uni:press #682 (September 2015)

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UNI:PRESS STUDIERENDENZEITUNG DER ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHÜLERiNNENSCHAFT SALZBURG — #682 SEPTEMBER 2015 —

Wettbewerb


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KONZERT-FLATRATE FÜR SCHÜLER UND STUDENTEN 15 Konzerte im Großen Saal der Stiftung Mozarteum Salzburg für nur 50 Euro Bereits zum dritten Mal gibt es für die Saisonkonzerte 2015/16 der Stiftung Mozarteum das einmalige Angebot für Schüler und Studenten: Für nur 50 Euro können Jugendliche bis 26 Jahre alle von der Stiftung Mozarteum veranstalteten Konzerte während der Saison im Großen Saal besuchen – das sind 15 Konzerte während der Saison 2015/16! Das Angebot gilt für die Konzertreihen „Kammermusik im Großen Saal“, „Orgel & Film“, „Orgel Plus“ und das Festival „Dialoge“. Unter Vorlage ihres Schüler-, Studenten- oder Lehrlingsausweises erhalten Jugendliche bis 26 Jahre im Kartenbüro der Stiftung Mozarteum ihr Flatrate-Ticket, das für eine Konzertsaison gültig ist. Zwei Tage vor dem Konzert werden sie per SMS an den Termin erinnert und können dann am Konzertabend einfach unter Vorlage ihres Flatrate-Tickets ihre Sitzplatzkarte beheben. Eine Anmeldung zum Konzert ist nicht nötig. „Der Preis soll kein Grund R STIFTUNG sein, nicht in unserer SaiKONZERT-FLATRATE DE sonkonzerte zu kommen“, MOZARTEUM so Matthias Schulz, kfm. bis 26 Jahre SALZBURG Jugendliche Geschäftsführer und künst15 - Juni 16) 15 Konzerte (September lerischer Leiter der StifNUR 50 Euro tung Mozarteum. „Deshalb möchten wir neue Wege beschreiten, um spontane Entscheidungen und Flexibilität zu ermöglichen.“ Bei voller Ausschöpfung der Konzert-Flatrate beträgt der Preis pro Konzert nur 3,33 Euro. Und für diesen sensationellen Preis hat man die Möglichkeit, die weltweit besten Kammermusiker zu erleben. In der Saison 2015/16 werden unter anderem Maria João Pires, Fazil Say, Nicolas Altstaedt, Alexander Lonquich, Piotr Anderszewski, Benjamin Schmid oder Christoph Prégardien im Großen Saal gastieren. Ab sofort erhältlich! Ticket und Informationen: Kartenbüro der Stiftung Mozarteum Theatergasse 2 im Mozart-Wohnhaus 5020 Salzburg Tel. 0662 / 87 31 54 tickets@mozarteum.at www.mozarteum.at/konzerte/saisonkonzerte.html ANZEIGE


EDITORIAL

Doris Hörmann

Saša Sretenovic

Veronika Ellecosta

David Lahmer

Christopher Spiegl

Liebe LeserInnen! Schnelllebigkeit. Streben nach Macht. Die Nummer Eins werden. Das sind Dinge, die uns Menschen in der heutigen Zeit immer mehr beschäftigen und beeinflussen. Ob in der (Aus-) Bildung (mehr dazu von Katharina Obenholzner im Leitartikel ab S. 6), beim Spielen (ab S. 10 und 16) oder gar auf einer abgelegenen Alm (ab S. 14) – Konkurrenz- und Wettbewerbsdenken gestalten unser tägliches Leben unweigerlich mit. Die Ergebnisse des letzten Wahl-Wettbewerbs im vergangenen Mai könnt ihr ab Seite 20 nachlesen, wenn sich die neu zusammengesetzten Referate der ÖH vorstellen. Janine Heinz gibt euch ab Seite 28 Tipps, wie ihr euch am wettbewerbsverseuchten Arbeitsmarkt nicht unterbuttern lässt. Carolina Forstner räumt ab Seite 40 mit Klischees zur

Unterbringung von Asylwerbenden auf und berichtet, wie es ist, in unmittelbarer Nähe einer Flüchtlingsunterkunft zu wohnen. Alan Schink und Jana Nopper nehmen uns ab Seite 46 mit auf eine Reise durch Zimbabwe. Unser Kulturredakteur Christopher Spiegl kennt die besten Songs für einen gelungenen Start in den Herbst (ab S. 57) und die besten Plätze zum Nacktbaden (ab S. 60). Auch du möchtest einen Beitrag zur uni:press leisten? Dann schreib uns doch einfach deine Ideen und Anregungen oder einen Leserbrief an presse@oeh-salzburg.at Viel Vergnügen beim Lesen, eure Redaktion

IMPRESSUM MedieninhaberIn: Hochschüler- und Hochschülerinnenschaft an der Paris Lodron Universität Salzburg (ÖH Salzburg), Kaigasse 28, 5020 Salzburg, www.oeh-salzburg.at, presse@oeh-salzburg.at / Herausgeberin: ÖH Salzburg (Vorsitz: Katharina Obenholzner) / Pressereferentin: Doris Hörmann / Redaktion: Saša Sretenovic (Chefredakteur), Veronika Ellecosta, David Lahmer, Christopher Spiegl / Layout: Luca Mack / Lektorat: Sigrid Klonner / Anzeigen & Vertrieb: Hasan Özkan & Christopher Spiegl / AutorInnen in dieser Ausgabe: Sabrina Barth, Katharina Obenholzner, Fräulein Floras Favourite Hangouts, Christof Fellner, Christine Gnahn, Max Wagner, Christoph Krainer, Janine Heinz, Elisabeth Feldbacher, Hannah Hofbauer, Carolina Forstner, Markus Bachofner, Jana Nopper, Alan Schink, Stefanie Schmied, Eva Wimmer, Lorena Palka / Druckerei: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H. / www.berger.at / Auflage: 6.000 Stück. Die Auffassungen der AutorInnen der Beiträge und die der Redaktion müssen nicht übereinstimmen. Verbesserungsvorschläge und kritische Hinweise sind jederzeit willkommen. / Auskünfte über unsere Anzeigentarife unter wiref@oeh-salzburg.at

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LESERiNNENBRIEFE

LeserInnenbrief

ESSEN IST PRIVATSACHE UND DIE ERDE IST EINE SCHEIBE Von gekränkten Egos und veganen Bessermenschen. Lieber Christoph! Im Namen aller Tiere, menschlicher und nichtmenschlicher, kann ich deinen offenen Brief an Kurt Krautschopf über sein Protokoll zum Veganwerden nicht ignorieren und bestimmte Behauptungen deinerseits einfach nicht so stehen lassen. Es geht mir nicht darum, dich zu veganisieren, noch ist es meine Absicht, über Veganismus zu predigen. Stattdessen möchte ich sachlich auf zwei der eher plumpen und gehaltlosen Argumente eingehen, die du zur Rechtfertigung deines Fleischessens heranziehst. Jedoch kann ich dich sehr gut verstehen, denn heutzutage ist es schwer, eine plausible Begründung für den Fleischverzehr zu finden. Genießt man den Luxus des Fleischessens, muss man zugeben, dass man jegliche wissenschaftliche Erkenntnisse, von Tierintelligenz bis Umweltzerstörung, ignoriert. Was bleibt, ist ein einziger Grund: Es schmeckt gut. Somit überlässt man seinem Gaumen die Kontrolle über den Verstand. Sehr nobel! Futter sei „wie Religion, Privatsache“. Du hast recht: JedeR kann selbst darüber entscheiden, ob er/sie zum Frühstück nun ein Marmeladebrot oder doch ein Müsli essen möchte. Das Argument aber, dass Essen stets Privatsache, eine persönliche Entscheidung sei, verliert an Bedeutung, sobald dafür das Leben eines weiteren, fühlenden Lebewesens, die Erhaltung der Natur, sowie das Überleben hungernder Menschen auf dem Spiel steht. Die persönliche Entscheidung, tierische Produkte zu konsumieren, hat unmittelbaren Einfluss auf deine Umwelt (besser: „Mitwelt“) und fordert menschliche sowie nichtmenschliche Opfer. Essen kann jedoch keine Privatsache mehr sein, sobald ihm ein Opfer zugrunde liegt. Du betonst, dass Krautschopf jetzt, wo er zum Veganer wurde, auch kein besserer Mensch sei. Es amüsiert mich durchaus, warum immer wieder behauptet wird, dass VeganerInnen auch keine besseren Menschen seien, obwohl besagte VeganerInnen kein einziges Wort über ein mögliches Bessersein verlieren. Wie Der Artgenosse1 schon sagt, kann jemand, der aktiv Tierleid vermeidet, sicherlich auch anderweitig schlechte Dinge tun. Personen aber in „besser“ oder „schlechter“ einzuteilen, ist nicht

besonders zielführend. Es ist nicht die Absicht der meisten VeganerInnen, besser zu sein, denn es geht primär um die Vermeidung von Tierleid, nicht um die eigene moralische Einordnung innerhalb der Gesellschaft. Ginge es den VeganerInnen tatsächlich darum, etwas Besseres zu sein, wären sie nicht so missionarisch, wie es ihnen oft vorgeworfen wird. Denn sobald sie andere Menschen zum Veganismus überredet hätten, wären sie ja selbst nichts Besseres mehr. VeganerInnen geht es vielmehr darum, besser zu handeln, als besser zu sein. Veganismus verursacht beispielsweise deutlich weniger Leid und Gewalt, als das systematische Ausbeuten und Töten von Tieren. Somit ist Veganismus in dieser Hinsicht zumindest besser als Nicht-Veganismus. Dennoch steht es nicht annähernd zur Debatte, ob VeganerInnen nun bessere Menschen sind als andere. Diese Frage ist vollkommen nebensächlich und ohne alle Faktoren zu kennen, die jemanden zu einem moralisch guten Menschen machen, nicht zu beantworten. Der Artgenosse: „Ist eine vegane Lebensweise aber besser und macht einen damit zu einem besseren Menschen, als man es vorher war? Ja.“ Liebste Grüße, Sabrina Barth

Sabrina Barth reagierte auf Christoph Krainers offenen Brief an Kurt Krautschopf in der uni:press-Ausgabe #681 vom Juni.

1: YouTube-Kanal: bit.ly/argenosse; Website: der-artgenosse.de/


INHALT

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© Mike Hoff (flickr)

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UNI & LEBEN

POLITIK & GESELLSCHAFT

06 Leitartikel: Völlig losgelöst … vom Konkurrenzdenken?

19 Neues vom ÖH-Vorsitz: Miteinander statt Konkurrenz

39 Datenschutz: Freiheit unterm Großen Bruder?

09 Factum: Konkurrenz und Kooperation

20 Die Referate deiner ÖH stellen sich vor

40 Die Flüchtlinge von Nebenan

10 LARP: Für die Knochenkönigin durchs Leichental

25 Ring-VO: Human-Animal Studies

42 Wie man zum Skinhead wird

14 Hoch droben auf der Alm da tobt der Kampf ums Geld

26 Versus: Service an der Uni

45 „Da Mensch is a Sau“ – Müll in den Alpen

KULTUR & MENSCHEN

55 Ohrgasmus mit Juleah 57 Reingehört: Musikrezensionen 58 Laufend Helfen für Schwerstbehinderte 60 Kult ums Nacktsein

16 Zu Besuch im Salzburger Spieleraum

28 Arbeitsrecht: Selbstaufgabe Nebenjob?

46 Zimbabwe – Eine politische Reiseskizze

64 Stories of Salzburg: Karikaturenwettbewerb 65 Zeitschrift mosaik

30 Erasmus für Lehramt 18 Fellner’sche Weisheiten: Elite-Unis

32 Außergewöhnliche Ferialjobs: KZ-Gedenkstätte Ebensee

50 Verein SOS Katze: Gemeinsam gegen Tierleid 51 Rassismus bei der ÖBB: Der Fall Yüksel Yilmaz

34 Saubermachen ohne Gift 36 Interview: Schule der Vielfalt

52 Mythen über psychisch Kranke

66 Zeitmaschine: Bewaffneter Studentenaufstand in SBG-Süd 67 Ode an den Montag

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VÖLLIG LOSGELÖST

© Dennis Skley (flickr)


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... VOM KONKURRENZDENKEN?

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Unsere Gesellschaft ist geprägt von Konkurrenzdenken und das ist vielen oft gar nicht bewusst. Es beginnt bereits im Kindergarten, zieht sich durch die schulische Ausbildung und festigt sich dann endgültig im beruflichen Alltag. Und es hat sich auch sonst ziemlich festgekrallt in unserer Gesellschaft. Von Katharina Obenholzner

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chon im Kindergarten werden feste Strukturen erlernt. Der Tagesablauf ist ausgerichtet an Zeiten (Bring-, Abhol- und Schlafzeiten) und hat dadurch auch bestimmte Ereignisse, etwa Frühstück und Mittagessen. Das ist ein klar geregelter Ablauf. Während Kinder im Kindergarten in dieser vorgefertigten Struktur aber noch die Möglichkeit haben, zu spielen und ihnen oft sogar beigebracht wird, dass Teilen, Toleranz und Miteinander wichtige Werte sind, so lernen sie in der Schule schon andere kennen. Und selbst beim Spielen geht es viel zu oft um Konkurrenz. Jedenfalls ist das Ziel fast immer, gegen andere zu gewinnen. Einfach zu spielen, um des Spielens willen, kommt kaum vor. Der Reiz ist, dass man gewinnt, weil man besser ist als andere. Und es ist natürlich besonders wichtig, sich irgendwie von anderen abzuheben und über ihnen zu stehen. Das geht am einfachsten, wenn man sich auf Gegebenheiten bezieht, die man nicht beeinflussen kann (z.B. die Herkunft). Auch in der Schule gibt es dann wieder eine klare Struktur, vor allem zeitlich. Werte wie Toleranz und Miteinander scheinen jetzt aber in den Hintergrund zu rücken. Neben der vorgegebenen Zeitstruktur, die sich im späteren Arbeitsleben fortsetzt, sollen die SchülerInnen vor allem brav und angepasst sein. Dafür gibt es sogar eine eigene Verhaltensnote. Sie sollen gute Leistungen erbringen, die in Form einer Benotung honoriert werden. Ebenso werden Fehl-

stunden im Zeugnis verzeichnet. Was passiert also, wenn SchülerInnen eine schlechte Verhaltensnote haben und womöglich auch hohe Fehlstunden? Sie werden als schlechter wahrgenommen als jene, die den Erwartungen gerecht werden. Die SchülerInnen stehen während der ganzen Schulzeit in Konkurrenz zueinander. Gibt es eineN „KlassenbesteN“, so wird die Leistung der anderen sogar oftmals an deren/dessen Leistung gemessen. Ob dabei Chancengleichheit bezüglich Teilhabe an Schulbildung besteht (Herkunft, Bildungsstand der Eltern oder Geschlecht sind nur ein paar der vielen Einflussfaktoren) und welche Auswirkungen das hat, wird in der Schule sowieso nicht thematisiert. Zu viel kritisches Denken wäre ja schlecht. Zumindest war das bei mir nicht so. Wir haben uns oft gefragt, warum wir gewisse Dinge überhaupt lernen müssen. Auf die Frage haben Lehrerinnen keine Antwort gewusst. Zumindest keine Antwort, die das schulische Lernen, so wie es nach außen gesehen werden soll (als Wissensvermittlung nämlich), rechtfertigen würde. Wir sollten doch froh sein, dass wir überhaupt in die Schule gehen dürften! Der Standardsatz war: „Nicht für die Schule, für das Leben lernt ihr.“ Und das stimmt eigentlich auch. Ich habe nur begrenzt Wissen erlernt, das für mein Leben wichtig und sinnvoll ist. Dafür habe ich vor allem gelernt, dass ich mich immer beweisen muss, vor allem anderen gegenüber. Im Berufs- und im Privatleben.


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© Dennis Skley (flickr)

Mittelmäßige Leistung war nicht genug, gute und sehr gute Noten natürlich besonders gern gesehen. Und was fühlte man sich da gleich viel wichtiger und besser, wenn man einmal eine Eins bekommen hat. Und wie schlecht hab’ ich mich immer gefühlt, wenn ich in Englisch oder Latein die Schularbeit verhaut habe. Sätze wie: „Nehmt euch ein Beispiel an...“, die darauf verweisen sollten, dass wir uns doch an der/dem Leistungsstärksten orientieren sollen, haben bei niemandem ein gutes Gefühl geweckt. Im Gegenteil, womöglich war das sogar jemand, den man gerne mochte. Diese Person wird dir dann aber zur KonkurrentIn gemacht, du musst dich beweisen und dich an ihrer Leistung orientieren. Im Arbeitsleben geht es dann so weiter. Wenn du keine zweite Fremdsprache kannst, ist das schon komisch – möglichst viele Sprachen sollen es sein. Möglichst viele Praktika (dass davon viele unentgeltlich sind, ist ein anderes Thema) und Vorerfahrungen sollst du haben. Und natürlich nur gute. Sonst ist irgendjemand besser. „Wenn Sie den Job nicht machen, dann macht ihn halt eine andere Person.“ So wie in unserem gesamten Wirtschaftssystem, da ist Konkurrenz besonders wichtig. Mehr, billiger, besser. Und wir leben in einem kapitalistischen System, das große Auswirkungen auf die Gesellschaft hat. So starke sogar, dass man sogar den AsylantInnen das eventuelle Smartphone neidet. Die dürfen das nicht haben, die müssen schlechter gestellt sein! Aber GroßunternehmerInnen, die Geld scheffeln und horten wie Heu (und wo natürlich auch immer alles mit rechten Dingen zugeht), die sind weniger spannend. Die sind schon zu weit weg vom eigenen Lebensstandard. Also lieber konkurrieren mit jenen, bei denen man noch mithalten kann.

Durch das ständige Konkurrenzdenken entsteht oft auch Druck, der viele Menschen belastet, dennoch ist das Thema gesellschaftlich tabuisiert. Wer keine Kraft mehr hat, sei oft zu schwach oder gar faul. Schuld Einzelnen zuzuschieben ist auch einfacher, als ein ganzes Gesellschafts- und Wirtschaftsystem zu hinterfragen, das vor allem auf Konkurrenzdenken basiert. Ich frage mich oft: - Was wäre aber, wenn man kooperativ miteinander arbeitete, statt konkurrierend gegeneinander arbeiten müsste? - Was wäre, wenn wir unsere Talente frei entwickeln könnten und uns gegenseitig unterstützten? - Was wäre, wenn alle ein Dach über dem Kopf hätten und jeden Tag genug zu essen? - Was wäre, wenn niemand aufgrund von Herkunft, Geschlecht, Bildungsstand etc. diskriminiert würde? - Was wäre, wenn man Spaß am Spiel hätte, weil das Spielen schön ist und nicht das Gewinnen? - Was wäre, wenn keine Kriege geführt würden, weil man sich Ressourcen sichern will, die einen beständiger und stärker machen als andere? Ja.... was wäre, wenn... Genau. Ich fände das auch ganz furchtbar schlimm! Ein grauenhafter Gedanke ist das, absolut verwerflich! Deswegen unterstütze ich lieber weiter die altbekannten Strukturen und ärgere mich über andere, die besser sind als ich, die mir womöglich irgendwas wegschnappen, weil sie mehr Geld, mehr Wissen, mehr Kraft, mehr Schönheit oder sonst was besitzen. Oder ist es vielleicht doch ein Anfang, sich einmal Gedanken zu machen und zu überlegen, wieso Dinge so sind, wie sie sind? Und dass oft ganz andere Ursachen dahinterstecken, als wir gerne annehmen würden, weil es einfacher ist?


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FACTUM

Ameisen sind die besseren Drinking-Buddies

Bäuchlings auf der Restmülltonne zum Sieg

Der britische Forscher Sir John Lubbock publizierte 1884 die Ergebnisse seines Experiments mit Ameisen, in dem er untersuchte, wie die Insekten einander unterscheiden können. Dazu machte er 93 Ameisen aus zwei verfeindeten Kolonien betrunken, markierte sie in unterschiedlichen Farben, brachte sie zusammen in den Bau der einen Ameisen-Gruppe und beobachtete deren Verhalten: Die nüchternen Ameisen begannen damit, die Betrunkenen in Freunde und Feinde zu sortieren. Die Ameisen, die einander am Geruch erkannten, trugen ihre betrunkenen Kollegen zur Ausnüchterung zurück in das Nest, warfen die Fremden hingegen in einen nahe gelegenen Wassergraben. http://bit.ly/drunkants

Am 12. September fand heuer bereits das zehnte Jubiläum der traditionsreichen Hermeskeiler Mülltonnen-Weltmeisterschaft statt. Der Verein YesAngels e.V. hatte einst beim Rock am Ring die Schnapsidee von einem Mülltonnenrennen und richtete selbiges erstmals 2005 in der Gemeinde im Hunsrück (Rheinland-Pfalz) aus. Auf einer 350 Meter langen Strecke mit 12 Prozent Gefälle treten jeweils drei Starter Deckel an Deckel auf Kunststofftonnen für Restmüll oder Papier gegeneinander an. Im Fun-Rennen hingegen geht es nicht um Schnelligkeit, sondern um Originalität: Erlaubt (und erwünscht) sind gepimpte Tonnen mit Spoilern, Auspuffrohren, Flügeln und ähnlich stylischem Schnickschnack. http://bit.ly/trashrace

Crowdfunding gegen Nickelback-Konzerte

Auf die Größe kommt es an

Der Brite Craig Mandall versuchte 2014 über ein Crowdfunding-Projekt zukünftige Auftritte der kanadischen „Rockband“ in London zu verhindern: „All proceeds will go to charity. Or perhaps therapy for those who‘ve been affected by the band.” Für einen Dollar versprach der Initiator im Namen des Spenders eine E-Mail an das Management von Nickelback zu schreiben, in dem höflich um den Verzicht von zukünftigen Konzerten in London gebeten wird. Für fünf Dollar wäre die E-Mail etwas unhöflicher ausgefallen, um zehn Dollar hätte sie feindselige Wörter und freche Emoticons enthalten. Um 50 Dollar schließlich wäre eine MP3-Datei mit Nickelback-Songs angehängt worden, in der Hoffnung auf Bandauflösung. Die 60 Unterstützer konnten mit ihren gemeinsam aufgebrachten rund 340 Dollar das Konzert am 24. November 2015 in London jedoch nicht verhindern. http://bit.ly/stahpnickelback

Zumindest beim Smallest Penis in Brooklyn Pageant – einem Wettbewerb um das kleinste beste Stück. Dieses Jahr wurde der kleinste Penis Brooklyns bereits zum dritten Mal in der Bushwick‘s Kings County Bar gekürt. Nach einer Frage-und-Antwort-Runde gab es eine Bademodenschau sowie eine Talentshow. Obwohl aus rechtlichen Gründen die Penisse dekorativ mit Toilettenpapier zensiert werden mussten, waren laut Einschätzung der Jury zwei Bewerber durchschnittlicher Größe dabei. Beide wurden prompt diskriminiert und landeten auf den letzten Plätzen. Der Sieger ging schließlich mit einem fragwürdigen Titel und 200 Dollar in der Tasche nach Hause. Der Fulbright-Stipendiat aus Indien hätte nach eigenen Angaben noch nie Beschwerden von Frauen gehört. „Penis size is of the least importance. Most important is love and devotion. It‘s all about love.” http://bit.ly/tinyweiner


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FÜR DIE KNOCHENKÖNIGIN DURCHS LEICHENTAL Das Blut lief mir über das Kinn. Ich konnte meinen verwundeten Körper kaum noch auf den Beinen halten. Doch das Bewusstsein, dass die Knochenkönigin mich stets aufs Neue wieder erwecken würde, gab mir Kraft. Und so reihte ich mich ein. In den ewigen Heerwurm des Untoten Fleisches. Ein Erfahrungsbericht des Bootsmanns der Hohldianer von Corpsedale


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ür die werten LeserInnen mögen diese einleitenden Zeilen vermutlich befremdlich wirken. Zuvorderst kann ich versichern: Es war kein echtes Blut und ich war auch nicht wirklich verwundet. Doch wie kam es letztlich zu dieser „Begebenheit“? Anfang August 2015 besuchte ich eines der größten Live-Rollenspiele weltweit mit rund 8.000 Besuchern. Das Conquest of Mythodea, welches jährlich im Norden Deutschlands, in der Nähe von Hannover, stattfindet. Was ist Live-Rollenspiel (LARP – Live Action Role Play)? Man sucht sich eine Rolle aus, die man gerne spielen möchte. Diese Rolle versucht man durch entsprechendes Kostüm, Ausrüstung und Auftreten glaubhaft zu verkörpern. So wird eine Bogenschützin wohl einen Bogen benötigen und ein Ritter wird nicht ohne seine Rüstung außer Haus gehen. Ein Veranstalter stellt den nötigen Platz und auch die Hintergrundgeschichte zur Verfügung. Die Spieler müssen Rätsel lösen, magische Gegenstände finden, geheime Orte erkunden und sich in der geschaffenen Welt orientieren und überleben. Der Kampf darf in so einem Szenario natürlich nicht fehlen. Dieser wird mit Schaumstoffwaffen ausgeübt, die vom Aussehen richtigen Waffen sehr ähnlich sind. Allerdings gibt es auch genug zu tun, ohne dass man in einen Kampf geraten muss. Heiler und Gelehrte, Kräuterhexen, Feen und viele mehr tragen dazu bei, dass ein vielfältiges Gemisch aus Charakteren entsteht und eine künstliche Welt erschaffen werden kann. „Bootsmann! Drakar! Rein!“ lautete der Befehl. So schnell mich meine morschen Knochen tragen konnten, rannte ich dem Bogenschützen entgegen. Er versuchte noch einen Pfeil auf die Sehne zu legen, doch er war nicht schnell genug. Schon war ich heran und rammte ihm meinen Haken in den Leib. Immer und immer wieder, bis nur noch ein entstellter, blutender Körper vor mir in den Staub sank.

Natürlich muss es, wie in jeder guten Geschichte, böse GegenspielerInnen geben (NSC – Nicht Spieler Charaktere), die versuchen, den Spielern ihr (Über-) Leben ein bisschen schwerer zu machen. Diese NSCs arbeiten mit dem Veranstalter zusammen und werden von diesem dort eingesetzt, wo er sie gerade benötigt. Wenn also beispielsweise ein wichtiger Ort von den Spielern eingenommen wurde, werden die NSCs losgeschickt, um diesen Ort wieder zurück zu erobern. Die SpielerInnen sollen es nicht zu einfach haben. Ein Priester kam auf uns zu, deutete mit einer skelettierten Hand Richtung Feind und sagte mit krächzender Stimme: „Bringt mir Gefangene! Wir brauchen sie für ein Ritual. Seine Heiligkeit verlangt es.“ Wir machten uns auf den Weg, verbargen uns so gut es ging und konnten uns im Schutz eines Holzschuppens an eine kleine Gruppe von drei Siedlern heranschleichen. Zu spät sahen sie uns kommen. Sie versuchten noch zu fliehen, doch schnell hatten wir sie eingeholt und umzingelt. Ein Alter, nur mit einem Schwert bewaffnet, stand mir gegenüber und ich wähnte leichte Beute. Doch als ich den ersten Schwerthieb von ihm spüren musste, wusste ich, dass es nicht so einfach werden würde. Also bedrohte ich ihn mit Scheinangriffen, bis Tam heran eilte und ihm seine Axt in den Rücken trieb. Wir schleppten die drei mehr tot als lebendig zu unseren Priestern und machten uns wieder auf die Jagd. Eine dieser „bösen GegenspielerInnen“ NSC–Fraktionen auf dem Conquest of Mythodea ist unter anderem die Gruppe Das Untote Fleisch. Bereits verstorbene KriegerInnen, die stets durch die Macht der Knochenkönigin wieder erweckt werden, um Angst und Schrecken zu verbreiten und alles Leben zu vernichten. Hinter diesen untoten Kriegern stehen Menschen, die viel Liebe zum Detail mitbringen und ein enormes Maß an Zeit dafür aufwenden, auch tatsächlich untot auszusehen. Beim Untoten Fleisch gibt

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es verschiedene Untergruppen, die sogenannten Lairdoms. Auf dem Conquest of Mythodea 2015 war ich Teil des Lairdoms Corpsedale. Mein Kostüm war an einen untoten Schotten angelehnt, dementsprechend trug ich einen zerschlissenen Kilt. Und da Schottland in dieser Welt nicht existierte, kam ich aus einer Region namens Hohld. Der erste Tag startete bereits mit einer spannenden Aufgabe. Wir bekamen die Auftrag, dass wir einen bestimmten Charakter besonders mächtig erscheinen lassen sollten. Und so gingen wir verkleidet als Untote, mit zerrissenen und schmutzigen Gewändern auf einen Hügel, damit dieses Schauspiel auch gut von allen übrigen SpielerInnen gesehen werden konnte. Es war ein ziemlich beeindruckender Anblick, als etwa 500 Untote Aufstellung bezogen und einfach nur „gut“ aussahen. Nach kurzer Zeit kam dann auch schon diese mächtige Person, die wir auf Befehl unserer Anführer angreifen mussten. Wir, die untoten Schotten, also die Hohldianer, stürmten schreiend auf sie zu und ließen uns dann leblos zu Boden fallen, als wir sahen, dass sie ihren „Zauber“ (sie machte diverse Handbewegungen) begonnen hatte. Immer weiter stürmten die Untoten auf sie zu, doch starb jeder Einzelne, noch bevor er sie überhaupt berühren konnte. Überall auf dem Feld lagen Untote herum, bis letztlich unsere obersten Anführer mit vereinten Kräften den „Sieg“ erringen konnten. „Hohldianer! Macht sie nieder!“ schrie unser Anführer. Wie ein Mann erhoben wir uns und stürmten mit gezückten Waffen auf die Heroldin los. Wir waren nur noch wenige Meter von ihr entfernt, als uns plötzlich eine unsichtbare Faust traf und in die Finsternis stürzte. Anhand dieser Szene kann man sehr gut erkennen, dass NSCs zwar die Bösen sind, aber eigentlich die StatistInnen geben, die der ganzen Welt letztlich Le-

ben einhauchen. Weiters darf man nicht vergessen, dass es immer noch ein Spiel ist. Es geht zwar darum, etwas zu erringen, jedoch muss dies auch immer mit dem Aspekt des Miteinanders verbunden werden, um eine schöne Atmosphäre zu schaffen. Der Captain nickte uns stumm zu. Wir brachen aus dem Wald und überraschten die Sterblichen, als sie irgendein unheiliges Ritual durchführen wollten. Als sie uns sahen versuchten sie noch zu fliehen, doch waren sie fett und schwach. Wir holten sie ein und konnten einige von ihnen schwer verwunden, ehe ihre Verstärkung eintraf und wir uns zurückziehen mussten. Die nächsten Tage sind eigentlich schnell erzählt. Wir gingen dorthin, wo wir gebraucht wurden. Siegten und ließen uns besiegen, nahmen strategisch wichtige Punkte ein und machten damit das Leben der SpielerInnen nicht leichter. Wir traten gegen eine Übermacht von fünf zu eins an und fanden einen gloriosen Tod in der Schlacht – und kamen letztlich wieder, um in derselben Schlacht erneut glorios unterzugehen. Wir warfen uns vor wichtigen Persönlichkeiten in den Staub und priesen ihre Herrlichkeit, nur um danach wieder in den Kampf geschickt zu werden. Und immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, eine gute Show zu liefern, gut auszusehen und eine Bereicherung für das Rollenspiel zu sein. Angetrieben von den Schreien der Kriegsknechte zogen wir die riesige Glocke, die auf einem Karren befestigt war, den Schädelhügel hinunter. Die Armee des Feindes, die elenden Eindringlinge, empfing uns mit Schwert, Axt und Speer. Eine undurchdringliche Wand von Leibern versperrte uns den Weg. Doch wir zogen die Glocke unbeirrt weiter und als der erste Schlag des eisernen Behemoths erklang, packte das elendige lebende Menschengezücht das Entsetzen und ließ sie in Panik wie die Ratten fliehen.


