ISSN 1432-4334 JAHRGANG 27 HEFT 2 März 2018
FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE
JOURNAL OF PHARMACOLOGY AND THERAPY
Hemmkörper-Hämophilie Metastasiertes Prostatakarzinom: Abirateronacetat jetzt in drei Indikationen zugelassen Therapie des HR-positiven, HER2-negativen, fortgeschrittenen Mammakarzinoms mit Ribociclib Metastasiertes Nierenzellkarzinom: Breites Patientenspektrum profitiert von Pazopanib Pegaspargase in lyophilisierter Formulierung zur Behandlung der ALL zugelassen Aflibercept – etablierte Anti-VEGF-Therapie zur Behandlung von Netzhauterkrankungen Brentuximab Vedotin – die erste zielgerichtete Therapieoption beim kutanen CD30-positiven T-Zell-Lymphom Tofacitinib bei rheumatoider Arthritis: Daten aus 5 Jahren Praxiserfahrung Interleukin-6R-Inhibitor Tocilizumab – eine neue Therapieoption für Patienten mit Riesenzellarteriitis Vedolizumab in der Langzeittherapie von Colitis ulcerosa und Morbus Crohn
VERLAG
PERFUSION
NEU
Einfach. Stark. Salofalk . Die 1 g Tablette* vom Mesalazin-Experten. ®
Tabletten * Zugelassen zur Akuttherapie bei milder bis moderater Colitis ulcerosa. Salofalk® Granu-Stix® 500 mg / 1000 mg / 1,5 g / 3 g; Salofalk® 250 mg / 500 mg / 1 g magensaftresistente Tabletten; Salofalk® 250 mg / 500 mg / 1 g Suppositorien; Salofalk® 2 g / 30 ml bzw. 4 g / 60 ml Klysmen; Salofalk® 1 g Rektalschaum. Wirkstoff: Mesalazin (5-Aminosalicylsäure). Zusammensetzung: 1 Btl. Salofalk® Granu-Stix® 500 mg / 1000 mg / 1,5 g / 3 g enthält: Arzneil. wirks. Bestandteile: 500 mg / 1000 mg / 1,5 g / 3 g Mesalazin. Sonstige Bestandteile: Mikrokr. Cellulose, Hypromellose, hochdisp. Siliciumdioxid, Polyacrylat-Dispersion 40 % (Eudragit NE40D; enthält 2 % Nonoxinol 100), Magnesiumstearat (Ph.Eur.) (pflanzlich), Simeticon, Methylcellulose, Sorbinsäure (Ph.Eur.), MethacrylsäureMethylmethacrylat-Copolymer (1:1) (Ph.Eur.) (MW: ca. 135000) (Eudragit L100), Triethylcitrat, Talkum, Titandioxid (E171), Carmellose-Natrium (Ph.Eur.), Aspartam (E951), Citronensäure, Vanille-Custard-Aroma (enthält Sucrose), Povidon K25. 1 Tbl. Salofalk® 250 mg / 500 mg / 1 g enthält: Arzneil. wirks. Bestandteile: 250 mg / 500 mg / 1 g Mesalazin. Sonstige Bestandteile: Calciumstearat (Ph.Eur.) (pflanzlich), Methacrylsäure-Methylmethacrylat-Copolymer (1:1) (Ph.Eur.) (= Eudragit L), hochdisperses Siliciumdioxid, Hypromellose, Macrogol 6000, mikrokristalline Cellulose, Povidon K25, Talkum, Titandioxid (E171), Eisen(III)-hydroxid-oxid (E172); zusätzl. Salofalk® 250 mg / 500 mg Tbl.: basisches Butylmethacrylat-Copolymer (Ph.Eur.) (= Eudragit E), Glycin, Natriumcarbonat; zusätzl. Salofalk® 1 g Tbl.: Methacrylsäure-Methylmethacrylat-Copolymer (1:2) (Ph.Eur.); zusätzl. Salofalk® 500 mg / 1 g Tbl.: CroscarmelloseNatrium. 1 Supp. Salofalk® 250 mg / 500 mg / 1 g enthält: Arzneil. wirks. Bestandteile: 250 mg / 500 mg / 1 g Mesalazin. Sonstige Bestandteile: Hartfett; zusätzl. Salofalk® 500 mg Supp.: Docusat-Natrium, Cetylalkohol (Ph.Eur.). 1 Klysma Salofalk® 2 g / 30 ml bzw. 4 g / 60 ml enthält: Arzneil. wirks. Bestandteile: 2 g bzw. 4 g Mesalazin. Sonstige Bestandteile: Natriumbenzoat (E211), Kaliummetabisulfit (Ph.Eur.) (E224), Kaliumacetat, Carbomer 947P, XanthanGummi, Natriumedetat (Ph.Eur.), ger. Wasser. 1 Sprühstoß Salofalk® 1 g Rektalschaum enthält: Arzneil. wirks. Bestandteil: 1 g Mesalazin. Sonstige Bestandteile: Natriummetabisulfit (Ph.Eur.) (E223), Cetylstearylalkohol (Ph.Eur.), Polysorbat 60, Natriumedetat (Ph.Eur.), Propylenglycol. Treibgase: Propan, Butan, 2-Methylpropan. Anwendungsgebiete: Salofalk® Granu-Stix® 500 mg / 1000 mg / 1,5 g / 3 g: Akutbeh. u. Rezidivprophylaxe Colitis ulcerosa. Salofalk® 250 mg / 500 mg Tbl.: Akutbeh. und Rezidivprophylaxe Colitis ulcerosa. Akutbeh. Morbus Crohn. Salofalk® 1 g Tbl.: Akutbeh. milder bis mittelschwerer Colitis ulcerosa. Salofalk® 250 mg / 500 mg / 1 g Supp.: Akutbeh. (1 g: leichter bis mittelschwerer) Colitis ulcerosa, die auf das Rektum