FLEISCHATLAS Daten und Fakten 端ber Tiere als Nahrungsmittel
2014
NEUE THEMEN
IMPRESSUM Der FLEISCHATLAS 2014 ist ein Kooperationsprojekt von Heinrich-Böll-Stiftung, Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland und Le Monde diplomatique. Inhaltliche Leitung: Christine Chemnitz Reinhild Benning Projektmanagement: Dietmar Bartz Art Direktion und Herstellung: Ellen Stockmar Übersetzungen: Bettina von Arps-Aubert Textchefin: Elisabeth Schmidt-Landenberger Dokumentation und Schlussredaktion: Bernd Cornely, Stefan Mahlke Mit Originalbeiträgen von Michael Álvarez Kalverkamp, Wolfgang Bayer, Stanka Becheva, Reinhild Benning, Stephan Börnecke, Christine Chemnitz, Karen Hansen-Kuhn, Patrick Holden, Ursula Hudson, Annette Jensen, Evelyn Mathias, Heike Moldenhauer, Carlo Petrini, Tobias Reichert, Marcel Sebastian, Shefali Sharma, Ruth Shave, Ann Waters-Bayer, Kathy Jo Wetter, Sascha Zastiral V. i. S. d. P.: Annette Maennel, Heinrich-Böll-Stiftung 1. Auflage, Januar 2014
Produktionsplanung: Norman Nieß, taz Verlags- und Vertriebs GmbH Druck: möller druck, Ahrensfelde Klimaneutral gedruckt auf 100 % Recyclingpapier.
Dieses Werk steht unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland“ (CC BY-SA 3.0 DE). Der Text der Lizenz ist unter http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode abrufbar. Eine Zusammenfassung (kein Ersatz) ist unter http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/ nachzulesen.
BESTELL- UND DOWNLOAD-ADRESSEN Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8, 10117 Berlin, www.boell.de/fleischatlas Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland/Versand, Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, www.bund.net
FLEISCHATLAS Daten und Fakten 端ber Tiere als Nahrungsmittel
2014
INHALT 2 IMPRESSUM 6 VORWORTE 50 ÜBER UNS 8 ELF KURZE LEKTIONEN 10 UNERSÄTTLICHER WELTMARKT In Asien findet im Schnelldurchgang ein Wandel statt, den die Industrieländer längst hinter sich haben: Die Mittelschichten lösen eine Nachfrage aus, die mit dem Einsatz von Kapital und Technik bedient wird. Doch für Rinder ist jetzt weniger Platz als für Schweine und Hühner – vor allem aber boomen indische Büffel.
12 KONZENTRATION – DIE ZUKUNFT DER GLOBALISIERTEN INDUSTRIE Größenvorteile senken die Erzeugerpreise und steigern den Umsatz. Mit Zukäufen von Unternehmen stoßen die weltweit aktiven Fleischkonzerne unter die Größten der Lebenmittelbranche vor. Jetzt schlägt die Stunde der Banken, die auf Rohstoffmärkten spekulieren, Kredite anbieten und weitere Fusionen planen.
14 FREIHÄNDLER WITTERN MORGENLUFT USA und EU verhandeln über ein neues Handelsabkommen. Die Wunschliste der Industriekonzerne ist lang. Amerikaner möchten europäische Schutzvorschriften gegen Hormone, Antibiotika und Genmanipulationen aushebeln, Europas Fleischkonzerne hingegen endlich wieder Rindfleisch über den Atlanik verkaufen.
16 ROSAROT IM KÜHLREGAL Supermärkte mit Kühltruhen und Fast-Food-Ketten mit Qualitätsversprechen verändern das Einkaufen in den Städten der Boomländer. Die Städte wachsen so schnell, dass kleine Läden die Menschen nicht mehr versorgen können. Diese Aufgabe übernehmen kapitalstarke Lebensmittelketten.
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18 IN DEN SCHLACHTHÖFEN DER WELT Das Töten von Tieren zur Herstellung von Nahrungsmitteln ist hoch industrialisiert. Die Schlachthöfe der globalen Konzerne verfügen über unvorstellbare Kapazitäten und liegen fern der Städte – Konsumenten sehen keine Verbindung mehr zwischen einem lebenden Tier und einem eingeschweißten Filet.
20 DEUTSCHES DUMPING-SCHLACHTEN Großbetriebe dominieren auch in Deutschland die Schlachthofbranche. Billiglöhne für die Leiharbeiter aus dem Osten der EU begünstigen weitere Investitionen der Konzerne. Doch gegen noch mehr Mast- und Schlachtanlagen regt sich Widerstand.
22 TIERGENETIK: EINE HANDVOLL ARTEN FÜR DIE GANZE WELT Das Zuchtmaterial für die meisten Tiere in der industriellen Landwirtschaft stammt von einigen wenigen Firmen. Sie dominieren auch die Erforschung neuer Hochleistungsrassen. Dabei macht die zurückgehende genetische Vielfalt die Nutztiere anfälliger für Schädlinge, Krankheiten und Wetterextreme.
24 HORMONE – DER KAMPF UM DAS NEIN Hormonfleisch und -milch sollen in Europa wieder zugelassen werden – darum bemühen sich die USA seit mehr als 25 Jahren. Dabei sind in der EU nur Wachstums-, nicht aber Sexualhormone verboten.
26 TIERFUTTER VERGEUDET ACKERLAND 70 Prozent aller agrarischen Nutzflächen werden heute in irgendeiner Weise für die Tierfütterung beansprucht. Dabei wären sie effizienter für die Produktion menschlicher Nahrungsmittel zu verwenden.
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28 SCHNITZEL, WÜRSTCHEN, GLYPHOSAT Was essen die Tiere, die wir essen? Wenn Fleisch, Milch und Eier Rückstände von Pestiziden, Herbiziden oder Medikamenten enthalten, nehmen wir diese Stoffe womöglich auch zu uns. Zwar schützen Gesetze vor den gefährlichsten Substanzen, aber sie bieten auch Schlupflöcher und ermöglichen Grauzonen, wie das Beispiel Glyphosat zeigt.
30 ARGENTINIEN, DAS SOJA-REICH Die globale Nachfrage nach Tierfutter hat einen neuen Typ Farmer hervorgebracht und der Regierung in Buenos Aires enorme Steuereinnahmen verschafft. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat soziale, ökologische und gesundheitliche Auswirkungen, die in der argentinischen Öffentlichkeit kaum diskutiert werden.
32 HÜHNER – WELTWEITER STEIGFLUG IN DIE FABRIK In den Industrieländern, wo die Geflügelproduktion hoch industrialisiert ist, wird mittlerweile mehr Hühnerals Rindfleisch konsumiert. In Asien wird sich die Nachfrage vervielfachen. Hier endet die Zeit der Kleinproduzenten, Händler auf Fahrrädern und Lebendvogelmärkte.
34 DIE ZWEIFEL DER REICHEN In den Industrieländern scheint der Höhepunkt des Fleischbooms vorbei zu sein. Skandale haben die Konsumenten verunsichert, Informationen über die Folgen der Massentierhaltung sind weithin zugänglich. Aber Biofleisch bleibt für viele Menschen zu teuer, und neue Gütesiegel verwirren die Interessenten.
36 DIE NEUE HUNGRIGE MITTELKLASSE – VON RIO BIS SCHANGHAI Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – woher die Tiere und ihr Futter kommen sollen, um den künftigen Fleischkonsum in den fünf „Brics“-Ländern zu decken, weiß heute noch niemand.
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38 URBANE TIERHALTUNG Tiere in der Stadt – für viele ein Widerspruch in sich. Gehören sie nicht aufs Land, jenseits von Lärm, Gestank und Luftverschmutzung? Und doch sind gerade sie für viele ärmere Stadtbewohner eine wichtige Lebensgrundlage, denn sie liefern preiswertere Nahrung als ihre Artgenossen auf dem Lande.
40 PROTEIN AUS GRAS UND GESTRÜPP Nomaden halten ihr Vieh auf Land, das für Nutzpflanzen ungeeignet ist. Sie produzieren große Mengen Nahrungsmittel und tragen zum Schutz der Natur bei. Aber sie erhalten zu wenig politische und rechtliche Unterstützung. Existenziell bedrohlich sind die Beschränkungen ihrer Wanderwirtschaft.
42 GUTE LEBENSMITTEL GESUCHT Bewusste Verbraucher in der reichen Welt erwarten Fleisch von hoher Qualität aus umweltfreundlicher, artgerechter Produktion. Als bewusste Akteure im Nahrungsmittelsystem können sie auch „solidarische Landwirtschaft“ treiben.
44 EINZELN UND GEMEINSAM TIERE, MENSCHEN UND UMWELT SCHÜTZEN Eine große Zahl von Organisationen und Netzwerken versucht naturgemäßere Agrarsysteme durchzusetzen. Individuelle Entscheidungen können zu anderen Arten der Ernährung führen. Am Ende entscheidet die Gesellschaft.
46 EINE SINNVOLLE EU-AGRAR-POLITIK
20 Themen und 60 Grafiken über die Folgen der industriellen Tierhaltung
Jahrzehntelang hat die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union die landwirtschaftliche Produktion verzerrt. Zu langsam wird sie umweltbewusster. Aber es ist auch eine GAP vorstellbar, die aktiv für eine sozial und ökologisch vertretbare Viehwirtschaft eintritt.
48 AUTOREN UND QUELLEN VON TEXTEN, KARTEN UND DATEN
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VORWORTE
F
ragen Sie sich auch manchmal, woher die Steaks, Würstchen oder Burger kommen, die Sie gelegentlich verspeisen? Und selbst wenn Sie es wüssten, könnten Sie dann sagen, unter welchen Umständen und mit welchen Folgen das Fleisch für Ihre Mahlzeit produziert wurde? Nein? Das verwundert nicht, denn darüber steht auch nichts auf den Verpackungen von Wurst und Fleisch in den Supermärkten. Woher also sollen durchschnittlich informierte Konsumentinnen und Konsumenten wissen, dass ihr Fleischkonsum Auswirkungen rund um den Globus hat? Wer weiß schon, dass die massenhafte und global organisierte Fleischproduktion für die Abholzung des Amazonas-Regenwalds unmittelbar verantwortlich ist? Wer kennt die Auswirkungen unserer Agrarexporte auf Armut und Hunger in Ländern wie Kamerun oder Ghana, auf Vertreibung und Migration, auf Klimawandel und Artenvielfalt? Und wie kann das Menschenrecht auf Nahrung, dem sich fast alle Länder der Welt verpflichtet haben, überhaupt umgesetzt werden, wenn sich die Flächen für den
Anbau von Futtermitteln in den Entwicklungsländern für den Fleischkonsum der reichen Staaten immer weiter ausdehnen? Globalisierte Agrarkonzerne auf der Jagd nach Anbauflächen tragen dazu bei, dass Bauern von ihrem Land vertrieben werden und so die Grundlage ihrer Ernährungssicherheit verlieren.
W
ie soll außerdem das weltweit vereinbarte Ziel erreicht werden, den Verlust der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2020 zu bremsen? Die agrarindustrielle Bewirtschaftung verwandelt immer mehr artenreiche Wiesen in Mais- oder SojaMonokulturen. Und die Gülle aus der Massentierhaltung trägt immer weiter zur Überdüngung bei und ist eine der Hauptursachen des Artensterbens. Die großen Agrarkonzerne versuchen, die negativen Auswirkungen der Fleischproduktion unter den Teppich zu kehren. Ihre Werbeversprechen suggerieren den Konsumenten das Bild einer heimatverbundenen und intakten bäuerlichen Tierhaltung – die Leiden der Tiere, ökologische Schäden oder sozial negative Auswirkungen
Die FleischIndustrie will die negativen Seiten ihrer Produktion verbergen
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werden hingegen verheimlicht. Die Heinrich-Böll-Stiftung hat vor einem Jahr zusammen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Le Monde diplomatique einen „Fleischatlas“ mit Daten und Fakten veröffentlicht, der die globalen Zusammenhänge der Fleischerzeugung durchleuchtete. Jetzt, Anfang 2014, veröffentlichen wir eine Fortsetzung, die erneut hinter die Kulissen der Schlachthöfe und der Fleischindustrie blickt.
D
er Einsatz von Hormonen, die Rolle der Fast-Food-Ketten, aber auch die neuen Fleischgroßkonsumenten wie China und Indien nehmen wir unter die Lupe. Und wir stellen die Frage, welche Auswirkungen das aktuell diskutierte „Freihandelsabkommen“ zwischen den USA und der EU für die Bauern, ihre Produkte und ihre Tiere hat. Weltweit haben es die Verbraucherinnen und Verbraucher satt, von der Agrarindustrie für dumm verkauft zu werden. Anstatt – wie in der EU und den USA üblich – die Massentierhaltung mit öffentlichen Geldern zu fördern, verlangen sie vernünftige politische Rahmenbedingungen
für eine ökologische, soziale und ethisch vertretbare Landwirtschaft. Deshalb ist es der Heinrich-Böll-Stiftung und dem BUND so wichtig, über die negativen Auswirkungen der Fleischproduktion zu informieren und Alternativen aufzuzeigen.
Soll „Konsum in Verantwortung“ funktionieren, benötigt er viel Information
Jede und jeder soll selbst entscheiden können, was sie oder er essen möchte. „Konsum in Verantwortung“ wird von immer mehr Menschen gefordert. Dafür benötigen sie umfangreiche Informationen. Wir hoffen, dass wir mit diesem „Fleischatlas 2014“ einen Beitrag dazu leisten. Barbara Unmüßig Heinrich-Böll-Stiftung
Hubert Weiger Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
I
ch will mir mein saftiges Steak nicht madig machen lassen! Die Lebensmittelkonzerne diktieren doch sowieso die internationale Agrarpolitik! – Mit derartigen Aussagen schleichen wir uns aus der Verantwortung und rechtfertigen den gleichgültigen Konsum von Tieren. Aber das Unbehagen bleibt. Wir wollen es genauer wissen, informieren uns, lesen kritische Zeitungsartikel, erkennen Zusammenhänge und engagieren uns – weil wir etwas verändern wollen.
Barbara Bauer Le Monde diplomatique
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ELF KURZE LEKTIONEN ÜBER FLEISCH UND DIE WELT 1
ERNÄHRUNG IST NICHT NUR PRIVATSACHE. Sie hat ganz konkrete Auswirkungen auf das Leben der Menschen in allen Ländern, an die wir häufig nicht denken, wenn wir ein Stück Fleisch essen. Auf die Umwelt, die biologische Vielfalt und das Klima. Auch bei uns.
Wasser, Wald, Landnutzung, Klima und Biodiversität:
DIE UMWELT LIESSE SICH DURCH EINEN GERINGEREN FLEISCHKONSUM UND EINE ANDERE ART DER Produktion leicht schützen.
2
Die globale Mittelschicht isst zu viel Fleisch.
3 4
HOHER FLEISCHKONSUM FÜHRT ZU EINER INDUSTRIALISIERTEN LANDWIRTSCHAFT. Nur einige wenige internationale Konzerne profitieren von ihr und bauen ihre Marktmacht immer weiter aus.
NICHT NUR IN AMERIKA UND EUROPA, SONDERN ZUNEHMEND AUCH IN CHINA, INDIEN und anderen Boomländern.
5 Der Konsum verändert sich. Vor allem
STÄDTER ESSEN IMMER MEHR FLEISCH. Bevölkerungswachstum spielt dabei eine untergeordnete Rolle.
8
FLEISCHATLAS 2014
Kein landwirtschaftlicher Teilbereich ist so stark international verflochten, produziert so massenhaft und wächst gleichzeitig so stark wie die Geflügelproduktion –
SEHR ZUM LEIDWESEN DER TIERE, DER KLEINEN PRODUZENTEN UND DER UMWELT. 6
7
INTENSIVE FLEISCHPRODUKTION KANN KRANK MACHEN – nicht nur durch den Gebrauch von Antibiotika und Hormonen, sondern auch durch den exzessiven Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Futterproduktion.
Urbane und bäuerliche Tierhaltung
8 ARMUT LINDERN, FÜR GESCHLECHTERGERECHTIGKEIT UND EINE GESUNDE ERNÄHRUNG können
sorgen – nicht nur im globalen Süden.
10 Alternativen gibt es: Viele zertifizierte Produktionen des ökologischen Landbaus zeigen, WIE
EINE ANDERE FLEISCHPRODUKTION AUSSEHEN KÖNNTE, die die Umwelt und die menschliche Gesundheit schützt und annehmbare Lebensbedingungen für Tiere garantiert.
FLEISCHATLAS 2014
9
FLEISCHKONSUM MUSS KEIN KLIMA- UND UMWELTKILLER SEIN. Im Gegenteil. Wenn Tiere auf Weiden artgerecht und in passender Zahl gehalten werden, kann das sogar vorteilhaft für Klima und Umwelt sein.
11
WANDEL IST MÖGLICH. Entgegen der Behauptung, dass sich die Gewohnheiten beim Fleischkonsum nicht ändern werden, gibt es inzwischen viele Menschen, die es nicht als Verzicht empfinden, kein oder wenig Fleisch zu essen, und die eine gesunde Ernährung und einen verantwortungsvollen Konsum als modernen Lebensstil empfinden.
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UNERSÄTTLICHER WELTMARKT In Asien findet im Schnelldurchgang ein Wandel statt, den die Industrieländer längst hinter sich haben: Die Mittelschichten lösen eine Nachfrage aus, die mit dem Einsatz von Kapital und Technik bedient wird. Für Rinder ist jetzt weniger Platz als für Schweine und Hühner – vor allem aber boomen indische Büffel.
Weltweit, Prognose für 2013, in Millionen Tonnen
Handel
Weltweit, Prognose für 2013, in Millionen Tonnen
13,8
0,9 68,1
114,2
308,2
10
Schwein andere Schaf, Ziege
Rind, Kalb Geflügel
Verbrauch
Weltweit, Prognose für 2013, in Prozent
Weltweit, pro Kopf, Prognose 2013, Kilogramm/Jahr
9,9 8,6
7,2
106,4
Rind, Kalb Geflügel
FAO
Handel FAO
Produktion
FAO
Exportieren kann nur, wer die Qualitätsansprüche der Abnehmerländer erfüllt
Raum gehalten werden. Damit befriedigen sie die unersättliche Nachfrage nach billigem Fleisch. Bis 2022 wird fast die Hälfte des zusätzlich konsumierten Fleischs Geflügel sein. Die Produktion von Rindfleisch hingegen wächst kaum. Die USA bleiben mit 11 Millionen Tonnen der größte Rindfleischproduzent der Welt. Dennoch beschreibt die Fleischindustrie die Lage als dramatisch schlecht. Für 2013 rechnet sie mit einem Rückgang von 4 bis 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und sieht diesen Trend auch im Jahr 2014. In anderen traditionellen Erzeugerregionen – Brasilien, Kanada, Europa – stagniert oder sinkt die Produktion. Das Land der Stunde hingegen ist Indien – dank der Produktion von Büffelfleisch. Dessen Wachstum hat sich zwischen 2010 und 2013 fast verdoppelt, und Indien drängt damit auf den Weltmarkt: 25 Prozent des dort gehandelten Rindfleisches stammt inzwischen vom Subkontinent. Seit 2012 ist Indien – knapp vor Brasilien – der größte Exporteur von Rindfleisch, wenn man Büffel darunter mitversteht. Büffel sind kostengünstig zu halten, weshalb der Kilopreis in der Erzeugung um mehr als einen Dollar unter dem von Rindfleisch liegt. Zudem hat die indische Regierung viel Geld in Schlachthäuser investiert. Hinzu kommen die hohen Preise für Futtermittel; deren Erlöse lassen brasilianische Farmer von Rinder- auf Sojaproduktion umsteigen. So werden, wenn auch noch auf niedrigem Niveau, Marktanteile frei, die die indischen Exporteure übernehmen. In Afrika wird ebenfalls mehr Fleisch gegessen, wenn auch weder die Nachfrage noch das Angebot so wächst wie in anderen Teilen der Welt.
FAO
D
ie weltweite Nachfrage nach Fleisch steigt in den Regionen der Welt ganz unterschiedlich. In Europa und den USA, den traditionell großen Fleischproduzenten des 20. Jahrhunderts, nimmt der Konsum nur noch langsam zu oder stagniert sogar. Auf die zumeist asiatischen Boomländer werden hingegen bis 2022 rund 80 Prozent des Wachstums im Fleischsektor entfallen. Das größte Wachstum wird aufgrund der immensen Nachfrage der neuen Mittelschichten in China und Indien stattfinden. In China werden heute noch mehr als 50 Prozent der Schweine in kleinbäuerlichen Betrieben produziert. Das wird ohne Gegensteuern nicht mehr lange so bleiben. Die gleichen technikund kapitalintensiven Prozesse, die die Tierproduktion des Nordens dominieren, wachsen in die lukrativen Märkte des Südens hinein, zugleich integriert in globale Wertschöpfungsketten. Dies bedeutet, dass bald auch in den Boomländern, wenn ein Ferkel geboren wird, schon feststeht, in welcher Stadt und in welchem Supermarkt mit welcher Werbung sechs Monate später die Filets zu kaufen sein werden. Dabei sind die Rahmenbedingungen der Produktion heute grundlegend anders als früher. Die industrielle Tierhaltung in Europa und den USA hatte sich noch mit geringen Futterpreisen, niedrigen Energiekosten und billigem Land etabliert. Heute sind Agrarflächen, Futter und Energie knapp und die Kosten hoch. Daher steigt die Gesamtproduktion von Fleisch weniger stark als noch in den letzten Dekaden. Nur bei Schweinen und Geflügel wächst der Markt. Beide Tierarten verwerten das Futter gut und können auf engem
33,3
30,2
100
13,3
9,.1
Schwein andere Schaf, Ziege
Verbrauch im Inland Export
43,1 79,3
entwickelte Länder Entwicklungsländer
weltweit
FLEISCHATLAS 2014
23,0
11,4
1,4
0,6 0,9
12,4
1,7
8,1
0,5
1,6 EU
13,1
USA
9,7
0,3 0,1 3,3
2,8
Türkei
0,5
0,4
0,3 2,9
Iran
0,1 Saudi-Arabien
Ägypten
2,9
0,3
0,5
0,8 0,7
1,5
2,6
0,6 0,5
0,3
Malaysia
Uruguay
Rind, Kalb Schwein Geflügel Schaf, Ziege
1,0 0,6
Australien 0,6
0,2
0,5
Neuseeland
inzwischen von den Entwicklungs- und Schwellenländern bestimmt. Noch geht nur ein Zehntel des Fleisches in den Handel. Denn exportieren kann nur, wer den Qualitätsansprüchen in den Abnehmerländern entspricht und dies auch nachweisen kann. Die Angst vor Tierkrankheiten wie BSE, Maul- und Klauenseuche oder Vogelgrippe ist groß. Der zeitweilige Zusammenbruch der Geflügelmärkte in Südostasien und der vollständige Kollaps der britischen Rindfleischexporte haben gezeigt, wie internationale Handelsströme innerhalb kürzester Zeit versiegen können.
