen Institut. Das stimulierend kreative Klima dieser Einrichtung, dessen Leiter mit wissenschaftsorganisatorischem Weitblick die Grenzen seines Faches allem offenhielt, wovon er sich hochschuldidaktische Innovationen versprach, förderte die fachlinguistische Vortrags -und Publikationstätigkeit in hohem Grade. Ich wurde u. a. zur Mitarbeit an vorklinischen Lehrwerken herangezogen, auch kam es zu Beiträgen über Terminologie und Medizingeschichte neben zahlreichen Rezensionen z. B. im Anatomischen Anzeiger. Die Kontakte zu den Medizinstudenten wurden auch außerhalb der offiziellen Studienplanung durch fakultative Veranstaltungen belebt und vielfältig bereichert. Hervorgehoben sei der studentischerseits erbetene, von den Teilnehmern mitorganisierte und inhaltlich unter meiner Regie auch mitgestaltete kulturhistorisch orientierte Arbeitskreis Antike Heute“. Im Jahre 1975 begründet erfreute er sich ” überraschend hohen Zulaufs (Exkursionen, Vorträge, Lesungen, Theater, Ausstellungen) und lebte fort bis kurz nach der Wende. Das in dieser Festschrift Dargelegte konnte ebenfalls nur Teilabschnitte repräsentieren aus dem Wachsen und Wirken einer unverzichtbaren fächerübergreifenden und länderverbindenden akademischen Einrichtung, die inzwischen auf ebenso wechselvolle wie erfolgreiche sechs Jahrzehnte zurückblicken kann. Diesen Weg hat der Autor zu zwei Dritteln in mühevollem, aber nie freudlosem Dienst an der Sprache, in anregender philologischer Fachgenossenschaft und kollegialem Miteinander dankbar zurücklegen dürfen.
Illustration aus dem Lehrbuch von Andreas Vesalius, der als erster Sektionen am Menschen durchführte (Allerdings war nur das Sezieren von hingerichteten Verbrechern erlaubt, Bild rechts)
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Englisch lernen in Polen Dr. Lieselotte Rzeznitzeck, Englisch Zu den seltenen internationalen Beziehungen des damaligen Wissenschaftsbereichs Englisch in den 70er und 80er Jahren gehörten – neben der Teilnahme der Mitarbeiter des Bereichs an Sommerkursen in der DDR, die von muttersprachlichen Lehrkräften geleitet wurden, und einigen Delegierungen zu Sommerkursen in Großbritannien – auch die Beziehungen zum Polytechnikum in Danzig.
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Sie wurden 1984 eingeleitet und ab 1985 bis 1988 kam es zum Austausch von Lehrkräften, die für je ein Semester wechselseitig den Englischunterricht der jeweiligen Einrichtung übernahmen. Es war sowohl für die deutschen als auch die polnischen Lehrer eine ziemliche Umstellung in der Durchführung des Unterrichts, besonders hinsichtlich des Inhalts der Lehrmaterialien. Während in Rostock der Schwerpunkt auf der Vermittlung von fachsprachlichem Englisch (Biologie, Medizin, Landtechnik) lag, wurde in Danzig großer Wert auf die Umgangssprache gelegt. Dazu kam, dass keiner unserer Lehrer das Polnische beherrschte, nur wenige der polnischen Kollegen das Deutsche. Wissen und Kenntnisse, grammatische Erläuterungen etc. mussten in Englisch vermittelt werden. Das erweiterte natürlich unseren eigenen Sprachschatz. Da das Polytechnikum schon damals Beziehungen zum British Council hatte, gab es vielfältiges Lehrmaterial aus Großbritannien, das uns in methodischer und didaktischer Hinsicht weiterhalf. Zwei gegenseitige Besuche von mehreren Angehörigen der beiden Einrichtungen wurden in Rostock und Danzig organisiert. Dazu konnten auch Muttersprachler gewonnen werden, die uns im aktiven Gebrauch des Englischen förderten. Nach 1990 haben sich die sprachliche Aus- und Weiterbildung der Englischlehrer entscheidend verändert, und den heutigen Mitarbeitern des Englischbereichs mögen unsere Versuche hilflos erscheinen. Unter den damaligen Bedingungen waren sie das Mögliche.
Dr. Lieselotte Rzeznitzeck, Englisch
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Mit der Uni Rostock in die Welt – aus der Welt an die Uni Rostock Dr. Dagmar Ronnecker, Leiterin des Akademischen Auslandsamtes bis 2011 Als die Universität Rostock im Rahmen des Audits der Hochschulrektorenkonferenz zur Internationalisierung der Hochschulen 2010/11 Bilanz zog, den gut 20 Jahre nach der Wende erreichten Stand dokumentierte, Stärken und Schwächen analysierte, kam man u. a. zu der Einschätzung, dass sich die Universität zum „Gravitationszentrum der Internationalisierung in der Region“1 entwickeln kann.
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Eine ambitionierte Idee, die zu ihrer Realisierung einer schlüssigen Strategie bedarf, der notwendigen inneren und äußeren Rahmenbedingungen und nicht zuletzt einer Vielzahl aktiver und motivierter Mitstreiter. Eine der Stärken der Universität Rostock, so konnte festgestellt werden, war und ist das große Engagement, sind die langjährigen Erfahrungen und die erworbenen Kompetenzen in Einrichtungen wie dem Sprachenzentrum (SZ) und dem Akademischen Auslandsamt (AAA), beide strukturell eng an die Hochschulleitung gebunden. 60 Jahre Sprachenzentrum in 2013 sind ein weiterer guter Grund, der engen Kooperation zwischen beiden Einrichtungen nochmals besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Als mir, seit 1987 Lehrkraft am Institut für Angewandte Sprachwissenschaft (IfAS), nach der Wende die Leitung des Akademischen Auslandsamts, Nachfolgeeinrichtung des Direktorats für Internationale Beziehungen, angetragen wurde, wusste ich nur wenig von den internationalen Beziehungen der Universität. Während meiner Studienzeit, ich studierte in den 70er Jahren Englisch und Deutsch, war Auslandsmobilität in meiner Wahrnehmung nur für Studierende der Slawistik vorgesehen. Meine Auslandserfahrungen“ beschränkten sich auf die Teil” nahme an einem Sommerkurs für Studierende der Anglistik in Polen, den Kontakt zu unseren“ Muttersprachlern ” an der Sektion für Sprach- und Literaturwissenschaften, von denen es drei gab, und die aufregende Zeit der Sommerkurse für Anglisten, zu denen in den 80er Jahren auch regelmäßig Studierende und Dozenten der Brown University, R.I., USA, anreisten. Der traditionelle Internationa-
Dr. Dagmar Ronnecker, ehemalige Leiterin des Akademischen Auslandsamtes
1 hrK-Audit internationalisierung der hochschulen 2010/11; selbstbericht der universität rostock, s. 23
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Rückblicke
Wird vom Akademischen Auslandsamt verwaltet: das ERASMUS-Programm
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le Hochschulferienkurs für Germanistik (IHFK) sowie der Sommer-Intensivkurs des Sprachenzentrums im Bereich Deutsch als Fremdsprache wurden gern von Gästen aus der ganzen Welt belegt – der IHFK regelmäßig mit ca. 100 bis 130 Teilnehmern – , die neben dem Hauch von großer, weiter Welt viel Lust am Austausch widerstreitender Meinungen mitbrachten. Für uns frustrierend und motivierend zugleich. Ende der 80er Jahre, als ich als Lehrkraft an das IfAS der Universität zurückkehrte, komplettierte regelmäßig ein Muttersprachler/eine Muttersprachlerin, eingesetzt vom British Council, unser Kollegium, um die Sprachkompetenz bei den Studierenden der nicht philologischen Fächer und auch bei uns Lehrenden zu fördern. Dann kam die Wende, begrüßt und unterstützt von den einen, beargwöhnt und abgelehnt von den anderen. 1991 wechselte ich in das Auslandsamt. Dabei war mir von Anbeginn klar, dass die Aufgabenstellungen beider Einrichtungen sich in vielfältiger Weise berührten, z. T. bedingten und somit eine kontinuierliche Zusammenarbeit für das erfolgreiche Agieren beider Einrichtungen notwendig war. Neben der Aufbruchstimmung prägte in den 90er Jahren aber auch eine spürbare Verunsicherung über die Zukunft des Sprachenzentrums und die seiner einzelnen Mitglieder das Miteinander. Ich erinnere mich, dass die Verlagerung von Aufgaben von einer auf die andere Einrichtung auch vor dem Hintergrund latent vorhandener Existenzängste erfolgte. So waren u. a. am Sprachenzentrum die ersten Hochschulkooperationsprogram-
Mit der Uni Rostock in die Welt – aus der Welt an die Uni Rostock
me (HKP) unter dem europäischen Mobililtätsprogramm ERASMUS angesiedelt; ins Leben gerufen, gehegt, gepflegt und verwaltet von engagierten Hochschullehrern. 1995 wurde ERASMUS zusammen mit anderen europäischen Bildungsprogrammen in das SOKRATES-Programm integriert. Damit änderten sich die Organisations- und Verwaltungsstrukturen des Programms. Die Koordinatoren der HKP waren fortan nur“ noch für die ” inhaltliche Ausgestaltung, die Abstimmung mit den Partnerhochschulen, die Auswahl der teilnehmenden Studenten etc. zuständig. Die Fördermittel gingen hingegen an die Hochschule und wurden an zentraler Stelle, im AAA, verwaltet. Es gab anfangs erheblichen Widerstand und viele Diskussionen, weil die Hochschullehrer sich in ihren Rechten und ihrem Einfluss auf ihre eigenen Projekte beschnitten sahen. Aber angesichts der rasch wachsenden Zahl von Projekten, teilnehmenden Studenten, Wissenschaftlern und Lehrpersonal und dem von Brüssel vorgegebenen nicht unerheblichen Aufwand für Antragstellung, Management und Berichterstattung wandelte sich diese Anti-Haltung schnell Die Anti-Haltung verin ein gedeihliches Miteinander. Zunehwandelte sich schnell mend wurde dieses Miteinander sowohl im Tagesgeschäft als auch bei unterschied- in ein gedeihliches lichen Projekten zum bestimmenden Kri- Miteinander. terium der Beziehungen zwischen Sprachenzentrum und Auslandsamt. Wie sollten denn auch Studierenden-, Wissenschaftler- und Mitarbeitermobilität ohne Sprachenerwerb und den Erwerb interkultureller Kompetenz funktionieren? Und wie sollte ein Sprachenzentrum seinen Bereich Deutsch als Fremdsprache erfolgreich verteidigen, entwickeln und ausbauen, wenn kein hinreichender Bedarf an dessen Dienstleistungen bestünde? Natürlich war die permanente Ressourcenknappheit 111
Rückblicke
Pforte ins Ausland: der Eingang zum Akademischen Auslandsamt in der Kröpeliner Straße 29 (Foto rechts)
112
beider Einrichtungen bei der Beratung und Implementierung neuer Projekte, ich denke z. B. an maßgeschneiderte Programme für asiatische Studierende, immer wieder Gegenstand von Diskussionen, ebenso wie die Auslagerung von studienvorbereitenden Deutschintensiv- und Sommerkursen im DaF-Bereich in Zusammenarbeit mit dem Verein Study in Germany, Rostock e. V. An dieser Stelle sollte jedoch unbedingt hervorgehoben werden, dass gerade im Bereich Deutsch als Fremdsprache unser Sprachenzentrum stets um rasche Lösungen bemüht war und den Gegebenheiten (z. B. rasch wachsender Gaststudentenzahlen) mit einem entsprechenden Kursangebot trotz stetiger Personalknappheit aufwarten und den Aufenthalt der Incomings so komplementieren konnte. Ja, und auch PNDS“, DSH“ oder TestDaF“ war bei uns in Rostock ” ” ” nie die Frage, für neue sprachliche Anforderungen oder Prüfungen wurden Lösungen gefunden, während an anderen Hochschulen noch diskutiert wurde. Natürlich – mitunter erwartete das Auslandsamt mehr, als das Sprachenzentrum zu leisten bereit war oder leisten konnte; mitunter erfüllte sicher auch das Auslandsamt nicht die Erwartungen des Sprachenzentrums. Die pragmatische Haltung beider Leiterinnen indes, die gegenseitige Bereitschaft, sich in die Möglichkeiten, aber auch in die Nöte und Zwänge des anderen hineinzudenken, und in beiden Einrichtungen ein Team, das sich letztlich doch immer wieder am Ziel und an der Sache orientierte, verhalfen den gemeinsamen Projekten zum Erfolg. Ich denke dabei an die Vorbereitung und Durchführung von Auftritten der Universität Rostock auf internationalen Bildungsmessen oder Promotion-Touren an Deutschen Schulen im Ausland, an Schulen mit verstärktem Deutschunterricht und an Partnereinrichtungen zur Einwerbung ausländischer Studierender, ich denke
Mit der Uni Rostock in die Welt – aus der Welt an die Uni Rostock
113
Rückblicke
an Schnuppertage für ausländische Schülergruppen oder Aufenthalte ausländischer Studiengruppen an der Universität Rostock, an den jährlich stattfindenden Internationalen Tag, die Sommerschulen, die Auswahlverfahren für die begehrten Plätze an den Partnerhochschulen in den USA und die Gesamtheit der Informations-, Beratungs- und Betreuungsangebote, bei denen das Sprachenzentrum die Aktivitäten des Auslandsamts wirksam und häufig in Eigenregie unterstützte. Ich denke aber auch an gemeinsame Auftritte von Vertretern beider Einrichtungen in Rektoratssitzungen, Sitzungen der Senatskommission Studium und Lehre oder während der Evaluationsverfahren zur Internationalisierung (2001 und 2011), wo Schulter an Schulter für die gemeinsamen Themen geworben und gestritten wurde. Lern- und Lehrmobilität, incoming und outgoing, Sprachenerwerb und Sprachkompetenz in mindestens zwei Fremdsprachen, die Kenntnis und Verbundenheit mit der eigenen und die Aufgeschlossenheit gegenüber anderen Kulturen, praktische Erfahrungen mit Hochschulsystemen oder Arbeitswelten, Normen und Wertesystemen, von denen man bis dahin bestenfalls gehört hat, haben einen nachhaltigen Einfluss auf die Qualifikation, die Lebenseinstellung und die gleichberechtigte und bewusste Teilhabe des Einzelnen an der gesellschaftlichen Entwicklung im eigenen Land, Europa und der Welt. Bildung ist und bleibt der strategische Schlüssel für Entwick” lung“ 2, das gilt für uns ebenso wie für alle anderen Länder und Gesellschaften. Die Universität als ein Bildungsträger, dem der internationale Austausch originär über Wissenschaft und Forschung, in zunehmend wachsendem Maße 2 Zehn Ziele für mehr Bildung. BMZ-Bildungsstrategie 2010-2013. BMZ-Strategiepapier 1/2012, S. 3
114
Mit der Uni Rostock in die Welt – aus der Welt an die Uni Rostock
aber auch im Rahmen der Sprachenzentrum und AkadeLehre und Ausbildung ins misches Auslandsamt werden Stammbuch geschrieben ist, kann und muss sich auch in Zukunft, so wie ein guzu einem Gravitations- tes Öl für einen störungsfreien ” zentrum der InternationaLauf des Motors sorgt, ihren lisierung in der Stadt und der Region entwickeln“ 3. Beitrag im Tagesgeschäft als Die Universität, ihre Lei- Dienstleister für Studierende, tung und ihre Mitglieder müssen der Motor sein, Lehrende, Wissenschaftler und immer wieder als Im- Mitarbeiter erbringen. pulsgeber für Politik und Wirtschaft agieren, im Bewusstsein der globalen Verantwortung ganz konkret vor Ort aktiv werden. Sprachenzentrum und Akademisches Auslandsamt werden auch in Zukunft, so wie ein gutes Öl für einen störungsfreien Lauf des Motors sorgt, ihren Beitrag im Tagesgeschäft als Dienstleister für Studierende, Lehrende, Wissenschaftler und Mitarbeiter erbringen. Wenn die Kapazitäten es zulassen, werden beide Einrichtungen aber auch als kreativer Ideengeber zur Strategieentwicklung der Hochschule beitragen, um die Internationalisierung durch Erhöhung der Mobilität, neue bilaterale Projekte oder multinationale Netzwerke, die volle Integration der ausländischen Studierenden und Wissenschaftler, eine weltoffene Atmosphäre auf dem Campus, in der Stadt und darüber hinaus voranzubringen.
3 Siehe Fußnote 1
115
Immer wieder Neuland Dr. Sabine Teichmann, Englisch „Es gibt Dinge, die können gleich erzählt werden, andere haben ihre eigene Zeit, und manche sind unsagbar.“ (Daniela Krien)
116
Dieses Zitat aus dem Roman Irgendwann werden wir uns ” alles erzählen“ von Daniela Krien scheint weit hergeholt zu sein, wenn man meinen aktuellen Auftrag – über meine Zeit am Institut für Fremdsprachen“ zu schreiben – betrachtet. ” Die Geschichte, die die Autorin für uns erdacht hat, hat nur einen einzigen Bezug zu dem, was auf der nächsten Seite folgt: Es gibt Zeiten, da ist vieles noch immer unsagbar, selbst wenn mehr als 20 Jahre ins Land gezogen sind – jedenfalls aus meiner Perspektive. Zu meiner Lebenswirklichkeit zwischen 1980 und 1991 – so lange war ich am Institut für Fremdsprachen“ als ” Lehrerin im Hochschuldienst zur Vermittlung im Bereich Englisch tätig – habe ich noch immer einen sehr geringen Abstand; objektiv werten kann ich wenig, was in der Lehre und in der Zeit zwischen den Unterrichtsstunden passierte. Ich fühle mich mittendrin zwischen den Erfahrungen vor 1989, die ich nicht einfach hinter mir lassen möchte, der Umbruchzeit, als ich eher beobachtet habe, wie sich soziale Beziehungen änderten und dennoch nicht wirklich über die Veränderungen reflektiert habe. Ich war erst einmal mit mir beschäftigt. Dennoch: Ich habe zwar noch nichts an Erfahrungen so richtig hinter mir gelassen, aber zugleich gern immer wieder Neuland betreten, das dann nicht durchgängig neues Land war und ist: Es hält zwar Vertrautes bereit, man hat Möglichkeiten, ein Stück zu wachsen, man sieht aber auch Grenzen und weiß dabei, dass eben auch unser Charakter unser So-Sein bestimmt. Insofern sind meine Eindrücke aus der Zeit am Insti” tut für Fremdsprachen“, später der Sektion für Angewandte ” Sprachwissenschaft“, höchst subjektiv und treffen vielleicht nicht jene Beobachtungen und Erfahrungen, die für meine Kolleginnen und Kollegen damals wichtig waren.