beschränkt ist. Zusätzl. Salofalk® 250 mg Supp.: Rezidivprophylaxe Colitis ulcerosa. Salofalk® 2 g / 30 ml Klysmen: Akutbeh. leichter bis mittelschwerer entzündl. Erkrank. des Dickdarms (Colitis ulcerosa), die auf das Rektum und Colon sigmoideum beschränkt sind. Salofalk® 4 g / 60 ml Klysmen: Akutbeh. Colitis ulcerosa. Salofalk® 1 g Rektalschaum: Beh. von leichter aktiver Colitis ulcerosa des Sigmoids und Rektums. Gegenanzeigen: Pat. mit bekannter Überempfindlichkeit gg. den Wirkstoff, Salicylate oder einen der sonstigen Bestandteile, schwere Leber- u. Nierenfunktionsstörungen. Schwangerschaft und Stillzeit: Nutzen/ Risiko-Abwägung. Zusätzl. Salofalk® Klysmen u. Rektalschaum: bei empfindlichen Personen (bes. mit Asthma- oder Allergievorgeschichte) wegen Gehalt an Sulfit, Natriumbenzoat. Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, Schwindel, periphere Neuropathie, Abdominalschmerzen, Diarrhö, Flatulenz, Übelkeit, Erbrechen, Nierenfunktionsstörungen einschließlich akuter u. chron. interstitieller Nephritis und Niereninsuffizienz, Überempfindlichkeitsreaktionen wie allergisches Exanthem, Medikamentenfieber, Pancolitis, Lupus-erythematodes Syndrom, allergische u. fi brotische Lungenreaktionen (einschl. Dyspnoe, Husten, Bronchospasmus, Alveolitis, pulmonale Eosinophilie, Lungeninfiltrat, Pneumonitis), Peri- u. Myocarditis, akute Pankreatitis, Myalgien, Arthralgien, Blutbildveränderungen (aplastische Anämie, Agranulozytose, Panzytopenie, Neutropenie, Leukopenie, Thrombozytopenie), Veränder. d. Leberfunktionsparameter (Anstieg d. Transaminasen u. Cholestaseparameter), Hepatitis, cholestatische Hepatitis, Alopezie, Oligospermie (reversibel), Lichtempfindlichkeit. Zusätzl.: Salofalk® Rektalschaum: Abdominelles Spannungsgefühl, Analbeschwerden, Reizung am Verabreichungsort, schmerzhafter Stuhldrang. Salofalk® 1 g Supp.: Verstopfung. Packungsgrößen: Salofalk® Granu-Stix® 500 mg: 50 Btl. (N1), 100 Btl. (N2), 300 Btl. (N3); Salofalk® Granu-Stix® 1000 mg: 50 Btl. (N1), 100 Btl. (N2), 150 Btl. (N3); Salofalk® Granu-Stix® 1,5 g: 35 Btl. (N1), 100 Btl. (N2); Salofalk® Granu-Stix® 3 g: 20 Btl. (N1), 50 Btl. (N2), 100 Btl. (N3). Salofalk® 250 mg Tbl.: 120 Tbl. (N2), 400 Tbl. (N3); Salofalk® 500 mg Tbl.: 50 Tbl. (N1), 100 Tbl. (N2), 300 Tbl. (N3); Salofalk® 1 g Tbl.: 50 Tbl. (N1), 100 Tbl. (N2), 150 Tbl. (N3). Salofalk® 250 mg Supp.: 10 Supp. (N1), 30 Supp. (N2), 120 Supp. (N3); Salofalk® 500 mg Supp.: 10 Supp. (N1), 30 Supp. (N2), 120 Supp. (N3); Salofalk® 1 g Supp.: 10 Supp. (N1), 30 Supp. (N2), 90 Supp. (N3); Salofalk® 2 g / 30 ml Klysmen: 7 Klys. (N1), 21 Klys. (N2); Salofalk® 4 g / 60 ml Klysmen: 7 Klys. (N1), 21 Klys. (N2). Salofalk® 1 g Rektalschaum: 1 Dose (N1), 4 Dosen (N3). Verschreibungspflichtig. Stand: 11/2017
EDITORIAL
Eigentlich sollte ich ja einen Aufkleber auf dem Briefkasten haben mit „Bitte keine Werbung“. Aber, ganz ehrlich, manchmal ist es gar nicht so unpraktisch, wenn ein bunter Flyer über ein lokales Ereignis, einen Ostermarkt, die „schlauen Anwohner in der Hauptstr. 23“ über ein sensationelles DSL-Wechselangebot oder einfach das unschlagbare Wochenangebot des örtlichen Supermarkts informiert. Allerdings: Wenn ich mir dann den wöchentlichen Stapel an gedruckter Briefkastenwerbung ansehe und den Umfang aufs Jahr hochrechne, ärgere ich mich fast schon ein wenig, wenn ich daran denke, dass ich mindestens die gesamten Herstellungs-, Druckund Verteilerkosten zusätzlich zu den eigentlichen Produkt- oder Dienstleistungskosten beim lokalen Ereignis, dem Ostermarkt, dem DSL-Tarif und dem örtlichen Supermarkt abliefern muss, damit die Firmen sich diese Art des Informationsdiensts überhaupt leisten können. Und dabei ist das, was ich mir im Briefkasten so an Werbung einfange, nur ein Krümelchen der Spitze des Eisbergs. Beim schnellen Vorlauf eines von einem Privatsender ausgestrahlten und von mir aufgezeichneten Spielfilms („erstmals im Free TV“) kann ich regelmäßig