uni:press #678

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FINALE

Dienstag, 4. November 2014, 9 bis 16 Uhr, Residenz zu Salzburg, Residenzplatz 1, 5020 Salzburg www.karriereforum.eu

Veranstalter:

unterst端tzt durch:


EDITORIAL

Christopher Spiegl

Marie Schulz

Jürgen Wöhry

Lisa Mitterbauer

Marina Hochholzner

Blickt da etwa ein neues Gesicht in die uni:press? Die verregneten Sommerferien sind vorbei, der Studienalltag hat uns wieder. Wir haben die letzten drei Monate (=92 Tage oder 2.208 Stunden oder 123.480 Sekunden) aber nicht nur mit Eierschaukeln und Sonnenbaden verbracht, sondern keine Kosten und Mühen gescheut, um euch wieder mit frischem Lesestoff zu versorgen. Und nein – wir sind dabei nicht zu lange in der Sonne gelegen – unser Schwerpunkt lautet dieses Mal wirklich Dada. Wir haben den „Dadaismus“ als Denkanstoß genommen und beschlossen, im Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe auf gesellschaftliche Normen und Rationalismus zu verzichten und mal ein bisschen „dada“ (ergo gaga) zu sein. So hat die Redaktion teilweise bis zum frühen Morgen an ihren Texten gefeilt und Texte wie „Digidada Paranoia“ (Seite 6 und 7) und „Aaaaah“ (Seite 9) für Euch fabriziert. Außerdem haben wir uns gefragt, ob Schimpansen oder Bonobos die besseren Menschenaffen sind (Seite 12 bis 13).

Seriöser wird es dann wieder in unseren anderen Rubriken: Auch diese Ausgabe ist wieder prall gefüllt mit interessanten, kritischen und informativen Artikeln. So hat unser Autor Christoph Krainer mit Studien- und BerufsberaterInnen gesprochen, Sabrina Glas war im Parlament in Straßburg unterwegs und Ludwig Obermeier hat sich bettelnd auf Salzburgs Straßen gestellt. Die uni:press wartet also nur darauf, von euch gelesen zu werden. Zu guter Letzt wollen wir natürlich auch noch alle StudienanfängerInnen recht herzlich an der Uni begrüßen; auf den Seiten 20 und 21 könnt ihr schon mal herausfinden, wer die ÖH ist, was sie macht und wie sie organisiert ist. Und: Herzliche Gratulation zum Anfang einer der aufregendsten Zeiten eures Lebens! Viel Spaß beim Lesen wünscht Euch Euer Redaktionsteam

IMPRESSUM Medieninhaberin: Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der Paris Lodron Universität Salzburg (ÖH Salzburg), Kaigasse 28, 5020 Salzburg, www.oeh-salzburg.at,sekretariat@oeh-salzburg.at / Herausgeber: HochschülerInnenschaft / Pressereferent: Christopher Spiegl / Chefredakteurin: Marie Schulz (Kontakt: presse@ oeh-salzburg.at) Layout: Luca Mack / Lektorat: Katharina Zeppezauer-Wachauer / Anzeigen und Vertrieb: Christopher Spiegl, Janine Heinz / RedakteurInnen dieser Ausgabe: Marina Hochholzner, Jürgen Wöhry, Nicole Vorderobermaier, Maria Gruber, Dominik Gruber, Andreas Eisl, Caroline Huber, Stefan Klingersberger, Christoph Würflinger, Mariya, Christoph Krainer, Christof Fellner, Isabella Grill, Fabian Reicher, Ludwig Obermeier, „die Krautjuwelen“, Sabrina Glas, Janine Heinz, Nina Wewerka, Franz Kahr. / Druckerei: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H. / www.berger.at Auflage: 10.000 // Für Verbesserungsvorschläge und kritische Hinweise sind wir sehr dankbar. Die Auffassungen der AutorInnen der Beiträge und die der Redaktion müssen nicht übereinstimmen.

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Politik & Gesellschaft

38 40 42 44 46

Ideen und Gedanken zum Umgang mit salafistisch orientierten Jugendlichen Betteln in Salzburg: Fremdkörper in vertrauter Umgebung

Foodsharing – und nichts ändert sich

Eine nicht mehr ganz so weiße Spielewelt

Mitten im europäischen Wanderzirkus

Kultur & Menschen

48 50 52 53 54 56 58 62

Der Nino aus Wien

Das Frequency Festival

Rezension: Neuanfang? Game-Changer?

Rezension: Das Rote Kornfeld

Rezension: Die Ästhetik des Widerstands

Ein Kinderlied aus alten Tagen

Veranstaltungskalender

Zeitmaschine

in halt 4

INHALT


Dada

06 08 09 10 12 14 15 16

Digidada-Paranoia

Factum

Aaaaaah

Babysprache

Schimpansen vs. Bonobos

To much Internet for Today

Ich will Leidenschaft

Fotostrecke

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Uni & Leben

18 19 20 22 25 26 28 29 31 32 36

Neues aus dem Vorsitzbüro

Anleitung zum selbstbestimmten Studieren

Aufgedeckt: Deine ÖH

Interview: Bei Fragen bitte melden

Fellner’sche Weisheiten

Wie viel ist eigentlich unendlich?

IAESTE goes to Salzburg

Blindenleitsystem – keep it safe for everyone Mittels Party-App ab ins Unternehmertum

Balkan-Rundreise

Europe is calling

INHALT


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DADA

dada

DIGIDADA

Langeweile macht sich und mich breit. Mal schauen was auf Facebook so los ist. Das bekannte Layout ploppt auf und bereits nach einer Sekunde bereue ich meinen Entschluss. Das schwarze Loch der Unsinnigkeiten hat mich wieder. Von Jemandem, der keinen Ärger mit seinen Digi-FreundInnen will. eeeh, doch kein Ebola in Linz!“, freut sich X, eine offensichtliche Hypochonder, und postet einen Artikel von heute.at. Gut, dass sie keine anderen Sorgen hat… Ich kann es aber trotzdem nicht lassen, den fragwürdigen Link anzuklicken und den Artikel zu lesen. Da steht es schwarz auf weiß. Kein Ebola in Österreich. Was ist eigentlich so schlimm an Ebola? Google hilft. Puh. Wenn sich Organe zersetzen, fühlt sich das sicher nicht so toll an. Also noch eine Krankheit, die ich lieber nicht bekommen möchte. Hoffen wir mal, dass sich der Medienhype genau so schnell legt, wie der von Schweinegrippe, BSE und Vogelgrippe. Worüber ich nicht lese, exisitert auch nicht. Zurück auf meiner Startseite bin ich im Hinterkopf noch immer mit den sich zersetzenden Organen beschäftigt, als mich ein Foto von Y irritiert, auf dem sie mit zwei leicht bekleideten Herren zu sehen ist. Offensichtlich hat sie auch noch eine Goldmedaille bei irgendeinem Sport-Event gewonnen, die Glückspilzin. Das muss man natürlich gleich auf Facebook posten. Selbstbeweihräucherung vom Feinsten. Was macht die Frau jetzt eigentlich? Einen Klick später bin ich schlauer. Offensichtlich hat sie ein massives Selbstwertproblem, bei den ganzen Sport-Siegerfotos. Oder zu wenig Sex. Das sollte ich mal ihren Freund fragen. Wie geht es dem eigentlich? Einen Klick weiter erschlagen mich wieder haufenweise Fotos von Siegerehrungen, eine Reihe neuer Profilfotos springen mir entgegen. Die scheint er seit neuestem zu wechseln wie seine Unterwäsche. Vielleicht gibt es hier ein Beziehungsproblem? Ich kann nicht widerstehen, etwas im Dreck zu wühlen. „In einer Beziehung mit“ steht auf keinem Facebook-Profil der beiden. Auch gemeinsame Fotos fehlen in letzter Zeit in ihrer Timeline. Verdächtig. Aber hat mir nicht ein gemeinsamer Freund erzählt, dass er die beiden letztens auf der Straße getroffen hat? Wie geht es dem eigentlich? –


DADA

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-PARANOIA Klick. Scheint alles gut zu sein. Vielleicht ist er aber auch tot, seit 18. Juli hat er nichts mehr gepostet. Ach nein. Das wäre sicher auf Facebook gestanden. Das blaue „f“ wird angeklickt und mich erschlagen wieder gefühlte hundert neue Postings von Facebook-Freunden, die der Prokrastination ebenso verfallen sind wie ich. Z versucht in einer der zahlreichen WG-Börsen, ein Zimmer loszuwerden und teilt sein Vorhaben auf Facebook mit. Hat er schon wieder einen Mitbewohner hinausgeekelt? Naja. Scheint ja ziemlich dringend zu sein – bei den vielen GROSSBUCHSTABEN in der Anzeige. Moment mal – wie geht es dem eigentlich? Eine Sekunde später erschlagen mich auf seinem Profil gefühlte hundert Musik-Postings. Was will er bitte damit bezwecken? Seinen schlechten Musikgeschmack in die Welt hinaustragen oder indirekt seine Facebook-FreundInnen reduzieren? Auch ich überlege, dem musikalischen Super-GAU via Freund-Entfernung ein endgültiges Ende zu setzen – entscheide mich dann aber dagegen. Schließlich sind seine Postings ja auch irgendwie unterhaltsam. Manchmal. Auf einmal entdecke ich Q, die seinen letzten Post geliked hat. Ihr Musikgeschmack lässt also auch zu wünschen übrig. Oder sie steht auf ihn. Könnte auch sein. Weiter im Newsfeed, weiter im Text. „Jetzt studiere ich auch an der Uni Salzburg ;-)“, freut sich M. Na gut, dass du das jetzt auch mal geschafft hast, denk ich mir. Das Foto, das seine leere Einsiedlerwohnung und eine Flasche Cola auf dem Tisch zeigt, lässt vermuten, dass er ein richtiges Partytier werden wird. Ach, die Zeiten, in denen man sich noch über eine elternfreie Wohnung und ein picksüßes, koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk gefreut hat, sind bei mir auch schon längst vorbei. Außerdem ist seine Wohnung am Arsch von Salzburg. Hätte er mal lieber ein bisschen mehr Geld für Miete und ein bisschen weniger Geld für Cola ausgegeben. Wer ist überhaupt so naiv und postet den Standort seiner Wohnung auf Facebook? Blödheit lässt grüßen – wie hat der nur die Matura geschafft. Hoffentlich renn ich dem in Salz-

burg nicht über den Weg. Sonst muss ich auch noch nett sein. Ich scrolle über Werbungen, Katzenvideos und skurrile neue Profilfotos (T hat doch tatsächlich beschlossen, dass er mit einem Billig-Plastiksack bekleidet gut aussieht), bis ich auf einmal beim Barkeeper meiner Stammkneipe hängenbleibe, dem die Seite „Simpsons 18+“ gefällt. Das einschlägige Titelbild, das Marge Simpson unbekleidet zeigt, spricht Bände. Da wären wir wieder bei der Sex-Thematik. Sind soziale Netzwerke eigentlich voller Perverser? Ich kann mir auch bei absoluter Untervögeltheit nicht vorstellen, Gefallen an poppenden Comicfiguren zu finden. Neugierig und zugleich peinlich berührt wage ich mich auf sein Profil. Sein neues Profilfoto, das ihn nur mit Boxershort bekleidet zeigt, ist mir noch gar nicht aufgefallen. Ich dachte nicht, dass ich noch peinlicher berührt sein könnte. Ich scrolle seine Timeline hinunter und wundere mich weiter. Was er nicht alles so in ihrer Freizeit treibt – eigentlich sehr uninteressant, wenn man die ganzen Porno-Seiten außen vor lässt, die ihm ganz öffentlich gefallen. Was wohl seine Freundin dazu sagt? Naja, die wird vermutlich genau so drauf sein. Bei dem Gedanken wird mir flau, ich wechsle schnell wieder auf die Startseite und mich überkommt der nächste Schwall sinnloser Kostbarkeiten. Plötzlich ploppt mit einem bekannten Geräusch ein Chat-Fenster auf meinem Bildschirm auf. Als ob die letzten zwanzig Minuten nicht schon sinnlos genug gewesen wären, schickt mir D einen Link zu einem Comic, den er superlustig findet. Ich nicht. Entweder verstehe ich die Pointe nicht, oder er hat einen komischen Sinn für Humor. Nach dem Austausch von ein paar sinnlosen Smileys ist die Unterhaltung auch – Zuckerberg sei Dank – wieder vorbei; ich entschließe mich, das rote X zu drücken und mich nach der Informationsflut wieder wichtigeren Dingen des Lebens zu widmen. Zwanzig Minuten später hängt meine Aufmerksamkeitsspanne wieder durch. Natürlich frage ich mich wieder, was denn so auf Facebook los ist. Und damit geht alles wieder von vorne los.


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DADA

FACTUM

Euer uni:press-Team hat zum Zwecke der allgemeinen Information Informationen und Zahlen recherchiert, die in den pöhsen Massenmedien nicht erwähnt werden. Wir bringen die Wahrheit ans Licht. Krzysztof lustrowitzki Nguyen Hung Vu (flickr)

Teimlad! Mae astudiaeth wedi dangos nad oes unrhyw un yn y swyddfa yn gwybod beth mae hyn yn iaith. Felly, fe benderfynon ni i argraffu, oherwydd dywedodd 54% ei fod yn edrych yn wych. Ffyc y brifysgol ac yn rhydd bob moch cwta. Ba besterik ez dugu euskaraz aldatzeko? Eta askatzeko Euskal Herrira! Pertsona batzuk ulertzeko basque hemen bada galdetzen dugu, baina ez dugu kaka bat. Kaixo basque neskak eta mutilak! Agur, Espainia!

Pro-Niederösterreichische Separatisten spurlos verschwunden Auffällige Bewegungen in der Studierendenstatistik der Uni-Salzburg: Jahrelang war die Anzahl der Studierenden aus Niederösterreich kontinuierlich gestiegen, ehe sie im Wintersemester 2012/13 mit 246 Personen ihren Höhepunkt erreichte. Ab dem Wintersemester 2014/15 sind es nur noch 162. Aufgrund eines blaugelben Graffitis in der Größe eines Bierdeckels auf der Staatsbrücke schlägt eine Informantin des Verfassungsschutzes (Abteilung: Haarspalterei) Alarm: „Wir wissen nicht, ob und wohin diese 84 Personen abgewandert sind. Zuverlässige Zahlen aus St. Pölten sind nicht zu erwarten und wir vermuten Schlimmes.“ Es sei gut möglich, dass sich radikalisierte Pro-Niederösterreichische Milizen in den Lungauer Bergen verschanzt haben und an einem Ausbildungscamp teilnehmen. Auch Anschläge sind nicht ausgeschlossen. Ziel der Bewegung sei die Anbringung eines Dollfuß-Portraits in jeder Kirche, wie in der Prandtauerkirche in St. Pölten. Auch Weihwasserbombenattentate sind, wenn auch derzeit schwer vorstellbar, jederzeit möglich. „Aufgestachelt durch radikalkatholische Hassprediger und einer totalitären Politik wollen diese Terroristen das Gebiet des heutigen Niederösterreichs weiter ausdehnen“, fährt die Expertin fort. Nun wird versucht mittels Lebendfallen der Haarspalterei Einhalt zu gebieten.

Weniger BiologInnen an der Universität Salzburg Die Anzahl der Erstinskriptionen am Fachbereich Biologie an der Universität Salzburg ist im Wintersemester 2014 gegenüber 2013 um 31,81% zurückgegangen. Sir Lancelot, begeisterter Hobbyzoologe und langjähriger fiktiver Freund eines uni:press-Redakteurs, erklärt sich das wie folgt: „Entscheidend ist vor allem das aggressive Lobbying des Vereins Östereichischer Kreationisten. Durch gezielte, durchaus als gelungene zu bezeichnende Aktionen und umfangreiche Informationskampagnen ist es den Kreationisten gelungen, das Ansehen der Biologie weiter zu demontieren.“ Nun bleibe es abzuwarten, ob sich dieser Trend fortsetze und immer weniger Eltern ihren Kindern erlauben, Biologie zu studieren. Jedenfalls sieht sich der Obmann des Vereins Österreichischer Kreationisten Adam E. Serpens bestätigt: „Diese Zahlen sind erst der Anfang. Durch weiteres Engagement werden wir mit erhobenen Zeigefinger weiter auf den Skandal – nämlich Biologie an einer öffentlichen Universität studieren zu können – aufmerksam machen. Der Unterricht von Verschwörungstheorien sollte nicht vom Staat finanziert werden und soll unserer Meinung nach auf die eigenen vier Wände beschränkt werden.“

Ein Ding der Unmöglichkeit Etwa 75% aller Menschen können nicht ihren eigenen Ellbogen lecken. Und was noch daran interessant ist… Der Rest der Redaktion ist überzeugt, dass 98% aller LeserInnen der uni:press diesen billigen Witz kennen. 1,8% fragen sich wahrscheinlich, was das soll, und 0,2% versuchen wahrscheinlich tatsächlich ihren Ellbogen zu lecken. Das sind immerhin 223 Studierende. Beißt‘ euch nicht in die Zunge! Mala Weinstock (flickr)

Tambako The Jaguar (flickr)


DADA

Aaa a a a a a a h ……

a aa a a a a a a a a a (BeCe)

Neulich kam mir der schreckliche Gedanke, dass das ganze Leben Realität sei. Als ich dann – dem Fliegenden Spaghettimonster-sei-Dank – wieder träumte und mit beiden Beinen fest am Hoden der Tatsachen stand, hatte ich eine Eingebung, die mir den Sinn der ganzen Koffeeineffekthascherei endlich klar machte: Es muss sich einfach alles um Rezeptorenpenetration ! Aber um das geht es in Wirklichkeit eigentlich gar nicht, und das ist der Punkt dabei. Eine genauere Verblendung ist hier vonnöten, um das Schreckgespenst der Realität ergründen zu können. Von Kurt-Ahasver Zapletal

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enn DU eine Melone (Wasser-, Zuckeroder Nana-Melone, das spielt hierbei keine Rolle) wärst, würdest du dich entscheiden können, ob der Sinn des Lebens darin zu finden sei, ein möglichst kuscheliges Dasein auf einer flauschigen Drahthaarbürste zu fristen, oder wohl eher doch darin, im Laufe deines matschigen Lebens, angetrieben von den gährenden Patronen in deinem Fruchtfleisch, eine Palme zu erklimmen, um eine Kokosnuss imitieren zu können? Bei der ersten Option, der des Drahthaarschlafgemachs, ist es wohl schwierig zu sagen, ob es sich am Ende auch gelohnt hat, denn schließlich ist noch kein Lehrling vom Himmel gefallen und hat die Weisheit mit einem lauwarmen Einlauf auf die Empfehlung seiner Fachärztin hin erworben. Das Drahthaar mag dir vielleicht gemütlich erscheinen, weil es das Einzige ist, das dich in Form hält. Es piekt ein bisschen hier, ein bisschen da, aber schlussendlich könntest du eine gesicherte Existenz, im Schatten deiner verfaulten oder verzehrten Vorfahren, führen. Du würdest die Drahthaarbürste in deinen eigenen sechs Wänden aufstellen und morgens zu deiner Einkommensquelle als spießige Berufsdemonstrantin oder als farbloser Guerilla-Shopper pendeln, um dann, wie die meisten Melonen und Kürbisgewächse es so tun, um fünf Uhr nachmittags in deine Heimstätte zurückzukehren. Vielleicht hättest du auch Freunde, mit denen du danach etwas unternimmst. Etwas, das dir Spaß macht und dich persönlich, so weit es dein Zuckerhaushalt

erlaubt, weiterbringt. Aber die meisten Früchte – auch die anderen, weniger ausgereiften unter ihnen – sind halt einfach nur Leute, und wenn’s dann um die Sojabohne geht, bleibt da nicht mehr viel Spielraum für euren falschen Idealismus. Schließlich habt ihr euch darauf geeinigt, allen Drahtbürsten, allen sonstigen Luxus und auch den melonenlebensnotwendigen Dingen einen Preis zu geben. Den könnt ihr auch bezahlen, ohne euch zu fragen, wo und wer diese Dinge anfertigt. Das Geld wird immerhin von der fettesten Wassermelone gedruckt, und die lässt euch bekanntlich einen geringen Teil davon übrig, dessen mickrigen Umfang ihr gar nicht erkennt. Schließlich gibt’s Sonntagsdemos. Ob da ein systemimmanenter Fehler im Reifeprozess vorliegt, könnt ihr gar nicht erkennen, weil ihr konsequent verweigert, über den eigenen Kloschüsselrand hinaus zu sehen. Einige von euch erkennen dieses verlogene Spiel, doch die Schlüsse sind die falschen: Sie fangen – um wieder auf die einleitenden Gedanken zurückzukommen – an, auf Palmen zu klettern, um Kokosnüsse zu imitieren. Die Verlockung, keinen harten Kerne, sondern eine süß-milchige Substanz als individuelles Attribut anzunehmen, können diese Melonen nicht widerstehen. Warum solltest DU, du alte Melone, also auch auf eine Palme klettern? Dort oben kannst du dich von den anderen Melonen abheben und dein spießiges Melonendasein abstreifen. Als Mitglied der Melonendemokratischen Partei kannst du, von der Anhöhe der Palme aus, den Drahthaarmelonen vorgaukeln, dass du und die anderen Fake-Kokosnüsse den nötigen Weitblick habt, um die Zukunft ALLER Melonen zu sichern. Ihr lasst euch dann wählen, schwenkt ab und zu eure Fahnen, bekennt euch zum Antihülsenfructismus (obwohl einige von euch den Hülsenfrüchten in Wahrheit gar nicht abgeneigt sind) und gebt dem gemeinen Wahlvolk etwas von eurer Kokosnussmilch, die eigentlich auch nur Melonensaft ist, ab. Selbstverständlich könnt ihr euch darauf einigen, die Drahthaarmelonen davon zu überzeugen, dass es oben auf der Palme gar nicht so nett ist. Schließlich könnt ihr nicht noch mehr Leute, die ihren Suppenschlitz allzuoft aufmachen und die Diskussionen aufmischen, brauchen. Teile und Herrsche. Wie sagte schon einst die Obermelone Brünhilde Kreisky im alten Rom? Genau: „Mir sind ein paar Millionen in der Kokosnusstasche lieber als in in hunderttausend Meloneportemonnaies.“ Ein alter Schlagoberskoch sagte aber auch: „Glaube nicht alles, was du sprichst.“ Und hier sind wir schon am Ende unserer philosophischen Überlegungen. Zu welchen Melonen würdest du gehören? Die Frage ist – wenn wir uns ehrlich sind – überfällig, weil du eine Stachelbeere bist, und nur das ist die Realität.

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Wer würde vermuten, dass sich hinter dem Wort „Motherese“ Silbendudelei wie „Dutzi dutzi“ oder „Bubu“ verbirgt? Die Babysprache. Jeder kennt sie, jeder spricht sie. Irgendwie. Warum die Menschheit aber generell auf rationale Formulierungen und gebildete Sprechweisen verzichtet, um auf diese primitive Form der Konversation zurückzugreifen, hat verschiedene Gründe. Von Marina Hochholzner

Malingering (Flickr)

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WIE DAS „HEIABETTI“ UND „WINKE WINKE MACHEN“ GLEICHZEITIG ZU SEX UND KINDERVERDUMMUNG FÜHREN

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anche FanatInnen versuchen, ihren Autos gut zuzureden, wenn der Motor stottert oder es einen steilen Berg zu erklimmen gilt. Dabei hört man oft anfeuernde Aussagen wie „Geht schon noch! Fest“ oder „Fein gemacht hast du das!“. Manchmal ist es schon so, dass mensch sich dabei fragt, was eigentlich mit der Welt kaputt ist. Beim Spaziergehen im Park begegnet man dem ein oder anderen Pärchen, das frisch verliebt und Händchen haltend herum schlendert, sich dann natürlich genau auf die Bank neben einem selbst setzt und dort munter weiter turtelt. Als wäre das nicht schon nervig genug, gehen die Verliebten plötzlich auch noch dazu über, sich mit seltsamen Wörtern und Kosenamen einzudecken. „Schatzi“ und „Bärli“ sind dann noch die harmlosesten Varianten. Fangen die Turteltäubchen dann jedoch auch noch damit an, sich gegenseitig Fragen zu stellen wie „Magstu Rücki krauli?“ oder Liebesbekundungen à la „Hab di so fest lieb“ zu machen, hat mensch wohl alles Recht dazu, verständnislos den Kopf zu schütteln. Wenn es nicht zwei Liebende sind, die meinen, ihre Zuneigung zueinander durch diese fragwürdige Sprechweise ausdrücken zu müssen, dann bleiben immer noch genügend andere Alltagssituationen, in denen diese miterlebt werden kann (muss). So scheinen auch viele HaustierhalterInnen den Eindruck zu haben, ihre Schmusetiger oder „Hundis“ mit kindlicher Sprache beglücken zu müssen. Sobald etwas mit genügend Flausch und Kulleräuglein versehen ist, scheint im Inneren von uns Menschen irgendein Schalter umgelegt zu werden. Die Tonlage schnellt einige Oktaven nach oben, das emotionslose Alltagsgesicht wird durch eine süßliche Fratze ersetzt. Befolgt der Haushund den simplen Befehl, sich auf sein Hinterteil zu hocken, wird er mit Belobigungen wie „Ja, du Feiner, du!“ belohnt. Rollt sich die Katze auf der Couch ein – einfach um zu schlafen – quieken die Besitzer regelmäßig verzückt los, streicheln ihr durch das weiche Fell und können gar nicht damit aufhören, der „Mauzi“ vorzuschwärmen, wie süß sie doch ist. Wer nun im Begriff ist, sich an die eigene Nase zu fassen oder sich vielmehr den Vorsatz setzt, heute Abend dem geliebten Haustier weniger Liebesbekundungen zukommen zu lassen, dem sei versichert – die Babysprache liegt uns Menschen im Blut. Die Abläufe im Gehirn, die dahinter stecken, sind völlig natürlich. Denn die Babysprache, hängt mit mehreren psychologischen und hormonellen Abläufen zusammen. Ihren Ursprung hat die Babysprache – wie der Name schon sagt – darin, wie Eltern sich mit ihren Kleinkindern unterhalten. Die anerkannte Logopädin Barbara Zollinger hat bereits einige Werke zu diesem Thema veröffentlicht.


