LEBEN AM WATTENMEER - FRÜHER
SCHIFFFAHRT, SCHIFFE UND HANDEL DAS WATTENMEER ALS VERKEHRSWEG
Die Kalkmalerei aus dem 13. Jahrhundert in der Kirche Hvidings zeigt eine Kogge, welches ein typisches Handelsschiff des Mittelalters war. Das dänische Wattenmeer liegt an der Westküste Südwestjütlands, südlich des gefährlichen Riffs Horns Rev, das früher von Seeleuten gefürchtet war. Das Wattenmeer bot Naturhäfen im Schutz der Inseln, und die Tiefs zwischen den Inseln sicherten den Zugang zum Festland. Im Mittelalter entstand hier die älteste Stadt Dänemarks: Ribe.
Handelsplätze und Schifffahrt im Wattenmeer
Die Seefahrt – und damit auch der Austausch von Waren und Kultur – spielte bereits früh eine große Rolle im Wattenmeergebiet. Die Flüsse verlegten die Transportwege ins Binnenland, und an den Furten entstanden oft Knotenpunkte des Handels. Archäo logische Funde zeugen von einem frühen Handel mit internationalen Partnern. Dankirke bei Vester Vedsted pflegte z. B. Handelsbeziehungen mit An gelsachsen im Zeitraum von etwa 200 v. Chr. bis 750 n. Chr. Viele der späteren Städte der Gegend sind aus Handelsplätzen hervorgegangen. Das älte ste Beispiel dafür ist Ribe, das die Wikinger um 710 zu einem dauerhaften internationalen Handelsplatz werden ließen.
Kirchenbau
Die Schifffahrt vereinfachte den Transport von großen und schweren Gütern über weite Strecken.
Erleben Sie im ... FRÜHLING
HERBST
WINTER
Be- und Entladen Die örtlichen Schiffe mit flachen Böden konnten bei Hochwasser dicht ans Ufer heranfahren, denn bei Niedrigwasser legten sie sich auf den trockenen Meeresboden, sodass man mit Pferd und Wagen bis zum Schiff fahren konnte.
Der Ewer Der Ewer ist ein typisches Wattenmeerfahrzeug, mit flachem Boden und mit Seitenschwertern als Ersatz für den fehlenden Kiel. Das Seitenschwert konnte auf der windgeschützten Seite gesenkt werden, um eine Abtrift zu verhindern. Nur sehr wenige dieser Schiffe sind in Dänemark erhalten.
Der Landtransport wurde entweder zu Fuß oder mit holpernden, von Tieren gezogenen Fuhrwerken un ternommen, während Schiffe in derselben Zeit eine größere Fracht in schnellerem Tempo transportieren
Mette Guldberg, Fiskeri- og Søfartsmuseet & Mikkel Kirkedahl, Sydvestjyske Museer Übersetzung: Jakob Jonia, ORDBRUGET
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Der Hafenkai ”Skibsbroen” (Schiffsbrücke) in Ribe mit der Ewer Johanne Dan im Vordergrund. konnten. Dies nahm Einfluss auf den Kirchenbau der Gegend. Ein Großteil der Kirchen im Watten meergebiet wurde im 12. und 13. Jahrhundert im romanischen Stil aus Tuffsteinen gebaut, die vom Rhein hierher verfrachtet wurden. In der Kirche von Hviding kann man ein Gemälde aus dem 14. Jahr hundert von einer Kogge betrachten, dem typischen Handelsschiff des Mittelalters. Auf den Friedhöfen der Gegend stehen Grabsteine, die von den See fahrts- und Handelsaktivitäten der vergangenen Jahrhunderte Zeugnis ablegen.