Dr. Sabine Teichmann, Englisch
117
Rückblicke
Im Rückblick sehe ich die Zeit am Institut“ als eine glück” liche, die mich in vielerlei Hinsicht geprägt hat. Da war zuallererst die Hauptsache: Der Unterricht – die Vermittlung der Fachsprache Englisch; 20 Stunden wöchentlich, in denen ich mein Wissen gern an die Studierenden weitergab und zusammen mit ihnen versuchte, sprachliche Fähigkeiten zu erwerben und auszubauen. Vorgeschriebene Lehrpläne gab es nicht. Die Studierenden sollten am Ende ihrer Ausbildung ihr Fach auch in der Fremdsprache erfassen und darüber berichten können. Der Standard war gesetzt. Der Grad der Sprachbeherrschung war klassenindifferent“, hing kaum von einer Ideologie ab ” und orientierte sich an international ausgerichteten Erfahrungen und Lehrmaterialien. Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit ” Menschen, welche dem Leben seinen Wert geben.“ Wilhelm von Humboldt
Obwohl ich so spät zu einem über Jahre gewachsenen Kollegenkreis gestoßen bin, fühlte ich mich immer dem Institut“ verbunden; an die Sektion für Angewandte ” ” Sprachwissenschaft“ und die mit dieser Umstrukturierung einhergehenden Veränderungen konnte und wollte ich mich hingegen nicht gewöhnen. Welche Eindrücke waren für mich wesentlich? Im August 1979 wusste ich, dass ich nicht länger in der Literaturwissenschaft arbeiten kann. Ich sah mich nach einer neuen Tätigkeit um. Sehr erfolgreich war ich nicht. Ein Jahr später, im August 1980, rief ich – nachdem alle anderen Versuche, eine adäquate Arbeit zu finden, gescheitert waren – im Institut für Fremdsprachen“ an. Der Direktor, Dr. Günter ” Abendroth, war am anderen Ende der Leitung und fragte, warum ich mich denn erst jetzt meldete, ich sei ihm schon 118
Immer wieder Neuland
lange avisiert; er sagte weiter: Momentan Dr. Abendroth war ” habe ich keine Stelle, aber es wird immer jemenschlich integer, mand schwanger oder geht ins Ausland. Melgroßzügig, intelligent den Sie sich in vier Wochen wieder.“ Im Oktober 1980 nahm ich meine Ar- und gebildet. beit im Wissenschaftsbereich Englisch am Institut für Fremdsprachen“ auf. Als ich mich bei Dr. Gün” ter Abendroth bedankte (ich war wirklich sehr erleichtert und zufrieden, überhaupt eine Arbeit gefunden zu haben), sagte er beim Weggehen: Früher hatte ich Glück bei Frau” en, heute habe ich Glück bei Kader.“ Dr. Günter Abendroth war menschlich integer, großzügig, intelligent und gebildet. Er konnte das Für und Wider gut abschätzen, handelte umsichtig und agierte strategisch klug und generös in der Sache. Er kommunizierte oft brillant und sah das Wesentliche. Eine gute Schule für mich – insbesondere nach 1989, als ich neben ihm in den universitären Gremien saß und mir auch Rat holen konnte. Dass die Stelle als Fremdsprachenlehrerin im Rückblick für mich ein großes Glück bedeutete, das wusste ich 1980 nicht. Ich stand vielmehr vor der Frage, ob ich den Anforderungen genügte. Ich begann diese Tätigkeit, ohne dass ich irgendwelche Kenntnisse in der Vermittlung einer Fremdsprache auf Fachsprachenniveau hatte. Das Was“, ” das ich vermitteln sollte, war mir nicht auf den Leib geschrieben, das Wie“ gestaltete sich aber noch viel prekärer. ” Nicht wenige meiner neuen Kolleginnen empfingen mich zu Recht nicht mit sehr offenen Armen. Wieder kam jemand, der eigentlich vom Gegenstand der Arbeit zu wenig wusste und auch noch zugab, dass die Englischkenntnisse nicht besonders fluent“ waren. Wieder stand da jemand ” zum Einarbeiten. Mein erstes Gespräch hatte ich mit Dr. Edith Buchholz und Dr. Inge Hückel. Inge Hückel war die stellvertretende Leiterin. Sie hatte gerade zusammen mit an119
Rückblicke
deren Kolleginnen und Kollegen – mit Dr. Edith Buchholz, Dr. Lilo Rzeznitzeck, Hans Niemann, Monika Plant ein Lehrbuch geschrieben – Englisch für die Seewirtschaft“ –, ” gelb mit schwarzer Schrift. Ich bekam meine Kurse zugeteilt. Zuerst wurde ich in der Hautklinik eingesetzt, übernahm eine Vertretung in der Fakultät für Agrarwissenschaften und in der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät. Den Hauptteil meiner Stunden hatte ich an der Sektion Maschinenbau und Schiffstechnik. Das alles war eine große Herausforderung. Dr. Inge Hückel war mir insbesondere in den ersten zwei Jahren eine große Hilfe. Unausgesprochen und vorbehaltlos gab sie mir fachlichen Rat, half, wo sie konnte. Sie war eine sehr strenge und auf den ersten Blick distanzierte Lektorin, die, zu der Zeit als ich sie kennenlernte, in der Sektion für Sozialistische Betriebswirtschaft, Abteilung Seeverkehr, arbeitete. Der Seeverkehr war 1980 eine kleine und feine Studienrichtung. Hier studierten diejenigen, die möglicherweise mehr Englischkenntnisse als andere Ökonominnen und Ökonomen brauchten, weil sie für das Import- und Exportgeschäft in der See- und Hafenwirtschaft Der Seeverkehr vorgesehen waren. Darunter waren auch einige ausländische Studierende und Leistungssportler, war 1980 eine die Extra-Unterricht bekamen. Als Dr. Inge Hükleine und feine ckel schwer erkrankte, war nur noch wenig Zeit, Studienrichtung. das an Übergabe zu sortieren, was ihr wichtig war. Das fachliche Gespräch suchte sie mit mir in dieser Zeit auch; viel öfter gingen wir aber gemeinsam durch den Lindenpark, und ich aß an ihrem Tisch die ersten originalen Nürnberger Lebkuchen. Was gab es noch? In der eigentlich schönen Villa in der Richard-Wagner-Straße 6 saßen wir zeitweise zu fünft in einem nicht allzu großen Raum. Hatten wir zwei oder 120
Immer wieder Neuland
drei Telefonapparate? Ich weiß es nicht mehr. Dieser prekären Raumsituation verdankten wir eine sehr entspannte Anwesenheitspflicht. Dienstags mussten wir alle im Hause sein; an den anderen Tagen der Woche war die Lehrveranstaltung in unterschiedlichen Fachgebieten die freundliche Pflicht. In der Erinnerung hockte“ ich ziemlich oft mit ” Hans Niemann, manchmal auch mit Lilo Rzeznitzeck, Ingrid Spitzner und Helmut Aude, später mit Rita Clausen und Dagmar Ronnecker im Café Drude“. Manchmal ” hatten wir unser Domizil im Barockcafé“ aufgeschlagen: ” Fachgespräche, Einkaufs tipps, Weitergabe von Büchern und Zeitschriften, Austausch über Kollegen und Ereignisse und über das Fernsehen. Das waren wichtige Stunden der Gemeinsamkeit. Der Besuch der politischen Schulungen für die Nicht-Genossen (Parteilehrjahr) war Pflicht. Da sollte niemand dauerhaft fehlen – jedenfalls nicht, wenn er in Ruhe seinen kleinen Lebensplänen unbeobachtet frönen wollte. Diese Veranstaltungen hatten auch Vorteile. Man lernte die Kolleginnen und Kollegen, denen man sonst nicht begegnete, besser kennen. Und dann gab es noch andere gesellschaftliche Verpflichtungen – beispielsweise Gewerkschaftsveranstaltungen. Da traf ich Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bereichen, die ich noch heute sehr schätze: Christa Bremer, Karin Moll, Dr. Hermann Kowalke und unseren Altchef, Dr. Günter Abendroth. Und dann war da noch Bärbel Bauch, die einem manch guten Tipp geben konnte.
Café Drude – ein beliebter Ort für fachlich und persönlich inspirierende Gespräche
121
Rückblicke
Woran ich besonders gern denke? An die Zusammenarbeit und Gemeinsamkeit mit Alison, Dagmar und Rita im Sprachintensivkurs….mit Basic Skills“ und Academic ” ” Writing“, für die ich verantwortlich war. Am Institut“ wurde ein Sprachintensivkurs Englisch ” eingerichtet. Dr. Rita Clausen war die Initiatorin. Sie, Dr. Alison Mariott – unsere Kollegin aus England, die wir dem British Council verdankten und mit der ich mich nicht nur über die Woran ich besonders Vermittlung der englischen Sprachegern denke? An die austauschte–, Dr. Dagmar Ronnecker Zusammenarbeit und und ich organisierten Angebote für Promovierende und Reisekader. Gemeinsamkeit mit Die Grundstruktur dieses SprachanAlison, Dagmar und Rita gebotes konnten wir von den Berliner im Sprachintensivkurs. Kollegen aus der Humboldt-Universität übernehmen: Dr. Hans Heidrich und Professor Hans Joachim Meyer (heute Mitglied unseres Universitätsrates) verfügten über Erfahrungen in diesem Feld und hatten Lehrmaterialien erstellt, die sie uns überließen. Dieses Modell und die inspirierenden Fachliteratur aus dem United Kingdom, waren mehr als nur eine solide Grundlage, um interessanten Unterricht zu geben. Es war eine intensive Lehr- und Lernzeit. Und: Wir vier Frauen ergänzten uns gut.So nahe, relativ unbeschwert und motiviert habe ich nicht oft arbeiten dürfen. ”
Dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füße.“
Martin Walser
Dieser Satz von Martin Walser beschreibt das Nicht-Planbare, das Zufällige, das Logische auch. Als ich im August 1991 in die Zentralverwaltung als Dezernentin für Studium und Lehre wechselte, kannte ich 122
Immer wieder Neuland
die Universität mit ihren Fachdisziplinen gut, hatte Erfahrungen in der Lehre und war auch durch die Unterstützung mancher Kolleginnen und Kollegen gewachsen. Noch viele Jahre nach der Wende konnte ich auf die Erfahrungen – gewonnen am Institut für Fremdsprachen“ ” zurückgreifen. Dafür sage ich Dank!
123
Meilensteine 1951
Einführung des Unterrichts in der russischen Sprache und Literatur sowie in deutscher Sprache und Literatur für alle Studierenden.
1957 Erweiterung der obligatori-
1953
Aufnahme des fakul-
schen Ausbildung um eine
tativen Unterrichts in
zweite Fremdsprache, in der
Englisch, Französisch
Regel Englisch, Französisch,
und Latein.
Spanisch oder Latein sowie
Aufnahme von Prüfungen zum Nachweis von Fremdsprachenkenntnissen
1958
Deutsch für Ausländer.
als Teil des Staatsexamens.
1963
Beginn der Fachübersetzerausbildung Russisch-Deutsch, Englisch-Deutsch für die Bereiche Schiffbau, Schiffsmaschinenbau, Elektrotechnik und Landwirtschaft
Erste Theoretische Konferenz der Abteilung Sprachunterricht zum sogenannten Rostocker Testsystem (Bis 1985 wurden 14 Theoretische Konferenzen durchgeführt.)
1965 1967
Einführung des Fremdsprachenpraktikums als Form einer effektiveren Kooperation mit allen Fakultäten der Universität und eines stärkeren Praxisbezugs der Ausbildung.
124
1973
Durchführung der ersten Russischolympiade an der Universität Rostock
1974 Erhebung der Abteilung für Fremdsprachen in den Fremdsprachen durch den Minister für das Hoch-
Sprachkundigenausbildung IIb für bestimmte Grundstudienrich-
1978
Rang eines Instituts für
Einführung der obligatorischen
tungen
1982
Beginn der Sprachintensivausbildung in Portugiesisch
und Fachschulwesen
1985
Beginn der Arbeit eines Zentrums für Sprachintensivausbildung in Russisch für Studierende der Universitäten und Hochschulen des Bezirkes Rostock, die ein Teilstudium in der Sowjetunion planten.
1986
Beginn der Durchführung von dreiwöchigen Internationalen Sommerkursen Deutsch als Fremdsprache (Insgesamt wurden 19 Sommerkurse durchgeführt.)
1988
Umwandlung des Instituts für Fremdsprachen in die Sektion Angewandte Sprachwissenschaft
1989
Ausrichtung der Internationalen Konferenz Computer-assisted ” Language Learning“
125
MeIlensTeIne
1990/91
Abschaffung des Nachweises von Fremdsprachenkenntnissen als obligatorische Komponente der Ausbildung
1990/91
Einstellung der Sprachintensivausbildung in Spanisch, Portugiesisch und Russisch
1993 Akkreditierung für das deutschlandweite Hochschulfremdspra-
1994
Umwandlung des Instituts für Angewandte Sprachwissenschaft in die zentrale Betriebs-
chenzertifikat UNIcert® (seit dem
einheit Sprachenzentrum im
regelmäßige Re-Akkreditierung)
Ergebnis der Umstrukturierung
und Nutzung als Qualitätssiche-
der Universität
rungsinstrument
2001 2003
Workshop zum Europäischen Jahr der Sprachen Fremd” sprachliche Kompetenz von Hochschulabsolventen für die
Externe Evaluierung des
Wirtschaft – Ausbildungskonzep-
Sprachenzentrums durch
te auf dem Prüfstand praktischer
eine Gutachterkommission
Erfordernisse“
des AKS
2004 Einführung eines digitalen Kursverwaltungssystems
126
Einführung von Entgelten für fakultative Sprachkursangebote
2004
2004/05
Erweiterung des Sprachangebots um Italienisch
2007
Modularisierung der Ausbildung entsprechend den Bologna-Beschlüssen und den Festlegungen der Universität sowie in Anlehnung an den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER)
2008/09
Erweiterung des Sprachangebots um Arabisch und Chinesisch
2009
Verstärkte Verankerung des Erwerbs von Fremdsprachen-
Ausrichtung des 10. Externen UNIcert®-Workshops zum Thema Offene Prüfungsaufgaben: ” Erstellen und bewerten“
seit 2010
kenntnissen, insbesondere Englisch, als (wahl)obligatorisches Fach in die Curricula verschiedener Studiengänge
2012
Umsetzung des Projekts Sprachlich Aktives Interkulturelles Lernen (Computer ASSisted) - SAILCOMPASS – Erstellung eines multimedialen, interaktiven und
2013
internetbasierten Portals für
Erweiterung der bisherigen UNIcert®-Prüfungs-
der Universität
internationale Studierende
ordnung zur Studien- und Prüfungsordnung für alle Lehrangebote des Sprachenzentrums
127
Einblicke
128
Es ist immer wieder ”schön zu sehen, wie angenehm überrascht und erfreut Studierende sind, wenn Sie unser Kursangebot und die Inhalte zur Kenntnis nehmen.“ Marika Fleischer, Englisch / Portugiesisch
129
“Fachsprache?“ What’s that and how on earth am I supposed to teach it? Rebecca Collin, Englisch I have been teaching here in the Language Center since March, 2001. When I was hired, I knew I would be teaching something called “Fachsprache“, but wasn’t entirely certain what that meant. Even the translation, “English for Special Purposes“, sounded strange to me. If I didn’t even know what it was myself, how was I going to be able to teach it to others?
130
Moving to Rostock was quite an adventure. Although I had applied for the job in December, it was not until February that I received the job offer. And then the fun started: find a new apartment, a place in a kindergarten for my 5-year-old son, pack and move… all before my new job started on March 1st. I was working full time in Stralsund , living in Greifswald and didn’t really have a lot of free time. But somehow it all worked out. I found both a kindergarten and apartment in Evershagen and was able to use the remaining time before the semester started to get settled. Unpacking boxes was the easy part. But what about this “Fachsprache“? I was supposed to start teaching courses for students of Business Informatics. As a young woman I had worked for several years in the soft ware branch and was fairly computer literate, and I had taught Business English in Stralsund at the University of Applied Sciences. Would that be enough? My first week on the job made me feel that I was in the WRONG place… that they’d made a mistake in hiring me. I sat in on an oral exam where the student spoke about Keynesianism and Monetarism and how the business cycle was influenced by both endogenous and exogenous factors. WHAT? The guy could have been speaking Chinese… that’s about how much I understood. That’s when I realized what it is that makes language learning at a university so special and why the Language Center offers these “Fachsprache“ courses. “English for Specific Purposes“ — I finally understood what it meant: Students should be able to write about and discuss the same complex issues they are learning about in their lectures and laboratories in both their native language and in English. Students should not just know how to write a
Rebecca Collin, Englisch
131
RĂźckblicke
good email or project report; they should also be able to read, understand and make a solid presentation on specific subject matter related to their field of study. Now I knew where I was heading, but not how I was going there. Although I worked for several years between my B.A. and my M.A., I didn’t have a lot of business background. So after I cried my eyes out, sure the university had hired Dr. Eva-Maria Hennig the wrong person, I called my dad, (now retired) and Dr. Klaus who has both an MBA and 40 Rambow were a gold mine years of experience in the IT industry. He sent me several books of information, resources (internet was not really much and inspiration. They of an option back then) and was open to any questions. And here encouraged me when in Rostock, I asked colleagues for things were difficult. help. Dr. Eva-Maria Hennig (now retired) and Dr. Klaus Rambow were a gold mine of information, resources and inspiration. They lent me material, discussed course goals and encouraged me when things were difficult. The first few semesters I taught courses almost exclusively for the Business Informatics students. And it was ok. They learned English; I spent evenings brushing up on economics and IT terminology. Now I teach English for Economics and Business and have also taken on another field: English for Social- and Political Scientists. I am comfortable talking about those once-cryptic endogenous theories of the business cycle with the first group, and discussing the social, political and economic aspects of overweight children with the second. Looking back 12 (!) years, it is hard to imagine how scared I was. I love my job. Every semester there are new names to learn and new people to meet, new texts 132
“Fachsprache?“ What’s that and how on earth am I supposed to teach it?
to read, facts and figures to commit to memory and new data to discuss, but those are the things I enjoy most. My students are learning and so am I. And that’s why I hope that I can continue to inspire students to learn and to actively use the language for many years to come.
... and it was okay. They learned English.
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Pruchten, die große weite Welt und Fachkommunikation Marika Fleischer, Englisch / Portugiesisch Im August 1983 beendete ich mit Diplom und Staatsexamen mein Studium an der Leipziger Uni. Gemeinsam mit drei weiteren Absolventinnen des Studienganges „Lehrer für Erwachsenenbildung Portugiesisch/ Englisch“ fand ich mich, ausgestattet mit einem Arbeitsvertrag der Wihelm-Pieck-Universität Rostock, am Ende der Welt ein: in Pruchten, abseits der Straße zwischen Zingst und Stralsund. Für Ex-Studentinnen aus einer Fast-Weltstadt im Süden der Republik ein völlig abwegiger Aufenthaltsort.