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In ihnen definiert sie „Baby Talk“ als eine Verhaltensweise bei Erwachsenen, die sich kommunikativ und sprachlernend auf die Entwicklung von Kleinkindern auswirkt. Hierbei soll der Spracherwerb von Kleinkindern auf einfache Weise unterstützt werden. Dies zielt vor allem darauf ab, dass die Kids ihre Eltern nachahmen. Deswegen werden nach Möglichkeit einfache Wörter oder Satzstellung verwendet. Man bemüht sich, Gespräche mit dem Nachwuchs zu führen, die einfach gegliedert sind. Durch leicht verständliche Fragestellungen fördert man das Eigenengagement der Kinder und durch ein langsames Sprachtempo sowie eine ansprechende Tonlage erhöht man ihre Aufmerksamkeit und Lernbereitschaft. Für die Kleinkinder hat das den Zweck, einzelne Wortsilben besser voneinander abgrenzen zu können und somit die Sprache leichter zu erlernen. Schwierigere Laute werden vereinfacht, so werden beispielsweise komplizierte Wörter abgeändert und durch einfachere ersetzt. Warum aber neigen die Menschen dazu, die Babysprache auch bei Erwachsenen oder beispielsweise ihren Haustieren anzuwenden? Bei Tieren liegt es schlicht am Niedlichkeitsfaktor. Mit ihrem flauschigen Fell, den zuckenden Ohren und den großen Kulleraugen verursachen sie in uns ähnliche Hormonausschüttungen wie Babys. Deswegen wird der Körper stärker dazu verleitet, die Niedlichkeit der Haustiere mit vereinfachter, einsilbiger Sprechweise zu kompensieren. Hier tut das allerdings nichts Schlechtes – trainiert man nicht gerade einen Papagei, dann hat die Babysprache keinen Einfluss auf die Entwicklung der Tiere. Im Gegenteil – Tiere gehorchen verstärkt auf Wörter, in denen viele Vokale vorkommen. Im Kontrast dazu steht jedoch die fast schon zwanghafte Neigung verliebter Pärchen, sich kindliche Kosenamen zu geben und in anspruchsloser Sprache miteinander zu kommunizieren. Hier dient das Benutzen von Babysprache ganz klar dem Zweck der gegenseitigen Manipulation. Ludwig Wittgenstein, der bedeutende Beiträge zur philosophischen Betrachtung der Sprachgewohnheiten veröffentlichte, hat dieses Verhalten vor allem auf psychologischer Basis analysiert. „Es verwenden des Öfteren Männer diese übertriebene Artikulation, worauf die Frau mit mütterlicher Stimme und Zuwendung reagiert, ohne zu bemerken, dass sie gerade getäuscht wird. Das passiert aus Unterlegenheitsempfinden, aus mangelndem Selbstvertrauen und aus Angst.“ Abgezielt wird hier darauf, sexuelle Wünsche oder Vorlieben erfüllt zu bekommen. Nach dem Philosophen ist die Sprache als Verhexung des Geistes zu betrachten. Hochentwickelte Lebewesen wie der Mensch sind

durch Kommunikation am einfachsten zu manipulieren. Es ist also gar nicht mal so abwegig, dass der/die LebenspartnerIn plötzlich seinen/ihren Verstand auf das geistige Niveau eines Windelträgers herabsenkt, um zu bekommen, was er oder sie will. Hier wird nicht mit Reizen manipuliert, sondern mit dem Simulieren von Hilflosigkeit – eine mindestens genauso starke Waffe. Doch anders als im Sprachgebrauch zwischen Erwachsenen ist diese Form der Unterhaltung mit dem Nachwuchs sinnlos. Studien zeigen, dass auch Babys und Kleinkinder nicht wirklich von der Babysprache profitieren. Einige Kinder hören schon im ersten und zweiten Lebensjahr täglich mehr als 10.000 Wörter von ihren Eltern. Bei anderen sind es nur knapp 700. Der Unterschied hat später drastische Auswirkungen. Über Sprache wird von den Kids Intelligenz aufgebaut, weshalb es unbedingt notwendig ist, schon von Kleinauf normal mit ihnen zu sprechen. Ein Beispiel hierfür wäre, nicht etwa das Kind „heiaheia“ machen zu lassen, sondern ihm gezielt zu sagen: „Komm, du bist müde, deswegen gehst du ins Bett“ – oder meinetwegen in die Heia. Babysprache ist auch in den Medien stark vertreten. In den gängigen Kinderserien ist sie immer wieder anzutreffen und auch Filme sowie manche Radioshows verwenden Elemente des Motherese als komische Anekdote oder zur Bekräftigung mancher Sequenzen. Ein gutes Beispiel dafür ist das britische Kleinkinder-Programm „Teletubbies“, das von 1997 bis 2001 produziert wurde. Viele Angehörige der diesjährigen Studentengeneration werden sich noch gut an die vier bunten, puppenähnlichen Wesen erinnern können, die tagein, tagaus fröhlich über die grünen Hügel einer surrealen Gartenlandschaft tollten und dabei kaum einen zusammenhängenden Satz hervorbrachten. Im deutschen Sprachraum wurde die Serie zum ersten Mal 1999 gesendet und erzählte dabei von den vier Teletubbies Tinky-Winky, Dipsy, Laa-Laa und Po, die jeden Tag auf den magischen Screens auf ihren Bäuchen Kindergeschichten gesehen haben. Schon allein die Namensgebung der Protagonisten ist fragwürdig. Um fair zu bleiben – es ist wirklich schwer, den perfekten Grad an Lauten und Silben zu finden, wenn man mit (s)einem Kleinkind spricht. Zu viel ist nicht gut, zu wenig genau so. Zusätzlich wird man je nach Psyche und Hormonhaushalt anders aktiv dazu verleitet, von der Motherese Gebrauch zu machen. Was als perfektes Mittel zur Manipulation des Liebespartners dient, führt beim Nachwuchs möglicherweise zur Rückentwicklung. Die einzigen Gewinner sind hier wohl die Haustiere, die sich allerdings selbst oftmals denken dürften: „Was haben Frauchen und Herrchen denn heute nur wieder?“

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ver sus

DADA

bonobos Von Franz, dem Wal

Die beste Zivilisationsform? Tausend Bücher und zig Vorlesungen beschäftigen sich mit dieser Frage, doch wir sagen: Zurück zum evolutionären Ursprung! Schimpansen und Bonobos glänzen durch Eigenheiten, die Raum zur Diskussion ermöglichen könnten. Während Schimpansen vor allem durch Werkzeugbau brillieren, haben Bonobos einen anderen Weg gefunden und für sich entdeckt: Schmusen und Sex. Und zwar egal wer mit wem! Doch welcher Zivilisationsform ist die Bessere? Überzeugt euch selbst!

Make love, not war!

Frei nach dem schwedischen Fertigmöbelhändler: Kämpfst du noch oder machst du schon rum? Mal ehrlich, würdet ihr eure Probleme nicht auch lieber so lösen wie wir Bonobos? Wir Bonobos sind die menschenähnlichsten unter den heute lebenden Wesen außer dem Menschen selbst, sagen zumindest eure Biologinnen. Und Biologen. Wir lösen unsere Probleme, indem wir einfach mal ein wenig rummachen1. Glaubt uns – es funktioniert! Wir schauen uns dabei sogar in die Augen und knutschen, wie es sonst (fast) nur die Menschen tun. Freilich nur wenn es uns grad danach gelüstet, denn genauso gut beherrschen wir das restliche Kamasutra. Zugegeben, die Schimpansen beherrschen Waffenbau und Kriegstaktik besser als wir. Aber wir werden es ihnen schon noch zeigen. Wie ein anderer fideler Affe sagte (nicht der mit dem Bier, sondern der mit dem Bart): „Wir sind fest davon überzeugt, dass Ideen mehr bewirken können als Waffen, gleichgültig wie hoch entwickelt und schlagkräftig diese sind“2. Und wir haben eine sehr gute Idee! Ihr kennt sie ja eh, wir haben sie im Rahmen eines Experiments vor etwa 50 Jahren schonmal in einer kleiner Welle in der Menschheit verbreitet. Ihr wusstet nur nicht, dass wir dahintersteckten. Tja, nehmt es uns bitte nicht übel – peace, Brüder und Schwestern! Wie ihr gerade seht, können wir sogar einen uni:press-Artikel schreiben. Und da die doofen Schimpansen ohnehin nicht lesen können, offenbaren wir euch hier unseren geheimen Geheimplan: Sobald wir neben unseren wichtigen, aber auch unterhaltsamen Beschäftigungen das nächste Mal Zeit dazu finden, werden wir uns als Schimpansen verkleiden, uns an eine Schimpansengruppe heranschleichen und mit ihr das machen, was wir am besten können. Sie werden unseren Künsten nicht widerstehen können und sich schließlich von unserer frohen Botschaft überzeugen lassen. Dann ziehen wir weiter zur nächsten Schimpansengruppe – bis die ganze Affenbande brüllt: „Make love, not war!“ P.S.: Ratet mal, welche kriegerische Spezies als nächste auf unserer Liste steht.


DADA

schimpansen Von Christoph Würflinger

„Mutter Natur ist grausam, hart und ungerecht. Mit weichgespültem Bonobo-Verhalten kommt man da nicht weit.“

Schimpansen sind besser als Bonobos. Dem interessierten Hobbyzoologen wird das beim ersten Blick auf die Verbreitungsgebiete der beiden Arten sofort ins Auge springen. Während sich Bonobos mit dem unwirtlichen Dschungel im Kongo begnügen müssen, leben Schimpansen in den Gegenden, in denen – aus Affenperspektive – Milch und Honig fließen. Zufall? Wohl kaum. Schimpansen, evolutionär gesehen nur eine Stufe unter dem Menschen, sind der Beweis dafür, dass man im Leben nur mit aggressivem Verhalten und Rücksichtslosigkeit vorankommt. Si vis pacem, para bellum – das wussten schon die alten Römer, das wissen auch die Schimpansen. Lediglich die Bonobos wissen das nicht. Nur wer dazu bereit ist, sich auf das Äußerste zu verteidigen und, wenn nötig, auch präventiv loszuschlagen, hat eine Chance, in dieser Welt zu bestehen und vielleicht sogar in Frieden zu leben. Mutter Natur ist grausam, hart und ungerecht. Fressen oder gefressen werden. Mit weichgespültem Bonobo-Verhalten kommt man da nicht weit. Bevor hier allerdings der Eindruck entsteht, Schimpansen wären nur brutale Schlägertypen, die nichts am Kasten haben, sei Folgendes festgestellt: Auch an Intelligenz sind sie ihren Verwandten weit überlegen. Reicht es bei Bonobos, den Hippies unter den Affen, gerade einmal zur Befriedigung ihres Fortpflanzungstriebes, so sind Schimpansen sogar schlau genug, Werkzeuge zu bauen und anzuwenden. Dass sie auch Steine bearbeiten, ist bisher zwar noch nicht nachgewiesen, als gesichert gilt aber, dass sie besonders geeignete Steine sammeln und für den späteren Gebrauch aufbewahren. Wie der Mensch verwenden auch Schimpansen Waffen – ein weiterer Hinweis auf ihren überlegenen Verstand. Hier schließt sich also der Kreis: Krieg ist die Voraussetzung für technischen Fortschritt und der wiederum für Wohlstand. Im Gegensatz zu den Bonobos haben die Schimpansen das verstanden und leben dafür im Affen-Paradies.

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DADA

TO0 MUCH INTERNET FOR TODAY.

ASDF MOVIE – VERWIRRUNG GARANTIERT.

CHARLIE THE UNICORN – WENN EINHÖRNER DURCHDREHEN. FLOPPY MUSIC DUO - IMPERIAL MARCH. KRIEG DER STERNE MAL ANDERS. WORLD‘S ROUNDEST OBJECT. FÜR WAS MAN NICHT ALLES GELD AUSGIBT. THE MOST AMAZING OPTICAL ILLUSIONS ON THE INTERNET. WTF-GEFÜHL GARANTIERT.

DRUNK VS BABY. EINFACH NUR LUSTIG – BITTE NICHT MIT DEM EIGENEN KIND NACHMACHEN.


DADA

DAS LEBEN IST KEIN PONYHOF – EIN AUSRITT WIRD ZUM ALPTRAUM. YALL GONNA MAKE ME LOSE MY MIND – WENN LAMAS DURCHDREHEN. DAS LEBEN IST EIN PONYHOF – EIN AUSRITT AUF MENSCHEN WIRD ZUM ALPTRAUM

GIANT 6FT WATER BALLOON - THE SLOW MO GUYS – WENN MAN DOCH MANCHMAL DAS LEBEN AUF ZEITLUPE STELLEN KÖNNTE.

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foto stre cke

DADA

Prinzip Sturm der Stunden, steht in Stein gestanzt steht und stundet, storchelt die Stehzeiten Wurm der Wunden, wacht in Wein gewandelt wuchert und wundert, wütet die Wuter lacht und stiehlt ihm das Futter

Zeiten zerfressen zerfetze Zeugen die sich bezeugen und beugen und letztendlich doch alles leugnen.

Welthure

Turm der Tugend, tanzend in Ton getrümmert türmend geturnt, trennt er trollende Trotzer Krumm der Kummer, kümmert nicht die Krummerer kröchelnd und kuttert, kriechend die Küken stiehlt ihr die Mutter, zu seinem Entzücken


DADA

Das Blatt der Zeit Die Hand blickt in den Himmel und streift dabei den Boden, sie wollte beginnen, die Bäume zu roden, doch konnte sie die Schaufel nicht gebrauchen, da sie beim Sähen der Samen gebrochen. So liegt nun der Stil der Axt, die eigentliche eine Schaufel war, achtlos auf Blättern, die ganz klar, davon berichten, dass Bäume sich selbst als Richter richten.

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e ss r fre re en ibe ? en rle nie o? nd s lve ne fu pie h em ag ge ä t r, s e z a mt e eim in ein au tz nb Tr fe u de kt d ho en sc tz t d tin t gö sch lb s t, tz ch se er t? wä ha i s g iel ich u n un we sp n td u er de iß rda ibv än we ve , le e h die er in tz de ein gö u en st d tz fe äsch w


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UNI & LEBEN

uni & leben StudienanfängerInnenvertreibungsoffensive* – ein Kochrezept *Für dieses Phänomen brauchte es glatt eine neue Wortkreation. Man nehme als erstes die Kosten pro Studienplatz und lege eine bestimmte Anzahl an Plätzen pro Studiengang fest („Sollwert“). Nach einmal kräftig schütteln entsteht daraus die Studienplatzfinanzierung. Liegt die prognostizierte Anzahl der AnfängerInnen über dem Sollwert, gibt man eine saftige Zugangsbeschränkung hinzu, um „überschüssige“ Studierende auszusieben. Damit werden nun alle Interessierten kalt abgeschreckt. Abgeschreckte Interessierte lassen sich viel einfacher aussieben, da sie großteils erst gar nicht zu den Aufnahmeprüfungen erscheinen. Nach Belieben noch mit einem Fehlablauf der Aufnahmeprüfung würzen und schon hat man es geschafft: Die StudienanfängerInnen liegen nun weit unter der vorgegebenen Mindestanzahl. Gratulation! Die StudienanfängerInnenvertreibungsoffensive ist hiermit perfekt gelungen! Gut dazu passt grüner Salat. PS: ein adaptiertes Rezept kann man natürlich auch bei Spracheinstufungstests und Co. verwenden. Hier siebt man die „überschüssigen“ Studierenden einfach durch willkürliches Durchfallen aus.

Die ÖH: Da, da & da. Vermutlich halten viele von euch zum ersten Mal die uni:press in den Händen. Euren ersten Kontakt mit der ÖH hattet ihr wahrscheinlich bei den Welcome Days, bei welchem euch mit ziemlicher Sicherheit ein ÖH Welcome Bag in die Hand gedrückt wurde. Manche von euch waren vielleicht sogar schon im ÖH Beratungszentrum oder in einer der Studienrichtungsvertretungen (kurz STVen) und haben sich über das Studium und das Rundherum erkundigt. Ein paar unter euch sind vielleicht auch über die ÖH-Börse auf ihre Wohnung aufmerksam geworden. Doch was ist sie eigentlich, die ÖH Salzburg, für die ihr im kommenden Sommersemester sogar zur Wahl aufgerufen seid? Viele bringen die ÖH wahrscheinlich mit Demonstrationen wie etwa dem (erfolgrei-

chen) Protest gegen Studiengebühren oder gegen die quasi-Abschaffung des Wissenschaftsministeriums in Verbindung. Tatsächlich handelt es sich bei der ÖH um eine der stärksten gesetzlichen Studierendenvertretungen in ganz Europa. Als solche vertritt sie eure Interessen auf mehreren Ebenen und ist die erste Anlaufstelle bei Problemen. Während auf Fachbereichsebene die ÖH STVen und auf Fakultätsebene die ÖH Fakultätsvertretungen (FVen) hauptsächlich die studienbezogenen Interessen vertreten, handelt es sich bei der ÖH Exekutive um eine politische Vertretung, die derzeit aus einer sozial-progressiven Koalition aus GRAS & VSStÖ besteht. Als solche setzen wir uns für eine fortschrittliche Universität ein, die ein breites Verständnis von Bildung lebt und einen pluralistischen Zugang zu Wissenschaft pflegt. Das Studium ist für uns mehr als nur das Erlangen eines Titels: Für uns ist die Universität ein Lebensraum, in dem kritisches Denken und Kreativität gefördert werden sollen; nicht als Mittel, sondern aus purem Selbstzweck. Wenn ihr also die Augen öffnet, wird euch die ÖH an vielen Stellen begegnen: Da, da & da.

Zukunft auf der Suche nach Praktikumsplätzen sind, Unterstützung geben zu können. So kann euch eure STV nicht nur zum Studium selbst, sondern auch zum Thema „Praktikum“ beraten. Wir würden uns daher sehr freuen, wenn ihr dieses Projekt unterstützt und im Laufe des Oktobers unser Online-Formular ausfüllt. Wir werden das Online-Formular noch im Oktober ausschicken. Danke!

Maria Gruber Vorsitzende der ÖH Salzburg

Bewertet euer Praktikum! Wir – eure ÖH Salzburg – haben die Sommerzeit genützt um das Wintersemester vorzubereiten. Auch heuer haben wir wieder im Rahmen der Orientierungstage, die jedes Jahr Ende September stattfinden, eine Vielzahl von StudienanfängerInnen begrüßt, ihnen wertvolle Infos für den Start ins Studium gegeben und unsere Welcome-Packages mit tollen Überraschungen überreicht. Aber wir haben auch neue Ideen gesponnen und innovative Projekte ausgeheckt. Von einem will ich kurz berichten – und zwar von unserer Idee einer Praktikumsbewertung. Im Zuge der ersten Wochen im neuen Semester wollen wir anhand eines Onlineformulars Berichte und Bewertungen zu euren Praktika, die ihr im Sommer oder in der letzten Zeit absolviert habt, einholen. Ziel ist es, wertvolle Informationen über Praktikumsmöglichkeiten und über die Arbeitsbedingungen (z.B. bezüglich Entlohnung, Arbeitszeiten, Arbeitsklima etc.) zu erfahren, um Studierenden, die in näherer

Daniel Winter Erster stellvertretender Vorsitzender

Dominik Gruber Zweiter stellvertretender Vorsitzender


UNI & LEBEN

Ting~ (flickr)

ANLEITUNG ZUM SELBSTBESTIMMTEN STUDIEREN Von der Utopie der Selbstbestimmtheit im Studium und dem hoffnungsvollen Ansatz eines Studiums in Selbstregie. Von Nicole Vorderobermeier

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nleitung und Selbstbestimmung? Die Begriffe schließen sich eigentlich aus. Dennoch wird hier ein Versuch gestartet, wenigstens einige wenige Freiräume für ein selbstbestimmtes Studium aufzuzeigen. Kann ich mir mein Studium selbst auswählen? Der Weg zur richtigen Studienwahl ist alles andere als einfach. Hat man einmal das Matura-Zeugnis in der Hand, scheint einem die ganze Welt offen zu stehen. Von A wie Anglistik bis V wie Vergleichende Literaturwissenschaft – man hat die Qual der Wahl. Die anfangs durchaus einleuchtende Theorie ist folgende: Setzt man sich nur lang genug mit den eigenen Interessen, Neigungen und Begabungen auseinander, so liegt der Entschluss auf der Hand. Doch der Entscheidungsprozess wird auch durch weitere Faktoren direkt und/oder indirekt beeinflusst: Beispielsweise wären möglichst ordentliche Einstiegschancen nach dem Studium auf dem Arbeitsmarkt wünschenswert. Aber auch das eigene Elternhaus kann durch Vorbildwirkung oder vermittelte Ideale auf die Wahl Einfluss ausüben. Es wäre utopisch, sich von solchen Umständen loszubinden. Doch ist es allemal einen Versuch wert, sich möglichst vieler Einflussfaktoren bewusst zu werden, und trotzdem – oder vielmehr: gerade damit – eine selbstbestimmte Studienwahl zu treffen. Was kann ich studieren? Das Studienangebot der Hochschulen gibt einen ersten Überblick über Studienlandschaft. Sie suggeriert ein großes Spektrum an Auswahlmöglichkeiten, doch durch die voranschreitende Beschränkung des Hochschulzuganges kommt diese Vielfalt nur noch ausgewählten Studierenden zugute. Ist keines der aufgelisteten Studien eine Option oder hat man speziellere Vorstellungen vom Wunschstudium, so lässt sich zum Beispiel – mit hohem, bürokratischem Aufwand – ein „Individualstudium“ beantragen, bei welchem u.a. in Zusammenhang mit der Rechtsabteilung der Universität ein eigenes, international anerkanntes Curriculum erarbeitet werden muss. Einfacher ist, sich nicht nur für eine einzige Studienrichtung einzuschreiben, sondern für mehrere gleich-

zeitig. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, wenn es um die Aneignung von Wissen und Kompetenzen geht. Auch außerhalb der Hochschulstruktur lässt es sich eigenständig studieren (allerdings ohne Zeugnisse dafür zu bekommen). Wie selbstbestimmt kann ich mein Studium/meine Studien gestalten? Es beginnt bei der Wahl der Lehrveranstaltungen. Viele Studienpläne enthalten Voraussetzungsketten, also Vorgaben zu vorausgesetzten Kursen, die zur Anmeldung einer Lehrveranstaltung notwendig sind, welche einen durchwegs individuellen Ablauf des Studiums erheblich erschweren. Dennoch ist eine Selbstbestimmung über den Ablauf der Lehrveranstaltungen in gewissem Ausmaß möglich. Manche werden deshalb mit ihrem Studium früher fertig als vorgesehen, manche erst später. Möchte man hingegen das universitäre Angebot länger in Anspruch nehmen, als es die Universität „idealtypisch“ vorgibt (beispielsweise zum Geldverdienen, zur Familienpflege, für weiterführende Ausbildungen oder einfach zur intensiveren Wissensvertiefung), wird die einzelne Person mit höheren Studiengebühren konfrontiert. Da die finanzielle Lage der meisten Studierenden das kaum erlaubt, schränkt dies den eigenen Spielraum leider ein. Mehr Freiraum hat man dafür beispielsweise bei der Verwendung von facheinschlägiger Literatur. Viele LehrveranstaltungsleiterInnen verwenden oder empfehlen spezielle Literatur, doch letztendlich liegt es bei den Studierenden selbst, welche Quellen sie als sinnvoll erachten und welche nicht, oder ob es noch weitere geeignete Literatur für die Lehrveranstaltungen gibt. Freilich kann auch außerhalb von Kursen, Vorlesungen und diesbezüglicher Literaturvorgaben die Universitätsbibliothek in Eigenregie erkundet werden. Diese Tätigkeit der Literaturrecherche nennt man im Fachjargon der Universitäten übrigens „bibliografieren“. Möchte man auf einer höheren Ebene Freiräume für Selbstbestimmung im Studium schaffen, so bietet sich beispielsweise die Mitarbeit in Curricularkommissionen und/oder Studierendenvertretungen an.

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AUFGEDECKT: DEINE ÖH-UNIVERSITÄTSVERTRETUNG IN SALZBURG Was ist eigentlich die ÖH-Universitätsvertretung (UV)? Die ÖH-Arbeit ist facettenreich und erstreckt sich von deiner Studienvertretung (StV) über die Fakultätsvertretung bis hin zu deiner Universitätsvertretung. Letztere wollen wir dir in aller Kürze vorstellen. Von Christopher Spiegl

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as Team der Salzburger Universitätsvertretung wird von einer Koalition der Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) und des Verbandes Sozialistischer Student_ innen (VSStÖ) geführt, welche bei den letzten ÖH-Wahlen 2013 40,7 % (GRAS) bzw. 21,6% (VSStÖ) der Stimmen erreichten. Die Arbeitsschwerpunkte und die Struktur der Referate, aus welchem das UV-Team besteht, basiert auf deren gemeinsamen Koalitionsvereinbarungen. Um in der UV aktiv zu sein, brauchst du – entgegen aller Vorurteile – kein Parteibuch. Von insgesamt 54 MitarbeiterInnen sind 33 unfraktioniert, während die GRAS zwölf und der VSStÖ neun Mitglieder stellen. Wie wird man Teil des UV-Teams

der ÖH? Ganz einfach – freie Stellen werden aus Transparenzgründen ausgeschrieben. Diese kannst du auf unserer Homepage finden. Wir raten dir außerdem, regelmäßig auf unsere Plakate und Facebook-Posts zu achten, damit du auch wirklich nichts verpasst. Wir machen das Ganze ehrenamtlich und aus Idealismus, wobei ÖH-ReferentInnen 240 Euro und SachbearbeiterInnen 120 Euro pro Monat (ausgenommen August) als so genannte „Aufwandsentschädigung“ erhalten. Einige von uns sind auch ohne Aufwandsentschädigung für die UV aktiv. Die folgende Grafik gibt dir Aufschluss über Arbeitsbereiche, Anlaufstellen und möglichen Aktivismus.

Das Vorsitzteam

Das ÖH-Beratungszentrum

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Das Frauenreferat

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Neben einem offenen Ohr für die Anliegen aller Studierenden der Uni Salzburg hat das Vorsitzteam eine Vielzahl an Aufgaben: Die Koordination der laufenden Geschäfte und der Arbeit des UV-Teams ist quasi der ÖH-interne Bereich, während es extern vor allem für die Repräsentation gegenüber Dritten zuständig ist. Kontakt: vorsitz@oeh-salzburg.at 0662 8044 6038 und 0662 8044 6008 Während des Semesters in der Kaigasse 28 für dich erreichbar: Mo, 10:00 bis 17:00 Uhr Di, 11:00 bis 15:00 Uhr. In der lehrveranstaltungsfreien Zeit: Termin nach Vereinbarung

Das Beratungszentrum befindet sich im Eingangsbereich des Unipark. Das Team des Beratungszentrums gibt Auskunft über alles rund um Studium und Leben in Salzburg. Eine Übersicht über das Beratungsangebot findest du auf unserer Homepage http://www.oeh-salzburg.at/service-dashilft/beratung. Kontakt: beratung@oeh-salzburg.at 0662 8044 6001 Öffnungszeiten während des Semesters: Montag bis Donnerstag von 9:00 bis 18:00 Uhr, Montag bis Donnerstag von 9:00 bis 18:00 Uhr

Das Frauenreferat betreibt Projekte zur Stärkung von Frauen nicht nur an der Universität, sondern in unserer gesamten Gesellschaft. Vor allem wird ein Bewusstsein für die unterschiedliche Stellung der Geschlechter und für einengende Stereotype geschaffen, die überwunden werden sollen. Regelmäßig wird das Angebot zur Frauenförderung in Form von Workshops und Info-Veranstaltungen, seien es nun eine Lesung, ein Filmabend oder eine Podiumsdiskussion, erweitert. Ideen und Inputs sind selbstverständlich immer willkommen! Kontakt: frauen@oeh-salzburg.at

Das Sekretariat

Das Bildungspolitische Referat

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Referat für Gesellschaftspolitik, Menschenrechte und Ökologie

Im Sekretariat der ÖH Salzburg erhältst du Informationen über diverse Serviceangebote wie die ÖH-Mensacard, Broschüren und so weiter. Außerdem laufen hier viele Anfragen an die ÖH zusammen. Wenn du Fragen bezüglich des Studiums und/oder diverser Fördermöglichkeiten hast, kannst du dich direkt an das ÖH-Beratungszentrum, die zuständige StV oder das Sozialreferat wenden. Kontakt: sekretariat@oeh-salzburg.at 0662 8044 6000 Öffnungszeiten während des Semesters: Montag: 8.00 - 16.00 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag: 8.00 - 12.00 Uhr Öffnungszeiten in den Semesterferien: Mittwoch: 9.00 - 11.00 Uhr

Das Bildungspolitische Referat vertritt studentische Interessen in studienrechtlichen und hochschulpolitischen Angelegenheiten. Die konkreten Tätigkeiten des BiPol-Referats umfassen die studentische Mitbestimmung in Uni-Arbeitsgruppen und Kommissionen, die Organisation von Diskussionsveranstaltungen, Recherchen und Erarbeitung von ÖH-Positionen sowie die Unterstützung von Studienvertretungen (StVen) – etwa in Form von Schulungen und Anlaufstellen. Kontakt: bildung@oeh-salzburg.at und lehramt@oeh-salzburg.at 0662 8044 6042

 Das Gesellschaftspolitische Referat sieht seine Aufgaben darin, Themen aus Ökologie, Wirtschaft und Gesellschaft aufzugreifen und in ihrer globalen und regionalen Dimension aufzubereiten. Damit leistet die ÖH kritische Beiträge zu öffentlichen Debatten und zur Sensibilisierung der Studierendenschaft und der Uni-Bediensteten. Zu diesem Zweck werden Vernetzungsarbeit auf verschiedenen Ebenen betrieben, Positionen erarbeitet und schlussendlich in Formen von Projekten und Info-Veranstaltungen realisiert. Kontakt: gesellschaft@oeh-salzburg.at 0662 8044 6004


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   Das Internationale Referat

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Das Internationale Referat unterstützt die Betreuung der Incoming students, welche im Rahmen diverser Austauschprogramme ein oder mehrere Semester in Salzburg verbringen. Gleichzeitig ist das Internationale Referat eine Anlaufstelle für nicht-österreichische Studierende und Studien-Interessierte. Um den interkulturellen Austausch zu fördern, halten wir regelmäßig internationale Kochabende und andere Vernetzungstreffen ab. Du hast ein unwiderstehliches Rezept oder möchtest dich einbringen? Melde dich bei uns! Kontakt: internationales@oeh-salzburg.at 0662 8044 6046 Das Kulturreferat