zweimal hintereinander die 5-Minuten-Taste vorwärts drücken – und dann bleiben immer noch ein paar Spots. Auch die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender kommen mit meinen Rundfunkgebühren nicht aus und benötigen zusätzliche Einnahmen. Diese erlösen sie z.B. vom Discounter, der mir versichert, dass er sich für mich lohnt, oder dem Elektronik-Fachmarkt, der mich auffordert, doch nicht blöd zu sein, über den Umweg meiner Einkäufe. Auch die Firmen können ihre Werbebotschaften aber nur deshalb auf den flachen Bildschirm bringen, weil ich die dafür entstandenen Kosten auf den eigentlich angemessenen Preis
Personalisierte Werbung: Schade ums Geld! der in den entsprechenden Läden angebotenen Waren oben drauf lege. Darüber hinaus arbeiten immer ausgeklügeltere Algorithmen immer zuverlässiger und treffsicherer heraus, was mich mutmaßlich anspricht, lange bevor ich selbst bemerke, dass mir genau dies fehlt. Dabei können die Programmierer sich auf eine immer komplexere und differenziertere Indizienkette stützen, um Werbebotschaften zu personalisieren. Woher sie die dazu erforderlichen Informationen haben? Aus der analogen Welt sicher nicht! Denn wer würde schon einem wildfremden Menschen seine komplette Korrespondenz vorlegen, ihm lückenlos verraten, wann und wie lange er sich wo genau aufhält, was er im Supermarkt in den Einkaufswagen legt, zu Hause oder mit Freunden Vertrauliches spricht usw. Woher sie das dann haben? Ganz einfach, als „Beifang“ der Digitalisierung – wobei mit Digitalisierung nicht der Anschluss an ein „schnelles Internet“ gemeint ist, sondern der zunehmende Zwang, alles Mögliche von der Meldung des Stromverbrauchs bis zur Steuererklärung digital abzuwickeln. Laptops begnügen sich zunehmend mit kleinen lokalen Speicherkapazitäten, da man seinen Terminkalender, seine Dokumente, ja sein gesamtes Leben sowieso „in der Cloud“ abgelegt hat. Wenn mein uralter Schrittzähler, an dessen Daten ich (noch) über eine USB-Schnittstelle direkt („offline“) herankomme, seinen Geist aufgibt, kann ich nur noch zwischen Geräten wählen, die ihre Daten erst einmal „heim senden“, um mich dann gnädigerweise und
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Prof. Dr. med. K.-L. Resch, Bad Elster
kontrolliert partizipieren zu lassen. Diese und all die anderen „Dienste“, allen voran Facebook & Co., bei denen die tatsächlich entstehenden Kosten der „Mitgliedschaft“ unkontrolliert über Werbeeinnahmen refinanziert werden, sind in Statistiken zum Volumen dieses Business noch gar nicht mit berücksichtigt, das nach Darstellung des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft inzwischen jedes Jahr mindestens 45 Milliarden Euro beträgt [1] und damit für knapp 1,5 % des Bruttoinlandsprodukts bzw. ziemlich genau 900.000 Arbeitsplätze steht. Zweifellos hat Werbung auch etwas mit Information zu tun, wie exemplarisch die dicken Versandhauskataloge vergangener Tage belegen, die immer auch Dinge enthielten, nach denen man nie gesucht hätte, weil man sich nicht im Traum hätte vorstellen können, dass es so etwas gibt. Und wenn, hätte man mangels Kenntnis der korrekten Bezeichnung den gesuchten Gegenstand © VERLAG PERFUSION GMBH
INHALT
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wohl auch in keinem Inhaltsverzeichnis gefunden. Immerhin, in jenen fernen, freudlosen Zeiten stand typischerweise ein Bedarf, mindestens jedoch ein mehr oder weniger konkretes Bedürfnis am Anfang, gefolgt von einer (nicht immer einfachen) Suche. Was mich zunehmend wurmt, ist die Tatsache, dass wir alle für alles, was wir zum Leben brauchen oder haben möchten, einen immer größeren „Zuschlag“ für Werbekosten drauf legen müssen – das ist Geld, das nicht uns selbst, sondern anderen zugute kommt. Was mich auch wurmt, ist die Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit laufend steigt, dass Geld für Dinge „abgeschöpft“ wird, die ohne große Überlegung „mitgenommen“ werden, natürlich zu