Schwarze sonne

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DIE GROSSE SPEISEKAMMER

SCHWARZE SONNE EIN EINMALIGES NATURPHÄNOMEN AM WATTENMEER

Der Tanz der Stare ist ein Abwehrmechanismus gegen angreifende Greifvögel. Schwarze Sonne entsteht, wenn Schwärme von Staren sich bei Sonnenuntergang an bestimmten Örtlichkeiten versammeln, um im Schilfwald zu übernachten. Ein großer Schwarm von Staren kann die tiefstehende Abendsonne stark verdunkeln, und zwar wenn er am Abendhimmel tanzt – daher der Name Schwarze Sonne. Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Stare sich in Schwärmen von mehreren Hunderttausend Indivi­ duen versammeln. Wenn sie dann am Abendhim­ mel zu tanzen beginnen, können ihre Formationen an eine Ballettvorstellung erinnern. Für die Stare im Schwarm gestaltet sich die Situation allerdings ganz anders. Der Tanz der Vögel ist ein Abwehrmecha­ nismus gegen angreifende Raubvögel, so wie man ihn von Fischschwärmen kennt. Gemeinsam haben die Vögel viele Augen, um potenzielle Gefahren zu entdecken, gleichzeitig wirkt die Schwarmbild­ ung für den Angreifer verwirrend. Häufig überfällt der schnelle und manövrierfähige Sperber die Sta­ renschwärme, angriffslustig sind aber auch Zwerg­ falke, Kornweihe, Rohrweihe und Hühnerhabicht. In Einzelfällen kann sich das schnellste Tier der Welt, der Wanderfalke, ebenfalls in den Kampf um ein aus Staren bestehendes Abendmahl einmischen. Die Stare versammeln sich also nicht zum Tanz am Himmel, um ihr Publikum zu begeistern, sondern um nicht gefressen zu werden. – Den Anblick darf man trotzdem genießen.

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HERBST

WINTER

Warum im Rohrwald übernachten?

Die Rohrwälder finden sich in den Feuchtgebieten der Marsch, hierher verirren sich weder Füchse noch andere an Land lebende Raubtiere, da sie sich sonst durch Schlamm und Wasser kämpfen müssten, um ihr Ziel, die Stare, zu erreichen. Auch die Raubvö­ gel bilden nachts keine Gefahr, da sie bei ihrer Jagd nach Beute stark auf ihre Sehkraft angewiesen sind. Die Stare verbringen daher die Nacht geborgen und trocken im Rohrwald, bis die Sonne aufgeht.

Ballett am Abendhimmel – ohne Kollision

Der Tanz der Stare allein weckt schon Begeisterung beim Publikum, doch oft wird diese noch begleitet von der Verwunderung über die Fähigkeit der Vö­ gel, sich am Himmel blitzschnell als geschlossene Einheit zu bewegen – ohne zusammenzustoßen.

Torben Kjærgaard Andersen, Vadehavscentret & Inger Sønnichsen, Naturcentret Tønnisgård Übersetzung: Jakob Jonia, ORDBRUGET

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Auch wenn die meisten die „Schwarze Sonne“ mit dem Herbst verbinden, findet das Phänomen auch im Frühling statt. Haben die Stare unter sich Verkehrsregeln ausge­ macht, die sie in der Lage versetzen, in diesem Vo­ gelgewirr Kollisionen zu vermeiden? Nein, lautet die Antwort. – Die Stare weichen sich gegenseitig allein aufgrund ihres blitzschnellen Reaktionsvermögens aus. Ein Star hat ein 20 Mal schnelleres Reaktions­ vermögen als der Mensch.