Kleinere Tiere, größere Mengen
Stabile Preise nur ohne Spekulanten
Schwein Schaf, Ziege
Reale Fleischpreise, 2005–2021, Dollar pro Tonne Rind, Kalb Geflügel
5000
120
OECD/FAO
Trends der Fleischerzeugung, in Millionen Tonnen
OECD/FAO
Vielerorts hat in den letzten zehn Jahren die Produktion angezogen, überproportional in bevölkerungsreichen Ländern wie Südafrika, Ägypten, Nigeria, Marokko und Äthiopien. Pro Kopf liegt der Kontinent mit 20 Kilogramm im Jahr unter dem weltweiten Durchschnitt. Zugenommen hat der Import von preiswerten Geflügelteilen, oft auf Kosten heimischer Erzeuger. Der internationale Fleischhandel nimmt schnell zu, allein in den letzten zehn Jahren um 40 Prozent. Heute dominieren noch die Industrieländer den Weltmarkt, doch sein Wachstum wird
140
Indonesien
0,3
Argentinien
Rind, Kalb Geflügel
0,1
2,1
Bangladesch
Millionen Tonnen, Durchschnitt 20102012, Angaben für 2012 sind geschätzt
0,1
0,7 0,5
0,2
1,5
Südafrika
1,8
Chile
0,2
0,2
0,5
0,2
1,7 0,2
0,2 0,3
Südkorea
1,5
0,8 0,5
0,1
Japan 0,7
0,9
Pakistan
Mexiko
China
Indien
0,1
0,9
1,3
1,0
1,7 0,3
0,2
0,2
Algerien
Brasilien
1,4 4,1
Ukraine
1,0
0,1
6,5
Russland
1,2
Kanada
1,2
17,1 0,2
0,4
10,2
1,8
50,4
3,2 2,5
2,1
19,2
FAO
Globale Fleischproduktion
Schwein Schaf, Ziege
4000
100 80
3000
60
2000
40
1000
20 0 1995
0 1999
FLEISCHATLAS 2014
2003
2007
2011
2015
2019
2021
1991
1996
2001
2006
2011
2016
2021
11
KONZENTRATION – DIE ZUKUNFT DER GLOBALISIERTEN INDUSTRIE Die Größenvorteile der Fleischkonzerne senken die Erzeugerpreise und steigern ihre Marktmacht. Mit Zukäufen von Unternehmen stoßen sie unter die Größten der Lebenmittelbranche vor. Jetzt schlägt die Stunde der Banken, die auf Rohstoffmärkten spekulieren, Kredite anbieten und weitere Fusionen planen.
I
Weltmarktpreise für Fleischarten im Vergleich
Milchprodukte werden teuer FAO
Indizes, 2002–2004 = 100 Schwein Schaf, Ziege
220
220
190
190
160
160
130
130
100
100
70
Fleisch Milchprodukte Lebensmittel
70 2007
12
Indizes, 2002–2004 = 100
FAO
Rind, Kalb Geflügel
Schweine und 12 Millionen Vögel – und zwar täglich. Sobald das Fleisch vom Knochen getrennt ist, wird es in 150 Länder ausgeliefert. Da die Gewinnmargen in der Fleischindustrie gering sind, jagen die Unternehmen Größenvorteilen hinterher: Sie versuchen die Produktion durch mehr Effizienz und zu geringeren Kosten zu steigern. Dies führt zu einer doppelten Konzentration. Einerseits werden Unternehmen durch Fusionen und Übernahmen immer größer und expandieren über Grenzen und Arten hinweg. Andererseits nimmt die Intensität der Fleischproduktion zu, indem mehr Tiere gehalten und schneller und mit weniger Abfall verarbeitet werden. Einige Analysten weisen jedoch darauf hin, dass das Fleischgeschäft von Natur aus riskant ist: Auch wenn man weiß, wie Rinder gezüchtet, geschlachtet, verarbeitet und transportiert werden, bedeutet das nicht automatisch, dass man auch Geflügelgroßbetriebe führen kann. Schwankende Dünger- und Futtermittelpreise verschärfen das finanzielle Risiko. Höherpreisige Tierfuttermittel treiben die Produktionskosten in die Höhe, senken die Gewinne und verschieben die Nachfrage. Hinzu kommen spekulative Marktmanipulationen, die zu Preissprüngen führen. Zudem verknappt der Anbau von Pflanzen, die zu Agrokraftstoffen verarbeitet werden, das verfügbare Land. Insgesamt ein Geschäft wie
FAO
Hohe Schulden der Fleischkonzerne sorgen für immer neue EigentümerWechsel
m September 2013 erwarb Shuanghui International Holdings, Hauptaktionär von Chinas größtem Fleischverarbeiter, den weltgrößten Schweinefleischproduzenten: das US-amerikanische Unternehmen Smithfield Foods. Der Gesamtpreis der Übernahme lag bei 7,1 Milliarden Dollar, darunter 2,4 Milliarden Dollar Schulden. Dieser Verkauf steht für eine Umstrukturierung, die sich weltweit über Ländergrenzen hinweg beobachten lässt. Investitionen sind keine Einbahnstraße mehr. Firmenkäufer kommen jetzt auch aus dem globalen Süden und werden im Norden fündig. JBS, ein Rindfleischunternehmen aus Brasilien, wurde mit dem Kauf mehrerer Fleischunternehmen in den USA, Australien und Europa sowie im eigenen Land Ende der 2000er Jahre zum weltweit größten Produzenten von Rindfleisch. Seit er im Sommer 2013 vom kleineren Konkurrenten Marfrig, seinerseits mit 4,7 Milliarden Dollar verschuldet, für 2,5 bis 3 Milliarden Dollar dessen Firmentochter Seara übernommen hat, ist JBS auch der weltgrößte Geflügelproduzent. Der weit verzweigte Konzern gehört inzwischen sogar zu den zehn führenden internationalen Lebensmittel- und Getränkekonzernen und setzt mit Lebensmitteln mehr um als Unilever, Cargill und Danone. Nicht sinnlich vorstellbar sind JBS’ Schlachtkapazitäten: 85.000 Rinder, 70.000
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2006
2008
2009
2010
2011
2012
2013
FLEISCHATLAS 2014
Die Top 10 der Branche LEATHERHEAD/ETC
Konzerne nach Lebensmittelumsätzen (2011–13), Milliarden Dollar 7 Smithfield Foods. Gegründet 1936; Umsatz 2012: 13,1 Milliarden Dollar. Größter Produzent und Verarbeiter von Schweinefleisch in den USA. Mit Milliardenschulden 2013 an die halb so große chinesische Shuanghui-Gruppe verkauft
3 Cargill. Gegründet 1865, Familienunternehmen. Weltumsatz 2013: 32,5 Milliarden Dollar. Hält in den USA einen Marktanteil von 22 Prozent bei Fleischprodukten, in Argentinien größter 33 Exporteur
33
9
13 10 Danish Crown AmbA
Vion 9
13
Cargill
13
5
5
Smithfield Foods
3
Tyson Foods
Vion. 2003 aus mehreren Fusionen entstanden. Umsatz 2011: 13,2 Milliarden Dollar. Größter Schweinefleischverarbeiter Europas, enormes Wachstum. 2002: 1 Milliarde Dollar (Vorläuferfirmen)
7
8 Hormel Foods
2
37
10
Danish Crown AmbA. 1998 aus mehreren Fusionen entstanden. Umsätze 2012: 10,3 Milliarden Dollar. Hauptniederlassungen in USA, Polen und Schweden, Europas größter Fleischproduzent, weltgrößter Schweineexporteur
Nippon Meat Packers 6
2 TysonFood. Gegründet 1935; Umsatz 2012: 33,3 Milliarden Dollar. Weltgrößter Fleischhersteller und zweitgrößter Verarbeiter von Hühnern, Rindern und Schweinen
10 Hormel Foods. Gegründet 1891; Umsatz 2012: 8,2 Milliarden Dollar. 40 Betriebe und Verteilerzentren, Ausrichtung auf „ethnic food“ (z. B. mexikanisch, asiatisch)
6
JBS
15 BRF 4
13 1 Marfrig 8
1 JBS. Gegründet 1953; Umsatz 2012: 38,7 Milliarden Dollar. Weltgrößter Fleischverarbeiter, weltgrößte Schlachtkapazitäten. Übernahm kürzlich von Smithfield Foods die Rindfleischsparte und von Malfrig Geflügel- und 4 Schweinebetriebe 8 BRF. 2009 als Brasil Foods Marfrig. 2000 aus mehreren aus der Fusion von Sadia Fusionen entstanden. und Perdigão entstanden. Umsatz 2012: 12,8 Milliarden DolUmsatz 2012: 14,9 Milliarden lar. Niederlassungen in 22 Ländern. Dollar. 60 Fabriken in Viertgrößter Rindfleischproduzent Brasilien, Vertretungen in der Welt. Verkaufte 2013 110 Ländern seine Geflügel- und Schweinebetriebe an JBS
geschaffen für Investmentbanker. Tatsächlich hat die Wall-Street-Firma Goldman Sachs den Shuanghui-Smithfield-Deal auf unterschiedliche Art und Weise eingefädelt und abgewickelt. Es wurde von Smithfield mit der Beratung über potenzielle Verkäufer beauftragt, hält selbst einen fünfprozentigen Anteil an Shuanghui und ist Großhändler von Rohstoffen: 2012 erwirtschaftete Goldman Sachs damit rund 1,25 Milliarden Dollar, davon 400 Millionen im Food-Bereich. Die doppelte Konzentration in der Fleischindustrie – Expansion der Unternehmen, Intensivierung der Produktion – lässt kleineren Produzenten kaum eine Überlebenschance. Die multinationalen Strukturen vernichten eine Einkommensquelle der Armen und schränken gleichzeitig die Produktauswahl für die Verbraucher ein. Die Größenvorteile versprechen Aktionären und anderen Kapitalgebern höhere Gewinne. FLEISCHATLAS 2014
Effizienz birgt aber auch Gefahren. Wo enden die Größenvorteile, wenn heutzutage bereits bis zu 100.000 Tiere zugleich gemästet werden können? Solche Betriebsgrößen gibt es in den USA bereits. Die Logistik ist heute noch beherrschbar, jedoch gilt: je größer das System, desto anfälliger. In der Intensivhaltung breiten sich Krankheitserreger schneller und leichter von einem Tier auf das nächste aus, sowohl im Stall wie beim Transport. Das Gleiche gilt für die Schlachthöfe, da die Geschwindigkeit der Verarbeitung zunimmt. Außerdem funktioniert das System im Falle einer Katastrophe, etwa einer weitflächigen Überschwemmung, nicht mehr. Und wenn die Verbrauchernachfrage sinkt, droht Unternehmen mit knappen Reserven der Bankrott. Das wiederum macht Versicherungsunternehmen mit maßgeschneiderten Risikobewertungen zu wichtigen Spielern im modernen Fleischgeschäft.
Nippon Meat Packers. Gegründet 1949; Umsatz 2013: 12,8 Milliarden Dollar. Bekann als „Nippon Ham“. Betriebe an 59 Standorten in 12 Ländern, meist in Asien und Australien
Je größer das System der Fleischerzeugung, umso anfälliger wird es
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FREIHÄNDLER WITTERN MORGENLUFT USA und EU verhandeln über ein neues Handelsabkommen. Die Wunschliste der Industriekonzerne ist lang. Amerikaner möchten europäische Schutzvorschriften gegen Hormone, Antibiotika und Genmanipulationen aushebeln, Europas Fleischkonzerne hingegen wollen mehr Rindfleisch über den Atlantik verkaufen.
I
n der Europäischen Union basieren die Vorschriften für die Sicherheit von Nahrungsmitteln und Chemikalien auf dem Vorsorgeprinzip. Dieser Grundpfeiler europäischen Rechts ermöglicht es der EU, alle Einfuhren, die ein potenzielles Risiko für Mensch oder Umwelt darstellen, so lange zu beschränken, bis gesicherte Beamte wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen – imverhandeln heimlich portiert werden darf nur, was nachweisbar über neue Grenzwerte ungefährlich ist. In den Vereinigten Staaten hingegen ist es umgekehrt – exportiert werden für Chemikalien darf alles, was nicht nachweisbar gefährlich ist. im Fleisch Derartige Entscheidungen erfolgen mittels einer Kosten-Nutzen-Analyse der Risiken und mit Daten, die als „belastbare wissenschaftliche Fakten“ gelten – und die etwa im Fall der Unbedenklichkeitserklärung für gentechnisch modifizierte Organismen direkt von der Industrie kamen. Ungeachtet solcher erheblichen Unterschiede begannen EU und USA 2013 mit Verhandlungen über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP), mit der ein Transatlantisches Freihandelsabkommen (Trans-Atlantic Free
Trade Agreement, TAFTA) entstehen soll. Als Maßnahme zur Stützung der schwächelnden Wirtschaft beider Regionen gedacht, könnte dieser Vertrag das größte bilaterale Freihandelsabkommen in der Geschichte werden. Auf beiden Seiten des Atlantiks drängen jetzt einflussreiche Interessengruppen, darunter der Landwirtschafts-, Futtermittel- und Chemiesektor, auf ein Abkommen, das Handelsschranken für landwirtschaftliche Erzeugnisse einschließlich Fleischprodukten abbaut. Ein derartiger Vertrag könnte drastische Änderungen beim Einsatz von Antibiotika in der Fleischproduktion, bei der Zulassung von genetisch veränderten Organismen, für den Tierschutz und andere Bereiche mit sich bringen. Die Industrie wird bestrebt sein, im Interesse einer Ausdehnung ihrer Märkte die jeweils niedrigsten Standards auch auf der Gegenseite zuzulassen. Beispielhaft dafür ist Ractopamin, das in den Vereinigten Staaten als Futterzusatz zur Steigerung der Produktion mageren Schweine- und Rindfleischs eingesetzt wird. Sein Einsatz ist in 160 Staaten, darunter auch der EU, verboten, denn es gibt keine unabhängigen wissenschaft-
Gewinner und Verlierer der transatlantischen Handelsgespräche
Kanada -9,5 13,4 USA
IFO
Mögliche Zu- und Abnahmen des realen Pro-Kopf-Einkommens durch stärkeren Wettbewerb, in Prozent. Unterstellt ist der Wegfall aller Zölle und Einfuhrverbote von EU und USA, ohne dass sich die Handelsvorschriften anderer Staaten anpassen.
7,3 Schweden 6,2 9,7 Finnland 6,9 GB Irland 6,6 Spanien
Mexiko -7,2
-9,5 bis -6,1 -6,0 bis -3,1 -3,0 bis 0,0 0,1 bis 3,0 3,1 bis 6,0 6,1 bis 13,4 keine Angaben
14
Australien -7,4
FLEISCHATLAS 2014
FLEISCHATLAS 2014
Fleischhandel zwischen den USA und der EU
2010
2011
2012
946
1.154
988
1.652
2.031
2.154
USDA ERS
Im- und Exporte, Millionen Dollar
Gesamter Fleischhandel
USA Rind, Kalb
Geflügel, Eier
EU 136
231
223
298
326
355
219
218
199
741
868
845
Schwein
Käse
sundheitsfolgen der industriellen Tierproduktion zu beseitigen. Statt die Standards weiter zu verwässern, sollten die Verbraucher und Aktivisten in den USA und der EU ihre Regierungen drängen, mit dem TTIP die Standards auf beiden Seiten des Atlantiks anzuheben. Oder sie sollten die Gespräche komplett abbrechen.
Futtermittelhandel zwischen den USA und der EU Im- und Exporte, Millionen Dollar
Mais Hirse
Futtermittel
2010
2011
2012
43
239
18
38
239
1
320
492
265
USA
USDA ERS
lichen Studien, die etwas über die Folgen für die menschliche Gesundheit aussagen könnten. Den USA ist es derzeit nicht gestattet, Fleisch von mit Ractopamin behandeltem Vieh in die EU zu exportieren. Amerikanische Agrarkonzerne und fleischverarbeitende Unternehmen fordern, dass die EU dieses Verbot aufhebt und das Thema in die TTIP-Verhandlungen aufnimmt. Nach mehreren Jahren relativer Ruhe wurde auch ein alter Handelsstreit neu belebt. Im Rahmen des TTIP versuchen die USA jetzt wieder, eine Zulassung von Peroxysäure zu erhalten. Dieser antimikrobiell wirksame Stoff wird in den USA verbreitet zur Desinfektion von Rohgeflügel nach dem Schlachten eingesetzt. Die EU, in der Geflügel ausschließlich mit heißem Wasser gereinigt werden darf, betrachtet den Einsatz von Peroxysäure als Verstoß gegen das Konzept „Vom Erzeuger zum Verbraucher“ und vom damit verbundenen möglichst geringen Einsatz von Chemikalien in der Nahrungsmittelverarbeitung. Darüber hinaus bietet das TTIP multinationalen Konzernen die Möglichkeit, die EU-Verbote von genetisch veränderten Nahrungsmitteln zu unterlaufen, die in den USA als wettbewerbswidrige „technische Handelsschranken“ gesehen werden. Umwelt-, Verbraucher- und Tierschützer fürchten nun, dass sich die EU bei den Verhandlungen hinter verschlossenen Türen eine Schwächung ihrer Schutzvorschriften abhandeln lässt. Die EU ihrerseits versucht das Verbot von Rindfleischimporten aus Europa in die USA zu kippen. Die Vereinigten Staaten verbieten den Einsatz und die Einfuhr von Futtermittelbestandteilen, die nachweislich an der Übertragung von BSE, dem „Rinderwahn“, beteiligt sind. Die Verfechter von Nahrungsmittelsicherheit in den USA sind besorgt, dass die EU-Vorschriften über den Einsatz von aus Wiederkäuern gewonnenen Futtermittelzusätzen nicht ausreichen, um eine Kontamination zu verhindern. Da die EU gegenwärtig sogar noch eine weitere Lockerung der Standards für diese Futtermittelzusätze erwägt, nähme aus US-Sicht das Risiko aufgrund des Handels mit BSEverseuchtem Rindfleisch zu. Darüber hinaus gibt es noch den Mechanismus zur „Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Investoren und dem Staat“. Mit dieser bereits in vielen Handelsverträgen enthaltenen Klausel kann ein Unternehmen den Staat auf Schadenersatz für Vorschriften verklagen, die seine Gewinne beeinträchtigen. Mit dem TTIP wollen die Agrarkonzerne nun diesen Mechanismus auch auf die Standards zur Nahrungsmittelsicherheit „uneingeschränkt“ anwenden. Mit anderen Worten: Da internationale Investoren durch diesen Mechanismus einen Rechtsanspruch auf „stabile Investitionsbedingungen“ erhalten, würden alle Verschärfungen von Umwelt- oder Tierschutzgesetzen erheblich erschwert. So könnte es durch TTIP deutlich schwieriger werden, nachteilige Umwelt-, Sozial- und Ge-
EU
Ölsaaten
2.072
1.632
2.676
Soja
1 108
795
1 481
217
270
265
872
928
1.016
847
897
976
Futtermittel
Ölsaaten Olivenöl
15
ROSAROT IM KÜHLREGAL Supermärkte mit Kühltruhen und Fast-Food-Ketten mit Qualitätsversprechen verändern das Einkaufen in den Städten der Boomländer. Die Städte wachsen so schnell, dass kleine Läden ihre Bedeutung verlieren. Deren Aufgabe übernehmen kapitalstarke Lebensmittelketten.
D
Indien: Der Aufschwung geht weiter
Jährliches Wachstum von Fast-Food-Geschäften, 2010–14, und Marktanteile, 2012, in Prozent 12
6,5
11
EUROMONITOR
China: Schnellimbisse wachsen langsamer
Der Prozess ist gut untersucht: Die erste Welle begann in den frühen 1990er Jahren in Südamerika, in den ersten ostasiatischen Boomländern wie Korea und Taiwan sowie in Südafrika; von 1990 bis um 2005 stieg der Marktanteil von Supermärkten von 10 auf bis zu 60 Prozent. Die zweite Welle konnte Mitte bis Ende der Neunziger in Mittelamerika und südostasiatischen Ländern beobachtet werden; hier lag der Marktanteil um 2005 bei 30 bis 50 Prozent. Die dritte Welle begann um 2000 in China sowie Indien und großen aufholenden Volkswirtschaften wie Vietnam; nach wenigen Jahren wuchsen die Umsätze um 30 bis 50 Prozent jährlich. Die Gründe dafür liegen nicht einfach in der steigenden Kaufkraft der Mittelschichten, sondern in fundamentalen gesellschaftlichen Veränderungen. In Pakistan etwa schreitet die Urbanisierung sehr schnell voran, die Metropole Lahore wächst um 300.000 Einwohner pro Jahr. Die Lieferung von Fleisch und Milchprodukten kommt auf den traditionellen Handelswegen nicht nach. Der Mangel an Waren und ihre schlechte Qualität treibt den Mittelstand in die Supermärkte, wie die Tageszeitung Express Tribune berichtet. Berufstätige Frauen, weiterhin für die Zubereitung der Mahlzeiten zuständig, hätten keine Zeit mehr, von Laden zu Laden zu laufen, um die Qualität des empfindlichen Fleisches zu prüfen und mit den Verkäufern um Preise zu feilschen.
Vorhandene und geplante Fastfood-Filialen vorhanden, 2012/13 geplant, 2013/14
10 9
84,1
8
2,3 1,5
7
4,3
6
0,6 0,4 0,3
BUSINESS STANDARD
Normierte Waren erleichtern Supermärkten den massenhaften Absatz
er Metzger, der im Hinterraum seines Ladens fachgerecht halbe Rinder oder Schweine zerlegt und vorne Fleisch und Wurst an seine Kunden verkauft, ist in den Industrieländern selten geworden. Heute werden diese verderblichen Lebensmittel auf null bis vier Grad heruntergekühlt, vom Großhändler oder gleich vom Schlachthof in die Supermärkte geliefert. Dort legen die Verkäuferinnen das Fleisch nur noch hinter die Scheiben des Verkaufstresens, oder die Kunden holen sich die verpackte Ware direkt aus der Truhe. Damit Selbstbedienungsware tagelang appetitlich aussieht, werden Hühnerbrüste und Koteletts in einer möglichst keimkontrollierten Umgebung vakuumverpackt und die Päckchen anschließend mit einem sauerstoffreichen Gas aufgeblasen. Das sorgt bei Rind und Schwein für eine rote Färbung und suggeriert Frische – auch wenn tatsächlich durch eine mehrtägige Lagerung schon Keime entstanden sein können. Fleisch, vielerorts noch vor zehn, zwanzig Jahren ein Luxusgut, gehört für immer mehr Menschen auch in den Schwellenländern zum festen Bestandteil ihrer täglichen Ernährung. Das Supermarktmodell kapitalkräftiger Einzelhandelsketten wie WalMart aus den USA, Carrefour aus Frankreich, Tesco aus Großbritannien und Metro aus Deutschland eroberte die Welt und löste auch enorme Investitionen heimischer Konzerne aus.