Lasten anderer Dinge, von denen wir definitiv mehr Nutzen hätten. Es sollte viel mehr darüber nachgedacht werden, dass Werbung letztlich nicht auf das Volumen der zur Verfügung stehenden Ressourcen Einfluss nimmt, sondern lediglich auf deren Allokation. Wer finanziell selbstbestimmt, also Herr (respektive Frau) über seine finanziellen Ressourcen bleiben möchte, der kommt nicht umhin, dem Mainstream ein Bein zustellen. Dazu gehört bestmöglich anonymisiertes Internet-Surfen, insbesondere wenn es um werberelevante Dinge geht. Den Facebook-Account zu schließen, ist dabei ein längst überfälliger Schritt, dem weitere folgen können, um die höchst überflüssigen „Horchs und Gucks“ auszuschließen. Toller Nebeneffekt: Statt sozialer Netzwerke könnten wieder unmittelbare persönliche Beziehungen gepflegt werden. Am besten in trauter Runde, zumindest aber über eine selbstverständliche Technik: das Telefon. Karl-Ludwig Resch, Bad Elster Quelle 1 h ttp://www.zaw.de/zaw/wert-der-werbung/fakten-und-zusammenhaenge/ Fakten-zur-Werbewirtschaft-2017.pdfv
ORIGINALARBEIT Hemmkörper-Hämophilie 36 Brigitte Söllner
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS Metastasiertes Prostatakarzinom: Abirateronacetat jetzt in drei Indikationen zugelassen
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Therapie des HR-positiven, HER2-negativen, fortgeschrittenen Mammakarzinoms mit Ribociclib
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Metastasiertes Nierenzellkarzinom: Breites Patientenspektrum profitiert von Pazopanib
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL Pegaspargase in lyophilisierter Formulierung zur Behandlung der ALL zugelassen
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Aflibercept – etablierte Anti-VEGF-Therapie zur Behandlung von Netzhauterkrankungen
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Brentuximab Vedotin – die erste zielgerichtete Therapie option beim kutanen CD30-positiven T-Zell-Lymphom 56 Tofacitinib bei rheumatoider Arthritis: Daten aus 5 Jahren Praxiserfahrung
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Interleukin-6R-Inhibitor Tocilizumab – eine neue Therapieoption für Patienten mit Riesenzellarteriitis
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Vedolizumab in der Langzeittherapie von Colitis ulcerosa und Morbus Crohn
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RUBRIKEN Wissenswertes Kongresse
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47, 51, 61 65, 68 © VERLAG PERFUSION GMBH
LAUDATIO
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Professor Hermann Eichstädt zum 70. Geburtstag
Der verdiente Kardiologe, Hochschullehrer und Forscher, Universitätsprofessor Dr. Hermann Eichstädt, Charité Berlin, feierte am 15. Februar 2018 seinen 70. Geburtstag. Aus Wetzlar/Hessen stammend, absolvierte der Sohn einer Arztfamilie in Mainz sein vorklinisches Medizinstudium, anschließend in Düsseldorf den klinischen Teil und das Staatsexamen. Auf einer DFG-geförderten Stelle beschäftigte sich Eichstädt von 1972 bis 1974 im Düsseldorfer SFB Physiologie/Kardiologie (Lochner/ Loogen/Arnold) experimentell mit dem Gas- und Wärmeaustausch bei HLM-Operationen, arbeitete und promovierte dann in der Düsseldorfer Herzchirurgie zum prothetischen Klappenersatz bei Prof. Dr. W. Bircks. Nach seinem Wechsel an das Herzzentrum Bad Krozingen/Freiburg übertrug Prof. Dr. H. Roskamm dem Vitienkenner den Aufbau der Vitienstation des Zentrums, wo er eine Reihe wissenschaftlicher Projekte, Dissertationen und Publikationen betreute. Nach Absolvierung des Teilgebiets Kardiologie wechselte Eichstädt zur Fortführung und zum Ab schluss der internistischen Wei ter bildung an die Medizinische Universitätsklinik Tübingen zu Prof. Dr. K. Kochsiek. Gleichzeitig forschte er fast drei Jahre im dortigen Institut für Nuklearmedizin (Prof. Feine/Prof. Anger) und publizierte zur Entwicklung der damals aufkommenden Isotopendiagnostik des Herzens.