Frühling und Herbst

Obwohl die meisten Menschen Schwarze Sonne wahrscheinlich mit dem Herbst verbinden, ist das Phänomen auch im Frühling zu bewundern. Während der 3 bis 4 Wochen von Mitte März bis Mitte April be­ suchen die Stare nämlich ebenfalls die Marsch und führen ihren Tanz am Abendhimmel vor. Die Vögel müssen Kraft für ihre wichtigste Aufgabe sammeln – die Aufzucht des Nachwuchses. Die Stare brüten nicht nur in Dänemark, sondern ziehen auch in die weiteren Anrainerländer der Ostsee sowie nach Nor­ wegen, um sich fortzupflanzen. Die Brutsaison geht bis August, danach kehren die Stare ins Wattenmeer zurück, um sich für den Winter zu stärken. Die Sai­ son der Schwarzen Sonne erstreckt sich im Herbst über mehr als zwei Monate, meist von Ende August bis Ende Oktober. Dann ziehen die meisten Tiere nach Holland, Frankreich oder Großbritannien, wo sie überwintern. Bevor man erkannte, dass die Stare im Herbst nach Süden ziehen, glaubte man tatsächlich, sie würden

Die Jungen sichern durch chemische Kriegsführung In den Nestern der Stare finden sich oft große Mengen von Milben und anderen Parasiten. In einem solchen milbenverseuchten Nest können die Jungen täglich bis zu 10 % ihres Blutes verlieren, was ihre Überle­ benschancen verschlechtert. Um die Milben zu be­ grenzen, versieht das Männchen das Nest mit giftigen Pflanzen, z. B. Schlüsselblumen und Wermut, die na­ türliche Abwehrstoffe gegen Pflanzenfresser beinhal­ ten. Ein Starenmännchen, das einem Weibchen den Hof macht, wird nach seinen Fähigkeiten als Apotheker bewertet, und wenn der Bestand an giftigen Pflanzen im Nest dem Weibchen missfällt, ignoriert sie sein Wer­ ben.

Wettbewerb um die Schlafplätze Wenn sich die Stare gegen Abend in die Schilfrohre be­ geben, um zu übernachten, kommt es zum Kampf um die guten Schlafplätze. Die besten davon findet man in der Mitte der Rohre. Stare, die zu hoch sitzen, sind Wind und Wetter ausgesetzt, und jene, die zu niedrig sitzen, können vom Dreck der höher Sitzenden getrof­ fen werden. Deshalb gibt es für einige Minuten immer Unruhe und Gezeter, bis die Plätze verteilt sind und die Nachtruhe im Rohrwald einkehrt.

auf dem Boden von Seen und Mooren überwintern. Wie sonst konnten sie im Frühling plötzlich am sel­ ben Ort wieder auftauchen? Inzwischen weiß man

Torben Kjærgaard Andersen, Vadehavscentret & Inger Sønnichsen, Naturcentret Tønnisgård Übersetzung: Jakob Jonia, ORDBRUGET

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Neben den Fähigkeiten als Luftakrobaten sind Stare auch als Singvögel bekannt. mehr über die Lebensweise der Stare und anderer Vögel. Einen Großteil dieses Wissens über das Zug­ muster von Vögeln verdanken wir dem dänischen Oberlehrer H. Chr. C. Mortensen. Er war der Erste, der erfolgreich Vögel beringte, um so ihre Zugbahn­ en zu verfolgen. Die Vögel wurden mit einem num­ merierten Ring versehen, und wenn beringte Vögel später anderenorts gesichtet wurden, konnte man sich anhand zahlreicher Beobachtungen ein Bild von den Zuggewohnheiten der einzelnen Vogelarten machen.

Das Wattenmeergebiet – Lieblingsrestaurant der Stare

Die Stare bevorzugen das Wattenmeergebiet als Futterstation aufgrund der großen Flächen mit wei­ dendem Vieh, die es hier immer noch gibt. Die Wie­ sen bilden ideale Lebensräume für die von Staren bevorzugte Beute – Larven von Gartenlaubkäfern und Schnaken. Insektenlarven sind allerdings nicht die einzige Nahrungsquelle, besonders im Spätsom­ mer und im Herbst ziehen die jungen Stare auch Nutzen aus den Unmengen von Beeren, die es in Gärten und Hecken gibt. Die Aufnahme dieser Nah­ rung ist allerdings mit einem ”Sicherheitsrisiko” ver­ bunden: Viele der Beeren haben nämlich schon län­ ger auf der Erde gelegen und beginnen deshalb zu gären. Dadurch wird der Zuckerstoff in den Beeren abgebaut und in Energie, CO2 und Alkohol umge­

wandelt. Damit nehmen die beerenfressenden Stare eine beachtliche Menge Alkohol zu sich – genug, um die meisten anderen Tiere ähnlicher Größe zu betäuben. Der Star baut den Alkohol allerdings 15 Mal schneller ab als der Mensch – und somit stellt die Alkoholaufnahme weder für seine Gesundheit noch für den Luftverkehr ein Risiko dar.