+ 250
+ 125 602
500
5
+ 38–50
4
Unabhängige Ketten
3 2 1 0 2010
16
2011
2012
2013 2014 (geschätzt)
Yum!* Hua Lai Shi McDonald‘s Shigemitsu Ting Hsin Kungfu andere Fast-Food-Ketten unabhängige Fast-Food-Geschäfte
166 Domino‘s McDonald‘s
Yum!*
*Kentucky Fried Chicken, Pizza Hut, Taco Bell
FLEISCHATLAS 2014
FLEISCHATLAS 2014
Der Umsatz kommt aus den Kühltruhen Verkäufe im Einzelhandel, 2012/13, in Dollar über 600 Millionen 300–599 Millionen
150–299 Millionen 0,1–149 Millionen
EUROMONITOR
Große Einkaufsflächen lohnen sich in Einzugsgebieten mit mehreren tausend potenziellen Kunden. In vielen Regionen mit hoher Mobilität – in den autogerechten Vorstädten der USA etwa – können arme Leute deshalb heute keinen Lebensmittelladen mehr zu Fuß erreichen, in dem sie frische Produkte kaufen können, um sie selbst zuzubereiten. Sie bekommen nur noch fertiges Essen in Fast-Food-Ketten. Sozial- und Ernährungsforscher bezeichnen solche Gegenden als „Food Deserts“, Nahrungswüsten. Der Verkauf von normierten Produkten erleichtert den Lebensmittelketten nicht nur die Werbung, sondern verschafft ihnen auch eine enorme Marktmacht gegenüber den Lieferanten, denen sie die Preise diktieren und die sie jederzeit wechseln können. Zugleich machen sich auch die Supermarktkonzerne gegenseitig Konkurrenz. So sind die Angebote billig und Produkte aus der Region können sich bestenfalls noch in Nischen halten. Mit der Öffnung der globalen Märkte haben Millionen Kleinhändler ihre Existenzgrundlage verloren, weil sie nicht umsatzstark genug waren und nicht für angemessene Lagerung und vor allem für die kontinuierliche Kühlung von Fleisch, Wurst, Eiern oder Frischmilch sorgen konnten. Aufgrund des Dumpingwettbewerbs kommt es immer wieder zu Skandalen mit Gammel- oder verbotenem Hormonfleisch sowie falschen Deklarationen. So landete Esels- statt Rindfleisch auf den Tellern von Südafrikanern, in Europa wurde Pferdefleisch als Rind ausgegeben und in die Kühltruhen der Supermärkte verteilt. Und in Indien mag manches Stück abgepacktes Büffelfleisch tatsächlich aus einer illegalen Rinderschlachterei stammen. In keinem anderen Land der Welt wird so viel Fleisch produziert und gegessen wie in China. Vor allem Schweinefleisch ist dort äußerst beliebt. Die meisten im Land gezüchteten Tiere kommen bisher noch nicht aus Massenställen. Vielerorts gibt es zudem noch keine funktionierenden Kühlketten, und so wird ein Großteil des Fleisches geschmort oder gekocht an die Endverbraucher verkauft. Doch die Nachfrage nach Fleisch aus dem Supermarkt wächst und macht inzwischen gut 10 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Internationale Fast-Food-Ketten wie Kentucky Fried Chicken (KFC) und McDonald’s versprechen ihrer Kundschaft, dass die Zulieferbetriebe zertifiziert sein müssen und immer wieder kontrolliert werden. Denn Lebensmittelskandale verderben den Appetit und sind schlecht fürs Geschäft. KFC hatte um die Jahreswende 2012/13 zweimal Probleme mit antibiotikaverseuchtem Geflügelfleisch. Ihr Geschäft ist daraufhin um 10 Prozent eingebrochen und hat sich bis in den Herbst 2013 nicht erholt. McDo wurde in den Strudel mit hineingezogen – die Verkäufe gingen hier ebenfalls zurück. Auch in China müssen die Endverkäufer nun die Endverbraucher fürchten.
kein Wachstum negatives Wachstum
KA GB
US
CN
DE
Konservierte Fleischerzeugnisse
RU TR
US
IR
CN
Tiefgekühlte Fleischwaren AR RU GB US
FR
MX
VE
DE TR NG
BR
UA IR Käse
SA
AR
US Milchprodukte
RU
DE
MX
NG
VE
AR
BR
CN
IR
FR
IN ID
ZA
AU
RU GB US
FR
DE TR
CN IR
Tiefgekühltes Geflügel
GB US
RU FR
IR
AL
Fertigmahlzeiten mit/ohne Fleisch BR
AR AU BR KA CN
Argentinien Australien Brasilien Kanada China
DE AL FR ID IN
Deutschland Algerien Frankreich Indonesien Indien
IR MX NG RU SA
Iran Mexiko Nigeria Russland Saudi-Arabien
TR Türkei UA Ukraine GB Großbritannien
US USA VE Venezuela ZA Südafrika
17
IN DEN SCHLACHTHÖFEN DER WELT Das Töten von Tieren zur Herstellung von Nahrungsmitteln ist hoch industrialisiert. Die Schlachthöfe der globalen Konzerne verfügen über unvorstellbare Kapazitäten und liegen fern der Städte – Konsumenten sehen keine Verbindung mehr zwischen einem lebenden Tier und einem eingeschweißten Filet.
D
Billigfleisch entsteht auch durch die Dumpinglöhne der SchlachthofArbeiter
as Chicago des beginnenden 20. Jahrhunderts gilt als die Wiege der industriellen Schlachtung. Mit den Fließbändern, die hier zum ersten Mal systematisch in den Fabriken eingesetzt wurden, dauerte es insgesamt nur noch 15 Minuten, ein Rind zu töten und vollständig zu zerlegen. Bis auf zwölf Millionen im Jahr stieg so die Zahl der hier geschlachteten Tiere, ein solcher Effizienzsprung, dass Henry Ford das Verfahren für den Bau von Autos übernahm. Mit der Industrialisierung des Schlachtprozesses setzte auf der ganzen Welt die Zentralisierung ein. In den USA bildeten sich bis zur Weltwirtschaftskrise zunächst marktbeherrschende Konglomerate, gefolgt von einer langen Phase der Entflechtung. Doch ab den frühen 1970er Jahren, als die Deregulierung begann und der Börsenboom einsetzte, nahm die Konzentration schnell wieder zu. Zwischen 1967 und 2010 sank die Zahl der Schlachthöfe in den USA von fast 10.000 auf weniger als 3.000. Heute schlachten dort zehn Konzerne 88 Prozent aller Schweine. Die globalen Kapazitäten der Firmen erreichen Ausmaße, die sinnlich nicht mehr nachvollziehbar sind: Die US-Gesellschaft Tyson Foods, nach JBS aus Brasilien das zweitgrößte Fleischunternehmen der Welt, schlachtet 42 Millionen Hühner, 170.000 Rinder und 350.000 Schweine – pro Woche. Sie stammen meist aus eigener Aufzucht, werden in eigenen Fabriken verarbeitet und unter eigener Handelsbezeichnung vermarktet. Nach dem Motto „From farm to fork“, „Vom Hof bis auf die Gabel“, soll so ein möglichst großer Teil der Wertschöpfungskette ausgenutzt werden. Dies
ist auch erforderlich, um der starken Marktmacht der Großabnehmer – der internationalen Handelsketten und Großimporteure – die eigene wirtschaftliche Stärke entgegenzusetzen. Aber auch Lohnschlachterei für andere Hersteller ist möglich, wenn zur Verfügung stehende Kapazität und Marktlage dies erlauben – oder erzwingen. Die Einführung von öffentlichen oder privaten Schlachthöfen war in den armen Ländern der erste gezielte Schritt zur systematischen Hygiene in der Tierverarbeitung. Am Ende der Entwicklung stehen heute Hochleistungsfabriken in den Industrieregionen, verbreitet inzwischen auch in den Boomländern. Vor allem die Lebensmittelskandale führten zu strengeren, oft sehr kostspieligen Auflagen. Der Kampf um die niedrigsten Schlachtpreise wird vor allem auf dem Rücken der Arbeiter ausgetragen. Weltweit arbeiten mehrere Millionen Menschen in Schlachthöfen – niemand weiß, wie viele es genau sind. Ihre Arbeit gilt als „dirty work“. Vor allem in westlichen Industrienationen erfährt sie kaum soziale Anerkennung und ist kulturell weitgehend geächtet. Dumpinglöhne und katastrophale Arbeitsbedingungen sind die Regel. Hohe Arbeitsgeschwindigkeit, die Monotonie der immer gleichen Abläufe, die Unfallgefahr beim Umgang mit gefährlichen Werkzeugen und Chemikalien sowie die einseitige Beanspruchung von Rücken und Gelenken – diese Kombination ist enorm belastend. Je nach Arbeitsplatz kommen Hitze oder Kälte, Lärm, ein erhöhtes Risiko durch Infektionskrankheiten sowie besonders frühe oder späte Schichten hinzu. Zusätzlich kann für Arbeitnehmer auch der Umgang mit und die Tö-
Branchenkonzentration in den USA Marktanteil der vier größten Schlachtfirmen, in Prozent
12.000
DENNY/ USDA
Zahl der Schlachtanlagen
80 70
10.000
60 8.000
50
6.000
40
Rind Schwein
30
4.000
20 2.000 0
18
10 1967
1977
1987
1997
2007
0
1965
1975
1985
1995
2005
FLEISCHATLAS 2014
Weltweite Schlachtungen: Milliarden Tiere im Jahr Amtliche und amtlich geschätzte Zahlen, 2011
1 383
296 000 000
24
000 000
000 000
Büffel Rinder Ziegen Schafe Schweine
430 000 000
Hühner Enten Truthähne Gänse und Perlhühner
58 110
517 000 000
000 000
654 000 000
2 817 000 000
Schlachtungen in den vier wichtigsten Ländern, 2011, Köpfe 35.108.100 USA Rinder und Büffel
8.954.959.000 USA
46.193.000 China 21.490.000 Indien
5.370.102.000 Brasilien
39.100.000 Brasilien
110.956.304 USA
59.735.680 Deutschland
Geflügel
000 000
2.049.445.000 Indonesien
273.080.000 661.702.976 China 44.270.000 Vietnam
Schafe und Ziegen
84.110.000 China Indien 38.600.000 28.980.000 Nigeria Bangladesch FAOSTAT
Schweine
649
11.080.000.000 China
tung von Tieren belastend sein. Viele Schlachter nennen „Härte“ als Voraussetzung für die Ausübung ihres Berufes. Mit der Industrialisierung des Schlachtens begann aber auch ein Prozess der Dequalifizierung und Mechanisierung der Arbeit. Heute brauchen Schlachter die meisten traditionellen Fähigkeiten und ein Handwerkswissen nicht mehr. Eingestellt werden billige, immer häufiger nur angelernte Arbeitskräfte. Die Arbeitsmigration aus Mexiko nach Nordamerika oder von Ost- nach Westeuropa und die kurze Verweildauer der Arbeiter führen zu Belegschaften, die den Anforderungen der Unternehmen weitgehend schutzlos ausgesetzt sind. Waren die Gewerkschaften auf den Schlachthöfen bis in die 1960er Jahre noch stark, ist ihre Arbeit in den vergangenen beiden Jahrzehnten deutlich schwieriger geworden. Und Tarifverträge sind weltweit überwiegend unbekannt. FLEISCHATLAS 2014
In den meisten Industrieländern wurden die Schlachthöfe aus den urbanen Zentren in die rurale Peripherie verlagert. Die Grausamkeit des Schlachtens soll den Konsumenten verborgen bleiben. Hier offenbart sich ein sozialer Prozess: Sichtbare Gewalt wird aus dem öffentlichen Raum verdrängt. Schlachtung und die Schlachter wurden und sind für die meisten Menschen unsichtbar. Die Verbindung zwischen dem einst lebenden Tier, das in Viehwaggons in die Stadt gebracht wurde, dem früher sicht-, hörund riechbaren Tod im Schlachthof und dem Fleischprodukt am Ende dieser Produktion wurde gekappt. Die meisten Konsumenten sehen vom Tier heute nur noch ein eingeschweißtes Erzeugnis im Supermarkt. Die Vermutung liegt nahe, dass ein Besuch im Schlachthof, um diese Anonymisierung zu durchbrechen, die Bereitschaft zum Fleischverzehr nicht erhöht.
Die Gewalt der Schlachthöfe soll nicht ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangen
19
DEUTSCHES DUMPING-SCHLACHTEN Großbetriebe dominieren auch in Deutschland die Schlachthofbranche. Billiglöhne für die Leiharbeiter aus dem Osten der EU begünstigen weitere Investitionen der Konzerne. Doch gegen noch mehr Mast- und Schlachtanlagen regt sich Widerstand.
D Tierschützer kritisieren die Quälerei des Tötens, Tierrechtler das Töten selbst
eutschland steht bei der Schweineschlachtung mit über 58 Millionen getöteten Tieren pro Jahr auf Platz 1 der europäischen Spitzenproduzenten, beim Rindfleisch auf Platz 2 hinter Frankreich. Auch bei Hühnern gehört Deutschland zu den Top 5. Bundesweit existieren knapp 350 Schlachthöfe mit jeweils über 20 Beschäftigten. Die meisten dieser Betriebe sind klein bis mittelgroß; Betriebe mit mehr als 500 Arbeitnehmern sind selten. Dennoch ist der deutsche Schlachtmarkt zentralisiert. Die vielen kleineren Unternehmen spielen in Bezug auf die absolute Menge an geschlachteten Tieren nur eine geringe Rolle. Über 55 Prozent des Schlachtwertes entfielen im Jahr 2012 auf die drei größten Schweineschlachtkonzerne – Tönnies, Vion und Westfleisch. Bei den Rindern teilen sich die fünf größten Unternehmen etwa die Hälfte des Marktes, der Branchenprimus Vion liegt dabei mit fast 25 Prozent deutlich vorn. Bei Geflügel führt die PHW Gruppe die Branche an, bekannt durch ihre Handelsmarke Wiesenhof. Jede Tierart erfordert ein anderes Schlachtsystem, das sich an ihren Körpern orientiert. Rinder werden meistens mit einem Bolzenschuss betäubt, Schweine mit Gas oder der Elektrozange. Beide werden anschließend mit einem Kehlenschnitt getötet, nach dem Entbluten in das Produktionsband eingehängt und von den Arbeitern zerlegt. Wie die Bundesregierung 2012 auf eine Kleine Anfrage der Grünen bestätigte, ist die Betäubung bei 4 bis 9 Prozent der Rinder und bei 10 bis 12 Prozent der Schweine mangelhaft oder fehlt sogar ganz. Die Schlachtung von Hühnern ist stärker automatisiert. Sie werden in ein elektrisch geladenes Wasserbecken getaucht und so
Fleischproduktion in Deutschland DESTATIS
Millionen Tonnen 6 5 4
Rind Geflügel
3
Schwein Schaf
2 1 0 2003
20
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
per Stromschlag betäubt. Arbeiter hängen sie in ein „Schlachtband“ ein. Von hier an übernimmt die Maschine die Zerlegung der Tierkörper. Die Teile kommen in ein Kühlhaus, bis sie zur Weiterverarbeitung transportiert werden. 2012 waren in Deutschland fast 28.000 Menschen im Bereich Schlachtung sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die tatsächlichen Arbeitsverhältnisse und die enorme Fluktuation erschweren präzise Angaben. Durch die EU-Richtlinie zur grenzüberschreitenden Entsendung von Arbeitnehmern ist Deutschland zu einem Billiglohnland geworden. In den Betrieben arbeiten vor allem polnische, rumänische oder bulgarische Leiharbeiter, angeworben von Unternehmen in ihren Heimatländern, die sie dann nach Deutschland schicken. Ohne Mindestlohn oder flächendeckende Tarifverträge sind Stundenlöhne unter 5 Euro für Leiharbeiter keine Seltenheit. Untergebracht werden sie in wenig attraktiven Sammelunterkünften. Manche Schlachter arbeiten scheinselbständig, weil die Unternehmen die Lohnnebenkosten senken wollen. Wenig verwunderlich, dass in den letzten Jahren die Zahl der Auszubildenden stetig abgenommen hat. Die niedrigen Löhne in Deutschland führen dazu, dass Fleischkonzerne aus Nachbarländern ihre Tiere zur Schlachtung nach Deutschland bringen. Der Großkonzern Danish Crown verlagerte tausende Arbeitsplätze von Dänemark nach Deutschland. Einige Staaten und Initiativen legten deshalb offiziell bei der Europäischen Kommission Beschwerde ein. Die belgische Regierung sowie eine Initiative französischer Schlachtbetriebe sehen in den deutschen Dumpinglöhnen Wettbewerbsverzerrungen. Die Gewerkschaften können in deutschen Schlachthöfen nicht allzu viel ausrichten. Die Leiharbeiter sind offiziell bei den Subunternehmen in ihren Herkunftsländern angestellt, die Schlachthöfe gelten lediglich als Einsatzorte. Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) verweist so auch darauf, dass ausländische Gewerkschaften zuständig seien. Die meist kurzen Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland und Sprachprobleme mit den Arbeitnehmerorganisationen im Ausland erschweren jedoch eine dauerhafte grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Viele Arbeiter haben Angst, ihre Arbeit zu verlieren, wenn sie Kritik äußern. Auch Tierschutzverbände und Tierrechtsorganisationen kritisieren die Schlachtbranche. ErsFLEISCHATLAS 2014
Unsichtbares Geschäft hinter Fabrikmauern, sichtbare Ergebnisse im Supermarkt
29.000 Ziegen
530.000 Gänse
DESTATIS
Geschlachtete Tiere in Deutschland, 2012, in Millionen pro Symbol
1.085.000 Schafe
3.244.000 Rinder
25.460.000 Enten
37.700.000 Puten
58.350.000 Schweine
tere wollen die Behandlung der Tiere verbessern, etwa durch kürzere Schlachttransporte, bessere Betäubung und eine Abkehr von der industriellen Massentierhaltung. Der Deutsche Tierschutzbund entwickelt daher in Zusammenarbeit mit der Fleischindustrie Gütesiegel für Tiermast und Tierschlachtung. Hingegen lehnen Tierrechtsorganisationen wie „Animal Rights Watch“ oder „Die Tierbefreier“ die massenhafte Tötung von Tieren prinzipiell ab und bewerben einen veganen Lebensstil. FLEISCHATLAS 2014
627.941.000 Hühner
Demonstrationen und Protestcamps, Blockaden und Besetzungen sollen für Öffentlichkeit sorgen. Besonders umstritten ist der „Mega-Geflügelschlachthof“ im niedersächischen Wietze, seit 2011 in Betrieb. Er gehört dem Rothkötter-Konzern, der zweitgrößten deutschen Geflügelfirma. Nach Medienberichten sind 400 neue Mastanlagen à 40.000 Hähnchen nötig, damit die Anlage wirtschaftlich arbeitet. Im Vollbetrieb wird Wietze die größte Anlage ihrer Art in Europa sein – mit jährlich 135 Millionen Schlachtungen.
21
TIERGENETIK: EINE HANDVOLL ARTEN FÜR DIE GANZE WELT Das Zuchtmaterial für die meisten Tiere in der industriellen Landwirtschaft stammt von einigen wenigen Firmen. Sie dominieren auch die Erforschung neuer Hochleistungsrassen. Dabei macht die zurückgehende genetische Vielfalt die Nutztiere anfälliger für Schädlinge, Krankheiten und Wetterextreme.
D Diese Tiere überleben nur mit Futterzusätzen, Medikamenten und Klimaanlagen
er Mensch hat 30 Nutztierarten domestiziert und nutzt dabei eine unglaubliche Anzahl verschiedener Rassen; die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) hat bisher rund 8.000 dokumentiert. Viele dieser Rassen werden von kleineren Viehzüchtern gehalten, meist von Frauen, die für einen Großteil der weltweiten Fleischproduktion verantwortlich zeichnen und zugleich die Artenvielfalt der Nutztiere bewahren. Für viele arme Haushalte sind Tiere, insbesondere Hühner, Schafe und Ziegen, eine wichtige Einkommensquelle. Dabei werden einheimische Tiere zu verschiedenen Zwecken – von der Fleischproduktion bis zur Kapitalanlage – gehalten und den exotischen oder „verbesserten“ Rassen vorgezogen, weil sie sich den oft unwirtlichen Bedingungen vor Ort angepasst haben. Die Fleischindustrie nutzt acht Tierarten in großem Umfang: Rinder, Schweine, Schafe, Zie-
Vorkommen der Holstein-Friesischen Milchkuh
Vorkommen der Schweinerasse „Large White“
22
FAO
Zwei Gewinner der Globalisierung
gen, Hühner, Truthähne, Enten und Hasen. Sie entwickelt bestimmte Rassen dieser Arten weiter und verändert sie so, dass sich einige sehr ertragreiche Zuchtstämme herausbilden. Sie werden miteinander gekreuzt, bis letztlich die Tiere entstehen, die wir essen. Diese Form der Hybridzucht ist vor allem bei Geflügel und Schweinen verbreitet und führt dazu, dass die genetische Vielfalt dieser Tiere weiter abnimmt. Dieser Verlust begann in den 1950er Jahren zeitgleich mit der industriellen Fleischproduktion: Zuchtunternehmen konzentrierten sich auf eine Maximierung der Produktion und auf kommerziell nutzbare Eigenschaften wie schnelles Wachstum, effiziente Futterverwertung und hohe Erträge. Das Ergebnis: leistungsstarke und genetisch einheitliche Rassen, die ohne eiweißreiche Nahrung, kostspielige Pharmazeutika und eine klimatisierte Umgebung nicht überleben können. Heute liefert eine kleine Zahl transnationaler Firmen wirtschaftlich nutzbare Rassen, die einen immer größeren Anteil der weltweiten Fleischmärkte abdecken: Drei Unternehmen kontrollieren 95 Prozent des Marktes für Brathähnchen. Zwei Unternehmen beherrschen 94 Prozent des Zuchtbestandes an kommerziellen Legehennen. Und in der Schweine- und Rinderindustrie entfallen zwei Drittel der gesamten Forschung und Entwicklung auf die vier führenden Betriebe. Die Aquakultur macht zurzeit nur einen kleinen Teil der Tierzucht aus, ist aber der Sektor, der am schnellsten wächst. Auch hier experimentieren viele Spitzenunternehmen in der Tiergenetik mit nur einer Handvoll Arten, vor allem mit Atlantiklachs, Regenbogenforelle, tropischen Garnelen und Buntbarsch. Die meisten globalen Lieferanten von Zuchtmaterial befinden sich in privater Hand und veröffentlichen weder Statistiken über ihre Einnahmen und Investitionen noch über firmeneigene Keimgewebe- oder Zuchttierbestände. Offensichtlich ist dieser Markt aber winzig im Vergleich zu seinem Gegenstück im Getreidesektor, dem Markt für kommerziell genutztes Saatgut. China ist zurzeit der weltweit größte Fleischkonsument. Schweinefleisch ist dabei die beliebteste Eiweißquelle des Landes. Bisher übernehmen noch größtenteils Hinterhof-Schweinezüchter die Versorgung. Doch die Politik zur Förderung der FLEISCHATLAS 2014
Konzerne und Profile Genus
5
Hendrix Genetics
6 7 7 Tyson Foods. Verkaufte 2012 Masthähnchen im Wert von 33 Milliarden Dollar. 6 Die Tochterfirma Smithfields Foods. Cobb-Vantress vertreibt Der weltgrößte Produzent und VerHühnerbrut in über arbeiter von Schweinen (Umsatz 90 Länder 2012: 13 Milliarden Dollar) wurde mitsamt Zuchtgeschäft 2013 von Shuanghui, dem größten Fleischverarbeiter in China, aufgekauft. Preis: 7,1 Milliarden Dollar
vertikalen Integration – eine Firma übernimmt mehrere Produktionsschritte – führt dazu, dass in China im Jahr 2015 die Hälfte aller Schweine aus Massenbetrieben stammen wird. Obwohl es in China eine größere Vielfalt an Schweinearten gibt als in jedem anderen Land, greifen die Großbetriebe des Landes auf importierte Zuchttierbestände zurück – ein Trend, der sich noch beschleunigen dürfte, nachdem 2013 der größte chinesische Fleischverarbeiter, Shuanghui International, für 7,1 Milliarden US-Dollar den US-Konzern Smithfield Foods übernommen hat. Das Paket umfasst auch Smithfield Premium Genetics, die für Schweinezucht zuständige Tochterfirma des Unternehmens. Der hart umkämpfte Besitz und die Kontrolle von Zuchttierbeständen bedrohen Millionen von Kleinbauern, Fischern und Viehhaltern. In Zeiten des Klimawandels können Rassen, die gegen Dürre, extreme Hitze und tropische Krankheiten resistent sind, eine entscheidende Rolle als Quelle einzigartigen genetischen Materials für Zuchtprogramme spielen. Im Jahr 2007 unterzeichneten 109 Staaten die Erklärung von Interlaken zu tiergenetischen Ressourcen. Darin verpflichteten sich die Unterzeichnerstaaten, sicherzustellen, dass die globale Tierartenvielfalt zur Förderung der weltweiten Lebensmittelsicherheit eingesetzt und für zukünftige Generationen bewahrt wird. Ein Viertel der 8.000 Nutztierrassen aber ist derzeit vom Aussterben bedroht, was vor allem auf die Zunahme der industriellen Tierzucht zurückzuführen ist. Die mangelnde genetische Vielfalt der kommerziell genutzten Tierrassen macht diese anfälliger für Schädlinge und KrankFLEISCHATLAS 2014
heiten. Langfristig gefährdet sie auch die Lebensmittelsicherheit, weil sie die Handlungsoptionen bei künftigen Umweltproblemen, schwierigen Marktsituationen und gesellschaftlichen Erfordernissen einschränkt – und keiner dieser Faktoren ist vorhersagbar.