Zum Ausbau der fachübergreifenden Bildgebung gemeinsam mit dem Radiologen Prof. Dr. R. Felix wechselte Eichstädt 1979 aus Tübingen zu Prof. Dr. H. Schmutzler an die kardiologische Abteilung des Universitätsklinikums Charlottenburg der FU Berlin. Hier wurde der Forschungsprojektschwerpunkt (FPS) Nuklearkardiologie begründet und zu einer Hochburg des damals so noch nicht bekannten „kardialen Imaging“ gemacht, wofür der Name Eichstädt in den frühen 80er Jahren ein Synonym wurde. Hospitationen in Los Angeles und New York folgten, und nach der Habilitation 1982 für Innere Medizin wurde Eichstädt 1984 mit nur 36 Jahren auf eine kardiologische Professur nach Essen berufen, die er zugunsten einer Lebenszeit-Professur in Berlin ausschlug. Er bearbeitete sodann alle Entwicklungen des kardialen Imaging mittels DSA, CT, MR und Nuklearmedizin. Besonders ist seine erste Gadoliniumanwendung bei menschlichen Herzinfarkten mit Welterstpublikation des später sogenannten „late enhancement“ 1984 hervorzuheben. Extrem aktive Jahre folgten und steigerten sein Gesamtopus neben acht Büchern auf mehr als 1200 Zeitschriftenartikel, Abstracts und Buchbeiträge, ebenso viele internationale Vorträge, zahlreiche Vorsitze, Preise und Ämter. Er wurde vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie 1988 zum ersten Vorsitzenden der neuen Arbeitsgruppe Nuklearkar-
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diologie ernannt, wurde 1990 Geschäftsführer der Berlin-Brandenburgischen Kardiologengesellschaft, betreute eine große Anzahl von Doktoranden, Facharztausbildungen und Habilitationen und gelangte mehrmals in die Endauswahl um kardiologische Lehrstühle. Der Klinikumsvorstand der Charité berief ihn parallel zu seiner bestehenden Position zusätzlich zum Ärztlichen Direktor der kardiologisch-kardiochirurgischen Nachsorgeklinik der Charité in Templin. 2001 wurde Eichstädt der im Virchow-Klinikum der Charité bestehenden Abteilung Kardiologie (Prof. Dietz) fachlich beigeordnet. Nach seiner Verabschiedung in den Ruhestand übernahm er für zwei weitere Jahre die Leitung des Bereichs Kardiologie am Rehazentrum Potsdam. Jetzt ist er neben vielen Kommissionen und Ämtern auch noch in zwei Praxen tätig. Ich habe Herrn Professor Eichstädt persönlich und näher als Geschäftsführer der Berlin-Brandenburgischen Gesellschaft für Herz- und Kreislaufforschung kennen- und schätzen gelernt, deren organisatorische Angelegenheiten er mit großem Fleiß, diplomatischem Geschick und großer fachlicher Kompetenz leitet. Wir wünschen ihm und uns gemeinsam noch viele weitere gesunde und aktive Jahre sowie Freude und Erbauung mit seinen Kindern und Enkeln. Prof. Dr. med. Burkert Pieske, Charité Berlin © VERLAG PERFUSION GMBH
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ÜBERSICHTSARBEIT
D
Hemmkörper-Hämophilie
ie Bildung neutralisierender Antikörper gegen Gerinnungsfaktoren ist eine schwere Komplikation in der Behandlung von Patienten mit kongenitaler Hämophilie. Dabei handelt es sich um eine Immunreaktion mit Entwicklung von Alloantikörpern, die sich gegen den verabreichten Gerinnungsfaktor richten, diesen abfangen und dadurch dessen Wirksamkeit abschwächen. Diese Reaktion ist zu unterscheiden von der spontanen Bildung von Autoantikörpern bei der erworbenen Hemmkörper-Hämophilie. Patienten, die im Zuge der Substitutionstherapie mit Faktor-VIIIoder -IX-Konzentraten Hemmkörper entwickeln, benötigen deutlich höhere Dosen an Faktorenkonzentraten. In Abhängigkeit von der Titerhöhe der Hemmkörper werden bei akuten Blutungen hoch dosierte Faktorenkonzentrate und/oder Bypassing-Präparate eingesetzt. Langfristig wird versucht, durch eine Immuntoleranztherapie mit regelmäßiger Gabe sehr hoher Dosen des Gerinnungsfaktors die Hemmkörper zu eliminieren [1, 2]. Epidemiologie, Entstehung und Risikofaktoren