Der beste Sänger des Gartens

Neben seiner Fähigkeit als Luftakrobat ist der Star auch als tüchtiger Singvogel bekannt. Vornehmlich das Männchen singt, und im Frühling besteht seine Hauptaufgabe darin, hierüber ein Weibchen ins Nest zu locken. Je größer das Singvermögen ist, umso besser stehen die Chancen auf Erfolg! Das Männ­ chen ist besonders kreativ, wenn das Gesangsreper­ toire erweitert werden soll, und lässt sich stark durch seine unmittelbare Umgebung inspirieren. Man hat Starenmännchen beobachtet, die Klingeltöne von Handys, miauende Katzen und knarrende Türen nachmachen konnten. Nahe an einem Fußballplatz hat man sogar einen Star erlebt, der die Schiedsrich­ terpfeife zu imitieren verstand. Der Vogel hat bei den örtlichen Fußballspielen für viel Verwirrung gesorgt, besonders weil sich sein Schiedsrichterpfeifenge­ sang bei zunehmender Aktivität des Schiedsrich­ ters intensivierte – wahrscheinlich weil der Star den Schiedsrichter als Nebenbuhler wahrnahm.

Torben Kjærgaard Andersen, Vadehavscentret & Inger Sønnichsen, Naturcentret Tønnisgård Übersetzung: Jakob Jonia, ORDBRUGET

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Erlebnisse

Mehr zu entdecken ...

Schwarze Sonne kann in den Feuchtgebieten mit Rohrwäldern bei Ribe und in der Tønder-Marsch erlebt werden. Vadehavscentret veranstaltet Touren in der Umgebung von Ribe, in der Tøn­ der-Marsch heißt der Veranstalter Sort Safari. Lesen Sie mehr unter www.vadehavscentret.dk und www.sortsafari.dk.

Vadehavscentret Okholmvej 5 Vester Vedsted DK-6760 Ribe T: +45 75 44 61 61 E: info@vadehavscentret.dk W: www.vadehavscentret.dk Naturcentret Tønnisgård Havnebyvej 30 DK-6792 Rømø T: +45 74 75 52 57 E: info@tonnisgaard.dk W: www.tonnisgaard.dk

Tipps zum Weiterlesen ... Die Zugvögel des Wattenmeeres Die Austern des Wattenmeeres Die Robben des Wattenmeeres Leben im Watt

Über Vadehavets Formidlerforum VFF ist ein Zusammenschluss von Institutionen, ­welche die Natur und die Kulturgeschichte des Watten­ meeres vermitteln. Die Hauptaktivität des Forums ­besteht ­darin, Projekte zu initiieren und zu koordinie­ ren, welche die Natur wie auch die Kulturgeschichte des Wattenmeeres in den Mittelpunkt stellen. Erfahren Sie mehr unter www.vadehav.dk

Schwarze Sonne in Rom In Rom überwintern Millionen von Staren, das bringt Probleme für die Einwohner. Autos, Fahrräder und Fußgänger werden jeden Tag förmlich aus der Luft an­ gegriffen, und zwar vom Dreck der vielen Stare. Die meisten Einheimischen sind allerdings vorbereitet und haben einen Regenschirm oder eine Zeitung dabei. Das Problem ist so groß, dass die Stadt ”Starenscheu­ chen” aufgestellt hat, um die Stare von den verkehrs­ reichsten Gebieten fernzuhalten. Der Warnschrei der Stare, aus kräftigen Lautsprechern tönend, verlagert das Problem, d. h. die Stare, an andere Orte, wo sie hoffentlich weniger stören.

Torben Kjærgaard Andersen, Vadehavscentret & Inger Sønnichsen, Naturcentret Tønnisgård Übersetzung: Jakob Jonia, ORDBRUGET

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