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Wie kam es dazu? In den 70er und 80er Jahren entstanden vielerorts in der DDR Sprachintensivzentren, in denen Auslandskader“, sprich Fachkräfte, die für würdig befun” den wurden, aus der schönen DDR herausgelassen zu werden, um in sozialistisch oder zumindest antikapitalistisch orientierten Ländern der Dritten Welt den wirtschaftlichen Aufbau zu unterstützen, mit dem nötigen fremdsprachlichen Rüstzeug ausgestattet wurden. In Pruchten, diesem gottverlassenen Dörfchen nahe Barth, unterhielt die Universität Rostock ein Ferienobjekt, das Feriendorf Klaus ” Störtebecker“. Und dieses Objekt wurde auserkoren, sich zum Zentralen Sprach-Intensivzentrum Portugiesisch“ ” zu entwickeln. Ich erinnere mich noch, wie der damalige Leiter des Instituts für Fremdsprachen, Dr. Abendroth, uns vier Absolventinnen aufmunterte mit den Worten: Sie ” können später sagen, Sie sind von Anfang an dabei gewesen.“ Er wusste, dass Aufmunterung nötig war. Von den bereits am Institut arbeitenden Portugiesisch-Lehrkräften wollte niemand nach Pruchten gehen. So freute man sich über die Absolventinnen des ersten Jahrgangs eines extra eingerichteten Studiengangs aus Leipzig, die in Pruchten auf sich allein gestellt einen 5-Monats-Kurs mit vier Lernergruppen betrieben – dank des Absolventengesetzes und eines rührigen Ministeriumsmitarbeiters mit dem unglaublichen Namen Kaderschafka. Der hatte auch in den folgenden Jahren zu tun, denn Jahr für Jahr waren neue Absolventen aus Leipzig nötig, weil nach ein oder zwei Jahren die meisten von uns einen Weg fanden, Pruchten und die Universität Rostock wieder zu verlassen. An der Arbeit selbst lag es nicht. Sie war interessant und anregend. Gestandene Fachleute – beileibe nicht nur systemkonforme Karrieristen, durchaus auch Menschen mit Ecken, Kanten und eigener Meinung, in jedem Fall
Marika Fleischer, Englisch / Portugiesisch
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EINBLICKE
aber immer mit mehr Lebenserfahrung als wir gerade mal Mittzwanzigerinnen – bemühten sich mit unserer Unterstützung, eine wunderschöne, aber auch ziemlich schwierige Sprache zu erlernen. Durch die Kasernierung“ in Pruch” ten musste man sich wohl oder übel zusammenraufen, die Lernergruppen und wir Kursleiterinnen. Es wurde, wie damals in diesem Lande üblich, abends bei Bier und Wein viel diskutiert, und zwar viel Durch die „Kasernierung“ in politischer als heute. Dass Pruchten musste man sich wohl es unter uns mindestens einen Stasi-Zuträger geoder übel zusammenraufen, ben musste, war eigentlich allen klar. Ich kann mich die Lernergruppen und wir aber nicht erinnern, dass Kursleiterinnen. Es wurde, wie irgendjemand besonders damals üblich, viel diskutiert, vorsichtig war – auch wenn ich gelegentlich doch mal und zwar viel politischer als unterm Tisch einen Tritt heute. vors Schienbein bekam, als Hinweis, nicht ganz so unbekümmert zu reden. Wirklich ernst genommen habe ich das nicht, was, wie ich nach 1989 erkannte, ganz schön naiv war. Von negativen Folgen der abendfüllenden Gespräche habe ich aber nie etwas erfahren. Dieser Start ins Berufsleben dauerte für mich nur fünf Monate, dann kam mein erstes Kind zur Welt. Trotzdem hat mich dieses knappe halbe Jahr sehr geprägt, besonders die Anerkennung und den Respekt, den die Kursteilnehmer uns gegenüber zeigten. Sie fanden, dass wir vier unsere Arbeit gut meisterten. Wenn man das als Absolventin, frisch von der Uni, aus dem Munde von gestandenen Kapitänen, Hochschullehrern, Ärzten und Bergleuten hört, macht das stolz. Nach dem Babyjahr“ musste ich nicht wieder nach ” Pruchten zurück, dort war der nächste Absolventenjahrgang aus Leipzig eingetroffen. Ich war im Gegensatz zu anderen 136
Pruchten, die große weite Welt und Fachkommunikation
bereits mit Familie nach Rostock gekommen und wir hatten uns an der Küste eingelebt. Ich unterrichtete weiterhin in Portugiesisch-Intensivkursen, zuerst im Intensivzentrum Sanitz, später in verschiedenen Räumlichkeiten in Rostock. Zur Wendezeit waren unsere Unterrichtsräume in den Baracken am Standort Thierfelder Straße. Ein Kurs teilnehmer war Kapitän und erzählte uns, als in der Zeitung über das Kavelsdorfer Waffenlager berichtet wurde, launige Stories von Waffentransporten übers Mittelmeer. Wie gesagt, die Arbeit mit den Kursteilnehmern aus allen möglichen Branchen war immer interessant und bereichernd, die Seeleute mit ihren Erzählungen waren ein besonders exotisches Element. Nach der Wende fiel der Bedarf für die Sprachintensivkurse weg, der Bereich Portugiesisch wurde gänzlich
Pruchten – hier sollte sich das zentrale SprachIntensivzentrum Portugiesisch entwickeln
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EINBLICKE
geschlossen, und auch nur drei der Spanisch-Lehrkräfte des Spanisch-Intensivzentrums konnten bleiben. Ich wurde bereits 1985, nach Rückkehr aus dem ersten Babyjahr“, auch in der fachsprachlichen Englisch-Ausbil” dung eingesetzt. Das war eine in vielerlei Hinsicht anders artige Tätigkeit: Ich unterrichtete Studenten und nicht normale Erwachsene“, ich ” Die Teilnehmer entschließen musste mich in fachliche Themen einarbeiten – Medisich jede Woche wieder neu, zin und Landtechnik waren zur Lehrveranstaltung zu kom- meine ersten Fächer – und men. Das tut man nicht, wenn ich musste mich mit nicht man nicht motiviert ist, und die gerade familienfreundlichen Arbeitszeiten abfinden. Mit Arbeit mit motivierten StudieLetzterem haben sich meine Familie und ich irgendwann renden macht einfach Spaß. mal abgefunden, ein nicht zu unterschätzendes Problem bleiben Unterrichtszeiten nach 17 Uhr trotzdem, und zwar nicht nur für jüngere KollegInnen. Es gibt aber abgesehen davon viele Dinge, die ich an meiner Arbeit im Sprachenzentrum besonders schätze, gelegentlich rede ich sogar von einem Traumjob“: Ich ” hatte in den ersten Jahren die Gelegenheit, von einigen sehr kompetenten Kolleginnen viel zu lernen – fachlich, methodisch, menschlich –, und ich habe das genutzt. Diese in den ersten Jahren geschaffene Grundlage hat meine Arbeit geprägt, und auch heute noch ist die anregende, motivierende und kollegiale Atmosphäre charakteristisch für unser Team. Es ist mir auch bewusst, dass es eine Art Privileg ist, überwiegend in fakultativen oder wahlobligatorischen Kursen zu unterrichten: Die Teilnehmer entschließen sich jede Woche wieder neu, zur Lehrveranstaltung zu kommen. Das tut man nicht, wenn 138
Pruchten, die große weite Welt und Fachkommunikation
man nicht motiviert ist, und die Arbeit mit motivierten Studierenden macht einfach Spaß. Ein anderer Aspekt ist die Motivation durch Anspruch – an sich selbst und durch andere. Die Gefahr, zu sehr in Routine zu verfallen, ist gering: Die Sprache entwickelt sich, die Methoden der Sprachvermittlung haben sich geradezu revolutioniert, und die Erwartungen der Studierenden und Fachvertreter an unsere Kursinhalte werden zunehmend konkreter und anspruchsvoller. Nicht umsonst reden wir jetzt statt von Fachsprache von Fachkommunikation. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie angenehm überrascht und erfreut Studierende sind, wenn Sie unser Kursangebot und die Inhalte zur Kenntnis nehmen. Es zeigt aber auch unsere Schwäche: Was wir tun, ist noch immer wenig bekannt. Zu oft werden wir als universitätseigene Sprachschule“, wo man ggf. auch sein verschüttgegange” nes Englisch auffrischen kann, wahrgenommen. Fremdsprachenkenntnisse und insbesondere die Fähigkeit zur Fachkommunikation in der Fremdsprache sind aber keine Freizeitvergnügen, sie sind wichtige berufs- bzw. wissenschaftsspezifische Schlüsselqualifikationen. Etwas mehr Anerkennung dieser Funktion und der Qualität, mit der wir diese Funktion erfüllen, wäre nicht schlecht.
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Vom Banana Bond und Life-long Learning Sabine Heinzius, Englisch Als ich nur wenige Monate nach Gr체ndung der Abteilung Sprachunterricht, dem heutigen Sprachenzentrum der Universit채t Rostock, das Licht der Welt erblickte, ahnte ich nicht im Geringsten, dass mein gesamtes Berufsleben mit dieser Einrichtung verbunden sein w체rde.
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Mit einem Diplom als Lehrerin für Erwachsenenbildung Russisch/Englisch der Universität Leipzig in der Tasche kam ich Mitte der 1970er Jahre an die Universität Rostock, und auch wenn sich der Name des Sprachenzentrums von Zeit zu Zeit änderte, blieb das Hauptanliegen immer gleich: die Vermittlung fundierter studien- und fachbezogener Kenntnisse für Hörer aller Fakultäten unter Nutzung moderner Lehr- und Lernmittel und didaktischer Methoden. Zunächst erhielt ich eine Anstellung als wissenschaft” liche Phonothekarin“, d. h., zu meinen Dienstaufgaben gehörte neben der Erteilung von fachbezogenem Sprachunterricht das Erstellen und Kopieren von Tonaufnahmen sowie die Durchführung des angeleiteten Selbststudiums für Russisch und Englisch. Mit den Aufnahmen allein war es jedoch nicht getan: Die Tonbänder mussten in gutem Zustand gehalten werden – sogenannter Bandsalat war nicht selten – die Skripte mussten mit der Schreibmaschine getippt werden, Durchschläge mussten zur Verfügung gestellt werden. Kopierer gab es noch nicht, so dass die Durchschläge hinsichtlich ihrer Qualität wahrlich nicht als optimal bezeichnet werden konnten. Obwohl ein Teil meines Studiums theoretisch auf die Anforderungen der Fachsprachenausbildung an Hoch- und Fachschulen ausgerichtet war, sah die Praxis ganz anders aus. Wie sollte man beispielsweise die Transformationsgrammatik von Graustein/Thiele vermitteln, wo die Studierenden zum Teil schon große Mühe mit den Begriffen der traditionellen Grammatik hatten? Was wusste ich als frischgebackene Hochschulabsolventin von Tier- und Pflanzenproduktion, von Chemie oder Schiffstechnik, und das auch noch in Russisch und Englisch! Wie sollte man mit dieser Bandbreite an Fächern zurechtkommen, sich das nötige Fachvokabular und zumindest einen Ansatz von
Sabine Heinzius, Englisch
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5,5
25 Der Sprachbereich Englisch verfügt vor der Wende noch über 25 Planstellen, heute sind es 5,5
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Fachwissen aneignen und überdies die Fachsprache auch noch kompetent vermitteln? Zum Glück fand ich in vielen Fällen Unterstützung und Ermutigung bei meinen Kolleginnen und Kollegen sowie bei Fachvertretern der einzelnen Fakultäten, die kurzerhand Führungen durch eine landwirtschaftliche Versuchsstation oder ein chemisches Labor organisierten. Sogar zu einer landwirtschaftlichen Messe wurde ich geschickt, allerdings mit der Maßgabe, über neueste ackerbauliche Geräte Bericht zu erstatten. Bis zur Wende war die Sprachausbildung fester Bestandteil im Lehrplan der Studierenden, und wer promovieren wollte, musste in der Regel Sprachkenntnisse auf dem Niveau der Sprachkundigenausbildung IIa nachweisen. Letzteres erwies sich für mich als ein ausgesprochener Glücksfall, da ich auf diese Weise die dringend benötigte Nachhilfe“ auf dem Gebiet der Chemie erhalten konnte. ” In den 1990er Jahren wurde die Sprachausbildung aus den Curricula verbannt, die Studierenden sollten ihre Sprachkenntnisse anderweitig erwerben, das Sprachenzentrum kämpfte um sein Überleben. Gab es im Sprachbereich Englisch vor der Wende zirka 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so fiel die Zahl dramatisch auf gegenwärtig 5,5 Planstellen, was ebenfalls eine Verteilung aller anfallenden Lehr- und administrativer Aufgaben auf immer weniger Schultern zur Folge hatte. Für mich bedeutete das die zusätzliche Übernahme der Englischausbildung für Biologen, Physiker und Bauingenieure. Teilweise vorhandene Lehrbücher entsprachen vom Niveau her nicht mehr den Anforderungen an einen qualitativ anspruchsvollen Sprachunterricht, die Konzeptionen und Lehrmaterialien mussten an die Standards von UNIcert® und des GER angepasst und die Ausbildung mit Einführung der Bachelorund Masterstudiengänge modularisiert werden. Mit anderen Worten, die Situation, ständig neues Lehrmaterial
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zu entwickeln, hat sich ebenso wenig geändert wie die Herausforderung, den Unterricht fachbezogen zu gestalten. Routine kann sich dabei kaum einstellen und man ist immer wieder mit Fragen konfrontiert wie Entspricht ” mein Lehrmaterial der geforderten Niveaustufe? Welche Themen, welche Textsorten spielen eine Rolle in den einzelnen Fachdisziplinen? Welches Fachwissen bringen die Studierenden mit? Welche Anregungen kann ich ihnen geben, um die Sprache als Mittel zum Zweck zu nutzen? Wie kann ich moderne Unterrichtsmittel wie Lernplattformen, E-Learning- und Blended-Learning-Module in sinnvoller Weise integrieren und wie komme ich mit ihnen zurecht? Welches Rüstzeug, sprich Kompetenzen, muss ich den Studierenden mitgeben, damit sie im Berufsleben bestehen können?“ Kaum ein Lernender hat eine Vorstellung davon, wie viel Mühe und Qual, wie viel Enthusiasmus und Herzblut in jeder Übung stecken. Im Gegensatz zum Beginn meiner Tätigkeit am Sprachenzentrum steht heute das Internet mit allen Facetten von Fluch und Segen als unerschöpfliche Informationsquelle zur Verfügung. Einerseits ist die Vorbereitung auf den Unterricht leichter geworden, da man schnell Zugriff auf die gewünschte Fachinformation hat. Andererseits erweist es sich oft als problematisch aus der riesigen Menge an Material etwas auszuwählen, was dem sprachlichen und fachlichen Kenntnisstand der Studierenden entspricht und keinen Beschränkungen durch das Urheberrecht u. ä. unterliegt. Hat man dann mit viel Zeitaufwand einen geeigneten Text gefunden, ihn didaktisch gut aufbereitet und der Niveaustufe entsprechende Aufgabenstellungen entwickelt, kann alle Mühe zunichte gemacht werden, wenn die Studierenden es sich einfach machen und durch ein oder zwei gezielte Mausklicks die Lösung im Internet abrufen. 143
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Und trotzdem haben viele Studierende schon immer den Nutzen erkannt, gute allgemein-wissenschaftliche und fachsprachlich-orientierte Sprachkenntnisse und Kompetenzen an der Hochschule erwerben zu können. So hat sich die Studierendenschaft, wann auch immer es notwendig war, mit Vehemenz für den Erhalt des Sprachenzentrums mit einem möglichst breiten Sprach- und Kursangebot eingesetzt. Zunehmend forderten und fordern die Studierenden der einzelnen Fachrichtungen die Anerkennung Die Studierendenschaft hat von fachsprachlich-oriensich, wann auch immer es tierten Englischkursen als notwendig war, mit Vehemenz integralen Bestandteil ihrer Fachausbildung, was unter für den Erhalt des Sprachenanderem von mehreren Instizentrums mit einem möglichst tuten der Mathematisch-Nabreiten Sprach- und Kursange- turwissenschaftlichen Fakultät inzwischen umgesetzt bot eingesetzt. wurde. Ehemalige Studierende, die nun als Fachvertreter wichtige Funktionen an ihren Instituten wahrnehmen, sind sich durchaus der Bedeutung einer fundierten fachsprachlichen Englischausbildung ihrer Studierenden bewusst und fördern diese ganz bewusst. Die Etablierung des Sprachenzentrums als eine feste Größe an der Universität äußert sich nicht zuletzt in einer enormen Verbesserung der Arbeitsbedingungen seit Oktober 2000, als unsere Einrichtung in modern ausgestattete Büro- und Unterrichtsräume in der Ulmenstraße 69 umziehen konnte. Denn obwohl das Sprachenzentrum bereits Anfang der 1970er Jahre über einige gut ausgestattete Sprachlabore verfügte, war die Raumsituation alles andere als erfreulich. Die Unterrichtsräume waren über ganz Rostock verteilt und man hatte oft zu tun, pünktlich von einem Ort zum anderen zu gelangen. Auch die Ausstattung 144
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war teilweise sehr abenteuerlich. So konnte es durchaus passieren, dass man in der Sportwissenschaft Englisch für Studierende der Pflanzenproduktion lehrte und dabei zwischen einem menschlichen Skelett und einem männlichen Muskelmodell stand, das auch noch den linken Arm ausstreckte, so dass man ständig aufpassen musste, nicht mit ihm zu kollidieren. Naserümpfende Passagiere in Bus und Bahn waren ein untrügliches Zeichen dafür, dass man den Duft der Chemie“ und nicht den der weiten Welt nach ” Hause trug und dort noch tagelang das Lehrmaterial an seinem Geruch identifizieren konnte. Zurückschauend kann ich sagen, dass ich sicherer und gelassener im Umgang mit den Herausforderungen des fachsprachlich-orientierten Englischunterrichts geworden bin, dass ich inzwischen z. B. weiß, was ein banana bond“ ” ist und was es mit Schrödingers Katze auf sich hat; ich habe gelernt, dass die Stahlarmierung im Beton verrödelt wird und im chemischen Labor Substanzen dargestellt und nicht hergestellt werden. Trotzdem gilt es, sich immer wieder auf Neuerungen einzustellen, denn life-long Learning trifft heute für Lehrende und Lernende, für Berufseinsteiger und alte Hasen“ gleichermaßen zu. Obwohl es wichtig ist, ” jederzeit für neue Wege in der Sprachausbildung offen zu sein, mit Enthusiasmus zu versuchen alle Hürden der Fachsprache zu nehmen und den Tücken der Technik durch Plan A, B und C zu trotzen, ist es in meinen Augen noch viel wichtiger, Anteil an der persönlichen und beruflichen Entwicklung der Studierenden zu nehmen, ehrliches Interesse an ihrem Fortkommen zu haben und ihnen dieses auch zu kommunizieren. Die Freude, die ein positives Feedback seitens der Studierenden auslöst, wiegt jedes graue Haar tausendfach auf und macht den eigentlichen Reiz meiner Tätigkeit am Sprachenzentrum aus.
Banana Bond“ ist ” ein Terminus aus der Chemie und bezieht sich auf eine Verbindung von Atomen, vor allem bei ringförmigen Molekülen
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60 Jahre Sprachenzentrum – 60 Jahre Russischausbildung Dr. Ingolf Hodl, Russisch Wenn ein Mensch seinen 60. Geburtstag feiert, ist im Allgemeinen das Ende seiner beruflichen Arbeitszeit absehbar. Wird eine Institution 60, bedeutet das Stabilität und eine wahrscheinlich noch lange „Arbeitszeit“.