Bedrohte Nutztierarten in Deutschland Anzahl, 2013, nach der „Roten Liste der bedrohten Nutztierrassen in Deutschland“ extrem gefährdet
stark gefährdet
10 8 6 4 2 0
6 6
55
44 22
9 5
4 2
Rinder Schweine Schafe
3 1 Ziegen
Vorwarnstufe
gefährdet
10
GEH
Tyson Foods
Hühner
2
3 3
Enten
4
3
2
2
1 Puten
Gänse
Dominante Tierrassen in den USA Marktanteil von Rassen für die Milch-, Rindfleisch- und Schweinefleischproduktion, in Prozent
83 Holsteins
60 Angus, Hereford, Simmental
MEDILL
Smithfield Foods
Hendrix Genetics. Verkauft Legehennen, Puten EW Group und Schweine, Produkte aus 3 Aquakultur. In Privatbesitz; 5 Groupe Grimaud 2.400 Beschäftigte (2012). 2 Gemeinsame Projekte mit Tyson 4 Foods’ Tochterfirma 2 3 Cobb-Vantress EW Group. Weltgrößter Genus. Verkauft Schweine, Anbieter in der industriellen Milchvieh und Rinder. Charoen Pokphand Group Geflügelzucht. Verkauft MasthähUmsatz 2012: 550 Millionen nchen, Legehennen, Puten, Produkte Dollar. Mit 2.100 Beschäftigten aus Aquakultur. Vormals „Erich 1 in 30 Ländern aktiv; Wesjohann Gruppe“, in Privatbesitz, 40 weitere werden veröffentlicht keine Umsätze; beliefert 5.600 Beschäftigte 1 (2011) Charoen Pokphand Group. 4 Verkauft Masthähnchen, Schweine Groupe Grimaud. und Produkte aus Aquakultur. Verkauft Masthähnchen, LegeKonglomerat u. a. mit agroindustriellen hennen und Schweine, betreibt und Telekom-Firmen. Umsatz 2013: Aquakultur. In Privatbesitz; 33 Milliarden Dollar, davon Umsatz 330 Millionen Dollar 11,3 Milliarden mit „feed, farm (2011), davon 75 Prozent and food“-Produkten international einschließlich Tierzucht
ETC GROUP/USDA
Die Top 7 der weltgrößten Zuchtfirmen
75 aus drei Rassen
23
HORMONE – DER KAMPF UM DAS NEIN Hormonfleisch und -milch sollen in Europa wieder zugelassen werden – darum bemühen sich die USA seit mehr als 25 Jahren. Dabei sind in der EU nur Wachstums-, nicht aber Sexualhormone verboten.
N
eben Antibiotika werden in der Massentierhaltung auch Hormone eingesetzt. Während Antibiotika Krankheitserreger in Schach halten sollen und nebenbei mastbeschleunigend wirken, weil sie auch „gesunde“ Darmbakterien und so deren Energieverbrauch reduzieren, wirken Hormone anders: Sie beeinflussen unmittelbar das Zellwachstum und die Gewichtszunahme. Damit können sie die Leistung von Milchkühen um 15 bis 30 Prozent, das Fleischwachstum bei Rindern, Schweinen und Schafen um 8 bis 38 Prozent steigern. Bekannt sind viele Nebenwirkungen für die Tiere, darunter Hyperaktivität, Herzrasen, aber auch Spontantode. Wenn Tiere mit Hormonen behandelt werden, erhalten sie oft auch mehr Antibiotika. Mit Sexualhormonen steuern Tierhalter den Zyklus weiblicher Tiere, sparen somit Arbeitskosten und steigern die Nachkommenzahl. Wachstumshormone wie Ractopamin sind global umstritten. Sie erlangten traurige Berühmtheit, als in China 2010 Mädchen im Säuglingsalter, die alle das gleiche Milchpulver erhalten hatten, Brustwachstum aufwiesen. Ärzte brachten Milchpulver von hormonbehandelten Kühen damit in Verbindung. Veterinärmediziner und Krebsforscher warnen vor Wachstums- bzw. Masthormonen, weil sie als krebsfördernd und
Wenn sie Sexualhormone erhalten, werfen Säue oft 15 Ferkel – bei 14 Zitzen
erbgutschädigend gelten. Viele Regierungen verbieten Ractopamin, darunter China, die EU, Russland, Indien und die Türkei. Über 60 Staaten sehen eher die Risiken der Wachstumshormone. In den USA allerdings werden sie in der Milch- und Fleischproduktion eingesetzt. Dem Beispiel folgen 25 weitere Länder, darunter auch Brasilien. Die EU, Russland und China haben lange Zeit den Einsatz im eigenen Land und den Import von Hormonfleisch untersagt. Russland verweigert immer wieder Fleisch mit Ractopaminrückständen aus Kanada, Mexiko und den USA. Auf Drängen von Pharmafirmen und der US-Regierung wurden im Rahmen der Freihandelsorganisation WTO jedoch 2012 Grenzwerte für Hormonrückstände in Fleisch und Lebern festgeschrieben. Der EU-Markt ist seit 1988 unzugänglich für Hormonfleisch. Die USA haben darauf zunächst mit Strafzöllen auf EU-Waren reagiert. Um wieder Frieden zu schaffen, erlaubte die EU ab 2009 die zollfreie Einfuhr von rund 45.000 Tonnen Rindfleisch, für das die USA Hormonfreiheit zusichern mussten. Die USA beendeten umgekehrt ihre Sanktionen gegen EU-Waren und damit den „Hormonstreit“ – auch mit dem Ausblick auf die im Jahr 2013 begonnenen TTIP-Freihandelsgespräche mit der EU-Kommission. US-Schweine-
Umsätze 2012, Milliarden Dollar
Zoetis*
51,2
3,4
40,6
Pfizer, USA
Merial
Merck MSD
4,3
Merck & Co, USA
Elanco
2,9
43,3
MOTLEY FOOL/PHARMABIZ
Die Top 4 der Hersteller von Veterinärpharmaka und ihre Dachkonzerne
2,0
24,3
Sanofi, Frankreich
Eli Lilly, USA
* ca. 80 Prozent, börsennotiert; Rest Streubesitz
24
FLEISCHATLAS 2014
Ergebnisse aus dem Flusssystem des US-Bundesstaates Pennsylvania, 2006–09, Auswahl Beschreibung, Verwendung
4-Androsten-3,17-dion
verbotenes Steroid
cis-Androsteron
Testosteronprodukt, Abwehrmittel gegen Wildtiere
Epitosteron
menschliches Steroid
11-Ketotestosteron
Sexualhormon
Equilenin
Hormonersatzstoff
Equilin
Hormonersatzstoff
17-alpha-Ethynylestradiol
Verhütungsmittel
Mestranol
Verhütungsmittel
Progesteron
menschliches Sexualhormon
Norethindron
Verhütungsmittel
Cholesterol
tierisches und pflanzliches Hormon
Fließgewässer Nanogramm/Liter
Sediment Milligramm/Kilogramm
0
0
0,5
1,0
1,5
2,0
USGS
Hormone im Wasser aus vielfältigen Quellen
0,05 0,10 0,15 0,20 0,25
1.000 125
3-beta-Coprostanol
1.000
Fäkalhormon von Fleischfressern 250
fleischexporte in die EU seien auf einige wenige US-Erzeuger ohne Hormoneinsatz begrenzt, solange dieses Mittel verboten ist, klagte die US-Regierung im Vorfeld der Verhandlungen. Sowohl global agierende Pharmafirmen als auch amerikanische Fleischexportfirmen wollen Handelshemmnisse für Hormonfleisch abbauen. Die Verhandlungen sind nicht öffentlich, daher wissen Verbraucher in der EU aktuell nicht, was die EU-Kommission den USA verspricht. Verbraucher-, Umwelt- und Tierschutzorganisationen fordern den Stopp der Geheimverhandlungen und eine verpflichtende Kennzeichnung für Fleisch und alle anderen Lebensmittel vom Tier, also letztlich Wahlfreiheit im Einzelhandel: Herkunft, Hormoneinsatz, Gentechnik im Futter und die Haltung der Tiere müssen eindeutig erkennbar sein. Eine solche Kennzeichnung aber gilt Konzernen gerade als zentrales „Handelshemmnis“, das der TTIP-Vertrag beseitigen soll. Erlaubt ist in der EU der Einsatz von Sexualhormonen. Sie werden Sauen im Stall gespritzt, damit alle den gleichen Zyklus haben. Natürlicherweise gebären Sauen ihre Ferkel, wenn die Tragzeit beendet ist, und werden erst wieder tragend, wenn die Säugezeit nach etwa sechs Wochen zu Ende geht. Industrielle Ställe mit zehntausenden Sauen folgen einer anderen Logik. Ihre Architektur mit tausenden von Eisengitter-Geburtsständen gibt vor, dass die exakt passende Anzahl Sauen zur gleichen Zeit gebären. Nach kaum drei Wochen Säugezeit soll die Sau mit Hilfe von weiteren Hormongaben sofort wieder tragend werden; eine FLEISCHATLAS 2014
„leere“ Sau kostet nur. Sexualhormone sparen Arbeitskräfte bei Geburten am Fließband und bringen mehr Ferkel, allerdings auch mehr tote. So wird einkalkuliert, dass eine Sau mit Hormonbehandlung trotz ihrer maximal 14 Zitzen oft mehr als 15 Ferkel pro Wurf gebiert. „Überzählige“ Ferkel werden meist getötet. Bisher sieht kein Staat systematische Rückstandsuntersuchungen oder eine verpflichtende Kennzeichnung von Fleisch aus Hormonzucht vor. Über die eingesetzten Hormonmengen gibt keine Verbraucherschutzbehörde transparente Auskunft. Nur Pharmafirmen wissen, wo welche Hormone eingesetzt und wie viel an Wirkstoffen in welchem Land gekauft werden. Nicht nur über das Fleisch können die Hormone Menschen erreichen. Tiere scheiden 85 Prozent der Wirkstoffe wieder aus. Sie gelangen mit der Gülle in die Umwelt, vor allem in die Gewässer. Mediziner führen das Wachstum einiger Krebsarten, zunehmende Unfruchtbarkeitsprobleme bei Männern sowie eine immer früher einsetzende Pubertät auf die allgemein steigende Belastung der Natur mit hormonwirksamen Substanzen zurück. Welcher Anteil davon auf die Tierzucht entfällt, ist bislang nicht untersucht. Doch insbesondere im Kindesalter können bereits sehr geringe Hormondosen zu Fehlbildungen der Geschlechtsorgane und Geschlechtsumwandlungen beitragen, zeigen Tierversuche im Labor und bei Wildtieren in der Natur. Die Technik bietet keine Hilfe: Kläranlagen halten die meisten Stoffe nicht auf.
Kläranlagen stoppen Hormone aus den Arzneien für Mensch und Tier nicht
25
TIERFUTTER VERGEUDET ACKERLAND 70 Prozent aller agrarischen Nutzflächen werden heute in irgendeiner Weise für die Tierfütterung beansprucht. Dabei wären sie effizienter für die Produktion menschlicher Nahrungsmittel zu verwenden.
R Eine Milliarde Tonnen Ölschrote und Getreide wandert im Jahr in die Viehtröge
stammt aus Gras, Heu, Silage von den Wiesen oder aus Silomais. Doch es gibt regional große Unterschiede: Weltweit sind 57 Prozent der Gersten-, Roggen-, Hirse-, Hafer- und Maisernte zum Tierfutter bestimmt. Selbst in den USA, wo große Mengen für die Ethanolherstellung verwendet werden, geht Mais zu 44 Prozent in die Tröge, in der EU 45 Prozent des Weizens. In Afrika, vor allem südlich der Sahara, wo das Hungerrisiko groß ist, sind solche Zahlen undenkbar. Dort wird 80 Prozent der Getreideernte von Menschen gegessen. Die Tiere finden ihre Nahrung auf den Weiden. Im globalen Maßstab wandern von der jährlichen Getreideernte an Weizen, Roggen, Hafer und Mais über 40 Prozent oder fast 800 Millionen Tonnen direkt in die Tröge. Hinzu kommen 250 Millionen Tonnen Ölschrote, vor allem aus Sojabohnen. Sie sind wie andere Bohnen Leguminosen: Sie entnehmen der Atmosphäre Stickstoff, reichern
ind, Schaf und Ziege sind ideale Grasfresser. Als Wiederkäuer können sie auch noch solche Kohlenhydrate ausbeuten, die für andere Tierarten und den Menschen unverdaulich sind – Zellulose zum Beispiel. Theoretisch konkurrieren Menschen und wiederkäuende Nutztiere nicht um ihre Nahrung – hier das Korn fürs Brot, dort Gras und Klee für die Kuh und ihre Milch. Doch so funktioniert das schon lange nicht mehr. Um aus den Tieren mehr herauszuholen, als mit der vergleichsweise energiearmen Gras-, Silage- und Heufütterung möglich wäre, enthält die tägliche Ration einen hohen Anteil an eiweißhaltigem Kraftfutter. Daraus kann heute um die 20 und manchmal bis zu 30 Prozent des Rinderfutters bestehen. Schweine finden, genau ihrem Alter angepasst, 6 bis 25 Prozent Soja im Trog vor. Rund 40 Prozent des Futters, auf alle Nutztierarten bezogen,
Die EU lässt wachsen – Soja-Anbauflächen, die im Ausland „eingekauft“ werden WWF
Netto-Landhandel der EU, in Millionen Hektar, Durchschnitt 2008–10 negativer Wert: Exporte, positiver Wert: Importe
Nordamerika -1,6 Ozeanien
Asien
0,0
-2
GUS -0,2 Südamerika +0,2
Sonstige -0,1
Naher Osten/ Nordafrika
Paraguay -0,9 Argentinien
16
14
Brasilien 12
-12,8
-5,4
Sojafelder für das Vieh der EU, Millionen Hektar
-6,4
+0,1
10
SubsaharaAfrika
8
0
26
2001
2005
2010
FLEISCHATLAS 2014
Gier nach Nutzung: Aus Grünland werden Agrarflächen in Prozent der natürlichen Bestände
Ackerland
FAO
damit beim Unterpflügen oder über ihre Wurzeln die Böden an und verbessern somit die Fruchtbarkeit der Böden. Knapp ein Drittel der 14 Milliarden Hektar kultivierten Landes unserer Erde dient dem Anbau von Futtermitteln. Eine Rechnung der UNAgrarorganisation FAO fällt drastischer aus, wenn die Nebenprodukte aus der landwirtschaftlichen Erzeugung, die ins Futter gehen, ebenfalls berücksichtigt werden: Einschließlich Stroh, Ölkuchen von Soja und Raps oder Trester dienen sogar drei Viertel der Äcker in irgendeiner Weise der Tierfütterung. Der UN-Weltagrarbericht schätzt, dass die Nutztierhaltung heute 70 Prozent der globalen Äcker und Weiden beansprucht. Soja ist heute der wesentliche Eiweißlieferant im Tierfutter. Dabei könnte es durch heimische Leguminosen wie Ackerbohnen, Erbsen, Luzerne ersetzt werden. Die haben aber in der EU nur noch einen Anteil von rund 20 Prozent an der Eiweißversorgung. Auch in den USA und einigen lateinamerikanischen Ländern wie Mexiko, natürlich in Europa und sogar in Ägypten wird Vieh nicht unbedingt mit dem früher üblichen Gras, sondern längst auch mit Mais, Weizen und Soja-Pflanzen gefüttert. Doch so geht ein Großteil der eingesetzten Produkte verloren. Sie wären effizienter direkt als Nahrung für die Menschen zu verwenden. Außerdem wird durch den Import von Futtermitteln die Futter- von der Fleischproduktion getrennt; die Ernte muss auf weiten Wegen zum Vieh transportiert werden. Zu den Folgen gehört, dass viele Fleischproduzenten ihre Gülle nicht ortsnah, umwelt- und vor allem grundwasserverträglich in der Landschaft verteilen, sondern kostenpflichtig entsorgen müssen. Auf der anderen Seite werden dort, wo das Futter herkommt, in großen Mengen künstlicher Dünger und Pestizide eingesetzt, weil die Gülle fehlt. Zudem steigt die Getreideproduktion nicht mehr überall. Nach einem Bericht der University of Minnesota stagnieren die Erträge in einem Viertel bis einem Drittel der Ernteregionen, etwa in Australien, Argentinien, Kenia oder den USStaaten Arkansas und Texas. In einigen Gegenden
Weideland
Südamerika Nordamerika Ozeanien Europa Asien (inkl. GUS) Afrika 0
2
4
6
8
10
12
0
vorher Grasland oder Savannen
2
4
6
8
10
12
vorher Steppen
Großbritanniens, einst Rekordhalter der Getreideproduktion, sind die Ernten seit 20 Jahren sogar gesunken. Britische Forscher meinen, dass dies bei Weizen und Raps am Einsatz von Großmaschinen liegt, der die Böden zerstört. Global betroffen von der annähernden Stagnation sind jene vier Hauptgetreidearten, die für zwei Drittel aller landwirtschaftlich produzierten Kalorien stehen: Mais, Reis, Weizen und Soja. Ihre Ernte wächst weltweit um nur noch 0,9 bis 1,6 Prozent pro Jahr. Es rächt sich, meinen die Autoren der Studie aus Minnesota, dass sich die Agrarwirtschaft vorrangig damit beschäftigt habe, Futter für Nutztiere und Agrospritpflanzen für Autos zu produzieren. Die Erforschung unterschiedlicher Pflanzen für die lokale Nahrungsproduktion hingegen kam über Jahrzehnte zu kurz. Und jetzt reicht das Wissen über die Alternativen nicht.
Industrielle Tierhaltung führt zu Gülleüberschuss, der abtransportiert werden muss
Platz für Mahlzeiten WWF
Landbedarf für typische Gerichte, in m2/Person 3,61 3,38
3,12
2,26
2,23
Landbedarf gesamt Bedarf für Fleischbestandteile Bedarf für Soja
1,96 1,36 0,76
0,66
0,38
0,35
0,11 Schweinebraten
FLEISCHATLAS 2014
Hamburger
Curryhuhn
Rostbratwurst
27
SCHNITZEL, WÜRSTCHEN, GLYPHOSAT Was essen die Tiere, die wir essen? Wenn Fleisch, Milch und Eier Rückstände von Pestiziden, Herbiziden oder Medikamenten enthalten, nehmen wir diese Stoffe womöglich auch zu uns. Zwar schützen Gesetze vor den gefährlichsten Substanzen, aber sie bieten auch Schlupflöcher und ermöglichen Grauzonen, wie das Beispiel Glyphosat zeigt.
D Als das genmanipulierte Getreide kam, stiegen auch die Grenzwerte
ie Massentierhaltung in der Europäischen Union basiert zu einem großen Teil auf der Verfütterung von Sojabohnen und vor allem von genmanipuliertem Soja. Die einzige „positive“ Auswirkung dieses gentechnischen Verfahrens besteht darin, dass es die Sojapflanze resistent gegen Glyphosat macht. Dies ist ein Breitspektrum-Herbizid, das jede Pflanze auf einem Feld tötet, die nicht durch Genmanipulation immunisiert wurde. Glyphosat ist weltweit das meistverkaufte chemische Pflanzenvernichtungsmittel. In den 1970er Jahren vom US-Unternehmen Monsanto zum Patent angemeldet, wird es unter dem Markennamen Roundup vermarktet. Monsanto, der größte Saatguthersteller der Welt, erzeugt mehr als die Hälfte des weltweit verwendeten Glyphosats. Im Jahr 2011 erwirtschaftete das Unternehmen mit dieser Substanz 27 Prozent seines Umsatzes. Nachdem 1991 das internationale Patent und 2000 das US-Patent ausgelaufen waren, musste Monsanto eine neue Strategie entwickeln, um seinen Marktanteil gegen konkurrierende Chemieunternehmen wie BASF, Syngenta und Bayer zu verteidigen, die mittlerweile auch Herbizide mit Glyphosat produzierten. Also führte Monsanto Getreidesorten ein, die als „Roundup Ready“ bezeichnet werden und mittels Gentechnik resistent gegen Glyphosat gemacht worden waren. Mit dem Versprechen eines einfachen Programms
zur Unkrautbekämpfung ermuntert Monsanto nun die Landwirte, die Soja, Mais, Baumwolle und Zuckerrüben aus der Roundup-Ready-Produktreihe anbauen, auch das dazugehörige Herbizid vom selben Unternehmen zu kaufen. Zurzeit sind rund 85 Prozent der weltweit angebauten genmanipulierten Getreidearten resistent gegen Herbizide, wie auch die meisten Roundup-Ready-Pflanzen von Monsanto. 2012 machten Roundup-Ready-Sojabohnen weltweit fast die Hälfte aller angebauten genmanipulierten Getreidepflanzen aus. In Nord- und Südamerika auf einer Gesamtfläche von rund 85 Millionen Hektar geerntet, werden sie vor allem nach China und in die EU exportiert und bei der Massenhaltung von Geflügel, Schweinen und Rindern als Futtermittel verwendet. Zwar sind die Pflanzen resistent gegen Glyphosat, sie nehmen das Herbizid aber auf. Die Rückstände bleiben in Essen und Futter mindestens ein Jahr lang stabil erhalten, selbst dann, wenn die Nahrung gefroren oder getrocknet wird. Nutztiere speichern die Chemikalie. Studien haben ergeben, dass in Milch, Eiern, der Leber und den Nieren auch dann geringfügige Restmengen an Glyphosat nachweisbar sein können, wenn die Tiere nur die zulässige Menge der Substanz mit der Nahrung aufgenommen haben. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) will sich jetzt mit dem Thema befassen.
Rapide Verbreitung von Glyphosat in den USA Glyphosat-resistente Feldfrüchte in Prozent des bebauten Landes 100
2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993
90 80 70
Sojabohnen Mais
60
Mais Sojabohnen Sonstige
50 40 30 20 10 0
0
28
USDA ERS
Verteilung auf Feldbauprodukte, Millionen Kilogramm
25
50
75
100
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008
FLEISCHATLAS 2014
Genmanipulierte Produkte – Zustimmung und Ablehnung FAO, centerforfoodsafety.org
Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen, Flächen in Millionen Hektar, nach Ländern über 9 3 bis 9 1 bis 3 0,01 bis 1 0
Vorschriften für genetisch veränderte Lebensmittel (nicht Tierfutter) Verbot Kennzeichnungspflicht:
Im Jahr 1996 erhöhte die US-Umweltbehörde EPA die gesetzlich festgeschriebene Höchstgrenze für Glyphosat-Rückstände in Sojabohnen von 0,1 auf 20 Milligramm/Kilogramm, was daraufhin auch international als zulässiger Höchstwert anerkannt wurde. Dies geschah im selben Jahr, in dem auch die ersten genmanipulierten Getreidearten angebaut wurden. Es gibt Hinweise darauf, dass sich eine Woche nachdem ein Mensch Glyphosat zu sich genommen hat, noch 1 Prozent der Substanz im Körper befindet. Und da das Herbizid so breit angewendet wird, sind ihm die meisten Menschen regelmäßig ausgesetzt. Noch nie aber wurde untersucht, wie viele Menschen welche Mengen über einen längeren Zeitraum im alltäglichen Leben zu sich nehmen und was das bedeutet. Auch aus anderen Gründen kann die Verwendung der Substanz problematisch sein. Oft wird sie aus Flugzeugen auf große Felder gesprüht, ohne dass auf andere Getreidesorten und Pflanzen in der Umgebung Rücksicht genommen würde. Dadurch nimmt die lokale Artenvielfalt drastisch ab. Zudem kann die Chemikalie ins Grundwasser sickern. Anwohner und Menschen, die sich zufällig in der Gegend aufhalten oder am Rand der Felder leben, können dem Herbizid immer wieder ausgesetzt sein. Das kann schwerwiegende Konsequenzen haben. Es gibt Hinweise darauf, dass Glyphosat das menschliche Hormonsystem beeinflusst, was während der Schwangerschaft zu irreversiblen Schäden führen kann. Außerdem wurde nachgewiesen, dass Herbizide, die Glyphosat enthalten, „genotoxisch“ wirken – das FLEISCHATLAS 2014
für viele Produkte; bis 1 Prozent des Gesamtprodukts ungekennzeichnet für wenige Produkte, mit vielen Ausnahmen
Verbot von gentechnisch manipulierten Pflanzen in europäischen Ländern
heißt, sie beeinflussen die Fähigkeit einer Zelle, die DNA korrekt zu kopieren und sich zu teilen, was zu genetischen Mutationen und einem erhöhten Krebsrisiko führen kann. In Ecuador und Kolumbien werden Herbizide mit Glyphosat zur Bekämpfung der KokainProduktion eingesetzt. Studien verzeichnen genetische Schädigungen und Fehlgeburten während der Zeit, in der das Herbizid gesprüht wurde. In allen südamerikanischen Regionen, in denen Soja produziert wird, kommt es vermehrt zu Fehlbildungen bei Neugeborenen. Laut einer Studie in Paraguay ist die Wahrscheinlichkeit mehr als doppelt so hoch, wenn die Mutter weniger als einen Kilometer von einem Feld entfernt lebt, auf dem Glyphosat gesprüht wird.