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Ich legte ungezählte Kilometer zu Fuß zurück, holte mir blaue Flecken, hatte diverse Zerrungen über den ganzen Körper verteilt. Mir taten im wahrsten Sinne des Wortes alle Knochen weh. Ich vernichtete nicht weniger als 20 Liter Wasser in vier Tagen und war danach so zerstört, dass ich eigentlich noch eine Woche Urlaub gebraucht hätte. Ich habe neue Bekanntschaften geschlossen, habe mit völlig Fremden gelacht und das Wasser geteilt. Habe staunend zugesehen, wie unsere Loyals (schwer gepanzerte Ritter) in voller Rüstung mit ihrem Banner aufmarschiert sind und einen Sturmangriff durchgeführt haben und habe mich von den Kostümen und der Welt mitreißen lassen. Das Lairdom Corpsedale nahm mich mit offenen Armen auf, ich fühlte mich sofort akzeptiert und, aufgrund ihrer Herzlichkeit, wie in der Heimat angekommen. Es war eine der geilsten Erfahrungen meines Lebens. Den werten LeserInnen wird sich nun die Frage stellen: „Wieso sollte man sich so etwas antun?“ Manch einer würde dies vermutlich mit einer „Flucht aus der Realität“ begründen. Ich selbst sehe dies für mich jedoch anders. Denn fliehen kann ich vor der Realität

nicht, egal wohin ich gehe. Ich sehe dies eher als Auszeit. Man kann für wenige Tage den Alltag hinter sich lassen. Man kommuniziert überwiegend direkt und ist von lieben Menschen umgeben, die dieselbe Leidenschaft teilen, wie man selbst. Welcher Berufs- oder Altersgruppe sowie welcher ethnischen Herkunft diese Menschen angehören, ist vollkommen nebensächlich. Von der Physiotherapeutin, über den Tischler, über den Computerfachmann bis hin zum Lehrer und von der Pensionistin bis hin zum Jugendlichen, ist alles vertreten. Grenzen, die einem das alltägliche Leben auferlegt, verschwimmen und werden außer Kraft gesetzt. Das Handy ist lästiger Anhang, der nicht mehr gebraucht wird. Man taucht in eine Fantasiewelt ein, in der die Schrecken der wirklichen Welt in den Hintergrund treten. Setze ich mich deswegen mit der Realität nicht auseinander? Ich gehe mit offenen Augen durch diese Welt, nehme Dinge auf, kritisiere, hinterfrage und prangere an. Durch LARP habe ich jedoch einen geschützten Rückzugsort gefunden, der mir hilft mein Leben zu entschleunigen und alles etwas gelassener zu sehen. Denn hier ist alles nur ein Spiel.

www.live-adventure.de

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HOCH DROBEN AUF DER ALM DA TOBT DER KAMPF UMS GELD* Eine heimatliche Reiseimpression von Veronika Ellecosta

*FREI NACH EINER ALTEN WEISE


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uf in die Berge, denke ich jedes Jahr, wenn die großen Sommerferien beginnen und die Bahnhöfe ein Sammelbecken für TouristInnen aller Formen und Farben werden. Auf in die Berge, nach Hause, dachte ich schon damals, als rote Pflaster mit Elefanten meine zerschrammten Kleinmädchenknie zuklebten. Und so mache ich mich auch heuer wieder auf , zuerst in großen, klimatisierten Abteilen mit ZugbegleiterInnen, die Muffins und anstandslosen Kaffee verkaufen, dann in ratternden Achtzigerjahrezügen, deren Fenster zerkratzt sind und die so ohrenbetäubend laut sind, dass man der Menschen Freund und Helfer in adretter Uniform kaum hören kann, wenn sie Reisende, die irgendwelchen Kriterien nach Flüchtlinge sein könnten, kurz nach der Grenze aus den Waggons holen. Schließlich lande ich im Familienauto, weil die letzte Etappe, die hinauf in die Unebene führt, noch nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen ist und davon auch ruhig verschont bleiben darf. Denn auch ohne Zugschienen und Busse boomt der Tourismus hier. Die Hotels heißen dann Alpenrose oder Edelweißhof oder sind nach irgendeinem Dolomitengipfel benannt und natürlich in Familienhand seit Generationen und werden auch von Familienhand streng geführt. Und es gibt frisch gespritzte Äpfel in Flüssigformat und Speck Made in South Tyrol Imported from China und für vegetarisch Vegetierende guten Käse von den Kühen, die der Bauer noch alle beim Namen kennt, wenn er sie morgens an die überdimensionale Melkmaschine schließt. Das Hotel Alpenrose oder Edelweißhof oder irgendein Dolomitengipfel ist nämlich ein Ort, wo Tradition auf Moderne trifft. Genauso wie der Besitzer, einst Bauer und heute Hotelier, der blitzschnell zwischen grünem Stalloverall und Hemd und Lederhosenlook switcht, nein wechselt. Durchaus geübt passt er seinen Jargon an jeweilige GesprächspartnerInnen an, die da wären Rosa, die Buntgescheckte an der Melkmaschine oder Marigianna, die Kolorierte an der Rezeption. Marigianna hat die ganze Sippe mitgebracht, weil vacanze in montagna, stand im Reisekatalog, sei ein Spaß für die ganze Familie und zudem noch so gesund. Und so brutzelt Marigianna auf der sonnengeplagten Terrasse in den Liegestühlen einer hiesigen Biermarke, das rechte Auge seltsam verdreht über die Brut wachend, die sich im örtlichen Sandkasten mit Katzendreck bewirft. Am Geländer schimpft der Vater in sein Handy, und fuchtelt, soweit eben möglich, mit beiden Händen. Weiter sehen wir: Die Kleinstadtbourgeoisie, die mal eben den Sonntag spazierend verbringen wollte und sich bei Kaffee und Kuchen über die Nachbarsschulden austauscht; die Katze, Verursacherin des oben beschriebenen Drecks im Sandkasten; Bello,

der Hofhund, der eigentlich Rocky heißt, weil ein Hofhund doch nicht Bello heißen kann, aber eigentlich ist es kein Hofhund, weil der Hof ja zum Hotel mutiert ist und somit wäre Bello überhaupt viel passender. Aber der verdammte Köter heißt immer noch Rocky und nicht Bello und das Hotel ist noch immer ein Hof. Davon können jene Gäste ein Lied singen, deren Zimmer mit Balkon auf die Hinterseite des Gebäudes zeigen und den Panoramablick auf den Misthaufen freigeben. Und Rocky ist tatsächlich ein Hofhund, davon kann ich auch ein Lied singen, weil er nachts einen Heidenlärm macht und die Gäste aus dem gesunden Gebirgsschlaf reißt und mich im kleinen Berghüttchen unweit des Hofhotels übrigens auch. Außerdem hat er mich, als ich noch stolze Inhaberin von zerschrammten Kleinmädchenknien mit roten Elefantenpflastern war, angeknurrt, als die Bauersfrau aufgeweichte Waffeln des Hauses mit Preiselbeermarmelade an uns verfüttert hat. Da war sie noch Wirtin, heute Hotelierin und die Waffeln noch die besten weit und breit. Heute haben sie auch einen Internetauftritt mit Kulinarikbildern von Waffeln mit Preiselbeeren, und irgendwann ist ein Hubschrauber mit Getöse über den Hof, heute Hotel geflogen und zu den Kulinarikbildern hat sich ein atemberaubendes Panoramafoto mit viel Grün und Blau gesellt. Darunter steht irgendetwas von Königsloge und Wanderungen, die eigentlich mindestens eine Stunde Anfahrt verlangen, aber das steht da natürlich nicht. Und von Heubad und Stadtnähe, aber auch da steht nicht, dass ein Auto dazu notwendig ist, zum Stadtfahren, nicht zum Heubaden. Und deshalb quälen sich Jung und Alt in Blechkübeln hier hinauf auf den Berg, um Ruhe zu suchen. Sie finden hier italienische Abende, mit C-Klasse Musikern, die mit öliger Stimme Al Bano schmettern und die beinah unheimliche Bergstille zerreißen. Sie finden eine ungeklärte Hof- Hotel Frage und einen äußerst vielseitig begabten Bauern, heute Hotelier – und Bauer. Sie finden einen lärmenden Köter und einen modernen Kuhstall, unzählige weite grüne Wiesen, die aber immer unabhängig voneinander gemäht werden, weil sie verschiedenen Bauerschaften gehören und diese bekanntlich unterschiedlichen Wetterberichten folgen und ihre Wiesen mit Maschendrahtzaun voneinander getrennt haben. Sie finden ein würdiges Beispiel für den aggressiven Wettkampf um Geld und Wohlstand, irgendwo auf der Schwebe zwischen Moderne und Tradition angesiedelt, zwischen Sightseeing und Melchn zugunsten einer größenwahnsinnigen, anonymisierten Allerweltshow auf der bergigen Bühne. Sie sehen das vielleicht auf Anhieb nicht- aber vielleicht mit ein wenig Glück die Rehe äsen, wenn sie im Wellnessbereich relaxen.

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„Wir wollen doch nur spielen“ Wer den Begriff Wettkampf hört, denkt meist eher an schwitzende AthletInnen als an Karten spielende Jugendliche. Zu unrecht, denn weltweit treten jeden Tag hunderttausende Begeisterte bei sogenannten Trading Card Games wie Magic oder Yu-Gi-Oh gegeneinander an. Und wie bei anderen Massensportarten hat sich auch hier ein profitabler Markt entwickelt. Wir haben den Salzburger Spieleraum besucht und dort mehr über das Phänomen Trading Card Games erfahren. Von Fräulein Floras Favourite Hangouts

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s ist früher Abend, als wir das kleine Geschäft beim Salzburger Klausentor betreten. Obwohl es ein Wochentag ist, befinden sich mehrere Jugendliche in dem engen Raum. Sie sitzen paarweise auf Bierbänken und sind ganz auf ihre Karten konzentriert. Immer wieder glauben wir, Worte wie „ich beschwöre“, „ ich aktiviere“ oder „ich greife verdeckt an“ zu verstehen. Lateinische Zaubersprüche könnten uns nicht mehr verwirren. Das „Urgestein“ des Spieleraumes. Als wir versuchen, das Gehörte zu entziffern, begrüßt uns unser Gesprächspartner für den Abend. Dalibor ist Angestellter im Spieleraum und mit 26 Jahren ein echtes Urgestein. Seit knapp 15 Jahren verbringt er einen Großteil seiner Zeit hier. Zu Beginn hat es ihn mit seinen Klassenkollegen hierher gezogen. Da hatte der Spieleraum gerade neu eröffnet. Aus dem Hobby wurde dann eine Anstellung. Und jetzt ist er die gute Seele, versorgt die SpielerInnen mit Karten und koordiniert die Turniere vor Ort.

Trading Card Games: Yu-Gi-Oh und Magic: The Gathering. Wer in den Spieleraum kommt, will meist entweder Yu-Gi-Oh oder Magic: The Gathering spielen. Für EinsteigerInnen sieht der Werdegang bei diesen Trading Card Games ähnlich aus: Man kauft sich ein Starter-Set, fettet es durch sogenannte Booster-Packs auf und erstellt daraus nach und nach sein Deck. Wie auch bei den großen Sportarten Fußball & Co. sind die ProtagonistInnen nicht unverkäuflich. Nur wer geschickt kauft und tauscht, kann sein Deck in eine mächtige Waffe verwandeln. Kein Wunder, dass sich ein lukratives Geschäft mit den Karten entwickelt hat. Vor allem SammlerInnen sind bereit, eine Menge Geld für rare Stücke hinzublättern. Die Marke liegt hier weit jenseits der 10.000 Euro pro Karte. Trotzdem gewinnt bei Trading Card Games nicht automatisch der SpielerInnen mit der größten Brieftasche, erklärt uns Dalibor. Bei den Games handelt es sich um Strategiespiele, die viel Training erfordern. Geübt werden oft viele Stunden pro Woche. Als Dalibor noch


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reiselustiger war, ist er oft nach Deutschland, Belgien oder in die Niederlande gefahren, wie es eben die finanziellen Mittel eines Schülers zuließen. Sein Budget hat er sich, wie viele andere, mit dem Handel von Karten aufpoliert. Dabei sein ist (nicht) alles. Bei Magic: The Gathering wird seit 1994 sogar jedes Jahr eine Weltmeisterschaft gespielt. Amtierender Champion ist der Israeli Shahar Shenhar. Mit seinen 21 Jahren hat er den begehrten Titel bereits zwei Mal gewonnen und dabei über 100.000 Dollar eingeheimst. Von diesen Summen können die im Spieleraum anwesenden Jugendlichen bis jetzt nur träumen. Trotzdem stehen sie den Großen in Engagement um nichts nach. Mindestens drei Turniere finden hier jede Woche statt – oft sind es mehr. Während wir uns unterhalten, erzählt ein Jugendlicher neben uns besorgt, dass er gerade einen Termin versäumt, weil er sich nicht losreißen kann. Dabei sei er extra deshalb nach Salzburg gekommen. Macht ja nichts ... der Termin kann warten! Kein Wunder, dass in Deutschland vor einiger Zeit an manchen Schulen das Spielen von Magic: The Gathering kurzzeitig verboten wurde. Die SchülerInnen seien zu sehr abgelenkt worden, hieß es da. Heute ist die Ablenkung aber wieder erlaubt. All dieser Leidenschaft zum Trotz ist die Stimmung im Spieleraum kollegial und freundlich. Von gehässiger Rivalität ist hier nichts zu sehen. Auf einem Tisch neben uns zeigt ein routinierter Spieler gerade einem Anfänger, wie die Regeln funktionieren. Ein Dritter sieht zu.

An einem anderen Tisch schließen gerade zwei Burschen Freundschaft, die sich vorhin zum ersten Mal begegnet sind. Lukrative Tauschgeschäfte. Wir werden erneut unterbrochen. Ein Kunde ist gerade mit einigen Kartenanfragen hereingekommen. Dalibor tippt die Titel der gewünschten Karten in ein Logistik-System am Computer. Kurz danach schnappt er sich einen schwarzen Ordner und zieht die gewünschte Karte heraus. Wie viele Karten weltweit bereits verkauft wurden, ist schwer zu sagen. Wir finden im Internet Hinweise, dass es 2011 bereits geschätzte 25 Milliarden waren. An all dem verdienen sich natürlich vor allem die HerstellerInnen der Spiele eine goldene Nase. Den Rest des Kuchens heimsen jene ein, die clever kaufen und verkaufen. Auch in der Vermarktung bilden die Card Games also keine Ausnahme zu andern Trendsportarten, bei denen die HändlerInnen gutes Geld mit der Leidenschaft der KundInnen verdienen. Und dennoch bleibt bei uns nach unserem Termin im Spieleraum kein bitterer Nachgeschmack zurück. Zu herzlich und liebenswert ist die Stimmung in der kleinen Höhle beim Klausentor. Zu freundlich haben uns die Jugendlichen mit ihren Karton gewordenen Träumen empfangen. Und so verabschieden wir uns mit einem positiven Eindruck aus dem Spieleraum und überlegen für einen Moment ganz ehrlich, ob wir nicht auch 15 Euro für ein Einsteiger-Set ausgeben wollen. Wir haben unser Geld an so manchem Abend am Rudolfskai schon sinnloser verpulvert!

www.fraeuleinflora.at

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fellner weis‘sche hei ten

Impressionen eines StV-Vorsitzenden a.D.*

ELITE-UNIS: BILDUNG ZWISCHEN DRUCK UND SPASS

Wettbewerb, ein Wort, das wir vor allem mit der Marktwirtschaft in Verbindung bringen. Bildung ist vom Wettbewerb nicht ausgenommen: Weder die Universitäten, die Bildung anbieten, noch die Studierenden, die Bildung nachfragen. Studieren um des Studierens willen, das war einmal. Die SiegerInnen dieses Wettbewerbs kommen aber nicht von ungefähr, sondern werden regelrecht „produziert“ – in Kaderschmieden, auch Elite-Unis genannt.

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liteuniversitäten sollen, wie der Name schon sagt, Eliten (re)produzieren. Deren Auftrag, so geht die Annahme weiter, besteht darin, „uns“, also die nette, hoffentlich unkritische Masse, anzuführen. Beim Zugang wird streng selektiert, auch wenn der theoretische Pool als Basis ein sehr großer ist. Entstanden ist diese Idee der Meritokratie, einer Herrschaft der Verdienstvollen sozusagen, nach der Französischen Revolution, als der alte Adel seiner politischen Rolle enthoben wurde.1 Beispiele sind Harvard, Oxford, Cambridge und die französischen Grands Écoles (École Polytechnique, École National d’Administration usw.). Studiengebühren sind an diesen Universitäten selbstverständlich. Sozial gestaffelt freilich, sie können aber weit in die (einstelligen) Tausende gehen. Unabhängig davon, wie man zu dieser Beschränkung steht, lohnt sich dennoch einmal ein Blick in die inneren Strukturen einer solchen Universität. Meine Erasmussemester habe ich an der Universität Sciences Po Paris verbracht, die man durchaus als Elite-Uni bezeichnen kann. Für mich war es noch relativ leicht, dorthin zu gelangen. FreundInnen, die an der Uni Wien studierten, mussten hingegen ein Auswahlverfahren über sich ergehen lassen. Man fragt sich vielleicht, ob Bibliotheken an Elite-Unis höchsten Komfort bieten und wie das soziale Leben der Studierenden aussieht – kurz gesagt: Es entspricht nicht unseren Gewohnheiten.

Die Bibliothek ist zumeist restlos überfüllt, etliche Studierende sitzen auf dem Boden. Wer zu Mittag einen Sitzplatz ergattert, hat das große Los gezogen. Das mag an kleineren Universitäten sicher anders sein, steigert aber wahrscheinlich irgendwann die Fähigkeit, rasch unkonventionelle Lösungen zu finden. Man könnte ja beispielsweise einen eigenen kleinen Campingtisch mitbringen. Ich war jedenfalls kurz davor. Sich am Abend spontan mal zu einem Bier zusammen zu setzen, war eher ungewöhnlich. Die Antwort war zumeist, dass es einem leid tue, aber man noch lernen müsse. Die Noten dieser Leute waren dann auch dementsprechend hervorragend. Nicht, dass es keine Feiern gegeben hätte, diese waren eben seltener, dafür aber exquisiter. Wesentlich mehr Zeit haben einige sehr engagierte Studierende dafür in die Vorbereitung von politischen Diskussionen gesteckt, die in verschiedenen Lokalen stattfanden und zumeist geistreich waren. Von den berühmt-berüchtigten Bettelmails, die es an der Uni Salzburg zu Hauf gibt, habe ich kein einziges gesehen. Gegenseitige Hilfe kurz vor der Prüfung, das gab‘s in einer stark veränderten Form. Einige Studierende organisierten untereinander, wer welches Kapitel auszuarbeiten hat und den anderen zur Verfügung stellen muss. Wer selbst nichts lieferte, bekam auch nichts und weitergeben war streng verboten. Mein Fazit lautet daher: Elite-Unis sind hart, leistungsorientiert und von einem Studium um des Studierens willen weit entfernt. Schade eigentlich.

1: http://bit.ly/elitenGER (21.07.2015)

*Christof Fellner war Vorsitzender der StV-Politikwissenschaften


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uni & leben

Max Wagner (Stv. Vorsitzender, VSStÖ), Katharina Obenholzner (Vorsitzende der ÖH Salzburg, GRAS), Nicole Vorderobermaier (Stv. Vorsitzende, GRAS)

MITEINANDER STATT KONKURRENZ

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as Konkurrenzdenken zieht sich durch viele Bereiche der Gesellschaft. Was zählt ist Leistung, vor allem eine bessere Leistung abzulegen als die anderen. Auf der ÖH Salzburg gelten jedoch andere Regeln: Gemeinsam arbeiten, gemeinsam etwas erreichen. Als zentrale Frage beschäftigt uns dabei: Wie können wir gemeinsam noch mehr erreichen? Wie können wir uns gegenseitig unterstützen? Im Mai 2015 fanden österreichweit an allen Hochschulen die ÖH-Wahlen statt. Auch wenn in Salzburg weiterhin eine grün-rote Koalition die Referate leitet, so kommt es nach den Wahlen oftmals zu einem personellen Wechsel. Viele ÖH-MitarbeiterInnen, die ihr Studium beenden, verlassen die ÖH. Manche wechseln den Bereich innerhalb der ÖH, in dem sie tätig sind. Gleichzeitig kommen viele neue Gesichter hinzu, die nun erstmals ÖH- Luft schnuppern. Dieser Wandel bedeutet, dass viele neue Ideen und Projekte auf die ÖH zukommen. Es bedeutet aber auch viel Arbeit, bis alles wieder reibungslos läuft und sich alle Referate voll ihren Angelegenheiten widmen können. Genau dieser großen Aufgabe haben wir uns im (teilweise ebenfalls neuen) Vorsitzteam über die Semesterferien angenommen: neue Projekte koordinieren, E-Mailverteiler und IT-Berechtigungen än-

dern, neue Personen an der ÖH einschulen, unterstützen. Doch neue Ideen und Projekte zu haben, bedeutet auch, sich Gelerntes aus der Vergangenheit vor Augen zu halten und darauf aufzubauen: Was hat in den letzten zwei Jahren gut funktioniert und soll weitergeführt werden? Was hat in den letzten zwei Jahren zwar funktioniert, könnte aber noch besser gemacht werden? Was hat in den letzten zwei Jahren vielleicht nicht funktioniert und kann durch Neues ersetzt werden? Denn ein solcher Wechsel sollte keine zu großen Auswirkungen auf unsere Tätigkeit haben: Wir sind für euch da; wir wollen euch im Studium unterstützen, eure Studiensituation verbessern und coole Projekte anstoßen und auch Veranstaltungen für euch organisieren. Darüber hinaus, um das Miteinander noch einmal zu betonen, sind wir auch eine Anlaufstelle für eure Ideen und Projekte – sei es Heimfest, eigene Veranstaltungen, Projekte, Clubs, wir unterstützen euch. In den Semesterferien wird der Grundstein gelegt für ein erfolgreiches Wintersemester. Die ersten großen Aufgaben warten schon auf uns: Bei den Welcome Days dürfen wir wieder viele neue Studierende in Salzburg begrüßen, bereiten dafür natürlich Info-Material vor und unterstützen die Studienvertretungen in ihrer Beratungstätigkeit. Die ÖH startet im Oktober wieder eine Ringvorlesung gemeinsam mit der Universität zum Thema Human-Animal Studies (siehe S. 67), auch diese will vorbereitet sein. Das neue Lehramtscurriculum, welches ab Oktober 2016/17 in Salzburg und Linz starten soll, geht in seine finale Planungsphase und als eure Vertretung wollen wir dieses Studium natürlich bestmöglich mitgestalten. Das Universitätsgesetz soll geändert werden – auch das sehen wir uns alles sehr genau an und melden mögliche Problempunkte dem Ministerium. Schließlich betrifft das Universitätsgesetz uns alle, denn dort sind viele Regelungen zu Prüfungen, STEOP und Aufnahmeverfahren festgehalten. Wir sind bereits jetzt sehr erfreut und stolz, wieder ein grandioses Team in der ÖH Salzburg zu haben, und dieses Team koordinieren und unterstützen zu können. Unser tägliches Schaffen wollen wir kooperativ und „ellbogenfrei“ gestalten – wir sehen dieses Miteinander als Grundstein für die gemeinsame Arbeit als Studierendenvertretung.


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UNI & LEBEN

DIE REFERATE DEINER ÖH DAS BERATUNGSZENTRUM

Reihe oben: Christoph Krainer, Peter Engel, Lorenz Frank; Reihe unten: Lyn Kyirakova, Duy Le Pham, Kinga Lakatos (ausgeschieden Juni 2015), Elba Frank; Bild links oben: Felix Klein, seit Juli 2015 dabei

Hallo liebeR LeserIn, wir beantworten gerne all deine Fragen rund um das Studium, egal ob du noch zur Schule gehst und am Überlegen bist, welches Studium am besten zu dir passt, ob du dir bereits ausreichend Informationen zum Studium deiner Wahl besorgt hast und nun gerne etwas Struktur in diese bringen willst. Auch während deines Studiums, wenn es um Angelegenheiten wie Benotung, Lernen oder schlicht um die Finanzierung deines Studiums geht, helfen wir gerne weiter. Und sollten wir einmal etwas nicht wissen, finden wir in unserem breiten Netzwerk dann die richtigen AnsprechpartnerInnen für deine Anliegen.


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DAS BILDUNGSPOLITISCHE REFERAT Eine unserer Hauptaufgaben ist es, studentische Mitbestimmung in Arbeitsgruppen und Kommissionen der Universität aktiv zu gestalten und zu unterstützen. Dies beinhaltet unter anderem, StudierendenvertreterInnen und Gruppen beratend zur Seite zu stehen und auf bestimmte Themen und dazu stattfindende Sitzungen vor- bzw. auch nachzubereiten. Neben diesen Schulungen oder individuellen Treffen arbeiten wir auch selbst aktiv daran, studentische Mitbestimmung auf allen Ebenen auszubauen und sind immer in regem Kontakt mit den verschiedensten Stellen der Universität, der Bundes-ÖH und auch dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Um auch anderen Stellen der ÖH die Möglichkeit zu Stellungnahmen zu geben, organisieren wir Fortbildungs- und Vernetzungs- sowie Info-Veranstaltungen und erstellen Texte für Online- und Printmedien der ÖH. Ganz konkret arbeiten wir zurzeit daran, die StVen bei der Entwick-

DAS FRAUENREFERAT Feministisch, queer, kritisch und unabhängig. Warum dann der Begriff Frauenreferat? Weil wir Frau nicht nur als Identität, sondern auch und noch viel mehr als Kategorie verstehen. Wir bieten mit unseren Veranstaltungen gezielte Frauenförderung an, um Räume für Frauen zu schaffen, die ihnen zu oft verwehrt bleiben. Wir beschäftigen uns intensiv mit Formen der Diskriminierung und wollen mit Veranstaltungen Diskriminierungsfaktoren aufzeigen und Zusammenhänge sichtbar machen. In diesem Kontext gewinnt die kritische Auseinandersetzung mit intersektioneller Diskriminierung und Diversität in unserer Arbeit mehr und mehr an Bedeutung. Wichtigste Ziele sind für uns Gleichbehandlung, Selbstbestimmung, gleichberechtigter Ressourcenzugang und Selbstreflexion. Es gibt einige Fixdaten im Jahr für das Frauenreferat. So gehören der 8. März, der Welthurentag und 16 Tage gegen Gewalt an Frauen zu den projektintensivsten Tagen. Mitunter bemühen wir uns, eine queere, selbstbestimmte Szene in Salzburg zu unterstützen, Menschen und Zustände aus der Unsichtbarkeit zu holen und Frauen im Bildungsbereich zu fördern. Zurzeit sind für die Arbeit des Frauenreferats Elisabeth, Jenny und Kathi verantwortlich.