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Seit über 20 Jahren, also mehr als einem Drittel seiner Existenz, bin ich Mitarbeiter im SZ (ehemals Institut für ” Angewandte Sprachwissenschaften“), bedingt durch den 1992 erfolgten Zusammenschluss der Universität Rostock und der Pädagogischen Hochschule Güstrow, wo ich zuvor schon 12 Jahre als Russischlehrer tätig war. Dieses letzte Drittel war – wegen der Wende- und Nachwendezeit – sicher die turbulenteste, an Veränderungen reichste und mit seinen Höhen und Tiefen aufregendste Zeit für das SZ im Ganzen und seine Mitarbeiter im Einzelnen. In ganz besonderem Maße traf das für das Lektorat Russisch zu, wo es besonders in den 90er Jahren m. E. die gravierendsten Veränderungen und – im Vergleich zu den anderen Sprachbereichen – gegenläufige Tendenzen zu verzeichnen gab. Von anfänglich fünf hauptamtlichen Russischlehrern bin ich als Einziger übrig geblieben, während andere Sprachbereiche personell anwuchsen bzw. neu entstanden. Unterrichtete ich Anfang der 90er Jahre zeitweise 2-3 Parallelgruppen der Vertiefungsstufe Russisch für Juristen“ ” (UNIcert III), weil fast alle Studenten mit Russisch-Abitur zur Universität kamen, reduzierten sich dann Anzahl und Sprachniveau der Russischkursteilnehmer Jahr für Jahr. Russisch war in den Schulen und an den Universitäten kein Pflichtfach mehr, und andere Sprachen wurden auch wegen der neuen Reisefreiheit attraktiver. Kurios und bedauerlich an dieser Entwicklung ist der Umstand, dass zu DDR-Zeiten alle Schüler und Studenten Russisch lernten (lernen mussten), es aber kaum praktische Anwendungsmöglichkeiten der erworbenen Sprachkenntnisse gab. Heute dagegen ist es umgekehrt: Die wenigsten lernen (in der Schule) die russische Sprache, obwohl es viele Mög-
Dr. Ingolf Hodl, Russisch
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lichkeiten gäbe, sie zu nutzen. Die am häufigsten gehörte Fremdsprache auf Rostocker Straßen ist Russisch – wegen der großen Anzahl russischer und russischsprachiger Aussiedler. Auch an der Universität bilden die russischen Muttersprachler jedes Jahr eine der größten ausländischen Studentengruppen. Durch die seit 16 Jahren bestehende Zusammenarbeit des Lektorats Russisch mit der Staatlichen Uraler Universität für Wirtschaft in Jekaterinburg gab und gibt es für unsere Studenten weitere Möglichkeiten, russische Muttersprachler zu erleben, aktuelle landeskundliche Informationen über Russland zu bekomDurch die seit 16 Jahren bemen und gegebenenfalls das eine oder andere Vorurteil zu stehende Zusammenarbeit revidieren. des Lektorats Russisch mit Russland ist einer der wichtigsten Handelspartner der Staatlichen Uraler Unifür Deutschland und durch versität für Wirtschaft in Jeseine unendliche Weite auch katerinburg gab und gibt es ein wunderschönes Reiseland. Das scheinen auch für unsere Studenten weitere wesentliche Gründe für die Möglichkeiten, russische erfreuliche Zunahme an Russischkursinteressenten in den Muttersprachler zu erleben. letzten Jahren zu sein. Auch wenn die mit Abstand meisten von ihnen Grundkursteilnehmer sind, so kann positiv konstatiert werden, dass seit dem Studienjahr 2012/13 wieder ein Russischkurs der Aufbaustufe läuft – teilweise mit Teilnehmern, die bei uns ihre Grundkenntnisse erwarben. Wenn ich zu Beginn erwähnte, der einzige hauptamtliche Russischlehrer zu sein, so bedeutet das glücklicherweise nicht, dass ich absoluter Alleinkämpfer bin. Mit der Lehrbeauftragten Anna Lenk steht mir seit ein paar Jahren 148
60 Jahre Sprachenzentrum – 60 Jahre Russischausbildung
eine Russisch-Muttersprachlerin und sehr engagierte junge Kollegin zur Seite, mit deren Hilfe wir den Bedarf an Grundkursen abdecken können und ich die Gelegenheit habe, regelmäßig russisch zu kommunizieren. Dieser 60. Geburtstag ist der dritte runde Jahrestag, den ich als Mitarbeiter des SZ miterlebe. Während der 40. SZ-Geburtstag in der unmittelbaren Nachwendezeit etwas unterging und die Zeit um den 50. Jahrestag durch fragwürdige politisch-arbeitsrechtliche Maßnahmen überschattet wurde (zunächst die Erhöhung des Lehrdeputats um 25% – und dann quasi als Ausgleich“ die Degradie” rung mehrerer Wissenschaftlicher Mitarbeiter mit einhergehender Gehaltsherabstufung), ist das diesjährige Jubiläum ein uneingeschränkt positives Ereignis.
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Hej och hjärtligt välkommen till Svenska lektoratet! Helen Johansson-Holze, Schwedisch Guten Tag und herzlich willkommen im Lektorat Schwedisch! Als Leiterin des Lektorats mÜchte ich mich und uns vorstellen und einen Einblick in unsere Arbeit geben.
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Inzwischen kann ich auf 14 Jahre Lehrtätigkeit zurückblicken. Aus der Universitätsstadt Uppsala stammend, bin ich über Umwege 1995 in Rostock gelandet. 1999 bekam ich meinen ersten Lehrauftrag am Sprachenzentrum. Damals war Dr. Horst Hein für das Lektorat Schwedisch verantwortlich, und er hat Studierenden mehrerer Generationen die schwedische Sprache beigebracht. Es hat viel Spaß gemacht, mit ihm zusammenzuarbeiten. Im Jahr 2003 hatte ich das Glück, seine Stelle übernehmen zu können. Dies war wegen der damaligen Sparrunde an der Universität keineswegs selbstverständlich. Eine Person allein reicht nicht aus, um die Nachfrage nach unseren Kursen zu decken. An meiner Seite habe ich nette, engagierte und kompetente Lehrbeauftragte, ohne die das breite Angebot des Lektorats Schwedisch nicht möglich wäre. Unser Team besteht derzeit aus vier Personen: Anita Björk-Pagel stammt aus der südschwedischen Universitätsstadt Linköping; Uta Mehl, Heide-Marlen Tiedje und Heike Weltzien haben in Greifswald Skandinavistik studiert und verfügen über mehrjährige Unterrichtserfahrung.
Helen Johansson-Holze, Schwedisch
wozU schweDIsch leRnen?
Wenn ich erzähle, wie viele Studenten sich jedes Semester für unsere Schwedischkurse einschreiben, sind viele überrascht. Noch größer aber ist das Staunen meiner Landsleute über das große Interesse der Deutschen, eine so kleine und ,exotische‘ Sprache wie Schwedisch zu lernen! Seit langer Zeit hat die schwedische Sprache Rückenwind, und das nicht nur in Rostock. Sicherlich profitieren wir vom positiven Bild, das in Deutschland von dem Nachbarland jenseits der Ostsee vorherrscht. Auch die gemeinsame Geschichte, vor allem hier im Nordosten, spielt eine 151
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Seit langer Zeit hat die schwedische Sprache Rückenwind, und das nicht nur in Rostock. Sicherlich profitieren wir vom positiven Bild, das in Deutschland von dem Nachbarland jenseits der Ostsee vorherrscht. Auch die gemeinsame Geschichte, vor allem hier im Nordosten, spielt eine Rolle.
Rolle. Schließlich ist Schweden ein beliebtes Urlaubsland, und schwedische Unternehmen und Produkte genießen in Deutschland einen guten Ruf. Für die Studierenden gibt es mehrere Gründe, gerade Schwedisch zu lernen. Viele haben schon oft in Schweden ihren Urlaub verbracht. Einige planen, ein oder zwei Semester an einer schwedischen Universität oder Hochschule zu studieren. Andere streben an, dort ein Praktikum zu machen. Der eine oder die andere spielt sogar mit dem Gedanken, nach Schweden auszuwandern oder sich zumindest für eine längere Zeit dort aufzuhalten. Auf dem deutschen Arbeitsmarkt können Schwedischkenntnisse ebenfalls ein Plus sein. Unsere Kurse und die Teilnehmer
Für die meisten, die unsere Kurse besuchen, ist die Teilnahme fakultativ, andere belegen Schwedisch, weil ihnen die Studienordnung den Erwerb einer dritten Fremdsprache vorschreibt. Somit haben wir es mit motivierten und aufgeschlossenen Studierenden zu tun. Natürlich gibt es Ausnahmen, diese lassen sich jedoch in all diesen Jahren an einer Hand (oder vielleicht an zwei Händen) abzählen. In unseren Kursen gibt es eine gute Mischung aus Studierenden aller Fakultäten, was sich positiv auf die Lernatmosphäre auswirkt. Wir bieten Kurse auf allen Niveaustufen an, wobei die 152
Hej och hjärtligt välkommen till Svenska lektoratet!
Nachfrage im Anfängerbereich am größten ist. Einige schaffen es aber tatsächlich, alle neun Kurse zu absolvieren und damit die höchste Niveaustufe, das Zertifikat UNIcert® III, zu erlangen. Eine beeindruckende Leistung! Es gibt auch recht viele Quereinsteiger, die die Sprache in der Schule oder an der VHS gelernt haben und ihre Kenntnisse bei uns vertiefen wollen. Was erwartet unsere Kursteilnehmer am Sprachenzentrum?
Zunächst einmal geht es darum, die Grundlagen der Sprache zu vermitteln, damit die Studierenden in Schweden – an der Universität wie im Arbeitsalltag – zurechtkommen. Schon bald ist der Lernzuwachs spürbar. Die auffällige Ähnlichkeit der beiden Sprachen darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es einige ,falsche Freunde‘ gibt, wie beispielsweise semester (Urlaub) und termin (Semester). Auch die schwedische Grammatik hat ihre Tücken. Es gibt nur zwei Artikel, en und ett, aber auch die müssen gelernt werden. Die erste große Hürde stellen normalerweise die Pluralformen dar. Im Deutschen gibt es zwar genau so viele Möglichkeiten den Plural zu bilden, in der Muttersprache läuft dieser Lernprozess aber eher unbewusst ab. Die Aussprache ist manchmal auch nicht ganz einfach. Nach wenigen Wochen wissen unsere Teilnehmer aber schon, wie man köttbullar und Göteborg richtig ausspricht.
Schwedisch im Aufwind: Die Sprache gehört zu den beliebtesten am Sprachenzentrum
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Auch schwedische Feste spielen eine wichtige Rolle in der Vorbereitung auf einen Auslandsaufenthalt
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Und der sch-Laut lässt sich wunderbar am Zungenbrecher Sju skönsjungande sjuksköterskor sköter sjuttiosju sjösjuka ” sjömän på det sjunkande skeppet Shanghai“ üben. Neben der Sprache geht es darum, ihnen die kulturellen Besonderheiten und Unterschiede näher zu bringen. Wichtig ist die Anrede, die ungewohnt ist: in Schweden kann man (fast) jeden mit Du anreden (nur die Mitglieder der königlichen Familie und der Premierminister sind davon ausgenommen). Auch die Mentalität unterscheidet sich in einigen Punkten: Der Schwede sagt gern: Ta det lugnt – Nimm es mit der Ruhe! Und viele Schweden lieben es, Kompromisse zu schließen. Bei wichtigen Entscheidungen werden alle Betroffenen miteinbezogen, weswegen es etwas länger dauern kann, bis eine Entscheidung gefällt wird. Kritik sollte immer zurückhaltend und höflich geäußert werden, zuviel Direktheit wird meistens nicht geschätzt. Dieses und anderes wird im Unterricht thematisiert, da es auf allen gesellschaftlichen Ebenen relevant ist. Gegenstand des Unterrichts sind auch die Feste, die gefeiert werden. Von Mittsommer und Lucia hat wohl jeder gehört. Bei uns erfahren die Studierenden aber auch, warum der 30. April ein wichtiges Datum ist. Ein weiteres Thema ist die Bedeutung der Kaffeepausen, nicht zuletzt an der Universität und im Berufsalltag! Schließlich wird in unseren Kursen ab und zu gesungen, denn das Singen nimmt in Schweden eine wichtige Rolle ein. Das gilt auch für das studentische Leben! Es ist also von Vorteil, wenn man ein paar schwedische Lieder kennt und mitsingen kann. Trotz einiger Mühen: die Bilanz fällt positiv aus! Gewiss hat die Arbeit einige weniger erfreuliche Seiten wie die Überarbeitung der Lehrpläne und die Durchführung von Prüfungen. Diese Aufgaben gehören aber zu unserem Beruf dazu. Darüber hinaus nehmen die administrativen Aufgaben immer mehr Zeit in Anspruch. Auch wenn wir es mit
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erwachsenen Lernern zu tun haben, ist es leider manchmal notwendig, an die zu erledigenden Hausaufgaben und die Fehlzeiten zu erinnern. Auch das kostet ein wenig Kraft. Und trotz guter Vorbereitung läuft es nicht immer so, wie man es sich als Kursleiterin vorgestellt hat. Doch die positiven Seiten überwiegen: Langeweile und Routine kommen bei dieser Arbeit nur selten auf, da jede Gruppe anders ist. Gruppendynamik ist ein spannendes Thema! Es ist eine Herausforderung, auf dem Laufenden zu bleiben, denn die Sprache verändert sich sowohl im Wortschatz als auch in der Grammatik. Außerdem gilt es zu verfolgen, was in der schwedischen Gesellschaft passiert. Welche Themen sind gerade aktuell? Folglich werden die Lerninhalte kontinuierlich überarbeitet. Es ist immer wieder eine Freude, die Fortschritte der Studierenden zu sehen. Besonders freuen wir uns mit denjenigen, die einen Studienplatz in Schweden bekommen oder mit viel Ausdauer einen Praktikumsplatz gesucht und gefunden haben. Vor Ort stellen sie fest, dass sie in unseren Kursen auf das Auslandsstudium oder auf das Praktikum sprachlich gut vorbereitet wurden und das Gelernte anwenden können. Sie kehren begeistert zurück und schwärmen von ihrem Schweden-Aufenthalt. Damit werden sie zu Botschaftern beider Länder, Multiplikatoren, die ihre Erfahrungen und Kenntnisse an andere weitergeben. 155
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Hej och hjärtligt välkommen till Svenska lektoratet!
Einige wählen für ihre Bachelor- oder Masterarbeit ein Thema mit Bezug zur schwedischen Gesellschaft. Manche Studierende entscheiden sich für eine Masterausbildung in Schweden. Wir lernen auch von unseren Kursteilnehmern, sei es durch gute Tipps, die sie uns geben, oder durch ihre Fragen, die Neugierde weckt, sich kundig zu machen. Kurz: Die Begeisterung der Studierenden ist ansteckend, gibt neue Kraft und lässt die Probleme und Mühen in den Hintergrund rücken. Unsere Wünsche für die Zukunft?
Möge das Interesse an der schwedischen Sprache auch weiterhin groß bleiben. Es wäre schön, wenn wieder mehr höhere Kurse zustande kämen. Bei der hohen Auslastung wäre es hilfreich, wenn das Lektorat noch eine halbe feste Stelle bekommen könnte. Zum Schluss möchten wir dem Sprachenzentrum ganz herzlich zum 60. Geburtstag gratulieren und einen Toast aussprechen: Grattis på 60-årsdagen, kära ” Språkcentrum! Skål!“
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„Unser Sprachenzentrum bietet sehr flexible und hochwertige Kurse an, die günstig sind und Studenten jeder Fakultät Spaß machen können.“ stepan sokol (englisch), englisch für Maschinenbau im wintersemester 2012/13
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Selbstinterview Cornelia Kirsten, Englisch Hendrikje Paarmann, Deutsch als Fremdsprache Andrea Ruth, Englisch/E-Learning
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Seit wann arbeitet ihr am Sprachenzentrum und in welchem Bereich? Cornelia Kirsten: Ich habe 2007 am Sprachenzentrum angefangen. Ich unterrichte Englisch und Spanisch. Andrea Ruth: Ich gehöre auch zum Sprachbereich Englisch und kümmere mich seit 2010 schwerpunktmäßig um E-Learning. Hendrikje Paarmann: Ich bin zuständig für den Bereich Deutsch als Fremdsprache und gehöre schon fast zu den Älteren hier, denn ich wurde 2003 am Sprachenzentrum angestellt. Damals wurde das Sprachenzentrum gerade 50 Jahre alt. Ich kann mich noch gut an die Festveranstaltung im September erinnern.
Cornelia Kirsten, Englisch
Warum wolltet ihr am Sprachenzentrum arbeiten? A: Ich kannte das Sprachenzentrum schon vom Studium und habe Sprachkurse besucht. Später habe ich selbständig bei verschiedenen Trägern gearbeitet, unter anderem aber auch als Lehrbeauftragte am Sprachenzentrum. Mir hat die freundliche und offene Atmosphäre gut gefallen. C: Bei mir war es ähnlich, ich habe als Lehrbeauftragte Spanisch-Kurse gegeben. Außerdem wollte ich in der Erwachsenenbildung bleiben. H: Ich habe vorher schon an verschiedenen Universitäten im Ausland gearbeitet. Als ich zurück nach Deutschland gekommen bin, habe ich wieder nach einer universitären Stelle gesucht, weil ich zum einen weiter mit Studenten arbeiten und zum anderen in Mecklenburg-Vorpommern, meiner Heimatregion, bleiben wollte. Die Stelle hier in Rostock war für mich wie ein Sechser im Lotto. Jetzt kann ich dort arbeiten, wo andere Urlaub machen.