Nie wurde untersucht, welche Langzeitwirkungen Glyphosat haben könnte
Pestizid-Einsatz in Argentinien Verkäufe in Millionen Kilogramm, meist Glyphosat enthaltend
REDUAS/CASAFE
alle pflanzlichen Produkte, Ausnahme: wenn eine Verunreinigung bis 0,9 Prozent „zufällig oder technisch unvermeidbar“ war. Keine Kennzeichnung tierischer Erzeugnisse (Eier, Fleisch, Milch), wenn die Tiere gentechnisch manipuliertes Futter erhielten
2013 2009 2005 2001 1997
0
50
100
150
200
250
300
350
29
ARGENTINIEN, DAS SOJA-REICH Die globale Nachfrage nach Tierfutter hat einen neuen Typ Farmer hervorgebracht und der Regierung in Buenos Aires enorme Steuereinnahmen verschafft. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat soziale, ökologische und gesundheitliche Auswirkungen, die in der argentinischen Öffentlichkeit kaum diskutiert werden.
D „Saatpools“ verdrängen kleinere Produzenten und schaffen riesige Monokulturen
er neue argentinische Landwirt arbeitet wie ein internationaler Manager. Von seinem klimatisierten Büro aus verfolgt er die Preisentwicklung für Soja an den weltweiten Rohstoffbörsen und organisiert seine Produktion per Laptop und Handy. Den Einkauf von Saatgut, die Ausbringung als Direktsaat und den Einsatz von Dünger, Herbiziden und Pestiziden hat er an spezialisierte Dienstleister vergeben, ebenso Ernte und Abtransport. Praktischerweise erhält er auch Zulieferungen und Dienstleistungen aus einer Hand: Internationale Konzerne liefern Saatgut, das komplette Chemiepaket und zunehmend auch die Vermarktungsstrukturen. Der anhaltend hohe Preis für die Tonne Soja macht diese Art virtueller Landwirtschaft selbst für mittlere Betriebe – in Argentinien ab 100 Hektar – rentabel. Der Landbesitzer kalkuliert Outsourcing-Kosten von 340 Dollar pro Hektar und darf je nach Lage, Wetter und bei Mehrfachsaat zwischen 2,5 und 4 Tonnen Soja Ertrag erwarten. Selbst bei einem „niedrigen“ Sojapreis von 330 Dollar pro Tonne bleiben ihm zwischen 485 und 980 Dollar pro Hektar im Jahr, bei hundert Hektar also grob 50.000 bis 100.000 US-Dollar. Selbst nach Abzug von 40 Prozent Agrarsondersteuer sowie Grund- und Einkommenssteuer hat er genug, um nicht selber Hand anlegen zu müssen. Dieses Geschäftsmodell für Landbesitzer ist seit etwa zehn Jahren verbreitet. Vorreiter waren
die Landpächter: Investoren schlossen sich in Argentinien in „Saatpools“ zusammen und übernahmen vom Staat oder von privaten Landbesitzern in großem Stil Anbauflächen zur Nutzung. Diese Investmentunternehmen operieren oft nur von ein paar Büroräumen in der Hauptstadt aus und stellen in mehrfacher Hinsicht ein Problem dar. Da sie größere Flächen bewirtschaften und entsprechende Erträge haben, können sie höhere Pachtbeträge als mittlere und kleine Produzenten zahlen. So verdrängen sie kleinere Produzenten und treiben die Entvölkerung ländlicher Räume voran. Außerdem führen bestimmte Firmenkonstruktionen für Saatpools zu Steuerbefreiungen. Bis zu 40 Prozent der Sojafelder werden inzwischen von Saatpools bewirtschaftet. Bis zum Jahr 2012 zahlten sie als Pacht den Gegenwert von 1,8 bis 2,5 Tonnen Sojabohnen pro Hektar, also 594 bis 825 Dollar. Dies ermöglicht großflächige Monokulturen über zehntausende von Hektar hinweg, die ganze Landstriche veröden lassen. Mittlere Saatpools bearbeiten Flächen zwischen 15.000 und 30.000 Hektar, große bis zu 100.000 Hektar und mehr. In den Jahren 2008 bis 2012 rechneten Saatpools mit Renditen von 16 bis 21 Prozent, in Einzelfällen deutlich mehr. Sie wurden möglich, weil die Pools unter anderem das Wetterrisiko minimierten, indem sie die gepachteten Flächen geografisch breit streuten. Allerdings sind die Renditen seit 2012 wegen neuer Bestimmungen
Schlüsselzahlen der Soja-Ökonomie
Sojabohnen-Felder, Millionen Hektar
Sojabohnen-Ernte, Millionen Tonnen
25
Sojaverbrauch und -export, Millionen Tonnen, Prognose 2013
50
52 20
40
30
10
33
20
20
9 5
10
10
4 0
30
10 9
19 15
52
1988
2000
2012
0
1988
2000
2012
2
FLEISCHATLAS 2014
Futtermittel aus Nordost INDEC
Einnahmen aus Sojaexporten, nach Provinzen, 2010 Millionen Dollar Dollar pro Einwohner 340 150 Chaco 150
300 Santiago del Estero
2.900 3.600 Córdoba 320 1.090
9.300 Santa Fe
400 Entre Ríos
Buenos Aires
150 310 2.300 Provinz Buenos Aires
100 La Pampa
Anteil an den Ausfuhren Argentiniens, Prozent, 2012
Anteil am Welthandel mit Soja, Prozent, 2012
Steueranteil der Sojaexporte, Prozent, 2011
unverarbeitet nach China
USDA, FAOSTAT, INDEC
über Exportgeschäfte auf Dollarbasis auf 3,6 bis 5 Prozent gefallen. Manche Saatpools weichen nun auf Paraguay, Brasilien und Uruguay aus oder verhandeln in Argentinien um neue Pachtregelungen. Vor allem Kleinlandwirte sind Opfer des Sojabooms. Zwischen 1988 und 2008 sank die Zahl der Agrarbetriebe von 421.000 auf 270.000. Derzeit verfügen 2 Prozent der Unternehmen über mehr als 50 Prozent der Nutzfläche, während 57 Prozent der Betriebe gerade 3 Prozent bearbeiten. Wegen der inzwischen hohen Bodenpreise in der Zentralregion gehen jetzt viele Großbetriebe an die Peripherie des Landes und kaufen billiges Staatsland. Immer wieder kommt es auch zur gewaltsamen Vertreibung von Kleinbauern oder -pächtern; bewaffnete Konflikte häufen sich. Der Soja- und auch der Maisanbau drängen zudem die Qualitätsrinderzucht in die Randregionen und bewaldeten Gebiete ab, was – wie auch in Paraguay – den Druck auf indigene Gemeinschaften erhöht. Die meisten Pools lassen nicht mehr pflügen, sondern das Saatgut direkt auf dem Boden keimen. Diese „Direktsaat“ sorgt für eine schnelle Zweit- oder gar Drittsaat in einem Jahr. Zur ersten Ernte sind Hektarerträge zwischen 2,5 und 3 Tonnen möglich, bei der zweiten und dritten weniger. Um mehrfach säen zu können, müssen die Böden immer wieder mit Herbiziden, insbesondere Glyphosat, pflanzenfrei gemacht werden; nur das genveränderte Soja ist gegenüber Glyphosat resistent und wächst auf den gewaltigen Flächen. Die Auswirkungen sind dramatisch. In ländlichen Gebieten ist die Zahl der Fehlgeburten und Missbildungen bei Neugeborenen gestiegen. Während im Landesdurchschnitt 19 Prozent der Menschen an Krebs sterben, sind es in diesen Gebieten mehr als 30 Prozent. Dieser Anstieg begann im Jahr 2000 – zeitgleich mit dem intensiven Einsatz von Glyphosat.
Argentinien
Biodiesel und Sonstige 22
Soja
6 24
3 Futter 35
Rind und Geflügel
Ausfuhrsteuern auf Soja
Gesamteinnahmen Rest der Welt
Lager
FLEISCHATLAS 2014
31
HÜHNER – WELTWEITER STEIGFLUG IN DIE FABRIK In den Industrieländern, wo die Geflügelproduktion hoch industrialisiert ist, wird mittlerweile mehr Hühner- als Rindfleisch konsumiert. In Asien wird sich die Nachfrage vervielfachen. Hier endet die Zeit der Kleinproduzenten, Händler auf Fahrrädern und Lebendvogelmärkte.
D
ie industrielle Massenproduktion von Geflügel ist das am schnellsten wachsende Segment einer hoch globalisierten Viehwirtschaft. Bis 2020 werden weltweit 124 Millionen Tonnen Geflügelfleisch produziert, was einem Anstieg von 25 Prozent innerhalb von nur zehn Jahren entspricht. Der Produktionszuwachs wird
Geflügel für das Fließband
Gesamtzahl Geflügel (Milliarden)
FAO
Zahlen und Anteile, 2005/2010*
Anteil an der Massendavon aus Anteil der MassenMassenproduktion produktion, in Prozent, produktion weltweit, in Prozent (Milliarden) nach Ländern/Regionen
7,3
5,8
5,3
4,7
79
90
46
38
Ostasien und Pazifik, davon China 5 1,2
48
0,6
Osteuropa und Zentralasien 12 2,3
1,5
64
Südamerika und Karibik 5 1,0
0,6
57
Naher Osten und Nordafrika 1.1 0,8
0,9
0,3 30 0,1 16 Südasien, davon Indien
3
29
2
0,3
1
Subsahara-Afrika
4,0
3,5
28 86
Länder mit hohem Einkommen * Einstufung der Länder 2010, Daten von 2005, keine neueren Zahlen
32
in China am größten sein: 37 Prozent im Vergleich zu 2010, dicht gefolgt von Brasilien (28 Prozent). Ein unterdurchschnittliches Wachstum wird für die USA (16 Prozent) und die EU (4 Prozent) vorausgesagt. In Südasien wird die Nachfrage bis 2050 um mehr als das Siebenfache ansteigen, vorwiegend durch den Bedarf in Indien, wo nahezu eine Verzehnfachung zu erwarten ist: von ungefähr 1 Million auf 9,9 Millionen Tonnen pro Jahr. Nach Angaben der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) ist das vor allem dem steigenden Pro-Kopf-Verbrauch und nicht so sehr der wachsenden Bevölkerungszahl geschuldet. Besonders in den städtischen Ballungsgebieten nimmt der Verbrauch zu – dort ist er doppelt so hoch ist wie in ländlichen Regionen. Warum essen Menschen lieber Geflügel als anderes Fleisch? Ein Grund ist der Preis: Die Produktion von Geflügel ist deutlich günstiger. Auch wenn die Kosten für die Produktion steigen werden, weil das Futter teurer wird: Hühner sind effizientere Futtermittelverwerter als andere Nutztiere. Außerdem gibt es im Gegensatz zu Rind- und Schweinefleisch beim Verzehr von Hühnerfleisch nur wenig religiöse oder kulturelle Einschränkungen. Viele Hühner werden heutzutage in engen Hinterhöfen gehalten. Doch die Zahl der Lebendvogelmärkte und Händler auf Fahrrädern nimmt ab. Die vielen Kleinschlachtereien und Einzelhändler werden zunehmend durch einige wenige große Schlachthäuser und Fabrikläden ersetzt. So hat die Industrialisierung von Chinas Geflügelproduktion rasant Fahrt aufgenommen. Die Expansion von Supermärkten und Fast-FoodKetten fördert die Nachfrage und beschleunigt den Übergang zur Massenproduktion. Millionen bäuerlicher Geflügelproduzenten sind bereits verschwunden: zwischen 1985 und 2005 haben 70 Millionen den Sektor verlassen. Kleinfarmen verlieren an Bedeutung. 1998 deckten Betriebe mit weniger als 2.000 Vögeln rund 62 Prozent des Hühnerfleischbedarfs eines Landes; 2009 produzierten diese Betriebe nur noch 30 Prozent. Mittlerweile ist der Marktanteil von Großbetrieben mit einem jährlichen Ertrag von mehr als 100 Millionen Tieren von 2 Prozent im Jahre 1998 auf über 6 Prozent im Jahre 2009 gestiegen. FLEISCHATLAS 2014
Hühnerfleisch-Verbrauch pro Kopf 2012, Schätzung, in Kilogramm
50,1
25,3 36,5 Russland
23,6
19,1
14,0
Kanada 31,0
DSW, FAO
„Huhn“, global gegessen
EU-27
USA
16,9
China
Japan
Südkorea 2,4 Mexiko
Indien
38,5
50,5 7,3
37,8 38,6
Indonesien
Brasilien Australien
Südafrika Argentinien
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sich in 60 Ländern aus. Und seit 2004 berichtet China jedes Jahr – mit Ausnahme des Jahres 2011 – über neue Fälle. Die Entwicklung in China ist durchaus typisch für die weltweiten Trends der Geflügelproduktion. Märkte und Verarbeitungsbetriebe werden immer weiter in die Handelsketten integriert, wobei die Kontrolle in den Händen von Großunternehmen liegen wird. Jeder, der heutzutage seinen Lebensunterhalt mit Geflügel verdient, wird diese Entwicklung zu spüren bekommen, insbesondere Frauen, deren Zucht in Hinterhöfen und Kleinstbetrieben für viele Familien unentbehrlich ist. Außerdem sinkt mit den Fleischpreisen auch die Fleischqualität.
Antibiotika: In 40 Tagen nahmen Masthähnchen von 30 Gramm auf 2,5 Kilogramm zu
Die Herde wächst unaufhaltsam Milliarden Tiere Hühner Enten
FAO
Derartige Massen an Vögeln sind schwer gesund zu halten. Viele Betriebe mischen Antibiotika und andere Zusatzstoffe in das Tierfutter, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern und das Wachstum der Vögel zu beschleunigen. Obgleich China eine lange Liste verbotener Futtermittelzusatzstoffe aufgestellt hat (von denen viele in den USA erlaubt sind), bleiben Überwachung und Umsetzung mangelhaft. Im Dezember 2012 enthüllte das chinesische Nationalfernsehen den Liuhe-Hühnerfleischskandal. Bis zu 18 verschiedene Antibiotika wurden in den „Cocktails“ gefunden, die den Futtermitteln des Marktführers beigemischt worden waren, um das Wachstum der Masthähnchen zu beschleunigen. Diese Vögel nahmen innerhalb von nur 40 Tagen von 30 Gramm auf 2,5 Kilogramm zu. Liuhe ist einer der Hauptlieferanten von Kentucky Fried Chicken. Der Umsatz der US-Kette brach ein. KFC reagierte darauf mit verstärkten Kontrollen seiner Lieferketten und gab den Übergang zu einem sogenannten Grow-out-System bekannt. Bei diesem Modell gibt es keine unabhängigen Kleinproduzenten oder Vertragsbetriebe mehr, die typisch für die vertikal integrierte Geflügelindustrie sind. Nun gehören dem fleischverarbeitenden Betrieb sämtliche eingesetzten Produktionsmittel; er kontrolliert das Land und die Wasserressourcen und beschäftigt die Arbeitskräfte, die das Geflügel produzieren. So wandeln sich Betriebe letztlich in Fabriken. Statt sich von einem derartigen Industriemodell zu entfernen, intensiviert China seine Geflügelproduktion noch weiter. Und das trotz der Vogelgrippe: Im Jahr 1996 wurde sie erstmals bei Zuchtgänsen in Südchina entdeckt und breitete
Gänse und Perlhühner Truthähne
20
15
10
5
0 2000
2002
2004
2006
2008
2010
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DIE ZWEIFEL DER REICHEN In den Industrieländern scheint der Höhepunkt des Fleischbooms vorbei zu sein. Skandale haben die Konsumenten verunsichert, Informationen über die Folgen der Massentierhaltung sind weithin zugänglich. Aber Biofleisch bleibt für viele Menschen zu teuer, und neue Gütesiegel verwirren die Interessenten.
I Skeptischen Verbrauchern ist nicht klar, wie die Fleischbranche funktioniert
das Fleisch“ bedroht. In Deutschland nahm der Fleischverbrauch allein im Jahr 2012 um 2 Kilogramm pro Mensch und Jahr ab. Die Fleischwirtschaft führte dies umgehend darauf zurück, dass durch den verregneten Sommer die Grillsaison ausgefallen sei. Doch selbst dann neigen die Konsumenten in den Industrienationen offenbar dazu, auf die Qualität der Produkte zu achten. Und in den Artikeln der Lifestyle-Magazine wird eine fleischarme Ernährung mittlerweile als gesund und modern angepriesen. Eine Ursache für diesen Trend liegt in der langen Reihe von Fleischskandalen – vom Gammelfleisch über Dioxin im Hühnerfutter bis hin zu Pferdefleisch, das als Rindfleisch verkauft wurde. Zu solchen Verbrechen kommt es durch den zunehmenden wirtschaftlichen Druck, aber auch durch komplexe, dezentralisierte und globalisierte Produktionsketten. Die Verbraucher verstehen die Struktur der Fleischindustrie nicht, sie stehen den Kontrollmechanismen skeptisch gegenüber, und durch die Berichte in den Medien ignorieren sie auch nicht länger die negativen Auswirkungen auf die Umwelt, die Gesundheit der Menschen und das Wohlergehen der Tiere.
n den reichen Industrienationen haben sich Produktion und Verbrauch in den vergangenen 50 Jahren beträchtlich verändert. Während man in Großbritannien im Jahr 1950 im Schnitt nur 20 Gramm Huhn, aber 250 Gramm Rindfleisch pro Woche konsumierte, so verzehren Briten mittlerweile durchschnittlich 250 Gramm Huhn und lediglich 120 Gramm Rindfleisch pro Woche. Allerdings scheint es in den meisten Industrienationen eine gegenläufige Bewegung zu geben: Eine kleinere Anzahl von Menschen isst inzwischen weniger Fleisch, eine gesunde, fleischarme Ernährung liegt im Trend. Doch viele andere haben keinen Zugang zu frischer, hochwertiger Nahrung, aus Mangel an Wissen kein Interesse und damit auch nicht die Wahl zwischen fleischhaltiger und fleischloser Ernährung. Insgesamt ist in den Industrienationen ein hoher, aber stagnierender Fleischverbrauch zu verzeichnen. In einigen Ländern ist der Verzehr sogar zum ersten Mal seit Jahrzehnten rückläufig. So zeigt sich die Fleischwirtschaft in den USA besorgt, weil der Konsum zwischen 2007 und 2012 um 9 Prozent gesunken ist. Die Unternehmen sehen sich von einem „Propagandafeldzug gegen
Pflanzliche und tierische Nahrung nach Ländergruppen
Industrieländer
Pflanzlich, tierisch
3.065
2.947 2.054
3.206
3.380
1984–86
Industrieländer
3.440
2.681
2.450
1974–76
nur tierisch
Entwicklungsländer
2.152
1964–66
WHO, FAOSTAT
Kilokalorien pro Kopf und Tag
1997–99
Europa
USA
3.500
2.850
2.980
2015 geschätzt
jeweils ärmste Länder
2030 geschätzt
China
1.200 1.000 800
1.005 833
600
929
971
977
958
976
923
1.049
964
925
594
1.013 694
400 200 0
34
132
90 1963
191
141 1983
178
160 2003
2009
FLEISCHATLAS 2014
Die Nachfrage in der reichen Welt steigt nicht mehr
33,7 32,6
20,2 18,2
OECD/FAO
Fleischkonsum pro Kopf, in Kilogramm, Durchschnitt 2010–12 (geschätzt), und 2022 (Prognose)
32,3 31,7
16,7 15,8 45,6 44,4
0.9 0.8 Kanada
15,3 14,9
21,2 20,8 11,1 11,0
6,8 7,3
0,2 0,2 Japan
2,0 1,7 39,6 38,8
EU 26,5 24,7
12,8 12,7
21,1 20,8 22,9 22,1
21,5 20,0
0,4 0,3 USA
8,4
8,6
Australien 2010– 2012 2022
19,1 16,8
Rind, Kalb Schwein Geflügel Schaf, Ziege
FLEISCHATLAS 2014
15,7 15,5
10,2 8,8
Neuseeland
fleischarme Ernährung preisgünstiger wäre. Um die Fleischproduktion nachhaltig zu gestalten, müssen die reichen Verbraucher weniger essen. Und sie müssen anders essen, das heißt, den Verzehr von Produkten aus intensiver Tierzucht zurückschrauben und sich auf die Produktion und den Konsum von Weidetieren konzentrieren. Diese haben ein gesünderes Verhältnis von Fetten und Mikronährstoffen als Tiere, die mit Getreide gefüttert werden. Und sie verwandeln Gras, ein Produkt, das wir nicht essen können, in Milch und Fleisch.
Wir verlieren die Freude am Gemüse und vergessen, wie man kocht
USA: Talfahrt nach dem Gipfelsturm Fleischverzehr pro Kopf, Kilogramm, ohne Abfälle und Haustiernahrung, 2013 und 2014 geschätzt
CME
Als Reaktion auf den rückläufigen Fleischkonsum haben die Unternehmen Gütesiegel entwickelt, die den Konsumenten die Einhaltung bestimmter Standards bezüglich Tierschutz und Lebensmittelsicherheit vermitteln sollen. Kritiker warnen davor, dass diese „Standards“ der Fleischwirtschaft eher zur Verwirrung der Verbraucher als zur Verbesserung der Fleischqualität beitragen. Sinnvoll sind stattdessen gesetzlich verpflichtende Kennzeichnungsregeln für Herkunft, Haltungsform und Gentechnik im Futter. Biofleisch ist eine Alternative, die der Skepsis der Verbraucher Rechnung trägt. Dennoch stammen in den meisten Industrienationen weniger als 2 Prozent des verkauften Fleisches aus biologischer Produktion. Ein Grund hierfür ist der Preis. In Zeiten wachsender Armut und einer zunehmenden Kluft zwischen Arm und Reich ist es für viele Menschen schwierig, mehr Geld für Nahrungsmittel auszugeben. Biofleisch ist fast doppelt so teuer wie herkömmliches, weil die Kosten der industriellen Produktion verdeckt und für die Öffentlichkeit nicht sichtbar sind, etwa Steuervergünstigungen, die Schäden an der Natur oder die Nachteile, die den Verbrauchern durch minderwertige Nahrung entstehen. In Schulen und Kantinen gibt es jeden Tag Fleisch und kaum vegetarische Gerichte. Wir verlieren die Freude am Gemüse; wir vergessen, wie man es kocht, obwohl eine vegetarische oder
32,5 31,6
85
80
75
70
0 1966
1978
1990
2002
2014
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DIE NEUE HUNGRIGE MITTELKLASSE – VON RIO BIS SCHANGHAI Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – woher die Tiere und ihr Futter kommen sollen, um den künftigen Fleischkonsum in den fünf „BRICS-Ländern“ zu decken, weiß heute noch niemand.