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lung der neuen Lehramtscurricula zu unterstützen und sorgen dafür, dass ihre Stimmen auch im Senat der Universität Salzburg, dem zentralen Ort, an dem alle Curricula der Universität final abgesegnet werden, Gehör finden. Dazu verfassen wir Stellungnahmen und koordinieren die Bemühungen aller StudierendenvertreterInnen – auch über mehrere Hochschulen hinweg. Wenn beispielsweise Änderungen von Gesetzen wie dem Universitätsgesetz angedacht sind, analysieren wir diese Vorschläge genau und verfassen dazu Stellungnahmen. Dabei reicht die Zusammenarbeit oftmals von Bundes-ÖH bis hin zu lokalen Hochschulen wie dem Mozarteum und den Fachhochschulen. Die gewonnenen Informationen werden dann mit Tipps zur Erstellung einer Stellungnahme natürlich auch mit den StVen und FVen geteilt, um auf allen Ebenen der ÖH eine starke Mitbestimmung zu gewährleisten. Das BiPol besteht derzeit aus Referent Felix Klein (Psychologie), Elisabeth Vogl (Rechtswissenschaften), Ivana Ristic (Rechtswissenschaften, Politikwissenschaft) und Christoph Würflinger (Geschichte, Lehramt Geschichte und Latein).

DAS GESELLSCHAFTSPOLITISCHE REFERAT Wir sind ein engagiertes und oftmals empörtes Grüppchen an Leuten, welches sich gesellschaftlich relevanten Thematiken an der Universität Salzburg verschrieben hat. Wir empören uns über aktuelle Missstände und wollen mit unserem Engagement die Öffentlichkeit auf uns aufmerksam machen und durch zielgerichtete Maßnahmen Änderungen auf regionaler Ebene vorantreiben. Besonderes Augenmerk richten wir momentan auf den Bereich der Nachhaltigkeit, um hier in guter Zusammenarbeit mit der Universität auf den drei Säulen der Ökologie, der Ökonomie und dem Sozialen bleibende Erfolge zu erzielen. Auch kümmern wir uns um die Belange von Personen mit den unterschiedlichsten Behinderungen oder psychischen Erkrankungen, um ihnen bei der Überwindung der Barrieren unserer Gesellschaft zu helfen. Als weiteren wichtigen Punkt sehen wir die antifaschistische Arbeit sowie generell Einsatz gegen Diskriminierung jeglicher Art, unabhängig davon, ob es sich dabei um mittellose Menschen, Flüchtlinge oder Notreisende handelt. Gemeinsam bringen wir kontinuierlich Veränderungen auf den Weg. Derzeit besteht das gesellschaftspolitische Referat aus Florian Spitzer, Caroline Huber, Larissa Borst, Martina Winkler und Maria Gruber.


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DAS INTERNATIONALE REFERAT Das Internationale Referat betreut internationale Studierende, die im Rahmen von diversen Austauschprogrammen (Erasmus, Joint study, etc.) nach Salzburg kommen, um hier ein oder mehrere Auslandssemester zu verbringen. Dabei versuchen wir, bei Fragen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Um internationale Studierende und die Salzburger Studierenden miteinander zu vernetzen, gibt es das Buddy Network. Dabei können sich internationale Studierende an uns wenden und bekommen dann Buddies mit demselben Studienfach zugeteilt, die ihnen gerade in der Anfangszeit bei relevanten Fragen rund um den Studi-Alltag etwas zur Seite stehen. Dies ist für beide Seiten ein Gewinn: Die Buddies lernen neue Menschen aus anderen Ländern und Kulturen kennen und die Austauschstudierenden können sich schneller in Salzburg einleben. Ihnen wird die Vernetzung mit anderen Studierenden erleichtert. Weiters organisiert das Internationale Referat auch andere Möglichkeiten zur Vernetzung von Incoming-Studierenden und Salzburger Studis, wie internationale Kochabende, und andere Veranstaltungen. Wir arbeiten auch eng mit dem Erasmus Student Network (ESN) zusammen, welches seit einiger Zeit auch ein ÖH Club und somit Teil der ÖH ist. Wir suchen laufend Buddies für unser Buddy Network. Wenn ihr Interesse daran habt, schreibt uns einfach eine E-Mail – dies gilt natürlich auch für alle anderen (An)fragen! internationales@oeh-salzburg.at

Ich engagiere mich innerhalb der ÖH im Internationalen Referat, weil... – Ich mich gerne mit Menschen aus anderen Kulturen und Ländern austausche. – Es mir am Herzen liegt, eine Vernetzung von Incoming und Salzburger Studierenden mehr zu fördern, da das eine Bereicherung für beide Seiten ist. – Ich hoffe, dass wir in den nächsten zwei Jahren einiges an Projekten zur Verbesserung und Förderung der Vernetzung von Incomings und Salzburger Studis umsetzen können. (Viola Heberger)

Warum ich mich innerhalb der ÖH im Internationalen Referat engagiere: Ich habe durch meinen Erasmus-Studienaufenthalt in Warschau sowie durch zahlreiche Praktika im Ausland bereits viel Auslandserfahrung gesammelt und habe auch Spaß daran, mich mit Menschen aus anderen Ländern und Kulturen auszutauschen. Das Internationale Referat sollte eine Anlaufstelle für Fragen der internationalen Arbeit und Vernetzung sein sowie der Knotenpunkt zwischen Incomings und Outgoings. In meiner Arbeit möchte ich eben diese internationale Vernetzung bestmöglich unterstützen und Studierenden bei ihren Fragen diesbezüglich helfen! (Dominik Schlair)

DAS REFERAT FÜR ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Die Aufgaben des Referats für Öffentlichkeitsarbeit (kurz: ÖffRef ) sind mannigfach. So kreieren wir beispielsweise Grafiken und Logos, verfassen Presseaussendungen und betreuen die digitalen Auftritte der ÖH. Prioritär ist dabei stets eine möglichst hohe Sichtbarkeit der ÖH-Salzburg innerhalb der Universität, als auch nach außen hin. Neben unseren eigenen Kampagnen beraten wir uns ebenfalls mit den anderen Referaten, um auch für deren Kampagnen möglichst wirksame Öffentlichkeitsarbeit betreiben zu können. Überdies betreuen wir das ÖH-Radiomagazin Hörsaal, erstellen für Salzburg spezifische Broschüren und Flyer und stehen im Kontakt mit Rundfunk und Printmedien. Das mit Beginn der neuen Exekutivperiode völlig neu besetzte ÖffRef besteht aktuell aus: Christa Schwandtner (Referentin), Christian Kaserer (Sachbearbeiter), Michael Seifert (Sachbearbeiter) und Sabrina „Wilkner.


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DAS KULTURREFERAT Wir, Jakob Knoll, Rebekka Mayrhofer und Jakob Rettenbacher, bilden euer neues Kulturreferat und möchten uns kurz bei euch vorstellen: Wer sind wir? Jakob, unser Referent, ist in Salzburg auch besser unter dem Namen Jakob Molino / Mr. Lee Roy bekannt. Als DJ hat er in seiner Laufbahn schon die ein oder andere StudentenInnenparty mit verschiedensten Klängen aus seinem umfangreichen Repertoire beschallt. Doch nicht nur hinter den Plattentellern, sondern auch als Organisator von vielen verschiedenen Events hat er in der Salzburger Musikszene für abwechslungsreiches Programm gesorgt. Dieses Knowhow und die Erfahrung bringt er jetzt mit in die ÖH als Referent für Kultur & Sport. Was haben wir vor? Für die kommende Funktionsperiode der ÖH haben wir uns einiges vorgenommen, so wird es zum Beispiel heuer im Herbst zum ersten Mal eine ÖH Welcome Party für die Erstsemestrigen und Erasmusstudierenden an der Uni Salzburg geben. Natürlich steht dieses Fest allen Studierenden der Uni offen! Aber nicht nur die Welcome Party zählt zu unseren Projekten, sondern auch die Betreuung der ÖH:Clubs, wie z.B.: ÖH Vegan, Theaterclub, Spieleclub, Club Francophone, uvm. Eine Übersicht über alle ÖH:Clubs findet ihr hier: bit.ly/oehclubs

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In diesen Clubs bieten wir Studierenden die Möglichkeit, ihre eigenen Ideen und Initiativen zu entwickeln oder ihren Leidenschaften nachzugehen, wie miteinander Französisch zu sprechen, Veganes zu kochen usw. Ein weiterer Tätigkeitsbereich ist die Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit mit Kulturstätten in und um Salzburg, um studierendenfreundliche Angebote zu ermöglichen. Diese Kooperationen gestatten es uns, laufend Freikarten für internationale Top-Acts, die in Salzburg auftreten, zu verlosen. Die Verlosungen finden wie üblich auf unserer ÖH-Facebookseite statt! Was wir wollen und worauf wir setzen. – Wir wollen Studierende in Salzburg dabei unterstützen, ihre eigenen Projekte zu initiieren – Wir setzen auf Zusammenarbeit mit Kulturvereinen und kulturinteressierten Gruppen. – Wir wollen kulturelle Vielfalt fördern und erhalten. – Wir wollen „Lebensgefühl schaffen“, das heißt, Menschen Veranstaltungen bieten, die sie brauchen, um sich in diesen wiederzufinden und um sich in Salzburg wohl zu fühlen. – Wir setzen auf Kulturschaffende, die abseits des Mainstreams arbeiten und wir wollen sie davor bewahren, im Sumpf der Nichtbeachtung unterzugehen.

DAS ORGANISATIONSREFERAT Eine unserer Hauptaufgaben ist die Betreuung des frei:raums. Dort können Studierende ihre Nachmittage verbringen, lernen, plaudern, Kaffee trinken und kochen. Auch für eigene Projekte kann der Raum gemietet werden – zudem gibt es die Möglichkeit, sich Beamer, Laptop etc. auszuborgen. Wir verwalten aber den Raum nicht bloß, sondern engagieren uns, dass dieser Raum für Projekte und Veranstaltungen verwendet wird. Dazu sind alle Studis herzlich eingeladen. Neben dem frei:raums initiiert, koordiniert und betreut das Organisationsreferat Projekte. Darunter fällt die frei:kost – einmal pro Woche kochen Studis für Studis, gut, vegan, und nach dem Pay as you like-Prinzip. Nebenbei werden noch Fairteiler betreut – das sind Kühlschränke, in die Leute Lebensmittel hineingeben können, die sie nicht mehr wollen/brauchen, aber noch in Ordnung sind, und es dürfen Lebensmittel rausgenommen werden. Derzeit steht ein Kühlschrank an der Naturwissenschaftlichen und einer an der Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät. Das Organisationsreferat ist auch intern die Schnittstelle zwischen Uni, Studienvertretungen wie Universitätsvertretung. Wir bestellen Notwendiges, Gewolltes und Gewünschtes. Auch sorgen wir dafür, dass die Infrastruktur läuft und gepflegt wird. Bei Anliegen jeder Art schreibt uns einfach eine E-Mail: organsiation@oeh-salzburg.at Auch wenn wir nicht für alles zuständig sind, wissen wir zumindest, wer euch weiterhelfen kann bzw. wer eure AnsprechpartnerInnen sind. Im Team sind: Anna Maria Eder, Daniela Reiff, Nadya Duller, Christoph Krainer.


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DAS PRESSEREFERAT (UNI:PRESS) Wer wir sind und was wir tun. Die uni:press ist ein Magazin und Sprachrohr der ÖH Salzburg, das vier Mal jährlich (September, Dezember, März, Juni) mit wechselndem Schwerpunktthema erscheint. Als kritisches und serviceorientiertes Medium stellen wir unseren LeserInnen im Ressort Uni & Leben wichtige Informationen rund ums Studium und die Tätigkeit der ÖH zur Verfügung. Das Ressort Politik & Gesellschaft widmet sich nicht nur hochschulpolitischen Angelegenheiten, sondern nimmt auch Themen jenseits der Universitäten unter die Lupe. Im Kultur & Menschen-Ressort zeigen wir dir, wie und wo du das beste Freizeit- und Kulturprogramm in Salzburg genießen kannst und welche Bücher, Musik und Filme du nicht verpassen solltest. Unser Magazin ist an allen Hauptstandorten der Uni Salzburg kostenlos erhältlich. Zusätzlich kannst du dich über die Homepage der ÖH oder per E-Mail (Name, Adresse, Matrikelnummer angeben) auch für ein gratis Abo anmelden und dir dein Lieblingsmagazin nach Hause schicken lassen.

Gestalte die uni:press mit! Wenn du als GastautorIn einen Artikel für die uni:press schreiben willst, melde dich jederzeit bei uns per E-Mail! Über unsere regelmäßigen öffentlichen Redaktionssitzungen halten wir dich über die Facebook-Seite der ÖH Salzburg und den ÖH-Newsletter auf dem Laufenden. Wir sind ständig auf der Suche nach unterschiedlichen Meinungen, (Foto-) Reportagen, Rezensionen, Interviews, Kurzgeschichten oder sonstigen Beiträgen von motivierten Studierenden und freuen uns über frische Ideen, Verbesserungsvorschläge und Kritik. Derzeit im Team: Doris Hörmann (Referentin), Saša Sretenovic (Chefredakteur), Veronika Ellecosta (Ressortleitung Uni & Leben), David Lahmer (Ressortleitung Politik & Gesellschaft), Christopher K. Spiegl (Ressortleitung Kultur & Menschen) presse@oeh-salzburg.at

DAS SOZIALREFERAT

DAS WIRTSCHAFTSREFERAT Das Wirtschaftsreferat ist das finanzielle Nervenzentrum, unser Aufgabenbereich beinhaltet alle finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten. So müssen wir die gesetzeskonforme Verwendung deines ÖH-Beitrages kontrollieren. Die ÖH darf ihre Gelder nur gemäß ihres Auftrages im Interesse ihrer Studierenden unter der Beachtung der vorgegebenen Budgetgrundsätze verwenden. Deshalb übernimmt das WiRef die Planung des Budgets, die Erstellung der Bilanz sowie eines Jahresabschlusses. Unsere Hauptaufgabe ist es, vor jeder Auszahlung die Zweckmäßigkeit, Richtigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu überprüfen. Das Wirtschaftsreferat ist demnach Ansprechpartner für alle StVen und FVen hinsichtlich ihrer Ausgaben. Die Aufgaben im rechtlichen Bereich liegen vor allem in der Gestaltung und Verwaltung von Verträgen, etwa mit den Mensabetrieben. Für die uni:press und andere Drucksorten sind wir stets auf der Suche nach Sponsorings, dafür ist Hasan Özkan zuständig. Die Buchhaltung in der ÖH Salzburg fällt in den Aufgabenbereich einer fest angestellten Buchhalterin, Margit Lackinger.

Seit der neuen Funktionsperiode in der ÖH gibt es im Sozialreferat zwei neue sowie zwei alte Gesichter. Neu dazugekommen ist Mariella Uibner als Referentin. Wieder dabei sind Julia Wegmayr, Duy Le Pham welcher für Sozialstipendien verantwortlich ist, sowie Hasan Diyorow. Hasan ist Sachbearbeiter für Helping Hands, wo Studierende aus Drittstaaten bezüglich rechtlicher Grundlagen, Stipendien und Studiengebühren beraten werden. Julia wird sich in Zukunft um die Fahrtkostenunterstützung kümmern. Mariella stellt als Referentin sicher, dass alles reibungslos funktioniert und wird das Gespräch mit wichtigen EntscheidungsträgerInnen suchen, um die Stadt Salzburg noch studentenfreundlicher zu gestalten. Eine Aufgabe des Sozialreferates ist es, Studierende, welche sich akut in einer schwierigen finanziellen Situation befinden, zu unterstützen, z.B. durch ein Sozialstipendium. Das ist eine einmalig zu Beginn des Semesters ausgezahlte Summe, welche maximal 300 Euro, in Ausnahmefällen bis zu 600 Euro beträgt. Bei der Fahrtkostenunterstützung wird, unabhängig von der finanziellen Situation des Antragstellers/der Antragstellerin, eine bestimmte Summe refundiert. Voraussetzung ist bei beiden, dass man keine Studienbeihilfe bezieht. Das Sozialreferat setzt sich außerdem dafür ein, dass Leistungen, welche Studierende benötigen, zu Preisen angeboten werden, die der studentischen Realität entsprechen. So gelang es in der letzten Funktionsperiode etwa, das Semesterticket günstiger zu machen. Wir bleiben auf jeden Fall am Ball, denn bei einigen Dingen, wie beispielsweise bei Kinderbetreuung und Mietpreisen in der Stadt Salzburg, besteht noch großer Aufholbedarf.


Ringvorlesung Human-Animal Studies Kritische Betrachtungen der Mensch-Tier-Verhältnisse

„Viele Bereiche in menschlichen Gesellschaften basieren auf der Interaktion mit Tieren. Tiere leben als Gefährt_innen mit uns und wir behandeln sie oft wie Familienmitglieder. Anderseits essen wir Tiere und ihre Ausscheidungen, unsere Kleidung besteht aus Tieren, wir verwenden Produkte, welche an Tieren getestet wurden und Medikamente, welche anhand von Tierversuchen entwickelt wurden. Wir gehen in den Zoo, Tierparks oder in den Zirkus, um von Tieren unterhalten zu werden. Und wir nehmen Bezug auf Tiere in unserer Sprache und wir integrieren Tiere in unsere Religionen, Kunst und Literatur. Doch obwohl Mensch-Tier-Interaktionen allgegenwärtig sind, hat die akademische Welt das Verhältnis von Mensch zu Tier bisher weitgehend ignoriert.“ (DeMello, 2012) Im Wintersemester 2015/16 findet in Salzburg erstmalig eine interdisziplinäre Ringvorlesung zum Thema Mensch-Tier-Beziehungen statt. Im neu aufkommenden Forschungsfeld der Human-Animal Studies werden die kulturelle, soziale und gesellschaftliche Bedeutung nichtmenschlicher Tiere, ihre Beziehungen zu Menschen, die gesellschaftlichen Mensch-Tier-Verhältnisse und die Mensch-TierGrenze kritisch untersucht. (Inter-)nationale ExpertInnen aus den Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften vermitteln unterschiedliche Blickwinkel auf dieses vielversprechende progressive Forschungsfeld.

Die Vorlesung findet im Wintersemester jeden Donnerstag zwischen 17:00 und 19:00 im Hörsaal 380 an der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg statt (Rudolfskai 42). Zudem wird ein breites Rahmenprogramm zu den Themen angeboten. Studierende aller Fachrichtungen sind herzlich eingeladen. Eine Anrechnung dieser VO als Freies Wahlfach ist mit 3 ECTS-Punkten möglich.

Quellen: DeMello, M. (2012): Animals and Society. An Introduction to Human-Animal Studies. New York: Columbia University Press.

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Uni: Kindertagesstätte oder Elfenbeinturm? Max Wagner und Christoph Krainer diskutieren, in welchem Ausmaß die Uni Service-Anbieterin oder Bildungsvorreiterin sein soll. Der eine fordert Studierenden-zentrierte Angebote, der andere will die Uni gar aus ihrer Rolle der Dienerin befreien.

Von Max Wagner

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erade erst hat sich die Serviceeinrichtung Studium wieder in Studienabteilung umbenannt. Dabei war doch das Wort „Service“ im Abteilungsnamen ein so wichtiges Signal: „Wir sind für euch, liebe Studierende, da. Wir haben keinen Selbstzweck, sondern kümmern uns um euch.“ Ich muss an die in den Medien vielbeschworene Servicewüste denken. Warum will man unbedingt den Anschein erwecken, dass man nicht ein Dienstleistungsanbieter für die Studierenden ist? Der Schritt vom Bildungs-Anbieter zum gleichzeitigen Service-Anbieter ist ja nicht weit – besteht der Schritt ja nur darin, die Bildungsangebote noch mit Hilfestellungen zu versehen. Anlaufstellen, klar verständliche Studienpläne, direkte Ansprechpersonen, Unterstützungsleistungen innerhalb und außerhalb des Kurses. Es hebt die Qualität eines Unikurses sehr wohl, wenn sich die Lehrperson nicht nur als Inhalts-Jukebox versteht, sondern auch dienstleistungsorientiert Hilfe anbietet, eine offene Tür hat, proaktiv auf die Studierenden zugeht, Beratungstätigkeit ausübt. Selbstständigkeit in allen Ehren, aber welche Fähigkeiten ringt einem eine Universität denn ab, wenn es keine Unterstützungsleistungen bei bürokratischen Vorgängen gibt? Wenn sie nicht die Angebote auf die Studierenden zuschneidet und auch nicht rückfragt: Wie lernt ihr am besten? Wenn sie nicht fragt: Wie können wir das, was wir machen – unseren Daseinszweck – noch besser machen? Uni als Service verstehen bedeutet Qualitätsmanagement und eine Vorwärtsbewegung; es ist ein Schritt weg vom Selbstzweck, weg vom Uni-zentrierten Dasein hin zu Studierenden-zentrierten Angeboten. Service Anbieten heißt nicht, dass eine Uni Selbstständigkeit nicht trotzdem beibringen kann. Aber in Bereichen, wo es Sinn macht. Die Zeiten, in denen die Unis Studierende auf der einsamen Insel „Universität“ aussetzten, nur um gleich in einer Studie zu prüfen, wer das Zeug hat, sich selbstständig durchzuschlagen, ist spätestens seit den Jahren der zunehmenden Bildungsökonomisierung vorbei. Die Gesellschaft und die Unis wollen schnellere Abschlüsse, der Staat kürzt sehr bald Beihilfen und Unterstützung bei Verzug, die Bachelor-Prüfungen

finden im Akkord statt. In diesen Zeiten darauf zu verweisen, dass Service an der Uni Unselbstständigkeit fördere und die Überwindung bürokratischer Hürden eine essenzielle Exerzierübung für den Studienabschluss sei, ist ein Irrtum. Auch die Universität muss sich angesichts strafferer Organisation und schnellerer Taktarten anpassen, im 21. Jahrhundert ankommen und Service groß schreiben: Damit das eigentliche Studium auch heute noch voll im Mittelpunkt steht. Und nur so kann die Uni das Studium noch besser gestalten – indem sie sich selbst als Service-Anbieterin versteht und nicht nur rein als Bildungsanbieterin. © Miguel M. Almeida (Flickr)


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Von Christoph Krainer

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iebe Universität, bitte behalte deine Würde, bewahre Haltung. Und lass dich nicht knechten, oder gar zur Dienerin degradieren. Von dir wird Service gefordert, und ja, im Wort Service steckt das Verb to serve, also „zu dienen“. Aber du sollst doch nicht dienen, sondern schaffen, sammeln, lehren, Wissen vermitteln, den Zugang zu Wissen sichern und ermöglichen, Akzente in der Gesellschaft setzen, du bist Vorreiterin und keine Vorbereiterin. Leider – und daher mache ich mir Sorgen – wirst du immer mehr zur Serviceeinrichtung. Überall tönt das Servicegeschrei. Du darfst zwar das Wissen vermitteln, nur nicht das, was du als wichtig erachtest, sondern nur noch in deiner Dienerinnenfunktion. An allen Seiten plärrt ein unerträgliches Mangagementgeschrei. Da wird von Qualitätsstandards und von Evaluation gesprochen, du sollst durchdigitalisiert werden. Am schönsten wäre es, du wärst wesenslos und bloß eine bürokratische Institution, in die hinein spaziert wird, das Wissen wird abgeholt, oder von BlackBoard runtergeladen, und dann wird dir auch schon wieder der Rücken zugekehrt. Ein paar Prüfungen werden geschrieben, ein paar Seiten mittels Copy-and-Paste zusammengestellt und dann in Form einer Masterarbeit abgegeben, damit zum Schluss ein Titel herausschaut, der dann im besten Fall noch karrierefördernd ist. Du wurdest deiner Gestaltungskraft in Politik und Gesellschaft beraubt, damit du nicht aufbegehren und dich einmischen kannst. Als Dienerin bist du keine Gegnerin mehr, sondern eine Sklavin der Mächtigen. Und viel schlimmer als das ist, dass du längst durchwachsen bist, von ArbeitsmarktvertreterInnen, von BWL-verseuchtem Vokabular, wenn große Männer an oberen Stellen von Qualitätsstandards sprechen. Dein Wille wurde längst gebrochen und als Judaslohn werden dir noch ein paar Geisteswissenschaften zuerkannt. Anhand derer wird deine gesellschaftliche Relevanz lippenbekannt. Widersteh dieser Versuchung und hol dir doch deine Würde zurück. Wenn alle schreien: „Diene mir! Bitte mehr Service!“ Dann sag einfach nein. Nicht du bist in der Bringschuld. Werde deiner Rolle als aktive Gestalterin wieder bewusst. Setze Akzente und keine Qualitätsstandards. Arbeite Wissen bitte nicht bloß in Form von schön portionierten und konsumierbaren Produkten (Power-

point-Folien) auf, sondern schaffe Wissen und lade alle dazu ein, die mit dir ein kleines Stück gemeinsam gehen, Wissen zu produzieren. Halte deine Türen immer offen, aber wirb nicht um jeden Preis, du hast doch genug zu bieten. Wozu brauchst du Marketing? Leidet dein Selbstwertgefühl schon so sehr, dass du eine PR-Abteilung brauchst? Lass dein Wissen, deine Räume, deine Bibliotheken, deine Hörsäle, die Gespräche, die du förderst, für dich sprechen. Kümmer dich doch bitte nicht darum, wie du noch mehr Service anbieten kannst, sondern wie du deiner Aufgabe gerecht wirst, Wissen zu schaffen, zu archivieren, zu vermitteln und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Lade alle dazu ein, mit dir gemeinsam diese Aufgaben zu erfüllen. Sei endlich wieder für diejenigen da, die an deinem Wissensbestand interessiert sind, und nicht für jene, die dich bloß als Sprungbrett für einen gutbezahlten Job sehen. Sei doch bitte für diejenigen da, die Wissen nach außen tragen wollen, und fördere nicht die ökonomischen BeraterInnen in den eigenen Reihen, die dir sagen, wie du zu funktionieren hast. Wirf doch endlich die ganzen Evalutionsbögen, die ganzen Qualitätsstandards in den Müll. Befreie dich von den Propheten, die dich zukunftsfit machen wollen. Denn du kannst, wenn du Wissen schaffst, wenn du Wissen der Öffentlichkeit – also uns allen – zur Verfügung stellst, selbst die Zukunft formen. Hör endlich auf, dich an deine Umgebung anzupassen, sondern gib den wissenshungrigen Menschen, die dich als Chance und nicht als Dienerin sehen, wieder ihre Stimme zurück. So könntest du endlich wieder als Gestalterin auftreten und deinen Dienstmantel an den Nagel hängen, dort wo er hingehört. Auch in diesen schweren Zeiten, wo du nur noch als Instrumentarium gesehen wirst, um der Wirtschaft zu dienen, bekenne ich mich zu dir und stehe dir zur Seite. Du wurdest lange von TheologInnen in Ketten gelegt, jetzt haben die ÖkonomInnen einen Narren an dir gefressen. Hab bitte den Mut, den Menschen wieder die Welt zu erklären, zu deuten, hab den Mut, die Welt zu hinterfragen. Zu lange habe wir dich den TheologInnen überlassen, gib dich jetzt bitte nicht den ÖkonomInnen hin und lass dir von ihnen nicht die Welt erklären. Das hast du doch gar nicht nötig. In Liebe, Christoph Krainer


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SELBSTAUFGABE NEBENJOB? Wer glaubt, man hätte bei einem Nebenjob nicht dieselben Rechte wie alle anderen ArbeitnehmerInnen, liegt falsch. Worauf du vor und nach Antritt einer neuen Arbeitsstelle achten solltest und was du tun kannst, wenn deine Rechte missachtet werden, erklärt dir Janine Heinz.