Andrea Ruth, Englisch/E-Learning
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Was zeichnet die Arbeit am Sprachenzentrum aus? H: Die Arbeit hier ist innovativ und abwechslungsreich. Es gibt einfach keinen Stillstand. Wir haben ein tolles Team, in dem sich jeder nach seinen Möglichkeiten einbringen kann. Und nicht zuletzt haben wir eine engagierte Leiterin, die auch auf der menschlichen Ebene für eine tolle Arbeitsatmosphäre sorgt. A+C: Ja, das sehen wir genauso. C: Außerdem gefallen mir die Herausforderungen und die Vielfalt der Aufgaben des Berufsalltages. Jeder kann weitestgehend selbständig arbeiten und trotzdem herrscht eine Atmosphäre, in der man sich gegenseitig inspiriert und unterstützt. A: Ich kann hier eigenständig und konzeptionell arbeiten, was ich sehr mag. Besonders im Bereich Neue Medien gibt es einen großen Handlungsspielraum und viele Gestaltungsmöglichkeiten. Das wird auch durch unsere Chefin sehr unterstützt. An welchen Projekten arbeitet ihr zurzeit? A: Momentan ist eines unserer wichtigsten Projekte Stu” dium Optimum“. Wir entwickeln mit dem interaktiven Sailcompass“ eine Plattform zur besseren Orientierung ” für internationale Studierende. Wir beschreiten für dieses Projekt ganz neue Wege im Bereich E-Learning und können dadurch Dinge realisieren, die vorher nicht möglich waren. H: Andrea, vergiss nicht Seagull“. ” A: Ach ja Seagull“ – unser Projekt mit der Uni Greifs” wald. Im Rahmen dieses EU-Projekts entwickeln wir zusammen mit den Kollegen Arbeitsblätter für eine Tandem-Datenbank, die später 12 Sprachen umfassen wird. 160
Selbstinterview
C: Die Erstellung der Arbeitsblätter macht mir persönlich großen Spaß und mit diesem Projekt werden wunderbare Möglichkeiten eröffnet, unser Tandem-Programm zu erweitern und beleben. H: Ich finde, dass dieses Projekt auch eine gute Möglichkeit für die ausländischen Studierenden sein kann, sich auf einen Aufenthalt in Deutschland vorzubereiten. Mein größtes Projekt ist allerdings das Austauschprogramm mit unserer Partneruniversität Dalian in China. Seit einigen Jahren kommen regelmäßig Studenten von dort ans Sprachenzentrum, um ihr 3. Studienjahr in Deutschland zu verbringen. Wir versuchen ihnen einen unvergesslichen Aufenthalt zu bereiten und nicht nur die Sprache, sondern auch Land und Leute näherzubringen. C: Ich bin gerade dabei das Projekt Werbefilm für das Sprachenzentrum abzuschließen. Mit diesem Film wollen wir unser Sprachenzentrum präsentieren. Außerdem mache ich zurzeit eine Ausbildung zum Intercultural Trainer, womit wir das Angebot des Sprachenzentrums den Bedürfnissen einer globalisierten Welt anpassen können. Warum sollten eurer Meinung nach Studierende einen Sprachkurs am Sprachenzentrum besuchen? A: Weil ich denke, dass sie später nie wieder eine so gute, qualitativ hochwertige und fundierte, aber dennoch kostengünstige Sprachausbildung bekommen werden. C: Insbesondere für den Bereich Englisch fällt mir sofort die fachsprachliche Orientierung der Kurse ein. Man kann natürlich überall Englisch lernen, aber nur am Sprachenzentrum gibt es spezielle Sprachkurse für Maschinenbauer, Mediziner, Agrarwissenschaftler usw. 161
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H: Die ausländischen Studierenden kommen häufig in erster Linie hierher, um die deutsche Sprache zu lernen. Unsere Sprachkurse helfen ihnen, sich im alltäglichen und universitären Leben zurechtzufinden. Eigentlich muss ich die ausländischen Studierenden nicht überzeugen. Sie wissen wie wichtig ein guter Sprachkurs für sie ist. Das Sprachenzentrum wird 60 Jahre alt. Es ist damit das zweitälteste Sprachenzentrum in Deutschland. Hat das einen Einfluss auf eure Arbeit? C: Definitiv. Wir verschwenden keine Zeit mit strukturellen Organisationsprozessen, die in neu gegründeten Einrichtungen die Arbeit erschweren. H: Wir merken auch immer wieder, wie wichtig die langfristige Einbettung des Sprachenzentrums in die bestehenden Strukturen an der Universität Rostock ist. Außerdem profitieren wir auch im Bereich der Internationalisierung von den über Jahre gewachsenen Beziehungen. A: Ja, ich kann euch nur zustimmen. Ich finde außerdem, dass wir in unserer täglichen Arbeit sehr von der Erfahrung unserer älteren Kollegen profitieren. Es ist gut, wenn man darauf hingewiesen wird, wenn das Rad ein zweites Mal erfunden wird. Unsere älteren Kollegen stehen uns jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Welche Entwicklung seht Ihr in den kommenden 10 Jahren? H: Ich kann ja schon auf die letzten 10 Jahre am Sprachenzentrum zurückblicken. Wenn ich daran denke, wie ich angefangen habe, dann kann ich eine Tendenz sehr klar erkennen: die modernen Medien. Ich nehme 162
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an, dass die Entwicklung in diesem Bereich auch in den nächsten 10 Jahren unsere Arbeit verändern und bereichern wird. Außerdem hat sich die Universität die Internationalisierung auf die Fahnen geschrieben. Ich denke, dass zukünftig noch mehr ausländische Studierende und Wissenschaftler nach Rostock kommen oder deutsche Studierende ins Ausland zum Studium oder zum Praktikum gehen werden. A: Ich beobachte bereits heute, dass auch den Studenten immer deutlicher wird, wie wichtig gute Fremdsprachenkenntnisse, insbesondere Englischkenntnisse, sind, und ich denke, dass sich dies in Zukunft eher noch verstärken Zukünftig werden noch wird. mehr ausländische C: In diesem Zusammenhang Studierende und Wissenhoffe ich auch, dass nach den Anlaufschwierigkeiten in der Verein- schaftler nach Rostock barung von Modularisierung und kommen oder deutsche Bologna-Prozess die Studierenden wieder häufiger in Vorberei- Studierende ins Ausland tung auf einen Auslandsaufent- zum Studium oder zum halt zu uns kommen werden. Der Praktikum gehen. Sprachunterricht orientiert sich immer stärker an Kompetenzen und Schlüsselqualifikationen um die Studierenden besser auf die Anforderungen im Berufsalltag vorzubereiten. Insgesamt rückt das lebenslange Lernen immer stärker in den Mittelpunkt unserer Arbeit.
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Latein am Sprachenzentrum – TRADITIO ET INNOVATIO Friederike Neumeyer, Latein Trotz des in der Lehrphilosophie postulierten Anspruchs einer Ausrichtung auf fach– und berufsrelevante Inhalte der Sprachausbildung gibt es Latein am Sprachenzentrum als Serviceeinrichtung der Universität Rostock seit 60 Jahren.
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Mag dieser Anspruch zwar auf die Vermittlung der Medizinischen Terminologie passen, muss man aber sagen, dass die Fachsprache auf das äußerste Minimum reduziert wurde 1, Lateinunterricht ist das nicht. Dass ein Theologe oder ein Archäologe im späteren Beruf Latein lesen können sollte, versteht sich von selbst, aber die große Masse der Studierenden, die in übervollen, 2-semestrigen 2 Kursen mit intensivem Zeit- und Arbeitsaufwand auf das Latinum hinarbeitet, kommt aus dem Fach Geschichte und wird hier mit der ersten intellektuellen Herausforderung ihres Studiums konfrontiert. Im Auftrag der Philosophischen Fakultät und auch in enger Zusammenarbeit bei der Erarbeitung der Lehrinhalte wird in diesen Latinumskursen keine berufspraktische Kompetenz, sondern Grundlagenbildung vermittelt – eigentlich Aufgabe des Gymnasiums. So wird ein kleiner Beitrag zur allgemeinen Menschenbildung“ geleistet, wie der ” Präsident der Universität Hamburg Dieter Lenzen formulierte, als er die aus der Bologna-Deklaration von 1998 … ” erfolgte Ableitung einer unbedingten Forderung nach ,Beschäftigungsfähigkeit‘ der Hochschulabsolventen“ beklagte und die damit verbundene fast vollständige Transforma” tion des universitären Auftrags … weg von der ,allgemeinen Menschenbildung durch Wissenschaft‘, hin zur Berufsausbildung“ 3 feststellte.
Friederike Neumeyer, Latein
1 Von vorher 60 std. auf 15 std. im zuge der einführung der neuen Approbationsordnung vom 27. Juni 2002 2 Für studierende ohne Vorkenntnisse: grundkurs 90 std./6 sws im 1. semester und Lektürekurs 90 std./6 sws im 2. semester 3 Dieter Lenzen: humboldt aufpoliert. Kann ein studium Bildung und Ausbildung zugleich sein? in: http://www.zeit.de/2012/12/ studium-Ausbildung
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Latein als Bestandteil der europäischen Tradition erschließt die Tiefen der Geschichte, Jahrhunderte europäischer Geschichte, in denen es Welt- und vor allem Wissenschaftssprache war. Die lateinische Literatur, aufgrund der fehlenden Kenntnisse der griechischen Sprache gleichzeitig Vermittlerin der griechischen, hat die gesamte europäische Geistesgeschichte stark beeinflusst. Außerdem vermittelt sie fundiertes Wissen über die gemeinsame griechisch-römische Basiszivilisation Europas. Die Quelle aller Geschichte ist Tradition, und das ” Organ der Tradition ist die Sprache.“ 4 Diese bemerkenswerte Feststellung von Friedrich Schiller könnte der Leitspruch sein für die Mühe, in der für den Erwerb von grammatischen Grundkenntnissen äußerst knapp bemessenen Zeit den Studierenden den Weg von sicherer Formenkenntnis über genaue Analyse der Satzstruktur hin zu tiefgründiger Interpretation der lateinischen Texte und angemessener deutscher Formulierung der komplexen Sachverhalte zu zeigen. Latein als Schrift- und Textsprache bildet den Gegenstand von Reflexion, das analytische Studienobjekt, die Muttersprache Deutsch das Medium des Unterrichts, denn die Übersetzung steht im Mittelpunkt. Bei dieser gründlichen Arbeit am Text werden wichtige Kompetenzen wie Genauigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Durchhaltevermögen trainiert – ebenso wie der sichere Umgang mit metasprachlicher Begrifflichkeit. Hierin bieten die Lateinkurse eine echte Serviceleistung für das Studieren eines jeden Faches. Das Bewusstmachen der Wurzeln europäischer Kultur und Geschichte gelingt durch das Lesen und Interpretie4 Friedrich Schiller: Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? Eine akademische Antrittsrede. veröff. Deutscher Mercur, November 1789
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Latein am Sprachenzentrum – TRADITIO ET INNOVATIO
ren von wertvoller antiker Literatur, die in exemplarisch ausgewählten Texten von Caesar und Cicero Kernfragen der Menschheit anspricht. Quibus rebus adduc” tus Caesar non expectandum sibi statuit“ 5 – durch diese Umstände sah sich Caesar gezwungen zu handeln, einen Feldzug gegen die Helvetier zu beginnen – die Helvetier? Welche Machtbefugnis hatte er außerhalb der von ihm zu verwaltenden Provinz? Wie gestaltet der rhetorisch bestens ausgebildete Autor Caesar den Text so, dass der Leser diese Fragen nicht stellt? Grundsätzlicher gefragt, wie definiert die Antike das Bellum iustum, welche völkerrechtlichen Bestimmungen gelten heute? Ist es gerecht, andere Völker zu unterwerfen? Ideo iustum esse, quod talibus hominibus ” sit utilis servitus“ 6 – deswegen, weil für solche Menschen die Knechtschaft nützlich ist!? Wenn ein Staat Angelegenheit des Volkes ist, est igitur res publica res populi 7 – gegründet zur Durchsetzung des gemeinsamen Rechts und zum gemeinsamen Nutzen, iuris consensu et utilitatis communione 8, wie Cicero, der große Rhetoriker, Staatsmann und Philosoph, definiert, ist damit notwendigerweise die Forderung nach Zivilcourage jedes
Codex Bobiensis, Palimpsest. Größere, blassere Schrift: Cicero, de re publica (Unziale, ca. Anfang 5. Jh.); kleinere Schrift mit Kapitalen (Minuskel, 7. Jh.): Augustinus, Psalmenkommentar
5 Caesar De bello Gallico I,11 6 Cicero, De re publica, 3, 36 (zitiert nach Augustinus, civitas, 19, 21) 7 Cicero De re publica I, 39 8 Ibd., 39
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Zeus und Europa Griechische 2-EuroMünze
einzelnen Bürgers verbunden, wie das Beispiel von Lucius Iunius Brutus (509 v.) zeigt? Primusque in hac civitate ” docuit in conservanda civium libertate esse privatum neminem“ 9– bei der Bewahrung von Freiheit darf also niemand Privatmann sein. Die modernen Medien mit ihren grenzenlosen Möglichkeiten sind nicht am Fach Latein vorbeigezogen. Auch oder gerade im Fach Latein, das aufgrund der Grammatik-Übersetzungsmethode mit starker kognitiver Orientierung arbeitet, bietet eine Lernplattform wie Stud.IP hervorragende Angebote für selbstverantwortliches Lernen. Innovatio für eine tote“ Sprache? Selbst erstellte interakti” ve Online-Übungsmodule für das unattraktive Formentraining ergänzen die Kurse, Online-Bibliotheken erleichtern den Zugang zu lateinischen Texten und bieten ohne irgendeinen Aufwand grenzenloses Übungsmaterial – große Vorteile, um individuell und kursunabhängig zum Ziel zu kommen. Mit dem Einzug der modernen Medien ging auch eine starke Veränderung der Arbeitsbedingungen einher: Ein technisch perfekt ausgestattetes Büro und ebensolche Unterrichtsräume ermöglichen und erfordern eine andere Unterrichtsvorbereitung und -durchführung und zusammen mit der regelmäßigen Pflege der Lernplattform, dem organisatorischen Mehraufwand von Einschreibprogramm, Homepage und ZVVZ eine starke zeitliche Mehrbelastung. 9 Cicero De re publica II, 46; vorher heißt es: vir ingenio et virtute praestans L. Brutus depulit a civibus suis iniustum illud durae servitutis iugum. qui cum privatus esset, totam rem publicam sustinuit, = Lucius Brutus, ein herausragender Mann aufgrund von Charakter und Tatkraft, hat von seinen Mitbürgern jenes ungerechte Joch der harten Sklaverei herabgeworfen. Obwohl dieser ein Privatmann war, hielt er so den ganzen Staat aufrecht.
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latein am sprachenzentrum – TRaDITIo eT InnovaTIo
Dies ging einher mit der Aufstockung des Lehrdeputats von 16 auf 20 Stunden und der Abkopplung der Lehre von der Forschung. Trotzdem ist Latein am Sprachenzentrum eine äußerst anspruchsvolle, aber auch verantwortungsvolle und privilegierte Tätigkeit, denn es bleibt ein großer Gewinn, mit den jungen Menschen zu arbeiten, die zwar gezwungenermaßen – weil die Kurse obligatorisch sind –, aber mit Offenheit und Ernsthaftigkeit in den Kursen sitzen, die ihren Horizont erweitern wollen, Anregungen suchen, Wissen erwerben wollen, um später im Lehrerberuf und in der Gesellschaft verantwortungsbewusste Persönlichkeiten zu werden. Damit das Europa unserer künftigen Eliten nicht nur auf wirtschaftliche Aspekte reduziert wird, leistet die Tradition des Faches Latein als gesamteuropäisches Kulturerbe, als Ursprungssprache aller heutigen romanischen Sprachen einen Beitrag zur gesamteuropäischen Identitätsfindung, die gerade in Zeiten der Euro-Krise in Gefahr zu geraten droht. Leon de Winter hat in einem Euro-kritischen Aufsatz 2010 vorgeschlagen, Latein zur europäischen Verfassungssprache zu ” erheben. Gebt dieser Verfassung ein Herz, … ein altes Herz einer europäischen Kultursprache, damit wir etwas haben, was uns verbindet und nicht trennt“. Wenn man Latein als europäischer Kultursprache eine solche Stellung zuweist, dann ist es nur konsequent, Latein am Sprachenzentrum, inmitten der modernen Fremdsprachen, zu unterrichten. Wenn man sich mit Englisch horizontal, über Länder” grenzen hinweg, verständigt, kann man das mit Latein vertikal, über die Zeiten hinweg.“10 Beides ist für eine Zukunft Europas notwendig, die auf sicherem Grund steht, weil sie sich ihrer Herkunft bewusst ist.
Europa und der Stier: Fresko aus Pompeji 1. Jh
10 wilfried stroh in: http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/ campus/sinn-und-sinnlichkeit-latein-ist-nicht-tot-sondernunsterblich-1514891.html
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25 Jahre am Sprachenzentrum – Menschen und Technik Stephan Pohlmann, Technik Von 1974 bis 1979 studierte ich an der Rostocker Universität Mathematik. In den ersten zwei Studienjahren gehörten ”Russisch für Mathematiker“ und ”Englisch für Mathematiker“ zu unseren Pflichtfächern. Dadurch bekam ich den ersten Kontakt zum damaligen Institut für Fremdsprachen.
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Unser Lehrer war in beiden Sprachen Herr Niemann. Der Unterricht fand häufig in den Sprachlaboren des If F im Uni-Hauptgebäude statt. Die Studenten saßen in voneinander abgetrennten Kabinen, die mit einem Tonbandgerät und einem Headset (Kopfhörer + Mikrofon) ausgestattet waren. Herr Niemann kontaktierte die Gruppe oder einzelne Studenten über die Kopfhörer. Hörtexte wurden zentral oder individuell abgespielt, die Stimmen der Studenten konnten aufgezeichnet und vom Lehrer abgehört werden. Zum mündlichen Teil der Sprachkun” digenprüfung“ mussten wir im Hauptsitz des If F in der Villa Richard-Wagner-Straße 4 antreten. Damals ahnte ich noch nicht, dass diese Villa eines Tages mein Arbeitsplatz und Herr Niemann mein Kollege werden sollte. In den 80er Jahren arbeitete ich als Programmierer in einem EDV-Betrieb, was damals nicht unüblich für einen Diplom-Mathematiker war. In der Zeitung hatte ich von einem postgradualen Fachübersetzer-Studium am Institut für Fremdsprachen gelesen. Das war eine günstige Gelegenheit, mein Interesse für die englische Sprache mit meinem Beruf zu verbinden. Im Sommer 1985 hielt ich meine Urkunde als Fachübersetzer für Englisch in der Fachrichtung Elektrotechnik/Elektronik in den Händen. Drei Jahre später: Inzwischen war aus dem Institut für Fremdsprachen das Institut für Angewandte Sprachwissenschaft (IAS) geworden. Nach und nach hielten kleine Bürocomputer Einzug in den Arbeitsalltag. An vielen Universitäten begann man damit, die Einsatzmöglichkeiten dieser Computer im Sprachunterricht zu erkunden und dafür entsprechende Programme zu entwickeln. International etablierte sich in dieser Zeit das Akronym CALL für Computer-Assisted Language Learning. In dieser Situation konnte das Institut einen Mathematiker mit Programmierkenntnissen und Interesse an Fremdspra-
stephan pohlmann, technik
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EINBLICKE
chen gut gebrauchen, und so kam es schließlich dazu, dass ich dort Anfang Januar 1989 eine Stelle als Wissenschaftlicher Assistent antrat. Mein ehemaliger Sprachlehrer Herr Niemann war nun der Kollege Hans Niemann, aber es ließ sich ein noch größerer Bogen spannen: Meine Eltern hatten in den Nachkriegsjahren zusammen mit Hans Niemann, Dr. Kowalke und Dr. Abendroth Slawistik studiert, waren seit dieser Zeit mit Ehepaar Krenkel befreundet und kannten auch weitere Sprachlehrer wie das Ehepaar Grempe. Mein Einstieg am IAS Anfang 1989 fiel in eine in mehrfacher Hinsicht besondere Zeit. Langsam bahnten sich die Ereignisse an, die im Herbst schließlich zur politischen Wende führten. Mitten im UmbruchsMein ehemaliger monat November 1989 richtete das IAS im Sprachlehrer Herr Warnemünder Kurhaus eine internationale Konferenz zum Computereinsatz im SprachunNiemann war nun terricht aus. Die Vorbereitung dieser Konfeder Kollege Hans renz (Beschaffung der notwendigen Technik, Verwaltung der Teilnehmerliste etc.) hatte von Niemann. Anfang an zu meinen Aufgaben am IAS gehört. Für die Teilnehmer aus beiden deutschen Staaten, aber auch aus dem ost- und westeuropäischen Ausland wurde sie zu einem ganz besonderen Erlebnis, fand sie doch eine Woche nach der Maueröffnung statt. Viele von ihnen gerieten bei der Abreise in das dadurch verursachte Chaos auf den Bahnhöfen. Auf dieser Konferenz wurden wichtige Kontakte zu Personen, Institutionen und Firmen geknüpft. Die Pflege dieser Kontakte wurde weder durch Grenzen noch Zensur behindert. Bereits im Februar 1990 konnte ich an einer Konferenz in Oestrich-Winkel im Rheingau teilnehmen. Im Herbst 1990 ging es nach Nijmegen und im August 1991 nach Helsinki. Ich stellte dort das von Frau 172
25 Jahre am Sprachenzentrum – Menschen und Technik
Prof. Buchholz konzipierte und von mir programmierte Lernprogramm Letter Tutor“ zur Hilfe beim Verfassen ” englischer Geschäftsbriefe vor. Wir mussten uns jedoch bald von der Illusion verabschieden, selbst konkurrenzfähige Lernprogramme zu erstellen – zu schnell verlief die Entwicklung der Hard- und Software, und nach und nach brachten große und kleinere Verlage professionelle Lernsoftware auf den Markt. Neben der gesellschaftlichen Umwälzung hatte gegen Ende der 80er Jahre eine wahre Revolution der Computertechnik begonnen, die meine Tätigkeit am Sprachenzentrum von Anfang an begleitete und die bis heute anhält. Seit 1988 war ein Personal-Computer AC 7100“ der Firma ” Robotron der ganze Stolz des IAS. Für den Betrieb wurden 5,25-Zoll-Disketten (Floppy-Disks) benötigt, die einen solchen Wert darstellten, dass einzelne Kolleginnen und Kollegen ihre persönliche Diskette gegen Unterschrift ausgehändigt bekamen. Noch vor der Konferenz im November 1989 bekamen wir einen ESER-PC“, der eine Festplatte ” hatte, IBM-kompatibel“ war und somit einigermaßen den ” internationalen Standards entsprach. In den Jahren nach der Neuorientierung der Universität ab 1990 wurden dann Jahr für Jahr weitere Computer für das Sekretariat und einige Arbeitsplätze angeschafft. Die Disketten hatten jetzt das kompaktere 3,5-Zoll-Format und galten als Verbrauchsmaterial, für das niemand mehr unterschreiben musste. Die Software musste allerdings von ganzen Stapeln dieser Disketten installiert werden, bevor einige Jahre später die CD-ROM zum Standard wurde. Im Uni-Hauptgebäude und im Rechenzentrum standen die ersten PC-Pools zur Verfügung. Über ein Modem hatte ich 1993 die erste Verbindung ins Internet. 1994 bekam das Sprachenzentrum aus Fördermitteln einen eigenen kleinen Computerraum, der allen Studierenden zum Selbststudium zur Verfügung stand.