D „Non-veg“ zu essen ist in den Städten Indiens zum Statussymbol geworden
as Wirtschaftswachstum in den fünf Boomländern, die nach ihren Anfangsbuchstaben auch kurz BRICS genannt werden, drückt sich auch im Fleischverbrauch aus. In Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, die zusammen 40 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren, nahm er von 2003 bis 2012 um 6,3 Prozent pro Jahr zu; von 2013 bis 2022 soll er noch einmal jährlich um 2,5 Prozent wachsen. Neben Bevölkerungswachstum lässt auch die Urbanisierung den Fleischverzehr steigen. Stadtbewohner haben mehr Geld als Landbewohner. Sie essen mehr, und sie essen anders – vor allem mehr tierische Produkte. Die chinesischen Landbewohner aßen im Jahr 2011 mit 26,1 Kilogramm Fleisch, Milch und Eier rund 12,4 Kilogramm mehr als 1990; bei den Städtern stieg der Fleischkonsum im selben Zeitraum um 19,1 Kilogramm auf 48,9 Kilogramm. Im Jahr 2050, vermutet die UN-Welternährungsorganisation FAO, decken die Schwellenländer nur noch 46 Prozent ihres Kalorienbedarfs mit Getreide, aber 29 Prozent mit Fleisch, Eiern, Milch und Käse. Um bei dieser Nachfrage mithalten zu können, werden die Bauern und Agrarbetriebe der Welt die globale Fleischproduktion bis zum Jahr 2050 von heute 300 auf 470 Millionen Tonnen erhöhen müssen. Überall entstehen Massentierhaltungsbetriebe, wie es sie in den Industrienationen seit
den 1950er Jahren gibt. Wie all die Tiere künftig ernährt werden können, ist derzeit nicht abzusehen. Da die Fleischproduktion ungeheure Mengen Getreide als Futtermittel verbraucht, wird sich die Produktion von Sojabohnen von augenblicklich 260 auf weltweit 515 Millionen Tonnen fast verdoppeln müssen. Dazu müssen die Erträge pro Hektar steigen oder die Agrarflächen zunehmen – oder beides. Die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Welt unterscheiden sich allerdings stark in ihren Konsumstrukturen. In Indien hat die vegetarische Lebensweise tiefe kulturelle und soziale Wurzeln. Viele Hindus, aber auch die asketisch ausgerichteten Jains und Buddhisten verzichten aus religiösen Gründen ganz auf den Konsum von Fleisch. Bei Umfragen geben ein Viertel bis ein Drittel der Inder an, Vegetarier zu sein. Die Zahl der Fleischesser nimmt dennoch zu. Seit dem Beginn des Wirtschaftsbooms Anfang der 1990er Jahre passt eine neue breite Mittelschicht ihre Lebensweise dem westlichen Vorbild an. Dazu gehört auch der Verzehr von Fleisch. „Non-veg“, wie es in Indien heißt, ist zumindest in Teilen der indischen Bevölkerung zum Statussymbol geworden. Dennoch liegt der Pro-Kopf-Verbrauch in Indien bei nicht einmal einem Zehntel des Niveaus in China. In Russland, dem größten Rindfleischimporteur der Welt, hängt die Nachfrage vom Wohl-
Geflügel in China und Indien: Nicht mehr der Bevölkerungszuwachs, sondern der Lifestyle sorgt für die Nachfrage
in 2000
in 2030
Bevölkerung 1,4
dem Bevölkerungswachstum zuzuschreiben kombiniertes Wachstum
11
1,2
geändertem Lebensstil zuzuschreiben Bevölkerung 1,4
11
27
1,0
68
0,8
0,8
China
0,6
Indien
0,6 0,4
0,4
0,2
0,2 0 0
36
5
1,2
78
1,0
FAO
Nachfrage nach Geflügelfleisch, 2000–2030, in Prozent, bei gleich gesetzter Bevölkerungszahl von 1,4 Milliarden
2
4
6
8
10
12
14
16
18
Pro-Kopf-Verbrauch (Kilogramm/Jahr)
0 0
2
4
6
FLEISCHATLAS 2014
Fleischverbrauch pro Kopf, Kilogramm, Durchschnitt 2010–12 (geschätzt) und 2022 (Prognose), in den Brics-Staaten
OECD/FAO
Ein Jahrzehnt in die Zukunft 29,2 24,2 19,7
22,5 34,1
14,2 13,6
29,2 1,2 1,5
47,0
Russland
41,5
13,6 11,1
30,4 29,3
45,2
China 1,0 1,2
12,3 11,1 Brasilien
2,7 2,7
3,4 3,8
0,2 0,2
32,2
2,0 2,6
0,6 0,7
Indien
0,4 0,4 14,4 12,6 5,4 5,8
2010– 2012 2022
3,2 3,4
Südafrika Rind, Kalb Schwein Geflügel Schaf
FLEISCHATLAS 2014
fentlichen sie nur Gesamtzahlen. Aber allein in Indien kalkulieren sie mit einer Verfünffachung des Umsatzes, von 190 Millionen Dollar im Jahr 2012 auf 1 Milliarde Dollar im Jahr 2015. In Brasilien waren es 2011 bereits 550 Millionen Dollar. In China gelten seit 2012 Regeln für Bioware, die zu den weltweit strengsten gehören. Hier könnte der Umsatz 2015 sogar bei 3,4 bis 9,4 Milliarden Dollar liegen.
Russland: Konsum in der Krise Versorgung durch tierische Produkte einschl. Milch und Eiern, Kilokalorien pro Kopf und Tag
FAOSTAT
stand durch die Einnahmen aus dem Öl- und Gasexport ab. Der Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO im Jahr 2012 hat die Einfuhren nicht belebt. Die strikte Einhaltung des Regelwerks soll allerdings die bisher üblichen sprunghaften Wechsel von Lieferländern, -mengen und Fleischsorten dämpfen, heißt es. Der Markt gilt insgesamt als schwierig, weil die Angebote zu langsam auf Trends reagieren. Südafrika und Brasilien hängen wirtschaftlich ebenfalls von den Rohstoffpreisen des Weltmarktes ab. Anders als im stark industriell geprägten Russland ist Viehhaltung in Südafrika und Südamerika nichts Ungewöhnliches. Im Gegensatz zu Brasilien mit seinen Klimavorteilen ist Fleisch im nicht auf intensive Weidewirtschaft ausgerichteten Südafrika allerdings teuer. Mehrere Wirtschaftskrisen haben dafür gesorgt, dass zumeist billiges Geflügel gegessen wird. Angesichts der Folgen der Massentierhaltung – Vogelgrippe, vergiftete Milch, tote Schweine, die in Flüssen entsorgt werden – entwickeln die Verbraucher in weiten Teilen Asiens aber immer mehr ein Bewusstsein, wie es auch in den Industrieländern entstanden ist. Und sie interessieren sich für ökologisch erzeugte Lebensmittel. Vor allem in den Metropolen entstehen neue Ketten und Bio-Abteilungen in Supermärkten. Die Marktforscher unterscheiden zwar nicht nach pflanzlichen und tierischen Bioprodukten; daher veröf-
800 750 Die globale Finanzkrise führt in die Rezession (bis 2011)
700 Die Hochinflation vernichtet private Ersparnisse; Pleitewelle in der Industrie
650 600
Einnahmen aus Öl und Gas sanieren die Staatsfinanzen; Investitionen und Konsum steigen
Eine Bankenkrise vertreibt ausländische Investoren; die Inflation kehrt zurück
550 500 0 1992
1994
1996
1998
2000
2002
2004
2006
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URBANE TIERHALTUNG Tiere in der Stadt – für viele ein Widerspruch in sich. Gehören sie nicht aufs Land, jenseits von Lärm, Gestank und Luftverschmutzung? Und doch sind gerade sie für viele ärmere Stadtbewohner eine wichtige Lebensgrundlage, denn sie liefern preiswertere Nahrung als ihre Artgenossen auf dem Lande.
I
In vielen afrikanischen und asiatischen Ländern kann pasteurisierte Milch teuer und schwer zu bekommen sein. Stadtbewohner halten deshalb Rinder, Büffel und immer häufiger sogar Kamele, um die Milch zu verkaufen oder sie selber zu verbrauchen. Ärmere Stadtbewohner leisten sich Pferde und Esel, um sie als Transportmittel zu nutzen und sich so ihren Lebensunterhalt zu verdienen. In kleineren Städten, etwa in Äthiopien, dienen Pferdekutschen als Taxis, und sogar in der Hauptstadt Addis Abeba werden Esel benutzt, um Materialien zu transportieren. Die Art, wie Tiere in Städten gehalten und gefüttert werden, kann sehr unterschiedlich sein: Vieh, Schafe und Ziegen leben oft auf Höfen oder leerstehenden Grundstücken und werden zum Grasen an den Rand von Straßen oder Eisenbahnschienen geführt. Ärmere Menschen lassen ihre Hühner häufig im Freien scharren oder stecken
n den Städten vieler Entwicklungsländer werden zahlreiche unterschiedliche Nutztiere gehalten. Zu den Kleintieren gehören Hasen, Meerschweinchen und Geflügel. Sie dienen gewöhnlich der Produktion von Fleisch und Eiern, die von den Eigentümern entweder selbst gegessen oder weiterverkauft werden. Mittelgroße Tiere wie Schafe, Ziegen und Schweine werden zwischen Gebäuden, auf Hinterhöfen oder am Straßenrand gehalten. Sie dienen vorwiegend der Fleischproduktion, obwohl Schafe und Ziegen auch gemolken werden können. Muslime schlachten im Rahmen religiöser Feierlichkeiten Schafe – bevorzugt Böcke – als Opfergabe. Wenn solche Feiertage näherrücken, steigen die Preise für Schafe drastisch an. Viele ärmere Haushalte kaufen sich schon mehrere Monate im Voraus ein Tier, oft die einzige Möglichkeit, an religiösen Festen teilhaben zu können.
Die Haltung von Tieren in der Stadt ist vielerorts offiziell verboten
Entwicklungsländer: ein Panorama informeller Produktion
Geschätzte 25.000 Rinder, 9.500 Schweine sowie 53.000 Schafe und Ziegen leben in der Stadt
16.500 Rinder, 22.600 Schweine sowie 19.300 Schafe und Ziegen leben in den Metropolregionen
6.500 Rinder und Büffel, offiziell 3.700 Schweine (geschätzte Anzahl: 120.000) sowie 5.700 Schafe und Ziegen 11 Prozent der Haushalte besitzen Nutztiere
63.000 Schweine leben in der Stadt
Mexiko-Stadt
WORLD BANK, FAO
Beispiele aus den Jahren 1985 bis 2008
Kathmandu Dhaka
Havanna Hubil-Dhawad
Cagayan de Oro Nairobi Bis zu 48 Prozent der Haushalte in einigen Slums betreiben Landwirtschaft, die meisten mit Kleinvieh
Lima La Paz
15.000 bis 20.000 Schweine tragen 6 Prozent zur nationalen Schweinefleischproduktion bei
Montevideo Bis zu 55 Prozent der Haushalte züchten Kleinvieh für den Eigenbedarf
38
Daressalam
Mehr als ein Drittel der Haushalte besitzt Tiere, vor allem Hühner, aber auch Kaninchen, Tauben, Enten und Puten
Mutmaßlich 80 Prozent der Einwohner Dhakas halten Tiere
4.000 Rinder, 12.400 Schweine und 3.250 Ziegen leben in der Stadt
Harare Maputo 16 Prozent des städtischen Milchverbrauchs stammen aus der Produktion vor Ort, 44 Prozent aus dem Umland 29 Prozent der Haushalte besitzen Nutztiere
FLEISCHATLAS 2014
Ergebnisse einer Umfrage in den USA, 2011, 134 Antworten städtischer Tierzüchter Gründe für die Tierhaltung, Prozent 2
Reaktionen der Nachbarn, Zahl der Antworten
Häufigkeit des Fleischverzehrs, Prozent
13 1
2
15
44
32
Sozialleben Tiergeräusche generationenübergreifendes Engagement Erziehung
20
12
44
Tierlärm Geruch Angst vor Verletzungen und Krankheiten
PLUCKANDFEATHER.COM
Entwickelte Länder: Das Vieh kehrt in die Stadt zurück
10
4
5
Kosten Ökologie Kultur
seit dem Beginn der Tierhaltung mehr weniger unverändert
sie in Käfige. Sowohl Weidetiere als auch Aasfresser ernähren sich von Grünzeug auf leerstehenden Grundstücken sowie von Lebensmittelresten, organischen „Abfällen“ auf der Straße und, für die Gesundheit der Tiere und der Konsumenten durchaus bedenklich, von Müll. Wenn Menschen Hähnchen oder Milchkühe halten, um sie offiziell oder auf dem Schwarzmarkt anzubieten, kaufen sie oft Nahrungsergänzungsmittel oder mischen sie zu Hause selbst zusammen. Die Haltung findet meist inoffiziell und oft illegal statt. Eine Studie in der Republik Kongo ergab, dass rund ein Drittel der Bewohner von Brazzaville urbane Landwirtschaft betreiben. Nach der Studie halten 9 Prozent aller Einwohner Nutztiere, vor allem Geflügel. In Kenia betrieben in den 1980er Jahren fast 70 Prozent der Haushalte in Kibera, dem größten Slum in Nairobi, urbane Landwirtschaft. Hierzu gehörte auch eine unbekannte Anzahl von Tierhaltern. Zwanzig Jahre später standen die Häuser so dicht beieinander, dass es fast unmöglich war, Getreide anzubauen. Doch noch immer werden Geflügel und Schweine selbst in stark übervölkerten Stadtgebieten gehalten – in diesem Fall brauchen Tiere tatsächlich weniger Platz als Pflanzen. Wenn Tiere und Menschen in Großstädten auf engem Raum zusammenleben, besteht ein erhöhtes Krankheitsrisiko. Und das beschränkt sich nicht nur auf die Vogelgrippe. Viele Erkrankungen des Menschen – Grippe, Pocken, Pest, Masern, Tuberkulose, Cholera – entstanden im Laufe der letzten 10.000 Jahre durch die Interaktion von Mensch und Tier. Eine gute veterinärärztliche Überwachung verringert das Auftreten von Tierkrankheiten und das Risiko einer Übertragung auf den Menschen. In schwierigen Zeiten nimmt das Interesse an urbaner Tierhaltung gewöhnlich zu. In der ugandischen Hauptstadt Kampala gab es während jahrelanger politischer Unruhen deutlich mehr Nutztiere. In Mittelasien fingen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion mehr Stadtbewohner an, Tiere zu halten. Wenn die Wirtschaft FLEISCHATLAS 2014
0
positiv
negativ
sich erholt und das Einkommen der Haushalte steigt, nimmt die Bedeutung der Nutztiere wieder ab. Dies war nach dem Zweiten Weltkrieg auch in europäischen Großstädten zu beobachten. Wenn also in den Städten mehr Tiere gehalten werden, so kann dies ein Anzeichen für wirtschaftliche Probleme oder politische Krisen sein. Auch in den Industrienationen findet urbane Tierhaltung im weitesten Sinne statt – Bienen und Fische werden gezüchtet, Regenwürmer zur Erzeugung von Kompost eingesetzt. So werden Einkommen und sinnvolle Tätigkeiten generiert. Soziologen zufolge ermutigt dies auch junge Menschen in den Slums der großen Metropolen wie New York, zu lernen und zu arbeiten. Warum sollte es erlaubt sein, Nutztiere in der Stadt zu halten? Während einer Wirtschaftskrise ist es eine wichtige Anpassungsstrategie. Abfälle werden in wertvolle Produkte wie Fleisch, Milch und Eier umgewandelt. Ärmere Menschen gewinnen an Selbstachtung und Ansehen in Gesellschaften, in denen Tiere eine bedeutende kulturelle Rolle einnehmen. Und es ist ein wichtiger Beitrag zur sozialen Absicherung gefährdeter Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel von Arbeitslosen, älteren Menschen und Rentnern oder alleinerziehenden Frauen.
In Zeiten von Krieg und Krisen steigt die Zahl der Tiere in den Städten
Stadt überholt Land und gibt den Lebensstil vor Bevölkerung in entwickelten und Entwicklungsländern, in Millionen ländlich, Entwicklungsländer ländlich, entwickelte Länder
städtisch, Entwicklungsländer städtisch, entwickelte Länder
5.000 4.000
WORLD BANK, FAO
besseres Essen Erziehung Sozialleben
3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0
1950
1960
1970
1980
1990
2000
2010
2020
2030
39
PROTEIN AUS GRAS UND GESTRÜPP Nomaden halten ihr Vieh auf Land, das für Nutzpflanzen ungeeignet ist. Sie produzieren große Mengen Nahrungsmittel und tragen zum Schutz der Natur bei. Aber sie erhalten zu wenig politische und rechtliche Unterstützung. Existenziell bedrohlich sind die Beschränkungen ihrer Wanderwirtschaft.
Ü Bis zu 10 Prozent der Wirtschaftsleistung entfallen in Afrika auf Nomaden
ber 40 Prozent der Erdoberfläche sind für Nutzpflanzen zu trocken, zu steil, zu heiß oder zu kalt. In diesen Regionen haben Halter von Nutztieren einen existenziellen Vorteil, weil ihre Tiere die lokale Vegetation in Nahrung und Energie umwandeln. Sie halten nur bestimmte Rassen, kennen die Bedürfnisse dieser Tiere und die Bedingungen für eine artgerechte Haltung vor Ort sehr gut. Deswegen sind diese Methoden nachhaltig. Nomadische Hirten sind hierin Meister. Sie sind mobile Viehbesitzer, die Rinder, Schafe, Ziegen, Kamele, Rentiere, Yaks, Lamas und Alpakas in großer Zahl auf Gemeinland halten. Über die Jahrhunderte hinweg haben sich ihre Herden bestens an die spärliche Vegetation in Trockengebieten, am Wegesrand, auf abgeernteten Feldern und an andere widrige Bedingungen ihrer Umgebung angepasst. Die Hirtennomaden, auch Pastoralisten genannt, ließen ihre Tiere in unterschiedlichen Gebieten grasen und konnten so jahrhundertelang in den unwirtlichsten Regionen überleben, ohne ihre Ressourcen zu erschöpfen. Weil sie sich im-
Fleisch und Milch von saisonalen Weiden
9
7 13
15 50
ILRI/HERRERO
Anteil weltweit, in Prozent, 2000/2010*
Rindfleisch
59
Milch 17
19 4
7
28
28 Lammfleisch 5
18 21
40
Agropastoral (halbnomadische Produktion auf wechselnden Weiden) Gemischt extensive Vieh- und Weidewirtschaft Gemischt intensive Vieh- und Weidewirtschaft mit Bewässerung Andere entwickelte Länder * Angaben von 2000, Jahr der Veröffentlichung: 2010. Aktuellere Angaben nicht verfügbar
mer nur kurze Zeit an einem Ort aufhalten, kann sich die Vegetation jedes Mal erholen. Für den Zugang zu Land und Wasser in Weidegebieten gelten eigene Regelungen. So haben beispielsweise die Borana in Südäthiopien ein komplexes Netz von Einrichtungen und Komitees geschaffen, die die Herdenbewegungen überwachen und die Nutzung der Ressourcen mit anderen Hirtengruppen in der Region koordinieren. Nomadische Herden können pro Hektar größere Erträge als Viehbetriebe erzielen und profitabler als andere intensivere Formen der Landnutzung sein. Allerdings ist diese Form der Viehhaltung bedroht, wenn das Herumziehen der Nomaden eingeschränkt wird – durch die Ausdehnung des Ackerbaus, die Privatisierung und Einzäunung zuvor offenen Landes oder durch staatliche Bestimmungen, die das Wandern der Herden einschränken. Auf etwas ertragreicheren Böden halten „semipastoralistische“ Kleinbauern ihr Vieh, bauen aber gleichzeitig Feldfrüchte an. Sie besitzen oder pachten Felder von einigen Hektar für den Ackerbau und weiden ihre Tiere auf Gemeinland. Sie nutzen die natürlichen Ressourcen, kaufen jedoch bei Bedarf Futter zu. Ihre Tiere kommen aus der Gegend oder sind Kreuzungen mit ertragsstarken, neu eingeführten Rassen. Üblich sind die Freilandhaltung – beispielsweise auf dem Hühnerhof –, das Weiden an Straßenrändern oder auf abgeernteten Feldern (Schafe, Ziegen, Rinder, Büffel) oder die Stallhaltung und Fütterung mit geerntetem Futter (Milchkühe und Büffel, Schafe und Ziegen). Kleinbauern recyceln Nährstoffe auf ihren Höfen, indem sie die Erntereste an ihr Vieh verfüttern und den Dung als Dünger oder Heizmaterial nutzen. Hierdurch und dank der Mitarbeit der Familie sind sie in der Lage, ihre Kosten niedrig zu halten und ökonomisch effektiv zu arbeiten. Und obwohl ihre Kosten pro Nutzvieh niedriger sein können als in Großbetrieben, verschlechtert sich ihre Position im Vergleich, weil sie weniger produzieren. In über 40 Ländern werden mehr als 45 definierte Gruppen nomadischer Hirten gezählt, doch noch sind nicht alle erfasst. Internationale Organisationen schätzen die Zahl der Pastoralisten weltweit auf 120 bis 200 Millionen, die von Kleinbauern mit teilnomadischer Produktion auf bis zu 600 Millionen. Ihre wirtschaftliche Bedeutung kann erheblich sein. In Äthiopien trugen Bauernnomaden 2006 rund 9 Prozent zum BruttoinlandsproFLEISCHATLAS 2014
„Pastoralisten“ und ihr Vieh
Rinder Schafe Ziegen Drome- Kamele dare
dukt (BIP) bei, in Uganda 8,5, in Mali 10 und in der Mongolei rund 30 Prozent. Der Anteil der Bauernnomaden am landwirtschaftlichen BIP betrug im Sudan, im Senegal und in Niger 80 Prozent. In Kenia lag er bei 50 Prozent. Bauernnomaden und Kleinbauern produzieren nicht nur große Mengen Nahrungsmittel, sie tragen auch zum Schutz der Umwelt und zur Erhaltung der Artenvielfalt bei. In Europa gehören die von Wanderhirten genutzten traditionellen Schafstriften zu den artenreichsten Gebieten des Kontinents. In den Niederlanden sind Schafherden ein wichtier Teil des Deichschutzes, weil sie die Grasnarbe kurz und dicht halten und den Boden festtrampeln. Und in Deutschland sorgen FLEISCHATLAS 2014
FAO
Tierhaltung nach Ländern und hauptsächlich genutzten Tierarten, Auswahl
Esel, Pferde
Yaks
Büffel
Rentiere Lamas Vicunja
sie dafür, dass die touristisch reizvollen offenen Landschaften nicht verwalden. Bauernnomaden und Kleinbauern erfahren nur manchmal die nötige Unterstützung. Sie brauchen gesetzlichen Schutz, um ihre Tiere von Ort zu Ort zu führen, um Futter, Wasser und Schutz vor Hitze und Kälte zu finden, Informationen zu erhalten und Märkte beschicken zu können. Ihnen gebührt eine angemessene Entlohnung für ihre Leistungen zum Schutz von Landschaften und zum Erhalt der Artenvielfalt. Nicht jeder Bauernnomade und Kleinbauer will seine jetzige Lebensweise beibehalten. Doch diejenigen, die dies wünschen, sollten auch die Möglichkeit dazu haben.