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in Gastgarten irgendwo im Salzburger Sommer. Die letzten Stunden habe ich damit verbracht, gekühlte Getränke von der Bar durch die Tische hindurch zu balancieren, wenngleich sich die Eiswürfel ebenso schnell verabschieden, wie sich Schweißperlen ihren Weg an meinem Rücken entlang hinunter bahnen. Ich habe sämtliche Speisen, die unnötigerweise bis zur Abholung in einer Krematorien-ähnlichen Vorrichtung abgestellt werden, an ihren Platz gebracht und jegliche Rückfragen, Beschwerden sowie Hilferufe bei der Auswahl nach dem passenden Getränk meiner Gäste mit einem Lächeln beantwortet. Umso mehr freue ich mich nun, da die Temperaturen sich wieder an lange Hosen, Turnschuhe und Acryl-Shirts anpassen, dass mein nettester Tisch an diesem Abend mich beim Kassieren bittet, Platz zu nehmen. Nach einer kurzen Unterhaltung bahnt sich nun der alles entscheidende Moment an, beide Seiten wissen, was nun kommt. Die zahlende Person reicht mir eine nicht unbeachtliche Summe Trinkgeld und fragt dabei argwöhnisch: „Das darfst du eh behalten, oder?“ Kopfnickend nehme ich das Trinkgeld an, verabschiede mich von meinen Gästen und gehe mit einem schlechten Gewissen zurück an die Bar, um dort eben jenes Trinkgeld in voller Summe abzugeben. Nicht weil ich das möchte, sondern weil ich muss. Für mich sind die Zeiten des Kellnerns nun glücklicherweise vorüber, jedoch sind Probleme wie dieses leider nach wie vor Realität für Studierende, die sich mithilfe eines Nebenjobs etwas dazuverdienen wollen oder müssen, egal in welcher Branche. Das zeigen vie-

le Gespräche mit FreundInnen und Bekannten. Das Trinkgeld abgeben zu müssen, ist dabei noch eine der harmlosesten Frechheiten, die viele Vorgesetzte an den Tag legen. Unbezahlte Überstunden, fixe Arbeitszeiten ohne ebenso fixe Bezahlung, fristlose Kündigungen, verpflichtende Arbeitskleidung, die aber aus der eigenen Tasche bezahlt werden muss und Urlaubssperren sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Wieso man sich das gefallen lässt? Die Antworten, die zugegebenermaßen nur Ausreden sind, reichen von Hilflosigkeit („Was soll ich denn machen?“) bis hin zu kapitalistischer Abhängigkeit („Ich brauche das Geld aber dringend!“). Man muss schließlich interessant bleiben für ArbeitgeberInnen, sich dem Wettkampf um den besten Lebenslauf oder dem geringsten Minus auf dem Konto hingeben. Zunächst solltest du bevor (!) du irgendetwas unterschreibst oder deine Daten angibst, den grundlegenden Unterschied der verschiedenen Anstellungsarten kennen und dich dementsprechend danach erkundigen: Der Dienstvertrag. Solltest du eine echte Dienstnehmerin oder ein echter Dienstnehmer sein und deine Arbeitsstelle dich dementsprechend behandeln: Herzlichen Glückwunsch, das kommt einem Jackpot-Gewinn recht nahe. In diesem Dienstverhältnis hast du festgelegte Arbeitszeiten sowie einen fixen Arbeitsort, bist deinen Vorgesetzten direkt weisungsgebunden und musst nach dem für deine Branche geltenden Kollektivvertrag entlohnt werden. (Mehr zum Kollektivvertrag später) In diesem Fall schuldest


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du, so nennt man das hochoffiziell, dein Bemühen. Der oder die ArbeitgeberIn hingegen haben Haftung, Erfolgsrisiko und Auslagenersatz wie etwa Arbeitskleidung zu tragen. Der Vertrag kann befristet oder unbefristet abgeschlossen werden und du genießt alle Vorzüge des Arbeitsrechts wie Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Der freie Dienstvertrag. Diese Form der Anstellung ist wahrscheinlich die am meisten verbreitete. Stellenanzeigen dieser Art locken meist mit dem Versprechen von flexiblen Arbeitszeiten oder frei wählbaren Arbeitsplätzen. Dies entspricht zwar dem gesetzlichen Verständnis von einem freien Dienstvertrag, jedoch selten der Realität, besonders in der Gastronomie. Dort wird häufig Druck auf die ArbeitnehmerInnen unter dem Deckmantel der Solidarität gegenüber KollegInnen ausgeübt oder versucht zu erklären, dass es nicht möglich sei, sich für den kommenden Monat nur ein- statt dreimal pro Woche einteilen zu lassen. In diesem Anstellungsverhältnis schuldest du deinem Vertragspartner oder deiner Vertragspartnerin bestimmte, festgelegte Dienstleistungen für einen gewissen Zeitraum, befristet oder unbefristet. Des Weiteren ist die Bezahlung nicht von einem Kollektivvertrag, sondern von der jeweiligen Vereinbarung abhängig. Du wirst dementsprechend nach der Anzahl deiner geleisteten Stunden entlohnt, nicht pauschal. Das bedeutet konkret: wirst du krank oder aufgrund mangelnder Kundschaft – wie es in der Gastronomie üblich ist – nicht gebraucht, fällst du einfach aus. Das wiederum bedeutet, du kannst weniger Stunden leisten und wirst dementsprechend geringer entlohnt. Diese Art des Dienstverhältnisses ist im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) geregelt und nicht per se schlecht, die Erfahrung zeigt jedoch, dass sich vor allem für Studierende mehr Nach- als Vorteile dadurch ergeben. Der Werkvertrag. Bei diesem Vertrag handelt es sich um ein sogenanntes Zielschuldverhältnis. Wirst du beispielsweise damit beauftragt, für einige Seiten eines Magazins das Layout zu erstellen, ist dies das Ziel und die einzige Leistung, die du in diesem Fall erbringen musst. Du bist weder weisungsgebunden, noch sind Arbeitszeit und -ort fixiert, lediglich der Zeitpunkt, an dem die Erfüllung des Vertrags zu erfolgen hat. Die Bezahlung erfolgt nach Vereinbarung mit dem oder der AuftraggeberIn. Diese Form des Dienstvertrages stellt eine Ausnahme dar und bildet für Studierende nur selten eine regelmäßige Einkommensquelle. Es gibt zwar noch weitere Arten, wie den Werkvertrag mit Gewerbeschein, aber diese wollen wir an dieser Stelle der Einfachheit halber außer Acht lassen. Für SaisonarbeiterInnen gelten nochmals gesonderte

Regelungen. Grundsätzlich solltest du vor Antritt deiner neuen Dienststelle also folgendes beachten: –Werden im Dienstvertrag ein fester Arbeitsort sowie fixe Arbeitszeiten festgelegt? –Welcher Lohn wurde vereinbart? –Wie hoch ist der Urlaubsanspruch? Wie viel du verdienst, hat Auswirkungen auf die Sozialversicherungsbeiträge. Sobald dein monatliches Einkommen die Geringfügigkeitsgrenze von 405,98 Euro überschreitet, bist du voll sozialversichert, das beinhaltet die Kranken-, Arbeitslosen-, Pensions- und Unfallversicherung und wird automatisch von deinem Lohn abgezogen. Die Unfallversicherung gilt auch, wenn du weniger als 405,98 Euro verdienst, in diesem Fall werden die Versicherungsbeiträge zur Gänze von deinem Arbeitgeber bzw. deiner Arbeitgeberin getragen. Sollte dein monatliches Einkommen unter der Geringfügigkeitsgrenze liegen, hast du die Möglichkeit, dich um 54,11 Euro pro Monat selbst zu versichern. Dies gilt nur für die Kranken- und Pensionsversicherung und hat den Vorteil, dass du bereits in die Pensionskasse einzahlst. Nun bleibt nur noch eine Frage zu klären: Steht irgendwo geschrieben, wie viel ich für meine Arbeit bezahlt bekommen muss? Die Antwort ist, wie so häufig: Jein. Wenn du nach einem echten Dienstvertrag angestellt bist, gelten für dich die gesetzlichen Regelungen, beispielsweise beim Urlaubsanspruch, sowie ein von den Sozialpartnerschaften ausverhandelter Kollektivvertrag. In diesem sind für deine Branche spezifische Regelungen festgelegt, darunter auch Zuschläge bei Nachtarbeit, Mindestlohn sowie etwaige Ansprüche auf Urlaubsund Weihnachtsgeld. Was prinzipiell großartig klingt, wird in der Realität leider oft mit freien Dienstverträgen umgangen, denn für diese gelten weder kollektivvertragliche Ansprüche noch arbeitsrechtliche Errungenschaften wie Entgeltfortzahlung bei Krankheit. Sollte es wirklich hart auf hart kommen und du weniger oder gar keinen Lohn bezahlt bekommen, fristlos gekündigt werden oder wenn andere Probleme auftauchen, wende dich am besten an die Arbeiterkammer. Jedoch ist auch hier zu beachten, dass diese im Härtefall nicht dazu verpflichtet ist, dich rechtlich zu vertreten, die Gewerkschaft hingegen schon. Die Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus und Papier ist für SchülerInnen und Studierende zuständig und ist dazu verpflichtet, sie rechtlich zu vertreten, sollte es Probleme mit der Arbeitsstelle geben. Die Mitgliedschaft ist im ersten Jahr beitragsfrei – danach zahlst du ca. 8 Euro jährlich. Auch Studierende haben im Arbeitsleben Rechte, verzichtet nicht darauf!

Quellen: http://bit.ly/1JcVp4U http://bit.ly/1LgOCJX http://bit.ly/1niVaup http://bit.ly/1ExIiGe

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Die nächste große Herausforderung bei Mobilitätsprogrammen

Erasmus für Lehramt

Das sogenannte „Cluster Mitte“-Lehramt, eine gemeinsame Lehramtsausbildung der Hochschulen in Salzburg und Linz (sowohl Pädagogische Hochschule als auch Universität), soll ab dem Wintersemester 2015/16 an den beteiligten Institutionen angeboten werden. Auch wenn die Universität Salzburg viel zu bieten hat, so gibt es einen Bereich, auf dem sie jetzt Neuland betritt: Mobilitätsprogramme. Ein Plädoyer für ein Erasmus Lehramtsprogramm von Maximilian Wagner

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ür viele Studierende ist der Studienplan recht geradlinig. Ein Curriculum, in dem auf circa zwölf kompakten Seiten geschrieben steht, was genau zu absolvieren ist, um an seinen Bachelor-Abschluss zu kommen. Das einfache Wegstreichen auf einer Liste von Lehrveranstaltungen reicht meist, um den Überblick im Studium zu bewahren. Auch für die Fachbereiche ist es relativ leicht, hier einen Lehrplan zusammenzubasteln. Lehrveranstaltungen, welche für dasselbe Semester vorgesehen sind, werden auf unterschiedliche Zeitslots aufgeteilt und schon haben die Studierenden eine überschneidungsfreie Zeit. Lehramtsstudierende kennen diesen Luxus nicht. Lehramt besteht immer aus einer frei wählbaren Fächerkombination. Dies bedeutet, dass an mindestens zwei Fachbereichen studiert werden muss, dass Überschneidungen nicht nur ab und zu vorkommen, sondern häufig. Es ist nicht nur ein kleines Curriculum, sondern die Studierenenden müssen mehrere Teilcurricula pro Fach und die allgemeine pädagogische Ausbildung absolvieren. In den heutigen Ausgaben ist der Studienplan mehr als hundert Seiten stark. Für den

Überblick reicht da die einfache Liste oft nicht mehr. Auch für die individuelle Semesterplanung sollte man Weitblick haben: Anmeldetermine für Fach A können weit vor Fach B sein, Fristen für die pädagogische Ausbildung sollten auch nicht übersehen werden und ob am Schluss die Semesterplanung aufgeht, sieht man meist erst kurz vor dem ersten Lehrveranstaltungstermin. Bereits denkbar viel Stress für Lehramtsstudierende. Wie man sieht, kann unter diesen Voraussetzungen auch ein Auslandssemester etwas komplizierter werden. Denn das Erasmusprogramm ist nur darauf ausgelegt, dass man über einen einzelnen Fachbereich an eine fremde Universität geht. Und die Partner-Universitäten sind nur darauf ausgelegt, dass sie anrechenbare Kurse für diesen einen Fachbereich anbietet. Es ist bereits erkennbar, was dies für Studierende bedeutet, die zwei Fächer, allgemeine pädagogische Ausbildung und Schulpraxis zu absolvieren haben: Erasmus und Lehramt verträgt sich nicht besonders gut. Denn wenn man zurückkommt, hat man in einem Fach gehörig Vorsprung rausgeholt, in den anderen Fächern ist man aber zurückgefallen.


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Besonders im Hinblick auf das „Cluster Mitte“ lohnt sich daher ein Blick darauf, wie Pädagogische Hochschulen dieses Dilemma gelöst haben. Da die Pädagogischen Hochschulen ja ausschließlich Lehramt und ebenfalls Erasmus- und Mobilitätsprogramme anbieten, müssen diese ja zwangsläufig auf die Besonderheiten des Lehramts eingehen. Doch genau hier zeigt sich: Die Tücken der Universität liegen in der großen Freiheit. Denn während an der Universität alles kombinierbar ist, Kurse frei wählbar und damit selbst Semesterempfehlungen an der Uni nur eine sehr leise „Empfehlung“ sind, ist an der PH alles vorgegeben. Welcher Kurs in welchem Semester, keine Auswahl, keine Freiheit. Ein Erasmus-Semester wird daher einfach 1:1 als das „verpasste“ Semester angerechnet, der Inhalt an der Hochschule im Ausland so gut wie möglich an das angepasst, was man an der eigenen Hochschule sowieso gemacht hätte. Freiheit hat seinen Preis, besonders wenn es um die individuelle Gestaltung geht. Eine einfache Lösung kann es also alleine deswegen nicht geben, weil die Uni eine Uni ist: Und deren Grundideale haben ihren absoluten Stellenwert in unserem Bildungssystem. Das Beispiel sollte nur zeigen: Eine Lösung kann gar nicht einfach sein, aber eine Lösung ist wünschenswert, denn ein Auslandsaufenthalt hat einen weit höheren Lerneffekt, als auf den ersten Blick erkennbar. Erasmus für Lehramt braucht neue Ideen, neue Impulse und neue Überlegungen, wie eine Universität den internationalen Austausch organisiert und erleichtert. Am Ende könnten auch bestehende Mobilitätsprogramme davon profitieren. Daher hier einige Ideen:

Anrechnungen genauer dokumentieren und in einer öffentlich einsehbaren Datenbank zugänglich machen. Bisher war es immer ein großes Problem, dass niemand auch nur ungefähr eine Ahnung hatte, was überhaupt wofür angerechnet wird. Aber auch wenn es unmöglich ist, vorab alle theoretisch möglichen Anrechnungen der Uni Salzburg an allen Unis Europas zu klären, so wird bei jeder Anrechnung ein kleines Stück Neuland betreten und eine Datensammlung könnte für die nachfolgenden Erasmus-Generationen als Orientierung gelten. An der WU Wien ist diese Datenbank inzwischen schon so umfangreich, dass Werbung gemacht werden muss, dass auch noch mehr an Anrechnungen möglich ist, weil die Datenbank nur frühere Anrechnungen auflistet. Aber das System funktioniert und kann gerade Lehramtsstudierenden viel Sicherheit geben – bereits bevor man sich erstmals über Erasmus informiert. Schulpraxis im Ausland möglich machen. Nicht nur in Österreich müssen angehende LehrerInnen während des Studiums in die Schule. Gleichzeitig sind Konzepte wie englischsprachiger Fachunterricht und Team-Teaching schon so etabliert, dass Unterricht im Ausland möglich wäre. Aber auch Beobachtungen im Unterricht, Vergleiche von Schulsystemen oder neue Unterrichtskonzepte sind besonders spannend. Ebenso ist es eine Bereicherung, wenn über Ländergrenzen hinweg Erfahrungen und Ergebnisse ausgetauscht werden. Besondere Betreuungsstrukturen für Lehramt. Zwei Fächer studieren, auch im Ausland? Dies erfordert eine kompetente Betreuung durch Leute, die Einblick in das und Erfahrung mit dem Lehramtssystem haben. Großzügigkeit in der Anrechnung. Zu Mobilitätsprogrammen gehört Mut und Großzügigkeit. Denn selbst in Österreich gleicht kein Studium dem anderen. Aber wer den Stellenwert von Austausch und Auslandserfahrung zu schätzen weiß, muss auch den Mut aufbringen, Lehrveranstaltungen aus dem Ausland großzügig anzurechnen. Lehramt hat in Salzburg einen großen Stellenwert, sowohl was die Studierendenzahlen, aber inzwischen auch was die Lehrplanung, die Lehrpläne und den Stellenwert in den Fachbereichen betrifft. Doch auch der letzte Bereich, in dem Lehramt noch ein wenig rückständig ist – Erasmus für Lehramt – muss jetzt mit Mut und Weitsicht angegangen werden. Denn die Freiheit an der Uni sollte nicht die Möglichkeiten ihrer Studierenden einschränken.

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Außergewöhnliche Ferialjobs

Zeitgeschichte-Museum und KZ-Gedenkstätte Ebensee Es ist kurz vor 10 Uhr morgens. Ich setze mich an meinen kleinen Schreibtisch, denn eben habe ich meinen Arbeitsplatz für die nächsten sieben Stunden aufgesperrt. Doch bevor ich hier wirklich gemütlich sitzen kann, muss ich erst die Heizung einschalten. Obwohl es Hochsommer, und draußen brütend heiß ist. Mein Arbeitsplatz, das ist der Gedenkstollen des ehemaligen KZ Ebensee. Die Gedenkstätte und das Zeitgeschichte Museum Ebensee, in welchem ich nebenbei auch arbeite, gehören zusammen. Es zeigt die Hintergrundinformationen, die wir direkt in der Gedenkstätte nicht zeigen können. Ein Bericht von Christof Fellner

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eistens kommen innerhalb einer halben Stunde die ersten BesucherInnen. An heißen Sommertagen ist immer etwas los, während ich an verregneten Tagen – mit Ausnahme der SpaziergängerInnen, die mit ihren Hunden Gassi gehen – kaum jemand sehe. In den vier Jahren, die ich nunmehr hier jeden Sommer arbeite, habe ich viele BesucherInnen gesehen. Der Ablauf ist immer der gleiche, nachdem die Eintrittsformalitäten erledigt sind, drehe ich das Licht in der Ausstellung auf und erkläre, was sich wo befindet. Das KZ Ebensee war das größte Außenlager des berüchtigten KZ Mauthausen und trug den Tarnnamen „Lager Zement“. An diesem Ort wurden zwischen November 1943 und Mai 1945 mehr als 8.400 Men-

schen ermordet. Um von gesichtslosen Zahlen abzukommen, erzähle ich den BesucherInnen immer folgendes Beispiel: „Heute hat Ebensee etwas mehr als 8.000 EinwohnerInnen. In diesen knapp 18 Monaten wurden in diesem KZ so viele Menschen getötet, wie dort unten leben. Eine Gemeinde wie diese wäre menschenleer.“ Hauptaufgabe der Häftlinge dieses Arbeitslagers war es, riesige, kilometerlange Stollen in den Fels der Berge zu treiben. In ihnen sollten sogenannte „Vergeltungswaffen“ produziert werden, die zuvor in der norddeutschen Heeresversuchsanstalt Peenemünde von KZ-Häftlingen gebaut wurden. Die abgelegene Hochebene, auf der das KZ stand, und die Berge sollten Konstruktion und Bau der zwölf Meter hohen Ra-


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keten vor den britischen Bombenangriffen schützen, die die norddeutsche Heeresversuchsanstalt Peenemünde zerstört hatten. Auch dort wurden die Raketen von KZ-Häftlingen zusammengebaut und etliche starben bei Tests. Kriegsbedingt kam es nicht mehr dazu. Heute ist von der ganzen Anlage nur mehr ein Stollen öffentlich zugänglich. In ihm wurde später die Gedenkstätte mit zahlreichen Bildern und erklärenden Wandtafeln eingerichtet. Auch einige Denkmäler befinden sich hier. Seit 1947 findet jedes Jahr im Mai auf dem unweit gelegenen KZ-Friedhof eine internationale Befreiungsfeier statt. Meistens diskutieren die BesucherInnen danach mit mir noch ein wenig über die aktuelle politische Lage. Allgemein aber hat die Kultur des Gedenkens und der notwendigen Aufarbeitung der Vergangenheit in der Region des Salzkammergutes noch keinen Einzug gehalten. Nach dem Krieg wurde das ehemalige KZ, mit Genehmigung der amerikanischen Besatzungsbehörde, von der Marktgemeinde abgerissen und in eine Wohnsiedlung umfunktioniert. Abgesehen vom Friedhof, dem steinernen Torbogen und seinem damals darin befindlichem Tor erinnert nichts mehr an das Leid der Opfer. Nicht zu vergessen natürlich die Hinweistafeln zur Gedenkstätte. Im Ort, wie auch in ganz Österreich, sah man Österreich als erstes Opfer der Nazi und erinnerte lieber an den widerständigen Geist der Region, der zuletzt 1934 im österreichischen Bürgerkrieg zum Ausdruck gekommen war. Firmen, die die Häftlinge als Zwangsarbeiter ausnutzten, stehen heute, wenn überhaupt kaum dazu. Einige BesucherInnen sind mir ganz besonders in Erinnerung geblieben. Da war eine jüdische Dame mit ihrer Familie, der Kleidung und Haartracht nach zu urteilen mochten sie orthodox sein. Sie wurde 1944 aus Ungarn fortgeschleppt und wollte nun ihren En-

kelkindern diesen Ort, an dem auch ihre Eltern ausgebeutet wurden, zeigen. Normalerweise begleite ich BesucherInnen zu den Ausstellungstafeln nicht. In solchen Fällen aber mache ich natürlich eine Ausnahme. Da war ein polnischer Minister, der sich zusammen mit dem Botschafter und dem Ebenseer Bürgermeister die Gedenkstätte angesehen und am polnischen Denkmal einen Kranz niedergelegt hat. Da war das belgische Mauthausenkomitee, das ich durch das ebenfalls zur Gedenkstätte gehörigen Zeitgeschichte-Museum führte. Inzwischen ist es Nachmittag. Wenn es möglich ist, bleibe ich nicht die ganzen sieben Stunden direkt im Stollen sitzen. Trotz der Wärme und des Lichts, die ich in meinem kleinen, ehemaligen Baucontainer dort drin habe, steigert sich das Bewegungsbedürfnis in frischer Luft merklich. Kaum vorstellbar, wie es gewesen sein muss als Häftling hier ausgehungert zu schuften, in ständiger Angst, davor erschlagen zu werden. Apropos Hunger. Die Jause muss ich mir hier natürlich selbst mitnehmen, und wenn es kurz zuvor geregnet hat, kann ich klarstes und von Moos gefiltertes Wasser trinken, das direkt über dem Stolleneingang herabrinnt. Ein Genuss, hinter dem alles Mineralwasser aus der Flasche weit zurücksteht. Die Bücher und Broschüren, die ich zum Verkauf anbiete, habe ich längst alle schon gelesen, und manchmal nehme ich mir selbst ein gutes Buch mit. Wissenschaftliche Arbeiten schreibe ich nur im Zeitgeschichte-Museum, es ist dort dafür einfach angenehmer. Wenn es abends um 17 Uhr Zeit zum Zusperren und Heimradeln wird, habe ich nicht nur meinen Beitrag zum „Nie wieder“ eines Antifaschismus geleistet, welchem ich mich verpflichtet fühle, ich habe auch Zeit in der Natur verbracht. Sicher keine alltägliche Kombination für viele, aber am Ende des Tages ein gutes Gefühl.

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SAUBERMACHEN OHNE GIFT Von Elisabeth Feldbacher

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as StudentInnenleben hat viele schöne Seiten: Endlich von zuhause ausgezogen, ist man nun HerrscherIn über das eigene Reich. Der Nachteil davon: Man muss die Umgebung eigenständig sauber halten, sonst stehen unhygienische Zustände, Schimmel und unzufriedene MitbewohnerInnen an der Tagesordnung. Um den paradiesischen Zustand blitzblanker Sauberkeit zu erreichen, werden oft scharfe Geschütze aufgefahren: Mit Hilfe von Chlor, Desinfektionsmittel und anderen starken Putzmitteln wird dem Schmutz der Kampf angesagt. Diese Produkte sind aber keinesfalls so harmlos, wie sie oft daherkommen und können eine Gefahr für die Umwelt sowie die Gesundheit darstellen. Allein die Tatsache, dass in einem Haushalt bis zu 5.000 verschiedene Chemikalien festgestellt werden können, stimmt nachdenklich1. Gesundheitsschädliche Reinigungsmittel können allergische Reaktionen und

Reizungen der Atemwege hervorrufen, einige von ihnen stehen sogar im Verdacht, giftig, krebserregend und lungenschädigend zu sein.2 Auch die Umwelt leidet an einer Überdosis Chemie in Reinigungsmitteln. Wasch- und Reinigungsmittel stellen eine nicht unerhebliche Belastung für Gewässer dar. Viele Produkte sind nach wie vor aus Erdöl hergestellt und nicht abbaubar. Schützen wir unsere wichtigste Ressource Wasser und verzichten auf unnötige Chemikalien! Bleibt nur noch die Frage: Womit soll ich dann putzen? Natürlich kann man zu umweltverträglichen Reinigungs- und Waschmitteln aus dem Reformhaus oder Bioladen greifen. Wer aber seinen Geldbeutel schonen möchte, verwendet lieber Hausmittel wie Essig oder Natron und stellt seine Putzmittel einfach selbst her! Schließlich gibt es herkömmliche Mittel zur Reinigung

1: bit.ly/gruenschnabel 2: bit.ly/reinigungsmittel 3: bit.ly/waschmit 4: bit.ly/natronsoda


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GESCHIRRSPÜLMITTEL

ALLZWECKREINIGER – DAS ALLROUNDTALENT FÜR PUTZTEUFELCHEN

Zutaten: 100 ml heißes Wasser 10 g Kernseife (z.B. von Aleppo) 1,5 Teelöffel Natron 500 ml Wasser 20 Tropfen ätherisches Öl (z.B. Zitrone oder Lavendel)

(ergibt 500 ml Reiniger) Mit einem Trichter 400 ml heißes Wasser und 100 ml Essig in eine Sprühflasche füllen. 1 TL Waschsoda (Natriumcarbonat; bekommt man im Drogeriemarkt oder in der Apotheke), 1 TL

Zuerst die Kernseife zerbröseln oder kleinhacken und im heißen Wasser gut auflösen. Danach Natron, ätherisches Öl und Wasser dazugeben und alles gut verrühren. In eine Flasche abfüllen: fertig! Wäscht Geschirr sauber und kostet weniger als 1 Euro in der Herstellung.

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Teebaumöl und 1 TL Zitrone hinzugeben und gut schütteln. Mit diesem Reiniger lässt sich vom Kühlschrank über den Herd und die Arbeitsplatte bis hin zum Badezimmer alles blitzeblank putzen!

HAST DU GEWUSST…? WAS IST DER UNTERSCHIED ZWISCHEN NATRON UND SODA?4 Natron und Soda sind beide nützliche Hausmittel, die handelsübliche Produkte ersetzen können. Zudem sind sie sehr günstig. Die beiden werden oft verwechselt, deshalb will folgende Infobox Abhilfe schaffen. Natron Chemische Bezeichnung

Natriumhydrogencarbonat

Natriumcarbonat

Andere Namen

Kaisernatron, Backsoda, Natriumbicarbonat, Speisesoda

Waschsoda, Reine Soda, Kristallsoda

Verhalten

Reagiert durch Hitze, Feuchtigkeit und im Kontakt mit Säure und setzt Kohlensäure frei

Reagiert stärker und ist basischer, daher besser für Reinigung geeignet

Anwendung

Haushaltsreiniger, in der Küche, für Kosmetik, neutralisiert Sodbrennen

Haushaltsreiniger, zur Herstellung von Spülmittel, Waschpulver, reinigt selbst gröbste Verschmutzungen

Vorsicht

erst seit den 1930er Jahren, vorher griffen Putzwütige selbstverständlich zu Hausmitteln3. Viel Spaß bei der sparsamen und ökologischen Retro-Reinigung! Wäsche waschen mit Efeu – für Grünschnäbel. Efeu wächst fast überall, egal ob in der Stadt oder auf dem Land. Aber wusstest du, dass er durch seinen Saponin-Anteil als Waschmittel verwendet werden kann? Dazu einfach rund 10 Efeublätter pflücken, in ein Waschnetz oder eine Socke füllen, diese verknoten und ab damit in die Waschmaschine! Voilà! Wer hätte gedacht, dass Wäsche waschen so einfach und günstig ist… Mit Kastanien – für sammelfreudige HerbstliebhaberInnen. Du sammelst gerne Kastanien und weißt nie, was du damit machen sollst? Hier ist die Lösung: Der zehnprozentige Saponinanteil sorgt dafür, dass deine Wäsche strahlend sauber wird. Für dunkle Wä-

Soda

sche die Kastanien einfach in ein Waschnetz füllen und in die Waschtrommel geben. Für helle Wäsche besser die Kastanien vorher schälen, sonst kann es zu unschönen Verfärbungen kommen. Weichspüler. Essig– einfach einen Schuss Essig ins Weichspülerfach der Waschmaschine kippen und die Wäsche wird flauschig-weich – und keine Sorge, du riechst danach nicht wie ein wandelndes Salatdressing! Natron – dasselbe funktioniert übrigens auch mit Natron: einfach ins Waschmittelfach geben. Fungiert zusätzlich als Bleichmittel für weiße und helle Wäsche. Fenster und Spiegel putzen. Einfach Essig und Wasser im Verhältnis 1:1 in eine Sprühflasche geben, Oberflächen besprühen, mit zerknülltem Zeitungspapier trockenreiben. So werden Fenster und Spiegel streifenfrei sauber!

Reizt Haut, Augen, Atemwege, daher nicht einatmen


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„WEIL DAS MENSCHLICHE LEBEN UND LIEBEN SO VIELFÄLTIG IST“


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„Wer den Wert von Vielfalt erkannt hat, wird auch aktiv gegen Diskriminierung auftreten, gleichgültig wer betroffen ist oder aus welchem Grund“, heißt es auf der Homepage der HOSI Salzburg. In Kooperationspartnerschaft mit der Hil Foundation und dem Land Salzburg initiierte die HOSI (Homosexuelle Initiative) Salzburg das Schulprojekt Schule der Vielfalt. Dieses Projekt thematisiert sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität an Schulen und Jugendeinrichtungen. Der Koordinator des Projektes, Bernhard Damoser, hat uns auf diese Initiative aufmerksam gemacht. Wir wurden neugierig und haben ihn zum Interview gebeten. Von Stefanie Schmied und Christopher Spiegl Wo gibt’s deiner Meinung nach noch Aufholbedarf in Sachen Toleranz und Akzeptanz von alternativen Lebensentwürfen? Man glaubt, dass in Zeiten der Conchita Wurst für LGBTI (Anm. d. Red.: Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intersex)-Personen das Leben schon sehr einfach und gleichberechtigt ist. Tatsächlich ist rechtlich und auch im Alltag noch viel zu tun. Das zieht sich quer durch die Gesellschaft. Homophobie ist leider nach wie vor gegenwärtig und darum ist es wichtig, in den Schulen Aufklärungsarbeit zu leisten. Das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht, so lange „schwul“ oder „Schwuchtel“ als eine der häufigsten Schimpfwörter gebraucht werden. Das zeigt ganz klar: Mobbing ist leider immer noch an der Tagesordnung. Man braucht also nicht glauben, dass die Gesellschaft schon so tolerant ist, wie sie sich gegenwärtig gerne gibt. Das ist ein Trugschluss. Mit welchen Vorurteilen wird man aus deiner Sicht als BetroffeneR am häufigsten konfrontiert? Das äußert sich im Alltag sehr vielfältig. Häufig bezieht man sich auf klassische Rollenbilder und Geschlechter-Stereotype. So glaubt man zum Beispiel, dass ein schwuler Mann äußerst feminin ist oder dass eine lesbische Frau maskulin ist und dass sie sich dementsprechend artikulieren und gestikulieren. Sehr herabwürdigend sind u.a. auch gezielte Diffamierungen, nach denen Homosexuelle pädophil seien und die meisten AIDS hätten. Gibt es so etwas wie positive Vorurteile? Also Frauen die schwärmen: „Oh, schwule Männer sind so einfühlsam.“? [lacht] Das wäre auch das Erste, was mir dazu einfallen würde oder zum Beispiel, dass lesbische Frauen total bodenständig seien. Das gibt es natürlich auch, aber alle Vorurteile – sowohl positiv wie auch negativ – treffen halt nur teilweise zu und können nicht auf eine gewisse Gruppe reduziert werden. Jeder Mensch ist so, wie er ist. Gibt es dabei einen Unterschied, ob man Menschen mit Homo- beziehungsweise Bisexualität oder etwa mit Trans- und Intersexualität konfrontiert?