Entstehung der Kleinstädte
Im Mittelalter erteilte der König einer Reihe von Han delsplätzen das alleinige Recht auf Handel, Hand werk und Schifffahrt, wodurch sie zu Kleinstädten wurden. Die wichtigste von ihnen ist Ribe, das 948 Bischofssitz und Aufenthaltsort der Könige auf ihren Reisen durch das Land wurde. Im 12. Jahrhundert errichtete man den imposanten Dom. Im Mittelalter verschaffte besonders die Ausfuhr von Rindern der Stadt ein gutes Einkommen, und im 16. Jahrhundert gehörte Ribe zu den größten Städten Dänemarks. Die anderen Kleinstädte in der Gegend waren Tøn der (1243) und Varde (1442). Alle Kleinstädte liegen an Flüssen mit Zugang zum Meer, in welche die größeren Schiffe nicht hineinfah ren konnten, sodass die Waren oft auf Ladeplätzen neu verladen wurden. Kleinere Boote – die soge nannten Schuten – oder Pferdewagen sorgten für
Export und Import Im 18. Jahrhundert wurden von Hjerting aus hauptsäch lich Agrarprodukte und Fische sowie grob verarbeitete Waren, Pferdedecken und schwarzirdene Töpfe aus geführt. Bei ihrer Rückkehr brachten die Schiffe Holz und Eisen aus Norwegen mit sowie Salz, Kalk und eine Reihe von Lebensmitteln und Luxusartikeln aus Hol land.
Die Katastrophe 1777 1777 war für die Walfänger von Rømø ein einschnei dendes Jahr, weil im August und September 14 Wal fangschiffe im Packeis südöstlich von Grönland unter gingen. Man weiß, dass 51 Seeleute – darunter fünf Kommandanten – aus Rømø mit an Bord waren, 30 von ihnen überlebten. Unter den Überlebenden waren auch Leute von Fanø und Mandø. Nach dieser Kata strophe gingen die Seeleute der Inseln zunehmend zur Handelsschifffahrt über.
den Transport zwischen den Ladeplätzen und den Städten. An der Küste befanden sich etwa 20 sol cher Ladeplätze oder Außenhäfen verschiedener Größe. Zu den mächtigsten zählten Højer und Bal lum, die zu Tønder gehörten, Rømø, Hviding Nakke und Sønderho, die Ribe versorgten, sowie Janderup und Hjerting, die als Ladeplätze der Stadt Varde di enten.
Mette Guldberg, Fiskeri- og Søfartsmuseet & Mikkel Kirkedahl, Sydvestjyske Museer Übersetzung: Jakob Jonia, ORDBRUGET
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Der Dockhafen Esbjerg die Leuchttürme um Esbjerg wurden 2007 von der Kulturerbebehörde als eins der insgesamt 25 wichtigsten Kulturstätten der Industriegeschichte Dänemarks ernannt.
Seeleute und Walfänger
Besonders die Inselbewohner betrieben neben Landwirtschaft und Fischerei die Schifffahrt. Die Menschen von Rømø spielten eine bedeutsame Rolle in der Schifffahrt der Stadt Ribe bis 1644, als die Schweden den größten Teil der Rømøer Flotte niederbrannten. Danach partizipierten die Insel bewohner an der von deutschen und niederländi schen Häfen ausgehenden Seefahrt, und mit der Zeit entwickelten die Menschen von Rømø ein be sonderes Geschick in Sachen Wal- und Robben fang. Rømø ist besonders für seine Kommandanten, d. h. die Kapitäne von Wal- und Robbenfangschif fen bekannt. Als die Zahl der Kommandanten 1770 ihren Höhepunkt erreichte, gab es 30 von ihnen, die wiederum knapp 10 % der aktiven Seeleute der Insel ausmachten.
Die Zeit der Segelschiffe
Im 18. Jahrhundert verlagerte sich das Zentrum der Seefahrt im Wattenmeer nach Norden. Bereits seit Anfang des 17. Jahrhunderts hatte Ribe einen Nie dergang in Handel und Schifffahrt erlebt. Stattdes sen entwickelte sich Hjerting, Ladeplatz der Stadt Varde, zum belebtesten Hafen am Wattenmeer. Von hier aus wurden norwegische, deutsche und niederländische Küsten angesteuert und Waren für große Teile Jütlands importiert. Die Insel Fanø baute im Laufe des 18. Jahrhunderts eine Segelschiff
flotte auf, die zu den größten der Provinz gehörte und Fahrten ins Mittelmeer und später auf den Welt meeren unternahm. Aus dieser Zeit stammen die vielen hübschen Schifferhäuser in Sønderho und Nordby.