An der Nordseeküste sind Schafherden ein wichtiger Teil des Deichschutzes
41
GUTE LEBENSMITTEL GESUCHT Bewusste Verbraucher in der reichen Welt erwarten Fleisch von hoher Qualität aus umweltfreundlicher, artgerechter Produktion. Als bewusste Akteure im Nahrungsmittelsystem können sie auch „solidarische Landwirtschaft“ treiben.
I Laborfleisch entfernt die Tiere aus dem Ökosystem mit dem Menschen
m August 2013 wurde in London der erste „Labor-Burger“ serviert. Diese Substanz wird produziert, indem man aus einzelnen, einem lebenden Tier entnommenen Zellen Proteinstränge in einer Petrischale züchtet. Es wird ein großer Aufwand betrieben, um einen fleischähnlichen Geruchs-, Farb- und Textureindruck zu erreichen, der nach Aussagen der Hersteller in Blindverkostungen nicht von dem echten Fleisch zu unterscheiden ist. Der Grundgedanke ist, dem Verbraucher das Protein zu bieten, ohne Tier und Umwelt zu schädigen. Von praktischen Fragen einmal abgesehen (dieser erste „Labor-Burger“ kostete in der Herstellung ca. 250.000 Dollar), bringt dieses Konzept auch grundlegendere Probleme mit sich. Auch wenn Geschmack und Textur weitgehend nachgeahmt werden können, bleibt bei dem „Fleisch“ aus dem Labor außer Acht, dass Tiere eine komplexe und wichtige Funktion in unserem Ökosystem
wahrnehmen. So erreicht dieses Konzept einen neuen Höhepunkt in der Entfremdung des Menschen von seinen Nahrungsquellen und den natürlichen Abläufen, deren Teil wir alle sind. Eine ökologisch vernünftige Landwirtschaft wäre eine bessere Alternative. Allerdings hat sie es schwer, mit industriellen Großerzeugern zu konkurrieren, die auf Geschwindigkeit und Menge setzen. Etikettierungen allein helfen da nicht. Labels, die den EU-Vorgaben für die Erfüllung von Biostandards genügen, enthalten oftmals nicht genügend Informationen, also zum Beispiel über Herkunft und Rasse des Tieres, Tierschutz, Schlachtungs- und Verarbeitungsverfahren sowie Angaben zur Lagerung und Zubereitung des Fleisches. Damit Produkte wettbewerbsfähig werden, müssen sie sich von der Masse derjenigen abheben, bei denen grundlegende Fragen unbeantwortet bleiben. Die Produzenten müssen das Informationsbedürfnis ihrer Kunden ernst nehmen.
Zertifizierte Öko-Landwirtschaft FAO
Anteil an der Agrarfläche, 2009, in Prozent
keine Angaben bis 0,49 Prozent 0,49 bis 3 Prozent über 3 Prozent
0.12
0.94
0.25
5.76
3.11
0.78
Afrika
Nord- und Südamerika
Asien
Europa
Pazifik
Welt
Viele Bauern weltweit produzieren ökologisch, aber nicht zertifiziert, weil sie nicht über Kunstdünger verfügen.
42
FLEISCHATLAS 2014
Im Vergleich: Haltungen gegenüber Fleisch
wenig
durchschnittlich
KAYSER ET AL.
Ansichten deutscher Konsumenten über individuelle und ethische Aspekte des Fleischkonsums, Umfrage 2011 stark
Fleischverzehr der Teilnehmer, Prozent Fleischanteil am Essen, Prozent
7,12
19,00
38,31
Vorliebe für Fleisch Vertrauen in die Nahrungsmittelindustrie Umweltbewusstsein
stark positiv +16 bis +58 Indexpunkte schwach negativ -2 bis -15 Indexpunkte stark negativ -16 bis -40 Indexpunkte
Gesundheitsbewusstsein Auf die Figur achten Bewusstes Essen von Tieren Tierschutzbewusstsein
990 Teilnehmer, von denen 34 (3 Prozent) als Vegetarier unberücksichtigt blieben
FLEISCHATLAS 2014
Unterstützung und entwickelt eine Beziehung zu seinen Abnehmern. Die Landwirtschaft wird vor Marktschwankungen und der Ausbeutung menschlicher, tierischer oder ökologischer Ressourcen geschützt, denn geeignete Praktiken schützen Wasser, Luft und Boden. Eine Änderung der Nahrungsmittelsysteme ist unerlässlich. Es sind dabei nicht allein die Großunternehmen, die die Regeln für den Lebensmittelmarkt festlegen. Unabhängige Erzeuger und informierte Verbraucher sind dazu ebenfalls in der Lage.
Verbraucher verlassen als „Mitproduzenten“ ihre passive Rolle
Schnelles Wachstum: Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften Zahl der Farmen mit Community Supported Agriculture (CSA) in den USA, Schätzungen
MCFADDEN
Vor einigen Jahren wurde der Begriff des „Mitproduzenten“ geprägt, um die Macht des Verbrauchers über eine rein passive Rolle hinaus zu definieren und zugleich darauf hinzuweisen, dass er ein aktiver und einflussreicher Beteiligter am Produktionsprozess sein kann. Der Mitproduzent ist ein bewusster Akteur innerhalb des Nahrungsmittelsystems, der auf der Grundlage von Informationen, wer Lebensmittel wie produziert, seine Entscheidungen trifft. Dies wird mit dem Modell der „solidarischen Landwirtschaft“ in die Praxis umgesetzt. Diese Idee, die in den USA als „Community Supported Agriculture“ (CSA) bekannt wurde und schnell populär geworden ist, sichert den Landwirten ihr Auskommen und unterstützt auf diese Weise verantwortungsbewusste Praktiken, etwa extensive Weidetierhaltung. Eine Gruppe von Menschen garantiert dem Landwirt die Abnahme sämtlicher zur Jahreszeit verfügbaren Erzeugnisse, sei es Gemüse und Fleisch, Milchprodukte oder Honig. Darüber hinaus teilen diese Menschen das Risiko natürlicher Prozesse, etwa schlechter Ernten: Sie zahlen im Voraus und tragen so zur Finanzierung der Produktionskosten über die gesamte Produktionskette bei. Dieses Modell gibt es bereits in mehreren Ländern: in Deutschland unter der Bezeichnung „Solidarische Landwirtschaft“, in Frankreich als „Association pour le maintien d’une agriculture paysanne“ und in Italien unter der Bezeichnung „gruppo di acquisto solidale“. Das Ergebnis ist eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Der Kunde bekommt gute, frische Erzeugnisse. Er kennt ihre Herkunft und weiß, wie sie produziert wurden. Er lernt etwas über die Lebensmittel, die er konsumiert, und er erweitert sein soziales Netzwerk. Der Landwirt bekommt finanzielle und praktische
2013
6.000–6.500
3.600
2009
1.000
2000
60
1990
2
1986
43
EINZELN UND GEMEINSAM TIERE, MENSCHEN UND UMWELT SCHÜTZEN Eine große Zahl von Organisationen und Netzwerken versucht naturgemäßere Agrarsysteme durchzusetzen. Individuelle Entscheidungen können zu anderen Arten der Ernährung führen. Am Ende entscheidet die Gesellschaft.
E Forderungen richten sich an die Konsumenten der Mittelschicht, nicht an die Armen
ine kleine, aber wachsende Zahl von Menschen in den Industrieländern bezieht Stellung. Diese Verbraucher fordern Produkte, die Umwelt- und Tierschutz respektieren. Sie essen weniger Fleisch oder verzichten als Vegetarier oder Veganer ganz auf tierische Produkte. Viele zivilgesellschaftliche Organisationen und Bauernbewegungen fordern Agrarsysteme, die sowohl den Menschen als auch die Natur achten. Zusammen mit internationalen Organisationen wie dem World Cancer Research Fund schlagen sie vor, weniger Fleischmahlzeiten auf die Speisepläne von Krankenhäusern oder Schulen zu setzen und gesünderes Essen anzubieten. Die Bewegung Meat Free Mondays existiert bereits in 29 Ländern. Außerdem findet der Tierschutz – nicht nur in westlichen Gesellschaften – immer mehr Aufmerksamkeit: Die Eurogroup for Animals ist ein Zusammenschluss von 40 Organisationen aus ganz Europa, der sich für Tierschutz einsetzt. People for the Ethical Treatment of Animals (Peta) in den USA meint, dass „es uns nicht zusteht, Tiere zu essen, zu tragen, für Versuchs- oder Unter-
haltungszwecke zu nutzen oder anderweitig zu missbrauchen“, und weist mit spektakulären, auch umstrittenen Aktionen darauf hin. Das Chinese Animal Protection Network, das sich aus mehr als 40 Gruppierungen zusammensetzt, möchte ethische Erwägungen und wissenschaftliche Erkenntnisse zur Grundlage seiner Tierschutzaktivitäten machen. Der Animal Welfare Board of India hat bei der indischen Regierung Beraterstatus und ist seit mehr als 50 Jahren der bekannteste Teil der nationalen Tierschutzbewegung. Die Forderungen solcher Organisationen richten sich weltweit an die wohlhabenden Mittelschichtsverbraucher, nicht an die ungefähr eine Milliarde Menschen – einige von ihnen die Ärmsten der Welt –, die als Viehhüter leben oder in kleinen gemischten Betrieben auch Tiere züchten. Im Gegenteil: Initiativen weltweit fordern, sich für die Erhaltung dieser bäuerlichen Landwirtschaft einzusetzen. Eine der größten Organisationen ist La Via Campesina, eine internationale Bewegung von Kleinbauern, die inzwischen 164 regionale und nationale Organisationen in 79 Ländern vereint. Sie
Mitgliedschaft, nach Ländern, 2013
VIA CAMPESINA
Via Campesina, eine internationale Bewegung von Kleinbauern
164 Organisationen in 79 Ländern
44
FLEISCHATLAS 2014
Wasserpflanzen als Protein-Alternativen
Effiziente Grillen
Essbare Insekten
Proteine, Gramm pro Person und Tag
0,8
0,2
10,8 7,9
0,2
0,6
1,6 Japan
Südkorea
China
Unternehmen diese Möglichkeit gerade aus. In London hebt die Firma Ento die Kulinarik mit sushiartigen Insektenprodukten in neue Sphären. In New York hat die Firma Exo einen Proteinriegel entwickelt, der Grillenmehl enthält. Grillen emittieren 80 Prozent weniger Methan als Vieh und enthalten prozentual doppelt so viel Protein wie Hühnerfleisch und Steaks. Einzelne wie auch Regierungen sollten sich bemühen, auch solchen Alternativen Akzeptanz zu verschaffen. Vertiefende Bücher, Filme und Webseiten auf S. 64–65
Zahl der Arten, nach Ländern
Geflügel
40
55
Schwein
FLEISCHATLAS 2014
1,3
Nahrung, Kilogramm pro Person und Jahr
55
80 Grille
16,5
FAO
FAO
Essbarer Anteil des ganzen Tieres
Produktion, Millionen Tonnen pro Jahr
FAOSTAT
vertritt insgesamt ungefähr 200 Millionen Bauern und verteidigt kleinbäuerliche nachhaltige Landwirtschaft als Weg zur Förderung sozialer Gerechtigkeit und Würde. Sie wehrt sich gegen industrielle Landwirtschaft und transnationale Betriebe, die gleichermaßen den Menschen, Tieren und der Natur schaden. More and Better ist ein internationales Netzwerk sozialer Bewegungen, Nichtregierungsorganisationen und nationaler Kampagnen. Es konzentriert sich auf die Förderung von Landwirtschaft und ländlicher Entwicklung in den ärmsten Ländern und will dort die Ernährungslage verbessern. The Food Sovereignty Movement setzt sich dafür ein, dass lokale Gemeinschaften die Kontrolle über ihre Lebensmittel bekommen. Die Bewegung fördert die Vielfalt der Esskulturen, insbesondere den Konsum von hochqualitativen einheimischen, saisonalen und nicht industriell verarbeiteten Lebensmitteln. Letztlich wird es eine Kombination aus Einzelentscheidungen sowie gesetzlichen und politischen Veränderungen sein, die das Verhältnis der Gesellschaft zum Thema Fleisch verändern wird. Für wohlhabende Gesellschaften ist es kein Problem, sich gesunde Lebensmittel zu leisten, die arm an tierischen Proteinen oder ganz frei davon sind, und auf andere Proteinquellen umzusteigen. Dazu gehören auch einige in bestimmten Regionen der Erde verbreitete Alternativen, die anderswo zunächst exotisch wirken. Eine Möglichkeit sind Mahlzeiten mit Wasserpflanzen wie Seetang, eine andere ist die Gewinnung aus Insekten. Viele Konsumenten in den Industrieländern sind noch weit davon entfernt, diese Tiere in ihren Speisenplan einzubeziehen. Allerdings loten einige neue
Rind
1 bis 100 100 bis 200
200 bis 300 über 300
45
EINE SINNVOLLE EU-AGRARPOLITIK Jahrzehntelang hat die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union die landwirtschaftliche Produktion verzerrt. Zu langsam wird sie umweltbewusster. Aber es ist auch eine GAP vorstellbar, die aktiv für eine sozial und ökologisch vertretbare Viehwirtschaft eintritt.
D Die EU muss damit aufhören, Großmastanlagen finanziell zu fördern
preisen auszugleichen. Diese Subventionierung erwies sich im internationalen Handel als wesentlicher Streitpunkt. Die Exporte der EU erweckten den Eindruck, die EU produziere landwirtschaftliche Überschüsse. Bei dieser Diskussion wurde jedoch weitgehend übersehen, dass die Exporte nur aufgrund steigender Futtermittelimporte möglich geworden waren. In zwei Schritten, 2003 und 2005, erfolgte die Abkehr von den Garantiezahlungen hin zu Flächenzahlungen. Seither erhalten Bauern ihre Zuschüsse auf der Basis ihrer Felder, Wiesen und Weiden. Dies gibt Anreize, weniger auf Menge zu produzieren. Dennoch setzte sich der Trend der Umwandlung von Weide- zu Ackerland fort – teilweise aufgrund neuer Anreize für den Anbau von Mais für Biogas. Die Reform von 2013 bringt praktisch kaum Veränderungen. Exportsubventionen sollen künftig durch „Krisenzahlungen“ ergänzt werden. Darüber hinaus steht es den EU-Mitgliedstaaten und einzelnen Regionen frei, nachhaltige Formen der Viehhaltung wie beispielsweise Weidehaltung und Bioproduktion zusätzlich zu fördern und hierfür Mittel aus einem anderen EU-
ie Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union ist ein wichtiger Motor der Industrialisierung und Globalisierung der Viehproduktion. Bis Anfang der 1990er Jahre garantierte die EU Viehpreise, die deutlich über den Weltmarktpreisen lagen, und schuf so für europäische Landwirte Anreize, ihre Produktion zu steigern. Gleichzeitig garantierte die GAP auch hohe Preise für Getreide, ohne jedoch Fördermittel für Ölsaaten zu gewähren. Die Handelspolitik ihrerseits unterstützte dieses System, indem hohe Einfuhrzölle auf Vieh und Getreide und geringe oder keine Zölle auf Ölsaaten und Futtermittel erhoben wurden. Diese Politik trieb die Intensivierung der Viehproduktion mittels importierter Futtermittel voran – zulasten der Weidehaltung und der in den Mitgliedsländern angebauten Futtermittel. Schon vor Jahrzehnten wurde die EU zu einem Nettoexporteur von Fleisch- und Molkereiprodukten. Da die garantierten Binnenpreise über den Weltmarktpreisen lagen, waren Exporte meist nur durch „Erstattungen“ für Exporteure möglich, um die Differenz zwischen Binnen- und Export-
Im Schutz von Regulierung und Subventionen – Europas Top 15 der Fleischindustrie GIRA
Fleischproduktion, in 1.000 Tonnen, 2010/11 497
1 2
7
362
2.040 2.525
353
470
4
941
11
410 9
10
7
2
8
727
10
3
12
416 15
450
5 6
14 13
Rind und Kalb Schwein Geflügel Schaf
3 4
355
1
9 11
5
13 12
1.546
6
14 15
Vion Food Group, NL Danish Crown AmbA, DK Tönnies, DE Bigard, FR Westfleisch, DE LDC, FR HKScan, FI Gruppo Verones, IT Cooperl, FR Groupe Doux, FR Plukon Food Group, NL Terrena, FR Irish Food Processors/ABP, IE Moy Park (Marfrig), GB 2 Sisters Food Group, GB
558 8
487
46
FLEISCHATLAS 2014
Tiere für die Fleischerzeugung, 2011, je Hektar Nutzfläche, in Großvieheinheiten
0,50 Finnland 0,67 Schweden
Besatzdichte mehr als 3 2 bis 3 1 bis 2 0,5 bis 1 weniger als 0,5
2,02 Portugal
5,45 Irland
EUROSTAT, INDEX MUNDI
Viehbesatz in der Europäischen Union
2,20 Großbritannien
1,97 Dänemark
0,48 Estland 0,78 Lettland 0,41 Litauen
6,44 4,60 Niederlande 0,94 Belgien 1,50 Polen Deutschland 2,71 0,54 Luxemburg Tschechien 0,48 Slowakei 1,85 0,57 1,23 Österreich Ungarn Frankreich 3,08 Slowenien
1,08 Spanien
1,46 Italien
Beispiele für die Berechnung von Großvieheinheiten: 0.4 Kalb 1.0 Milchkuh 0.1 Schaf 0.5 Zuchtsau 0.007 Masthahn
0,61 Rumänien 0,35 Bulgarien
0,96 Griechenland 2,42 Zypern
4,67 Malta
FLEISCHATLAS 2014
Viertens sollte der Schutz der Nutztiere deutlich ausgedehnt werden. Jede Nutztierart muss artgerecht gehalten werden. Die EU sollte zu diesem Zweck entsprechende Richtlinien erlassen. So sollten Tiere in überschaubaren Herden gehalten werden, in denen sie ihre natürlichen Rang- und Sozialbeziehungen entwickeln können. Das Vieh sollte sich frei bewegen können, was eine Tierhaltung in Ställen ohne Tageslicht oder frische Luft verbieten würde. Unrealistisch, blauäugig? Dies sind lediglich Regeln, die viele Viehzüchterverbände seit Jahren für eine biologische Haltung befolgen. Eine Vorlage für eine nachhaltige Viehwirtschaft existiert also schon seit langem.
Viehhalter sollten die Hälfte ihrer Futtermittel selbst anbauen müssen
Wenn Garantiepreise locken – Rindfleisch- und Butterberge Einlagerung von Überschüssen, Interventionsmengen in 1.000 Tonnen
EU
Topf in Anspruch zu nehmen: dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums. Wie aber könnte eine Politik der Europäischen Union aussehen, die nachhaltige Viehhaltung in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen zur sozial und ökologisch verträglichen Gestaltung der Landwirtschaft stellt? Vier Schritte sind denkbar, um die Fleischpolitik so umzugestalten, dass sie nicht mehr Teil des Problems, sondern vielmehr Teil der Lösung ist. Erstens sollte die Europäische Kommission ihre Förderung für den Bau von Intensivmastanlagen einstellen und stattdessen kleine und mittelständische Unternehmen an benachteiligten Standorten unterstützen, sofern diese ihr Vieh einen großen Teil des Jahres weiden lassen. Zweitens sollte die EU Landwirte verpflichten, mindestens die Hälfte ihrer Futtermittel auf ihrem eigenen Hof anzubauen, und hiermit den Wünschen der europäischen Verbraucher Rechnung tragen. Darüber hinaus könnte die EU den Einsatz genveränderter Futtermittel verbieten. Eindeutige Regelungen für die Beschaffung von Futtermitteln würden regionale und internationale Ungleichgewichte bei Nährstoffen beseitigen. Dung und Gülle bräuchten nicht mehr über große Entfernungen hinweg transportiert, sondern könnten direkt auf dem jeweiligen Hof als Düngemittel eingesetzt werden. Drittens sollte der Einsatz von Antibiotika in Fütterungs- und Tränkanlagen verboten werden. Auf diese Weise würden die Tiere individuell und entsprechend tierärztlicher Diagnose behandelt.