Homo- und Bisexualität sind für weite Teile der Gesellschaft schon exotisch genug oder gar nicht greifbar, weil die Leute eben keine Erfahrungswerte haben. Und das, obwohl statistisch gesehen in jeder Schulklasse mindestens zwei homo- oder bisexuelle SchülerInnen sitzen. Da ist Trans- und Intersexualität noch eine Spur ungreifbarer. Zum Beispiel waren Intersex-Personen früher halt „Hermaphroditen“ oder abschätzig „Zwitter“. Intersexualität, also ein Individuum mit Geschlechtsmerkmalen, die sich nicht in das binäre biologische Geschlechtsschema einordnen lassen, kommt statistisch zwar nicht so häufig vor wie beispielsweise Homosexualität, hat aber in der Realität knallharte Konsequenzen für die Betroffenen, wie etwa unnötige bzw. vorschnelle operative Eingriffe etc. Und darum braucht es eine Schule der Vielfalt? Genau darum wollen wir mit unseren Workshops Aufklärungsarbeit leisten. An dieser Stelle muss ich jedoch auch betonen, dass wir in erster Linie Präventionsarbeit leisten, um Mobbing und Diskriminierung entgegenzuwirken. Im Vergleich zur heterosexuellen Mehrheit haben LGBTI-Personen ein mehrfach erhöhtes Suizidrisiko. Bei unserer Arbeit geht es entgegen weitläufiger Meinungen nicht nur um die sexuelle Orientierung, sondern auch um die Geschlechtsidentität (Anm. d. Red.: Diese bezeichnet das Geschlecht, dem sich ein Individuum zugehörig fühlt, unabhängig von den biologischen Geschlechtsmerkmalen.). Hier setzen wir an, damit Stereotype und Vorurteile reduziert werden. Betroffene SchülerInnen sollen einfach wissen, dass es okay ist, wie sie sind und dass sie sich an die HOSI in Salzburg wenden können. Also habt ihr dann so etwas wie ein Notruftelefon, wo die Leute anrufen können und ihr verweist dann auf euer Beratungsangebot? In der HOSI gibt es auch die Möglichkeit, eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Unter der Nummer +43 676 4406 070 oder unter beratung@hosi.or.at kann man mit dem Beratungsteam Kontakt aufnehmen. Wir sind bemüht, Infomaterial bereitzustellen und als Institution sichtbar zu sein, damit die Leute wissen, dass es ein vielfältiges Angebot für betroffene Personen gibt.


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Wie bist du zur HOSI beziehungsweise zur Schule der Vielfalt gekommen? 2013 habe ich in Salzburg erstmals den Walk for Idahot (International Day Against Homophobia, Transphobia and Biphobia) initiiert und bin dadurch zur HOSI gekommen. Seit 2014 arbeite ich als Projektkoordinator für die Schule der Vielfalt. Das Projekt ist also noch ziemlich neu und wir würden uns freuen, wenn Schulen und Jugendeinrichtungen die Angebote nutzen. Was war dir bei der Konzeptionsphase wichtig? Zunächst habe ich ein 12-köpfiges Team zusammengestellt, welches möglichst bunt durchmischt ist. Bunt gemischt heißt, dass verschiedene Altersgruppen, Geschlechter, sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten vertreten sind. Thematisch decken wir dadurch ziemlich viel ab und gemeinsam haben wir ein Workshop-Angebot und einen Methodenpool erstellt. Das Mindestausmaß eines solchen Workshops sind zwei Unterrichtseinheiten, wobei wir je nach Bedarf speziell auf die Klassengröße und Schulstufe zugeschnittene Materialien und Methoden anwenden. Was waren so die ersten Erfolge und Schwierigkeiten? Nach der Teambuildingphase und der Erstellung des Workshop-Angebots, haben wir gemeinsam mit dem Land Salzburg und der Hil Foundation einen Leitfaden für eine Schule der Vielfalt erstellt. (Anm. d. R.: Den Link zu ebendiesen findest du in der angeführten Infobox.). Bei Präsentationen wurde unser Projekt vonseiten des Landesschulrats, einiger Schulen und PädagogInnen nicht nur positiv aufgefasst, sondern auch die Sinnhaftigkeit unseres Projekts erkannt. Diese Wertschätzung freut uns natürlich sehr. Die große Herausforderung ist nun, direkt an Schulen und Bildungseinrichtungen Fuß zu fassen und dass wir trotz gesellschaftlicher Tabus dort verankert werden. Dafür braucht es auch mutige Schulen, Jugendeinrichtungen und Pädagog*innen. Denn nach wie vor sind sich viele Menschen der Problemlage nicht wirklich in vollem Umfang bewusst. Darum wollen wir aufzeigen, dass wir hierfür ein passendes Angebot erstellt haben und eine Hilfestellung bieten können. Wie früh sollte diese Aufklärung angesetzt werden? Je früher, desto besser. Man sollte zeigen, dass es eine Vielfalt an menschlichen Beziehungen gibt und wie Liebe ausschauen kann. Man muss dabei gar nicht wirklich ins Detail gehen, aber den Kindern sollte klargemacht werden, dass Vielfalt okay ist – und dass es eine total große Vielfalt gibt.

Hättest du eine Idee, wie sich das umsetzen ließe? Zum Beispiel Kinderbücher mit gleichgeschlechtlichen Eltern? Mutter-Kind -Spiele mit Vater-Vater-Modellen?

Ja klar, das fängt schon bei den Materialen für den Unterricht an. Wenn sie ein einseitiges Bild vermitteln, festigen sie stereotype Rollenbilder. Wie hat ein Mann zu sein? Wie hat eine Frau zu sein? Das wird leider ganz oft sehr eindeutig dargestellt. Dann ist es eh klar, dass sich bei den Kindern starre Vorstellungen und in Folge Vorurteile entwickeln. Und wenn man da ein wenig flexibel ist, einfach auf die Vielfältigkeit, die das menschliche Leben nun mal auch ausmacht, gezielt hinweist, kann man Intoleranz entgegenwirken. Unterrichtsmaterialen in diesem Sinne wären ein guter Beitrag und unser Leitfaden und Methodenpool geht in diese Richtung. Denkt ihr dabei auch in die Erwachsenenbildung einzusteigen? Primär richtet sich unser Workshop-Angebot an SchülerInnen und Jugendliche, wobei wir aber auch Workshops für PädagogInnen anbieten –dafür gibt es ein eigenes Modul, das man buchen kann. Was sind nun die nächsten Ziele für das Projekt? Kurz und knackig: Wir wollen das Projekt und die Notwendigkeit unseres Angebotes weiter bekannt machen und mit unserem Workshop-Angebot an Schulen und Jugendeinrichtungen Fuß fassen. Dabei wünschen wir dir und deinen Kolleg*innen alles Gute! Abschließend wieder was persönliches: Was ist dein persönliches Lieblingslied für eine bessere Welt? Oh, mein Gott. Ich höre so vieles, von Placebo bis zu den Beatsteaks, da gibt es so viele gute Lieder… [denkt lange nach] Ich würde Nirvana mit Come As You Are ins Rennen schicken!

Du studierst Lehramt oder bist als PädagogIn tätig und interessierst dich für geschlechtersensiblen Unterricht? Erste Informationen, Unterrichtskonzepte und -materialien findest du online im Leitfaden der Schule der Vielfalt auf http://bit.ly/ schule_der_vielfalt. Bei weiteren Fragen kannst du dich an schule@hosi.or.at wenden.


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FREIHEIT UNTERM GR SSEN BRUDER?

Mein Laptop ist erblindet. Ich habe ihm die Webcam zugeklebt, obwohl ich „nichts zu verbergen“ habe und weder Marihuana, noch Edward Snowden verstecke. Dennoch – spätestens seit letzterer 2013 eine ungeheure Menge an Informationen über die weltweite Überwachung der Netzkommunikation an die Presse weitergeleitet hat, ist deutlich eine allgemeine Verunsicherung im Umgang mit dem Internet spürbar geworden. Wie können wir ihr begegnen? Ein Kommentar von Hannah Hofbauer

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kepsis ist berechtigt, denn Menschen, die sich überwacht fühlen, ändern ihr Verhalten – sowohl im alltäglich Kleinen, als auch als gesamte Gesellschaft. Die Furcht vor einem manipulierenden Informationsapparat, der der Stasi oder Gestapo gleicht, ist tief in unser kollektives Gedächtnis eingeschrieben und wird bei der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung hervorgeschwemmt. ExpertInnen warnen davor, dass Menschen, die sich unter Generalverdacht sehen, einander wesentlich weniger trauen, weniger privaten Austausch über ihre Ansichten führen und weniger häufig öffentlich für ihre Meinung einstehen. Sie fürchten, dass ihre Äußerungen später gegen sie verwendet werden könnten. Als Resultat trägt das Individuum nur in seltenen Fällen einen Schaden davon, doch die BürgerInnen verhalten sich als Ganzes angepasster. Der öffentliche Diskurs wird verbogen, geschmälert, und folglich leidet auch die Demokratie. Außerdem besteht die vage Vermutung, Internetanbieter könnten dem recherchierenden Menschen durch Algorithmen nur Informationen anzeigen, die mit seinem Weltbild korrelieren, oder in fremdem Interesse auf sein Konsumverhalten einwirken. Wurden die LeserInnen also heute schon beeinflusst, als sie sich durch ihre Smartphones ihrer Daseinsberechtigung versichert haben? Der Mathematiker und Philosoph Gunter Dueck: „Ich stelle mir bei der Bannerwerbung immer die Frage: Manipulieren die mich? Hmmh, sieht dann aber sehr dümmlich aus. Klicken Sie mal einen Schuh von Zalando an, da verfolgt Sie der Schuh wochenlang.“1 Die Antwort lautet: Wir wissen es nicht. Vor allem ist es unmöglich zu sagen, wie sich das Internet in den nächsten Jahren entwickeln wird und was für Erkenntnisse man schon in naher Zukunft aus den Daten, die heute von uns gespeichert werden, gewinnen kann. Das Inter-

net ist offen. Wie jede Technologie bietet es ebenso viele Risiken wie Chancen. Es lässt zu, dass sich Gruppen prinzipverschiedener Wertvorstellungen miteinander auseinandersetzen und dass sich unsere Vorstellungen von öffentlich und privat verwirbeln, was eine ganze Reihe von Moral-, Definitions- und Rechtsfragen auslöst. Es bringt nichts, wenn der/die DurchschnittsbürgerIn vor der Komplexität des Internets erschaudert und es trotzdem nur verwendet, als sei es ein Konsumgut. Allerdings kann man nicht viel mehr erwarten, solange man die Schule abschließen kann, ohne je Informatik als vollwertiges Fach gehabt zu haben. Außerdem werden nicht genug „dumme“ Fragen gestellt – nur so kann das Individuum mit der irren Auswahl an Diensten, Verschlüsselungen etc. fertig werden. Eignen wir uns das Internet an, um unsere Autonomie zu behaupten, denn die digitale Revolution lässt sich nicht rückgängig machen! Eine Möglichkeit wäre, ein dezentral organisiertes soziales Netzwerk wie Diaspora2 zu benutzen. Das heißt, dass die Nutzerdaten auf einem Server gespeichert werden, den der Nutzer unter vielen auswählt oder, ist er ambitioniert, selbst betreiben kann. Dadurch hat er seine Daten relativ gut unter Kontrolle. Allerdings ist das Vernetzen sehr viel Arbeit, denn es ist praktisch unmöglich, Kontakte zu finden, wenn man ihren Nicknamen nicht kennt. Facebook oder Google profitieren vom Netzwerk-Effekt: Alle sind auf Facebook, weil alle auf Facebook sind. Hinzu kommt, dass es teuer und aufwändig sein kann, einen Dienst zu entwickeln und einzuführen, wohingegen zusätzliche Nutzer Diensten mit Quasi-Monopolstellung Profit einbringen (Man sagt: „Die Grenzkosten gehen gegen Null.“). Eine massentaugliche Lösung ist das völlig dezentrale Netzwerk nicht. Eine Mischform hätte vielleicht eine Chance.

1: „Die Paranoia der Amerikaner“, in: Frankfurter Rundschau <bit.ly/amiparanoia> 2: https://joindiaspora.com/


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© Markus Bachofner

DIE FLÜCHTLINGE VON NEBENAN

Wie lebt es sich in der Nachbarschaft einer Flüchtlingsunterbringung? Dieser Bericht will ein Stimmungsbild einer Nachbarschaft in Salzburg bieten, die sich in unmittelbarer Nähe einer Flüchtlingsunterkunft der Caritas befindet, mit Vorurteilen aufräumen und Perspektiven für ein konfliktfreies Miteinanderleben aufzeigen. Ein Tatsachenbericht von Carolina Forstner

as Büro indem Matthias W. sitzt, wirkt provisorisch eingerichtet: Hier ein Ordner, da eine Telefonliste, in den Regalen alle möglichen Gebrauchsgegenstände, die sich die Asylwerber ausleihen können, eine Matratze, die zwischen zwei Schränken behelfsmäßig für den Nachtdienst verstaut wurde. Der 28-jährige Caritas-Mitarbeiter, der nach seinem Musikstudium und einer kurzen Musikerkarriere nun als Flüchtlingsbetreuer arbeitet, ist im Dauereinsatz. Es geht um dies und das, alle möglichen Kleinigkeiten: Der eine möchte sich ein Bügeleisen ausleihen, der andere seine Busfahrten zurückerstattet bekommen. Es vergehen keine fünf Minuten, in denen es nicht an der Tür klopft. Das Heim, in dem Matthias W. arbeitet, ist ein Teilversorgerheim, in dem über 60 Männer aus verschiedenen Kulturkreisen wohnen, die meisten von ihnen sind aus Somalia und Syrien geflüchtet. „Unter einem Teilversorgerheim versteht man, dass die Asylwerber nur mit geliefertem Mittagessen versorgt werden, Frühstück und Abendessen müssen sich die Bewohner selbst besorgen. Dazu stehen ihnen im Rahmen der Grundversorgung 3,70 Euro pro Tag zur Verfügung“, sagt Matthias W. 3,70 Euro am Tag, um sich mit Frühstück und Abendessen zu versorgen plus 40 Euro Taschengeld im Monat. Von Asylwerbenden, die in Saus und Braus leben keine Spur. Asylwerbende werden im Rahmen der Grundversorgung unterstützt, das heißt, sie werden vom Staat lebensnotwendig versorgt. 19 Euro werden pro Asylwerbenden pro Tag für Unterkunft und Verpflegung aufgewendet, dieser Betrag wird direkt an die Unterbringungseinrichtung gezahlt, Asylsuchende bekommen diese Leistungen nicht ausbezahlt! Warum es so wichtig ist, Zahlen zu nennen? Zum einen kann sich so jedeR ein genaues Bild über die finanzielle Situation von AsylwerberInnen machen, denn nichts ist wichtiger, als genaue Fakten im Kopf zu haben, um die Lebensumstände vieler Asylwerbender in Österreich nachvollziehen zu können. Unwissenheit und Ängste schüren Vorurteile und Stereotype. Von 300 Euro Kosten pro Tag für eineN AsylwerberIn ist die Rede und die Caritas lege da auch noch ein I-Phone 6 drauf. Diese Aussagen entstammen nicht meiner Fantasie, sondern werden so zahlreich auf Facebook und anderen sozialen Netzwerken geteilt, oft in Personalunion eines „echten Polizisten“, der von Missständen erzählt und brave SteuerzahlerInnen aufklären will und auf Herrn und Frau ÖsterreicherIn hinweist, die vom Staat wohl kläglich unterversorgt bleiben – die „eigenen“ Leute würden benachteiligt. „Asylwerbende“ oder „Flüchtlinge“ werden gerne be-


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„Die moralische Qualität der Gesellschaft kann man daran erkennen, wie sie mit Fremden umgeht.“ —Georg Simmel grifflich in einen Topf geworfen, doch dass hier eindeutige Unterschiede in der Definition der Ausdrücke bestehen, ist den meisten unklar. Dies beweist eine repräsentative Studie der United Nations High Commissioners for Refugees (UNHCR) Österreich aus dem Jahr 2011, in der gezeigt wurde, dass weniger als ein Drittel der ÖsterreicherInnen den Unterschied zwischen AsylwerberInnen und Flüchtlingen kennt. Zur Aufklärung: AsylwerberInnen suchen in einem fremden Land Asyl und werden aufgrund ihrer politischen Gesinnung, Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt und warten auf einen positiven Asylbescheid, während Flüchtlinge diesen bereits erhalten haben. Noch fataler: Fast 50 Prozent der TeilnehmerInnen der Studie nahmen an, dass Asylsuchende Anspruch auf Sozialhilfe genießen, was, wie bereits durch die Grundversorgung geklärt, mitnichten der Wahrheit entspricht. Unwissenheit und das Nachplappern von hohlen Phrasen rechter Gesinnungsträger scheint Usus in der Asylfrage zu sein. Doch was will dieser Artikel nun bezwecken? Was will ich mitteilen? Ich bin wütend, sehr sogar! Ich wohne in der Nachbarschaft dieser Flüchtlingsunterbringung und es vergeht kaum ein Tag, an dem ich mich nicht über Repressalien der werten Anwohnerschaft gegenüber AsylwerberInnen aufregen muss. Auch für Caritas-MitarbeiterInnen gibt es kaum ruhige Minuten, in denen sie nicht mit Problemen von AnwohnerInnen belästigt werden: „Fast täglich kommen Beschwerden ein, manche AnwohnerInnen beklagen sich über gekippte Fenster oder erleuchtete Räume in unserer Unterkunft. Es ist manchmal wirklich schwierig, hier zu arbeiten. Ich will nicht alle AnrainerInnen in einen Topf werfen, aber Skepsis und Unsicherheit gegenüber den BewohnerInnen dieser Unterkunft ist sicher in vielen Köpfen verankert. Man spürt manchmal, wenn Nachbarn an uns vorbeigehen, die Angst und Abkehr in ihren Blicken“, sagt Matthias W. Ich will hier nicht schwarzmalen, meine gesamte Nachbarschaft verteufeln und ein generelles Urteil sprechen, aber eine Reihe spontan geführter Interviews zeigte mir die volle Bandbreite der typisch österreichischen Fremdenfeindlichkeit: Man traue sich zwar nicht offen seine Meinung zum Thema kundzutun, verbreite dafür seine freindliche Gesinnung lieber etwas charmant mit ein paar Wirtshausschmähs und Kronen-Zeitung-Sagern garniert, weil zuallererst sollte man schon immer an „unsere Leute“ denken. „Ich fühle mich manchmal wie in einem afrikanischen Dorf, wenn ich Männer draußen herumlungern sehe.

Ich fühle mich einfach nicht mehr sicher. Ich habe zwar noch keine wirklich schlechten Erfahrungen gemacht, aber was nicht ist, kann ja noch werden, oder?“, antwortet eine meiner Nachbarinnen auf meine Frage zur generellen Meinung über die Unterkunft in Sichtweite. Eine andere Anwohnerin findet drastischere Worte: „Ich finde die Unterbringung in Zelten vollkommen gerechtfertigt. Ich meine, ich gehe ja auch zelten, wenn es regnet, die halten das schon aus. Außerdem kann es ihnen ja gar nicht so schlecht gehen, stehen ja alle mit ihren Smartphones draußen.“ Smartphones? Wieder so ein Vorurteil, das sich in die Köpfe vieler einzementiert hat. Saad, ein syrischer Flüchtling, den ich mit diesem Vorurteil konfrontiere, antwortet: „Wir sind nicht arm, wir rennen nicht vor wirtschaftlichen Krisen davon oder um uns ein schöneres Leben in Österreich zu ermöglichen. Wir flüchten vor einem Krieg, einem grausamen Krieg in Syrien. Wir haben Geld. Meine Reise kostete 13.000 Euro. Wir wollten unser Leben und das unserer Familien schützen!“ Um mit einem weiteren Vorurteil aufzuräumen und zwar dem, dass ja nur Männer nach Österreich kämen und ihre Familien in einem Kriegsgebiet zurücklassen – nur so viel: Die Flucht ist und bleibt gefährlich und teuer, viele müssen große Gefahren überwinden, um nach Österreich oder andere Aufnahmeländer zu kommen. „Ich wollte nicht das Leben meiner Frau und meiner Tochter gefährden, es ist eine sehr gefährliche Reise! Ich habe auf meiner Reise grausame Bilder gesehen, viele Tote die aus Erschöpfung starben", sagt Saad. Es ist an der Zeit, etwas zu tun und zu bewegen, sich zu engagieren, mit diesen oft traumatisierten Personen zu sprechen, Ausflüge zu machen oder einfach nur ein simples „Hallo“ zu sagen, statt mit gesenktem Kopf betreten die Straßenseite zu wechseln. Dennoch gilt: „Wir sollten die Zahl der Flüchtlinge, die Österreich erreichen, nicht unterschätzen. Es ist eine große Zahl und sie wird voraussichtlich weiter steigen. Wir brauchen Krisenmaßnahmen, um solche Situationen zu meistern“, sagt Ruth Schöffl, Pressesprecherin von UNHCR Österreich. Ich kann hier nur meinen subjektiven Blick über die Flüchtlingsunterkunft in meiner Nachbarschaft wiedergeben, denn ein offizielles Urteil steht mir wohl kaum zu, aber: Ich fühle mich so sicher wie eh und je in meiner Nachbarschaft, Gespräche mit Asylsuchenden befand ich bis jetzt immer als große Bereicherung und nein, gekippte Fenster und eine erleuchtete Unterkunft bringen mich nicht in Rage.


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„Hitler war mir wurscht, ich hab‘ nicht weiter gedacht“ Rene* trägt eine bunte Hippie-Steinkette und hat diese Art von Lachen, bei der sich tausend kleine Fältchen um Augen und Mund kräuseln. Blondes Haar umrahmt das Gesicht und macht es unmöglich, sich eben dieses Haar abgeschoren vorzustellen. Ratzeputz kahlrasiert, radikal. Rene war ein Skinhead. Ein Porträt von Veronika Ellecosta

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ene und ich sind Freunde, seit er sich einmal angeboten hat, mir meinen Einkauf aus einem schwedischen Möbelgeschäft nach Hause zu fahren. Wir haben klassische Rotweinabende verbracht und über Gott und die Welt philosophiert und es war einer dieser Abende, als Rene mir eröffnet hat, dass seine Welt einst ein ganzes Stückchen enger war. Und als wir uns dann Monate später für das Gespräch trafen, begann er zu erzählen und die Lücken, die ich in seiner Geschichte hatte, schrittweise zu schließen. Ein bayerisches Dorf bietet dem kleinen Rene der Achtzigerjahre eine heile Kindheit. In den höheren Klassen der Grundschule genießt er ein beachtliches Ansehen, nennt sich „Der King“ auf dem Pausenhof, der gern mal infantile Machtkämpfe mit den Fäusten austrägt. Das Prinzip der Macht des Stärkeren regiert in der bayerischen Dorfschule und die beinahe gottgegebene Ordnung wird von den Kindern ausnahmslos akzeptiert. Das ändert sich, als Rene in die Hauptschule der nächsten Stadt wechselt und jeden Tag einen Schulweg von mehr als 20 Kilometern an-

treten muss. Es handelt sich um eine kleine Trabantenstadt, gegründet nach dem Zweiten Weltkrieg, die vielen MigrantInnen eine neue Heimat bietet. Im Gegensatz zum überwiegend „deutschen“ Provinzdorf bringt die von verschiedenen Ethnien geprägte Stadt das Bild des Heranwachsenden ins Wanken. Da sind kleine Gruppen auf dem Pausenhof, die Skater, die Raver, die Türken und letztere sind Zielscheiben seines Hasses, sie sind jene, gegen die er öfters Fußball spielt. Dem Stadtnachwuchs gegenüber stehen die Bauernkinder aus dem kleinen Dorf vom Lande, dazu noch die Jüngsten in der Schule. Die Verhältnispyramide hat sich mit dem Schulwechsel radikal umgekehrt. Die Bauern, das sind seine Leute, die Dorfkinder, die schon wegen des langen Anfahrtswegs die Auswärtigen sind. Schlachtfeld ist nach wie vor der Pausenhof, die konkurrierenden Cliquen machen vor allem Rene und seine Freunde zu Opfern von Hänseleien. Ihr geringes Ansehen manifestiert sich schon im Schulbus, wo den Älteren die hinteren Plätze vorbehalten sind, nach absteigender Hierarchie sitzen die SonderschülerInnen dann ganz vorne. „Wir waren die Bauern.


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Wir hatten ja nichts G‘scheits zum Anziehen. Jeansjacke, Jeanshose und Turnschuhe sind halt nicht cool“, sagt er und lacht seine Tausendfältchenlachen. Sie haben den Dialekt, der sie stigmatisiert und schauen wie Bauern aus. Es wird auch nicht besser, als sie die Älteren werden und die höheren Klassen besuchen. Die Türkenclique und die Coolen nehmen Rene und seinen Freunden regelmäßig Pausenbrot und Taschengeld ab, der Ruf der Bauern bleibt an ihnen haften. Sogar die „Nachwuchsausländer“, die Jüngeren in der Türkenclique, pöbeln sie an, und wenn man kontert, kommen die Großen. Der Gipfel des Mobbings wird erreicht, als er mit 15 Jahren von den jüngeren Türken unter Androhung von Prügel gezwungen wird, auf die Schulbänke zu steigen und die deutsche Nationalhymne zu singen. „Das war eine Demütigung vor unseren Mädels, vor der ganzen Schule.“ Auf die Frage, ob sie denn die Hymne dann wirklich gesungen hätten, sagt er schmunzelnd: „Vielleicht haben wir sie gebrummt. Das weiß ich nicht mehr.“ Renes Geschichte klingt wie ein Film, er beschließt, zurückzuschlagen und macht sich auf die Suche nach einer neuen Clique auf dem Pausenhof. Für ihn ist klar, sich jetzt zur Wehr zu setzen. Aber als er den Seppi aus seinem Dorf darauf anspricht, stößt er nicht auf Zustimmung. „Der Seppi war a Trottl, der wollte nichts tun und nur das Schulende abwarten.“ Bei seiner Suche landet er schließlich bei den Stadtkindern, den Skinheads. Eigentlich, sagt er, wollte er nur seine Ruhe haben, dass er Rachegedanken hegte, hält er im Nachhinein nicht für unwahrscheinlich. In der Runde der Stadtkinder gibt es einen Jungen, Stefan. „Der war einfach blöd, a Vollarsch. Der hat uns gemobbt, mit Recht“, sagt er und grinst wieder. Irgendwann schimpft Stefan ihn ei-

nen Bauern. „Dann hat‘s Batz gemacht.“ Rene bricht ihm die Nase und erhält seinen ersten Schulverweis. Er fühlt sich wie ein in die Ecke gedrängtes Tier, versucht verzweifelt, den Stempel des Bauern loszuwerden. Im Nachhinein hat ihm der Hieb auf Stefans Nase aber wohl Respekt verschafft, seine Akzeptanz in der Gruppe steigt. Von da an unternimmt er immer mehr mit den Stadtkinderskinheads, die Bauern aus dem Dorf werden für ihn immer uninteressanter. Man besucht die Bunker im Wald, um Krieg zu spielen. Rene passt auch seinen Stil an: Bomberjacke, Springerstiefel und Onkelz-Aufnäher ersetzen Jeansjacke und Turnschuhe. Die blonden Haare fallen dem Rasierer zum Opfer. In der Schule sagt keiner was. Es war normal. Da waren Gruppen und das waren auch nur dumme Jungs in Bomberjacken. Wir waren Ausläufer und Nachmacher. Die große Skinheadkultur, erklärt er mir, ebbte in den Neunzigerjahren gerade wieder ab. Auch die Eltern sorgen sich um den Sohn, sind aber machtlos. Rene beschreibt sich als damals unkontrollierbar. Im Fußball hetzt er gegen „AusländerInnen“, in der Schule dient er als Vorbild für die nächste Bauerngeneration, die den langen Weg zur Hauptschule in die Trabantenstadt auf sich nimmt. In Dorfnähe steht eine Holzhütte, die „Saufhütte“ der Jugendlichen. Am Wochenende hängt Rene hier noch mit den alten Freunden ab und genießt einen ausgezeichneten Ruf. Die rechtsradikale Gesinnung seiner neuen Gemeinschaft erfährt er über Gespräche, abseits derer er sich kein eigenes Wissen aneignet. „Der Hitler war für mich schon scheiße, weil er die Juden vergast hat, aber die näheren Hintergründe waren mir nicht klar. Hitler war mir wurscht. Ich hab´ nicht weiter gedacht.“ Das Hauptproblem sind für ihn nach wie vor die Ausländer. Er antwortet den LehrerInnen mit „Heil Hitler“, wird immer unkontrollierbarer und eckt an. Inzwischen ist Rene 18 Jahre alt und beginnt eine Lehre als Metzger, wo er schnell Gleichgesinnte findet. Der Kontakt mit den Skinheads aus seiner Schule läuft langsam aus. Jetzt, inmitten der Metzgerlehrlinge, trifft er auf echte Nazis, keine „Pseudos“, wie es seine Hauptschulfreunde waren. Mit ihnen zusammen besucht er den Parteitag der DVU (Deutsche Volksunion) in Passau,