Dampfschifffahrt und neue Häfen
Mitte des 19. Jahrhunderts hielten die Dampfschiffe Einzug, und 1848–50 betrieb Hjerting als einziger Ort außerhalb Kopenhagens eine Dampfschiffver bindung nach England. 1855 erhielt auch Højer eine solche Verbindung. 1868 allerdings beschloss der dänische Reichstag, einen Hafen in Esbjerg anzu legen als Ersatz für die westlichen Häfen, die Dä nemark mit der Niederlage im Deutsch-Dänischen Krieg 1864 verloren hatte. Mit der Inbetriebnahme des Esbjerger Hafens 1873 veränderte sich die Ha fenstruktur des Wattenmeeres entscheidend. Es bjerg erhielt nicht nur einen Hafen, der von großen Schiffen angelaufen werden konnte, sondern auch eine Eisenbahnverbindung in die übrigen Lande steile sowie ins Ausland. Der Hafen und die Eisen bahn stellten eine harte Konkurrenz für die Seefahrt im übrigen Teil des Wattenmeeres dar, und Esbjerg wurde allmählich zum dominierenden Hafen in der Gegend, während kleinere Häfen und Ladeplätze mit dem Verkehr auch ihre Bedeutung verloren.
Mette Guldberg, Fiskeri- og Søfartsmuseet & Mikkel Kirkedahl, Sydvestjyske Museer Übersetzung: Jakob Jonia, ORDBRUGET
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Die Fischerei
Esbjerg wurde als Verkehrshafen angelegt, und zwar besonders im Hinblick auf den Export von Agrarpro dukten nach England. Die Fischer der Westküste entdeckten jedoch bald, dass der Hafen und die Eisenbahn eine effektive Verbindung zu attraktiven Märkten boten. Viele Fischer zogen deshalb nach Esbjerg, das sich zum größten Fischereistandort Dänemarks entwickelte, eine Position, die bis Ende
Erleben
des 20. Jahrhunderts unverändert blieb. Heute gibt es nur noch wenige Kutter, Esbjerg hat aber immer noch einen der größten Häfen des Landes, was nicht zuletzt der Offshoreindustrie, Ölförderung und Windkraft zu verdanken ist. Der zweite Fischerei hafen des Wattenmeergebietes liegt auf Rømø, wo 1964 der Hafen in Havneby angelegt wurde. Hier fängt man Tiefseegarnelen, und eine Fähre verkehrt nach Sylt.
Mehr zu entdecken ... NaturKulturVarde
Gl. Skovfogedbolig Roustvej 111 DK-6800 Varde T: +45 75 22 22 50 E: nkv@naturkulturvarde.dk W: www.naturkulturvarde.dk
Varde Museum Kirkepladsen 1 DK-6800 Varde
T: +45 75 22 08 77 E: vam@vardemuseum.dk W: www.vardemuseum.dk
Danmarks Ravmuseum Vestergade 25 DK-6840 Oksbøl
T: +45 75 27 07 03 E: vam@vardemuseum.dk W: www.vardemuseum.dk/dk.php/museer/ravmuseet
Das Fischerei- und Seefahrtsmuseum Tarphagevej 2-6 DK-6710 Esbjerg V. T: +45 76 12 20 00 E: fimus@fimus.dk W: www.fimus.dk
Esbjerg Museum
Torvegade 45 DK-6700 Esbjerg T: +45 76 16 39 39 E: museum@sydvestjyskemuseer.dk W: www.esbjergmuseum.dk
Tipps zum Weiterlesen ... Archäologie am Wattenmeer Der Atlantikwall am Wattenmeer Gebäude und Baukultur Das leben auf den Wattenmeerinseln Nutzung der Marsch, Natur & Kultur
Über Vadehavets Formidlerforum VFF ist ein Zusammenschluss von Institutionen, welche die Natur und die Kulturgeschichte des Watten meeres vermitteln. Die Hauptaktivität des Forums besteht darin, Projekte zu initiieren und zu koordinie ren, welche die Natur wie auch die Kulturgeschichte des Wattenmeeres in den Mittelpunkt stellen.
Museet Ribes Vikinger Odins Plads 1 DK-6760 Ribe
T: +45 76 16 39 60 E: museum@sydvestjyskemuseer.dk W: www.ribesvikinger.dk
Ribe VikingeCenter Lustrupholm Lustrupholmvej 4 DK-6760 Ribe
T: +45 75 41 16 11 E: rvc@ribevikingecenter.dk W: www.ribevikingecenter.dk
Museum Sønderjylland - Højer Mølle Møllegade 13 DK-6280 Højer
T: +45 75 44 61 61 E: hoejer@museum-sonderjylland.dk W: www.museum-sonderjylland.dk/hojer-molle.html
Erfahren Sie mehr unter www.vadehav.dk
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