Gab es nur gegen Unterschrift: 5,25Zoll -Diskette
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Mir war es immer wichtig, eine Brücke zu bauen zwischen der Technik, den Computern und der Software auf der einen Seite und den Menschen, die damit umgehen, auf der anderen Seite.
Mit dem Umzug in die Ulmenstraße im Sommer 2000 begann für das Sprachenzentrum ein neues Zeitalter mit neuen, erweiterten Aufgaben auch für mich. Jede Kollegin und jeder Kollege hatte nun einen eigenen Computer mit permanentem Internet-Zugang am Arbeitsplatz. Das Selbstlernzentrum mit neuen Computern und modernen Möbeln wurde eingerichtet. Überall musste Standard- und Spezialsoftware installiert werden. Neben den Computern wurde audiovisuelle Technik für die Seminarräume angeschafft, dazu zunächst ein Beamer und eine große, schwere Videokamera für das gesamte Sprachenzentrum. In den folgenden Jahren stiegen dann die Ansprüche rasant. Inzwischen sind alle Seminarräume mit Computern und Beamern ausgestattet, es gibt einen Schrank mit Notebook-Computern, die über WLAN mit dem Internet verbunden und in jedem beliebigen Raum von einer ganzen Gruppe im Unterricht benutzt werden können. Mit handlichen Camcordern werden Vorträge und Diskussionen von den Kursleiterinnen mitgeschnitten und dann am Computer ausgewertet. Gar nicht mehr wegzudenken ist das Internet – sowohl in der Vorbereitung der Kurse als auch in diese integriert. Videos werden schon lange nicht mehr von Kassetten, nur noch gelegentlich von DVDs, meistens jedoch in Form von Videoclips aus dem Internet abgespielt. Das alles erfordert einen ständigen Lernprozess und eine ständige Aktualisierung der Computersoftware. Diese wenigen Zeilen sollen genügen, um eine Entwicklung zu skizzieren, deren Zeugen wir alle sind und die in allen Medien ständiges Thema ist. Mir war es immer
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25 Jahre am Sprachenzentrum – Menschen und Technik
wichtig, eine Brücke zu bauen zwischen der Technik, den Computern und der Software auf der einen Seite und den Menschen, die damit umgehen, auf der anderen Seite. Das bedeutet, Abläufe so einzurichten und Dinge so zu erklären, dass die Anwender möglichst selbstständig damit zurechtkommen. Das betrifft nicht nur meine Kolleginnen und Kollegen, sondern auch die vielen Studentinnen und Studenten, die ins Selbstlernzentrum kommen, um Aufgaben zu erledigen, sich auf Prüfungen vorzubereiten oder Einstufungstests und Sprachgutachten abzulegen. Den Kontakt zu Studenten aus vielen Regionen Deutschlands und aus der ganzen Welt betrachte ich als ein sehr wertvolles Element meines Arbeitsalltags. Besonders wichtig ist mir aber natürlich auch ein gutes Verhältnis zu meinen Kolleginnen und Kollegen. Nur sieben von denjenigen, die ich 1989 am IAS antraf, arbeiten heute noch am Sprachenzentrum. Für alle, die seit dieser Zeit eingestellt wurden (einschließlich Lehrbeauftragte), wurde ich zum Ansprechpartner für Technik, Computer, Software, Internet und vieles mehr. Da bleibt auch immer mal ein wenig Zeit für ein kurzes persönliches Gespräch, wie es in einem guten Team sein sollte. Im Vordergrund steht jedoch, den wachsenden Ansprüchen in meinem Bereich gerecht zu werden. Diese Herausforderung ist letztlich nur gemeinsam zu bewältigen. Daran hat sich in den fast 25 Jahren meiner Tätigkeit am Sprachenzentrum nichts geändert.
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„’tschuldigung, geht’s hier zur Einschreibung?“ – Kursmanagement am Sprachenzentrum gestern und heute Dr. Klaus Rambow, Verantwortlicher für Studium und Lehre Wer in den 1990er Jahren durch die RichardWagner-Straße im Rostocker Zentrum ging, konnte zweimal im Jahr Merkwürdiges beobachten: Wie von unsichtbarer Hand geleitet, bildete sich an zwei Tagen, immer Ende März und Ende September, eine endlos erscheinende Schlange selbst bei Wind und Wetter offenbar in großer Geduld wartender junger Menschen. 176
Passanten mussten sich unweigerlich fragen, ob hier wohl der Rückfall in Zeiten sozialistischer Mangelwirtschaft drohte oder – das Gebäude der Bundesbank war schließlich nicht einmal einhundert Meter entfernt – schon wieder Scheine und Münzen einer neuen Währung ausgegeben wurden. Wer allerdings genauer hinsah, konnte bemerken, dass die Schlange vor dem Haus Nr. 6 endete, einer damals ziemlich in die Jahre gekommenen Villa, die seit langem, wenngleich von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, als Sitz des Sprachenzentrums diente. Wie kam es zu diesem Menschenauflauf? Zwar gehörte der obligatorische Fremdsprachenunterricht an den Universitäten und Hochschulen der Vergangenheit an, doch viele Studierende hatten sehr schnell erkannt, dass fundierte Fremdsprachenkenntnisse wichtiger waren als je zuvor, um den Anforderungen in Studium und Beruf gewachsen zu sein, und wollten einen der begehrten Plätze in den Sprachkursen erhalten. Gleichzeitig stand das Sprachenzentrum vor der Herausforderung, trotz stark reduzierter personeller Ressourcen diese wachsende Nachfrage zu befriedigen – diese Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage musste zwangsläufig zu Warteschlangen führen. Auch nach dem Umzug in das heutige Domizil des Sprachenzentrums in der Ulmenstraße blieb zunächst alles beim Alten: Zwar konnten die Studierenden im großen Treppenhaus wenigstens im Trockenen warten, trotzdem musste das Sprachenzentrum manchen im Regen stehen ” lassen“, da keine Kursplätze mehr verfügbar waren. Mit dem weiteren Verlust von Planstellen wurde die Lage in den Jahren 2002–2004 noch dramatischer. Um eine noch weiter gehende Reduzierung des Kursangebots zu vermeiden, blieb nur der Ausweg, im Einvernehmen mit den Ver-
Dr. Klaus rambow, Verantwortlicher für studium und Lehre
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Kursmanagement am Sprachenzentrum gestern und heute
tretern der Studierenden ab dem Sommersemester 2004 Kursentgelte für alle nicht obligatorischen Sprachkurse in Höhe von 15 Euro/4 Semesterwochenstunden (SWS) (ab 2010: 40 Euro/4 SWS) zu erheben. Diese Einnahmen werden seitdem für die Finanzierung von Lehraufträgen insbesondere auf der Grundstufe verwendet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass das Verfahren für die Einschreibung und für die Entgelterhebung grundlegend verändert werden musste. So fiel der Entschluss, ein computergestütztes Buchungs- und Kursverwaltungssystem zu erwerben, das sich bereits an einigen Sprachenzentren bewährt hatte. Mit dem Beginn des Wintersemesters 2004/05 kam dieses System schrittweise zum Einsatz und konnte in kürzester Zeit sowohl alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sprachenzentrums als auch die Studierenden uneingeSpätestens zu diesem schränkt von seinen Vorzügen Zeitpunkt war klar, dass überzeugen. Das System bewäldas Verfahren für die tigt spielend mehrere hundert Einschreibung und für die Buchungen innerhalb weniger Minuten. Es erfasst alle relevanEntgelterhebung grundten Angaben für Modulscheine und Zertifikate, prüft die Erfüllegend verändert werden lung der Zugangsvoraussetzunmusste. gen für die verschiedenen Kurse und generiert automatisch eine Anmeldebestätigung, die per E-Mail verschickt wird. Anhand eines digitalen Kontoauszugs erfolgt täglich ein automatischer Abgleich der Kursanmeldungen mit den eingehenden Kursentgelten. Nach Abschluss des Semesters werden alle Noten in das System eingegeben und Notenübersichten, Modulscheine und Zertifikate aus dem System gedruckt und in digitaler Form und als Papierkopie archiviert. Außerdem hat das 178
Sprachenzentrum nunmehr die Möglichkeit, auf Veränderungen der Nachfrage flexibel zu reagieren. Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage werden nicht nur in den Teilnehmerlisten sichtbar, sondern auch in Wartelisten erfasst. So können schwach ausgelastete fakultative Kurse bei Bedarf zusammengefasst und, soweit möglich, stärker nachgefragte Kurse zusätzlich angeboten werden. Niemand könnte sich heute ernsthaft vorstellen, ohne dieses System zu arbeiten – diese Investition hat sich mehr als amortisiert. Wer heute vor Beginn eines Semesters durch die Ulmenstraße geht, wird die eingangs gestellte Frage nur noch sehr selten hören, auch die Warteschlangen gehören längst der Vergangenheit an. Schon werfen weitere Veränderungen ihre Schatten voraus: Die geplante Einführung des Lehrveranstaltungs- und Prüfungsmanagementsystems HISinOne wird die Universität als Ganzes und damit auch das Sprachenzentrum vor neue Herausforderungen stellen; es werden in Anbetracht der rasanten technischen Entwicklung nicht die letzten sein, die es zu bewältigen gilt. Zum 70. Jahrestag des Sprachenzentrums wird es den Autoren einer (doch hoffentlich geplanten?) Festschrift vorbehalten bleiben, über ihren Umgang mit diesen Herausforderungen zu berichten.
Szenen wie auf einer Demo: Schlange stehen vor dem Sprachenzentrum
40€ Kosten eines Sprachkurses mit 4 SWS
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Le français au Sprachenzentrum – Une langue bien présente Anne-Marie Schmitt, Französisch »La difficulté d‘écrire l‘anglais m‘est extrêmement ennuyeuse. Ah, mon Dieu! si l‘on pouvait toujours écrire cette belle langue de France!« (Charles Dickens)
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La langue française jouit d‘une double réputation au sein des étudiants. D‘une part, d‘être une langue magnifique, langue de la diplomatie et de l‘amour... D‘autre part, d‘être une langue difficile, ne laissant que peu de place aux erreurs et aux défauts de prononciation. Beaucoup d‘étudiants hésitent à suivre des cours de français en raison de cette soi-disant complexité de la langue. Surtout les étudiants ayant choisi cette langue au lycée. Ceux qui ont eu »la chance« de ne pas suivre de cours avant l‘université, s‘inscrivent avec plus d‘entrain aux cours. Ces propos n‘engagent que moi, bien entendu. Quand un nouveau semestre débute, les groupes sont donc formés d‘étudiants »heureux d‘être là« et d‘étudiants »condamnés à être là« par manque de place en cours d‘espagnol ou de suédois, les deux plus grands concur” rents“ de la langue française en Allemagne. A côté de ces étudiants, il y a aussi des collègues et des auditeurs libres. Les participants aux cours ont de 17 à 77 ans, sont étudiants en 1ère année de licence, doctorants, voire même professeurs, avocats, mères au foyer... La disparité se reflète également dans les origines ethniques des étudiants : allemands, chinois, yéménites, égyptiens, iraniens, libanais... et la liste est loin d‘être exhaustive. C‘est donc dans ces conditions hétérogènes (les »heureux d‘être là«, les »condamnés à être là«, les étudiants tout ” nouveaux“ et ceux plus »anciens«, les »Allemands« et les »Autres«) que se déroulent les cours. Le but étant bien sûr que tous les participants apprennent la langue française de manière efficace dans la joie et la bonne humeur.
Anne-marie schmitt, Französisch
2. »Ce qu‘il faut surtout pour la paix, c‘est la compréhension des peuples. Les régimes, nous savons ce que c‘est : des choses qui passent. Mais les peuples ne passent pas.« (Charles de Gaulle) 181
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L‘apprentissage de la langue française repose sur les 4 piliers que sont la compréhension orale, l‘expression orale, la compréhension écrite et l‘expression écrite. Mais la maîtrise de la langue française doit impérativement s‘accompagner de l‘acquisition de compétences interculturelles. Ces compétences sont indispensables pour éviter un choc culturel qui déstabilise et compromet la communication. Au début du semestre d‘été, je tente toujours une petite expérience. Les étudiants doivent répondre à la question suivante: »Qui apporte les œufs de Pâques en France ?«1 Normalement, les étudiants ne connaissent pas la réponse. Ce sont les cloches de retour de Rome qui larguent les chocolats dans les jardins (très bonne livraison avec peu de chocolats abîmés par un éventuel mauvais atterrissage). Les étudiants sont étonnés, certains expriment leur surprise en disant que ce n‘est pas logique comme histoire, donc impossible.2 Comme si l‘histoire allemande d‘un lapin portant un sac à dos rempli de chocolats et traversant les jardins (sans autorisation administrative, sans permission des propriétaires des lieux) tenait mieux la route... Cet exemple trivial permet de faire comprendre aux étudiants que les mentalités allemande et française sont bien différentes et qu‘il faut donc aborder l‘apprentissage de la langue française avec une certaine ouverture d‘esprit et être prêt à accepter une autre logique éviter les faux-pas. Rien de plus contre-productif, par exemple, que de parler à des Français en utilisant le mode impératif. Il faut aussi éviter de se réjouir quand un Français trouve votre idée »intéressante«. Ce mot est souvent un moyen diplomatique pour éviter de dire que votre idée est mauvaise... 1 Sauf en Alsace-Moselle où la livraison des chocolats est bel et bien assurée par le Lapin de Pâques 2 Mais comme dirait Napoléon Bonaparte, »Impossible n‘est pas français«
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La française au Sprachenzentrum – Une langue bien présente
3. »Je vais répondre à une question qui, au fond de la salle, ne m‘a pas été posée.« (Charles de Gaulle) Effectivement, les bureaux sont agréables, les salles de classe sont bien équipées, les collègues sont sympathiques et les étudiants intéressés. Consciente de ma chance, je me permets toutefois de mentionner ici quelques souhaits pour l‘avenir du Sprachenzentrum. Le manque de communication entre les acteurs de la mobilité étudiante de l‘université de Rostock est regrettable. Une meilleure coopération devrait offrir à l‘avenir aux étudiants un accompagnement de qualité pour la réalisation de leurs projets de mobilité. Un meilleur dialogue avec les différentes facultés devrait permettre d‘adapter la formation linguistique aux besoins réels des étudiants et du personnel de l‘université. Des cours de terminologie juridique sont déjà proposés et bien accueillis. Des cours de terminologie médicale seraient certainement intéressants pour les étudiants en médecine qui sont nombreux à partir en France ou dans un pays francophones. Le développement d‘un partenariat actif avec les entreprises de la région serait souhaitable. Le développement d‘un nouveau format de cours serait intéressant. Des Workshops de quelques jours pourraient être proposés pour répondre à des besoins bien particuliers (thèmes bien précis pour un public ciblé). 4. »De l‘audace, encore de l‘audace, toujours de l‘audace« (Danton) Que de souhaits ! Avec beaucoup de travail et d‘audace, espérons que certains se réaliseront. Le Sprachenzentrum a encore de beaux jours devant lui et assez de travail pour les soixante prochaines années. 183
Die französische Sprache am Sprachenzentrum – gestern und heute Kathrin Simon, Französisch In diesem Jahr feiern wir nicht nur 60 Jahre Fremdsprachenausbildung am Sprachenzentrum1, sondern auch den 50. Jahrestag des Élysée-Vertrages, der nach der gemeinsamen Erklärung des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland Konrad Adenauer und des Präsidenten der Französischen Republik General de Gaulle vom 22. Januar 1963 verfasst wurde.2
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In diesem Vertrag, dem im Prozess der Aussöhnung zwischen beiden Staaten eine außerordentliche Bedeutung zukommt, heißt es im Abschnitt C. Erziehungs- und Ju” gendfragen – a) Sprachunterricht“: Die beiden Regierun” gen erkennen die wesentliche Bedeutung an, die der Kenntnis der Sprache des anderen in jedem der beiden Länder für die deutsch-französische Zusammenarbeit zukommt.“3 Doch dieser Vertrag wurde zwischen der BRD und Frankreich abgeschlossen. Wie sah es aber mit der Bedeutung der französischen Sprache und deren Vermittlung im Bereich der Hochschulen und Universitäten im anderen Teil Deutschlands – der DDR – aus? Als ich am 1. September 1979 meine Lehrtätigkeit in den Sprachen Französisch und Spanisch am Insti” tut für Fremdsprachen“ aufnahm, fand ich bereits ein wohldurchdachtes und gut funktionierendes System der fremdsprachigen Ausbildung für Studierende und Mitarbeiter der unterschiedlichen Fachrichtungen vor, dessen Grundlagen bereits lange zuvor geschaffen worden waren.