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„Es war normal. Da waren Gruppen und das waren auch nur dumme Jungs in Bomberjacken. Wir waren Ausläufer und Nachmacher“

* Name von der Redaktion geändert


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marschiert singend und grölend beim Rudolf-Hess-Gedenkmarsch mit. In rechten Kreisen gibt es zu bestimmten Sterbe- und Geburtsdaten nationalsozialistischer Funktionäre oft Aktionen, an denen sich die Szene gern beteiligt. Genau erinnern kann er sich an den Gedenkmarsch aber nicht. Mit Abschluss seiner Lehre verliert er den Kontakt zu seinen „Bauern“ zunehmend. Seine neuen Freunde sind kahl und tätowiert, „haben wie die Punks gelebt, geschnorrt, gesoffen und gekotzt, haben keine Arbeit gehabt und über die linken Punks geschimpft.“ Schon sehr bald beginnt er, die Szene kritisch zu beäugen, fungiert oft lediglich als Fahrer bei Sauftouren, lebt als Mitläufer. Zwei Jahre müssen vergehen, bis es aus heutiger Sicht für ihn zum einschneidenden Vorfall kommt. Es sind die Böhsen Onkelz, die in diesen Kreisen nicht anerkannt werden. Störkraft, Stahlgewitter und Nordfront – das sind die Bands, die man damals hörte. Und trotzdem bleibt Rene seinen Onkelz treu, trägt ein Fanshirt und wird in einem Lokal von einem anderen Skin aufgefordert, das „Verrätershirt“ auszuziehen. Er weigert sich und es kommt zur Schlägerei, Rene steckt eine ordentliche Tracht Prügel ein. Mit den Prügeln kommt die Erleuchtung. Ein Nazi mit polnischem Namen, der einen blonden Kameraden wegen eines Shirts vermöbelt – da stimmt etwas für ihn nicht. Aber vor allem ist ihm klar: Die Onkelz, Sinnbild für das, was für ihn wertvoll ist, darf ihm niemand verbieten. Er zieht sich zurück, trifft nur noch selten einige Freunde, zu denen er mehr Kontakt pflegte. Jetzt, da er den Skins den Rücken zudreht, steht er alleine da. Sein etwas jüngerer Bruder fängt ihn auf und nimmt ihn in seinen Freundeskreis auf. Heute erinnert Rene sich noch an ein Schlüsselgespräch, das er mit einer Iranerin aus der Gruppe führte und das sein Skinhead-Weltbild wieder ins Wanken brachte. Seine abgegriffenen Argumente sind gegen die der jungen Frau nicht mehr haltbar, der respektvolle Umgang der Freunde seines Bruders und ihr Lebensstil erweitern seinen Horizont und bestätigen seinen Entschluss, mit der Skinheadszene abzuschließen. Die Selbstachtung ist es für Rene, die ihn durch diesen Lebensabschnitt geführt hat: Der Angriff auf das junge Selbstwertgefühl hat den Einstieg provoziert, der Angriff auf seine heranreifende Persönlichkeit den Ausstieg begünstigt. Die Demütigung auf dem Pausenhof steht der Demütigung „seiner“ Onkelz gegenüber. Für Rene war es ein Kampf um Identität, um Würde und Zugehörigkeit. Diese Kämpfe tragen wir alle aus: auf der Schulbank, auf dem Pausenhof, in jungen Jahren. Im Jänner 2001 kommt es in München zu einem rechtsextrem motivierten Übergriff auf den Griechen Artemios T. 18 Skinheads werden festgenommen und wegen versuchten Mordes und schwerer Körperverletzung angeklagt. Der Haupttäter wird ein Jahr später zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt, seine Freun-

„Seine neuen Freunde sind kahl und tätowiert, ‘haben wie die Punks gelebt, geschnorrt, gesoffen und gekotzt, haben keine Arbeit gehabt und über die linken Punks geschimpft.’“ din zu fünf. Unter den Mittätern befinden sich unter anderem Leute von Renes alter Clique, auch Andre, „ein guter Spezi“, ein besonnener und gemäßigter Freund, der Rene immer als Vorbild gedient hat. Auch Andre erhält eine Haftstrafe wegen schwerer Körperverletzung. „Gott sei Dank, war ich da schon weg“, sagt er jetzt. Während Andre seine Haftstrafe absaß, hat Rene das Gymnasium nachgeholt, sein Abitur gemacht, ist durch Europa gereist und einem türkischen Fußballverein beigetreten, hat eine Berufsausbildung zum Gesundheitsund Krankenpfleger gemacht und befindet sich nun mitten im Studium. Und seine blonden Haare sind längst nachgewachsen.


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„Da Mensch is a Sau“

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16 Autoreifen. Elf Radkappen. Acht Fenster. Drei Ölfässer. Eine Gefriertruhe. Ein Heizkörper. Ein Feuerlöscher. Ein Bürostuhl. Eine Dachrinne. Ein Elektromotor. Eine Klobrille. Ironischerweise ein Mülleimer. All diese Dinge wurden in diesem Sommer von der Aktion Saubere Alpen – Saubere Gewässer an Bundesstraßen, Parkplätzen, Badeseen und auf Berggipfeln gefunden. Von Doris Hörmann

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an möchte meinen, die Zeiten, in denen Kühlschränke noch an entlegenen Waldstellen entsorgt wurden, seien längst vorbei. Bei meinem Ferienjob im Juli im Salzkammergut durfte ich mich vom Gegenteil überzeugen. Zwei Wochen war ich zusammen mit sieben jungen Menschen rund um Bad Ischl, den Hallstättersee und Obertraun unterwegs. Zurückgekehrt sind wir mit tausenden Litern Müll und neuen Erkenntnissen über die Spezies Mensch. BergsportlerInnen, die aus Liebe zur Natur die Gipfel bezwingen, die Abgeschiedenheit, einen wundervollen Ausblick und das sportliche Erlebnis wertschätzen, halten ihre Umwelt erstaunlich sauber. Nur selten finden sich größere Verschmutzungen auf Wanderwegen oder Berggipfeln. Dass Taschentücher aber fünf Jahre brauchen, bis sie vollständig verrottet sind, dürfte auch ihnen noch nicht zu Bewusstsein gekommen sein. Bei Bananenschalen dauert es ganze zwei Jahre, bei Plastiksackerln 120 und bei Styropor sogar 6.000 Jahre! Liebe RaucherInnen: Eure Sargnägel verrotten erst in sieben Jahren! Die wirklich großen Probleme entstehen aber an jenen Orten, die mit Seilbahn oder Auto bequem zu erreichen sind. Dort tummeln sich MassentouristInnen, die wie die Lämmer zu den Hotspots pilgern, dort Selfies in Siegerpose schießen, ein Souvenir kaufen, einen Kaffee im Panoramarestaurant trinken und nebenbei 72 Fotos auf Instagram hochladen. Dort wo es viele Menschen gibt, gibt es in der Regel auch viel Müll. Und so verkommen diese Plätze, die eigentlich aufgrund ihrer Schönheit oder ihrer Außergewöhnlichkeit aufgesucht werden, in nur wenigen Jahren zu Mülldeponien. Besser gesagt die Parkplätze, Raststellen, Bundes- und Passstraßen von, zu und um diese Orte. Man will den Dreck ja nicht im Auto haben – in der Natur scheint er aber ok zu sein. Unsere Gruppe hat in diesen zwei Wochen mehr als 8.000 Liter Müll gesammelt, getrennt und entsorgt. Der Österreichische Alpenschutzverband (ÖASV) organisiert diese Aktion bereits seit 40 Jahren und hat seither über 3,4 Millionen Liter Abfälle beseitigt, die auf 36.000 Kilometer Wanderwegen und Straßenabschnitten verstreut waren. Ein kurzer Auszug aus den diesjährigen Fundstücken – ein worst of sozusagen:

»»Kondome (Ficken im Freien kommt wohl nie aus der Mode.) »»Knochen im Plastiksackerl (auch genannt: Hartz IV-Haustierbestattung) »»Die Porno-DVD Freche Gören (Wer kauft denn bitte noch Pornos? Und v.a. wo?) »»Ein Damenschuh (Den zweiten hat der Spürhund von der Kripo.) »»Ein BH (Den Tittenknast wird sie eh kaum vermissen.) »»Windeln (Lasst eure Kinder doch gleich in den Wald kacken!) »»Energy-Drink-Dosen (Die haben wirklich SOUNDTRACK ZUM nichts im 3er Golf verMÜLLSAMMELN: loren.) Da Mensch is a Sau singen zu Recht die Austropopper Worried Men Skiffle Group.

bit.ly/saubeidln Mehr zum Österreichischen Alpenschutzverband: www.alpenschutzverband.at


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ZIMBABWE

———— EINE POLITISCHE REISESKIZZE


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Im Frühjahr 2015 besuchten wir Familie und Bekannte in Zimbabwe und haben drei Wochen lang mit dem Rucksack das Land durchreist. Die Eindrücke, die wir dabei gesammelt haben, wollen wir an dieser Stelle teilen und der oft negativ gefärbten Berichterstattung in den westlichen Leitmedien gegenüberstellen. Wir möchten uns nicht anmaßen, für die von uns porträtierten Personen zu sprechen. Als europäische BesucherInnen haben wir einen speziellen Blick auf dieses Land, seine Kultur und auf seine EinwohnerInnen. Was für uns selbstverständlich ist und was nicht, mag für die Menschen in Zimbabwe Ausnahme bzw. Alltag sein. Beim Schreiben und Diskutieren dieser Zeilen wird uns immer wieder bewusst, welche „kulturellen Brillen“ wir eigentlich tragen und dass wir sie auch in dieser kleinen Skizze – die nur einen Bruchteil der Eindrücke und Erfahrungen unserer Reise enthält – schwer ablegen können. Von Jana Nopper und Alan Schink

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m frühen Abend kommen wir am Harare International Airport an. Es ist Ende März, angenehm warm, etwas über 20 Grad. Die Regenzeit ist offiziell zu Ende. Am Horizont dämmert es schon. Die Sonne geht hier abends schnell unter und morgens schnell wieder auf. Um diese Uhrzeit ist der kleine Flughafen fast leer, die großen Lichter sind aus, die Läden geschlossen. Gleich am Eingang zur Wartehalle werden wir von einem Robert Mugabe-Portrait begrüßt. Ein paar wenige Reisende stehen vor uns in der Warteschlange, um ein Visum zu beantragen. So „viele“ Weiße auf einem Fleck werden wir in den nächsten drei Wochen kaum mehr zu Gesicht bekommen. Nyasha, die 19-jährige Tochter unserer Gastfamilie, holt uns vom Flughafen ab. Auf der Fahrt in einen Vorort der Hauptstadt Harare, wo wir die ersten Tage wohnen werden, sehen wir viele Menschen am Rande des Highways. Sie laufen oft mehrere Kilometer zu Fuß nach Hause oder warten darauf, von einem vorbeifahrenden Auto mitgenommen zu werden. Es ist mittlerweile stockdunkel. Im Osten der Stadt übernachten wir in einem gemütlichen Gäste-Bungalow. Hier wohnt die gehobene Mittelschicht hinter hohen Mauern, sichtbar abgeschottet von der Armut des Landes und nicht selten gesichert durch Elektrozaun und Stacheldraht. Viele ZimbabwerInnen sehen sich selbst als (welt-)offenes und friedliebendes Volk, das hören wir in persönlichen Gesprächen immer wieder. Dieses Selbstverständnis steht im krassen Gegensatz zur Omnipräsenz von Sicherheitsinstallationen und des Militärs, vor allem in der Hauptstadt. Die selbstbewusste Nyasha gehört zu einer Generation von ZimbabwerInnen, die lange nach der Unabhängigkeit geboren wurden. Sie wuchs in Harare auf. Das Dorf, aus dem ihr Vater stammt, kennt sie nur von Besuchen. Sie geht auf eine der teuersten Privatschulen der Stadt, die neben Golf und Squash auch einen Bridge Club und eine Public Speaking Society anbieten. Mit

Gleichaltrigen spricht sie ausschließlich Englisch, die Musik, die sie hört und die Filme, die sie schaut, kommen großteils aus den USA. Nach der Schule wird sie zum Studieren ins Ausland gehen. Von der Politik in ihrem Land hält sie nicht viel. „Our politicans believe in witchcraft“, sagt sie ungläubig, mit hochgezogener Augenbraue, als wir über Tagespolitik sprechen. Nyasha wurde, wie etwa 70 Prozent der ZimbabwerInnen, christlich erzogen – und auch das Staatsoberhaupt Robert Mugabe ist katholischen Glaubens. Das Christentum wird hier über Privatschulen und Internate verbreitet, von denen die meisten schon in der Kolonialzeit gegründet wurden. Traditionelle Glaubensformen existieren in Zimbabwe eher inoffiziell und in Form der Volksfrömmigkeit fort. So schlecht sich die wirtschaftspolitische Lage für den Großteil der Bevölkerung Zimbabwes derzeit auch darstellt, haben doch viele, mit denen wir sprechen, Hoffnung. Diese setzen aber die wenigsten in den mittlerweile 91-jährigen Mugabe und seine Partei ZANU PF (Zimbabwe African National Union – Patriotic Front), sondern in die Zeit nach seiner Präsidentschaft – spätestens, wenn Mugabe stirbt. Als mögliche Nachfolgerin wird unter anderem seine Frau Grace Mugabe gehandelt. Sie wird allerdings wegen unzähliger Skandale und fehlendem rhetorischem Talent in der zum Teil sehr pluralistischen Presse-Landschaft Zimbabwes vielfach als Lachnummer gehandelt und politisch in der Bevölkerung nicht ernst genommen. Der 51-jährige Bauunternehmer George erzählt uns, dass er auf Joice Mujuru setzt, eine langjährige und respektierte ehemalige Ministerin, die in den vergangenen Tagen durch einen coup d‘etat, der auf Grace Mugabe zurückgeführt wird, aus der Regierungspartei ausgeschlossen wurde. Mujuru wird zu diesem Zeitpunkt vor allem in der regierungskritischen Presse als integre und vielversprechende Gegenkandidatin für die nächste Wahl 2018 gehandelt. Der Bauunternehmer erzählt uns, dass er sich von der Oppositions-


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partei MDC (Movement for Democratic Change) ebensowenig Veränderungen erhofft, wie von Mugabes ZANU PF. Jene sei, so sagt er, nicht nur innerlich stark zerstritten und handlungsunfähig. In der Gegenwart wie in der Geschichte sei die MDC eng mit kolonialen Interessen verflochten und von ausländischen Regierungen unterstützt worden, vor allem zu Zeiten der Apartheid in Südafrika, wohin viele weiße Rhodesier auch ihr Vermögen nach 1980 in Sicherheit gebracht hätten. Eine große Mitschuld an der aktuellen wirtschaftlich schlechten Lage gibt George der britischen Regierung unter Tony Blair. Diese habe sich Mitte der 1990er nicht an Vereinbarungen zur Landreform gehalten, die während der Verhandlungen über die Unabhängigkeit Zimbabwes getroffen wurden und sich nicht verantwortlich für die Kolonialpolitik vorangegangener Regierungen gefühlt. Wenn eine zukünftige neue Regierung es schaffen würde, dass nicht nur eine kleine Elite von den hohen Rohstoffvorkommen, die Zimbabwe besitzt, profitiert, könnte es bald aufwärts gehen, das hofft nicht nur George. Unsere erste Reiseetappe führt uns mit dem Bus von Harare über Kwekwe und Gweru nach Bulawayo. Bulawayo ist die zweitgrößte Stadt des Landes und die größte Stadt im Matabeleland. Nach den Mashona, die etwa 70 Prozent der Bevölkerung Zimbabwes ausmachen und der auch Präsident Mugabe angehört, sind die Matabele mit etwa 20 Prozent die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe Zimbabwes. Zwar ist Englisch die Amtssprache in Zimbabwe, doch Shona ist die Sprache, die man auf den Straßen und auch hier im Reisebus am meisten hört. Es ist eine komfortable Fahrt, trotz sengender Hitze, der Bus ist klimatisiert. In Bulawayo werden wir von einer Bekannten mit dem Auto abgeholt. Bei ihr zu Hause machen wir eine Pause, bevor wir die Reise fortsetzen. Im Fernsehen läuft eine Nachrichtensendung auf Russia Today. Großes Thema ist auch hier der Absturz einer German Wings-Maschine in den französischen Alpen. Ein paar

Die westlich-weiße Perspektive: Zimbabwe, vormals Rhodesien, erlangte 1980 die Unabhängigkeit vom britischen Empire und galt zu dieser Zeit als „Kornkammer Afrikas“. In der folgenden Dekade gelang es der neuen Regierung unter Robert Mugabe (1924*), der bis heute das weltweit älteste Staatsoberhaupt ist, durch verschiedene Strukturreformen, den „Entwicklungsstand“ des Landes im sozialen und ökonomischen Bereich deutlich zu verbessern. In den 1990ern begann diese Entwicklung zu stagnieren und die außenpolitischen Beziehungen verschlechterten sich. Im Jahr 2000 enteignete die Mugabe-Regierung insgesamt etwa elf Millionen Hektar Land weißer FarmerInnen, was in der internationalen Öffentlichkeit heftig kritisiert wurde. 2005 zählte die damalige US-Außenministerin Condolezza Rice Zimbabwe neben Iran, Kuba, Nordkorea, Myanmar und Weißrussland zu den „Vorposten der Tyrannei“.

Stunden später fahren wir weiter in einem Nachtzug nach Victoria Falls, der von einer Kohlelok aus rhodesischen Zeiten angetrieben wird – eine der wenigen Zugverbindungen, die überhaupt noch existieren und die nichts für wählerische Reisende ist. Victoria Falls ist eine Hochburg für TouristInnen. Hier fällt der Fluss Zambezi über 100 Meter tief in ein Flussbett, das Zimbabwe von Zambia trennt: ein faszinierendes Naturschauspiel. Für viele BesucherInnen sind die Wasserfälle, die zum Weltnaturerbe


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der UNESCO gehören, das einzige, was sie von Zimbabwe sehen, denn es gibt hier einen kleinen Flughafen, der TouristInnen aus Johannesburg und Harare direkt mit der bekannten Sehenswürdigkeit verbindet. Während die Straßen in „Vic Falls“ tagsüber stark belebt sind, sieht es im etwa 100 Kilometer entfernten Hwange National Park ganz anders aus. Schon bei der Anreise im Bus werden wir aufgrund der umherstreifenden Löwen mehrfach davor gewarnt, zu Fuß zu gehen. Der Busfahrer setzt uns an einer Kreuzung am Rande eines kleinen Dorfes ab und wir warten auf eine Mitfahrgelegenheit zu unserer Unterkunft. Drei mit Maschinenpistolen bewaffnete Soldaten sitzen unter einem Baum, auch sie scheinen zu warten. Nach knapp einer halben Stunde kommt ein brauner Mitsubishi vorbei und nimmt uns mit. Der Fahrer ist ein kommunikativer Mensch, der sich als Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums ausgibt. Er bringt uns die knapp 20 km bis zum Main Camp des Hwange-Nationalparks. Der Park ist wunderschön, doch das Camp gleicht zu dieser Zeit einer Geisterstadt. Obwohl es riesig ist, sind wir fast die einzigen BesucherInnen hier und fühlen uns anfangs ein wenig verloren – mit der Zeit genießen wir die Ruhe und die mannigfachen Geräusche der Tierwelt, von der uns nicht einmal ein Zaun

trennt. Das wird spätestens beim ersten Überfall der Paviane klar, die auf der Suche nach Nahrung Mülleimer durchsuchen und nach unabgeschlossenen Hütten Ausschau halten. Bei einer geführten Fahrt hinaus in die Savanne ergreifen wir die Gelegenheit, mit unserem Safari-Guide ins Gespräch zu kommen. Henry hat 1998 angefangen, im Nationalpark zu arbeiten. Nach dem großen Einbruch der BesucherInnenzahlen ab 2000, arbeitete er zwischenzeitlich auf einer Farm, bis sich der Tourismus sehr langsam zu

erholen begann und er wieder als Fremdenführer arbeiten konnte. Henry steht den Landreformen der Jahrtausendwende und der Regierung sehr kritisch gegenüber. Früher habe Zambia Mais aus Zimbabwe importiert, es habe im Land genug gegeben, nun sei es umgekehrt. Wie viele andere, hofft Henry auf einen Politikwechsel, der auch dem Tourismus zugutekommen könnte. Nach einem dreitägigen Ausflug in den Chirinda Forest, der in den Eastern Highlands an der Grenze zu Mosambik liegt, besuchen wir in unserer letzten Woche ein Dorf im Mashonaland. Der Boden, der hier bearbeitet wird, ist sogenanntes communal land. Dieses befindet sich, anders als das von den Briten angeeignete und als solches erst eingeführte commercial land, nicht in privatem Besitz, sondern gehört der Dorfgemeinschaft, die von einem ortsansässigen chief geführt wird. Dementsprechend ist dieser Boden auch unveräußerbar. Einer unserer Gesprächspartner, der in dem Dorf aufgewachsen ist, ist sich sicher, dass das communal land in Zimbabwe einer starken Slum-Bildung vorbeugt. Wer in der Stadt nicht (über-)leben kann, könne immer noch zurück in sein/ihr Heimatdorf kommen und dort Landwirtschaft betreiben. Ein Widerspruch, der mit der Geschichte Zimbabwes zu tun hat, ist, dass der über 90-jährige Dorfälteste, der von allen Sekuru genannt wird und uns freundlich in sein kleines Haus einlädt, sehr gutes Englisch spricht, während sich sein 20-jähriger Großneffe John, ein kräftiger und vital-aussehender junger Mann, auf Englisch nur sehr gebrochen ausdrücken kann. Dass Menschen älterer Generation oft besser Englisch können als viele in Johns Alter, fällt uns an vielen Orten in Zimbabwe auf. Wieder am Flughafen, machen wir ein Abschiedsfoto vom Eingangsbereich mit Mugabe-Portrait, das uns auf unserer Reise mehrfach, nicht nur in öffentlichen Gebäuden, begegnet ist. Beim Einchecken bittet uns dann ein Beamter, der uns beobachtetet hat, diskret aber deutlich, das Bild zu löschen. Man habe nichts gegen TouristInnen, es sei nur aus Gründen der Sicherheit.

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HELFT UNS HELFEN – GEMEINSAM GEGEN TIERLEID Tierschutz bedeutet Tieren wie Katzen, Hunden und allen anderen ein artgerechtes, liebevolles Leben ohne Leid und Schaden zu ermöglichen. Da dies leider keine Selbstverständlichkeit mehr ist, gibt es Menschen, die es sich ehrenamtlich zur Aufgabe gemacht haben, diesen Tieren wieder eine Chance auf ein erfülltes Leben zu geben. Ein Erfahrungsbericht von Eva Wimmer

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er Verein SOS Katze hat es sich zur Aufgabe gemacht, Katzen in Not zu helfen. In Not geraten können sie aus den verschiedensten Gründen. Diese reichen von sich regelmäßig vermehrenden Streunern bis hin zu Katzen, die von ihren Besitzern aus persönlichen Gründen abgegeben werden. Und wie auch immer diese Katzen in unseren Verein finden, sie werden hier liebevoll aufgenommen und bei Bedarf aufgepäppelt, um dann an gute Lebensplätze vermittelt zu werden. Die Aufgabe einer Pflegestelle klingt ganz einfach, ist aber sehr vielseitig. Eine der wichtigsten Regeln ist, immer eine Transportbox im Auto zu haben, weil man nie weiß, ob man diese nicht möglicherweise benötigt. Meine ersten Pflegekatzen waren eine Mutter mit ihren fünf Kindern, die bei einem Gasthaus lebten und dort nicht bleiben konnten. Übernommen habe ich sie, als die Kleinen zwei Wochen alt waren. Nach fünf Wochen kam noch ein weiteres Baby hinzu, das verwahrlost aufgefunden wurde. Die also insgesamt sieben Pfleglinge mussten in meiner Wohnung auch mit meinen eigenen Katzen auskommen. Täglich das Katzenklo auszuräumen, die Kleinen zu bespaßen und mit ihnen zu schmusen und die hungrigen Mäuler zu stopfen, kann ganz schön zeitintensiv werden. Doch es hat sich gelohnt, alle sieben Pfleglinge konnten auf einen tollen Lebensplatz siedeln, die Jungkatzen jeweils immer zu zweit! Doch nicht immer ist es so unkompliziert. Bei manchen Pfleglingen muss man auch mehrere Tierarztbesuche einplanen. Beispielsweise war vor einigen Wochen von einem Bauernhof wieder eine Katzenfamilie zu übernehmen. Die sehr scheue Mama wurde mit ihren zwei Kindern in meinem Pflegezimmer einquartiert. Eines der Babys verstarb gleich am nächsten Tag, das zweite eine Woche später, nachdem es so schwach wurde, dass es alle zwei Stunden mit der Hand gefüttert werden musste. Diese Momente gehen einem sehr nahe, doch manchmal kommt einfach jede Hilfe zu spät. Die Mama ließen wir kastrieren und sie konnte dann wieder in die Freiheit entlassen werden. In dieser Woche haben wieder drei Pfleglinge einen Platz bei mir gefunden, die nun auf ein neues Zuhause warten.

Pflegestelle zu sein bedeutet, einem Tier helfen zu wollen, Zeit in diese „Arbeit“ zu investieren und egal, ob es gut oder schlecht endet, jede Energie, die man hat, dafür aufzuwenden. Wir versuchen alles, um den Tieren zu helfen und ihnen die Chance auf ein liebevolles Lebensplätzchen zu geben. Manchmal wird man dafür belächelt, doch wenn man nach Hause kommt und einem sowohl die eigenen als auch die Pflegekatzen um die Füße schnurren, dann weiß man, wofür man dies alles macht. Besonders die Momente, in denen unsere Schützlinge auf einen ganz wundervollen Platz siedeln können, erwärmen einem das Herz. Oftmals fällt der Abschied schwer und es fließen Tränen, doch es ist ein gutes Gefühl, einer Katze ein tolles Zuhause ermöglicht zu haben und nun einer neuen Seele helfen zu können. Im Allgemeinen betrachtet ist der Tierschutz vielleicht eine nervenaufreibende und oftmals aussichtslose Angelegenheit, doch betrachtet man jede Katze für sich, ist die Arbeit unendlich wertvoll und erfüllend. Unser Verein lebt zum größten Teil von Spenden und seinen ehrenamtlichen Mitgliedern, die aktiv zusammenarbeiten und sich gegenseitig unterstützen. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Tieren zu helfen und die Botschaft in die Welt hinauszutragen, dass jedes Lebewesen dieser Welt eine Chance auf ein schönes Leben hat. Unsere Mitglieder informieren die Menschen über artgerechte Haltung, Kastrationspflicht, gutes Futter u.v.m. Jede Hilfe zählt und ist wichtig, sei es in Form von Geld-, Futter- und Sachspenden, Transportmöglichkeiten oder auch als Pflegestelle.

Unser Verein heißt Tierschutzverein SOS Katze und ihr findet uns im Internet unter www.soskatze.at


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DER FALL YÜKSEL YILMAZ Ein kleines Dossier von Christoph Krainer

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er Fall kurz umrissen. Yüksel Yilmaz war Zugbegleiter bei der ÖBB und das mit Überzeugung. Irgendwann hielt er jedoch den unterschwelligen und offenkundigen Rassismus innerhalb der ÖBB nicht mehr aus. Obwohl in Österreich geboren, aufgewachsen und offiziell beurkundet (Staatsbürgerschaft, no na), wurde er mit „Servus Tschusch“ begrüßt – sofern er überhaupt begrüßt wurde. Er wandte sich an den Vorgesetzten, wurde abgewiesen – eine bekannte Strategie, den inneren Frieden zu wahren. Anstatt ernstgenommen zu werden, wurde Yüksel entlassen. Auf insistierendes Nachfragen bekam er auch die Begründung: Er habe ein Alkoholproblem, ein übertriebenes Rechtsempfinden und ein Problem mit Frauen sowieso. Alles nicht nachgewiesen. Yüksel Yilmaz hat selbst ein paar Fotos von den Diensträumlichkeiten und einigen Schmierereien veröffentlicht. Sein Fall hat es bereits in einige Medien geschafft, u.a. Taz, Neon, Kurier, Vice. Im Dossier finden sich einige Links zu verschiedenen Medien, sowie einige der Fotos, die Yüksel Yilmaz auf seinem Facebook-Account veröffentlicht hat. Der Fall Yilmaz hat es auch bis in das Parlament ge-

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schafft. Am 30.8.2013 hat die Abgeordnete Alev Korun eine parlamentarische Anfrage betreffend „Sexismus, Rassismus, Diskriminierung und weitere auch sicherheitsrelevante Missstände bei den ÖBB – Mobbing bis zur fristlosen Entlassung gegen interne Kritiker?“ an die Ministerin Doris Bures gestellt. Von seinen Kollegen, die teilweise selbst rassistischen Anfeindungen ausgesetzt sind, erhielt er den Rat, am besten nichts zu machen, denn es bringe sowieso nichts. Yüksel Yilmaz versucht, Missstände offenzulegen und das gehört unterstützt. Er verlor seinen Job und die Kräfte sind im Kampf nicht gleichmäßig verteilt. Dieses Dossier soll zeigen, dass es sehr wohl etwas bringt, mit Missständen an die Öffentlichkeit zu gehen – auch wenn die Aussichten oft dunkel sind. Die Variante rassistische Anfeindungen, sexistische Äußerungen und generell Ungerechtigkeiten zu akzeptieren, weil man eh nichts dagegen machen kann, ist vielleicht manchmal die bequemste, sogar irgendwie verständlich, dennoch ist es keine tolerierbare. Wie schwer es ist, Courage und Rückgrat zu zeigen, wissen wir alle. Dieses Dossier kann als Ermunterung verstanden werden.