1.400 1.200
Butter Rindfleisch
1.000 800 600 400 200 0 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013
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AUTOREN UND QUELLEN VON TEXTEN, KARTEN UND DATEN 20–21 DEUTSCHES DUMPING-SCHLACHTEN von Marcel Sebastian 10–11 UNERSÄTTLICHER WELTMARKT von Christine Chemnitz S. 10: FAO Food Outlook, Juni 2013. S. 11: FAOSTAT. OECD FAO agricultural outlook, 2013–2022
12–13 KONZENTRATION: DIE ZUKUNFT DER GLOBALEN FLEISCHINDUSTRIE von Kathy Jo Wetter S. 12: FAO Food Outlook, Juni 2013. S. 13: Leatherhead Food Research, ETC Group
14–15 FREIHÄNDLER WITTERN MORGENLUFT von Shefali Sharma und Karen Hansen-Kuhn S. 14: Bertelsmann-Stiftung/ifo Institut, Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP), 2013. S. 15: USDA ERS
16–17 ROSAROT IM KÜHLREGAL von Annette Jensen S. 16: Euromonitor international, Fast food in China, 2013. Viveat Susan Pinto, Are store additions by food retail chains sustainable? Business Standard, Mumbai, 13. September 2013. S. 17: Euromonitor international, Datagraphic: A Panorama of Packaged Food, 10. Oktober 2013
18–19 IN DEN SCHLACHTHÖFEN DER WELT von Marcel Sebastian S. 18: Riva Caroline Hodges Denny, Between the Farm and the Farmer’s Market: Slaughterhouses, Regulations, and Alternative Food Networks. Auburn, Alabama 2012. S. 19: FAOSTAT
48
S. 20-21: Destatis
22–23 EINE HANDVOLL ARTEN FÜR DIE GANZE WELT von Kathy Jo Wetter S. 22: FAO, Livestock’s long shadow, 2006. S. 23: ETC Group; Keith O. Fuglie u. a., Research Investments and Market Structure in the Food Processing, Agricultural Input, and Biofuel Industries Worldwide, USDA ERS, 2011. GEH, Rote Liste 2013. Sarah Beth Moore u. a., Heritage breeds: Saving chickens and cows from extinction, Medill Reports, 3. Juni 2011
24–25 HORMONE – DER KAMPF UM DAS NEIN von Reinhild Benning S. 24: Sanjai Pingle, Patent expiry hits profitability of 15 global pharma cos in 2012, Pharmabiz, 15. April 2013; Dan Carroll, The Investor’s Guide to Zoetis, Motley Fool, 7. Februar 2013. S. 25: USGS, Occurrence of Pharmaceuticals, Hormones, and Organic Wastewater Compounds in Pennsylvania Waters 2006–09, 2012
26–27 TIERFUTTER VERGEUDET ACKERLAND von Stephan Börnecke S. 26–27: WWF, Fleisch frisst Land, 2011. S. 27: FAO: Challenges and opportunities for carbon sequestration in grassland systems, 2010
28–29 SCHNITZEL, WÜRSTCHEN, GLYPHOSAT von Heike Moldenhauer S. 28: USDA ERS, USGS Pesticide National Synthesis Project. S. 29: FAO Statistical Yearbook 2012, www.centerfordoodsafety.org. Red universitaria de ambiente y salud, El consume de agrotóxicos en Argentina aumenta continuamente, 23. Juni 2013
FLEISCHATLAS 2014
38–39 URBANE TIERHALTUNG von Wolfgang Bayer und Ann Waters-Bayer 30–31 ARGENTINIEN, DAS SOJA-REICH von Michael Álvarez Kalverkamp S. 30–31: USDA ERS: Agriculture in Brazil and Argentina, 2001; FAOSTAT; USDA GAIN: Argentina Oilseeds and Products, 2012; Indec, Intercambio Comercial Argentino, 23. Januar 2013; Soybeans: U.S. Export Trend is up, Share of World Exports is Down, Global AgInvesting, 26. September 2013. S. 31: Indec-Datenbank
32–33 HÜHNER – WELTWEITER STEIGFLUG IN DIE FABRIK von Shefali Sharma S. 32: FAO, Global livestock production systems, 2011. S. 33: DSW report, 2012; FAO, Food Outlook 11/2012. FAO, Statistical Yearbook 2013
34–35 DIE ZWEIFEL DER REICHEN von Patrick Holden S. 34: WHO/ FAOSTAT; J. Kearney, Food consumption trends and drivers. Philosophical Transactions of the Royal Society, Biological sciences, 2010. S. 35: OECD FAO Agricultural Outlook 2013–2022, 2013. CME Daily Livestock report, 20. Dezember 2011, und USDA, Livestock, Dairy, and Poultry Outlook, 15. November 2013
36–37 DIE NEUE HUNGRIGE MITTELKLASSE – VON RIO BIS SCHANGHAI von Sascha Zastiral S. 36: FAO, Mapping supply and demand for animal-source foods to 2030, 2011. S. 37: OECD FAO Agricultural Outlook 2013–2022, 2013. FAOSTAT
FLEISCHATLAS 2014
S. 38–39: World Bank/FAO, Urban Agriculture, For Sustainable Poverty Alleviation and Food Security, 2008. S. 39: pluckandfeather.com, Urban Livestock in Oakland, 2011
40–41 PROTEIN AUS GRAS UND GESTRÜPP von Evelyn Mathias S. 40: ILRI/Mario Herrero, Food security, livelihoods and livestock in the developing world, 2010. S. 41: FAO, Pastoralism in the new millenium, 2001, mit Ergänzungen der Autorin
42–43 GUTE LEBENSMITTEL GESUCHT von Ursula Hudson and Carlo Petrini S. 42: FAO Statistical yearbook, 2012. S. 43: Maike Kayser u. a., Analysis of Differences in Meat Consumption Patterns. International Food and Agribusiness Management Review, 2013. Steven McFadden, Unraveling the CSA Number Conundrum, thecalloftheland, 9. Januar 2012
44–45 EINZELN UND GEMEINSAM TIERE, MENSCHEN UND UMWELT SCHÜTZEN von Ruth Shave und Stanka Becheva S. 44: viacampesina.org. S. 45: FAOSTAT. FAO, Edible insects, 2013
46–47 EINE SINNVOLLE EU-AGRARPOLITIK von Tobias Reichert S. 46: GIRA, Richard Brown: Structure & dynamics of the European Meat Industry, 2010/11–2015, Brussels 2012. S. 47: Eurostat/ Index mundi database. EU, The Common Agricultural Policy explained, 2004, und DairyCo Market Information, 26. November 2013
49
HEINRICH-BÖLL-STIFTUNG
Heinrich-Böll-Stiftung Schumannstr. 8, 10117 Berlin, www.boell.de
BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND (BUND)
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, www.bund.net
LE MONDE DIPLOMATIQUE
Le Monde diplomatique Rudi-Dutschke-Str. 23, 10969 Berlin, www.monde-diplomatique.de
50
Demokratie und Menschenrechte durchsetzen, gegen die Zerstörung unseres globalen Ökosystems angehen, patriarchale Herrschaftsstrukturen überwinden, in Krisenzonen präventiv den Frieden sichern, die Freiheit des Individuums gegen staatliche und wirtschaftliche Übermacht verteidigen – das sind die Ziele, die das Handeln der Heinrich-Böll-Stiftung bestimmen. Sie steht zwar den Grünen nahe, ist aber unabhängig und geistiger Offenheit verpflichtet. Mit derzeit 29 Auslandsbüros verfügt sie über ein weltweites Netz für ihr Engagement. Sie arbeitet mit ihren Landesstiftungen in allen deutschen Bundesländern zusammen, fördert begabte, gesellschaftspolitisch engagierte Studierende und Graduierte im In- und Ausland und erleichtert die soziale und politische Teilhabe von Immigrantinnen und Immigranten.
Der BUND setzt sich ein für den Schutz der Natur und Umwelt – damit die Erde für alle, die auf ihr leben, bewohnbar bleibt. Wir engagieren uns für eine bäuerlich-ökologische Landwirtschaft, gesunde Lebensmittel, für den Schutz des Klimas, der Wälder und des Wassers, für den Ausbau regenerativer Energien und für bedrohte Arten. Als einer der großen Umweltverbände in Deutschland verstehen wir uns als treibende gesellschaftliche Kraft für ökologische Erneuerung mit sozialer Gerechtigkeit. Unsere Vision ist ein zukunftsfähiges Land in einer zukunftsfähigen und friedfertigen Welt. Der BUND ist Mitglied von Friends of the Earth International, dem weltgrößten Netzwerk unabhängiger Umweltgruppen.
Hinter dem Atlas der Globalisierung, der vor zehn Jahren erstmals erschienen ist, steht die internationale Monatszeitung Le Monde diplomatique (LMd). Ihre deutsche Ausgabe wird seit 1995 in Berlin unter dem Dach der taz produziert. LMd berichtet aus aller Welt, wird von Leuten in aller Welt gemacht und auch in aller Welt gelesen. Von den weltweit 1,5 Millionen Leserinnen und Lesern haben manche die Zeitung auf Arabisch vor Augen, andere lesen sie auf Japanisch, Slowenisch, Norwegisch oder Farsi – insgesamt gibt es über 60 Print- und Online-Ausgaben. Wie in der globalisierten Welt alles mit allem zusammenhängt, wird nicht zuletzt durch die Karten und Grafiken verständlich, die Philippe Rekacewicz, der Initiator des Atlas der Globalisierung, entwickelt hat. Seine „engagierte Kartografie“ ist das wichtigste Bindeglied zwischen der Monatszeitung Le Monde diplomatique und dem Atlas der Globalisierung.
FLEISCHATLAS 2014
FLEISCHATLAS Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel
2014
NEUE THEMEN
Die App zum FLEISCHATLAS www.boell.de/fleischatlas
FLEISCHATLAS 2014
MEAT ATLAS Facts and figures about the animals we eat
MEAT ATLAS 2014
ATLAS CARNE DE LA
Lorem ipsum sit dolor lorem ispum sit
ATLAS DE LA CARNE Februar 2014
FLEISCHATLAS
Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel
HÜHNER, DAS KAPITAL AFRIKANISCHER FRAUEN
Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel
2013
Zwischen Rechtlosigkeit und Marktbeherrschung In Entwicklungsländern stammt viel Geflügelfleisch aus Hinterhof- oder kleinbäuerlicher Haltung, oft nur für den Eigenbedarf.
Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel Verteilung von Arbeit, Entscheidungen und Eigentumsrechten an Hühnern in Afrika, nach Geschlecht und Familienbeziehungen, in %
Entscheidungsfindung
100
WASSER, KLIMA, ARTENVIELFALT 80
60
40
60
20 0
In vielen Gesellschaften Afrikas ist die Hühnerzucht Frauensache. Einnahmen durch Eierhandel, Schlachtung und Virtuelles Wasserdie Abhängigkeit vom Verkauf senken Ehemann. Als „lebendige Sparkasse“ dienen sie der Zur Herstellung vonSicherheit 1 kg oder 1 L in Notzeiten.
70
Arbeitsteilige Hühnerwirtschaft
50 Verkauf von Eiern
Verzehr von Eiern
40 Fleischerzeugung und Stickstoffbelastung in Europa 30 20
Dörfliche Haushalte in der Western Division, Gambia
niedrig mittel hoch sehr hoch
Eurostat
Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel Stickstoffbelastung 56
10 0
wird an Wasser benötigt:
17 Misten
Stallbau
Füttern
Tränken
Verkauf von Verkauf von Hühnern Eiern
Brustfilets von Hühnern und Puten Rindboomen. Andere Hühnerteile sind in fleisch der EU kaum noch verkäuflich und werden zu Billigpreisen nach Afrika exportiert. Mit schlimmen Folgen: Wo die Tiefkühlschiffe anlegen, löschen 15.455 L sie die einheimische Produktion aus.
Pflege bei Krankheit
FUTTERMITTEL FÜR MILLIARDEN 13
1
7
5 2
Dänemark
9 8
53 Irland
27
13
18
Großbritannien
4
12
Niederlande Gentechnikprodukte ihre Kritiker Eigentumund an Hühnern
Dörfliche Haushalte in Dodoma, Tansania
11
4
2
Polen
Deutschland
Anbauflächen mit gentechnisch veränderten Pflanzen,Tiere in Millionen Hektar Daten und Fakten über als Nahrungsmittel Belgien
Produktion in 100.000 Tonnen, 2011
8
18
Rindfleisch Schweinefleisch
Welt-Fleischpreise im Vergleich
2 6
EINE FRAGE DER HALTUNG Österreich
16
9
74
15
Indices, 2002–2004 = 100
220
Eigentum an Hühnern
Frankreich
Bewegung
Käse
160
Daten und Fakten über Tiere Entwicklung der Haltungsflächen von Hühnern in der EU, in cm proals Tier Nahrungsmittel Kennzeichnungspflicht 2
Spanien
5.000 L
130
Italien
6
über 9 3–9 1–3 0,01 – 1 0 Rindfleisch
190
16
Kauf und Verkauf von Hühnern
10
76
FAO
Frauen Männer 35 Regelungen für Kinder genmanipulierte Familie Nahrungsmittel Frauen und Kinder Der langeFrauen WegundzuMänner mehr Verbot
Schweinefleisch Geflügelfleisch Schaffleisch
100
für die meisten Produkte, bis 1 Prozent einer Zutat ungekennzeichnet; der EU A4-Blatt (21,0 in x 29,7 cm) Käfighaltung (bis 2009) bis 0,9 Prozent, wenn Verunreinigung Größtegentechnische afrikanische Importländer für Geflügel 450 zufällig oder technisch 624 550 Massentierhaltung verschwendet das Rinder stoßen den Klimakiller Methan unvermeidbar; die absichtliche Käfighaltung (bis 2003) in und 1.000ist Tonnen, 2011 Schätzung, 2012 Prognose Zufügung verboten RegenTrinkwasser, überdüngt die aus. Stimmen Futtermix, Düngung und FAO
70 2006
Reis
2008
2009
2010
INDIVIDUELLE ALTERNATIVEN
2011
2012
3.400 L
6. Auflage
Ökohaltung
Die Biobauern kommen 300für viele Produkte, bis 1 Prozent Gewässer und emittiert Treibhausgase. Bestandsdichte auf der Weide, kann die Angola Benin D. R. Kongo Ghana Südafrika alle Geflügelimporte nach Afrika des Gesamt produkts ungekennzeichnet Aus wichtigen CO Ökobilanz neutral werden. Und positiv, -Speichern, 250Weiden, für wenige Produkte, mit vielen Ausnahmen 2 Zertifizierte Ökolandwirtschaft, Anteil an über der Gesamtanbaufläche Daten und Fakten Tiere als Nahrungsmittel falls die Weide früher ein Acker war. werden Äcker für den Futteranbau.
FAO, centerforfoodsafety.org
20
1.667
Eier
3.300 L Angola Benin D. R. Kongo 1.300 Ghana Zucker 1.233 Freilandhaltung 1.500 L Südafrika alle Geflügel0 importe nach 995 Afrika Weizen Freien und 4 m2 Auslauf im 763 1.300 Lals die Hälfte 1.111In Deutschland frisst es mehr Vieh ist hungrig.
200
SPEISEPLAN DER MITTELSCHICHT 150 Bodenhaltung Emissionen durch tierische Nahrungsmittel in Deutschland
Käfighaltung
100 Sojabohnen – Produktion und Welthandel
BUND DSW, FAO
thepoultrysite.com
705 680 Direkte 259 612 513 800 1.111 Emissionen der Ernte. Aber das reicht nicht: Zusätzliches Kraftfutter soll 50 Milchpulver in Prozent Eierstempelcodes Millionen Tonnen, 2010 900 cm2 bei 91 179 kg die Mast beschleunigen.Milch Es wird aus Übersee importiert. pflanzlich 29 kg Kilogramm über 2 kg Gewicht 1.000 L 0 Tellern der Welt Aufundden 0 Ökohaltung CO2-Äquivalent 2000 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Milch, Milchprodukte Käse 2005 1 Freilandhaltung 31,2 % pro Person In Lateinamerika wächst1 der EiweißlieferantBodenhaltung Soja für die EU23,6 % 2 und Jahr 89 kg 50,1 Fleischverbrauch pro Kopf Äpfel 2 3 2 700 L wie alle Tierproduktion 17 Millionen viel und 4 mauf Auslauf im Freien Hektar – so 3 Käfighaltung 25,3 2.003 kg 2012, Schätzung, in kg, Butter 36,5 Eier, Eierwaren Agrarflächen Deutschlands. 32,7 Das Soja ist meist gentechnisch Produktion 69 Karkassengewicht 30,7 149 kg 41,3 24,1 1,3 % Export (nach Ausweidung) Bier werden die 20,0 verändert. Aus Flugzeugen Felder mit300 Pestiziden L 36,8 28,3 Import 17,9 3,2 % Fleisch, Fleischerzeugnisse 38,8 19,1 Frischmilcherzeugnisse FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas besprüht, die auch die Anwohner vergiften. Fisch 40,7 % 12,7 16,9 9,8 27,6 Kartoffeln 15,5 23,6 Zentren Je enger, desto profitabler: DieEier industrielle Tierhaltung nimmt der Massenhaltung von Schweinen 255 L Russland 53 Japan Der Soja-Anbau fördert dasSüdkorea Abholzen: Auch der Verlust von 26 kg zu, wenn Betriebe weniger für Boden, Arbeit und Heizung über 10 Prozent Kanada 5,0 14,0 31,0 Weiden treibt Brasiliens Rinderzüchter in den Regenwald. 184 L 5 –wollen. 10 aufwenden Auch Tierschutz gilt als Kostenfaktor. Und Tomaten EU-27 USA 42 Schweinefleisch 1 – 517,0 260 kg das lebensgefährliche Geschäft mit den Antibiotika boomt. China 0,5 – 1 Rind- und Kalbfleisch 14,9 435 kg 131 L Möhren Rinder drängen an den Amazonas weniger als 0,5 1094 Tiere auf dem Teller Essverhalten nach Bundesländern 1,5 2,4 Vorschriften über die Bedingungen in den Ställen der Fleisch82 kg Mexiko 0,2 7,8 50,5 26 40,7 7,3 Rinder pro km2 industrie müssen nicht nur vorhanden sein, sondern auch 0 Liter Wasser. Deutscher Durchschnittsverbrauch im Laufe desGeflügelfleisch Lebens FleischWurstverzehr Gramm/Tag 1 Badewanne entsprichtin etwa 140 Rind Indien 2,9 und eingehalten und kontrolliert werden. Selbst38,5 dann kann von China 1 – 300 > 300 38,7 artgerechter Haltung oft 15Hilfreich wäre, Indonesien 14 nicht die Rede sein. 37,8 13 59,7 historische Grenze 100.000 Tiere Fleischeine so zu etikettieren, dass die Haltungsbedingungen 13,3 heute nochdes Kaum Kantine oder Uni-Mensa verzichtet auf Neugier: „Vegetarismus“ und „Veganismus“ in der Wikipedia 4 10 Millionen Tiere des Regenwaldes 18,6 23,0 EU-27 4 Rinder 4 Schafe 12 Gänse Tieres3 daraus ersehen können. fleischlose Gerichte. In werden den Industrieländern ist es für jüngere
Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel
Schwein
6,9
Seitenaufrufe pro MonatFLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas
Südafrika
Australien
„Veganismus“
„Vegetarismus“
16
Frauen
8,1 Für den Verzicht auf jede Nutzung tierischer Produkte nennt 30 zu schweren, auch tödlichen Durchfallerkrankungen führen Viele Erreger dieser Bakteriengruppen können bei Menschen Häufige Erreger und 46 Schweine Argentinien der Veganismus die Anzahl der Anti- ethische, ökologische und politische Gründe: 25 100 biotika-Klassen, 24.000 Tiere dürfen gegen nicht genutzt, ausgebeutet und getötet werden. 23.000 20 FAOSTAT
35
46 Puten
15
80
(Halshaut)
(gesamt)
0
140
40 – 45 46 – 50
120
Putenfleisch
20 0 1995
51 – 55 Rindfleisch Schweinefleisch über 55Geflügelfleisch Schaffleisch
Mastpute (Halshaut)
40
7 Teilen Nordafrikas und Asiens als Das Schwein gilt in weiten 2 unrein. Dennoch Deutschland 1 dominiert es die Teller der Welt. Bald wird es vom Huhn überflügelt, dem billigsten aller Fleischlieferanten. 2,2
1999
945 Hühner
2003
8,5* Indien
31.000 Geflügel 60
26.000
21.000
4519.000
FLEISCHATLAS 2013 www.boell.de/fleischatlas Erzeugung, Trends Tonnen April 2009und Prognosen, April 2010 in Mio. April 2011 Download: April 2012 April 2013
100 80 Putenfleisch 60
Selbst- oder Fremdbezeichnung als Vegetarier oder Veganer, in Prozent der Bevölkerung
4
0,1
19.000 16.000
5
Mastpute (gesamt)
Masthähnchen
Mastkalb
BVL Gallup, NVS, SNS, VEBU OECD/FAO
USA
19.000 16.000
10 Campylobacter coli boomt Kleine Tierejejuni in großen MassenEscherichia – Geflügel
VEBU
die sie resistent sind: über 4
Wer3 weder auf Fleisch verzichten noch die Massentierhaltung Salmonellen Wo 2in den Schwellen- und Entwicklungsländern der Wohlstand fördern und die Umwelt 60 belasten will, findet Angebote aus wächst, entstehen neue Mittelschichten. Sie orientieren sich 1 regionaler, ökologischer Haltung. Im städtischen Umkreis sind an den reichen Ländern. 40 Fleisch gilt als Proteinlieferant und Erzeuger-/Käufergemeinschaften für Fleisch eine Alternative. Erreger sind noch Kraftspender, 57und Luxus. nicht resistent: aber auch als Symbol für Aufstieg 20 Daher steigt der weltweite Verbrauch. Anders ist die Lage in sensibel Vegetarier – relativ undHier absolut den Industrieländern. stagniert die Nachfrage, allerdings Proben in Prozent 0 auf viel zu hohem Niveau. Putenfleisch Mastpute Mastpute Masthähnchen
FAO, WWF
Brasilien
Leute nichtUSA mehrArgentinien ungewöhnlich, oder vegan Indienzu Kanada Brasilienvegetarisch 38,6 37 Enten leben. Produkte und Rezepte stehen reichlich zur Verfügung. Immer resistenter, immer gefährlicher
stats.grok.se
FAO
WWF
FAO waterfootprint.org
FLEISCHKONSUM IN DEUTSCHLAND
FLEISCHATLAS 2013
92 Männer Frauen 2011 2015 2019 2021 2007 Männer und Frauen Veganer (Männer2013 und Frauen) FLEISCHATLAS Download: www.boell.de/fleischatlas * 2012, lt. Vegetarierbund
Männer
31
FAO
NVS
FAO
FAO
FAO
Produktion Handel Eigenverbrauch und Handel Verbrauch mehr als Frauen, Jüngere mehr als Alte Früher galt Fleisch in Deutschland 117 USA Millionen Vegetarier 15 Welt, Prognoseund 2012,lebenswichtig. Heute Welt, Prognoseund 2012,Ostler mehr als Westler. Welt, Prognose 2012, Welt, Prognose 2012, Übrigens als gesund Deutschland 1,5 7* in Millionen Tonnen in Millionen Tonnen in Prozent kg pro Kopf 375 Indien sind inzwischen rund zwei Drittel aller ist dieses Vertrauen verschwunden. Fleischeinkäufe in Plastik abgepackt. Nach den vielen Skandalen haben 13,9 0,8 10 die Fleischkonzerne ein schlechteres 66,8 8,0 Image als die Chemische Industrie. Traditionelle Supermärkte bieten noch 32,7 7,4 wenig Alternativen. Ob dort, beim Öko29,4 100 110,8 301,8 42,5 Metzger oder im Bioladen: Wer Fleisch FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas Dennoch: Der Verzehr sinkt kaum. Die 90 – 95 101 – 105 aus Massentierhaltung meidet, fördert meisten Deutschen essen täglich oder 79,0 13,0 90 104,5 96 – 100 über 105 nachhaltige Landwirtschaft. fast täglich Fleisch und Wurst, Männer
Produktion/ Erzeugung
Geflügelfleisch
globaler Handel
Konsum/ Verbrauch
Schlachtung
Verzehr
Zubereitung
aufgenommene Nahrung
Schweinefleisch Geflügelfleisch Rindfleisch Schaffleisch andere
• Deutschland ist Netto-Exporteur von Fleisch und Fleischwaren. Auch Zu- und Abnahmen von Lagermengen werden bilanziert. • insgesamt ca. minus 10 Prozent • minus Knochen, Schwarten, Fett und untaugliches Fleisch • minus Futter, Tierfertignahrung, industrielle Weiterverarbeitung • insgesamt ca. minus 20 Prozent • minus Abfälle bei der Zubereitung und Speisereste • minus Haustier-Frischfutter • insgesamt ca. minus 5 Prozent
Verbrauch Fleischverzehr und -skandale
Entwicklungs- und Schwellenländer Industrieländer Welt (gewichteter Durchschnitt)
Export
Verzehr in Deutschland pro Kopf, in Kilogramm 40 30
Rind, Kalb Schwein
60,7
Geflügel 61,3 FLEISCHATLAS 61 2013 Download: 59,5www.boell.de/fleischatlas Sonstiges
60,7
20
Gesamt
10 0
2008
2009
2010
2011
2012
2013
• Die Vogelgrippe mit • Eine neuer • Dioxin in „Bio-Mais“ • Ekelfleischskandal • Hygienemängel beim • Pferdefleischskandal Massenkeulungen in ganz Schweinegrippe- erschüttert die Glaubwür- von 2007 vor Gericht Geflügel-Marktführer mit europäischen Deutschland flaut ab Virus ängstigt digkeit der Bio-Höfe • Dioxin in konventionel- Wiesenhof Ausmaßen • Schweinefleisch aus Irland die Welt, ist dann • TV-Berichte über „Klebe- lem Tierfutter von bis • Gammelfleischskandal ist mit Dioxin vergiftet aber harmlos fleisch“ aus Schinkenteilen zu 5.000 Höfen von 2006 vor Gericht
DPA, BVDF
Schweinefleisch
andere WortRindfleisch und Tat Schaffleisch – eine Systematik
FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas
FLEISCHPLAKATE Satz von acht Motiven, DIN A1 2013
Der Verbraucher erfährt viel zu wenig über das Fleisch, das er kauft. aus: GUTE LEBENSMITTEL GESUCHT, Seite 43
Die weltweit hohe Nachfrage nach Hühnern liegt am Anstieg der Kaufkraft, nicht am Bevölkerungszuwachs. aus: WELTWEITER STEILFLUG IN DIE FABRIK, Seite 32
355 220
362 3 244 000 Rinder
e 190
25 460 000 Enten
160 130
450
100
15
37 700 000 Puten
4
70 2008
2009
2010
2011
2012
727
11
410 9
2
416
470 10
2006
2,525
353
13
12
1
5
3
1,546
6 2013
941 Das Transatlantische Handelsabkommen könnte zu 558mehr Antibiotika im Fleisch und zu weniger Tierschutz führen. aus: FREIHÄNDLER WITTERN MORGENLUFT, Seite 14
8
487
Um mehrfach im Jahr säen zu können, macht Glyphosat die Böden immer wieder pflanzenfrei. aus: ARGENTINIEN, DAS SOJA-REICH, Seite 31 58 350 000 Schweine
627 941 000 Hühner