Bis zu ein Drittel der Patienten mit Hämophilie A (Faktor-VIIIMangel) und weniger als 5 % mit Hämophilie B (Faktor-IX-Mangel) entwickeln während der Substitutionstherapie mit GerinnungsfaktorKonzentraten Antikörper (Hemmkörper). Hierbei handelt es sich um Alloantikörper der Klasse IgG, die die Wirksamkeit der therapeutisch eingesetzten Gerinnungsfaktoren neutralisieren [3]. Die Mechanismen der Hemmkörperbildung sind bis heute nicht vollständig geklärt. Bekannt ist,
Brigitte Söllner, Erlangen
dass genetische Faktoren eine Rolle spielen und das Risiko mit dem Schweregrad der Erkrankung und einer frühen intensiven Behandlung steigt. Bei Patienten mit schwerer (<1 % Faktor VIII) oder mäßig schwerer (1 – 5 % Faktor VIII) Hämophilie A beträgt die kumulative Inzidenz 20 – 33 %, bei milden oder mäßigen Verlaufsformen nur 5 – 10 % [1, 2]. Das höchste Risiko, Hemmkörper zu entwickeln, besteht zu Beginn der Substitution mit Gerinnungsfaktor-Konzentraten während der ersten 75 Behandlungsepisoden, vor allem aber während der ersten 10 – 20 Applikationen [3, 4]. Somit sind zumeist Säuglinge oder Kleinkinder betroffen, das durchschnittliche Alter von Patienten mit schwerer Hämophilie A, die einen Inhibitor entwickeln, liegt zwischen 1 und 2 Jahren [1, 2]. In seltenen Fällen kann es auch erst nach vielen Jahren zum Auftreten eines Hemmkörpers kommen. Weitere Risikofaktoren umfassen Hemmkörper in der Familienanamnese, Mutationen mit schweren Defekten der GerinnungsfaktorGene und ethnische Herkunft aus Afrika oder Lateinamerika [3, 4]. Klinisches Bild
Hemmkörper werden häufig während eines Routinelabortests entdeckt. Eine auf klinischen Kriterien basierende Verdachtsdiagnose
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sollte durch wiederholte Labortests bestätigt werden [3]. Klinische Anzeichen für eine Hemmkörperbildung bei Hämophilie-Patienten können sein [3, 4]: • Bei Blutungen lässt sich mit der üblichen Dosis an Faktorenkonzentraten keine ausreichende Hämostase erreichen. • Die Wirksamkeit der Standardtherapie mit Faktorenkonzen traten lässt zunehmend nach. • Blutungen sind immer schwieriger zu kontrollieren. Patienten mit Inhibitoren weisen eine erhöhte Morbidität und eingeschränkte Lebensqualität auf [1, 2, 5]. Diagnostik
Patienten unter GerinnungsfaktorTherapie sollten bezüglich der Inhibitor-Entwicklung überwacht werden. Dies gilt insbesondere für Patienten, die auf ein anderes Faktorenpräparat umgestellt werden [1, 4]. Der Verdacht eines Hemmkörpers ergibt sich, wenn die gewohnte Faktorenersatztherapie nicht mehr wie bisher wirksam ist. Im Blut finden sich dann trotz der üblichen Substitutionstherapie erniedrigte Faktor-VIII- oder FaktorIX-Spiegel und Blutungen lassen sich mit der üblichen Dosis nicht mehr stillen. Beim Routinelabortest kann eine verlängerte aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) auf © VERLAG PERFUSION GMBH
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ÜBERSICHTSARBEIT
Hemmkörper hinweisen. Zur Sicherung der Diagnose dienen weitere Untersuchungen, die in der Regel nur in spezialisierten Labors durchgeführt werden können. Dazu zählen der sog. Bethesda-Assay oder eine Variante davon, die Nijmegen-Methode. Dabei wird nach Inkubation einer Mischung von Patientenplasma und Normalplasma die Aktivität des Gerinnungsfaktors bestimmt. Die prozentuale Inhibition wird anhand einer Bezugskurve in Bethesda-Einheiten (BE) umgerechnet. Eine BE entspricht der Antikörpermenge, die 50 % der Aktivität des Faktors im Normalplasma inhibiert [1, 3]. Je höher der Hemmkörpertiter ist, umso mehr Faktorenkonzentrat wird benötigt, um eine Blutung zu stoppen. Ab einem gewissen Titer ist es nicht mehr möglich, die Wirkung des Hemmkörpers durch Faktor VIII- oder Faktor-IX-Ersatz zu kompensieren. Je nach Höhe des Titers und der Reaktion auf die Injektion von Gerinnungsfaktoren lassen sich 2 Arten von Hemmkörper-Patienten unterscheiden [6]: • Low Responder: Hemmkörpertiter <5 BE/ml; sie reagieren nicht so stark auf die Faktorengabe und lassen sich durch Erhöhung der Dosis überspielen. • High Responder: Hemmkörpertiter ≥5 BE/ml; sie reagieren sehr stark auf die Faktorengabe. Die erneute Faktorgabe führt zu immer höheren Titern und die Wirkung des Hemmkörpers kann nicht mehr kompensiert werden.