Informationen: bit.ly/yilmazvice bit.ly/kurieryilmaz bit.ly/tazyilmaz bit.ly/neonyilmaz bit.ly/myilmaz bit.ly/prolibyilmaz bit.ly/parlamentyilmaz bit.ly/antwortbures

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KRANK, GESTÖRT ODER NUR EIN BISSCHEN BLUNA? ICH SAG‘S EUCH, SIE SIND UNTER UNS! Antidepressiva machen glücklich? Psychisch krank = unheimlich und gefährlich? Wir gehen verschiedensten Vorurteilen und Mythen gegenüber psychischen Erkrankungen nach und haben dazu zwei Betroffene befragt. Interview von Lorena Palka

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ythos #1: Psychopharmaka sind Drogen und machen süchtig. Manuela1: Der Begriff Psychopharmaka wird eher in den Medien, als in der Psychiatrie verwendet, zumal er sehr unpräzise ist. Gemeint ist eine Reihe an Medikamenten, die über das Gehirn auf die Psyche wirken. Die am meisten gebräuchlichen sind Antidepressiva, Antipsychotika, Phasenprophylaktika und teilweise Hypnotika und Tranquilizer. Im Bereich der letzteren beiden gibt es eine Medikamentengruppe namens Benzodiazepine, die sich oft nicht so genau einordnen lässt und die einzige Gruppe ist, die süchtig machen kann. Das bedeutet, dass es sein kann, dass mit der Zeit die Wirkung nachlässt und daher die Dosis gesteigert werden muss. Ebenso kann es sein, dass körperliche und psychische Entzugssymptome auftreten, wenn man sie abrupt absetzt. Das alles ist bei den anderen von mir genannten Medikamenten nicht der Fall. Gemeinsam haben diese,

dass z.B. Antidepressiva eher auf den Serotonin- und Noradrenalin-Haushalt im Gehirn wirken, Antipsychotika eher auf den Dopamin-Haushalt. Sehr bekannt sind Antidepressiva der Stoffgruppe SSRI, übersetzt sind das Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer. Sie verlangsamen den Abbau des natürlich im Gehirn vorkommenden Serotonins und erhöhen dadurch die Serotoninkonzentration. Der Punkt ist allerdings, dass viele andere Medikamente, die nicht Psychopharmaka heißen, auch im Hirn wirken, z.B. Betablocker. Der Körper hängt ja mit dem Gehirn zusammen und wird vom Gehirn gesteuert. Leider gibt es gegen Psychopharmaka von verschiedenen Seiten eine ziemliche Hetze, die vielleicht dadurch verstärkt wird, dass vielen Menschen Medikamente, die im Gehirn wirken, sehr unheimlich sind. Es existiert aber eine Reihe an krankhaften psychischen Erscheinungen, die man akut nur medikamentös behandeln kann und da ist es ein Segen, dass das möglich ist.


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Mythos #2: Psychopharmaka werden viel zu schnell verschrieben, weil da eine Lobby dahinter steht, die Geld verdienen will, indem sie Krankheiten konstruiert, die es sonst nicht gäbe. Manuela: Naja, ich denke schon, dass die Pharmaindustrie wie jedeR im Kapitalismus auch Geld verdienen will. Im Gegensatz zu alternativer „Hokuspokusmedizin“ zahlt man mit dem Medikament aber auch Forschung und Studien und die darin fundiert festgestellte Wirkung des Medikaments. Es gibt immer wieder Gerüchte, dass z.B. Antidepressiva viel zu häufig verschrieben werden, ohne dass eine Erkrankung vorliegt. Man weiß aber von psychiatrischer Seite her, dass die meisten psychischen Erkrankungen oft erst nach mehreren Jahren des Leides und somit eher zu spät behandelt werden. Meine Haupterkrankung, die bipolare Störung, wird im Schnitt erst fünf bis zehn Jahre nach der Erstmanifestation diagnostiziert und korrekt behandelt. Das spricht dafür, dass die Gesellschaft immer noch viel zu wenig für psychische Erkrankungen sensibilisiert ist. An dieser Stelle möchte ich noch anmerken, dass die Leugnung der Existenz psychischer Erkrankungen bedeutet, dass man das Leid sehr vieler Menschen leugnet. Mythos #3: Antidepressiva machen glücklich. Berna2: Nein, das ist einfach falsch. Antidepressiva verhindern nur, im „tiefen Loch“ zu bleiben. Anders gesagt, sie verhindern Symptome, wie z.B. Antriebsund Hoffnungslosigkeit, geben aber keine positiven Gefühle. Sie nehmen also etwas Negatives weg, geben aber nichts Positives dazu. Mythos #4: Psychisch krank sind nur ganz wenige Menschen, die sind aber so arg beisammen, dass man die Erkrankung merkt. Berna: Naja, das Heimtückische einer psychischen Erkrankung ist ja, dass sie nicht sichtbar ist, nicht gemessen werden kann und erst durch Zusammenarbeit mit darauf spezialisierten Personen diagnostizierbar ist. Manuela: Man schätzt, dass etwa 20-25% Prozent der Bevölkerung mindestens einmal im Leben ein psychisches Leiden mit Krankheitswert erleben. Mythos #5: Depression ist was sehr Relatives, schließlich geht’s jedem einmal nicht gut. Berna: Depression hat mit „schlecht gehen“ im Sinne von Traurigkeit aufgrund negativer Ereignisse, wie etwa dem Tod eines geliebten Menschen, nicht wirklich was zu tun. Es geht eher um ein lang anhaltendes Gefühl von Leere, Antriebs-, Hoffnungs- und Sinnlosigkeit und dem Verlust von Interesse an Sachen, die einem sonst wichtig sind. Auch spielen die Häufigkeit des Zustands, die Dauer sowie die Grundlosigkeit eine große Rolle, sowie die Tatsache, dass man ohne Hilfe aus der Depression nicht heraus kommt.

Mythos #6: Schizophrenie heißt Persönlichkeitsspaltung. Manuela: Nein. Schizophrenie zeichnet sich vor allem durch phasenweisen oder chronischen Wahn bzw. Halluzinationen aus. Abgespaltene Persönlichkeitsanteile hat man in Extremform nur bei der dissoziativen Identitätsstörung, die man früher multiple Persönlichkeitsstörung nannte. Diese Störung ist so selten, dass teilweise ihre Existenz angezweifelt wird, während Schizophrenie kulturübergreifend etwa bei 1% der Bevölkerung vorkommt. Mythos #7: „Psychisch krank“ ist so ähnlich wie „geistig behindert“. Manuela: Da könnte man genauer auf die Definitionen von Behinderung und Krankheit eingehen. Der wesentliche Punkt ist aber, dass psychisch Erkrankte meistens, was den IQ betrifft, nicht oder kaum beeinträchtigt sind. Das bedeutet sie sind wie du und ich und zumindest in stabilen Phasen nicht vom Durchschnittsmenschen zu unterscheiden. Natürlich kommt es zumindest in Akutphasen zu Beeinträchtigungen durch die verschiedenen Krankheiten, und es kann zu einer psychischen Behinderung kommen. Geistige Behinderungen werden aber über einen geringeren IQ definiert, während kognitive Einschränkungen während eines psychischen Schubs Begleiterscheinungen sind, die auch ausbleiben können.

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Mythos #8: Psychisch Kranke sind gefährlich. Manuela: Die Verbrechensrate unter psychisch Erkrankten ist nicht nur absolut, sondern auch relativ geringer als unter „Gesunden“. Hierbei beziehe ich mich vor allem auf die Krankheitsbilder bei denen die meisten Psychiatrieaufenthalte verzeichnet sind, das sind affektive Störungen, Angststörungen und Schizophrenie. Leider wird in den Medien von Psychosen immer nur in Bezug auf Verbrechen berichtet. Das ist allerdings eine extreme proportionale Verzerrung, de facto sind die meisten VerbrecherInnen geistig/psychisch gesund. Abnormal im Sinne von amoralisch ist nun einmal nicht dasselbe wie abnormal im Sinne von krank. „Krank“ heißt vor allem auch ein Recht auf Schutz, Hilfe und wenn möglich, auf Heilung zu haben. Überdies ergibt sich bezüglich der Krankheit eine Relativierung der Schuldfähigkeit. Leider verwenden viele den Begriff „krank“ als synonym mit „nicht vorstellbar schlecht“, was Vorurteile und Diskriminierung gegenüber tatsächlich Kranken verstärkt. Eine „wahnsinnige“, in diesem Sinn „nicht nachvollziehbar unmenschliche“ Tat braucht Planung und Bewusstsein, das man in einer akut labilen Phase innerhalb einer psychischen Erkrankung nicht hat. Mythos #9: „Stimmen hören“ nur ganz wenige, ganz verrückte, gefährliche Menschen. Berna: „Stimmen hören“ ist das am meisten verbreitete Symptom von Halluzinationen. Es kommt nicht nur bei psychischen Erkrankungen vor, sondern oft auch in Stresssituationen, in Schockzuständen oder auch häufig nach Narkosen. Mythos #10: „Stimmen hören“ heißt, dass man im Kopf jemanden hört, der einem böse Befehle gibt. Berna: Die Inhalte, der Klang und alles andere der „Stimmen“ sind so unterschiedlich, wie Menschen unterschiedlich sind. Häufig sind es gar keine Befehle gebenden Stimmen, die man „imperative Stimmen“ nennt. Es muss nicht einmal immer eine sprechende Stimme sein, die jemand hört. Es gibt z.B. auch die akustische Halluzination Musik zu hören, wie ein Radio im Kopf. Das wesentliche Merkmal der „Stimmen“ ist nur, dass es sich um eine akustische Halluzination handelt. Ich höre zum Beispiel oft Gegenstände sprechen. „Stimmen“, hören sich genauso an wie wenn re-

1: Manuela ist 26 und studiert an der Uni Salzburg, ihre Hauptdiagnose ist die bipolare affektive Störung, auch eine schwere psychische Erkrankung. Die Liste psychischer Störungen samt deren Symptomatik wird immer wieder überarbeitet und kann derzeit aus der Übersicht des ICD 10 und des DSM 5 entnommen werden. 2: Berna ist 31, hat in Den Haag studiert und ist krankheitsbedingt derzeit nicht arbeitsfähig. Zuvor war sie erfolgreiche Flötistin und Tänzerin. Sie ist schon als Kind psychisch erkrankt, litt z.B. an chronischer Anorexia nervosa, die zu einer unspezifischen Essstörung wurde, war sportsüchtig und leidet nun an einer Borderline-Störung und einer Form von Schizophrenie. Weiters leidet sie an einer Angststörung und weist phasenweise autistische sowie dissoziative Symptome auf. Allesamt gelten als schwere psychische Erkrankungen und sind nicht einer einzelnen Diagnose zuordenbar. Es ist allerdings selten, dass mehr als ein oder zwei Hauptdiagnosen gestellt werden.

ale Menschen etwas äußern. Ich kann das nur dadurch unterscheiden, dass meine „Stimmen“ immer denselben „Personen“ zugeordnet werden können bzw. dieselbe Stimme haben. Gibt es etwas, das ihr aufgrund eurer persönlichen Erfahrung den LeserInnen der uni:press mitgeben wollt? Berna: Naja, vielleicht, dass Menschen mit psychischer Erkrankung auch nicht anders sind als andere Menschen mit chronischer Erkrankung. Außerdem, dass die Erkrankung im Normalfall keine Auswirkung auf den Charakter oder die Umgänglichkeit einer Person hat. Manuela: Ich fände es schön, wenn sich mehr Menschen bemühen würden, sich ungewöhnliche Gefühle, Wahrnehmungen und Gedanken vorzustellen, die sie im ersten Moment nur ablehnen oder pathologisieren würden. Auch finde ich eine gewisse Unsicherheit und Zweifel am Eigenen und scheinbar Selbstverständlichen wichtig. Außerdem ärgert es mich, dass es für psychisch Erkrankte keine Lobby gibt. Die Linke etwa beschäftigt sich mit jeder minimalen Minderheit, aber bezüglich psychischer Erkrankungen schämen sie sich nicht einmal, wenn sie keine Ahnung haben. Wissen über psychische Erkrankungen sollte zur Allgemeinbildung gehören. Da gibt es noch sehr viel zu tun.


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In zehn Songs durch das All. Ohne Widerstand.

Du vermisst Temperaturen von über 30 Grad? Kein Problem, rock dich zurück in den Sommer: Die One-WomanShow Juleah lieferte mit Melt Inside the Sun ein Album ab, das zum Dahinschmelzen jenseits irdischer Sphären einlädt. Kritik und Interview von Christopher K. Spiegl

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orarlberg steht definitiv eher für hohe Berge, einen unverständlichen Dialekt und permanentes Kuhglockengebimmel als für Britpop, Shoegaze und Psychedelia. Juleah belehrt uns eines Besseren. Hinter der Band steckt die Sozialarbeiterin Julia Hummer, die mit viel Liebe zum Detail mit diesem Album ihre persönliche Genre-Vision namens Neo-Psychedelia umgesetzt hat. Nichts ist hier zu verspielt, protzige Gitarrenlicks und Solos sucht man hier vergebens. Melt Inside the Sun wurde sehr bedacht und songdienlich komponiert, ohne dabei plump zu wirken. Verträumte Gitarrenriffs laden hier zur Himmelfahrt ein, die Leadgitarre fräst sich schmeichelnd durch die Gehörgänge, während erdige Basslinien das solide Fundament der Songs bilden. Der rauchige und deftig mit Hall überladene Gesang fügt sich in das stimmige Gesamtbild des Albums. In den Liedern Strom aus Licht und Sommertraum experimentiert Juleah auch mit der genreuntypischen deutschen Sprache. Das kann schiefgehen, tut es aber an dieser Stelle nicht, wenn Julia in Slow-Motion zur Reise „ins All ohne Hindernis“ einlädt. Aber auch in On a float, together ist der Titel Programm: Slide

und Tremolo dominieren die Gitarrenarbeit, gepaart mit psychedelisch-fernöstlich gefärbten Nuancen schippert der Song als melodiöse Glanzleistung daher. Als vielleicht fröhlichster Song des Albums sei Love Psychosis erwähnt: Ein sexy Gitarrenriff, reichlich twangy, verrät Menschen mit Herzschmerz, dass andere Mütter auch schöne Töchter und Söhne haben. Auch schön ist das balladeske, mit Synthies angereicherte To Miss. Dass dabei die englischen Lyrics keine literarische Offenbarung sind, stört kaum, da die Stimmung ohnehin wunderbar durch die musikalische Ummantelung ausgedrückt wird. Vielleicht ist es jedoch genau das, was Juleah ausmacht: Anspruchsvolle Songs, welche die ZuhörerInnen jedoch nicht überfordern, sondern zum gemeinsamen Trip durch Raum und Zeit einladen. Ganz ohne bewusstseinsveränderte Substanzen versteht sich. Um etwas mehr über Julia Hummers Rezept zu erfahren, haben wir sie für euch interviewt.

Melt Inside the Sun (Juleah) Neo-Psychedelia VÖ: 26.05.2015/Konkord

 Interview auf der nächsten Seite


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uni:press: Ist das Ländle ein fruchtbarer Boden für MusikerInnen? Julia Hummer: Es ist vermutlich eine Region wie viele andere, wo es durchaus einige Initiativen für MusikerInnen gibt. Aber man hat hier natürlich niemals die Möglichkeiten einer Großstadt. Im Grunde fühl‘ ich mich aber gar nicht berechtigt, über diese Frage zu urteilen, da ich mich (noch) nicht als Teil der Szene sehe. Da ich bis jetzt noch nicht live gespielt habe, habe ich mich nicht wie die meisten Bands um eine primär regionale Bekanntheit bemüht, sondern mich eher auf weltweite Verbreitung im Internet konzentriert. Gibt es so etwas wie musikalische Vorbilder für dich? Meine Helden kommen aus dem Britpop (hier wäre hauptsächlich Noel Gallagher zu nennen) und aus dem neueren Psychedelic Rock. Exemplarisch könnte ich wohl alle drei Mitglieder des Black Rebel Motorcycle Club nennen, darunter auch die einzige Frau, die ich wirklich als Vorbild bezeichnen würde, Leah Shapiro. Es geht hauptsächlich um die Attitüde, die totale Hingabe an die Musik. Authentischer geht‘s kaum. […] Und speziell möchte ich hier einmal Crispian Mills (Kula Shaker) erwähnen. Ich liebe den Sound, den er kreiert, sein Songwriting, die Art wie er Gitarre spielt und singt und seine Texte. Als Multi-Instrumentalistin hast du das Album also komplett im Alleingang aufgenommen? Ja, ich habe alles im Alleingang aufgenommen und programmiert, teilweise auch gemixt, was ich ganz spannend finde. Ein Freund hat mich beim Mixing unterstützt und auch klanglich noch ein paar Dinge beigesteuert. Bei so viel Engagement in Sachen Instrumente… gibt es ein Instrument, das du gar nicht anfassen bzw. hören kannst? Ich hatte bis vor kurzem mit dem Saxophon so meine Probleme, aber seit Noel Gallagher auf seinem letzten Album eins verwendet hat, bin ich damit ein bisschen versöhnt. Warum betreibst du die Band bis jetzt alleine? Ist es schwierig, MitmusikerInnen zu finden oder mutierst du zur Exzentrikerin, wenn es ums Songwriting geht? Ich glaube, dass es eine Kombination aus beidem ist. Ich hatte in der Tat bis jetzt Schwierigkeiten, Leute zu finden, die stilmäßig auf der gleichen Wellenlänge sind. Wobei ich hier zugegebenermaßen relativ wählerisch bin, womit wir wohl schon bei der Exzentrik sind. Was das Songwriting anbelangt, tendiere ich vermutlich wirklich etwas zur Exzentrik, da ich nicht daran glaube, einen stimmigen, authentischen Song zusammen mit vier anderen Leuten schreiben zu können. Genauso wenig wie man vermutlich einen Roman zu fünft schreiben kann. Es mag aber durchaus Bands geben, wo das gut funktioniert, ich kann es mir für mich jedoch nicht vor-

stellen. Vielleicht zu zweit. Ich hätte auch ein schlechtes Gewissen, anderen meinen Perfektionismus anzutun. Aber so lange die Ideen und Visionen sprudeln, möchte ich das voll auskosten und es ist herrlich, am Schluss einen fertigen Song zu haben, mit dem man ganz zufrieden ist. Natürlich bekomme ich spätestens dann ein Problem, wenn ich die Songs zum Leben erwecken möchte, um sie live zu spielen. Durch die Veröffentlichung des Albums haben sich jetzt aber wirklich einige Kontakte ergeben, die mich optimistisch stimmen. Was war bisher dein größter Erfolg mit Juleah? Was willst du noch mit der Band erreichen? Die größten Erfolge waren die Erwähnung im NME [Anm. d. Red.: New Musical Express, die größte musikjournalistische Online-Plattform der Welt] und dass ich gleich vom ersten Label, das ich angeschrieben habe, gesigned wurde. An dieser Stelle ein großes Danke an Konkord, die zu dem Zeitpunkt noch keinen Song der Platte kannten, da auch noch keiner existierte. ;) Wenn es irgendwann eine stimmige Live-Umsetzung und ein paar Konzerte gäbe, wäre ich schon sehr glücklich. Welches Album würdest du deinem Todfeind unterjubeln wollen? Ich als sehr harmoniebedürftiger Mensch bemühe ich mich, so gut es geht, keine Todfeinde zu haben oder nichts von ihrer Existenz zu wissen. So richtig schlechte Alben springen mir keine ins Gedächtnis, da ich mich lieber mit den guten beschäftige. Ich persönlich bekäme auf Dauer die Krise bei aalglatter, seelenloser, auf Massentauglichkeit und Kommerz ausgerichteter Musik; aber bei meinem Todfeind könnte es ja sein, dass dieser davon sogar noch sehr angetan wäre. Ich würde, um vielleicht einfach nur gute Musik zu verbreiten oder vielleicht doch wieder eine Gesprächsbasis zu schaffen, etwas unterjubeln, was mir selber gut gefällt. Möglicherweise kommt hier sehr die Sozialarbeiterin in mir durch ;). Aber wenn ich unbedingt etwas nennen muss....vielleicht so Dinge wie Money Boy oder Andreas Gabalier? Welches Album würdest du einem Menschen schenken, um dich von deiner besten Seite zu zeigen? Da gibt es kein spezielles. Das käme immer auf den Menschen und die Situation an. Natürlich könnte ich nun ein Album von Oasis nennen, aber ich muss zumindest die Vermutung haben, dass die Musik der jeweiligen Person immerhin ein bisschen gefällt, sonst hört sie es sich vielleicht nur einmal oder gar nicht an. Vor kurzem habe ich jemandem Parachutes von Coldplay geschenkt, da es mich in eine gewisse Stimmung versetzt hat, die ich mit der Person verbunden habe. Und diese traurig-schöne Stimmung wollte ich dann mit dieser Person teilen. Wenn ich einen Nerd beeindrucken wollen würde, würde ich wohl Radiohead verschenken. Viel extravaganter wird‘s bei mir nicht und ich hoffe, dass man nach wie vor damit nicht so viel falsch machen kann.


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Neue Töne braucht der Herbst: Christopher K. Spiegl hat für die uni:press das musikalische Gemüsebeet mit der Machete bearbeitet.

I CARE A LITTLE LESS ABOUT EVERYTHING NOW (SCHMIEDS PULS) POP / VÖ: 16.10.2015 / SEAYOU RECORDS Das Wiener Trio um Frontfrau Mira Lu Kovacs wendet sich mit der Veröffentlichung ihres zweiten Albums nicht – wie es der Titel vermuten lässt – lethargisch von dieser Welt ab, sondern räumt mit ziemlich viel Seelenmist in unserer Konsumgesellschaft auf. I care a little less about everything now ist ein Befreiungsschlag aus einer Welt, in der Liebe mit Vorhangschlössern an Brücken europäischer Hauptstädte ausgedrückt wird. Ein bisschen melancholisch, jedoch nie in suizidales Ambiente ausartend, wurde hier Popmusik auf hohem Niveau produziert. Miras charakteristisches Gitarrenspiel und Gesang, ein knarziger Kontrabass, der auch schon mal melodisch werden darf und intelligentes Drumming ergeben eine äußerst produktive Rezeptur. Kleine Dissonanzen machen das Ganze noch authentischer und so könnte man irgendwie Miras Aufforderung you can go now stundenlang anhören, sich dabei angesprochen fühlen und dennoch darauf bestehen, nicht gehen zu wollen. Aus der Reihe tanzt lediglich ein Song. In Joy trifft balkaneske Rhythmusarbeit auf gezupfte Gitarren und einen gestrichenen Kontrabass, ehe sich der gar tanzbare Refrain durchsetzt. You should care a little more about this band now.

ZU RICHTEN (EPSILON) METAL / VÖ: 08.06.2015 / MIGHTY MUSIC Während Supermarktketten beginnen, vegane Aufstriche in ihr Sortiment aufzunehmen und pflanzliche Ernährung zum Hype wird, droht die Tierrechtsbewegung in faulen Kompromissen zu verflachen. Ebendiese Kompromisse macht Epsilon nicht, sowohl musikalisch als auch inhaltlich. Die St. Pöltener werfen radikal (Anm.: lat. radix, an der

Wurzel fassend) die Frage nach der Begründung der Mensch-Tier-Beziehung in den Raum und untermauern dies mit einer gehörigen Portion Metal, wobei man gekonnt zwischen Melodic, Trash und Death/Grind oszilliert. Das ist – wie eben ein konsequent veganer Lebensstil auch – noch nicht massentauglich, wird vermutlich sogar von eingeFLEISCHten Metalfans als zu sperrig empfunden. Wer aber ein anspruchsvolles Album für kritische Köpfe produziert, verdient zumindest Respekt. Hier handelt es sich um keine Band, die um jeden Preis gefallen will und gerade deshalb authentisch rüberkommt. Epischer Anspieltipp: I shall feast on the flesh of my enemies.

SATT (SCHNIPO-SCHRANKE) (KLAVIER)PUNK/CHANSON / VÖ: 04.09.2015 / BUBACK TONTRÄGER Treffen sich zwei Frauen an der Universität für klassische Musik und entlarven das Studium als „seltsames Missverständnis“, gründen eine Band und beginnen damit „keine Grenzen zu setzen“, sondern bauen welche auf. Verdammt gut so! Die wohlüberlegten Lyrics der beiden Musikerinnen, begleitet lediglich von Klavier und Schlagzeug, haben es in sich und regen zum Schmunzeln aber auch zum Nachdenken an. In ihrem Debütalbum erklären Schnipo-Schranke Disneyromantik und Porntube den Krieg, indem sie die dahintersteckenden Fantasien künstlerisch überhöhen, ins Rampenlicht rücken und sie so zum Einsturz bringen. „Der Mann im Mond holt sich auf uns munter einen runter“, während der liebe Gott Cocktails auf Sansibar mixt und eventuell mit in den Gangbang einsteigt. Stellenweise wirken in der Produktion die Synthie-Einwürfe etwas zu aufgesetzt, was aber der geballten Energie der Songs keinen Abbruch verschafft. Live sind diese Damen sicherlich eine Wucht. Wunderschön ist die Ballade Tamponade. Der Abgesang auf die eigene Menstruation und das Tampon passt wunderbar zu Kerzenschein und Rotwein. Sie sei speziell Männern ans Herz gelegt. Schnipo-Schranke, das sind zwei Hamburgerinnen für eine weniger absurde Welt.

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LAUFEND HELFEN: 1.000 KILOMETER FÜR SCHWERSTBEHINDERTE

DIE SPENDENAKTION WIEN2BREGENZ

Der Student Stephan Pillwein will dieses Jahr 1.100 Kilometer und 50.000 Höhenmeter für einen guten Zweck zurücklegen: Quer durch die Alpen von Wien nach Bregenz wandernd, sammelt er Spenden für Menschen mit Behinderung. Mit seiner Aktion möchte er auf die unzureichende Finanzierung von entsprechenden Pflege- und Betreuungseinrichtungen aufmerksam machen. Die uni:press konnte ihn für ein Interview in Obertraun abfangen. Von Doris Hörmann


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1. Stephan, seit wann bist du unterwegs? Ich habe Anfang Juni angefangen, musste aber nach zehn Tagen aufgrund des Schlechtwetters kurz unterbrechen. Am 4. August wird es weiter gehen. Grundsätzlich möchte ich heuer noch fertig werden, glaube aber, dass sich das aufgrund meiner Unterbrechung nicht mehr ausgehen wird. Sollte ich es dieses Jahr nicht mehr schaffen, werde ich versuchen, nächstes Jahr weiterzugehen, aber dann halt nicht mehr in Verbindung mit dem Spendensammeln. Das sollte heuer noch einen erfolgreichen Abschluss finden. 2. Wohin führt dich der Weitwanderweg 01? Ich gehe die Variante von Perchtoldsdorf (Wiener Stadtrand) durch den Wienerwald, über den Schneeberg, die Rax, den Hochschwab, die Ennstaler und Eisenerzer Alpen durchs Tote Gebirge, über den Dachstein, durchs Hochkönig-Gebiet, dann entlang der Deutsch-Österreichischen Grenze in die Chiemgauer Alpen, zum Wilden Kaiser, nach Kufstein, ins Karwendel- und Wetterstein-Gebirge, zu den Lechtaler Alpen, in den Bregenzer Wald und schließlich zum Bodensee. Der Nordalpenweg hat eine Länge von 1.100 Kilometer. Insgesamt werde ich wohl um die 50.000 Höhenmeter bewältigen. 3. Für wen machst du diese Wanderung? Wem kommen die Spenden zugute? Ich sammle für die Gesellschaft für ganzheitliche Förderung und Therapie, genauer gesagt möchte ich damit die Betreuung von Schwerstbehinderten unterstützen. Letztes Jahr habe ich bei meinem Ferienjob im Salzkammergut eine Gruppe aus Krems kennen gelernt, die schwerstbehinderte Menschen betreut. Sie haben mit ihnen einen Ausflug nach Bad Ischl gemacht, um möglichst selbständig eine Woche von zu Hause weg zu sein und das Thermalbad als therapeutische Bereicherung zu nutzen. Ich habe gesehen, mit welchem Herzblut sich die BetreuerInnen um ihre Schützlinge kümmerten. In Gesprächen ging es auch um die finanziellen Ressourcen, von denen eine gute Betreuung und Therapie nunmal abhängig sind. Von dem Geld, das ich sammle, können sie weitere Ausflüge machen oder dringend benötigte Geräte anschaffen. 4. Wann werden deine Spenden übergeben? Ich möchte bis Mitte Oktober soweit wie möglich auf meiner Wanderroute kommen. Zu dieser Zeit werde ich wahrscheinlich irgendwo in Tirol sein und da wird das Wetter wohl gar nicht mehr viele Kilometer zulassen. Um diese Jahreszeit und in dieser Höhe könnte es schon Schnee geben. Ich werde dann die Spendenaktion aber noch bis Ende November oder Anfang Dezember laufen lassen und das Geld gesammelt als vorweihnachtliches Geschenk an die Gruppe übergeben.