Kathrin simon, Französisch
1 1953 Abteilung sprachunterricht, 1967 Abteilung für Fremdsprachen, 1978 institut für Fremdsprachen, 1988 sektion Angewandte sprachwissenschaft, sprachenzentrum seit Anfang der 90er Jahre; Vgl. manuskripte zur rostocker universitätsgeschichte, heft 1, 1988 – zur geschichte der Abteilung sprachunterricht und des instituts für Fremdsprachen der wihelm-pieckuniversität rostock (1951-1985), s. 82 ff 2 siehe: http://www.ambafrance-de.org/text-des-elysee-Vertrages 3 ebenda 4 Vgl. manuskripte zur rostocker universitätsgeschichte, heft 1, 1988 – zur geschichte der Abteilung sprachunterricht und des instituts für Fremdsprachen der wilhelm-pieck-universität rostock (1951-1985), s. 82 ff
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Im Jahre 1953 wurde an der Abteilung Sprachunterricht 4 der Universität Rostock 5 der fakultative Unterricht in Französisch aufgenommen, denn man war sich bereits damals der Tatsache bewusst, dass in einem Zeitalter, in dem ” die Wissenschaft in immer größerem Maße auf den internationalen Erfahrungsaustausch angewiesen ist, einer angemessenen Kommunikationsfähigkeit ausbildungsmäßig während des Fachstudiums Rechnung getragen werden muss.“ 6 Im Jahr 1958 wurde nach Russisch als erste Fremdsprache der obligatorische Unterricht in der zweiten Fremdsprache eingeführt, wobei alle Studierenden diejenige Fremdsprache zu erlernen hatten, in der sie bereits Vorkenntnisse besaßen.7 Die Entscheidung darüber, welche zweite Fremdsprache erlernt werden sollte, fiel an den Schulen der DDR meistens zu Gunsten des Englischen aus, was logischerweise Konsequenzen für die Universitäten und Hochschulen hatte. Wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lektorats Französisch führten bis Ende der 80er Jahre Kurse im Rahmen der Sprachkundigenausbildung auf den Niveaustufen Ia, IIa und IIb 8 für Studierende, Doktoranden und Mitarbeiter durch. 5 1976-1990 Wilhelm-Pieck-Universität Rostock 6 Vgl. Manuskripte zur Rostocker Universitätsgeschichte, Heft 1, 1988 – Zur Geschichte der Abteilung Sprachunterricht und des Instituts für Fremdsprachen der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock (1951-1985), S. 12 7 Ebenda, S. 22 8 Einheitliches Zertifizierungssystem der Hochschulfremdsprachenausbildung der DDR; Niveau I entspricht heute etwa dem Niveau B1/B2 und Niveau II dem Niveau B2/C1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens; a“ vorrangige Entwicklung der ” produktiven, b“ der rezeptiven Sprachtätigkeiten ”
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Die französische Sprache am Sprachenzentrum
Die obligatorische fachsprachliche Ausbildung der Studierenden erfolgte in der Regel in einem Einführungskurs in die Fachsprache über zwei Semester – einschließlich eines Fremdsprachenpraktikums (Fachtextlektüre) – oder in Kursen über drei Semester, die den Erwerb der Sprachkundigenausbildung IIb zum Ziel hatten. Diese fachsprachlichen Kurse in französischer Sprache gab es für Mediziner, Agrarwissenschaftler, Wirtschaftswissenschaftler sowie Naturwissenschaftler und Techniker. Von großer Bedeutung war dabei die gute Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Sektionen 9 der Universität, um die Vermittlung der entsprechenden Fachsprache so wissenschaftlich korrekt und praxisnah wie möglich zu gestalten. In nur geringem Umfang boten wir in jener Zeit
Sonderbriefmarke aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums des Élysée-Vertrages
9 Organisationseinheiten der Universitäten und Hochschulen in der DDR
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fakultative Kurse zum Erwerb der Grundkenntnisse in der französischen Sprache an. Doch unsere Tätigkeit beschränkte sich nicht nur auf die Vermittlung von Sprachkenntnissen, sondern wir leisteten auch eine stetige konzeptionelle Arbeit, da die uns zur Verfügung stehenden Lehrmaterialien sehr oft nicht den Anforderungen der betreffenden Fachrichtungen entsprachen. So erarbeitete zum Beispiel eine unserer ehemaligen Mitarbeiterinnen zusammen mit Kolleginnen der Humboldt-Universität Berlin und Karl-Marx-Universität Leipzig das Lehrwerk Französisch für Agrarwissenschaft” ler“ für die Sprachkundigenausbildung Stufe IIb, welches Ende der 80er Jahre fertiggestellt, aber leider nicht mehr in der fachsprachlichen Ausbildung eingesetzt wurde. Im Zuge der grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen, die sich in unserem Land Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre vollzogen, und der daraus resultierenden Umstrukturierung der Universitäten und Hochschulen kam es auch auf dem Gebiet der Fremdsprachenausbildung zu einer tiefgreifenden Veränderung: Das Pfund, mit dem wir bisher wuchern konnten – die fachsprachliche Ausbildung in Französisch – war nicht mehr obligatorisch! Des Weiteren führten auch die nach wie vor in einigen Fachrichtungen herrschende Dominanz der englischen Sprache sowie das sich erweiternde Spektrum der vom Sprachenzentrum angebotenen modernen Fremdsprachen dazu, dass die französische Sprache vor allem als fachübergreifende Wissenschaftssprache vermittelt wurde und wird. Wir begrüßen es daher sehr, dass mittlerweile in den Ausbildungsordnungen einer Reihe von Studiengängen Französisch als zweite moderne Fremdsprache als wahlobligatorisches Fach verankert ist, und haben deshalb seit einigen Jahren Kurse in Französisch mit wirtschaftswissenschaftlicher und rechtswissen188
Die französische Sprache am Sprachenzentrum
schaftlicher Orientierung in unser Ausbildungsprogramm aufgenommen. In diesem Zusammenhang spielt das für die einzelnen Kurse zur Verfügung stehende und einsetzbare Lehrmaterial eine wichtige Rolle. Wie bereits in früheren Jahren befinden wir uns nicht in der komfortablen Situation, unseren Studierenden ein passfähiges Lehrbuch Dennoch sollte in der heutigen nennen zu können. Vor medienlastigen Gesellschaft diesem Hintergrund erweist sich die Entwicklung der ”menschliche Faktor“ - die der modernen Medien als Rolle der Lehrenden bei der eine große Hilfe und unverzichtbar bei der Ge- Vermittlung der Fremdsprache staltung kommunikativer nicht unterschätzt werden. und interaktiver Lehrveranstaltungen in der französischen Sprache, die durch den Einsatz von Lernplattformen und E-Learning-Modulen ergänzt werden. Dennoch sollte in der heutigen medienlastigen Gesellschaft der menschliche Faktor“ – die Rolle ” der Lehrenden bei der Vermittlung der Fremdsprache – nicht unterschätzt werden, auch wenn er in diesem Kontext sicher neu definiert werden muss. Wir unterstützen unsere Studierenden nicht nur bei der sprachlichen, sondern auch organisatorischen Vorbereitung ihrer Praktika und Studienaufenthalte im Ausland, die sie zum überwiegenden Teil im Rahmen des europäischen Austauschprogramms ERASMUS, aber auch über andere Institutionen oder individuell absolvieren. Im Wintersemester 2012/13 weilten Studierende der Universität Rostock für drei bis sechs Monate an der Université de Nantes, Université Jean Moulin Lyon 3 und Université Bordeaux I, Sciences et Technologies.10 Im Vorfeld des Bewerbungszeitraumes bieten wir alljähr-
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Enge Zusammenarbeit bei der Fremdsprachenausbildung: Deutschland und Frankreich
lich in enger Zusammenarbeit mit dem Institut français in Hamburg und dem Institut franco-allemand in Rostock den Workshop Étudier en France“ an, der sich großer Be” liebtheit erfreut. Außerdem leisten wir Hilfestellung bei der Vorbereitung auf das vom französischen Bildungsministerium vergebene Diplôme d‘Études en langue française (DELF). In der Vergangenheit erfuhren wir von Seiten unserer französischen Partneruniversität, der Université de Bretagne-Sud in Lorient, im Rahmen der Dozentenmobilität muttersprachliche Unterstützung, wünschten uns aber auf diesem Gebiet eine Intensivierung der Kontakte auch mit anderen französischen Universitäten, zum Beispiel mit der Université de Nantes. Auf nationaler Ebene beteiligt sich das Lektorat Französisch seit 2007 unter anderem an dem universitätsübergreifenden Projekt der Arbeitsgruppe C-Test zur Feststellung des generellen Sprachstands von Studierenden aller Fachrichtungen mit dem Ziel, eine optimale Passung zwischen ihrem Sprachniveau und den Lehrzielen und -inhalten einer bestimmten Stufe des UNIcert®-Kurssystems 11 zu erreichen. Damit ermöglichen wir den Studierenden, das von ihnen geforderte bzw. gewünschte Sprachniveau ohne Umwege zu erwerben. Nicht unerwähnt bleiben sollte unsere Beteiligung an vielen Veranstaltungen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Universität wie am Internationalen Tag, an der 10 Laut Angaben des Akademischen Auslandsamtes der Universität Rostock 11 Karl-Heinz Eggensperger Das sprachliche Anforderungsprofile ” eines französischen C-Tests“, veröffentlicht in: Polleti, Axel (Hg.) (2009): „Sprachen als akademische Schlüsselkompetenz?“ Bochum: AKS-Verlag, S. 169-184
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Die französische Sprache am Sprachenzentrum
Langen Nacht der Wissenschaften Damit ermöglichen wir und der Fête de la Musique, auf deden Studierenden, das nen wir zusammen mit unseren Studierenden versuchen, das Interesse von ihnen geforderte an dieser schönen – französischen – bzw. gewünschte SprachSprache zu bewahren oder zu wecken. Abschließend sei es mir gestat- niveau ohne Umwege zu tet, nochmals den Élysée-Vertrag zu erwerben. zitieren: Es erscheint angebracht, an ” allen Hochschulen in Deutschland einen für alle Studierenden zugänglichen praktischen Unterricht in der französischen Sprache und in Frankreich einen solchen in der deutschen Sprache einzurichten.“ 12 Ich bin der Meinung, dass wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lektorats Französisch des Sprachenzentrums diese wichtige Forderung bezüglich der Vermittlung der französischen Sprache erfolgreich in die Tat umgesetzt haben. Wir sind bereit, dies auch weiterhin zu tun!
12 Siehe: http://www.ambafrance-de.org/Text-des-Elysee-Vertrages, „C. Erziehungs- und Jugendfragen – a) Sprachunterricht“
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¿Habla usted español? Núria Sorribes Salazar / Viola Wille, Spanisch Die Deutschen lieben Spanien. Sie verbinden es mit Sonne, Strand, Lebensart, leckerem Essen und Entspannung. So sehen es auch viele Studenten, die seit der politischen Wende in großen Scharen in die Spanischkurse strömen. Fast immer gibt es Wartelisten und begeisterte E-Mails, wenn wir wider Erwarten noch einen Lernbegierigen unterbringen konnten.
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Wir sind nicht nur als Lehrende gefragt, sondern werden auch gern konsultiert, wenn es um die Auswahl eines Praktikumplatzes, eines Ortes für ein Auslandssemester oder eines Sprachkurses geht. In den Fragebögen, in denen wir u. a. danach fragen, warum Spanisch ausgewählt wurde, sind die am meisten angekreuzten Antworten: Weil ich die Sprache so schön ” finde“, Weil ich gern in Spanien ein Semester studieren ” möchte“, Weil ich in Lateinamerika ein Praktikum machen ” möchte.“ Ein immer größerer Teil unserer Studenten geht für ein Semester nach Spanien oder Lateinamerika und kommt danach begeistert und mit einer noch größeren Motivation zu uns zurück, um die Sprachkenntnisse weiter zu vervollkommnen. Wir sind jeden Tag umgeben von jungen, wissbegierigen Menschen, die sich neben ihrem Hauptstudium meist nachmittags und in den Abendstunden bei uns einfinden, um eine der schönsten Sprachen der Welt zu lernen. Das war nicht immer so, denn alles fing mit der sprachlichen Ausbildung von Spezialisten an, die im Auftrag der DDR-Regierung nach Lateinamerika gingen, um dort z. B. im Schulwesen, in der medizinischen Versorgung oder auch in Industrie und Landwirtschaft Unterstützung zu leisten. So lernten wir im Laufe der Zeit viele Kapitäne der Hochseeflotte kennen, aber auch Schulleiter, Ingenieure und sogar einen Sprengmeister, der in Kuba seiner Tätigkeit nachgehen sollte und dafür vorsichtshalber Spanisch lernte. Unser Angebot bestand aus 5-monatigen Grundkursen mit 7 Stunden Unterricht täglich sowie 3-monatigen Aufbaukursen. Diese Ausbildung empfanden alle Beteiligten als klassische Win-win-Situation: Lehrende und Lernende gaben und nahmen; für alle waren diese Kurse eine große Bereicherung.
núria sorribes salazar, spanisch
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EINBLICKE
Interview mit Núria Sorribes Salazar in der PROFILE, Ausgabe 03/2012 (Foto rechts)
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Zu dieser Zeit bestand das Lektorat Spanisch aus 9 festangestellten Kollegen, darunter eine Kollegin aus Chile. Leider sieht es heute ganz anders aus: Zwei Kolleginnen mit jeweils einer halben Stelle für Spanisch organisieren die Betreuung von ca. 250 Studenten pro Semester und den Studienablauf mit Hilfe von zwei weiteren Kolleginnen aus anderen Sprachbereichen und 3–4 Lehrbeauftragten aus Kolumbien, Mexiko, Chile u. a. Ländern. Dank des großen Engagements aller bieten wir einen qualitativ hochwertigen Unterricht in einer angenehmen Lernatmosphäre an, was von den Studenten seit Jahren positiv hervorgehoben wird. Zum Geburtstag darf man sich etwas wünschen, oder? Wir wünschen uns eine neue Kollegin/einen neuen Kollegen, der sich mit uns die Arbeit teilt. Weniger Lehrbeauftragte, mehr angestellte Kollegen – das sollte die Zukunft der Universität sein, im Interesse einer hochwertigen Ausbildung für die Studenten und im Interesse der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Kollegen. In diesem Sinne: Hoch lebe die Sprachausbildung an der Universität Rostock, hoch lebe das Sprachenzentrum!
ÂżHabla usted espaĂąol? Personalia
10  Fragen  an   Núria  Sorribes  Salazar Sprachenzentrum,  Lehrende  im   Lektorat  Spanisch
')9<5 0)*-6 #1- :1+0 .E9 ,1- %61- =-9:1;C; "7:;7+3 -6;:+01-,-6 Eine  lange  Geschichte  â&#x20AC;Ś,  aber  Fakt  ist,  dass  wir  uns  am  Ende  gefunden  haben  und  wir  sind  zusammen  geblieben,  ich  meine  damit  die  Uni!  Ich  bin  glĂźcklich,  hier  sein  zu  kĂśnnen. '1- >E9,-6 #1- -16-5 @<3E6.;1/-6 #;<,1-9-6,-6 51; ,9-1 -/91..-6 ,1- %61=-9:1;C; *-:+09-1*-6 a)  FĂźr  einen  Studierenden  aus  Deutsch- land:  persĂśnlich,  ßbersichtlich,  schĂśne  Gebäude. b)  FĂźr  einen  Studierenden  aus  Spanien:  wie  a)  plus:  ¥TĂo,  todos  van  en  bici!  (Alter,  alle  fahren  Fahrrad!)
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'): >E9,-6 #1- )6 ,-9 %61=-9:1;C; "7:;7+3 /-96 =-9C6,-96 Die  Personalpolitik.  Es  tut  weh,  zu  se- *'0 9+' 8+'.' *1%* 37#.+C<+'46' '*4$'- auftragte  es  gibt  â&#x20AC;&#x201C;  die  fĂźr  wenig  Geld  viel  Arbeit  leisten.
16 41+3 16 ,1- (<3<6.; H >): 3-66- @-1+06-; ,1- %61=-9:1;C; "7:;7+3 15 )09 Traditio  wird  man  in  diesem  Jahr  ganz  groĂ&#x;  schreiben.  Ein  Kreis  wird  sich  wieder  schlieĂ&#x;en,  oder  besser  gesagt  â&#x20AC;&#x201C;  zwei:  600  Jahre  Uni!  Wie  wird  eigentlich  Innovatio  gefeiert? '): >744;-6 #1- >-9,-6 )4: #1- )09- >)9-6 Tänzerin,  Architektin,  Ă&#x201E;rztin  oder  â&#x20AC;&#x17E;et- wasâ&#x20AC;&#x153;  mit  Sprachen  machen  â&#x20AC;Ś  sehr  reif,  nicht  wahr?  Dieses  â&#x20AC;&#x17E;etwasâ&#x20AC;&#x153;  hat  mich  nach  Rostock  gefĂźhrt.  Und  das  ist  auch  gut  so!
'): 0); #1- 4-;@;41+0 *->7/-6 09- *-9<K1+0- )<.*)06 -16@<:+04)/-6 Ich  komme  aus  einer  Lehrerfamilie  â&#x20AC;&#x201C;  und  ich  hatte  mich  immer  dagegen  ge- wehrt.  â&#x20AC;&#x201C;  Unterrichten?  Niemals!  Die  Zeit  hat  aber  gezeigt,  ich  bin  eine  von  ihnen.  Im  Unterricht  â&#x20AC;&#x201C;  der  Spanier  wĂźrde  sa- gen:  â&#x20AC;&#x17E;Estoy  en  mi  salsaâ&#x20AC;&#x153;  (wĂśrtlich  â&#x20AC;&#x17E;Ich  bin  in  meiner  Sauceâ&#x20AC;&#x153;)  â&#x20AC;&#x201C;  fĂźhle  ich  mich  wohl. '-4+0- )3;79-6 *-:;155-6 16 -9:;-9 161- 09-6 *-9<K1+0-6 44;)/ '): 5)+0; -16-6 /<;-6 9*-1;:;)/ )<: Neben  vielen  bĂźrokratischen  Sachen:  Unterricht  vorbereiten,  recherchieren,  planen,  Altes  verbessern,  Neues  aus- denken,  Gespräche  mit  Kollegen  und  Studenten  â&#x20AC;Ś  Mist!  Es  ist  zwei  vor  drei!  +' 4'22' 4706'4D+6<'0 E&+' 748' -4+'- genâ&#x20AC;&#x153;,  und  der  Vorhang  geht  auf  â&#x20AC;Ś Was  einen  guten  Arbeitstag  ausmacht?  â&#x20AC;&#x201C;  Wenn  es  gefunkt  hat!  Wenn  ich  mer- ke,  meine  Studenten  sind  ßberrascht  worden,  haben  zusätzlich  (oder  haupt- sächlich)  etwas  gelernt  und  fĂźhlen  sich  â&#x20AC;&#x17E;in  ihrer  Sauceâ&#x20AC;&#x153;. '-4+0- 6;-9-::-6 7,-9 7**?: 0)- *-6 #1- 6-*-6 09-5 -9<. Meine  Kinder  genieĂ&#x;en!,  â&#x20AC;&#x17E;Ostseeenâ&#x20AC;&#x153;  zu  jeder  Jahreszeit.  Nähen,  Kino,  lesen,  tanzen  â&#x20AC;Ś 09 -*-6:57;;7 1:; Immer  neugierig  sein.  (â&#x20AC;&#x17E;  El  saber  no  ocu- pa  lugar.â&#x20AC;&#x153;) '): >E9,-6 #1- ,-6 @<3E6.;1/-6 #;<,1-9-6,-6 9);-6 Bereits  im  Mai  schon  die  Badehose  ein- packen  (oder  nicht)  und  in  die  Ostsee  springen!  Denn  ab  Juni  ist  der  Hoch- sommer  neuerdings  vorbei.  Und:  Claro!  Einen  Kurs  im  Sprachenzentrum  besu- chen!  Vale  la  pena  â&#x20AC;&#x201C;  Es  lohnt  sich! Â
Über die Zusammenarbeit zwischen der Uraler Staatlichen Universität für Wirtschaft (USUE) und dem Sprachenzentrum der Universität Rostock Jekaterina Suewa, Leiterin des Sprachbereichs Deutsch am Lehrstuhl für Fremdsprachen der USUE Die Zusammenarbeit zwischen der Universität und dem Sprachenzentrum begann, als sich die Mitarbeiterin des Sprachenzentrums Monika Raab und die Oberlehrerin des Lehrstuhls für Fremdsprachen der USUESINCH Galina Monachowa im Jahre 1996 kennenlernten.