    Das Kulturreferat hat die Aufgabe, durch die Organisation von Veranstaltungen (wie etwa Festen oder Lesungen) zu einer lebendigen studentischen Kultur in Salzburg beizutragen. Außerdem kooperiert das Referat mit Kultureinrichtungen und –schaffenden, um Vergünstigungen für Studierende zu erreichen und Tickets zu verlosen. Wenn du selbst ein Projekt umsetzen möchtest, helfen wir dir gerne dabei mit organisatorischer und finanzieller Unterstützung aus dem ÖH-Projektfördertopf. Kontakt: kultur@oeh-salzburg.at 0662 8044 6052 Das Organisationsreferat

 Das Organisationsreferat der ÖH Salzburg übernimmt viele Aufgaben, die für das Funk-

tionieren der Studien-, Fakultäts- und Universitätsvertretungen wichtig sind. Darunter fallen die Büromaterial- und EDV-Bestellungen ebenso wie die Beschaffung sonstiger Infrastruktur (z.B. Möbel, Kaffee, Goodies). Außerdem kümmert sich das Organisationsreferat um den ÖH-frei:raum in der Kaigasse 17, die Verteilung von Plakaten und Flyern, um Food-Sharing an der Uni, die Lebensmittelkooperative „Salzkörndl“, das ÖH-Erstsemestrigen-Tutorium und die ÖH-Infostände. Kontakt: organisation@oeh-salzburg.at 0662 8044 6005 Das Öffentlichkeitsreferat

 Das Öffentlichkeitsreferat bringt der Allgemeinheit die Arbeit der ÖH Salzburg näher. Dies geschieht in der Form von der Gestaltung von Flyern, Broschüren und etwa des Studyguides. Außerdem wird fleißig an Filmmaterial gearbeitet, um einen Imagefilm und eine Fernsehsendung bei FS1 zu gestalten. Seit einigen Jahren wird jeden dritten Freitag im Monat um 18:00 Uhr die ÖH-eigene Radiosendung „Hörsaal – Das Radiomagazin der ÖH Salzburg“ durch den Äther der Radiofabrik Salzburg gejagt. Du möchtest bei uns mitarbeiten? Melde dich! Kontakt: öffentlichkeit@oeh-salzburg.at Das Pressereferat

 Hier wird das phänomenale Produkt, das du gerade in den Händen hältst, fabriziert, und zwar vier Mal im Jahr. Im Rahmen von öffentlichen Redaktionssitzungen, an denen du gerne teilnehmen kannst, erarbeiten wir einen gemeinsamen Schwerpunkt für die

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GRAS-AktivistIn VSStÖ-AktivistIn Ohne Fraktionszugehörigkeit

nächste Ausgabe und koordinieren die Artikel für alle anderen Rubriken: Uni&Leben, Politik&Gesellschaft und Kultur&Menschen. Du möchtest für uns schreiben? Wir freuen uns auf deine Ideen und Texte, melde dich bei uns! Kontakt: presse@oeh-salzburg.at 0662 8044 6043 Das Sozialreferat

 Das Sozialreferat der ÖH Salzburg setzt sich dafür ein, dass Studieren in Salzburg wieder leistbarer wird. Es bietet dazu diverse Unterstützungen (nämlich das ÖH-Sozialstipendium, die ÖH-Kinderbetreuungsunterstützung und die ÖH-Fahrtkostenunterstützung) an und berät dich in sozialen und finanziellen Fragen. Daneben beschäftigt sich das Sozialreferat mit den Themen Wohnen & Studierendenheime, der Vereinbarkeit von Studieren & Arbeiten, Barrierefreiheit mit Fokus auf Sinnesbehinderungen und Studieren mit Kindern. Kontakt: soziales@oeh-salzburg.at 0662 8044 6054 Das Wirtschaftsreferat

 Das Wirtschaftsreferat verwaltet das Budget der ÖH Salzburg, kontrolliert die Mittelverwendung und erstellt Budget-Vorlagen und Bilanzen. Außerdem kümmert sich das Wirtschaftsreferat um Inserate und Kooperationen mit Dritten, um die Handlungsmöglichkeiten der ÖH durch die Einwerbung zusätzlicher Mittel zu vergrößern. Kontakt: janine.heinz@oeh-salzburg.at 0662 8044 6007


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„EINE MÖGLICHKEIT, UM AUS DEM STILLSTAND RAUSZUKOMMEN, IST EINEN SCHRITT ZU TUN.“ I

n den letzten Jahren ist nicht bloß die Zahl der Studierenden gestiegen, sondern auch die Möglichkeiten, die ihnen geboten werden. Das macht die Wahl des Studiums bzw. die Wahl, was danach sein soll, nicht einfacher. Und dann noch ständiges Erkenne-und-erfinde-dich-selbst-Geschreie, wachsender Leistungs- und Erfolgsdruck sowie die psychische Belastung. Das verwandelt Beratungsinstitutionen zu willkommenen Rettungsankern, zu Geh- und Orientierungshilfen. Wir haben vier Salzburger Beratungsstellen zum Interview gebeten. Die einen beiden – die psychologische Studierendenberatung und das ÖH-Beratungszentrum – sind in Salzburg für Fragen der Studierenden da, die anderen beiden – die Karriereberatung der Wirtschaftskammer Salzburg und BiBer Bildungsberatung

Ein Gespräch mit Salzburger Studien- und BerufsberaterInnen. Von Christoph Krainer

– bieten breite Bildungs-, Berufs- und Karriereberatung an. Wir haben nachgefragt, wer wen wie wo berät und was sie sich überhaupt von der Politik so wünschen. _____ UP: Die ersten Fragen gehen gleich einmal an alle. Wer ist eure Zielgruppe und was zeichnet euch als Beratungsinstitution in Salzburg aus? Christine Bauer-Grechenig (BiBer Bildungsberatung Salzburg): Unser Schwerpunkt liegt in der Beratung von Erwachsenen und Jugendlichen zu allen Fragen bzgl. Aus- und Weiterbildung, Nachholen von Abschlüssen, Berufsorientierung und Fördermöglichkeiten. Üblicherweise ruft man bei uns an oder vereinbart einen Termin per Mail, dann wird eine Stunde

„V.l.n.r.: Christine Bauer-Grechenig (BiBer Bildungsberatung), Christian Rechberger (Psychologische Studierendenberatung), Peter Engel (ÖH-Beratungszentrum) und Christoph Krainer (Organisationsreferat ÖH Salzburg)“


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reserviert, und anhand der Interessen und Fähigkeiten versuchen wir gemeinsam, einen Bildungsweg zu erarbeiten. Es geht um Entscheidungsunterstützung und Orientierung. Unsere Zielgruppe sind Erwachsene ab 15 Jahren. Christian Rechberger (Psychologische Studierendenberatung Salzburg): Unsere Beratungsstelle ist offen für alle Studierenden der Universitäten und Fachhochschulen, die bei studienbezogenen und persönlichen Problemen professionelle Hilfe suchen. Es können auch Studieninteressierte, die bei der Wahl ihres Studiums Zweifel haben oder ihre persönlichen und leistungsbezogenen Voraussetzungen für ein Studium reflektieren möchten, unsere Einzel- und Gruppenangebote kostenlos beanspruchen. Beate Matlschweiger (Karriereberatung der Wirtschaftskammer Salzburg): Unsere Zielgruppe sind alle ab 13 Jahren, die Hilfe und Unterstützung bei Berufs- und Bildungsentscheidungen brauchen. Unsere Klientel setzt sich größtenteils aus SchülerInnen, vielen MaturantInnen, Erwachsenen, Studierenden, BerufseinsteigerInnen, Lehrlingen und SchulabbrecherInnen zusammen. Die meisten unserer Klienten kommen aufgrund Mundpropaganda zu uns, und das aus allen Teilen Salzburgs, aber auch aus den angrenzenden Bundesländern sowie Deutschland. Peter Engel (ÖH-Beratungszentrum): Zu uns kommen neben den Studierenden der Uni Salzburg auch Studieninteressierte. Seit wir den alten Standort in der Kaigasse verlassen haben, haben wir einen großen Zuwachs erlebt. Wir hatten im letzten Jahr ungefähr 23.000 Kontakte. Der Unterschied zu früher ist, dass früher die Fragen zielgerichteter waren. Das fällt heute zum Teil weg, weil die Leute sehen die große Aufschrift und denken, da könnte etwas für mich dabei sein. Rechberger: Weil du, Peter, gerade den Standort angesprochen hast: Unser Standort ist zentral, aber ruhig in einem Innenhof gelegen. Er bietet diskreten Zugang und Schutz, den Menschen in krisenhaften Situationen benötigen. UP: Was bietet ihr beratungshungrigen Menschen an? Bauer-Grechenig: Neben dem persönlichen Einzelgespräch und den Gruppenberatungen gibt es bei uns eine Fachbibliothek in der Zentrale in der Strubergasse. Dort haben wir Unterlagen zu Studienrichtungen, zu Berufen, zu Aufnahmeprüfungen und auch viel Lernmaterial zum zweiten Bildungsweg und zu Sprachen. Die Bibliothek ist frei zugänglich. Und wir sind Partner in den Projekten „Netzwerk Bildungsberatung Salzburg“1 und „18plus – Berufs- und Studienchecker“2.

Rechberger: Das Spezifische unseres Angebots ist die psychologische Beratung. Sie bietet Hilfestellung bei Studienwechselfragen, Lernproblemen und Prüfungsängsten bis zur Bewältigung von Studienabschlussarbeiten. Wir haben Gruppenangebote zur Stressbewältigung und zur effizienten Prüfungsvorbereitung. Bei persönlichen Schwierigkeiten und Krisen kann kostenlose psychotherapeutische Unterstützung beansprucht werden, was wiederum dem guten Vorankommen im Studium dienlich ist. Matlschweiger: Wir bieten eine kompetente, neutrale und lösungsorientierte Beratung durch Psychologinnen und Psychologen mit langjähriger Berufserfahrung an. Allgemeine Information bekommt man bei uns am Telefon oder persönlich bei MitarbeiterInnen im Infobereich. Die individuelle, ausführliche und lösungsorientierte Beratung gibt es durch die Vereinbarung eines persönlichen Termins mit einer bzw. einem Psychologin bzw. Psychologen. Außerdem bauen wir gerade ein Testcenter – den „Talentecheck“ – auf, um allen Pflichtschulabsolventen eine Potentialanalyse zu ermöglichen. Engel: Neben der Beratung gibt es einige Projekte, z.B. „studieren probieren“3. Seit elf Jahren gibt es auch die MaturantInnenberatung direkt an den Salzburger Schulen. Das machen wir in Kooperation mit der Fachhochschule Salzburg, mit der Karriereberatung der Wirtschaftskammer Salzburg und seit einigen Jahren mit der Privatuniversität Seeburg. Als ÖH-Beratungszentrum stellen wir dort die Universitätslandschaft Österreichs vor. Das Karrierecenter der Uni Salzburg ging z.B. auch aus einem unserer Projekte hervor, da wir damals merkten, dass Bedarf in diese Richtung besteht. Wichtig ist noch, dass wir in der Arbeitsgruppe Qualitätsentwicklung in der Lehre mitarbeiten. Über die gelangt die Rückmeldung von Studierenden direkt zu den Entscheidungsträgern. Ich sehe das als eine Pflicht von Beratungseinrichtungen an, den Entscheidungsträgern Rückmeldung zu geben, was sich eigentlich abspielt. UP: Welche Wünsche habt ihr an die Politik? Rechberger: Nachdem Studien belegen, dass unsere Beratungsangebote zu effizienterem Studienverhalten führen und einen weiteren negativen psychischen Krankheitsverlauf verhindern, wäre ein Ausbau der Versorgungsstrukturen aus psychotherapeutischer Sicht ein sinnvolles Ziel. Bauer-Grechenig: Was wir oft sehen, sind die finanziellen Probleme, wenn Erwachsene kommen, die sich neu orientieren möchten. Eine Finanzierung zu finden, wenn man älter als 35 ist, ist sehr, sehr schwierig. Zumindest gibt es das Fachkräfte Stipendium. Schön wäre noch, wenn sich Leute mit Migrations-

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hintergrund, die ausländische Bildungsabschlüsse haben, sich diese hier schneller anrechnen lassen könnten. Da bleibt noch viel Potential liegen. Matlschweiger: Präventive Maßnahmen, um eine geeignete, abgesicherte Bildungsentscheidung zu treffen, sind wichtig, aber auch die Motivation zu fördern ist entscheidend. Reformen sowohl in der Bildungspolitik als auch des Schulsystems sind dringend nötig und längst überfällig. Mut der Politik für Veränderungen und Verbesserungen tun Not und damit sollte auch die Aufwertung, ein positives Image von Ausbildungen, z.B. der Lehre, einhergehen. Engel: Die ersatzlose Abschaffung der STEOP in der gebräuchlichen Form als Regulativ. Ich bin für ein Studium Generale. Dann wünsche ich mir noch den großen versprochenen Wurf bei der Studienbeihilfe. Da haben wir ein Flickwerk aus dem Jahr 1992. Zwar gab es wieder eine gute Novelle, aber es hinkt der Realität des UG hinterher. UP: Beratung. Ist das eine Bring- oder Holschuld? Engel: Absolute Holschuld. Wir bringen die Beratung zwar auch an die Schulen. Aber das ist nur der Anstoß. An sich ist es eine Holschuld. Rechberger: Unterstützung anzubieten, ist das eine, es in Anspruch zu nehmen, entscheidet jeder für sich eigenverantwortlich, nur die eigene Einsicht in die Notwendigkeit einer professionellen Hilfe kann erfolgreich sein. Bauer-Grechenig: Also im Projekt „Netzwerk Bildungsberatung Salzburg“, da haben wir als Zielgruppe auch Personen mit Migrationshintergrund, die nie im österreichischen Bildungssystem waren und auch meist nicht so gut vernetzt sind. Dass jemand eine Beratung in Anspruch nimmt, ist nicht so leicht. Gerade bei denen, die es brauchen. Viele kommen auf Empfehlung von Bekannten. Die Zugänge zu öffnen, das ist unsere Bringschuld. Daher sind wir in den Regionen unterwegs. Matlschweiger: Für uns ist es auch eine Bringschuld, insofern, publik zu machen, welche Beratungsangebote und Beratungsstellen es gibt. Aber im Besonderen ist Beratung eine Holschuld, da es wichtig ist, sich um seine Belange zu kümmern und Engagement zu zeigen. UP: Frau Matlschweiger, Herr Engel, bitte einen weisen Rat an einen hilfe- und beratungssuchenden Menschen. Matlschweiger: Informiere dich zeitig über Ausbildungsmöglichkeiten, sei neugierig, interessiert und offen für Unterstützung! Engel: Man muss aktiv sein. Sich mit dem Thema auseinandersetzen. Und man soll einen Plan B mitbe-

rücksichtigen! Ich kann halt nicht immer alles haben, was ich will, das ist ein Trugbild unserer Gesellschaft. Dass der Mensch alles werden kann, was er will, das stimmt nicht. UP: Herr Rechberger, einen Rat bitte, wenn der psychische Druck groß ist. Rechberger: Studierende befinden sich in einer sehr anspruchsvollen Lebensphase, in der leistungsbezogene und persönliche Krisen nichts Außergewöhnliches sind. Die Situation zu reflektieren, mit anderen zu reden, öffnet neue Wege. Sich Hilfe zu holen ist ein Zeichen der sozialen Kompetenz und trägt letztlich dazu bei, dass Studienverzögerungen und Studienabbrüche verhindern werden. UP: Frau Grechenig-Bauer, ich bin unglücklich im Beruf. Was soll ich tun? Bauer-Grechenig: Eine Möglichkeit, um aus dem Stillstand rauszukommen, ist einen Schritt zu tun: mit Arbeitskollegen zu sprechen, Schnuppern gehen, auf die Uni gehe usw. Oder einfach ein Gespräch mit anderen zu suchen. Es redet fast jeder gern über den Beruf. Rechberger: Es besteht aber in der Beratung auch die Gefahr der Überversorgung, und daher darf nicht vergessen werden, dass es immer nur um die Ermutigung der Hilfesuchenden geht, das Eigene selber zu finden. Wir Berater und Beraterinnen können das Eigene nicht servieren. Engel: Was wir können, ist Wege aufzuzeigen, auch kleine Schleichwege. Wie ein Touristenführer. UP: Danke für das Gespräch!

BiBer Salzburg Strubergasse 18 Tel.: +43 (0)662 872677-32 office@biber-salzburg.at BiBer Bibliothek: dienstags , mittwochs , donnerstags 9:00 - 12:00 mittwochs, donnerstags 16:00 - 19:00 Uhr Karriereberatung der Wirtschaftskammer Salzburg Julius-Raab-Platz 4 Tel.: +43 662 88 88 0 wks-karriereberatung.at Psychologische Studierendenberatung Mirabellplatz 9/1 0662 / 8044-6500. psb.sbg@sbg.ac.at studentenberatung.at von Montag bis Freitag von 9.00 bis 12.00 Uhr außer Mittwoch Barrierefrei, vertraulich und anonym ÖH-Beratungszentrum Salzburg Unipark Nonntal, Erzabt-Klotzstraße 1 Tel: +43(0)662/8044-6001 od. -6006 beratung@oeh-salzburg.at Montag bis Donnerstag von 9:00 bis 18:00 Uhr, Freitag von 9:00 bis 14:00 Uhr.


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fellner ’sche weis heiten

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Impressionen eines StV-Vorsitzenden* Studierendenräte: Wie konsensuale BürgerInnenräte studentische Selbstorganisation beeinflussen Der Begriff der „Crowd Intelligence” basiert auf der Annahme, dass viele Menschen mehr Informationen ansammeln und somit gemeinsam bessere Entscheidungen als einzelne Individuen treffen können. Angewandt wird dieses Prinzip an der Universität sehr häufig, Stichwort Gruppenarbeiten, sei es für ein Referat oder auch bei der Vorbereitung für eine Prüfung. Um eine solche Überlegung, den Studierendenrat, soll es heute gehen. Ja, klar, „Studierendenrat“, klingt jetzt wieder „voll revolutionär und kommunistisch“, wird es einigen von euch jetzt vielleicht durchs Gehirn huschen. Aber damit, wie vielleicht wieder andere „schade“ finden werden, hat es – bis auf den Namen vielleicht – wenig auf sich, obwohl der Begriff aus den 1920ern stammt. Auch dieses Konzept verwendet ihr häufiger als ihr denkt, nicht als Institution freilich, aber wenn ihr mit euren LehrveranstaltungsleiterInnen über diesen oder jenen Sachverhalt diskutiert und dann die LV entsprechend geändert wird, habt ihr bereits so ähnlich gearbeitet. Studierendenräte sollen nach dem Vorbild US-amerikanischer wisdom councils funktionieren. In ihnen geht es darum, dass sich mehrere Leute mit einem bestimmten Sachverhalt beschäftigen und dabei gemeinsam Vorschläge und Lösungen erarbeiten sollen. Es geht dabei nicht so sehr um Zustimmung oder Ablehnung, sondern um das Einbringen von Ideen, deren Abwägung und schließlich um Konsensfindung. Der Konsens ist der wichtigste und zentrale Faktor einer Entscheidung. Es geht dabei weniger darum, ein einstimmiges Ergebnis zu finden, welches auf einem kleinsten gemeinsamen Nenner basiert, und mit dem alle irgendwie leben können, sondern eine Lösung, mit der sich die Teilnehmenden identifizieren können. Aus diesem Grunde werden die TeilnehmerInnen dieser Räte in den USA auch per Zufallsprinzip ausgewählt. Und sie arbeiten erfolgreich. Im vorarlbergischen Bregenz etwa löst man auf diese Art Probleme der Parkraumbewirtschaftung. Studierende arbeiten in diesem Bereich zusammen, um verschiedene Problematiken zu lösen. Überlegungen in der ÖH zur diesbezüglichen Situation an der Universität Salzburg sind weitreichend. Unter der Anleitung von ModeratorInnen sollen die Studierenden zunächst ihre gemeinsamen Interessen und Anliegen finden, auch aus verschiedenen Studienrich-

tungen. Sodann sollen Verbesserungsvorschläge oder Lösungsansätze für bestehende Problematiken gefunden und präsentiert werden. Ziel dieser Überlegungen ist es, die Dynamik der Selbstverwaltung unter den Studierenden zu entfachen und es ihnen, weit über die einzelnen Lehrveranstaltungen hinaus, zu ermöglichen, von Erfahrungsschätzen anderer zu profitieren. Die Studierenden gestalten somit aktiv am universitären Leben mit und lernen Ihre Ansprüche und Vorstellungen selbstbewusst nach außen zu tragen und zu kommunizieren. * Christof Fellner ist Vorsitzender der Stv-Politikwissenschaften


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WIE VIEL IST EIGENTLICH UNENDLICH? Von Isabella Grill, STV Mathematik Das Unendliche hat Menschen seit jeher fasziniert. Vielleicht auch deshalb, weil menschliche Erfahrungen die Unendlichkeit nicht zulassen. Wo ein Anfang ist, gibt es auch ein Ende. JedeR war wohl schon einmal in einer Vorlesung, bei der es mit der Konzentration einfach nicht klappen wollte (soll heißen: die Vorlesung war sterbenslangweilig). Da fühlten sich Sekunden wie Minuten an – und das Ende schien unendlich weit entfernt zu sein. Nach 90 Minuten war sie aber schlussendlich doch vorbei. Oder wessen Besuch im „All you can eat“-Restaurant hat noch nicht mit dem Eindruck geendet, gleich wie ein Luftballon zu platzen, weil man „unendlich viel“ gegessen hat? Dennoch ist das Magenvolumen nur endlich groß. Schon in der Antike fragten sich manche: Wie viele Sandkörner gibt es auf der Erde? Unendlich viele bzw. es gibt keine so große Zahl, welche die Anzahl der Sandkörner übertrifft. Das war zumindest die Vorstellung von Unendlichkeit der Menschen um 250 v.Chr. – bis Archimedes (287 v. Chr. – 212 v. Chr.) eine Zahl berechnete, welche das Problem löste. Die vorhergehenden Beispiele zeigen, dass im alltäglichen Sprachgebrauch und in der menschlichen Vorstellung das Unendliche existiert, aber dies nicht der

Unendlichkeit im mathematischen Sinn entspricht. Klare Definitionen und allgemein gültige Regeln sind in der Mathematik unerlässlich, dennoch ist „unendlich“ kein mathematisch definierter Begriff. Vielmehr ist die Unendlichkeit das Komplement zur Endlichkeit und wird oft zur näheren Charakterisierung anderer mathematischer Begriffe verwendet, um allgemeine Fälle zu betrachten. In der Mathematik wimmelt es überall nur so von Unendlichkeiten: Da werden unendlich viele Zahlen addiert, weil ein paar ja nicht reichen; da werden neue Räume mit eigenen Rechengesetzen geschaffen, um parallele Geraden im Unendlichen zu schneiden (wo man doch in der Schule lernt, dass sich diese nicht schneiden können); und da der dreidimensionale Raum sowieso langweilig ist (weil man sich darunter ja was vorstellen könnte), rechnet man eben in unendlichen Dimensionen. Es ist offensichtlich, dass sich keine andere Disziplin der umgekippten Acht so verschrieben hat wie die Mathematik. Ein einfaches Beispiel für „unendlich“ ist die Folge der natürlichen Zahlen: (wobei die drei Punkte bedeuten, dass die Liste immer


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Wir fassen vorläufig zusammen: Zählt man unendlich viele Zahlen zusammen muss das Ergebnis (die Summe) nicht immer unendlich sein, es kann auch Eins herauskommen. Ist doch ganz schön paradox, oder? Wenn MathematikerInnen etwas lieben, dann ist es Exaktheit. Das Unendliche steckt aber voller Paradoxien! Galileo Galilei etwa bemerkte Folgendes: Jede ganze Zahl hat ein Quadrat (das ist die Zahl mit sich selbst

Der Grenzwert Zuerst eine anschaulichere Definition und danach eine formal mathematische: Ein Wert heißt Grenzwert oder Limes (lat. Grenze) einer Folge a0, a1, a2, ... wenn sich ihre Glieder unbegrenzt dieser Zahl nähern. Man sagt, dass die Folge a0, a1, a2, ... gegen konvergiert (lat. zusammenstreben) und schreibt: an —› a für n —› oo oder lim an =a n —>oo

Definition in der Mathematik: Eine Folge (an )n >_ 0 hat den Grenzwert a, wenn gilt: A

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Mathematik in 90 Sekunden #1

> 0 N0 N: | an-a | < E

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multipliziert) – obwohl nicht jede ganze Zahl eine Quadratzahl ist. Zum besseren Verständnis: sind Quadratzahlen und davon lassen sich unendlich viele bilden, da es unendlich viele ganze Zahlen gibt. Jedoch sind beispielsweise keine Quadratzahlen, weil keine ganze Zahl mit sich selbst multipliziert jene ergibt. Existieren also mehr ganze Zahlen als Quadratzahlen, obwohl es von beiden unendlich viele gibt? Dies führt uns zu der Frage: Ist unendlich = unendlich? Zwei Mengen A und B sind genau dann „gleich groß“, wenn sie die gleiche Anzahl von Elementen haben (d.h. jedes Element aus A kann eindeutig einem Element aus B zugeordnet werden). An dieser Stelle sei erwähnt, dass in der Mathematik eher von Mächtigkeit als von der Größe von Mengen die Rede ist. Die Menge {1, 2, 3} ist „gleich groß“ wie {2, 4, 6}. Dahinter steckt die Idee des Zählens, wir nummerieren die Elemente der Menge einfach durch und kommen jeweils auf 3. Die endliche Menge {1, 2, 3, 4} hat 4 Elemente, ihre Teilmenge {2, 4} (d.h. darin sind nur Elemente der anderen Menge enthalten) besitzt hingegen nur 2. Bei endlichen Mengen ist ein Tortenstück also immer kleiner als die ganze Torte. Bei unendlichen Mengen (mit unendlich vielen Elementen) sieht die Sache anders aus! Wir gehen nach der Idee Georg Cantors (1845–1918) vor und erweitern unsere ursprünglichen Mengen. Als Ausgangspunkt nehmen wir nun die Menge der natürlichen Zahlen {1, 2, 3, 4, 5...}, ihre Teilmenge sollen die geraden natürlichen Zahlen bilden, also {2, 4, 6, 8,...}. Beide Mengen sind unendlich. Intuitiv würde man aber sagen, die Ausgangsmenge enthält mehr Elemente als ihre Teilmenge, da dort nur jede zweite Zahl enthalten ist. Jedoch lässt sich jeder natürlichen Zahl (1, 2, 3, 4, 5...) eine gerade Zahl eindeutig zuordnen. Man muss diese nur der Reihe nach mit 2 multiplizieren um lückenlos alle geraden Zahlen (2, 4, 6, 8,...) zu erhalten, also: usw. Da sich beide Mengen gemeinsam „durchnummerieren“ lassen ist die Menge der geraden natürlichen Zahlen {2, 4, 6, 8,...} tatsächlich gleich groß wie die Menge der natürlichen Zahlen, und sogar gleich groß wie die der Quadratzahlen. Galileis Paradoxon löste sich dadurch, dass im Unendlichen ein Tortenstück so groß wie eine ganze Torte sein kann. Solche Mengen werden als abzählbar unendlich bezeichnet. Keine Sorge, es geht noch komplizierter! Bei überabzählbar unendlichen Mengen fängt der Spaß erst an… Zusammenfassend ist zu sagen, wir können das Unendliche nicht berechnen, den Berg ohne Gipfel niemals besteigen – also werden wir vermutlich nie alle Wahrheiten finden. Klingt ziemlich traurig. Allerdings gibt es noch so einige Rätsel zu lösen – vermutlich unendlich viele.

n > N0

A

weiter durch Hinzuzählen von 1 fortgesetzt wird) Die Liste hört also nie auf und würde man all diese Zahlen addieren, wird die Summe, also das Ergebnis, unendlich groß. So einfach ist es aber dann doch nicht immer. Spricht man in der Mathematik vom Unendlichen geht es oft um den Grenzwert (lat. Limes) – siehe dazu das Kästchen „Mathematik in 90 Sekunden“. Nimmt man beispielsweise die Folge aller möglichen Tortenstücke (Brüche), also (wobei die drei Punkte bedeuten, dass die Liste immer weiter durch Hinzuzählen von Eins im Nenner [das, was unter dem Bruchstrich steht] fortgesetzt wird), erkennt man, dass diese gegen Null strebt (konvergiert). Begründung: Die Tortenstücke werden immer kleiner, das „letzte“ wird aber nie Null, es kommt Null nur sehr nahe. Bildet man nun aber die Summe dieser einzelnen Brüche (math.: Harmonische Reihe) (wobei die drei Punkte bedeuten, dass die Summe immer weiter durch Hinzuzählen von Brüchen mit jeweils einer weiteren Eins im Nenner fortgesetzt wird), so wird auch hier die Summe unendlich groß, obwohl die einzelnen Brüche immer kleiner werden. Wohingegen die Summe von (wobei die drei Punkte bedeuten, dass die Addition immer weiter durch Hinzuzählen von Brüchen, bei denen der Vorgänger im Nenner mal 2 multipliziert wird, fortgesetzt wird) Eins ergibt, also endlich bleibt, obwohl sich die Folge unendlich weiter fortsetzen lässt. Dies kann man leicht grafisch veranschaulichen:

Beispiele: Dabei gibt es Folgen, die einen endlichen Grenzwert besitzen, wie z.B. lim (K)n = 0

n —>oo

und Folgen, deren Limes das Unendliche sucht, wie z.B. limn —>oo n = oo


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IAESTE GOES TO SALZBURG IAESTE ist eine international tätige Studierendenorganisation, die Studierenden zu fachspezifischen Praktika technischer und naturwissenschaftlicher Studienrichtungen verhilft. Die Organsiation ist mittlerweile in über 80 Ländern vertreten und vermittelt weltweit über 5.000 Praktikumsstellen jährlich.