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5. Wie kann man dich unterstützen? In erster Linie geht es darum, die Tagesetappen meiner Route zu verkaufen, wobei jeder gegangene Kilometer einem Euro entspricht. Ist eine Etappe zum Beispiel 20 Kilometer lang, kann sich ein Unterstützer diesen Abschnitt um 20 Euro kaufen und damit Geld an die Schwerstbehinderten spenden. Es ist mir schon einmal gelungen, die 49 Tagesetappen zwischen elf und 32 Kilometer (bzw. Euro) von Wien nach Bregenz zu verkaufen und ich stelle sie nun schon ein zweites Mal zum Verkauf. Wer interessiert ist, kann sich bei mir über Facebook oder per E-Mail melden. Keine Angst: Niemand muss mit mir mitwandern! Erst wenn ich die Tagesetappe geschafft habe, werden die Spender aufgefordert, das Geld zu überweisen. Sollte ich abbrechen müssen, steht es den Unterstützern frei, ob sie trotzdem spenden wollen oder nicht. Natürlich nehme ich auch freie Spenden unabhängig von meiner Wanderung an. Mich persönlich kann man unterstützen, indem man mit mir ein Stückchen mitwandert oder mich über das Internet verfolgt. Ich versuche täglich zu posten, wo ich gerade unterwegs bin und was ich so erlebe. 6. Haben dich schon viele auf deiner Wanderung begleitet? Meine Freundin hat mich vier Tage lang begleitet, jetzt im August kommt mein ehemaliger Mitbewohner mit seiner Freundin mit. Es haben sich schon einige weitere Personen angekündigt, die den Wanderweg mit mir mitgehen möchten. Die müssen sich aber erst ansehen, wo sie ein- bzw. aussteigen, weil ich in Gebieten unterwegs bin, wo die öffentlichen Verkehrsmittel nicht so ausgebaut sind. Vor allem von Tirol bis Bregenz komme ich nur mehr in Kufstein und Jenbach runter in die „Zivilisation“. 7. Würdest du etwas anders machen, wenn du noch einmal von vorne losgehen würdest? Ich würde vorher wesentlich mehr trainieren und mir neue Bergschuhe kaufen. (lacht) Und meinen Rucksack würde ich auf jeden Fall sparsamer packen. So wenig „Luxusartikel“ wie möglich mitnehmen und jeden Tag Handwäsche machen. Es ist halt ein großer Unterschied, ob ich die 1.100 Kilometer mit 18 oder nur 12 Kilo Gepäck auf dem Rücken gehe. Aber sonst? Vielleicht würde ich mir einen nicht ganz so langen Weg aussuchen. (lacht) Andere teilen sich den Nordalpenweg auf fünf bis sechs Jahre auf, weil sie berufstätig sind.

Wer, wie unsere Autorin, Stephan Etappen „abkaufen“ oder einfach so gerne etwas spenden möchte (ab 5 Euro), überweist am besten unter dem Verwendungszweck „Wien2Bregenz“ an: Stephan Pillwein, IBAN: AT0543 600 0000 5121 405 oder setzt sich mit ihm per E-Mail in Verbindung: stephan. pillwein@gmx.at / Blog: wien2bregenz.wordpress.com / Facebook: bit.ly/wien2bregenz Gesellschaft für ganzheitliche Förderung und Therapie: www.gfgf.at/


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WIE EINE FKK-GRUPPE ERFOLGREICH MEINEN URLAUB PLATZEN LIESS Es geschah im Juni. Es ist heiß und die Königsseeache ruft. Das Proseminar wird geschmissen und der ganze Tag mit FreundInnen in der rauschönen Natur verbracht. Das arschkalte Gebirgswasser sorgt für die nötige Abkühlung. Ein Tag zum Genießen und Abschalten. Doch plötzlich kamen sie aus dem Gebüsch. Zuerst vereinzelt und dann in immer größeren Grüppchen. Der Schrecken der Zivilisation: nackte Menschen.


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ir beginnen uns für die Armee an Nippeln, Ärschen und Schwänzen fremdzuschämen. Die Empörung steigt, als eine Sippe im Adams- und Evakostüm die Insel besetzt. Besagte Insel hatten wir eben kurz zuvor durch ein hartes Stück Arbeit erreicht. Die Strömung ist selbst für in der Unterstufe zertifizierte Allround-SchwimmerInnen eine Härteprobe. Die erfolgreiche Überwindung der Fluten wurde auf der Insel mit einem epischen Denkmal aus Treibgut und Steinen befeiert. Wir waren kaum zurück an unserer Liegestelle am Strand, als die geballte FKK-Besatzungsmacht vom anderen Ufer kam und zielsicher an seichten Stellen den Fluss durchschritt. Spielerisch leicht, ohne großes Gschisti-Gschasti, erreichten die Fleischkapazunder somit die Insel und präsentierten dort von nun an ihre Körper samt zugehörigen Genitalien. Und das an dieser so prominenten Stelle unserer allseits beliebten Badeoase! Zu unser aller Entsetzen wird unser Treibgut-Denkmal abgebaut und zu einem Sonnensegel umfunktioniert. Das bedeutet Krieg. Für die direkte Konfrontation sind wir allerdings zu feige, insgeheim hegen wir wohl eine stille Bewunderung für die souveräne Flussüberquerung der freien Körperkultlerschaft. So bleibt es bei unserer Spötterei, wodurch unsere Kränkung zumindest teilweise getilgt wird. Die kleiderlosen InsulanerInnen stört unsere heimliche Lästerei freilich nicht. Sie genießen den schönen Tag in sichtlich gediegenen Posen und lassen sich die Sonne nicht nur auf den Bauch, sondern auch sonst wo hin scheinen. Für uns ist die Insel somit im Häutermeer versunken. Atlantis 2.0. Es wird später Nachmittag und die neu angekommenen (angezogenen) Badegäste meiden die Insel ebenfalls. Auch sie senken beschämt das Haupt, wenn sie ihren Panoramablick in der malerischen Landschaft schweifen lassen und dabei über die Insel streifen. Die Sichtung geballter menschlicher Biomasse in ihrer ursprünglichsten Form ist schwer zu ertragen. Irgendetwas stimmt hier nicht. Es geschah im Juli… Es ist noch immer heiß. Um ehrlich zu sein, etwas zu heiß. Das kühle Nass ruft noch immer, aber der Abgabetermin der Proseminararbeit und die geplante Reise in den Süden rücken erbarmungslos näher. Letztere wurde seit mehr als einem halben Jahr, ausgehend von den wenig wirtlichen Witterungsbedingungen der dunklen Jahreszeit, immer detaillierter geplant. Immer schöner und abenteuerreicher habe ich sie mir ausgemalt, die Sommerreise. Doch nun sitze ich hier alleine, zurückgelassen von jeglichen MitbewohnerInnen, computergeknechtet in meiner stickigen WG und quäle mich Gedanke um Gedanke, Satz um Satz zur fertigen wissenschaftlichen Hausarbeit. Dabei versinkt die Welt jenseits


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der heimischen Mauern nicht bloß etwa in badefreundlicher Witterung, sondern ruft die allgemeine Badepflicht aus. Die Gedanken dürfen jetzt nicht abschweifen… wie etwa an die Königsseeache und andere tolle Badeplätze in und um Salzburg1. Abkühlung gönne ich mir in Form einer kalten Dusche nach jeder erfolgreichen Formulierung eines Absatzes – so viel Disziplin muss jetzt sein. Es muss wohl nach dem vierten oder fünften Absatz an diesem äußerst heißen Tag gewesen sein, als es passiert ist: Nach einer lauwarmen Dusche – Kaltwasser ist längst schon aus in unserem Altbau – bemerke ich, dass ich das Handtuch im Zimmer liegen gelassen habe. Ein Schock: Ich bin nass und nackt! Ein verstohlener Blick in den Flur der Wohnung, ehe ich in meine eigenen vier Wände husche. Zehn dramatische Sekunden souverän nackt überstanden und niemand hat mir was runtergeschaut. Ich bin beruhigt. Und das ganze Theater, obwohl ich weiß, dass ich die nächsten zwei Wochen die ganze Wohnung für mich alleine habe. Meine MitbewohnerInnen waren nämlich fleißiger als ich und haben schon den alljährlichen Pflichturlaub angetreten. Noch während ich mich abtrockne, muss ich über mich selbst lachen: Vor wem oder was habe ich so viel Angst in meiner Nacktheit? Andere Leute, wie die Erfahrung mit den Nackerten an der Königsseeache zeigte, laufen gar sehr selbstbewusst nackt in der Öffentlichkeit ‘rum. Kleider machen Leute und ohne sie stehen wir wohl verdammt deppert da. Die Situation ist einfach absurd. Da es noch immer brütend heiß ist, schreibe ich die PS-Arbeit nackt weiter. Ich erinnere mich irgendwo einen Satz gelesen zu haben, in irgendeinem Buch, der mich zutiefst inspirierte. Sinngemäß: Um das kreative Potential unserer grauen Zellen anzuregen, sollte man das Bekannte in regelmäßigen Abständen unbekannt machen. Challenge accepted. Die nächsten Sätze meiner geistigen Ergüsse sprudeln mir ergiebiger aus den Synapsen und Fingern als der Schweiß von der Stirn und aus den Achselhöhlen. So sitze ich da, die klaren Gedanken zu einer Textsymphonie in den Computer hämmernd, während nicht nur meine Haut, sondern auch die üblichen Schamzonen völlig unbedeckt sind. Arsch, Muschi, Schwanz, Vollbrust, behaarte Busen, Apfelsinenbrüste – worum es sich dabei auch immer genau handelt, überlasse ich an dieser Stelle deiner Fantasie. So viel sei nur gesagt: Es wirkt verdammt befreiend und spornt die Gedanken an. Beflügelt von meinem neuen Körpergefühl, stolziere ich im Naturmantel in die Küche und genehmige mir eine eiskalte Sodazitrone. Nacktheit wirft Fragen auf. Eigentlich ist der soziale Code für „angebrachte“ Nacktheit ziemlich durchdekliniert: Duschen und Sex. Also Nackt-

heit pur. Ansonsten befreit man die Schamzonen nur bei Verrichtungen am stillen Örtchen. Im alten Rom geschah das aber auch noch öffentlich und man plauderte fröhlich und angeregt beim „großen Geschäft“. Heute sind wir also ziemlich funktional unterwegs. Warum messen wir Nacktheit bloß einen so großen Stellenwert bei? Ich beginne in all meiner Pracht zu kochen und spinne meine Gedanken weiter. Unsere Vorstellung von Sex dürfte in der Wahrnehmung von Nacktheit eine gewichtige Rolle spielen und von daher rührt wohl auch die Peinlichkeit. Das Nacktsein vor anderen wird als Aufforderung zur Instant-Penetration der Geschlechtsteile aufgefasst. Dadurch verhalten wir uns ziemlich konsumistisch, verstehen ArtgenossInnen nicht mehr als Individuen, sondern als in Kleidung verpackte (Sex-)Objekte. Geschlechtsverkehr ist etwas Schönes, es macht Spaß, darüber wird man sich wohl nicht streiten müssen. Es wird jedoch problematisch, wenn man SpielgenossInnen und deren Gefühle, die nun mal auch an das Schäferstündchen gekoppelt sind, nicht in ihrer Eigenart, als ganzheitliche Person wahrnimmt und sich dem Diktat der Pornohegemonie unterwirft2. Dabei kommen ganz klar Macht und Unterdrückungsmechanismen stärker zur Geltung, als etwa das Streben nach größtmöglicher Lustbefriedigung der Kopulierenden. Das Ausziehen des T-Shirts, des BHs, der Boxershort oder des Slips wird im Kopfkino sofort zum starr festgelegten Ablauf


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„Jetzt-gibt-es-gleich-Sex“ verwurstelt. Ist es nicht ein bisschen absurd? Man kann andere Menschen doch nicht auspacken und genießen wie etwa einen Schokoriegel. Ein allessagender Blick, der dir sagt „Ich will dich!“, der folgende verbale Tanz und das Aussenden entsprechender Mimik sind doch zigfach erregender als die plumpe Begutachtung des Genitals. All diese Vorspiele sind wichtige Bedingungen, um Sex auf Augenhöhe, sprich konsensual, erst möglich zu machen. Ästhetische Reize spielen bei unserem Paarungsverhalten sicher keine untergeordnete Rolle, jedoch ist Nacktheit per se noch keine Aufforderung zum Geschlechtsverkehr, sondern primär Ausdruck der persönlichen Freiheit. Jegliche Empfindung von Ekel, Scham aber auch Zuneigung rührt daher eher vom eigenem Selbst her als von der Nacktheit der anderen Person und ebendiese ist noch lange keine Einladung zur Herumstoppelei der Genitalien. So banal ist die ganze Sache. Mit dieser Feststellung beende ich meine Mahlzeit. Damit ist das Thema Nacktheit jedoch noch nicht gegessen. Nackte Rechenspiele. Ich frage mich, wie viel Zeit wir wohl zeitlebens nackt auf dieser Erde wandeln. Mit Bleistift und Papier bewaffnet beginne ich am blickgeschützten Balkon genitalzonenfrei nachzurechnen: Angenommen man verbringt täglich (!) 15 Minuten in der Dusche und hat 30 Minuten Sex, käme man im Laufe eines Lebens auf sensationell magere drei Prozent Nacktheit. Das ist recht mickrig. Okay, es ist ja auch manchmal kalt und so, aber drei Prozent? Come on! Sogar nach unserem Ableben zwängt man uns in unsere „besten Kleider“, steckt uns in eine Holzkiste und überlässt uns so Mutter Natur. Dabei kommt doch hochgerechnet ziemlich viel Müll zustande! Und das schöne Gewand könnte auch noch über der Erde von den Lebenden benutzt werden. An dieser Stelle könnte man natürlich darauf bestehen, auch im Falle eine Zombie-Apokalypse in schicken Kleidern rumlaufen zu wollen. Ob es wohl eine Jury für den Catwalk in einer gehirnfressenden Zukunft geben wird? Man weiß ja nie. Ich gehe allerdings nicht so weit, dass ich sofort ein nacktes Testament aufsetzen lasse, sondern beschließe an Ort und Stelle meinen Prozentsatz an Nacktheit pro Tag zu steigern. Ich möchte mein Leben nicht großteils zugepackt verbringen. Indem ich nackt zu schlafen

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beginne, erreiche ich zumindest ein Maß an rund 33,5 % Nacktheit pro Tag, was mir relativ vernünftig erscheint. Falls sich bei der LeserInnenschaft nun Hygienebedenken einstellen, möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass sich Keime äußerst gerne in sämtlichen Textilfasern vermehren und ob da jetzt die Bettwä-

„Sogar nach unserem Ableben zwängt man uns in unsere ‚besten Kleider‘, steckt uns in eine Holzkiste und überlässt uns so Mutter Natur. Dabei bleibt doch hochgerechnet ziemlich viel Müll übrig!“ sche oder der Pyjama (Welche unnötige Erfindung ist das bitte?) häufiger gewaschen wird, ist doch vollkommen Banane. Es geschah im August… Es ist noch heißer. Um ehrlich zu sein ist es aber auch wurscht. Am Wetter kann man eh nix ändern und Anpassungsfähigkeit ist gefragter als sudern. Die wissenschaftliche Hausarbeit ist ruhigen Gewissens abgegeben worden. Es ist sieben Uhr morgens und ich schwimme nackt durch die Königsseeache. Ich bin nicht so mutig wie die FKKGang der Insel und meide menschlichen Kontakt. Abschließend sei nun erwähnt, dass ich nicht alle FKKler automatisch für bessere, freiere Menschen halte. Sicher gibt es den einen oder anderen Lustmolch unter ihnen, jedoch schätze ich den Anteil der „verpackten“ Artgenossen ebendieser Art weitaus höher ein. Für meinen Teil empfehle ich, einfach nicht alles allzu schnell zu verurteilen und das eine oder andere Mal über den eigenen Schatten zu springen. Das Nacktschlafen – welches ich nie wieder missen will! – und die morgendlichen Schwimmeinheiten wirken sich äußerst positiv auf mein Wohlbefinden aus. Auch wenn’s komisch klingt, ich „spüre“ mich einfach besser, kann besser nachdenken und sehe die Welt um einen Funken positiver. Es gibt halt Dinge, wie etwa dieses Freiheitsgefühl, die man sich einfach nicht kaufen kann. Viele unnötige Zwänge verhindern alltägliche Freuden, für die wir anscheinend den Riecher verloren haben. Darum habe ich auch die lang ersehnte Rundreise abgebrochen. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

1: Die BloggerInnen von Fräulein Floras Favourite Hangouts haben hierzu eine tolle Zusammenstellung gemacht: http://bit.ly/SBG_GratisBadespass 2: Siehe hierzu Schwerpunkt „Ficken!“ der Dezemberausgabe 2014 der uni:press


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Spannende Geschichten, sympathische Charaktere. Entdecke die Geheimnisse der Mozartstadt!

STORIES OF SALZBURG

... so heißt der Blog von Christine Gnahn, 25. Sie interessiert sich weniger für die A-, B- und C-Promis dieser Welt, sondern dafür, was eigentlich eine Krankenschwester oder eine Gärtnerin so den lieben langen Tag tut und was sie vom Leben denkt. Und sie will sie alle kennenlernen: Die Geschichten Salzburgs. storiesofsalzburg.wordpress.com

ÖSTERREICHS ERSTER KARIKATURENWETTBEWERB Es zieht ein neuer Contest in die Stadt, genauer gesagt auf die Bühne im MARK.freizeit.kultur: Der Salzburger Karikaturenpreis! Dahinter steckt eine junge Dame, die sich mit Karikaturen bestens auskennt.

S

einen Doktor in Kunstgeschichte kann man vielleicht über antike Vasen machen, über einen Lyriker des Mittelalters oder die Töpfereien der Bronzezeit. Nina Herzog hatte da eine andere Idee – und promoviert zu einem ganz speziellen Thema: Chinesische Karikaturen. „Es geht meist darum, das Zeitgeschehen auf die Schippe zu nehmen, auch ernste Dinge mit Humor zu nehmen“, beschreibt Nina . Nach und nach weckte das Dissertationsthema rund um verzerrte Gesichter und übertrieben dargestellte Situationen ihre Begeisterung. Bis sie an eine Grenze stieß. „Ich suchte nach Verbänden und Gruppierungen, die sich mit Karikaturen befassen – doch leider vergeblich“, berichtet die Berchtesgadenerin. Besonders junge Menschen, die in ihrer Freizeit zum Stift greifen, um die sie umgebende Welt auf Papier zu bannen und das Extrem der Realität grafisch darzustellen, suche man vergeblich. „Ich konnte das gar nicht verstehen. Karikaturen sind doch nichts Altmodisches.“ Nina spuckte zweimal in die Hände, krempelte die Ärmel hoch – und rief den Salzburger Karikaturenpreis ins Leben. Sponsoren hatte sie schnell bei der Hand,

zu gewinnen gibt es unter anderem Malsets und Geldpreise bis zu 300 Euro. Mit dem MARK.freizeit.kultur, das seit jeher Junge und Junggebliebene bei ihren Vorhaben unterstützt, fand sich auch rasch ein geeigneter Veranstaltungsort. „Auf einmal war ich mittendrin, einen Karikaturen-Wettbewerb zu starten, das war ein tolles Gefühl“, berichtet die Studentin. Für die Jury hat sich Nina etwas Besonderes einfallen lassen: „Ich wollte, dass die Preise generationenübergreifend vergeben werden, dass Jung und Alt mitbestimmen können.“ So sitzen unter den Entscheidungsträgern beispielsweise nicht nur Vertreter der HochschülerInnenschaft, sondern auch jene der Arbeiterkammer. Thomas Wizany, der im Salzburger Raum für seine Karikaturen in den Salzburger Nachrichten bekannt ist und Gerhard Haderer, ebenfalls ein gefeierter österreichischer Karikaturist, werden mit dabei sein, wenn die goldene Karikaturisten-Krone am 31. Oktober 2015 um 15:00 Uhr im MARK überreicht wird. So auch Andrea Lacher-Bryk, eine der wenigen Frauen, die sich in der Karikaturisten-Szene etabliert haben.

Mehr Infos zum ersten österreichischen Karikaturenpreis findest du auf: bit.ly/karikaturenpreis_salzburg


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Wenn zwei eine Zeitschrift gründen: Mitmachen beim mosaik! Weil es junge SchriftstellerInnen mit der ersten Veröffentlichung nicht immer leicht haben, beschlossen Sarah Oswald und Josef Kirchner einfach eine eigene Plattform zu entwerfen: das mosaik. Hier darf schreiben und veröffentlichen, wer möchte.

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iteratur steht nicht nur auf einem Sockel, um von unten bewundert zu werden. Bei Literatur kann man mitmachen!“ Davon sind Sarah Oswald und Josef Kirchner, beide 25, zutiefst überzeugt. Weil sie nicht mehr damit leben wollten, dass „gute Texte nicht veröffentlicht werden und schlechte schon, nur weil ein anderer Name darunter steht“, schufen sie 2011 ganz einfach ihre eigene Plattform: die Zeitschrift mosaik. Damals noch mit Alexander Macho (das „ch“ wohlgemerkt deutsch gesprochen), der das Team nach einem Jahr aufgrund von Differenzen verließ. Von Anfang an hatte das mosaik ein Ziel und eine Besonderheit: Wirklich jedeR kann darin seine Texte veröffentlichen. „Damit wollen wir gerade jungen SchriftstellerInnen und KünstlerInnen die Möglichkeit geben, etwas zu publizieren“, erklärt Kirchner. Und mit einem fröhlichen Grinsen fügt Oswald hinzu: „Ich finde es einfach so schön, wenn jemand zum ersten Mal den Mut hat, über das zu schreiben, was ihn bewegt und beschließt, das öffentlich mitzuteilen. Das sind immer wieder ganz besondere Texte.“ Was findet sich nun also in einer Zeitschrift wie dem mosaik? Gedichte und Kurzgeschichten, Gedanken zu Gott und der Welt und ein kunterbuntes Wirrwarr an literarischen Ergüssen. Eine Frage drängt sich jedoch auf: Wenn wirklich jeder Text genommen wird – was ist, wenn er den beiden ChefredakteurInnen nicht gefällt? „Das darf nicht entscheidend sein. Wir sind schließlich nicht das Maß aller Dinge, wir können nicht entscheiden, was gut oder schlecht ist – wir möchten junge LiteratInnen ganz einfach fördern“, erklärt Oswald. Rassistische, porno-

grafische und gewalttätige Inhalte werden jedoch ausgesiebt. Wobei es da einen Text gab, der beide auf die Probe stellte. „Er hieß Um eine Orgasmuslänge und fand zum Teil auf dem Klo statt. Wir haben damals zu dritt abgestimmt, ob wir das drucken sollen.“ Sie entschieden sich dafür. Gleich am nächsten Tag ein begeisterter Anruf: Die Zeitschrift sei toll gelungen, ganz besonders dieser eine Artikel! „Da haben wir uns gedacht, wunderbar! Einem hat es gefallen, damit haben wir unser Ziel schon erreicht.“ Das mosaik ist ein echter Zeitfresser. Tage und Nächte sitzt das Paar beisammen, um gemeinsam die Texte durchzugehen, das nächste Layout durchzuplanen oder neue Veranstaltungen zu koordinieren. Davon gibt es reichlich – schließlich sollen junge ErstveröffentlicherInnen nicht nur schreiben, sondern auch vor Publikum lesen lernen. All die Projekte nähren sich von Lust, Liebe und Fördergeldern von Stadt und Land sowie der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) – diese übernimmt die Druckkosten der 1.000 gedruckten Exemplare pro Ausgabe. Auch online ist das mosaik mit einem eigenen Blog gut vertreten. Finanziellen Profit schlagen Oswald und Kirchner, die übrigens beide aus Tirol („aber aus verschiedenen Eckchren“) stammen, aus dem Ganzen keinen. Im Künstlerhaus an der Salzach bezogen sie gemeinsam mit der Salzburger Kunstvereinigung Bureau du Grand Mot einen eigenen Raum, in dem tagsüber getüftelt und gefeilt, abends gemeinsam Wein und Bier getrunken wird. Und natürlich: Gelesen.

Hier ist das mosaik im Web zuhause: mosaikzeitschrift.com


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zeit ma schine

Bewaffneter Studentenaufstand in SBG-Süd

Schon die Kultrapper der SBG Hotboys wissen, Salzburg ist Untergrundhauptstadt: „SBG ist in der Hand von Kriminalität und Gewalt,(…) hier herrscht ein eigenes Gesetz, Mörderpack wenn du dich nicht dran hältst, fickt dich meine Stadt (…) spiel nicht den Harten, sonst wirst du erschlagen, erstochen und begraben, so ist meine Stadt, ich liebe SBG.“ In der Titelstory Szenen nach Zehn berichtete die uni:press in der Dezemberausgabe 1980 von eben dieser nackten Gewalt im Billrothheim (Internationales Kolleg), als ein Streit zwischen Studenten und Nachtwächter eskalierte. Rückschau zusammengestellt von Christopher Kurt Spiegl

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ur Vorgeschichte: Anfang der 1980er Jahre existierte ein selbstverwalteter Studierenden-Nachtdienst im Billrothheim. Dabei konnten sich Studis, die eben nicht aus reichem Elternhaus stammten, ein kleines Zubrot verdienen, indem sie etwa kontrollierten, ob alle Türen und Fenster abgeschlossen wurden. Das System funktionierte gut, heißt es hierzu in der uni:press der 80er. Die Heimleitung setzte jedoch den Dienst ab und einen erst 21jährigen Nachtwächter ein. „Die Studenten akzeptieren den Nachtwächter nicht, welcher erwachsene Mensch schließt eigentlich schon sein Kontrollorgan beglückt ins Herz?“ Aufgrund des jungen Alters des Nachtwächters, dürfte es nichtsdestotrotz „Anbandelungsversuche“ zwischen Studierendenschaft und Kontrollorgan gegeben haben. Nachstehende Auszüge aus dem Gedächtnisprotokoll des Studenten H.S. klärt über das Verhältnis zwischen Nachtwächter und StudentInnen, sowie über die Eskalation auf: „Am Montag, dem 13.10.1980 fand auf Anregung des Nachtwächters in meinem Zimmer eine nächtliche Feier statt. Um halb vier verließ er, zusammen mit den meisten anderen, stark betrunken, mein Zimmer. Ich versperrte die Tür und saß noch mit fünf Freunden beisammen, als es gegen vier Uhr plötzlich klopfte. Auf meine mehrmaligen Fragen, wer draußen sei, bekam ich keine Antwort, nur das Klopfen wurde zum heftigen Trommeln. Um diesem Lärm ein Ende zu machen, forderte ich einen meiner Freunde auf, die Tür zu öffnen, zog aber, da ich (…) Unbehagen verspürte,

meine Schreckschußpistole und hielt sie in Richtung Tür. Der Nachtwächter, der vor der Tür stand, entwendete sie mir und weigerte sich, (…) mir mein Eigentum zurückzugeben. Ich hinderte ihn darauf am Verlassen meines Zimmers, worauf er aus dem Fenster des im ersten Stock liegenden Zimmers sprang.“ Freunde von H.S. versuchten daraufhin den Nachtwächter in dessen Dienstwohnung zu beruhigen und wurden von diesem mit einer anderen, vom Nachtwächter als Dienstwaffe bezeichneten Pistole, bedroht und dazu genötigt sich auf den Boden zu legen. Der Nachtwächter hielt ihnen die Knarre an den Kopf und drohte, sie alle umzubringen. Schließlich konnte die Polizei die bewaffneten Parteien voneinander trennen. Die Frage, warum Studenten und der Nachtwächter überhaupt Schusswaffen führten, wird in der uni:press anno 1980 leider nicht gestellt. Ob es wohl damals Usus war, zwischen Werken von Adorno und Marcuse in seinem Nachtkästchen Schusswaffen zu deponieren? Der Nachtwächter wurde schließlich entlassen und sämtliche Studierende aus dem Heim geworfen. Aus dem Artikel geht hervor, dass das Leben im Studiheim in den 1980er Jahren alles andere als ein Zuckerschlecken war. Laut Angaben der uni:press verließ bereits nach einem Jahr die Hälfte aller BewohnerInnen das Billrotheim. Die Motive? Die Heizung wurde bei Minustemperaturen abgedreht, HeimleiterInnen wurden laufend in Nervenheilanstalten eingeliefert und StudentInnen rigoros und ohne Angabe von näheren Gründen aus dem Heim geworfen. „Singen im Hof“ reichte damals schon aus, um als „lästiger Zeitgenosse“ aufzufallen. Gründe genug, um sich eine Schusswaffe zu besorgen?


KULTUR & MENSCHEN

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Ode an den Montag Der Montag ist der wohl meist gehasste Tag der Welt. Zu Unrecht, wie Autorin Christine Gnahn findet.

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igentlich mag niemand Montage. „Thank God it’s Friday“ und „Fuckin’ Monday“ sind als bewährte Anglizismen so eingegangen in den Sprachgebrauch, dass keiner mehr auf die Idee käme, sie zu hinterfragen. Wessen Woche komplett ohne Sünde und vollständig nach den eigenen Idealen zur Gänze und zum letzten quietschfidelen Quäntchen genutzt wurde, der hebe die Hand. Trotz euphorischer Facebook-Posts, aus denen ich entnehmen kann, wo A am Samstag sein Wiener Schnitzel verdrückt hat und was für eine tolle Beziehung B doch führt, glaube ich keinem einzigen, der hier auch nur den kleinen Finger in die Luft streckt. Zu idealistisch ist die vielumstrittene und häufig be© Felix Montino (Flickr)

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mitleidete Generation Y, die neben Beruf und großer Liebe auch noch die persönliche maximale Entfaltung erreichen möchte. Genau diese Generation sollte anfangen, den Montag verdammt nochmal zu lieben. Denn da, wo es noch hakt, wenn man den doch eigentlich boykottierten Nestlé-Kaffee geschlürft, die Eigentlich-habe-ich-aufgehört-Schachtel geraucht oder den Ex, bei dem man doch weiß, dass er einem nicht gut tut, erneut angerufen hat, sitzt viel Schmerz: Der Schmerz des Versagens. Lange drüber leiden und bangen bringt aber nicht viel. Lieber auf Montag warten. Dann Strich ziehen, Scheiße raus lassen und gute Vorsätze rein. Merke dir einfach: Montag ist dein Silvester. Jede Woche neu.


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