Low Responder (<5 BE)
High Responder (>5 BE)
a) Faktor VIII soll hoch dosiert bis zum Erreichen hämostatisch wirksamer Faktor-VIII-Spiegel verabreicht werden b) Aktiviertes Prothrombinkomplex-Konzentrat (FEIBA) soll als Initialdosis bis 100 E/kg KG und mit einer Erhaltungsdosis bis 100 E/kg KG zweimal täglich verabreicht werden c) Alternativ soll rekombinanter Faktor VIIa, mittlere initiale Dosis 90 µg/kg KG oder 270 µg/kg KG als Einzelgabe angewendet werden a) Aktiviertes Prothrombinkomplex-Konzentrat (FEIBA) soll mit einer Initialdosis bis 100 E/kg KG und einer Erhaltungsdosis bis 100 E/kg KG zweimal/Tag verabreicht werden b) Alternativ soll rekombinanter Faktor VIIa, mittlere initiale Dosis 90 µg/kg KG oder 270 µg/kg KG als Einzelgabe gegeben werden c) Bei Notfällen und Versagen von a) und b) sollte eine Immunadsorptionsapherese erwogen werden
1 C+
Auch ohne klinische Symptomatik könnte FaktorVIII-Konzentrat dreimal/Woche, Dosis: 50–100 E/kg KG gegeben werden, bis die normale Recovery und Halbwertszeit erreicht wird. Hemmkörperkontrolle ein- bis zweimal wöchentlich erforderlich, danach Dauerbehandlung Faktor-VIII-Konzentrat, Dosis: 100–200 E/kg KG soll zweimal/Tag bis zur mehrmonatigen Normalisierung der Recovery und Halbwertszeit verabreicht werden, danach angepasste Dauerbehandlung. Die Kombination mit FEIBA in einer Dosierung von 50 E/kg KG zweimal/Tag während der Hemmkörperelimination zur Reduktion der Blutungsneigung ist möglich Bei Versagen der Eliminationstherapie erfolgt ein Abbruch in der Regel nach einem Jahr
2C
1A
1 C+ 1A
1 C+ 1C
Hemmkörperelimination durch Erzeugung einer Immuntoleranz bei Kindern Low Responder (<5 BE)
High Responder (>5 BE)
1C+
2C
Hemmkörperelimination durch Erzeugung einer Immuntoleranz bei Erwachsenen Low Responder (<5 BE)
High Responder (>5 BE)
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung von Hämophilie-Patienten mit Hemmkörpern gestaltet sich in der Regel schwieriger als bei Patienten ohne
Empfehlungsgrad / Evidenzlevel
Behandlung der akuten Blutung
Eine Eliminationstherapie wird in der Regel nicht empfohlen, bei Dauerbehandlung Faktor-VIII-Konzentrat 50 E/kg KG dreimal/Woche Faktor-VIII-Konzentrat 100–150 E/kg KG sollte zweimal/Tag bis zur mehrmonatigen Normalisierung der Recovery und Halbwertszeit verabreicht werden, danach angepasste Dauerbehandlung. Die Kombination mit FEIBA in einer Dosierung von 50 E/kg KG zweimal/Tag während der Hemmkörperelimination zur Reduktion der Blutungsneigung ist möglich Bei Versagen der Eliminationstherapie erfolgt der Abbruch der Behandlung in der Regel nach einem Jahr
2C 1C
2C
Tabelle 1: Empfehlungen der Querschnitts-Leitlinien der Bundesärztekammer (BÄK) für die Behandlung von Patienten mit Hemmkörpern (Inhibitoren) gegen Faktor VIII bei Hämophilie A [7].
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ÜBERSICHTSARBEIT
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Hemmkörper und stellt den behandelnden Arzt vor besondere Herausforderungen. Idealerweise sollten die Patienten daher an ein auf die Behandlung der Hämophilie spezialisiertes Zentrum überwiesen werden. Empfehlungen zur Therapie von Blutungen und zum Vorgehen bei der Hemmkörper-Elimination sind in den Querschnitts-Leitlinien der Bundesärztekammer (BÄK) zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten enthalten (Tab. 1) [7]. Es gibt eine Reihe von therapeutischen Ansätzen, die je nach klinischer Konstellation eingesetzt werden. Dazu zählen: • Antikörper-Eradikation mittels Immuntoleranz-Therapie (ITT) • Hoch dosierte Faktorenkonzentrate (z.B. Advate®) • Bypassing-Präparate (z.B. FEIBA) • Antifibrinolytische Wirkstoffe • Plasmapherese oder Immunadsorption Bei der Therapieentscheidung müssen Hemmkörpertiter, anamnestisches Ansprechen, Lokalisation und Schwere der Blutung sowie ggf. eine geplante ImmuntoleranzTherapie (ITT) berücksichtigt werden [1]. Man unterscheidet zum einen die Bedarfs-Behandlung bei akuten Blutungen und zum anderen die Prophylaxe, um Blutungsereignissen vorzubeugen. Primäres Ziel sollte aber stets die langfristige Elimination der Hemmkörper durch Erzeugen einer Immuntoleranz sein (Tab. 1) [7]. Die Rolle von ProthrombinkomplexKonzentraten
Eine wichtige Option zur Inhibitor-Behandlung bot die Einführung
II X TF
VII TF
FVIII/VWF
VIIa
Xa
IIa
Va
VIIIa
TF-tragende Zelle
VIIa
Thrombozyt
V
IX
Va APC PS
X
IXa XI
II
XIa IXa VIIa
IIa
Xa
PC
Va
Aktivierter Thrombozyt
VII Fibrinbildung
Abbildung 1: FEIBA in der Therapie der Hemmkörper-Hämophilie. Das aktivierte Prothrombinkomplex-Konzentrat wirkt an unterschiedlichen Punkten auf die Gerinnungskaskade ein. Inaktive Formen von Faktor VII, IX und X in FEIBA führen im Verlauf zu gesteigerten Konzentrationen von aktiviertem Faktor IX und Faktor X und tragen damit wiederum zur Erhöhung der Thrombin-Konzentration bei [8] (© Shire).