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AESTE Austria. Gegründet wurde die „International Association for the Exchange of Students for Technical Experience“ nach dem zweiten Weltkrieg in London. Die IAESTE Austria gliedert sich in das Nationalkomitee (NC) und sieben Lokalkomitees (LC) auf. Das Nationalkomitee vertritt IAESTE Austria auf internationaler Ebene und koordiniert die Lokalkomitees auf nationaler Ebene. An sechs Universitäten Österreichs, und seit 2014 auch an der Paris Lodron Universität Salzburg, gibt es ein Lokalkomitee das die lokalen Partner, Praktikanten und Studierenden betreut und diverse Projekte wie Firmenmessen und Exkursionen (FirmenShuttle) organisiert. IAESTE Salzburg. Seit einem knappen halben Jahr trifft sich eine motivierte Gruppe von zehn Studierenden regelmäßig um gemeinsam den Aufbau von IAESTE Salzburg voranzutreiben und bei nationalen Projekten von IAESTE Austria mitzuarbeiten. Ein Highlight der bisherigen Tätigkeit war sicherlich die Organisation des ersten Salzburg Weekends Anfang Juli bei dem mehr als 30 PraktikantInnen und IAESTE Mitglieder Salzburgs kulturelle und kulinarische Kostbarkeiten kennenlernten. Falls du Interesse hast bei uns mitzuarbeiten bzw. unser Praktikumsprogramm kennenlernen möchtest, schreib einfach ein Mail an iaeste.salzburg@gmail.com oder besuch uns auf unserer Facebook Seite (IAESTE Salzburg). Ehrenamtliche Tätigkeit: Aufgaben und Vorteile. In Österreich werden alle Vorstandsposten und die Tätigkeiten von unseren Mitgliedern – bis auf wenige Ausnahmen – neben dem Studium ehrenamtlich ausgeführt. Die Aufgabenbereiche der Organisation sind weitgefächert. Es bietet sich die Möglichkeit, bei kleinen lokalen, mittleren nationalen oder großen internationalen Projekten mitzuwirken, persönliche Stärken und Wissen einzubringen sowie im Team viel zu erreichen. Abgesehen davon steht man bei der Mitarbeit in Kontakt mit FirmenvertreterInnen, öffentlichen Ämtern und internationalen Studierenden aller Studienrichtungen und erlernt somit in einem ungezwungenen Rahmen wichtige Kompetenzen für die spätere Karriere. IAESTE legt auch großen Wert auf Weiterbildung und bietet daher regelmäßig nationale sowie internationale Seminare, Workshops und Events an, bei denen Mitglieder fachlich fortgebildet und für die bevorstehenden Aufgaben motiviert werden.

Persönliche Erfahrungen Mich persönlich reizt die Internationalität des Vereins, denn dadurch konnte ich schon viele überregionale Kontakte knüpfen. Ein besonderes Highlight war mein IAESTE-Auslandspraktikum in der Ukraine. Diese tolle Erfahrung möchte ich mit anderen Studierenden teilen und ihnen durch mein Engagement die Möglichkeit schaffen, das Gleiche zu erleben. – Johanna Hohenbühel „Bei IAESTE habe ich die Chance, viele Erfahrungen zu sammeln, Neues zu probieren und bei Herausforderungen über mich hinauszuwachsen. Bei Unsicherheiten oder Schwierigkeiten ist es gut zu wissen, dass ein tolles Team hinter einem steht, auf dessen Unterstützung ich vertrauen kann.“ – Theresa Lord „Als Vorstandsmitglied im Nationalkomitee investiere ich viel Zeit und Energie in IAESTE. Es bereitet mir Freude, Verantwortung zu übernehmen und Projekte umzusetzen. Erfolge geben mir die Bestätigung und Motivation, weiterzumachen.“ –Johannes Bäuerl „Für mich war das IAESTE-Praktikum eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte und jedem empfehlen kann. Vielen Dank an alle, die mir den Aufenthalt in Nordirland ermöglicht haben!“ – Barbara Kuen „Mein Praktikum in Schottland war ein prägendes Erlebnis: Auf der einen Seite das Praktikum, wo ich sehr selbstständig an einem interessanten Projekt über Kartoffelviren arbeiten durfte. Auf der anderen Seite habe ich unzählige Kontakte mit Leuten aus der ganzen Welt geknüpft und ein sehr schönes Land bereist und kennengelernt.“ – Markus Kröss


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BLINDENLEITSYSTEM – KEEP IT SAFE FOR EVERYONE. Tastbare Bodenleitsysteme ermöglichen es blinden oder sehbeeinträchtigten Menschen sich zu orientieren und sich selbstständig im öffentlichen Raum zu bewegen. Auch beim Unipark Nonntal wurde ein taktiles Leitsystem verlegt, doch leider wird dieses häufig – wenn auch ohne böse Absicht – durch die Fahrräder von Mitstudierenden behindert. Von Caroline Huber

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as Blindenleitsystem am Unipark besteht aus sieben parallelen Linien (insgesamt 40 cm breit) die in den Boden eingekerbt sind. Es führt vom Zebrastreifen der Straßenkreuzung auf der Nonntaler Hauptstraße zum Eingang des Uniparks. Blindenleitsysteme müssen immer frei von Barrieren sein, damit sie Betroffene sicher zum Zielort leiten. Normalerweise sollten sie daher für jeden deutlich sichtbar gemacht werden und sich farblich vom Boden abzeichnen, also helle Linien auf dunklem Boden oder umgekehrt. In der Realität werden sie leider des Öfteren mit Gegenständen wie Fahrrädern oder Plakatständer verstellt, denn durch eine fehlende farbige Kennzeichnung werden sie häufig nicht als Hilfestellung für sehbeeinträchtigte und blinde Menschen erkannt. So führt dies leider auch beim Unipark Nonntal nicht selten dazu, dass Fahrräder auf dem Blindenleitsystem abgestellt werden und somit der Weg für Menschen, die auf das Leitsystem angewiesen sind, versperrt ist. Bitte achtet daher immer darauf, das taktile Blindenleitsystem nicht mit Fahrrädern oder sonstigen Gegenständen zu versperren, damit Menschen mit Sehbeeinträchtigung sicher und barrierefrei zu Gebäude gelangen können! Sollten in der Nähe des Haupteingangs des Uniparks einmal kein Platz mehr frei sein, befinden sich auf der Rückseite des Gebäudes noch Möglichkeiten euer Fahrrad abzustellen!

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SALZBURGER ÖVP-STUDIERENDENORGANISATION BEWIRBT ESOTERISCH-RECHTSEXTREMISTISCHE ZEITSCHRIFT Am 16. September wurde ein Salzburger Student in der Paris-Lodron-Straße von Neonazis körperlich attackiert. Seit Monaten ist Salzburg Schauplatz von Mahnmal-Schändungen und Übergriffen, die aufzeigen, wie gefährlich Rechtsextremismus ist – und wie salonfähig er teilweise ist. So bewirbt die ÖVP-Studierendenorganisation „Aktionsgemeinschaft Salzburg“ auf ihrer Facebookseite die Zeitschrift „ZeitenSchrift. Das Magazin für mehr Qualität und Wahrheit im Leben“, um auf die vermeintlichen Risiken einer Cannabis-Entkriminalisierung hinzuweisen. Dabei handelt es sich um eine esoterisch-rechtsextremistische Zeitschrift, die laut dem Historiker Stefan Meining „das seit Jahren wohl wichtigste publizistische Sprachrohr der deutschsprachigen Rechtsesoterik“ ist. Selbst bei einem flüchtigen Besuch der Website sollten Name oder dubiose Rubriken wie „Überwachung – Verschwörung – Logen“ stutzig machen. Die „Plattform gegen Rechts in Salzburg“* (die NGOs und andere Organisationen im Einsatz gegen Rechtsextremismus verbindet) hat die Aktionsgemeinschaft Salzburg aufgefordert, den Link zur esoterisch-rechtsextremistischen „ZeitenSchriften“ zu löschen und eine Klarstellung zu veröffentlichen. *Die Aktionsgemeinschaft hatte diese Plattform kurz zuvor verlassen.


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MITTELS PARTY-APP AB INS UNTERNEHMERTUM Stefan Wimmer studiert Jus sowie Recht und Wirtschaft, Anwalt wollte er aber nie werden. Viel lieber hilft er partywütigen Menschen rund um den Planeten, die richtige Location zu finden. Von Marie Schulz

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in paar Touchscreen-Berührungen und schon ist klar, wo heute Abend die coolste Party steigt. Das war der Gedanke, die die beiden Studenten Stefan und Sebastian Wimmer vor eineinhalb Jahren auf die Idee brachte, eine App zu entwickeln. „Wir waren im Urlaub in Istanbul und wollten fortgehen, hatten aber keine Ahnung wohin. Verstanden haben wir auch kein Wort“, erzählt der 25-Jährige. So wurde die Idee für die App „Myjoy“ geboren. Eine App, die durch Standort, persönliche Vorlieben und Alter sofort die besten Fortgeh-Möglichkeiten vorschlägt. „Wir haben uns gedacht, dass das sicher superleicht umzusetzen ist, sind dann aber draufgekommen dass es ziemlich viel Arbeit ist, eine App zu entwickeln“, erklärt Wimmer. So wurde ein ehemaliger Schulkollege mit ins Boot geholt, um den Arbeitsaufwand neben dem Studium stemmen zu können. „Philipp hat Informatik studiert und passt perfekt in unser Team. Wir hatten auch schon ein paar andere Mitarbeiter, aber erst jetzt funktioniert es perfekt“, sagt Stefan Wimmer.

Im App-Store ist „Myjoy“ seit Dezember gratis zum Download erhältlich; seit letzter Woche gibt es die neueste Version der App kostenlos. „Wenn der User unsere App downloadet, hat er einige Möglichkeiten. Er kann sich entweder via Facebook, mit der Email-Adresse oder gar nicht anmelden. Je nachdem, für was er sich entscheidet, hat er dann unterschiedliche Möglichkeiten“. So werden beispielsweise alle Bars und Clubs, die einem auf Facebook gefallen, automatisch in die App integriert. Auch Musikgeschmack, Budget und Gemütlichkeitsfaktor der gewünschten Lokalität kann man vorher in der App festlegen. „Bis jetzt haben wir 2.000 Zugriffe im Monat, wir hoffen aber, dass es in Zukunft viele mehr werden“, erklärt Wimmer. So soll jetzt das Augenmerk darauf gelegt werden, InvestorInnen zu finden. „Die App soll auf jeden Fall gratis bleiben; deswegen suchen wir zurzeit nach Investoren, also Bar-Betreibern, die sich mit unserer App vernetzen wollen. Auch Werbeanzeigen werden wir schalten“, erzählt der 25-Jährige. Neben dem Studium ist dieser erste Schritt ins Arbeitsleben eigentlich kein Problem. „Wir lernen uns Gott sei Dank alle sehr leicht. Wenn jemand eine Prüfung hat, ist


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es ok, wenn derjenige dann mal kürzer tritt. Danach ist es halt dann wieder mehr Arbeit“, erklärt Stefan Wimmer. Programmieren und Designen hat er nie gelernt. „Das ist aber auch nicht so schwierig. Da schaust du dir einfach fünf Youtube-Videos an – und dann probierst du es aus. Man muss es nur wirklich wollen“, sagt der selbst bekennende Perfektionist. Einkünfte bringt die App zurzeit noch keine ein, das soll sich jedoch durch Werbekunden, InvestorInnen und kooperierende Bar-BesitzerInnen schlagartig ändern. Jedoch waren auch die Ausgaben, die bis jetzt von der jungen Truppe getätigt wurden, noch nicht so hoch. „Der Plan ist es, die App ganz groß aufzuziehen. Zurzeit gibt es unser Party-Service nur für Salzburg, Wien, Berlin und München – das lässt sich aber ganz leicht weiter ausdehnen. Jetzt ist es noch total in Ordnung, neben dem Studium dafür zu arbeiten, aber irgendwann soll daraus schon eine hauptberufliche Tätigkeit werden“, sagt Stefan Wimmer. Und so lange sollte mein Studium jetzt auch nicht mehr dauern“, sagt er schmunzelnd. Die App gibt es für den Appstore und für Android gratis zum Download.

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IDEMO! AUF GEHT’S! AUF DEM WEG NACH DONJA TOPONICA (SERBIEN)


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ieh dich um, hier gibt es nichts! Nichts! Die Infrastruktur ist hier das Letzte ...“, erklärt mir Nikola, während der Kleinbus von Niš seine Odyssee durch den ländlichen Teil Südserbiens startet. Wir kennen uns geschätzte fünf Minuten, und mein Sitznachbar beginnt mir die Geschichte seines Lebens zu erzählen, während der Bus langsam vor sich hintuckert und eine steppenähnliche Landschaft mit kleinen Dörfern an uns vorbeizieht. Die Hitze und die mangelnde Klimatisierung des Busses treibt Nikola schnell den Schweiß auf die Stirn. Wild fuchtelnd mit den Händen und dennoch etwas lethargisch beklagt der kleine, stämmige Typ mit außergewöhnlich klaren amerikanischen Akzent die hiesigen Zustände: „Sieh dir diese schlechten Straßen an! So sollen wir leben? Ein Durchschnittsgehalt beträgt hier gerade mal läppische 300 Euro pro Monat! Das einzige Vernünftige was man hier tun kann, ist auswandern.“ Sein Fluchen erregt die Aufmerksamkeit einer jungen Frau in der Reihe vor uns. Während sie hektisch ihre Tasche zu durchwühlen beginnt, driften meine Gedanken ab und ich stelle einen Vergleich an: Was meint Nikola? Wenn ich mich richtig an die elendslangen Fahrten in so genannte „strukturschwache“ Regionen des niederösterreichische Waldviertels erinnere, ist im Vergleich dazu diese Straße in der Umgebung von Niš ein Fünf-Sterne-Highway. Während ich in Gedanken in der Gegend um Zwettl rumple, wird mir aus der Vorderreihe ein Schokoriegel ins Gesicht gehalten. „It’s a beautiful country too!“, trägt die junge Frau in etwas gebrochenem Englisch und dennoch selbstbewusst zur Debatte bei, lächelt und deutet mir den Schokoriegel anzunehmen, was ich mehr aus Höflichkeit als aus Verlangen nach Schokolade (das bei gefühlten 35 Grad Celsius tendenziös niedrig ist) auch tue. Für Nikola hat sie lediglich einen kurzen, bösen Blick übrig, ehe sie wieder vor sich hinlächelnd zum Fenster hinaussieht. Zugegebenermaßen habe ich mit meinem großen Rucksack ziemliches Aufsehen erregt, als ich den Bus betreten habe. Schließlich gibt es hier so gut wie keinen Tourismus im Süden Serbiens. Deutsche, österreichische und Schweizer Familien besuchen hier lediglich die Autobahnraststelle auf ihrer Durchreise zum sommerlichen Familienbesuch in der Türkei. Die Spezies der „Backpacker“, wie sie mir schon seit gut drei Wochen am Balkan in allen größeren Städten und touristischen Zentren begegnet sind, ist in diesen Gefilden noch unbekannt. Da ist die Neugierde gerechtfertigt – und das Erstaunen darüber, dass ein Österreicher in dieser Gegend womöglich seinen Urlaub verbringt, macht Eindruck auf Nikola und womöglich auch auf den Rest des Busses, welcher unserer Konversation mit gespitzten Ohren lauscht. Der Lausch-

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angriff äußert sich darin, dass in diesem Mini-Bus eine Totenstille herrscht. Eigentlich die Ausnahme, schließlich genieße ich im so genannten „Osten“ die lebhaften Diskussionen, das herzhafte laute Lachen und eine gewisse Prise an „Drama“ im öffentlichen Raum. Im „zivilisierten Westen“ würde man bei so mancher Äußerung schiefe Blicke ernten. Nun erntet meine Präsenz Aufmerksamkeit, was mir eigentlich etwas unangenehm ist. Nicht nur in dieser Gegend Serbiens, sondern auch in der Heimat hat mein Entschluss für Verwirrung gesorgt: Ich werde zwei Wochen an einem so genannten Workcamp als Freiwilliger in einem kleinen Dorf namens Donja Toponica verbringen. Meine Schwester hatte gar Workcamp mit „Arbeitslager“ übersetzt und einige Bekannte äußerten sich durch die semantische Überladung dieses Begriffs mehr als verwundert. Dann doch lieber Anglizismen. Was ist nun ein Workcamp wirklich? Grundsätzlich ist es eine sehr günstige Möglichkeit, ein Land und seine Leute näher und vor allem authentischer als etwa in einem Hostel oder gar Club-Hotel kennenzulernen. Diese internationalen Arbeitseinsätze dauern in der Regel zwei bis vier Wochen und werden von verschiedensten NGOs und Non-Profit Organisationen koordiniert. Wie bei anderen internationalen Austauschprogrammen benötigt man auch hier eine Sending-Organisation. In Österreich geschieht das über den Verein Grenzenlos, welcher sich schon seit 1949 der internationalen Friedens- und Freiwilligenarbeit annimmt. Mit einer gewaltigen Prise Idealismus, ehrenamtlicher Hingabe und professionellem Know-How ausgestattet wird hier Jahr für Jahr an fabelhaften Projekten und Programmen (die auch über Workcamps hinausgehen) gearbeitet. Ich bin schon ein alter Hase und habe durch Workcamps auf Rockfestivals in Finnland mitgearbeitet, war bei einem Umweltprojekt in Island aktiv und habe Wanderwege auf griechischen Inseln restauriert. Was gibts an dem noch auszusetzen? Immer wieder werde ich auf die Gebühren angesprochen: € 132,- werden von Grenzenlos für die Vermittlung von Camps verrechnet und eine kleine Gebühr (im Falle Serbiens € 20,-) geht direkt an die NGO vor Ort. Ich kann es verstehen, dass berufstätige Menschen entrüstet sind: „Was, du bezahlst dafür, dass du zwei Wochen im Ausland arbeitest?“ Ich finde die Gebühr gerechtfertigt, da der Service von Grenzenlos und seinen ehrenamtlichen MitarbeiterInnen auf absolut professioneller Ebene abgewickelt wird. Und dann wäre noch die unglaublichen Erfahrungen, die man abseits konventioneller Urlaube machen kann. Das ist unbezahlbar. Mit einem Ruck bleibt der Bus stehen und der zwanghaft verschlungene Schokoriegel stößt mir ungut auf.


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Ich bin an meiner Destination angekommen. Donja Toponica. 330 EinwohnerInnen. So schaut es auch aus. Zig Hände fuchteln hektisch herum und man hilft mir – mehr als nötig – den Rucksack zu schultern. Ich bedanke mich freundlich, Nikola hat ein müdes Lächeln übrig, während mir die edle Schoko-Spenderin ein letztes mal zuzwinkert. Der Bus fährt ab und ich stehe direkt vor dem vereinbarten Treffpunkt des Camps: Beim dom kulture (Kulturhaus). Diese Einrichtungen gab es im ganzen ehemaligen Jugoslawien. Die öffentlichen Freiräume dienten sogar in den kleinsten örtlichen Gemeinschaften für den lokalen Kulturbetrieb, zum gemeinsamen Feiern und Austausch. Auf meiner Anreise durch Kroatien, Montenegro und Bosnien habe ich viele solcher Häuser gesehen, die zunehmend verelendet oder gänzlich verfallen sind. Ganz anders in Donja Toponica: Das Häuschen ist liebevoll restauriert worden und wirkt fast schon wie eine kleine bunte Oase, die man mitten in eine etwas triste Ortschaft mit einigen Ruinen verpflanzt hat. Noch während ich die Straße überquere springen drei Gestalten, die zuvor noch gemütlich vor dem Dom Kulture kauerten, auf und begrüßt mich herzlichst. Man stellt sich kurz vor, und kurz danach, nachdem das Gepäck verstaut worden ist, bin ich mit einem Griechen, einem Bosniaken und einem Serben auf dem Weg zum örtlichen Supermarkt, der gleichzeitig auch die einzige Bar ist. Der Shop umfasst geschätzte zehn Quadratmeter, davor ist ein Sonnensegel gespannt. Aus einem Kühlschrank mit Zahlenschloss winkt uns kühles Blondes entgegen. Die einzigen Gäste dieser Stammkneipe, zwei ältere Herren, springen wie von einer Wespe gestochen von ihren Plastikstühlen auf und bitten uns „Volunteers“, wie sie uns unentwegt nennen (und das einzige ist, was ich zwischen serbischen Intermezzos verstehen kann), auf dem spärlichen, aber liebevoll gepflegten Stammtisch Platz zu nehmen. Die Sonne glüht erbarmungslos weiter auf dieses Fleckchen Erde. Es ist Mittag. Ich werde gar nicht erst gefragt, ob ich Rakija (Schnaps) mag, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt. Predrag ist Mitte Dreißig und kommt hier aus der Gegend. Mit bohrendem Blick erklärt er uns, dass er für Grupa Kobra, jene NGO, die das Workcamp organisiert, aktiv ist, und fragt nach, ob denn der Rakija schmecke. Die Hitze ist uns ebenso wie der Schnaps auch sichtlich zu Kopf gestiegen, und wir nicken etwas dämlich und benebelt. Und schon sind die Gläser wieder aufgefüllt. Andreas, der Athener, ist ein 30-jähriger Englischlehrer und nebenbei ein etwas patscherter Riese. Gute zwei Meter ist dieser schlaksige Charakter groß und wirkt auf dem Plastiksessel so, als ob wir gerade bei einem Kaffeekränzchen im Kindergarten wären. Nur,

dass es eben keinen Kaffee, sondern Rakija gibt. Während Aleksander, ein 25-jähriger Informatikstudent aus Banja Luka, etwas ruhig wirkt, beginnt Andreas auf die orthodoxe Bruderschaft zu prosten. Warte, ich bin doch gar nicht orthodox. Egal. Aber das Thema wird so auf Österreich gelenkt: 2014 und 1914. Gavrilo Princip und Franz Ferdinand. Das Attentat. Was ich davon halte, wollen meine neuen Brüder von mir wissen. „Was soll ich groß dazu sagen?“, entgegne ich, und versuche meinen Blick und meine Wortwahl halbwegs seriös wirken zu lassen. Ich erzähle die Geschichte von meiner Urgroßmutter, die ihren Mann auf einem Leiterwagen aufgebahrt direkt aus der Fabrik, wo er verstorben war, retourniert bekommen hat. Deren 16-jähriger Sohn als Babysitter eines Admirals auf einem kaiserlichen Kriegsschiff fast verhungert wäre und in einem Schreiben an die Heeresleitung darum bettelte, dass man ihm an die Front versetzen möge, in der Hoffnung, dort eine bessere Nahrungsmittelration zu erhalten. Hunger haben sie gelitten unter der K.u.K.-Herrschaft. Kein Grund zur Nostalgie also. Und die schlafwandlerische These, dass das Attentat der alleinige Auslöser für den Ersten Weltkrieg war, halte ich sowieso für vermessen. Weiter brauche ich gar nicht erzählen oder diese These Punkt für Punkt widerlegen, denn da war ja noch der Schnaps. „Schiweli!“ (Prost auf Serbisch), wir trinken auf meine Urgroßmutter und die kleinen Leute, die immer von Wahnsinnigen in Krieg und Elend getrieben werden. Aleksandar erzählt uns von der Ustascha, eine faschistische Terrororganisation aus Kroatien, und einem Vorfall, den er in Zagreb hatte. Er springt auf und seine glühenden Augen scheinen – angeheizt vom Rakija – aus seinem Kopf zu springen. Ihm habe vor Kurzem in Zagreb eine Schlägerei gedroht. Ein Kroate sei auf ihn losgegangen und wollte ihm beweisen, dass Kroaten um so einiges besser seien als Serben. Aleksandar aber antwortete: „Wir sind gleich, du Depp!“, und in diesem Moment schnellt seine tellergroße Hand auf mich zu und stoppt ca. fünf Millimeter vor mein Gesicht. „Wie viele Finger siehst du? Fünf, ja?!“, hat er dem Kroaten geantwortet und


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mit dieser einfachen Gleichung den Konflikt deeskalierend beeinflusst. Schlussendlich ist er mit dem Typen in einer Bar gelandet und hat stundenlang – Überraschung – Rakija getrunken. „Rakija connecting People. Wenn wir schon wieder beim Schnaps wären, die Flasche ist übrigens leer!“ Mit einem Pfiff wird die nächste geordert. Unterdessen sind die quietschenden Reifen eines weiteren Busses zu hören, und die nächsten Freiwilligen kommen an. Fünfzehn Minuten später ist unsere Runde um eine 1,80m große Spanierin namens Mireia und um Valeria aus Russland mit stahlblauen Augen erweitert. Andreas, sichtlich angeheitert, entfährt es Richtung Valeria: „Do you like Stalin?“ Mit dem selbstverständlichen „Yeeeeees!“ der Geschichtsstudentin aus Kasan haben die Wenigsten von uns gerechnet. Ein neuerliches „Schiweli!“ durchbricht die aufgeworfene peinliche Stille. Die Mischung aus Stalin, Schnaps und Schokoriegel schlägt voll ein und mir wird hibbelig zumute. Es ist noch früher Nachmittag und meine TrinkgenossInnen und ich bewegen uns Richtung Kulturzentrum. Siesta. Während des verdienten Nachmittagsschläfchens füllt sich die Unterkunft mit Volunteers aus der ganzen Welt: Rumänien, Schweiz, Italien, Frankreich, England, Südkorea und insgesamt noch drei Mal Russland. Insgesamt sind wir nun 20 an der Zahl, und als sich die Rakija-Gang vom Nachmittagsschläfchen erhebt, dämmert es bereits. Der Alkoholgehalt im Blutkreislauf ist auf ein für Spießer wie mich erträgliches Maß gesunken. Flüchtig stellt man sich kurz einander vor, ehe die offizielle Begrüßung beginnt. Man erzählt uns Interessantes über Grupa Kobra: Die NGO existiert seit 2007 und hat seither an ei-

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ner Vielzahl an Projekten für die lokale Infrastruktur gearbeitet. Die Schwerpunkte sind Ökologie und Nachhaltigkeit sowie Jugendarbeit. Neben Informationskampagnen und Aktionen wurde vieles für die örtliche Infrastruktur getan: Ein Park samt Spielplatz, ein Beachvolleyballplatz und ein Basketballfeld wurden aus dem Boden gestampft. Unsere Aufgaben für die nächsten zwei Wochen werden knapp umrissen: Es sei in dieser Region kaum üblich, dass diese Menschen Kontakt mit Leuten aus anderen Regionen Serbiens, geschweige denn mit AusländerInnen, haben. Vor allem für die Kids ist es spannend, dass wir hier sind, und wir sollen aktiv mit ihnen Englisch sprechen. Täglich wird vier Stunden gearbeitet. Konkrete Projekte sind Renovierungsarbeiten, wir werden eine Statue für Freiwilligenarbeit errichten und einige Events zum Thema Kulturaustausch abhalten. Für ein Freizeitprogramm ist gesorgt – wir werden kleinere Exkursionen in die nähere Umgebung unternehmen und übers Wochenende in einem noch kleinerem Ort namens Radmirovac leben. Ohne Strom und fließend Wasser. Dort werden wir dafür sorgen, dass eine andere Einrichtung fließendes Wasser erhält, indem wir einen Graben für eine Wasserleitung anlegen. Kochen müssen wir übrigens nicht: Jeden Tag erhalten wir unser Essen von einer anderen Familie. Nur so viel sei verraten: Es war köstlich! Und das ist bei Workcamps nicht selbstverständlich. Üblicherweise rotiert man als Kitchen-Team im Kreis, um die tägliche Nahrungsaufnahme zu garantieren. In diesen zwei Wochen habe ich viel erlebt: Neben exzessiven traditionellen Reigentänzen, intensiven philosophischen Gesprächen (in selbstverständlicher Kombination mit Rakija) und harter Arbeit ist es vor allem der konkrete Output, den man auf zwischenmenschlicher und internationaler Ebene erarbeiten wird, der Workcamps so lohnenswert macht. Ein ausgewogener Balanceakt zu einem vertheoretisierenden Verharren im akademischen, gesellschaftswissenschaftlichen Elfenbeinturm ist es allemal. Rakija connecting People StV-Geschichte spendet 300 Euro an Grupa Kobra Auf Ansuchen des Autors, seines Zeichens auch Sachbearbeiter an der StV-Geschichte, hat selbige Organisation beschlossen, 300 Euro an Grupa Kobra zu spenden. Diese Summe wurde aus dem Erlös der SchnapsBar, die am Uni-Park-Fest im Sommersemester betrieben wurde, beglichen. „Es ist ein Ding der Selbstverständlichkeit, dass wir diesen Betrag für einen wohltätigen Zweck spenden.“, erklärt Florian Angerer (Vorsitzender) und fährt fort: „Es freut uns, dass Kurtl (Anm.: StV-Deckname des Autors) auf

diesem Weg Kontakte geknüpft hat und dass wir das Geld sinnvoll verwenden konnten.“ Von serbischer Seite bedankt sich Milan Stojiljković (Obmann von Grupa Kobra): „Es ist sehr schwierig in Südserbien Fördergelder für NGOs, die Jugend- und Umweltarbeit betreiben, zu lukrieren. Auf diesem Wege möchten wir unseren großen Dank an die StV-Geschichte aussprechen. Das Geld können wir für die Organisation eines Info-Veranstaltung verwendet, bei denen wir Menschen aus der Gegend überzeugen wollen atkiv zu werden, um die Umstände für unsere Jugend in dieser Region zu verbessern. Wir glauben, dass kleine Schritte Großes bewirken können!“


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UNI & LEBEN

EUROPE IS CALLING

Zwei Monate auf Praktikum in Dublin oder Berlin – oder doch lieber sechs Monate auf Malta oder in Warschau? Ja, bitte!