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Auf Antrag von Frau Monachowa an den DAAD wurde die Genehmigung für die Unterzeichnung eines bilateralen Abkommens über die Zusammenarbeit zwischen den beiden Einrichtungen erteilt. Im Jahre 1997 reiste Frau Raab zum Gegenbesuch nach Jekaterinburg, und seit 1999 kommt Ingolf Hodl. Der Dozentenaustausch erfolgt in der Regel alle zwei Jahre. Während ihrer 2-wöchigen Aufenthalte führen die deutschen Lehrkräfte praktische Lehrveranstaltungen in deutscher Sprache und die Lehrkräfte der russischen Universität entsprechend in der russischen Sprache durch – jeweils in Studentengruppen mit unterschiedlichem Ausbildungsstand: von Anfängern“ bis zu ” Fortgeschrittenen“. ” Eine obligatorische Bedingung des Vertrages sind auch Vorträge des Gastdozenten für Kollegen und Studenten zu Themen der Sprachwissenschaft und Landeskunde. Ein wichtiges Ergebnis der Zusammenarbeit war die Herausgabe der Lehrbücher Deutsch für Öko” nomen. Teil 1“ ( Jekaterinburg, 2004) und Deutsch für Studenten der Fachrichtung Warenkun” de und Warenprüfung“ ( Jekaterinburg, 2006 – empfohlen vom Pädagogisch-methodischen Verband der Hochschulen Russlands für die Ausbildung auf dem Gebiet der Warenkunde und Warenprüfung) der Dozenten des Lehrstuhls für Fremdsprachen der USUE E. Suewa, A. Komowa, G. Monachowa und W. Osipowa im Autorenkollektiv mit Herrn I. Hodl.
Jekaterina Suewa, Leiterin des Sprachbereichs Deutsch am Lehrstuhl für Fremdsprachen der USUE
Die Universität in Jekaterinburg
Ins Deutsche übersetzt von Ingolf Hodl
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Sprachen öffnen Türen – Qualität auch Silke Wollscheid, Qualitätsbeauftragte „Qualität ist kein Zufall; sie ist immer das Ergebnis angestrengten Denkens.“ So wird der englische Schriftsteller, Kunsthistoriker und Sozialphilosoph John Ruskin (18191900) zitiert. Im Sprachenzentrum der Universität Rostock wurde in den letzten 60 Jahren meines Erachtens schon recht viel angestrengt gedacht.
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Im Oktober 2011 kam ich als Qualitätsbeauftragte im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts Qualität garantieren: ” Professoren, Studierende und Dienstleister im Dialog für eine kompetenz- und forschungsorientierte Lehre“ an die Universität Rostock. Ein Ziel des Projekts ist die Verbesserung und Qualitätssicherung von Studium und Lehre an den Fakultäten und zentralen Einrichtungen. Bevor ich mich als Qualitätsbeauftragte der Qualitätssicherung von Studium und Lehre im Sprachenzentrum widmete, hatte ich nur eine grobe Vorstellung, welche Art der Organisation mich erwartete. Sprachenzentren an Universitäten sind, so war meine bisherige Wahrnehmung, oft Zwei- bis Drei-Mann oder -Frau-Betriebe, die mit einem Heer mäßig bezahlter Lehrbeauftragter einen für alle Fakultäten offenen Lehrbetrieb irgendwie“ am Laufen halten. ” Das Sprachenzentrum an der Universität Rostock lernte ich als gut organisierte Einheit eines 21-köpfigen festen Mitarbeiterstamms kennen. Beeindruckend. Dazu kommen zusätzlich noch ca. 20 Lehrbeauftragte, die selbstverständlich auch in Rostock willkommen und notwendig sind, um ein möglichst vielfältiges Sprachangebot zu bieten. Diese Organisation drückt schon in ihrer Struktur aus, dass die Universität Rostock auf eine kontinuierliche Qualität der Vermittlung von Sprache und interkulturellem Wissen Wert legt. In einer Welt, die durch globale Kommunikation und Wirtschaft vermeintlich kleiner wird und in der die Nationen näher zusammen rücken, wird eine gute Verständigung – sprachlich und kulturell – immer wichtiger. So zeichnet sich die Qualität der Lehre am Sprachenzentrum nicht nur durch eine reine Sprachvermittlung, sondern auch durch eine kulturelle und fachspezifische
silke wollscheid, qualitätsbeauftragte
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EINBLICKE
Wissensvermittlung aus. Nicht die Forschung, sondern die Lehre ist die besondere Expertise, die mit Leidenschaft betrieben wird. Besonders begeisternd finde ich die variantenreiche angewendete Didaktik und Methodik, die den Lernenden in den Mittelpunkt stellt – von videobasierten Analysen von Präsentationen über Projektarbeit bis hin zu Rollenspielen. Erlebt habe ich das Sprachenzentrum so auch als Kreativzentrum, wo moderne Ideen aufgenommen und einfach einmal ausprobiert werden. Die Qualität der Lehre öffnet den Studierenden am SprachenDie Qualität der Lehre zentrum Türen zu Kompetenzen, die im Studium und auf dem Arbeitsmarkt öffnet den Studierenrelevant sind. den am Sprachenzen Besonders profitiere ich aber von der Qualität des persönlichen Umgangs trum Türen zu Kompetenzen, die im Studium untereinander im Sprachenzentrum, zwischen der Leiterin und den Beschäfund auf dem Arbeitstigten als auch zwischen den Kolleginnen und Kollegen. Diese Qualität des markt relevant sind. positiven und wertschätzenden Umgangs öffnet Türen – sprichwörtlich als auch im Sinne des ideellen Austausches und einer fruchtbaren, unterstützenden Feedbackkultur. So wurde ich auch als Qualitätsbeauftragte, die in vielen Organisationen oft skeptisch beäugt werden, herzlich aufgenommen. Diese Kultur des Umgangs wird auch in die Seminarräume übertragen. Die letzte Lehrveranstaltungsevaluation wies darauf hin, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer besonders die gute (Arbeits-)Atmosphäre und die freundlichen und kompetenten Dozentinnen und Dozenten schätzen. Die Qualität in Studium und Lehre am Sprachenzentrum ist aktuell, wie oben beschrieben, auf einem guten 200
Sprache öffnet Türen – Qualität auch
Niveau; dennoch fühle ich mich nicht nutzlos, denn Verbesserungen sind immer möglich. Schließlich gilt es, die erreichte Qualität zu sichern und ich kann somit den Worten des schweizerischen Dichters Gottfried Keller (1819–90) nur beipflichten: Wir bleiben nicht gut, wenn wir nicht im” mer besser zu werden trachten.“ In diesem Sinne bin ich froh, dieses Sprachenzentrum eine Zeit lang dabei unterstützen zu dürfen, die Türen für Qualität offen zu halten oder noch ein bisschen weiter zu öffnen. Von Herzen alles Gute zum 60-jährigen Bestehen!
Das Team des Sprachenzentrums im Sommer 2011
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zahlen & Fakten ws 2011/12 ss 2012
ws 2012/13
ss 2011
127
158
136
anzahl DeR sPRachKURse InsGesaMT
49 2 10 17 28 19 19 6 4 9 1
englisch chinesisch schwedisch latein Deutsch spanisch spanisch Russisch Italienisch Franzรถsisch arabisch
sPRachKURse IM wInTeRseMesTeR 2012/13
202
145
4% 2% 4% 7% 6% 2% 13 % 31 % 12 % 19 %
sonstige ThF IeF MsF aUF JUF MeF PhF MnF wsF
anTeIl DeR FaKUlT채Ten IM wInTeRseMesTeR 2012/13
ws 2011/12 ws 2012/13
ws 2010/11 ss 2012 ss 2011
1774 1861
2086
1607 1768
anzahl DeR sTUDenTInnen UnD sTUDenTen InsGesaMT
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zahlen & FaKTen
ss 2011 ss 2012
ws 2010/11
94
ws 2011/12
163
155
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anzahl DeR UnIceRT-zeRTIFIKaTe InsGesaMT
89 47 30 14 18
englisch schwedisch spanisch Russisch Französisch
anzahl DeR UnIceRT®-zeRTIFIKaTe nach sPRachen
44 % 36 % 20 %
Grundstufe aufbaustufe vertiefungsstufe
anzahl DeR UnIceRT®-zeRTIFIKaTe nach sTUFen
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unicert-akkreditierung
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Ausblicke
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Die Universität von ”morgen benötigt und erwartet eine professionelle Sprachlehre, die gestützt wird von den Erkenntnissen relevanter Forschung , nicht von der Tiefe des Gemütes.“ Prof. em. Dr. Bernd Voss 207
(Fremd)sprachen – und die Universität von morgen? Prof. em. Dr. Bernd voss, Institut für anglistik und amerikanistik der TU Dresden
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Die Universität von morgen ... ist international ausgerichtet und zukunftsorientiert.
sieht Fremdsprachen und ihren erwerb als zentrale profillinie der universität, nicht als zierendes Beiwerk.
fordert und fördert Aufenthalte und Beziehungen ihrer Lehrenden und studierenden im / mit dem Ausland ebenso wie internationaler Lehrender und studierender im eigenen hause.
hat ein sprachenprofil, d. h. ein (sprachen)Angebotsspektrum als ergebnis strategischer planung, nicht als ergebnis zufälliger Ad-hoc-entscheidungen oder momentaner modeerscheinungen.
orientiert ihr sprachenprofil an den Auslandsbeziehungen der Fakultäten, unterstützt damit deren strategische weiterentwicklung, sie bereitet die studierenden auf ihre Auslandsaufenthalte vor und berücksichtigt die sprachlernnotwendigkeiten ihrer ausländischen gäste. 209
aUsBlIcKe
misst der (sprach)Lehre einen wert bei, der es für qualifizierte spitzenkräfte attraktiv macht, hier ihren Beitrag für die weiterentwicklung der universität zu leisten, anstatt als marginal angesehen zu werden.
sieht im Angebot allgemeinsprachlicher, sog. ”internationaler“ zertifikate, deren erwerb nicht berücksichtigen kann (und darf), ob oder was jemand studiert, eine randerscheinung, aber keinen ersatz für eine universitätsspezifische Fremdsprachenausbildung.
sieht ebenso, dass Fachveranstaltungen in einer Fremdsprache noch kein sprachunterricht sind.
investiert die ressourcen, die derzeit in die subventionierung privatwirtschaftlicher (Akkreditierungs-/ qualitätskontroll-)Agenturen geleitet werden, direkt in Ausbau und weiterentwicklung einer vorbildlichen universitären (sprach)Lehre.
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(Fremd)sprachen – und die Universtität von morgen?
benötigt und erwartet eine universitäre sprachlehre, die sich in inhalt wie Form signifikant von allgemein(sprachlich)er sprachlehre unterscheidet. Einige Besonderheiten universitätsspezifischer Sprachlehre:
Inhaltliche orientierung: Fähigkeit zur Teilnahme am wissenschaftlichen Diskurs der Fachdisziplin in der zielsprache, Fähigkeit zur angemessenen verwendung der zielsprache in ausübung eines akademischen Berufes ( z. B. bei Praktikum, Famulatur, Traineeship, abordnung, beruflicher Tätigkeit ), Fähigkeit zu alltagstauglicher Kommunikation und den sozialnormen entsprechendem verhalten im land der zielsprache. Besonderheiten in Form / Modalität der ausbildung: steile Progression, kognitiver support, expliziter Rekurs auf vorliegende sprach- und sprachlernerfahrungen, explizites nutzen der besonderen Möglichkeiten eines akademischen Umfelds (z.B. Tandem, blended learning, [semi-]autonomes lernen, simulationen, Fallstudien etc.), zukunftsorientierte experimentelle lernformen unter wachsendem IT-einfluss ... es ist offensichtlich, dass eine allgemein(sprachlich)e Fremdsprachenlehre nur einen geringen Teil dieses spektrums abdeckt. Und ebenso, dass Fachveranstaltungen in einer Fremdsprache noch kein sprachunterricht sind.
bündelt die hierfür einzusetzenden finanziellen und personellen ressourcen in einer auf universitären sprachenunterricht spezialisierten organisationseinheit (sprachenzentrum) und nutzt die sprach- und fachübergreifenden synergieeffekte. 211
aUsBlIcKe
bedient sich bei der Festlegung in den studiengängen von mitzubringenden oder zu erreichenden niveaus der sprachbeherrschung der expertise des sprachenzentrums.
erschöpft sich nicht in der Definition von zielmarken, sondern schafft auch die möglichkeit, die entsprechenden Kompetenzen zu erwerben.
benötigt und erwartet eine professionelle sprachlehre, die gestützt wird von den erkenntnissen relevanter Forschung, nicht von der tiefe des gemütes.
beschäftigt hierfür professionelle sprachlehrkräfte, nicht Amateure oder überhängiges personal, das für andere Aufgaben nicht gut genug ist.
betreibt im sprachlehrbereich eine aktive personalentwicklung als qualitätsfördernde maßnahme, keine reaktive, in welcher nur das Datum des schließlichen Ausscheidens der mitarbeiter von interesse ist.
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(Fremd)sprachen – und die Universtität von morgen?
ist zukunftsorientiert auch in der (sprach)Lehre eines sprachenzentrums und versteht die Funktion der einrichtung als Laboratorium für neuere entwicklungen, mit Führungs- und Vorbildcharakter auch für sprachunterricht außerhalb der universität.
ermöglicht bei Lücken an belastbaren erkenntnissen der Forschung zeitweilige Abordnungen von sprachlehrenden zur Bearbeitung relevanter, die Arbeit des sprachenzentrums betreffender Forschungsfragen.
erhöht die sichtbarkeit und wertigkeit der sprachausbildung nach innen wie außen durch ernennung langjährig erfolgreicher Leiter von sprachenzentren zu apl. professoren.
Die Universität von morgen wartet nicht auf über-(überüber...-) morgen, um sich all dies zu eigen zu machen. Denn dann wäre sie schnell von gestern. 213
Presseschau
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„Junge Leute stürmten gestern Uni-Sprachenzentrum“ Ostsee-Zeitung, 15. Oktober 1999
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PResseschaU
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nnn, 17.01.1996
Medienecho
osTsee-zeITUnG, 15.10.1999
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presseschau
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NNN, 21.03.2001
Medienecho
Ostsee-Zeitung, 18.07.2002
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presseschau
Traditio et innovatio
50 Jahre fachbezogene Fremdsprachenausbildung an der Universität Rostock Viele Studierende und Beschäftigte unserer Alma mater kennen das Sprachenzentrum mit seinen vielfältigen Angeboten zur Vermittlung von Fremdsprachenkenntnissen für Studium und Beruf. Nur wenigen Eingeweihten ist allerdings bewusst, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sprachenzentrums in diesen Tagen auf eine 50-jährige Geschichte zurückblicken können, die mit der Gründung der Abteilung Sprachunterricht als eigenständige Einrichtung der Universität Rostock am 1. September 1953 begann. Diese fünf Jahrzehnte waren gekennzeichnet durch vielfältige, mitunter konträre, gesellschaftliche, insbesondere hochschulpolitische Entwicklungen und Umbrüche: So waren nicht nur das Sprachenangebot, die Inhalte und Formen der Ausbildung, sondern auch der Status der Einrichtung einem steten Wandel unterworfen – die verschiedenen Namen, unter denen das heutige Sprachenzentrum in der Vergangenheit firmierte, bringen dies signifikant zum Ausdruck. Gleichwohl belegt die historische Entwicklung eindrucksvoll die Bedeutung der fachbezogenen und hochschulspezifischen Fremdsprachenausbildung als eigenständige Disziplin neben den traditionellen Philologien und die Notwendigkeit einer kontinuierlichen wissenschaftlichen Reflexion der eigenen Tätigkeit. Dies ist nicht etwa als eine bloße historische Reminiszenz, sondern durchaus als Programmatik für die Zukunft zu verstehen: Angesichts zunehmender Internationalisierungsbestrebungen der Hochschulen gehören fremdsprachliche Kompetenzen heute zu den unverzichtbaren Schlüsselqualifikationen. Die wachsenden Anforderungen des globalisierten
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Arbeitsmarktes erfordern Ausbildungsmodelle, die den spezifischen Bedürfnissen der Studierenden entsprechen. Ideal ist dabei die Integration der Sprachausbildung in das Studium des gewählten Faches, wie sie an einigen Fakultäten bereits Realität ist. Ganz entscheidend ist die konsequente Qualitätssicherung durch Zertifikatssysteme, die sich an einheitlichen Standards orientieren und somit die Vergleichbarkeit der Leistungen der Studierenden anderer Hochschulen auf nationaler (Hochschulfremdsprachenzertifikat UNIcert) und möglichst auch internationaler Ebene (Europäischer Referenzrahmen) ermöglichen. Zudem hat in den vergangenen 50 Jahren noch nie ein so rasanter Wechsel der Ausbildungsformen stattgefunden wie unter den Bedingungen der Mediengesellschaft. Daher stellen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sprachenzentrums der Herausforderung, innovative Konzepte, insbesondere für das mediengestützte und autonome Lernen, zu entwickeln, wenngleich die sinkenden finanziellen und personellen Ressourcen dafür mitunter wenig Spielraum lassen. Die Erarbeitung innovativer Lösungen für die jeweils anstehenden Aufgaben des fachbezogenen Fremdsprachenunterrichts hat sich als sicheres Fundament unserer 50-jährigen Tradition erwiesen und den Ruf des Sprachenzentrums als leistungsfähige Einrichtung der Universität begründet. Diesem Anliegen fühlen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sprachenzentrums verpflichtet, um das Lehrangebot der Universität weiterhin attraktiv zu gestalten und gleichzeitig eine neue (und – so ist zu wünschen – ebenso lange) Traditionslinie zu begründen.
Beitrag von Barbara Amling und klaus rambow für die universitätszeitung, September 2003
Medienecho
nnn, 10.09.2003
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PResseschaU
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waRnow-KURIeR, 05.10.2003
罗斯托克大学语言中心60 周年
SEXAGINTA ANNOS NATUM INSTITUTUM LINGUARUM ALMAE MATRIS ROSTOCKIENSIS
60 лет Языковому центру в университете Росток 60 Anni Centro di Lingue all‘ Università Rostock Språkcenrum vid Rostocks universtet 60 år