UNI & LEBEN

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it dem Erasmus+ Programm können Studierende und junge Graduierte der Universität Salzburg Praktikumsluft in Europa schnuppern. Einmal zu sehen, wie in anderen Ländern studiert und gearbeitet wird, neue Mentalitäten kennenlernen, den eigenen Horizont erweitern, die Sprachkenntnisse vertiefen oder in neue Arbeitstechniken hineinschnuppern – Gründe, ein paar Wochen oder Monate auf Praktikum zu gehen, gibt es viele. „Live dabei“. Lorenz G., Student der Ingenieurwissenschaften, wagte für sechs Monate das Abenteuer Erasmus Praktikum bei Audi in Györ (Ungarn) und kam mit einem Koffer voll neuer Freundschaften und Eindrücke wieder zurück nach Hause. „Ich hatte die gesamten sechs Monate riesige Freude an meiner Tätigkeit und denke auch jetzt noch gerne an meine gesammelten Erfahrungen zurück“. Erste Berufserfahrung zu sammeln war auch für Elisabeth S., Studentin der Anglistik und Amerikanistik, ausschlaggebend für ein Praktikum in Großbritannien: „Nach zwei Interviews erhielt ich die Zusage für Bristol und musste mich nur noch um den Flug und eine Unterkunft kümmern.“ Ist das wirklich so einfach? - „Die Fakten“. Ein Praktikum in Europa ist mit vielen organisatorischen und finanziellen Fragen verbunden: Wer das Erasmus+ Programm in Anspruch nehmen kann, in welchen Ländern ein Praktikum möglich ist, wie man eine Praktikumsstelle findet, ab wann, wie lange und wie oft man für ein Erasmus Praktikum finanzielle Unterstützung bekommt, welche Versicherungen zu empfehlen sind, wie und wo man das Stipendium beantragt … – bei all diesen Fragen ist die Standortagentur Tirol in Innsbruck erste Anlaufstelle für Studierende und junge Graduierte der Uni Salzburg und bietet Information sowie Beratung an. Wie man das Erasmus Stipendium beantragen kann wird auf der Website der Standortagentur Tirol unter www.standort-tirol.at/praktika Schritt für Schritt erklärt. Und die Vorteile? – Das sagen bisherige TeilnehmerInnen: Als erster Punkt wird oft die sprachliche Entwicklung im fremdsprachigen Ausland genannt. Auch die Netzwerkbildung ist ein großes Plus, denn wann hat man sonst die Möglichkeit, internationale Kontakte zu knüpfen? Die gewonnenen Praxiserfahrungen stellen einen absoluten Gewinn für die Ausbildung dar, ganz zu schweigen von verbesserten Chancen für den Berufseinstieg und der oft vorhandenen Möglichkeit, eine Abschlussarbeit beim Unternehmen zu verfassen. Davon ist auch Elisabeth S. überzeugt, denn „das Praktikum sollte mir die Spezialisierung auf eine Branche ermöglichen und somit meine Chancen am Arbeitsmarkt verbessern.“ Katrin G., Studentin der Fachrichtung Wirtschaft und Recht, schwärmt von ihrem dreimonatigen Praktikum in Paris: „Durch mein Praktikum in Frankreich habe ich wichtige praktische und persönliche Erfahrungen gesammelt, mit inspirierenden Menschen gearbeitet und sehr gute Freunde kennengelernt.“ Der Großteil der TeilnehmerInnen bringt unzählige positive Eindrücke mit nach Hause. Lorenz G. motiviert andere Studierende, den Schritt zu wagen: „Ich bin froh, dass ich es doch getan habe, und möchte jeden ermutigen, auch mal von Zuhause rauszukommen und eine andere Welt zu sehen. Man kann durchaus sagen, dass die Erasmus-Förderung meine Karriere gefördert hat und mich dahin gebracht hat, wo ich jetzt bin. Es lohnt sich…“

Und was sind deine Pläne für das nächste Semester / den nächsten Sommer? Gleich die Gelegenheit nutzen und Informationen bei der Standortagentur Tirol einholen. Kontakt: Standortagentur Tirol , Katharina Lorenz (Studierende), Katharina Schmidhofer (Graduierte) / Ing.-Etzel-Straße 17/2. Stock, 6020 Innsbruck Tel: +43.512.576262 / Email: auslandspraktikum@standort-tirol.at www.standort-tirol.at/praktika

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WAS SOLLTEST DU UNBEDINGT ZU ERASMUS PRAKTIKA WISSEN: Wie lange: 2-12 Monate pro Studienniveau (BA/MA/PhD) Wohin: alle EU-Mitgliedsstaaten, Norwegen, Island, Liechtenstein, Türkei, ehem. Jugoslawische Republik, Mazedonien Wie oft: mehrmals, jedoch maximal bis zu 12 Monate Erasmusgesamtaufenthalt pro Studienniveau Was: Studienbezogenes Praktikum (verpflichtend oder freiwillig) Wann: laufend möglich (ab dem 2. Semester), bis max. 1 Jahr nach Abschluss des Studiums (für Graduierte) Stipendium: 380,- bis 430,- Euro pro Monat (je nach Zielland), zusätzlich zu einem möglichen Praktikumsentgelt Bewerbungsfrist: bis 6 Wochen vor Praktikumsstart / und vor Studienabschluss (gilt für Graduierte) Wer sein Studium also geschickt plant, kann mit finanzieller Unterstützung durch das Erasmus Programm mehrmals in Europa studieren oder arbeiten.


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POLITIK & GESELLSCHAFT

politik & gesellschaft IDEEN UND GEDANKEN ZUM UMGANG MIT SALAFISTISCH ORIENTIERTEN JUGENDLICHEN Spätestens seit zwei minderjährige Mädchen Österreich verlassen haben, um in Syrien für einen islamischen Staat zu kämpfen, stellt sich die Frage nach dem Warum. Warum gehen Jugendliche, die in einem friedlichen Land leben, freiwillig weg um zu kämpfen? Warum schicken sich Jugendliche in sozialen Netzwerken gegenseitig Videos, in denen Gewaltszenen zu sehen sind und diskutieren darüber, als würde es um Kuchenrezepte gehen? Warum sympathisieren Jugendliche mit extremistischen, gewaltverherrlichenden Organisationen wie der IS? Von Fabian Reicher, Sozialarbeiter bei der mobilen Jugendarbeit in Wien

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ie Jugendphase ist eine Zeit des Suchens, des Ausprobierens und des Abgrenzens. Moderne Jugendforschung geht von einer Ausdehnung der Jugendphase aus, sie dauert potenziell 12 – 15 Jahre. Der Übergang ins Erwachsenenalter erfolgt fließend und gilt als vollzogen, wenn in den zentralen gesellschaftlichen Positionen die volle Selbstständigkeit erreicht ist. Ökonomische Selbstständigkeit, Familiengründung, Teilhabe am Kulturund Konsumleben, sowie die Rolle als politische/r BürgerIn sind dabei die entscheiden Schritte – so unsere traditionellen normativen Vorstellungen. Um diese zu erreichen müssen sich Jugendliche von der Erwachsenenwelt abgrenzen und ihre eigenen Identitäten entwickeln, verschiedene Rollen ausprobieren und wieder ablegen. Klingt zunächst ziemlich einfach, ist aber für Jugendliche in unserer individualisierten, säkularisierten Gesellschaft, in der sich traditionelle Strukturen nach und nach auflösen, vor allem eines: harte Arbeit. Für viele eröffnen sich Freiheit für die individuelle Gestaltung des Alltags und bessere Bedingungen für die Persönlichkeitsentwicklung. Dafür ist aber ein hohes Maß an individuellen Kompetenzen zur Selbstorganisation nötig, um diese unübersichtlichen Lebenssituationen zu bewältigen. Erlernt werden sollten diese Kompetenzen in unseren zentralen Sozialisationsinstanzen, der Familie, der Schule und der so genannten Peergroup (also der jeweils primären sozialen Bezugsgruppe gleichgestellter Individuen). Was aber, wenn diese Sozialisationsinstanzen diese Aufgabe nicht erfüllen können? Wenn Väter abwesend sind, wenn Eltern aufgrund ihrer sozialen Situation an vielen gesellschaftlichen Bereichen nicht mitwirken

können, wenn sie beispielsweise ihre ganze Kraft dafür aufbringen müssen, ihren Kindern ein Dach über dem Kopf sowie ausreichend Essen bieten zu können? Eltern, die ihr Leben lang Diskriminierung und Ausschluss erleben mussten, fallen als Vorbilder weitgehend aus. Dazu kommt ein hoher Leistungs- und Selektionsdruck im Bildungssystem, das sich nicht immer auf die Stärken der Jugendlichen, sondern oft auch auf ihre Schwächen konzentriert. Nicht außer Acht gelassen werden dürfen auch eigene Diskriminierungs- und Ausgrenzungserlebnisse, dafür reicht manchmal schon ein Blick in tendenziös berichtende Zeitungen. Jugendliche fühlen sich oft orientierungslos, die Welt erscheint unübersichtlich, die von unserer Gesellschaft vorgegebenen Ziele für ein gelingendes Leben unerreichbar. Wie soll man sich abgrenzen, provozieren und auffallen, in einer Welt, in der Gewalt, Pornografie, Hip Hop- und Punkmusik fest im Mainstream verankert sind, in der es scheinbar keine Moral und keine Werte mehr gibt, in der Menschen an nichts mehr glauben? Es ist schwer im Jahr 2014 Jugendlicher zu sein und einigen kann unsere Gesellschaft keine Orientierung anbieten und schon gar nicht das Gefühl „du gehörst zu uns – du bist wichtig“. Dieses Gefühl, das Gefühl „ich gehöre dazu“ und „ich bin wichtig“, das bieten salafistische Ideologien Jugendlichen an. Ziel aller salafistischen Ausprägungen ist die Überwindung der Trennung von Politik und Religion, die Errichtung einer nomokratischen Staatsform beruhend auf einem nicht veränderbaren, archaischen Gesetz. Orientiert wird sich daran, wie die muslimische Urgemeinde in Medina in den ersten drei Generationen nach dem Propheten Mohammed gelebt haben soll. Dabei propagiert der Jihadistische

Tamás Kabdebó(Flickr)


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Salafismus, die radikalste dieser Ausprägungen, offensiv die Ausübung von Gewalt, um dieses Ziel zu erreichen. Diese Ideologie ist es, die Jugendliche in andere Länder aufbrechen lässt, um an der Errichtung eines islamischen Staates mitzuwirken. Obwohl sich diese Ideologie auf den Koran beruft, widerspricht sie in vielerlei Hinsicht grundlegenden islamischen Werten. Die starren Ideologien bieten einfache Handlungsanleitungen, sie geben simple und klare Antworten und ersparen dadurch Ambivalenzen. Sie teilen die Welt in „gut“ und „böse“, in „wir“ und „die anderen“. Die anderen sind dabei nicht nur Un- oder Andersgläubige, sondern alle, die sich nicht an die auf den ersten Blick sehr einfach zu befolgenden Regeln der Gruppe halten. Und auch äußerlich grenzt man sich durch gewisse stilistische Merkmale von der Gesellschaft ab. Daher stellt die Zugehörigkeit zur eigenen Gruppe eine unglaubliche Selbstermächtigung für Jugendliche dar. „Die Existenz der Moslems in der Fremde“ wird mit einem Anknüpfungspunkt an die Frühgeschichte des Islams, als Mohammed mit seinen Gefährten von Mekka nach Medina fliehen musste und von dort einen ungleichen Kampf führte, idealisiert. Der schwierigen Existenz in einer unübersichtlichen, ausgrenzenden Welt und dem damit verbundenen Leiden wird so ein religiöser Sinn gegeben. Das ergibt eine positive Deutung der Position der Jugendlichen. Es ist sehr einfach, in diese Gruppe aufgenommen zu werden, egal welche Hautfarbe, Herkunft oder soziale Stellung oder Religion man hat. Daher ist diese Ideologie weniger interessant für Jugendliche mit fundiertem religiösem Background, sondern eher für muslimisch-religiöse Analphabeten, sowie für alle Jugendlichen, welche die Ablehnung der Gesellschaft erfahren. So gesehen ist dieses Phänomen nicht neu, es hat nur eine neue Verpackung. Schon immer waren Jugendliche in Krisensituationen für Ideologien anfällig, die ihnen Zugehörigkeit, Identität und die Möglichkeit bieten, endlich ein Held sein zu können. Neu ist die Geschwindigkeit, mit der sich die Propaganda im Internet verbreiten lässt und neu ist auch die unglaubliche Empörung, die diese Ideologien in der Gesellschaft auslösen – ein weiterer Anziehungspunkt für Jugendliche. In jedem Fall stellt sich die Frage: Wie sollen wir mit

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Jugendlichen umgehen, die uns mit ihrer Sympathie für diese Ideologien empören? Die uns an Bilder von Krieg, Gewalt und Terror denken lassen? Die uns durch ihre Sympathie zu extremistischen Organisationen vielleicht sogar Angst machen? Was müssen wir diesen Jugendlichen anbieten, damit sie sich nicht an solchen Ideologien orientieren? Eine (mögliche) Antwort: Anerkennung, Wertschätzung und klar definierte Grenzen, an denen sie sich orientieren können. Oft brauchen Jugendliche erwachsene Bezugspersonen, die sich für sie interessieren, ihnen zuhören und sie ernst nehmen. Erwachsene, die ihnen zu verstehen geben, dass sie wertvolle Menschen sind und ihnen ihre eigenen Werte und Moralvorstellungen zur Verfügung stellen. Es gibt keine ungläubigen Menschen, man sollte daran glauben, dass alle Menschen gleich sind, dass jeder das Recht auf ein gelingendes Leben hat, egal welcher Hautfarbe, welchem Geschlecht oder welcher Religion er oder sie angehört 1 Eine Unterscheidung zwischen jugendadäquater Provokation und manifestiertem Gedankengut ist wichtig, ernst nehmen muss man beides. „Nein, Videos auf denen Menschen abgeschlachtet werden sind nicht cool, egal wer die Menschen sind und was sie getan haben“ – klare Stellungnahmen wie diese vermissen und fordern Jugendliche, daran können sie sich festhalten. Die eigene Empörung an vorherrschender Ungerechtigkeit, unter anderem auch an Islamfeindlichkeit, sollte man mit diesen Jugendlichen teilen und gemeinsam Möglichkeiten finden, gegen diese zu kämpfen – und zwar ohne Waffen. Kritisch zu hinterfragen ist auch, wieviel Platz dem Phänomen „salafistisch orientierte Jugendliche“ in den Medien gegeben wird, ohne dabei zwischen den unzähligen verschiedenen Strömungen im Islam und politisch motiviertem Extremismus zu unterscheiden. Von den Jugendlichen wird verlangt, zwischen den verschiedenen Gruppierungen innerhalb ihrer eigenen Religion zu differenzieren und Kritik am Extremismus zu üben. Wie sollen Jugendliche diese schwere Aufgabe bewältigen können, wenn viele Medien nicht mit gutem Beispiel vorangehen? Jugendliche, welche sich an salafistischen Ideologien orientieren, befriedigen damit ein Bedürfnis, das im besseren Falle aber auch anders erfüllt werden kann. Genau dabei müssen wir diese Jugendlichen unterstützen.


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Peter Grostøl (flickr)

Betteln in Salzburg: Fremdkörper in vertrauter Umgebung In Salzburg reden viele über das Betteln. Unser Autor wollte wissen, was es bedeutet, auf der Straße um seine Existenz zu kämpfen, und ging für einen Tag selbst betteln. Jetzt weiß er, in was für einer gesellschaftlichen Isolation sich „echte“ Bettelnde befinden. Das Schlimme daran: Die meisten Menschen lässt das kalt. Von Ludwig Obermeier

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s ist wie jeden Tag auf meinem Weg zur Uni. Alles wirkt vertraut und bekannt, selbst der Bettler an seinem Stammplatz ist da. Die grauen Wolken hängen über den Kirchturmspitzen der Salzburger Altstadt. Die Alltäglichkeit schlägt vehement zu. Und doch ist nichts wie immer, als ich mich am Platzl als Bettler auf dem Boden niederknie. In diesem Moment schaudert mir vor meinem eigenen Mut. Das Platzl ist einer der am meisten überlaufenen Orte der Stadt und doch fühle ich mich heute einsam wie selten. Ich finde mich in einer Welt wieder, die mir so bekannt und trotzdem wie nie dagewesen erscheint. In Salzburg ist das Betteln spätestens seit der Verfassungsgerichtshof (VfGH) 2012 ein 33 Jahre altes Bettelverbot gekippt hat, ein brisantes Thema. Dort die Stadt mit dem schönen Schein, die jährlich über zweieinhalb Millionen TouristInnen anlockt – auf der anderen Seite das Elend vieler BettelmigrantInnen und anderer Obdachloser. In diesem Spannungsfeld sind zuletzt sogar gezielte Anschläge auf BettlerInnen-Camps passiert. Die Stadtpolitik debattiert kontrovers und beruft Krisentreffen ein. Wie es sich jedoch anfühlt zu betteln, Tag für Tag um den Lebensunterhalt zu ringen, das weiß kaum jemand. Wie also fühlt es sich an, frage ich mich. Ich knie in meinen ältesten Klamotten, ungewaschen und ohne meine Brille am Platzl und wage den Selbstversuch. Mulmig wie vor einer Klausur ist mir zumute. Werde ich Zielscheibe von Anfeindungen? Bekomme ich Ärger mit der Polizei? Wie reagieren die „echten“ Bettelnden auf mich, den Eindringling? Betteln, eine Grenzerfahrung. Hier knapp über dem Boden prallen der Konsumrausch einer Gesellschaft, die alles hat, aber nichts gibt, und mein (fingiertes) Elend aufeinander wie bei einem Frontal-Crash. Vor meinem Auge wandern volle Einkaufstüten vorbei, mein Pappbecher jedoch bleibt leer. Gegenüber machen inzwischen die Grünen Werbung


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AudreyR. (Flickr)

für die Europawahl. Wenn Bettelnde etwas überhaupt nicht interessieren dürfte, dann wohl Politik, denke ich mir. Und doch verbindet die Grünen und mich in diesem Moment eine Sache: Der Zulauf am Infostand ist genauso überschaubar wie bei mir. Ich blicke in die Gesichter der PassantInnen. Ab und zu erhasche ich mitleidige Blicke. Die meisten schauen jedoch verschämt weg. Viele SalzburgerInnen sehen nicht mehr hin, wenn Armut und Leid den Fußweg pflastern, weil sie mafiöse Strukturen hinter den Bettelnden vermuten. Diesen Verdacht kann Heinz Schoibl nicht bestätigen. Der Sozialforscher hat eine Studie zur Situation der Bettel-MigrantInnen in Salzburg publiziert und keine mafiaähnlichen Gefüge feststellen können. Welche Grenzerfahrungen auf der Straße den Menschen widerfahren, die Jahr für Jahr zum Betteln kommen, das hingegen zeigt Schoibls Studie. Neben den finanziellen und gesetzlichen Hürden, die die MigrantInnen zu spüren bekommen – viele arbeiten Schoibl zufolge illegal für einen Hungerlohn –, sind es vor allem persönliche Grenzen, die die Bettelnden aus Verzweiflung überschreiten. „Unter höchst unwürdigen und letztlich gesundheitsschädlichen Rahmenbedingungen“, so die Ergebnisse der Studie, leben die Menschen ohne privaten Rückzugsort im öffentlichen Raum – bei Wind und Wetter. Derselbe Raum, in dem ich Einkaufsbummel mache oder gemütlich Kaffee trinken gehe. – Und nebenan tobt der Existenzkampf. Dieser Kampf, das wird mir bald klar, ist ein einsamer. Die Einsamkeit scheint neben mir zu sitzen – doch neben mir ist keiner. Nur Zigarettenstummel tanzen im Wind kreiselnd um mich herum. Meine Würdelosigkeit liegt wie eine zentnerschwere Last auf meinen Schultern. Dazu werden die Schmerzen immer größer. Wieder blicke ich nach rechts. Über den Fußgängerweg drückt es die Menschenmengen zu mir herüber. Wieder grüße ich leise einige Passan-

ten und strecke ihnen meinen Pappbecher entgegen. Wieder vergebens. Ich kneife meine Augen zu, die vom staubigen Wind immer trockener werden. Irgendwann frage ich mich, wie viele Hunde wohl schon an die Hauswand gepinkelt haben, an der ich mich anlehne. Und dann passiert es doch noch. Für einen Augenblick gerate ich ins Visier des „Salzburger Landessicherheitsgesetzes“. Ein Gesetz, das es Politik und Polizei seit dem VfGH-Urteil erlaubt, das Betteln zu kontrollieren. Zwei Polizistinnen wollen wissen, was ich hier mache. Betteln, sage ich gleichgültig. Als ich beiden von meinem Experiment erzähle, wollen sie wissen, ob mich andere Bettelnde angesprochen oder Ärger gemacht hätten. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Einschränkungen wie das Landessicherheitsgesetz, das aufdringliches Betteln unterbinden soll, gibt es in Österreich in fast allen Bundesländern, wie mir später Robert Buggler von der Salzburger Armutskonferenz erzählt. Dennoch habe laut Buggler inzwischen auch die Politik verstanden, dass reine Ordnungspolitik das Problem nicht an der Wurzel packt: „Man kann Migration nicht bekämpfen“, weist Buggler auf die seitens der EU gesicherte Freizügigkeit hin. Auch hier wird deutlich: Grenzen spielen eine bedeutende Rolle bei Armut und Betteln. Nach zwei Stunden trete ich erschöpft, vor Schmerzen hinkend und nachdenklich den Heimweg an. Bis dahin hat mich kein einziger Bettler angefeindet – wohl aber schräg angeschaut. Für viele Obdachlose war ich doch wie ein Fremdkörper. Spätestens als ich wieder zuhause in meiner WG ankomme, verlasse ich die fremde Welt des Bettelns wieder, die – so habe ich heute gelernt – doch Teil meines Alltags ist. Es war ein einschneidendes und ungutes Erlebnis. Das nächste Mal, und dieses Gefühl erleichtert unheimlich, werde ich am Platzl wieder vorbeikommen, wenn ich in die Uni gehe. Und dann schaue ich nicht mehr beschämt an den Menschen vorbei, die da am Boden knien.

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FOODSHARING UND NICHTS ÄNDERT SICH Ein Beitrag vom Autor_innenkollektiv „Die Krautjuwelen“

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essourcenschonendes und nachhaltiges Wirtschaften ist in den letzten Jahren zu einer der obersten Maximen einer jungen Bewegung geworden, die ihr innovatives Potenzial in der fortlaufenden Konstruktion ständig neuer, scheinbar alternativer Lebensweisen unter Beweis stellt. Dazu zählt auch die relativ neue Erscheinung des „foodsharing“, einem sozialen Netzwerk, welches sich „die Rettung“ von Nahrungsmitteln, die sonst im Müll landen würden, auf die Fahnen geschrieben hat. Unseres Erachtens wird von diesen Erscheinungen, z.B. auch waste-diving oder urban-gardening, weniger Kritik an den hegemonialen Verhältnissen geübt, stattdessen werden die progressiven Ideen zu verwertbaren Prinzipien einer individualistischen Ökonomie vernutzt. Wir stimmen zwar zu, dass durch diese „Konzepte“ ressourcenschonender gehandelt wird, aber es ist wichtig hervorzuheben, dass dadurch Biografien in der Form bearbeitet werden, dass sie als Spielarten des neoliberalen Subjektes gelesen werden können. Also kann bezweifelt werden, dass diese Entwicklungen zu einer Veränderung der Gesellschaft oder des Wirtschaftssystems beitragen. Der grundlegende Gedanke aus „Scheiße Gold zu machen“, also aus Müll Mehrwert zu erzeugen, ist nicht neu sondern gängige Verwertungslogik, auch wenn es hier mit dem Etikett der Nahrungsrettung getarnt werden soll. Darüber hinaus wirkt der „foodsharing“-Zusammenschluss exkludierend und statuserhaltend, durch die Existenz einer sozialen Hierarchie die systemtragend ist. Beginnen wir mit dem letzten Kritikpunkt, dem der Hierarchie, welche in ihrer Konsequenz in sozialen Ausschlüssen mündet. Jene deutsche Community, die sich auf „lebensmittelretten.de“ bezieht, zeichnet sich durch einen hohen Organisationsgrad aus, dem eine rangabhängige Unterteilung in Freiwillige, Saver und Botschafter zu

Grunde liegt. Voraussetzung zur Teilnahme ist ein Mitgliedsbeitrag von 60 Euro und eine ausreichende Internalisierung, der als grundlegend dargestellten Werte Sauberkeit, Pünktlichkeit, Verlässlichkeit (vgl lebensmittelretten.de). Des Weiteren müssen bei der Mitarbeit eine Vielzahl an kontinuierlich zu erbringenden Aufgaben erfüllt werden um die Strukturen der „Foodsharer_innen“ zu erweitern: Entwicklung, Planung, Kontrolle, Öffentlichkeitsarbeit, Logistik, Expansion. Leistungen, die nicht unbedingt aus niedrigschwelligen, sozialen Initiativen bekannt sind, sondern eher aus Unternehmen, wodurch wenige realisierbare Partizipationsmöglichkeiten für statusniedrigere Personengruppen geboten werden. Statt freien Zugang zu „Nahrungsmüll“ für alle zu fordern, ist für die foodsharing-Community ein ständig freier Zugang zum Internet größtenteils grundlegend. Denn ohne technische Hilfsmittel wie PC/Laptop bzw. foodsharing-Apps für Mobiltelefone, besteht von außen betrachtet wenig Chance auf Versorgung durch das Netzwerk. Sharing-Strukturen funktionieren nach dem „first come, first served“-Prinzip: Dieser Grundsatz orientiert sich nicht an der Bedürftigkeit der Nutzenden, sondern lediglich daran, dass versorgt wird wer sich als Erste_s über eine entsprechende Applikation die gewünschten Lebensmittel bis zur Abholung reserviert. Wer keinen permanenten Internetzugang besitzt, kann sich an der Organisation und der Reservierung der Nahrungsmittel nicht beteiligen. Daher würden lediglich für jene adäquate Versorgungsmöglichkeiten bestehen, die sich ständig verfügbar halten. Eine Differenzierung zwischen Personen mit hoher und niedriger Bedürftigkeit gibt es nicht. Dies ist Ausdruck eines Gleichheitsgedankens, der die Selbstbezogenheit der Community-tragenden Schicht widerspiegelt. Wenn Nahrungsmittel nicht mehr in für alle zugänglichen Bereichen gelagert bzw entsorgt werden, tritt eine unseres Erachtens exkludierende Konsequenz auf:


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Bestimmte, nicht vernetzte und nicht über die nötigen technischen Hilfsmittel verfügende Personengruppen werden nicht nur ausgegrenzt, sondern einer oft existenzsichernden Möglichkeit der Lebensmittelbeschaffung beraubt. Nachdem nun aber die Rettung bzw. das Retten schon mehrmals Erwähnung fand, drängt sich eine für diesen Diskurs wesentliche Frage auf: Wer oder was wird „gerettet“? Oder: Auf wessen „Rettung“ zielt Foodsharing denn eigentlich ab? An erster Stelle steht die Rettung von Lebensmitteln, die in Netzwerken geteilt und verteilt werden – für viele sicherlich ein angenehmer und praktischer Aspekt. Die Verwendung des Begriffs der Rettung zeigt jedoch eine Metamorphose an weil sich die Adressaten grundlegend wandeln: Personen stehen nicht mehr im Vordergrund sondern Lebensmittel werden subjektiviert. Dadurch können diese nun zu Schutzbedürftigen gewordenen vormaligen Objekte in legitimer Weise Hilfeleistungen empfangen. Eine bemerkenswerte Strategie, die es schafft, die soziale Frage durch popkulturell-ökologische Themen zu kaschieren. Diese folgen auch dem Interesse des Staates, da sie seiner partiellen Entbindung von Versorgungsaufgaben zuträglich ist. Dass dieser versucht, zivilgesellschaftliche Strukturen zu stärken um seine Aufgaben kostensparend outsourcen zu können, zeigt sich im aktuellen Fall dadurch, dass österreichische und deutsche Ministerien foodsharing-Bemühungen unterstützen. Nebenbei ist anzumerken, dass die zugrundeliegenden Studien, auf die sich lebensmittelretten.de oder foodsharing.de beziehen und laut derer jede_r Deutsche jährlich 82 kg Lebensmittel in den Müll wirft, von verschiedenen Seiten in ihrer Gültigkeit ob der angewandten Methoden infrage gestellt werden. (vgl. Fischer, Ludger, 2013: Von Müllvermeidung wird kein Mensch satt. In: Journal Culinaire, 3, S. 129-137) Teilen wollen oder haben wollen? Aus Communities

wie „foodsharing“ wird ökonomisch und sozial profitiert, einerseits durch den kostenlosen Zugriff auf Lebensmittel, andererseits besteht die Möglichkeit zur Akkumulation von sozialem Kapital. Nutzbare Netzwerkstrukturen können durch gemeinsame Aktivitäten wie zB gemeinschaftlichem Kochen, potenziert werden. Die Erschließung neuer zuliefernder Märkte und eine durch die Arbeitsteilung gesteigerte soziale Differenzierung kann außerdem zu einem Zugewinn an kulturellem Kapital durch Erfahrungsaustausch führen. Das individuelle Haben-wollen steht also in vielerlei Hinsicht im Vordergrund. Haben wollen oder teilen wollen? Wer sich vorher durch Besitz aufzuwerten versuchte, kann dies nun durch das Prinzip des „Teilens“ machen, welches so eine neue Möglichkeit zur Distinktion darstellt: „Beides zusammen motiviert zur Fiktionalisierung der eigenen Biografie, indem ein bestimmter Ausschnitt der Wirklichkeit mit großem Distinktionspotenzial „technisch handhabbar“ gemacht wird. ‚Habenwollen‘ (Besitzökonomie) und ‚Teilenwollen‘ (Sharing-Ökonomie) sind unterscheiden sich hierbei nur graduell. Eigentlich besteht bei näherem Hinsehen kein Unterschied mehr zwischen der Besitz- und der Tauschökonomie. Über das, was handhabbar gemacht werden soll, legt sich (sic!) niemand individuell Rechenschaft ab. In beiden Bereichen werden die Marktteilnehmer in Richtung eines sozial erwünschen Konsum oder eben Ko-Konsumverhaltens kollektiv 'konditioniert‘“. (Selke, Stefan: http://soziologie.de/blog/?p=3086) Wir hoffen mit diesem Statement eine Diskussion und Reflexion anzustoßen und fänden es besser, Sharing-Projekte nicht als Sozialprojekte zu betiteln, sondern die individuelle und individualistische, auf die Community beschränkte Nutzenorientierung offen darzustellen. Kostenloser Zugang zu Lebensmitteln für ALLE!

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EINE NICHT MEHR GANZ SO „WEISSE“ SPIELEWELT Ein bisschen Freizeit und schon liegt der Griff zum Controller nahe. Schnell ist die Spielekonsole aktiviert, die eine Reise in eine andere Welt garantiert. So breit gefächert wie das Angebot der Spiele ist, so zahlreich sind auch die Charaktere, aus denen man wählen kann. Von Marina Hochholzner

Jason Devaun (flickr)

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ch nehm‘ den muskulösen Blonden!“ „Okay, ich nehm‘ die hübsche Kämpferin!“ „Alles klar, solange mir nur am Ende nicht der fette Hässliche bleibt!“ Konversationen, wie sie unter Zockern nicht selten stattfinden. Für diesen Artikel wurde ein kleines Experiment in einem Gamer Store durchgeführt. Dabei wurden die NutzerInnen der freistehenden Konsolen bei der Wahl ihrer Charaktere beobachtet und anschließend zu ihrer Entscheidung befragt. Das Ergebnis ist eindeutig – egal welchen Alters, die FreundInnen der Konsolenspiele wählen ihre Spielfigur immer nach einem bestimmten Raster. Die Starken werden gewählt, die, die dem gängigen Schönheitsideal entsprechen. Der Grund dafür ist bei allen ähnlich. „Wenn ich ein Game zocke, dann soll mir das Spaß machen. Es ist etwas, in das ich dann völlig eintauche. Da muss dann einfach alles stimmen. Wer will schon mit einem Charakter spielen, der vor Fett kaum laufen kann oder so hässlich aussieht, dass man ihn nicht ansehen will?“ Aussagen wie die von einem der Befragten schockieren die KämpferInnen für Gleichberechtigung. Doch eine genauere Analyse des aktuellen Spielemarktes zeigt: Derartige Überlegungen scheinen die Hersteller geradezu exzessiv bekräftigen zu wollen. Man findet kaum ein Spiel, bei dem man die Charaktere wirklich bis ins Detail selbst gestalten kann. Meistens ist ein toller Körperbau bereits vorgegeben, und auch einen Avatar mit beispielsweise Haarausfall oder körperlicher Behinderung wird man kaum bis gar nicht finden - Frauen bekommen häufig aufreizende und tief ausgeschnittene Kleidung. Die Männer weisen stets die perfekte V-Figur auf und sind groß und stattlich gebaut. Immerhin gibt es auch Ausnahmen. Die Simulation „Die Sims“ bietet beispielsweise schon seit Jahren die Option, die Charaktere dick oder dünn zu machen, Männer mit Halbglatze sind genauso möglich wie Frauen mit kurzen Beinen und Hakennase. Auch Konsolenspiele, wie beispielsweise „Mario Kart“, bieten eine Auswahl an Figuren, die nichts mit der aktuellen Schönheitsnorm zu tun haben. Überhaupt ist der italienische Klempner – füllig vom vielen Pilzeessen, klein, in Latzhose und mit unvorteilhaftem Schnauzer – alles andere als Hollywood-Norm. Ältere Spielfiguren findet man kaum, es sei denn, man spielt den Magier Gandalf, der trotz seines hohen Alters locker mit seinen jüngeren Hobbit-Genossen mithalten kann. Ein Umdenken bei den Spieleherstellen wird schon länger angestrebt. Nintendo, eines der führenden Marktunternehmen, hat zumindest teilweise Ansätze diesbezüglich umgesetzt. In der beliebten Gameboy-Reihe „Pokémon“ kann man mittlerweile zumin-


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dest die Hautfarben der Charaktere verändern, neben „Weißen“ sind nun auch Latinos oder Afro-Amerikaner möglich. Die ehemals rein männlichen Spielfiguren können seit einigen Jahren durch weibliche ersetzt werden. Spätestens seit Einführung der Wii im Jahr 2006 nimmt es auch nicht mehr Wunder, dass sich individuelle Avatare (die „Miis“) kreieren lassen, welche in Körpergröße, -umfang, Hautfarbe (inkl. Sommersprossen, Altersflecken und Falten), Haar (-farbe sowie -fülle, auch Glatze), Nasen-, Augen- und sogar Brillenform divergieren können. Die Gründe, wieso man nun eine breitere Palette an wählbaren Charakteren bietet, sind bei allen Spielen die gleichen: Man wolle ein breiteres Publikum ansprechen, mehr Optionen bieten, und vor allem nicht diskriminieren. Ein Ansatz, der sich nur zäh durchsetzt, der jedoch Beachtung verdient hat. Der gute Wille ist zum größten Teil zumindest erkennbar. Was Nintendo bei der Charakterwahl an „politischer Inkorrektheit“ gutzumachen versucht, verbockt der Konsolengigant dafür regelmäßig bei den Handlungen seiner Spiele. Ein Paradebeispiel dafür ist der klassische „Mann rettet Frau“-Handlungsstrang, der vor allem in zweien der beliebtesten Spielereihen aller Zeiten aufzufinden ist: Sowohl das Zelda- als auch das Mario-Universum bauen auf diesem Modus auf. Spiel um Spiel müssen hier die männlichen Hauptfiguren Link und Mario die zarten Prinzessinnen Zelda und Peach aus den Klauen des (primär männlichen) Bösen befreien. Dungeon um Dungeon muss auf der Suche nach der entführten Frau durchkämpft werden, und sollte man sie tatsächlich einmal aufspüren, wird sie dem Helden bereits nach wenigen Sequenzen wieder entrissen. Mit „Selbst ist die Frau“ ist hier Fehlanzeige. Nein, lieber sehen Zelda wie Peach nur angsterfüllt zu, wie ihre tapferen Retter regelmäßig vermöbelt werden, nur um sich dann erneut verschleppen zu lassen. Dass die Frau hier als schwach und hilflos dargestellt wird, wurde bereits von vielen Stimmen der Öffentlichkeit kritisiert. Glücklicherweise ist aber auch bei der Frauendiskriminierung ein Gegenstrom bemerkbar. Bekannte Spiele wie „Tomb Raider“ generieren weibliche Protagonistinnen. Das Spiel erzählt die Geschichte der Archäologin Lara Croft, die alles andere als hilfsbedürftig und schwächlich ist (allerdings in Hotpants auftritt und Körbchengröße 85 D hat). Der Entwickler des Spiels bestätigte sogar, dass er „bewusst einen weiblichen Charakter wählte, da Lara Croft Fähigkeiten und Stunts beherrscht, die für Männer nicht machbar sind.“ Er schuf mit ihr also einen weiblichen Charakter, der den männlichen überlegen ist. Auch andere Spiele fokussieren zusehends mehr

weibliche Protagonistinnen. Es gibt weibliche Teamführerinnen, weibliche Kämpferinnen und auch in Rollenspielen wie „World of Warcraft“ kann man jeden verfügbaren Avatar weiblich oder männlich gestalten. Je nach Spiel überwiegt das Können der Frauen jenes der Männer um ein Vielfaches. Dennoch. Auch, wenn mittlerweile darauf geachtet wird, mehr Frauen in Spielen vertreten zu sehen – von der Schiene, sie alle als makellos attraktive Sexgöttinnen darzustellen, sind die meisten Hersteller noch nicht abgesprungen. Bei Spielen, die die Entwicklung der Figuren selbst im Zentrum stehen haben (meist Rollenspiele), ist eine Veränderung von Figur und Kleidung möglich. Doch die stark konsumierten RPGs oder (Action-)Adventure Games verlassen sich immer noch auf ihre attraktiven Hauptfiguren. Auch Homosexualität ist bisher kaum zu finden. Nur in Ausnahmefällen trifft man auf schwule oder lesbische HeldInnen. Ein Beispiel hierfür ist das Spiel „Mass Effect“, in dem die Kuss-Szene zweier lesbischer Charaktere beobachtet werden kann. Will Wright, dessen Genie auch das bekannte und beliebte Spiel „Die Sims“ entspringt, nutzte als einer der ersten Entwickler ein Videospiel zur Gesellschaftskritik: In der 1996 veröffentlichten Flugsimulation „Sim Copter“ konnte man muskulöse Männer beobachten, die sich küssten. „Die Idee dazu hatte ein homosexueller Programmierer“, so der Spieleentwickler. Dieser Teil des Spiels sollte ein Protest gegen die Unterdrückung von Schwulen und Lesben sein. Es ist übrigens auch möglich, seine Charaktere in „Die Sims“ homosexuell zu gestalten. Auf diesem Gebiet ist Wright jedoch einsamer Vorreiter. Was sich auf dem japanischen Spielemarkt langsam etablierte, wurde in den USA zunächst kaum zugelassen: Homo- oder transsexuelle Figuren wurden kurzerhand umsynchronisiert und so zur Frau oder zum Mann gemacht, um heterosexuelle Beziehungen vorzugaukeln. Beispielsweise wurde die weibliche Figur „Greta“ in „Harvest Moon – Baum der Stille“, die sich betont maskulin geriert, im Zuge eines amerikanisch-europäischen Updates in „Gerd“ umbenannt – wohl um die einseitig geprägte SpielerInnenschaft nicht allzu sehr zu verwirren. Dennoch: Den Glaube daran, dass irgendwann in den Konsolen- und Computerspielen völlige Gleichberechtigung herrschen wird, sollte man noch nicht verlieren. Es braucht nur viel Geduld. Immerhin lässt das zu anfangs erwähnte Experiment auch hoffen: Einigen der Befragten war es egal, wie die Charaktere aussehen, welches Geschlecht sie haben oder welche Sexualität sie ausleben. Ihnen ging es mehr darum, dass „sie in die Handlung passen und es Spaß macht, sie zu spielen.“

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MITTEN IM EUROPÄISCHEN WANDERZIRKUS Einmal monatlich wird das EU-Parlamentsgebäude in Straßburg zum Schauplatz einer wuselnden Menschenmenge. Das Geräusch von Rollkoffern wird zur Hintergrundmusik, Kameras zur gewohnten Kulisse. Am 15. Juli wurde Jean-Claude Juncker mit großer Mehrheit zum neuen Kommissionspräsidenten gewählt. Die Autorin Sabrina Glas war während der Wahl live im Parlament. Von Sabrina Glas

Sorry, only MEPs“. Während der viertägigen Plenartagung in Straßburg hört man diese Worte nicht selten. In einigen Cafés des Straßburger Parlamentsgebäudes sind während der einmal im Monat stattfindenden Plenartagungen nur „Members of Parliament“ zugelassen. Die Szene erinnert an geschäftige Warteräume am Flughafen. Vorwiegend Männer in Anzügen und mit Aktenkoffern bewaffnet gehen ein und aus, treffen wichtige Entscheidungen, führen Smalltalk. Die 766 Europaparlament-Abgeordneten sind hier unter sich. Die Presse baut währenddessen in einem anderen Stockwerk eine surreal anmutende Kulisse von Scheinwerfern, Kameras und mobilen Studios auf. Besucher sind nur bedingt zugelassen. 9:00 Uhr, Pressebar. Das erste Pressebriefing der Grünen leitet eine Reihe kurzer Updates für Pressemitglieder ein. Ich geselle mich dazu. Etwa 15 teilnehmende Pressevertreter und ich werden über die Haltung der Partei gegenüber der heute anstehenden Wahl des EU

Kommissionspräsidenten informiert. Wir erfahren, dass bei den Fraktionsvertretern Uneinigkeit in der Haltung gegenüber Jean-Claude Juncker herrscht. Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin des Europaparlaments und Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im Europaparlament, wird für Juncker stimmen. Zwar sei er für ihren Geschmack rund um das Freihandelsabkommen mit den USA sowie zur Energie- und Flüchtlingspolitik zu vage mit seinen Versprechungen, könne ihre Zustimmung jedoch durch seine Versprechen für ein sozialeres Europa gewinnen. Die anderen zwei Drittel der anwesenden Grünen werden gegen ihn stimmen. Nur 25 Minuten später wechseln die Gesprächspartner. Vier Vertreter der FPÖ und ihr Pressesprecher geben ihre Ablehnung gegen den heutigen Favoriten Juncker kund. Ein Stockwerk höher beginnt der Mann des Tages bereits mit seiner Rede. Die Lautstärke im Café nimmt zu, Menschen schieben Stühle beiseite


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und verlassen hektisch den Raum. Im Parlamentssaal sind die Reihen schon voll besetzt. Ich ergattere einen freien Platz im Pressebereich. Eine italienische Journalistin und Übersetzerin vor mir twittert minutiöse Updates an ihre Fangemeinde. Die Anwesenden im Saal lauschen gespannt der Rede Junckers, vorwiegend via Simultanübersetzung direkt ins Ohr; alle anderen Geräusche werden vom emsigen Tippen der RedakteurInnen vor mir und neben mir übertönt. Die Bewerbungsrede vor dem europäischen Parlament hält Jean-Claude Juncker abwechselnd auf Deutsch, Englisch und Französisch. Seine Ziele: intelligentere Investitionen, mehr Zielgerichtetheit, weniger Regulierung und mehr Flexibilität. Auf diese Weise sollen in den nächsten drei Jahren bis zu 300 Mrd. Euro an zusätzlichen öffentlichen und privaten Investitionen für die Realwirtschaft mobilisiert werden. Europäischer Wanderzirkus nennen es die einen. Andere sind der Reiserei einfach nur überdrüssig. Jeden Monat pendeln die über 700 Europaabgeordneten von Brüssel nach Straßburg, um bei den monatlichen Plenartagungen dabei zu sein. Sie bilden den Abschluss legislativer Arbeiten im EU-Parlament. Etwa 200 Millionen Euro im Jahr kostet dieser Reiseakt die europäischen SteuerzahlerInnen. Argumente, die die Sinnhaftigkeit dieses Nomadendaseins in Frage stellen, werden schnell widerlegt. Eine dezentrale Organisation der EU werde dem Charakter eines europäischen Projekts so besser gerecht als eine zentrale Steuerung. Acht große Lastwagen mit Akten werden jeden Monat von Brüssel nach Straßburg geliefert. Abgeordnete, begleitet von Verwaltungsangestellten des Parlaments und einem Teil der über 1.650 LinguistInnen der Europäischen Kommission nehmen die rund 440 Kilometer lange Strecke im Vier-Wochen-Rhythmus auf sich. Einige der EU-ParlamentarierInnen nennen ihr Reiseziel mittlerweile nur noch „Stressburg“. Rechts im Parlamentssaal sind immer wieder Buhrufe der EU-skeptischen Staaten zu vernehmen. Vor allem als Juncker sich für den Euro einsetzt. Der Euro schütze Europa, seine Wirtschaft und die BürgerInnen. Damit macht er sich keine Fans bei den BritInnen. Ihre Pulte sind die einzigen, die mit Flaggen ihrer Nationalstaaten geschmückt sind. Links im Saal Applaus und Zustimmung. Die Kabinen der DolmetscherInnen sind voll besetzt; in 24 Amtssprachen und in Gebärdensprache werden die heutigen Reden übersetzt. Mittlerweile ist es 12:30 Uhr, Schulz eröffnet den

Wahlgang. Ein demokratischer Wind weht durch den Parlamentssaal. Die Abgeordneten hasten durch den Saal und hin zu den Urnen. Schlangen bilden sich zur untersten Reihe des Saales. Ob er die Wahl annehme, wird er von Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments, gefragt. Juncker nimmt den Erfolg recht trocken hin: Martin Schulz solle eine Kopie an alle RegierungschefInnen Europas schicken, damit sie Bescheid wüssten, dass er gerade Kommissionspräsident wurde und es ihnen nicht leicht machen wird. 422 Abgeordnete stimmten für, 250 gegen ihn. 376 Pro-Stimmen waren mindestens nötig. Ein österreichischer Fernsehsender führt direkt im Anschluss Interviews mit dem SPÖ-Europaabgeordneten Eugen Freund und dem FPÖ-Abgeordneten Harald Vilimsky. Ich schließe mich an. Während Harald Vilimsky noch einen Selfie mit der Redakteurin schießt, nimmt Eugen Freund seinen Make Up-Feinschliff vor. „Hat jemand etwas Make Up oder Puder“, fragt er in die Runde. Von irgendwoher wird ihm Kaufmanns® Kindercreme gereicht. Dann geht es um die Stellung zur Wahl von Jean Claude Juncker. Während die FPÖ deutlich gegen Juncker wettert, spricht Eugen Freund von der Rolle Europas im Irankonflikt. Auf Juncker warten einige Baustellen. Was bedeutet die Wahl Junckers nun für die Europäische Union? Die EU müsse sich ändern, ansonsten verliere sie das Vertrauen der BürgerInnen und die Glaubhaftigkeit in den eigenen Reihen. So tönte es aus verschiedensten Kreisen in den letzten Monaten. Es geht hier jedoch nicht um Entscheidungen über offene oder geschlossene Olivenölkännchen oder die berüchtigte Gurkenkrümmung. Vielmehr warten ernsthafte Reformforderungen auf Jean-Claude Juncker, der sein Amt ab 1. November 2014 antreten wird. Die Wettbewerbsfähigkeit der EU muss verbessert, die Wirtschaft angekurbelt und die zahlreichen Arbeitslosen wollen beschäftigt werden. Dem Christdemokraten Juncker steht eine spannende Legislaturperiode bevor, so viel steht fest. Während die Members of Parliament noch ihre letzten Interviews geben, sind die Sitze im Parlamentssaal längst leergefegt. Ein großer Tag für den früheren luxemburgischen Regierungschef Jean Claude Juncker und seine Partei. Mit Juncker an der Spitze der EU Kommission wird der europäische Wanderzirkus weitergehen. Wohin die Reise genau geht, ist noch ungewiss.

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„DIESE PERSON IST COOL“ DER NINO AUS WIEN LIVE IN DER ARGE

Die ARGE, an einem Freitag, mitten im Juni. Der Saal füllt sich und alles blickt gespannt in Richtung Bühne. Endlich bewegt sich etwas, begleitet von seinen Bandmitgliedern schlendert Nino Mandl aka „Der Nino aus Wien“ mit seiner Gitarre auf die Bühne. Die Show kann beginnen. Von Jürgen Wöhry & Christopher Spiegl

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ino ist in der heimischen Musikszene längst kein Unbekannter mehr. Kennzeichnend sind für ihn eine Mischung aus leicht melancholisch angehauchten Klängen, deren Texte an klassisches Wiener Liedgut erinnern, sowie eingängige Rock-Rhythmen. Es sind vor allem Ninos Texte hervorzuheben, die teilweise ziemlich konfus wirken, aber trotzdem nicht sinnfrei sind. Alle möglichen Themen, die uns im Leben belasten, werden direkt und ungeschönt angesprochen: So wird zum Beispiel das Gerümpel, das wir in unseren Hütten stapeln in „In der Hütte vor dem Haus“, das mit verhaltener Reggae-Stimmung grüßen lässt, besungen, während das Beziehungsdrama in der Ballade „Du Oasch!“ längst legendär ist. Ja, es stimmt – bei Nino schwingt ganz viel Melancholie mit, jedoch gibt es auch Songs, die sich mit erfreulichen und spaßigen Themen auseinandersetzen, wie etwa in „Holidays“. Am besagten Tag im Juni kam Nino extra den weiten Weg aus Wien nach Salzburg, um seine neuen musikalischen Ergüsse zu präsentieren. Nach einer längeren Pause veröffentlichte der junge Wiener in diesem Jahr gleich zwei Alben: „Das eine heißt Bäume, das andere Träume“, so die prägnante Ankündigung von der Bühne. Bäume ist das etwas folkigere Album, das unverkennlich wienerisch rüberkommt. In manchen Momenten

fühlt man sich stark an Ninos großartige LP The Ocelot Show (2008) erinnert: Hier geht es etwas ruhiger zur Sache, die Sprachgewalt der Texte ist subtiler und verhaltener. Träume hingegen ist betont Indie-lastig und ab und an lassen schon mal Beatles- und Stones-Zitate aufhorchen, während sprachlich konsequent weiter „gewienert“ wird. Zahlreiche autobiografische Erlebnisse fließen in die beiden Alben ein. So wird zum Beispiel in „Graz bei Nacht“ ein traumatisches Ereignis aufgearbeitet, welches Nino vor gut einem halben Jahr hatte: Er verlor seine Gitarre in der besagten Stadt, was ihn schwer erschütterte und „verunsicherte“, wie er im kleinen Rahmen des Roten Salons schüchtern beteuert. Zum Glück gab es aber ein Happy End: Nach einer halben Stunde fand er die Klampfe wieder und realisierte, dass er sie lediglich verlegt hatte. Ebenso kommt auch der (Wort-)Witz nicht zu kurz, wie das Lied „Abtauen Girl“ auf dem Träume-Album deutlich zeigt. Zwischen den Songs lockerte Nino die Stimmung immer wieder mit unverkennbarem Schmäh auf: So erzählte er in seinem für ihn typischen langsamen Ton, dass das nächste Konzert im nicht so weit entfernt liegenden Deutschland stattfinden würde. Nur wo genau, wusste er nicht mehr, was eventuell an dem einen oder anderen Roten Spritzer lag, die er sich während des Konzertes genehmigte. Das Publikum wollte den


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ratlosen Nino unterstützen und fing ein Ratespiel an. Zurufe wie „Bayern“ und „München“ hallten durch die Location. Darauf erwiderte ein leicht überforderter Nino mit: „Bayern…. München… Bayern München?! Red Bull Salzburg?“ Auf diese kindlich-naive Frage hagelte es Buhrufe und ein Pfeifkonzert folgte, welches Nino mit einem süffisanten Lächeln erwiderte. Legendär waren auch die Ankündigungen der Songs, so z.B.: „Dieses Lied handelt von… irgendwas… ich weiß grad nicht mehr was.“ Auch interkulturelle Gräben und Barrieren zwischen Ost- und Westösterreich wurden an diesem Abend geebnet: Ein Mitglied der Band machte Nino darauf aufmerksam, dass das Wort „Ur“ hier eher unbekannt sei. Darauf dieser: „Daran werden sie sich schon noch gewöhnen.“ Für Menschen, die mit Ninos Stil nicht vertraut sind, mag sein Auftreten etwas befremdend (oder einfach nur zugedröhnt) wirken. Doch das ist bei Weitem nicht alles, was ihn zu einem unterhaltsamen Musiker macht. Es scheiden sich die Geister, inwiefern das Ganze nur eine Masche ist, oder nicht. Fest steht jedoch, dass Nino in der österreichischen Musikbranche einzigartig ist und den Olymp des zeitgenössischen Liedguts erklommen hat. Das ist Musik, die zu jeder Stimmung passt und einen zum Überlegen, Hinterfragen und Lachen bringt. Weiter so!

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DAS FREQUENCY FESTIVAL: DRUNK IN OUTER SPACE Das Frequency Festival in St. Pölten erfreut sich seit 13 Jahren großer Beliebtheit, 2013 verzeichnete es 135.000 BesucherInnen. Dieses Jahr mischten wir uns unter die große Zahl der BesucherInnen und waren gleich zu Beginn angesichts der Menschenmasse bei der regulären Bändchenausgabe sehr froh, das „Ich-binzu-alt-für-diesen-Kram“-Package für einen fairen Preis gebucht zu haben. Es bestand lediglich darin, dass uns das mühsame Ausleihen, Schleppen und Aufbauen eines Zelts erspart blieb und wir Schließfächer sowie eine der größten Errungenschaften der menschlichen Zivilisation, saubere Toiletten mit fließendem Wasser, zur Verfügung hatten. Von Janine Heinz

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eben dem horrenden Ticketpreis von fast 160 Euro für vier Tage Festivalspaß wurde vielen BesucherInnen am Eingang anscheinend auch jeglicher Anstand abgeknüpft, was vor allem wir aus der sogenannten „Comfort Camping-Area“ zu spüren bekamen. Komfortabel hatte es dort nur der zuständige Security, der tagsüber weder Bändchen noch die Mitnahme von Glasflaschen oder ähnlichen Gegenständen kontrollierte. Anders lassen sich umherfliegende Trockeneisbomben, Pavillonstangen, Böller und andere Feuerwerkskörper nicht erklären. Das „Zöthotö“ (zu Deutsch: „Zelthotel“) wurde vom angrenzenden normalen Campingplatz zum Kriegsgebiet erklärt, und jeglicher Gegenstand, der nicht trink- oder essbar war, zum Wurfgeschoss umfunktioniert. Nun kann man ja sagen, „schön und gut, ein Festival ist schließlich ein Ausnahmezustand“. Natürlich ist es das. Wo sonst bezahlt man für ein Stück Pizza knappe 5 Euro, für abgestandenes Bier 4,50 Euro und genießt zum Frühstück Dosenbier mit Ravioli? Dennoch sollte man erwarten dürfen, nachts keine Angst haben zu müssen, dass einem das eigene Zelt um die Ohren fliegt. Wenn der geistige Horizont der anwesenden BesucherInnen nicht ausreicht, sollte es zumindest jener des Sicherheitspersonals, welches leider auf ganzer Linie versagt hat. Während die „Comfort Camping-Area“ im Vornhinein damit beworben wurde, von Securities bewacht zu sein, sah die Realität so aus, dass jeweils zwölf Stunden (ununterbrochen, wohlgemerkt) ein einziger Security für ein abgesperrtes Gelände mit unzählbaren Zelten zuständig war. Auch außerhalb dessen wurde kein Gefühl von Sicherheit verbreitet: Bei einer Schlägerei zwischen zwei Betrunkenen griffen vier Securities erst ein, als einem der beiden ein Tritt ins Gesicht drohte.

Nicht nur der Spaß am Campingbereich, auch der Genuss von Bands wurde durch ungeschultes und unterbesetztes Sicherheitspersonal massiv eingeschränkt: Helge Schneider brach seinen Auftritt eine halbe Stunde vor dem geplanten Ende ab, weil sich nicht nur eine, auch nicht zwei oder drei, sondern vier Personen Zutritt zur Bühne verschafft hatten und diese zu einem Spielplatz umfunktionierten. Das alles wäre nur halb so ärgerlich, wenn das Festival selbst musikalisch nichts zu bieten hätte und auch ansonsten in die Kategorie „Braucht kein Mensch“ einzuordnen wäre, da dann wenigstens das Gesamtbild stimmen würde und man sich sicher sein könnte, dass das Festival keinen Besuch wert ist. Dem war aber nicht so. Das Festivalgelände selbst war dieses Jahr sehr liebevoll gestaltet, rechts von der Hauptbühne waren reichlich Sitzmöglichkeiten vorhanden sowie eine große Auswahl an kulinarischen Köstlichkeiten. Den Ruf eines Indie-Festivals hat das Frequency zwar schon lange nicht mehr, die Primetime wird gefüllt mit Bands und KünstlerInnen, die allen zumindest namentlich bekannt sind und schon den einen oder anderen Top-Ten-Hit verbuchen durften. Musikalisch wurde viel geboten, am ersten Tag war Macklemore mit seinem Produzenten Ryan Lewis das Highlight. Sympathisch und locker-lässig spannte er den Bogen zwischen gekonntem Rap und einer LiveBand, die die Atmosphäre eines Orchesters erzeugte. Die Stimmung war trotz des Regens ausgelassen, und der 31-Jährige Amerikaner schaffte es, Partylaune mit Gänsehautgefühl zu verknüpfen. Nach dem ersten Abend stand nun die große Frage im Raum: „Kann das noch getoppt werden?“ Die Antwort: Es konnte, wenn auch nicht am nächsten Tag.


Laurence Barnes (Flickr)

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Obwohl die Band um den Künstler Woodkid Macklemore in Atmosphäre um nichts nachstand, so blieb die erwartete Euphorie bei dem gebürtigen Pariser aus. Musikalisch düster und episch, als wäre es der Soundtrack zu historisch großen Momenten, präsentierte sich Woodkid zu Visuals, die eine Gratwanderung zwischen Minimalismus und ästhetischer Perfektion waren und das mystische Gesamtbild wunderbar abrundeten. Nachdem der letzte Ton verklang, begann das Gedränge an der Green Stage. Niemand geringerer als Snoop Dogg stand auf dem Plan. Plötzlich lag eine Spannung über dem Publikum, die nicht nur dem sich ausbreitendem Marihuana-Rauch zuzuschreiben war. Der US-Rapper hatte zuletzt mit einem Reggae-Solo-Projekt auf sich aufmerksam gemacht, das ihn musikalisch und finanziell nur deshalb nicht in den Ruin trieb, weil er zuvor mit vielen anderen Produktionen Rap-Geschichte geschrieben hatte. Die Spannung löste sich, als der 42-Jährige die Show eröffnete und klar machte, dass dies eine Reise durch die Meilensteine seiner musikalischen Laufbahn werden würde. Gewohnt im Trainingsanzug und guter Laune gab er seine größten Hits wie jene mit Pharrell Williams oder Dr. Dre zum Besten. Die Queens of the stone Age gaben dem zweiten Festivaltag einen krönenden Abschluss. Der Freitag offenbarte uns nach einem starken, wenn auch zeitlich sehr eingeschränktem Marteria, dessen Backgroundsängerin ihn in Grund und Boden rappte, den gewohnt lockeren und gut gelaunten Crystal Fighters und einem aus persönlichen Gründen weniger gut gelauntem Bela B. das absolute Highlight des Festivals: den Belgier Stromae. Wer bei diesem Namen nur daran denkt, der Mann hätte es doch damals über diesen Top-Ten-Disco Hit „Alors on danse“ nicht hinaus geschafft, irrt gewaltig. Stromae nahm das Publikum an der Hand und führte es durch sämtliche Facetten der elektronischen Musik, er verzauberte durch Schauspiel- und Tanzkünste, die man so auf einem Festival schlichtweg nicht erwartet. Von der Lichttechnik über die perfekt ausgeklügelten Visuals bis hin zur atemberaubenden Performance fügte der 29-Jährige diese Einzelteile charismatisch zu einem bombastischen Gesamtbild. Er rappte, tanzte, schauspielerte und sang, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan. Wer einmal die Chance hat, dieses Spektakel live zu erleben, sollte sich das wirklich nicht entgehen lassen. Lilly Allen, der nächste Act auf der großen Bühne, konnte ihrem Vorgänger nicht einmal ansatzweise das Wasser reichen. Sie versuchte krampfhaft, ihre offensichtliche Langeweile zu überspielen, und während sie aufgesetzt um ihre Bühnendeko – unzählige übergroße Babyfläschchen – herumtänzelte, verabschiedeten sich einige Teile des

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Publikums. Absolutes Gegenprogramm dazu brachte ihr Nachfolger Skrillex, der wider Erwarten über den musikalischen Tellerrand des Dubsteps hinausschaute und viele Techno-Elemente gekonnt in sein Set einbaute. Er schloss den Freitagabend mit treibenden Bässen ab und bereitete das Publikum auf den Nightpark vor. Die Babyshambles, die eigentlich parallel zu Skrillex aufgetreten wären, haben übrigens erwartungsgemäß ihren Flug verpasst. Der letzte Tag, der von einigen von uns schon sehnsüchtig erwartet wurde, verpasste dem gesamten Frequency einen krönenden Abschluss. Von den gewohnt kraftvollen und publikumsnahen Subways über einen lockeren Helge Schneider bis hin zu den epischen Editors bot der Abend eine gekonnte Abrundung. Dahingegen konnte die Band The Kooks das Publikum noch nicht ganz davon überzeugen, dass sie über ihr „junge süße Jungs machen nette Strandmusik“-Image hinweg ist, aber auch sie wusste zu unterhalten. Die britische Band Placebo sollte den Abschluss auf der Hauptbühne bilden und hatte musikalisch wirklich einiges zu bieten. Am Abreisetag bestätigte sich jedoch unser allgemein schlechtes Bild vom Campingplatz erneut: Man fand kein Dixi-Klo, das nicht umgeworfen war, und sämtliches Hab und Gut der BesucherInnen wurde einfach auf dem Zeltplatz zurückgelassen. Obwohl die Beseitigung von Müll in der Verantwortung aller Beteiligten selbst liegt, ist es nicht förderlich für die Müllvermeidung, dass die Müllpfandrückgabe sehr versteckt ist und nur bis 12 Uhr mittags geöffnet hat. Trotz größtenteils toller Bands und einem angenehmen Festivalgelände war dies womöglich unser letztes Frequency, denn das meiste, was uns davon in Erinnerung geblieben ist, sind ein Haufen Ärger mit Betrunkenen, schlecht geschultes, desinteressiertes Sicherheitspersonal, leere Geldbörsen und eine geprellte Rippe, die dem Ellenbogen-Einsatz eines Securitys zu verdanken ist. Dass Festival auch anders gehen und durch und durch gute Laune verbreiten kann, durften wir beim Stuck!-Festival in Salzburg erfahren. Obwohl uns die meisten der angekündigten Bands unbekannt waren, war es einen Besuch wert: Bei wunderbarem Wetter wurde der Platz vor dem Rockhouse kurzerhand umdekoriert und zu einer gemütlichen Lounge mit Planschbecken umfunktioniert. Das Stuck! ist für alle zu empfehlen, die Musik und Festivals prinzipiell gern mögen, jedoch auf Betrunkene, die nicht mehr wissen ob sie denn nun sieben oder acht Runden Beerpong gespielt haben, verzichten können. Für alle, die sich noch nie so richtig mit Synthesizern anfreunden konnten, wurde am Abend ein wunderbares Gegenprogramm von verschiedenen DJs geboten.


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NEUANFANG? GAME-CHANGER? Wie ein wirtschaftswissenschaftliches Buch die öffentliche Debatte prägen könnte. Buchrezension von Andreas Eisl zu Thomas Piketty’s „Das Kapital im 21. Jahrhundert“

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013 veröffentlichte der französische Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty mit „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ ein Buch, welches für alle Interessierten auch ohne spezielle Fachausbildung lesbar sein sollte. Eine kontroverse Debatte und einen internationalen Bestseller-Erfolg später liegt es ab Oktober auch in deutscher Sprache auf. Das bestimmende Thema von „Das Kapital im 21. Jahrhundert ist die Analyse der Kapital-verteilung und -akkumulation. Die zentrale Leistung Piketty‘s ist dabei die Sammlung und Auswertung einer Vielzahl wirtschaftshistorischer Quellen, mit deren Hilfe er einen empirischen Bogen vom Jahr 1700 bis in die Gegenwart spannt. Er kommt zu folgender Erkenntnis: Die Rendite von Kapital liegt im Regelfall über der Wachstumsrate von Volkswirtschaften. Dies führt zu einer Polarisierung von Vermögen und Einkommen. Piketty zeigt die Ausnahmerolle der Phase von 1914 bis 1945 und dem darauffolgenden „Wirtschaftswunder“. Laut ihm führte die massive Kapitalvernichtung durch die zwei Weltkriege und die große Depression zu einer Schrumpfung der bis dahin dominierenden Rentiersgesellschaft. Während die 10% der vermögendsten Einwohner*innen der USA und Europas um 1910 mehr als 90% des Gesamtwohlstands besaßen, sank deren Vermögensanteil bis 1970 auf unter 60%. Das Wachstum der Nachkriegszeit und massive Veränderungen in den nationalen Steuersystemen führten gleichzeitig zur Schaffung einer relativ vermögenden Mittelschicht. Seit den 1970ern wächst die Ungleichheit zwischen den Vermögen jedoch wieder deutlich an. Die Struktur der Einkommensverteilung veränderte sich seit dem 19. Jahrhundert ebenfalls massiv. Während um 1910 kapitalistische Rentiers dominierten (mit Einkommen aus dem Besitz von Land und Staatsanleihen), kam es zwischen 1914 und 1945 zu einer rasanten Bedeutungsabnahme solcher Einkommen. Besonders in der Nachkriegszeit stieg die Bedeutung von Einnahmen aus Arbeit durch die vorherige Zerstörung des Kapitalstocks an. Seit den 1970er Jahren setzte jedoch ein „Revival“ von Einkommen aus Kapitalerträgen ein. Durch die zunehmende Rolle von Erbschaften für das Einkommen sieht Piketty eine Rückkehr zur patrimonialen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts, in der Wohlstand großteils vererbt wurde. Die zunehmende Ungleichheit von Vermögen und

C A P I TA L in the Twenty-First Century

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Einkommen stellt laut Piketty eine Bedrohung für die Demokratie dar. Die Konzentration von Kapital auf einen immer kleineren Anteil der Gesellschaft erachtet er als Gefahr, da diese privilegierte Gruppe die Interessen und Bedürfnisse der restlichen Bevölkerung zu dominieren droht. Um einer solchen Polarisierung entgegenzuwirken schlägt Piketty vor, eine globale progressive Steuer (im Rahmen von 0,1% bis 2%) auf Kapital einzuheben. Darüber hinaus spricht er sich für progressive Einkommens- und Erbschaftssteuern aus. Piketty’s Leistung, Piketty’s Schwachpunkte. Piketty gelingt es in seinem Buch, einen neuen Zugang zur Erklärung von Phänomenen der Kapitaldistribution und - akkumulation zu schaffen. Die simple und plausible Argumentation des Autors hilft einerseits beim Verständnis der komplexen Materie, droht die Thematik jedoch zu vereinfachen. Die mangelnde Unterscheidung zwischen produktivem und unproduktivem Kapital stellt eine Schwachstelle in seiner Arbeit dar, die auch dazu beiträgt, dass Piketty keine umfassende Kapitalismustheorie vorlegen kann. Durch die empirische Begründung seiner Argumente schafft es Piketty jedoch, der Debatte um die „richtige“ Wirtschaftssteuerung einen neuen Ausgangspunkt zu geben. In seinem Buch bedauert er den Rückzug von Sozialwissenschaftler*innen aus politischen Debatten. Mit „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ soll die Wissenschaft wieder Einzug im öffentlichen Diskurs halten. Die kontroversen Debatten um seine Daten und Erkenntnisse scheinen zu zeigen, dass ihm dieser Schritt gelungen ist.


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Gwydion M. Williams (flickr)

„DAS ROTE KORNFELD“: EINE LESEERFAHRUNG Mo Yans Roman verbindet drei Generationen – und offenbart die Grausamkeit des Krieges. Von Nina Wewerka

[...] und all die verschiedenen Geräusche vereinten sich zu einem Sturm von Männlichkeit, der über die zusammengekauerte weibliche Welt dahinraste.“1 So schildert der chinesische Literaturnobelpreisträger Mo Yan (*1956) den Fortgang des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges, der sich von 1937 bis 1945 ereignete. Mo Yans Blick für das Männliche, das in den Schrecken des Krieges über das Weibliche herrscht, durchzieht das ganze Werk. Der Roman ist dabei durchaus moralisierend. Es geht nicht um Unterhaltung, auch wenn seine Sprache und die Komposition der Ereignisse dazu fähig sind. Das Schöne gesellt sich neben das Hässliche, das Erhabene neben das Grausame; im Zentrum steht das rote Kornfeld, das zur Gewinnung von Hirseschnaps genutzt wird. Wenn die roten Hirserispen von sterbenden Menschen geknickt werden, so haben Natur und Mensch unmittelbar miteinander zu tun. Man erfährt das Leiden der Menschen anhand des Kornfeldes: „Die Halme, die so viel Leid ertragen hatten [...] ließen von Zeit zu Zeit Körner wie glänzende Tränen auf den dunklen Boden fallen.“2 Somit verbindet sich alles mit der Landschaft: der Mensch, das Sterben, das Leben. Wie sind nun die Generationen miteinander verbunden? Der Erzähler schildert aus der Nachkriegszeit das Leid seiner Eltern- und Großelterngeneration, prangert die Grausamkeit an und unterlässt es dabei nicht, die Figuren dualistisch zu positionieren. Das macht die Stärke des Romans aus. Auch der Feind ist ein Mensch, der leben will. Er handelt nicht grausam, weil Grausamkeit seiner Natur eingegeben wäre, sondern weil er sich nicht für Gnade entscheidet. Eine Schlüsselszene ist die Schilderung der Vergewaltigung einer Hauptfigur durch die japanischen Soldaten. Diese stehen vor der Wahl, wie sie sich verhalten werden. Ihre Entscheidung stellt einen quälenden Widerspruch dar, da

sie selbst Frauen haben, die sie lieben – und dennoch in Zeiten des Krieges bewusst ihren moralischen Anspruch aufgeben. Der Erzähler unterlässt es nicht, uns wissen zu lassen, dass die Soldaten „über den Weg nach[dachten], den sie gegangen waren.“3 Es ist bezeichnend, dass er sich der näheren Beschreibung bedient. Was er möchte, ist unser Mitgefühl; Mitgefühl allerdings nicht im Sinne eines unkritischen Akzeptierens, sondern als kritisches Nachempfinden aller Positionen. Er erzählt uns weiter, dass ein japanischer Soldat mit sich ringt, „als müsse er gegen ein tiefsitzendes Gefühl angehen [...]“4 Was für ein Gefühl ist gemeint? Man kann nicht umhin, sich während des Geschehens von dieser Frage bedrängt zu fühlen. Und auch der Erzähler bedrängt uns mit unserer Moral. Wenn er das Ereignis reflektiert, so macht er einen gedanklichen Streifzug durch die Umstände der Gesellschaft und fragt: „Einverstanden? Ja oder nein? Also was?“v, um nach der Abwägung alternativer Ausgänge zu schließen mit: „Was meinen Sie?“6 Das Wagnis, dem Erzähler eine Stimme zu geben, die so erzählt, macht den Roman ungewöhnlich. Zudem führt die unchronologische Darbietung dazu, dass den Lesenden keine Pause vergönnt ist. Hingeworfene Puzzleteile müssen zusammengefügt werden, um ein Bild des Geschehens zu bekommen. Dieser Vorgang bleibt ein Akt des ständigen Wiederholens, denn man ist angeregt durch die verschiedenen Bedeutungsschichten, die dieser Roman bietet. Immer, wenn man an einer Stelle etwas fühlt, zwingt einen der Erzähler an der nächsten, etwas völlig anderes zu empfinden. „Das rote Kornfeld“ ist kein Werk, das man konsumiert und beiseite legt, dafür ist das Lesen zu anspruchsvoll und der Inhalt zu aufrüttelnd. Es behandelt die brüchige Moral in Zeiten des Krieges und schildert das Leiden der Opfer so eindringlich, dass es unverkennbar bleibt.

1: Mo Yan (2012): Das rote Kornfeld. Zürich: Unionsverlag, S. 128. 2: Ebd. S. 223. 3: Ebd. S. 440. 4: Ebd. S. 438. 5: Ebd. S. 440. 6: Ebd.


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PETER WEISS UND DIE ÄSTHETIK DES WIDERSTANDS Auch Literaturgeschichte wird von Siegern geschrieben. Schon nach Erscheinen des Hauptwerks des deutsch-schwedischen Universalkünstlers Peter Weiss wurde es im Westen Deutschlands bekämpft – zumindest so lange, bis man um die Anerkennung der künstlerischen Genialität dieser Trilogie nicht mehr herumzukommen wusste. Eine Leseempfehlung für ein literarisches Meisterwerk des 20. Jahrhunderts, das heute viel unbekannter ist als es sein sollte – weil sein Autor die Sieger des kalten Krieges lieber als Verlierer gesehen hätte. Von Stefan Klingersberger

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urchgängiges Motiv des zwischen 1975 und 1981 erstmals erschienenen dreiteiligen Roman-Essays „Die Ästhetik des Widerstands“ (ÄdW) ist die Vermittlung von Kunst und Politik, und zwar in progressiver, revolutionärer Absicht. Er erzählt die fiktive Geschichte eines jungen deutschen Arbeiters und Widerstandskämpfers in den Jahren 1937 bis 1945, der damit ringt, neben seiner Arbeit und seiner meist illegalen politischen Aktivität auch noch die Zeit und Kraft zu finden, sich umfassend ästhetische Eindrücke zu verschaffen und sie zu verarbeiten, um so die Welt erst voll verstehen zu können. Dies wird gleichzeitig als Bedingung zur Veränderung der Welt begriffen, denn „zu einer Revolution der Gesellschaftsordnung gehört auch eine revolutionäre Kunst.“1 Der namenlose Erzähler führt, gemeinsam mit FreundInnen und GenossInnen, einen erbitterten Kampf zur „Überwindung einer klassenbedingten Aussperrung von den ästhetischen Gütern“2. Einen Kampf also, der unter den gegebenen Bedingungen an die Substanz gehen muss: „Über Kunst sprechen zu wollen, ohne das Schlürfende zu hören, mit dem wir den einen Fuß vor den andern schoben, wäre Vermessenheit gewesen. Jeder Meter auf das Bild zu, das Buch, war ein Gefecht, wir krochen, schoben uns voran, unsre Lider blinzelten, manchmal brachen wir bei diesem Zwinkern in Gelächter aus, das uns vergessen ließ, wohin wir unterwegs waren.“ 3 Schwer kann in wenigen Worten überblickt werden, was die ÄdW alles leistet, denn „in keinem anderen Werk der Moderne wird die Intention auf Totalität so

radikal vertreten und eingelöst wie in Weiss‘ Ästhetik des Widerstands“4. Man möge sich daher auf den Literaturwissenschafter, Philosophen und ÄdW-Interpreten Thomas Metscher stützen: „Bereits formal ist der Text eine höchste Gestalt kultureller Synthesis: als Einheit von Romanform, ästhetischer Theorie, Werkinterpretation, Kunstkritik, Geschichtsschreibung und politischer Theorie, strukturell von Avantgarde und Realismus; sein Gegenstand ist Zeitgeschichte als Geschichte der Arbeiterbewegung und des proletarischen Widerstands in der Zeit des Faschismus, die Geschichte Europas und die Geschichte der Welt. Der Schlüssel zu dieser umfassenden Synthesis liegt im Konzept der umfassenden epistemischen Leistung der Künste, das die Ästhetik des Widerstands als Text ästhetisch exemplifiziert und zugleich theoretisch erläutert. Nach dieser Konzeption ist die Kunst die Form höchster epistemischer Synthesis: Sie allein ist imstande, ästhetisches, begrifflich-wissenschaftliches und alltagspraktisches Wissen in einer epistemischen Form zusammenzuschließen.“5 Die „größte Qualität der Kunst“ liegt laut Peter Weiss in der Fähigkeit, „in die Wirklichkeit einzugreifen, um diese zu verändern“6, gleichzeitig tritt sie in seinem Werk als eine anthropologische Notwendigkeit auf, ja sogar als „höchster Ausdruck der Wirklichkeit“7. Die politischen Diskussionen, die in der ÄdW geführt werden, spiegeln die verschiedenen Positionen, die in der Arbeiterbewegung zu

1: Peter Weiss: 10 Arbeitspunkte eines Autors in der geteilten Welt, Rapporte 2, Frankfurt aM 1971, Seite 17. 2: Peter Weiss: Die Notizbücher, kritische Gesamtausgabe, Digitale Bibliothek 149, Seite 12286. 3: Peter Weiss: Die Ästhetik des Widerstands, Frankfurt aM 2005, Seite 74. 4: Thomas Metscher: Ästhetik, Kunst und Kunstprozess, Berlin 2013, Seite 133. 5: Ebenda, Seite 133 f. 6: Peter Weiss: Antwort auf einen offenen Brief von Wilhelm Girnus an den Autor in der Zeitung „Neues Deutschland“, in: Rapporte 2, Frankfurt aM 1971, Seite 26. 7: ÄdW, zit. nach Thomas Metscher: Kunst und Epochenkrise, in: Werner Seppmann (Hg.): Ästhetik der Unterwerfung, Hamburg 2013, Seite 197.


Pablo Picasso „Guernica“

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„Er wartete, bis die Wolken des Rauchs, des Staubs sich zerteilt hatten, bis das Stöhnen und Schreien verstummt waren, dann erst, für sich, im Raum allein mit der Malfläche, fragte er sich, was Guernica war, und als es Gestalt annahm vor ihm, als offne Stadt, als Stadt der Wehrlosen, wurde es zur ungeheuren Mahnung vor Heimsuchungen, wie sie dieser Art noch kommen konnten. Guernica stand am Anfang einer Reihe, deren Ende noch nicht abzusehn war.“

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8: So mag zum Beispiel seine Position zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt unterm Strich falsch sein; als einseitig oder gar als bewusst feindlich gegenüber dem sozialistischen Lager kann man seine Auseinandersetzung mit diesem Thema aber schwer abtun. Ebenso kann ihm kaum zur Last gelegt werden, dass er seinerzeit, wie so viele andere, den folgenschweren „Enthüllungen“ Chruschtschows am XX. Parteitag der KPdSU anhing, die inzwischen historiographisch widerlegt sind. 9: Hannes Fellner / Stefan Klingersberger: Imaginierte Linie, in: junge Welt, 7.5.2013.

den wichtigen Fragen dieser Zeit vertreten wurden, wider. Klar geht dabei auch immer wieder die Meinung hervor, die Weiss selbst wohl vertrat und die nicht immer die richtige sein muss8. Das heißt aber nicht, dass die jeweils anderen Meinungen immer als unvertretbar beiseitegeschoben würden. Vielmehr bemüht sich Weiss, die widersprüchlichen politischen Positionen aus dem jeweiligen Platz, den jemand in der Welt und in den politischen Konflikten einnimmt, zu verstehen, denn: „Das Wertvolle an der ÄdW ist doch gerade ihre Ausrichtung gegen einen abstrakten Universalismus, der sich ahistorisch, undialektisch und abgehoben gegenüber den konkreten Widersprüchen der geschichtlichen Wirklichkeit und der geschichtlichen Erfahrung der Arbeiterklasse und ihrer Subjekte verhält.“9 Diese Ausrichtung setzt wiederum eine klare grundlegende Orientierung voraus: „Die Richtlinien des Sozialismus enthalten für mich die gültige Wahrheit. Was auch für Fehler im Namen des Sozialismus begangen worden sind und noch begangen werden, so sollten sie zum Lernen da sein und einer Kritik unterworfen werden, die von den Grundprinzipien der sozialistischen Auffassung ausgeht.“10 Für Peter Weiss war klar, dass es keinen Platz zwischen Imperialismus und Sozialismus gibt: „Ich sitze nicht zw. 2 Stühlen, sondern weiterhin auf dem unbequemen Holzstuhl des Sozialismus“11, denn „zwischen beiden Wahlmöglichkeiten, die mir heute

bleiben, sehe ich nur in der sozialistischen Gesellschaftsordnung die Möglichkeit zur Beseitigung der bestehenden Mißverhältnisse in der Welt“12. Von der in den kapitalistischen Staaten oftmals propagierten Parteilosigkeit der Kunst hielt Weiss nichts: „Heute aber sehe ich, dass eine solche Bindungslosigkeit der Kunst eine Vermessenheit ist.“13 Warum sollte man als Künstler auch unparteiisch bleiben, wenn man ohnehin „mit dem wissenschaftlichen Sozialismus die Ausdrucksfreiheit der Kunst [verbindet], weil ich im Sozialismus überhaupt erst die Voraussetzung sehe für eine wirklich freie Kunst, d.h. eine Kunst, die sich von der Spekulation, der Kommerzialisierung und dem Dienst an einer herrschenden Klasse losgelöst hat.“14 Diese seine politischen und ästhetischen Werthaltungen fließen in die ÄdW ein und werden in ihr in einer künstlerisch vollendeten Form zur Einheit gebracht. Den grundlegenden Entwicklungsgang der ÄdW fasste Weiss in seinen Notizbüchern wie folgt zusammen: „Band I der kollektive Kampf um die Gewinnung der Kultur, die Eroberung eines Ausdrucksmittels, mit dem sich die Erfahrungen der (Arbeiterklasse) der Missbegünstigten, der Erniedrigten gestalten lassen / Band II Prozess der Individuation im Versuch, die Ästhetik vom Werkzeug zur Erkenntnis kultureller Vorgänge zum Instrument eines kämpferischen Eingreifens in die Welt der Kultur zu machen / Band III nach den Erkenntnissen zu erzählen“15.

10: Peter Weiss: 10 Arbeitspunkte eines Autors in der geteilten Welt, Rapporte 2, Frankfurt aM 1971, Seite 22. 11: Peter Weiss: Die Notizbücher, kritische Gesamtausgabe, Digitale Bibliothek 149, Seite 12525. 12: Peter Weiss: 10 Arbeitspunkte eines Autors in der geteilten Welt, Rapporte 2, Frankfurt aM 1971, Seite 22. 13: Ebenda, Seite 23. 14: Peter Weiss: Antwort auf einen offenen Brief von Wilhelm Girnus an den Autor in der Zeitung „Neues Deutschland“, in: Rapporte 2, Frankfurt aM 1971, Seite 28. 15: Peter Weiss: Die Notizbücher, kritische Gesamtausgabe, Digitale Bibliothek 149, Seite 9630 f.


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Ein Kinderlied aus alten Tagen Von Franz Kahr Ein beinahe voller Mond tritt, mit unheimlicher Exaktheit, im richtigen Moment wieder hinter dem Wolkengebirge hervor, das ihn eben noch verschluckt hat und schon eine ganze Weile nicht in der Stimmung gewesen war, diesen Missstand anzupassen. Mein Glück, sonst wäre ich an dem sternenlosenacht-schwarzen, gusseisernen Tor vorbeigelaufen, gegen welches sich eine schattenhafte, beinahe unsichtbare Gestalt lehnt, die Kapuze des bodenlangen Mantels tief ins Gesicht gezogen. Sie hebt den Kopf, gewahr meiner knirschenden Schritte inmitten wachsender Dünen des weißen Dreckszeugs, das ich inzwischen mit Inbrunst hasse. „Meister Worshak! Ihr habt nach mir geschickt?“ Dieser nickt nur kurz und stößt das Tor, welches nur widerwillig und mit einem wohl noch auf der entfernteren Seite der Stadt gut zu hörenden Quietschen nachgibt, auf. „Komm mit, einiges an Arbeit wartet auf uns! Jinna, Ansgar und Sören sind schon in der Hütte!“ Sprach‘s und marschiert auch schon los, was meine Optionen auf eine einzige solche einengt. Folgen! Ich folge also, weg von dem Tor, einen schmalen von kahlen Baumskeletten überdachten Kiesweg entlang, der schließlich in ein kleines, von kultivierten Hecken umspieltes Rund mündet. „Mit was haben wir es zu tun, Meister?“ „Gute Frage! Die Angaben des Hausherrn waren wenig mehr als wirres Gefasel! Es ist an uns, die Wahrheit ans Licht zu bringen!“ Weitere Worte sollten sich diesen anschließen, doch ich unterbreche ihn mit einer abwehrenden Handbewegung. Das Schneegestöber scheint mit einem Mal an Lautstärke verloren zu haben, etwas Anderes fordert mit Nachdruck, gehört zu werden. Ein Summen! Einzelne Noten erheben sich aus der Monotonie, eine Melodie, die mit etwas Altem in meinem Geist zu kommunizieren sucht. Einer Erinnerung an lange verblichene Tage, versteckt im untersten von etwa einer Million Stockwerken eines mentalen Kerkers, mit vermauerten Fenstern und Türen und ganz viel Gitterwerk. Das Lied reißt das Mauerwerk mit sich hinfort und mich in die dunkelsten Tage meiner Kindheit. Meine Großmutter liebte es, zu singen, und ich liebte es, ihr zuzuhören. Stundenlang konnte ich ihr folgen, wenn sie durch das alte Haus am See wanderte, dieses und jenes machte und dabei mit ihrer Stimme die Räume in Orte der Glückseligkeit verwandelte.

Großvater war es, der die Sonne, die sie für mich war, vom Himmel holte und in tausend Stücke zerschlug. Eine Seuche ging damals um, die jeden, dessen sie habhaft werden konnte, innerhalb von Wochen zugrunde gehen ließ. Eines der Opfer war er selbst. Im Gegensatz zu anderen, die verwelkten und von dieser Welt gingen, überlebte mein Großvater. Ein Wunder, sagten die Leute aus dem Dorf und ließen die Sache auf sich ruhen. Was hätten sie auch tun sollen: Er war einer der wohlhabendsten Männer in der Gegend. Geld kauft Seelen und erstickt, wenn nötig – und wenn unnötig auch, je nach Lust und Laune – unerwünschte Stimmen im Blut dessen, dem sie gehört. Aber das wusste ich damals noch nicht und hätte es nicht verstanden, wenn ich es gewusst hätte. Was ich wusste, war die Sache mit den Jutesäcken, die er immer wieder des Nachts in die Wälder schleppte. Auch in dieser Hinsicht wusste ich nicht so recht, was ich von dem sehr menschlich wirkenden Inhalt dieser Säcke halten sollte. Gesund konnte es jedoch nicht sein, meine Mutter verwendete ähnliche Säcke um überzählige Katzenbabys zu ersticken, wenn sie sie nicht kurzerhand in der Regentonne ersäufte. Dann hielt der Wahnsinn triumphalen Einzug in unser Heim! Es war an einem Montag, früher Vormittag, als die Schreie durchs Haus mit mauerdurchdringender Vehemenz durch das Haus zu gellen begannen, schrill und zum Bersten vollgestopft mit mehr Agonie, als dutzend Menschen ertragen konnte, ohne des Verstandes permanent verlustig zu gehen. Ich erwachte davon und wusste, durchs Fenster beschienen von der sehr realen Frühsommersonne, das meine eigene, ganz spezielle Wärmequelle ihre letzten, qualvollen Atemzüge in die Welt hinauskeuchte. Meine Eltern waren mir zuvorgekommen und starrten auf eine Szenerie aus einem Reich, das nach anderen, Regeln funktionierte, unfähig auch nur in Ansätzen zu begreifen, was sie vor sich sahen. Beherrscht wurde diese auf einen Raum beschränkte Anderswelt, die sich uns in gläserner, abscheulicher Klarheit darbot, vom Haupt meiner Großmutter, das, einer perversen Trophäe nicht unähnlich, auf dem Bett thronte. Inmitten eines Ozeans aus Blut, Fleisch und Tod. Großvater saß mit angezogenen Beinen in der hinteren linken Ecke des Raumes, die blutgetränkten Kleider klebten an seiner Haut, wie eine zweite. Und er sang leise die ersten Noten eines Kinderlieds aus alten Tagen. Zwei Tage später hängten sie ihn am Kastanienbaum vor

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dem Rathaus auf, nach den Mittagsmahl! Man sagt, dass Hass mit dem Verhassten stirbt! Mag sein, aber der meine hat von dieser Weisheit wohl noch nichts gehört. Gesungen hat hiernach jedenfalls niemand mehr in meiner Familie. „Sialla? Sialla! Was ist los mit dir?“ „Was? ... Ich?“, beginne ich, werde jedoch in einer sehr unhöflichen Weise unterbrochen von einem schrillen Kreischen, dessen Ursprung im oberen Geschoss des Anwesens vor uns zu liegen scheint. Augenblicke später zerbirst eines der Fenster und Ansgar stürzt ins Freie, um rückgratzersplitternderweise auf dem schneebedeckten Boden aufzuschlagen. Nicht das mehrfach durchtrennte Rückgrat ist jedoch die Todesursache, wie wir – also Worshak, ich kann nicht hinsehen – bei Erreichen der verdrehten Leichen feststellen. Sondern vielmehr die Absenz jeglicher innerer Organe und des Brustkorbs, der diese umschlossen hat. Ich mache mich auf die Suche nach Worten, um irgendetwas zu tun zu haben, das sich nicht im Betrachten zerschmetterter, von Innereien gänzlich befreiter Körper erschöpft. Muss mir aber bald die Vergeblichkeit dieses Vorhabens eingestehen. Es gibt keine Worte hierfür! Zu einem ähnlichen Ergebnis führt die nachfolgende Suche nach einem Mittel, um das wild wuchernde Entsetzen in meinem Inneren einzudämmen. Mut? Lächerlich, der ist schon längst von den höchsten Zinnen der Ruine meines Geistes in den Freitod gesprungen. Pflicht? Pflicht ist gut. Es ist deine Aufgabe, Sachen wie diese hier aufzuklären! Also mach deine Arbeit, du ehrvergessenes Stück Pferdescheiße! Pferdescheiße? Das wirkte. Wunder! „Wo in dem Gemäuer sind Sören und Jinna. Wir müssen sie warnen!“ Vor was auch immer? Einer Kreatur, die stark genug ist, einen erwachsenen Mann derart zuzurichten? Ja genau davor, verflucht! „Wenn sie sich an den Plan gehalten haben, müsste Sören in den Kellergewölben sein und Jinna im Südflügel.“ Er überlegt einen Moment. Trifft schließlich eine der Entscheidungen, die bekannt dafür ist, Anführer brechen zu können, wie eine Scheibe schlecht geblasenen Fensterglases. „Jinna zuerst!“ Der Südflügel also, erreichbar über Treppe in der Eingangshalle und eine Flucht von Zimmern, die in einer weiteren Halle endet. Die vollkommen leer war, bevor

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Jinnas Präsenz dieser Leere Inhalt gab. Und das Grauen auf eine neue Stufe hebt. Eine ... Pflanze ... die jeder Beschreibung mit Macht spottet, hat das Erscheinen der jungen Frau zum Anlass genommen, zu wachsen. Aber nicht irgendwohin. Nein, an einem Ende in sie hinein. Und an mehreren Stellen wieder heraus! Ein Geisteszustand, der die engen Grenzen menschlicher Begrifflichkeit hinsichtlich schieren Entsetzens durchbrochen hat, zwingt mich dazu, meinen Mageninhalt über den Hallenboden zu verteilen. Tränen verschleiern mir die Sicht! Doch der Herr des Ortes, den ich durch die Tür des Anwesens betreten habe, scheint unerbittlich in seinem vor glücklicher Vollendung stehenden Vorhaben meinen Geist durch das Elternpaar aller Fleischwölfe zu pressen. Unübersehbar ist der Speer der vor mir materialisiert, beinahe ein junger Baum. Unübersehbar ist auch die Bewegung, mit der das Wurfgerät die Entfernung zu Worshak zurücklegt und diesen an eine der dunklen Türen der Halle nagelt. Gierige Klauen reißen das Lebenslicht aus seinen Augen, während ich schluchzend in die Knie breche und in mich selbst fliehe. Dann nichts mehr! Wunderschönes, grausames, gedankenfreies, mausetotes Nichts! Jahrtausende fließen an mir vorüber in einem Augenblick. „Und nun kommen wir zu dir, Versagerin!“ Geschlagen, in meine Bestandteile zertrümmert und zerstört, suche ich nach der Stimme, blicke in ein bekanntes Gesicht, vorbei an bekannten Mundwinkeln, einer bekannten Hakennase. Zu einem bekannten Augenpaar. Dem meines Großvaters. Ich erwache! Aus Nichts wird etwas, das nicht Nichts ist! Gibt mir Kraft! Genug um aufzuspringen und meinen Dolch in diese verhassteste aller Visagen zu rammen, immer wieder, und wieder und wieder, bis sie ungemein wohltuender, gesichtsloser Anonymität weicht. Und einer Trophäe gleich die Halle beherrscht. Thronend inmitten eines Ozeans aus Blut, Fleisch und Tod. Und ich mit angezogenen Beinen daneben sitze, ein Kinderlied aus alten Tagen auf den Lippen. So finden mich Worshak und Jinna. Sie starren mich an. Ich starre sie an, starre Sören an, der verstreut vor mir herumliegt. Verstehe! Man sagt, dass Hass mit dem Verhassten stirbt! Und schneide mir die Kehle durch, von einem Ohr zum anderen.


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VERANSTALTUNGSKALENDER WANN Dienstag, 14. Oktober, 20 Uhr Dienstag, 14. Oktober, 15 Uhr Donnerstag, 16.Oktober, 19 Uhr Donnerstag, 16. Oktober, 20 Uhr Montag, 13. Oktober, 10:00 und 13 Uhr Montag, 13. Oktober, 19.30 Uhr Dienstag, 14. Oktober, 21.30 Uhr Dienstag, 14. Oktober, 20.30 Uhr Mittwoch, 15. Oktober, 19.30 Uhr Mittwoch, 15. Oktober, 20 Uhr Mittwoch, 15. Oktober, 21 Uhr Donnerstag, 16. Oktober, 18.30 Uhr Donnerstag, 16. Oktober, 19 Uhr Donnerstag, 16. Oktober, 19. Uhr - 17. Oktober Donnerstag, 16. Oktober, 19.30 Uhr Donnerstag, 16.Oktober, 20 Uhr Freitag, 17. Oktober, 20 Uhr Freitag, 17. Oktober, 20 Uhr Freitag, 17. Oktober, 19 Uhr Freitag, 17. Oktober, 20 Uhr Freitag, 17. Oktober, 20 Uhr Freitag, 17. Oktober, 21 Uhr Samstag, 18. Oktober, 22 Uhr Samstag, 18. Oktober, 20 Uhr Samstag, 18. Oktober, 22 Uhr Sonntag, 19. Oktober, 10 Uhr Montag, 20. Oktober, 19 Uhr Montag, 20. Oktober, 20 Uhr Dienstag, 21. Oktober, 19.30 Uhr Dienstag, 21. Oktober, 20.30 Uhr Mittwoch, 22. Oktober, 20 Uhr Mittwoch, 22. Oktober, 19 Uhr Mittwoch, 22. Oktober, 19.30 Uhr Mittwoch, 22. Oktober, 21 Uhr Donnerstag, 23. Oktober, 19 Uhr Donnerstag, 23. Oktober, 19 Uhr Donnerstag, 23. Oktober, 20 Uhr Freitag, 24. Oktober, 20 Uhr Freitag, 24. Oktober, 20 Uhr Freitag, 24. Oktober, 21 Uhr Samstag, 25. Oktober, 20 Uhr Montag, 27. Oktober, 20.30 Uhr Montag, 27. Oktober, 19.30 Uhr Dienstag, 28. Oktober, 18.30 Uhr Dienstag, 28. Oktober, 20.30 Uhr

WAS Lesung Sven Regener - Bestuhlt! Kasperl und Stinki-Stinktier Julia Schwarzbach „shell“ Tomaz Simatovic „Pulse Schachnovelle Glorious Sonderbar Funkorchestra by Franz Trattner (AT) Markus Pühringer „Im Bann des Geldes“ Erdentempel Tour 2014 DJ Ill: Behaviour (A) Rockhouse Academy Musicians Excrementory Grindfuckers Krimi-Fest Hexenjagd Nigrita (AT) Lokal Heroes Faces of Salzburg - Studienprojekt Julia Schwarzbach „shell“ Tomaz Simatovic „Pulse Poetry Slam Chanda Ngio (AT) / The Zion Archives (AT) u.a. Ritta Anna Fedor „To the ones left in my Head“ CD Präsentation 5/8erl in Ehr‘n Breakfast Musik-Brunch Eleven Empire Presents Open Stage Peter Handke „Untertagblues“ - Ein Stationendrama Raphael Schwarzacher (AT/ES) Helmet Georg Trakl im Film Peter Handke „Untertagblues“ - Ein Stationendrama Homebase Wortvoll Kurkow und Wynnytschuk: Thema Ukraine Matthias Deutschmann Instant36 - Das Stegreif Filmfestival Pink Ribbon Night - Shake Rattle & Roll Indie ohne Limit Johann Sebastian Bass Will Wilde und Aynsley Lister Theresa Präauer „Johnny und Jean“ Music Talk mit Wolfgang Descho und Didi Neidhart Daniel Schröckenfuchs+ Sebastian Lanser+ Dietmar Kastowsky (AT/ DE)

WO Rockhouse Das Kino ARGE ARGE Schauspielhaus Schauspielhaus Schauspielhaus Jazzit Literaturhaus Rockhouse Jazzit Rockhouse Rockhouse Literaturhaus Schauspielhaus Jazzit Rockhouse KunstQuartier ARGE ARGE ARGE Jazzit Rockhouse ARGE Jazzit Schauspielhaus Rockhouse KunstQuartier ARGE Jazzit Rockhouse Das Kino ARGE Jazzit Jazzit Literaturhaus ARGE ARGE Rockhouse Jazzit Rockhouse Rockhouse Literaturhaus Rockhouse Jazzit


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Mittwoch, 29. Oktober, 20 Uhr Mittwoch, 29. Oktober, 20 Uhr Mittwoch, 29. Oktober, 21 Uhr Donnerstag, 30. Oktober, 20 Uhr Donnerstag, 30. Oktober, 20.20 Uhr Donerstag, 30. Oktober, 21 Uhr Freitag, 31. Oktober, 22 Uhr Freitag, 31. Oktober, 20.30 Uhr Freitag, 31. Oktober, 21 Uhr Samstag, 1. November, 20 Uhr Montag, 3. November, 19.30 Uhr Dienstag, 4. November Dienstag, 4. November, 19.30 Uhr Dienstag, 4. November, 20.30 Uhr Mittwoch, 5. November, 20 Uhr Mittwoch, 5.November, 20 Uhr Mittwoch, 5. November, 21 Uhr Donnerstag, 6.November, 20 Uhr Donnerstag, 6. November, 20 Uhr Freitag, 7. November, 20.30 Uhr Freitag, 7. November, 20 Uhr Freitag, 7. November, 20 Uhr Samstag, 8. November, 20 Uhr Freitag, 7. November, 21 Uhr Samstag, 8. November, 21. Uhr Samstag, 8. November, 22 Uhr Dienstag, 11. November, 20.30 Uhr Mittwoch, 12. November, 21.00 Uhr Mittwoch, 12. November, 20 Uhr Mittwoch, 12. November, 19 Uhr Mittwoch, 12. November, 19.30 Uhr Donnerstag, 13. November, 20 Uhr Donnerstag, 13. November, 8 Uhr Donnerstag, 13.November, 20 Uhr Freitag, 14. November, 20 Uhr Freitag, 14. November, 20.30 Uhr Samstag, 15. November, 20 Uhr Samstag, 15. November, 20 Uhr Mittwoch, 15. Oktober, 19.30 Uhr Mittwoch, 15. Oktober, 20 Uhr Donnerstag, 16. Oktober, 18.30 Uhr Donnerstag, 16. Oktober, 19 Uhr Donnerstag, 16. Oktober, 19. Uhr - 17. Oktober Sonntag, 16. November, 17 Uhr Sonntag, 16. November, 10 Uhr

Judith W. Taschler „Die Deutschlehrerin“ und „Roman ohne Eu“ Der Schienentröster „BeziehungsWAISE“ Bassbrause Theater WeGe: „hausen“ - Episode 6 Pecha Kucha Night Salzburg Vol. 22 Jim Black Trio (US/ AT) Anderswelt A Tribute to Mike Oldfield inc. Tubular Bells Salsa Club Salzburg Eleven Empire - Blues Rock Spezial Erich Hackl und Humberto Ak‘abal „Geistertanz“ Premiere Absolution Absolution Funkorchestra by Franz Trattner (AT) Lungau Big Band feat. Reinhold Schmölzer Comedy im Pub Homebase Thomas Maurer Lungau Big Band feat. Reinhold Schmölzer Clara Luzia (A)/ Heidi Happy (CH)/ Thanks (USA) Megaherz „Zombieland Tour 2014“ Intersex Solidarity Day 2014/ Max Pfnür „Middlesex“ Hip Hop Circus „Pubertour 2014“ The Pond Pirates (AT) DJ Angelove (BG) Kollektiv Tanzbar Jamboree Jam-Session Homebase Eleven Empire Presents Der geteilte Himmel, Christa Wolf Der Geizige Kaleidoskp-Tour: Jenifer Rostock Open Mind Festival 2014 „erfolgreich erfolglos“ „Mein Leben im Busch von Sarajevo“ Local Heroes Ken Vandermark: Made To Break (US/AT) Sugar Daisy‘s Hot Club (AT) „Mein Leben im Busch von Sarajevo“ Markus Pühringer „Im Bann des Geldes“ Erdentempel Tour 2015 Rockhouse Academy Musicians Excrementory Grindfuckers Krimi-Fest Renaud Garcia Fons: La Linea Del Sur (FR) Musik-Brunch

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Kammermusikalische Höhepunkte mit dem Flatrate-Ticket Das günstige Angebot für junge Erwachsene in der Stiftung Mozarteum Für Schüler und Studenten bis zum 26. Lebensjahr hat die Stiftung Mozarteum Salzburg bereits im zweiten Jahr in Folge eine Konzert-Flatrate im Angebot: Für nur 50.Euro kann man die vielfältigen Saisonkonzerte der Stiftung Mozarteum im Großen Saal und des Festivals „Dialoge“ besuchen. Das sind in der Konzertsaison 2014/15 ganze 20 Konzerte. Unter Vorlage des Schüler- , Studenten- oder Lehrlingsausweises ist das Konzert-Flatrate-Ticket für junge Erwachsene bis 26 Jahre erhältlich und für eine Konzertsaison gültig. Zwei Tage vor dem Konzert erinnert eine SMS an das jeweilige Konzert. An der Abendkasse kann dann gegen Vorlage des Flatrate-Tickets eine Konzertsitzplatzkarte gelöst werden. Eine vorherige Anmeldung ist nicht nötig. Dieses sensationell günstige Angebot Konzerte zu erleben spiegelt den Geist der Stiftung Mozarteum wider: Um Klassik auf höchstem Niveau zu erleben braucht es weder einen feinen Anzug, noch hohe Eintrittspreise. In dieser Saison sind Künstler wie das Tetzlaff Quartett, der Bariton Simon Keenlyside, der Geiger Joshua Bell oder der Cellist Steven Isserlis mit Pianisten Robert Levin zu Gast in der Konzertsaison. Die Flatrate ist ab sofort im Kartenbüro der Stiftung Mozarteum Salzburg erhältlich! Karten und Information: Kartenbüro der Stiftung Mozarteum, Theatergasse 2, Mozart-Wohnhaus, 5020 Salzburg, tickets@mozarteum.at, www.mozarteum.at

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alzburg hat ein Problem: Es gibt viele kreative Köpfe, aber die meisten wandern spätestens nach der Matura ab. Drei Salzburger Studierende haben sich deshalb daran gemacht zu zeigen, dass man durchaus etwas verpasst, wenn man jeden Mittwoch seinen Rollkoffer Richtung Wien oder München bugsiert. Das Resultat ist „Fräulein Floras Favorite Hangouts“, ein liebevoll gestalteter Stadtplan, der mit Witz und Insiderwissen hinter die Kulissen blickt: Wer kennt schon die wahrscheinlich einzige Buchhandlung, in der eine Katze zum fixen Inventar gehört, oder weiß, dass sich in der Steingasse ein amerikanischer Panzer verewigt hat? „Wir legen viel Wert auf Authentizität“, sagt Herausgeberin Eva Krallinger. Der Stadtplan kommt ohne Werbeaufdrucke aus, die Grafik hat FH-Studentin Kerstin Gatterbauer beigesteuert und natürlich verraten auch junge Salzburger ihre Lieblingsorte: den halb-legalen Grillspot beim Klettersteig am Kapuzinerberg oder den Salzbeach, der den Volksgarten im Sommer in eine Oase verwandelt. Gerade entsteht die Homepage, auf der man in noch mehr Tipps hineinschmökern kann und auch eine virtuelle Stadttour für Gehörlose findet. „Dieses Angebot ist einzigartig“, sind die Team-Mitglieder Matthias Gruber und Sandra Bernhofer überzeugt. Erhältlich ist der Stadtplan bei deiner ÖH und unter fraeuleinflora.com.


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KULTUR & MENSCHEN

Interessantes, Kurioses und Schockierendes in uni:press-Ausgaben aus dem Jahr 2000 entdeckt und ausgegraben von Jürgen Wöhry


KULTUR & MENSCHEN

EIN „VANDALENAKT“ RADIKALER STUDIERENDER In der Nacht vom 27. auf den 28. November 2000 erreichte der Studierendenprotest in Salzburg mit einer bis dahin einzigartigen Aktion den Höhepunkt, nachdem bei einer Großdemo am 28.9. mit 4.000 teilnehmenden Studierenden bereits der Nachkriegsrekord in Salzburg aufgestellt wurde. „Radikale Studenten [sic!] mauern Uni zu“, betitelte eine bekannte, österreichische Tageszeitung die Vorgänge jener Nacht. In der damaligen uni:press wurde ein Bericht über diesen zerstörerischen Akt veröffentlicht, den wir euch hier nicht vorenthalten wollen. 12:30: ÖH, Kaigasse 28. Zwei rechtshändige linksautonome Studierendenvertreter setzen sich in ihr Auto […] um einen Lastwagen zu mieten. Entschlossen steuern die verkommenen Subjekte des Bösen diesen dann zum Lagerhaus nach Wals, um 1,2 Tonnen Ziegelsteine für einen kriminellen Akt käuflich zu erwerben. 14:30: Lagerhaus Wals. Die zwei Tagediebe müssen feststellen, dass sie sich bei der Wahl des Leihautos verschätzt haben, weil dessen Nutzlast zu klein ist. Nach einem kurzen Telefonat von einem nicht registrierten Handtelefon, beschließen die beiden, den Wagen bei einer nicht näher bekannten Tankstelle in der Alpenstraße zu wechseln. 23:00: Shamrock. Eintreffen der ersten Verschwörer [sic!]. Diese kommen in Kleingruppen mit Schals und Handschuhen vermummt und stark nach Alkohol riechend im vereinbarten Etablissement an. Um kein Aufsehen zu erregen, verharren sie in besagter Aufteilung und erwecken dem [sic] Eindruck, sich nicht zu kennen. Vermehrt wird der Effekt des SichMut-Antrinkens bemerkbar. Von lauten

Gesängen wird aber Abstand genommen. 01:50: Vor den Pforten der GesWi. Die Kommandos aus dem Etablissement vereinen sich hier mit ihren noch verschlafenen MitverschwörerInnen. Der unverdächtig geparkte Lastwagen wird vor das Gelände gefahren und verdeckt nunmehr den schaurigen Ort des Geschehens. 02:10: Die letzten Kleinkriminellen sind eingetroffen. Mit Mörtel, Ziegeln und Maurerkellen beginnen die Schurken ihr schmutziges Werk. 03:00: Das Erste Corpus Delicti auf der Vorderseite ist vollendet. Ein linksautonomer Sprayer versieht es mit letzten kommunistischen Hetzparolen. Das Gros der Truppe ist inzwischen so betrunken, dass die Arbeiten nur zögerlich vorangehen. Sich gegenseitig Halt gebend wankt man grölend auf die Hinterseite des geschändeten Gebäudes. 03:20: Rückseite GesWi. Endlich ist es so weit. Die Vorhut der getreuen Hüter von Sitte und Ordnung ist eingetroffen. Der Österreichische Wachdienst zeigt sich von seiner durchschlagekräftigsten [sic!] Seite. Unmittelbar nach dem Ende der Arbeiten wird jede weitere kriminelle Handlung unterbunden und die Polizei gerufen. 03:45: Eintreffen der Staatsmacht. Die meisten der finsteren Gesellen sind in der Zwischenzeit geflohen. Die VertreterInnen der Staatsmacht nehmen die Daten der Redelsführer der Erhebung auf. Diese sind vom Abhalten ähnlicher subversivenr Aktivitäten polizeilich bereits bestens bekannt. Aktenauszug: Besagte Studierendenvertreter gelten als unberechenbar und gemeingefährlich. Mit weiteren Schandtaten gegen den Bildungsabbau ist zu rechnen. Aus: uni:press 613, 29.11.2000, 7.

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TTIP STOPPEN! Was ist TTIP? Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft wird derzeit von der Europäischen Kommission im Auftrag der Mitgliedsländer mit den USA verhandelt. Das Handelsabkommen strebt eine Angleichung der Gesetze beider Wirtschaftsregionen und eine Stärkung von Investorenrechten an. Ein Kernstück ist das Klagerecht für Konzerne – diese sollen Staaten verklagen können, wenn Sozial- und Umweltschutzgesetze eingeführt werden, die ihre Profite einschränken. Welche Folgen hätte TTIP? Für Konzerne auf beiden Seiten des Atlantiks würden die Gewinne sprudeln, während es für die breite Masse der Bevölkerung in der EU und den USA eine Verschlechterung der Lebensqualität zur Folge hätte. Für folgende Bereiche würde ein Beschluss einen massiven Angriff darstellen:

SOZIALE SICHERHEIT ARBEITSRECHTE DEMOKRATIE GRUNDLEGENDE MENSCHENRECHTE UMWELTSCHUTZ UND NACHHALTIGE LANDWIRTSCHAFT TIERSCHUTZ Wir sind für eine alternative Handelspolitik, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert und für einen Schutz der obengenannten Bereiche. Daher rufen wir zum sofortigen Stopp der TTIP-Verhandlungen auf! Hilf uns dabei uns sende die beigelegte Postkarte an Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, welcher die intransparenten Verhandlungen rund um die Sonderklagerechte für Konzerne bisher befürwortet. Mehr Infos gibt’s auf: ttipstoppen.wordpress.com

Dienstag, 4. November 2014, 9 bis 16 Uhr, Residenz zu Salzburg, Residenzplatz 1, 5020 Salzburg www.karriereforum.eu

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