von Prothrombinkomplex-Konzentraten (Prothrombin Complex Concentrates, PCCs) [8]. Erste PCCs zeigten eine Wirksamkeit von 50 % [9]. Auf diese folgten verbessert wirkende aktivierte Prothrombinkomplex-Konzentrate (aPCCs), die sich schnell zum Standard in der Inhibitor-Therapie entwickelten. Einer der bis heute erfolgreichsten Vertreter aus der Klasse der aPCCs ist FEIBA (Factor Eight Inhibitor Bypassing Activity), das 1974 zum ersten Mal in Europa eingesetzt wurde [9]. FEIBA ist ein aus Plasma gewonnenes Multikomponentensystem, das aus aktivierten und nicht aktivierten Faktoren des Prothrombinkomplexes besteht [10]. Die verschiedenen Wirkkomponenten greifen gleichzeitig an unterschiedlichen Stellen des Gerinnungssystems an, umgehen den von Hemmkörpern blockierten
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direkten Weg und führen so über Nebenwege (Bypassing) zur gewünschten Blutstillung (Abb. 1). Der wichtigste Effekt ist die Erhöhung der Thrombin-Menge. Dabei dienen die inaktiven Formen von Faktor VII, IX und X als Substrat für die aktivierten Faktoren XI und VII. Die daraus resultierende verstärkte Protease-Aktivität führt zu höheren Thrombin-Konzentrationen [8, 9]. Fast 40 Jahre klinische Erfahrung mit FEIBA
FEIBA wird seit vielen Jahren zur Behandlung von Blutungen bei Hämophilie-Patienten mit Hemmkörpern eingesetzt. Im Falle einer erfolglosen Immuntoleranztherapie kann das Präparat prophylaktisch zur Vermeidung von Blutungsereignissen angewendet werden. © VERLAG PERFUSION GMBH
39
28,7 28,7
On-Demand On-Demand = 19 n =n19
72,5 % % 72,5
20 20
Reduktion Reduktion
= 0,0003) (p =(p0,0003)
15 15
10 10
5 5
7,9 7,9
Prophylaxe Prophylaxe = 17 n =n17
0 0
Anzahl der Blutungsepisoden in 6 Monaten
25 25
exzellent oder gut beurteilt wurde; zudem verbesserte oder stabilisierte die prophylaktische Gabe von FEIBA in 85 % aller Fälle den orthopädischen Status der Patienten [15].
30 30
Jährliche Blutungsrate (median)
Jährliche Blutungsrate (median) Jährliche Blutungsrate (median)
30 30
AnzahlAnzahl der der Blutungsepisoden in 6 Monaten Blutungsepisoden in 6 Monaten
ÜBERSICHTSARBEIT
25 25
20 20
15 15
10 10
5
5
0
0
13,1 13,1
On-Demand On-Demand
6262%
%
Reduktion Reduktion
< 0,0001) (p < (p 0,0001)
5,05,0
Prophylaxe Prophylaxe
PROOF-Studie PROOF-Studie n =n36= 36
Pro-FEIBA-Studie Pro-FEIBA-Studie n = 26 n = 26
Abbildung 2: Ergebnis der 12-monatigen PROOF-Studie: Durch die Prophylaxe mit FEIBA sank die mittlere jährliche Blutungsrate gegenüber der Bedarfstherapie signifikant um 72,5 % [16] (© Shire).
Abbildung 3: Ergebnisse der ProFEIBA-Studie: Im Vergleich zur On-Demand-Therapie verringerten sich durch die FEIBA-Prophylaxe (3× wöchentlich 85 E/kg ± 15 %) sämtliche Blutungen um 62 % [17] (© Shire).
Außerdem ist FEIBA seit mehr als 35 Jahren Bestandteil des sog. Bonner Protokolls, einer Dosisempfehlung für die Prophylaxe zur Vermeidung von Blutungen während der Immuntoleranztherapie [11]. Zur Prävention von Blutungen wird FEIBA mit 50–100 IU/ kg KG/d dosiert. Bei akuten Blutungen kann die Dosis bis maximal 200 IU/kg KG/d gesteigert werden. Die Halbwertszeit beträgt 6 Stunden [10].
schwere UE wurden nicht beobachtet [12]. In Frankreich wurde in einer weiteren Studie die Wirksamkeit von FEIBA anhand von 433 Blutungsereignissen, einschließlich operativer Maßnahmen, bei 60 Patienten mit Hemmkörper-Hämophilie untersucht [13]. In 81,3 % aller Fälle (353 Ereignisse) wurde die Wirksamkeit von FEIBA als exzellent oder gut bezeichnet, lediglich bei 5 Blutungsereignissen (1,4 %) traten UE auf. Die perioperative Wirksamkeit und Sicherheit von FEIBA war Gegenstand der internationalen SURF-Studie. Darin wurden 34 Operationen prospektiv untersucht [14]. Die hämostatische Effizienz wurde in 91,2 % aller Fälle (31 von 34 Operationen) mit gut oder exzellent bewertet. Insgesamt traten 12 UE auf, davon 3 schwere Formen; nur eine dieser 3 UE wurde dabei mit der Therapie in Verbindung gebracht [14]. Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine weitere Studie, in der die Wirksamkeit von FEIBA bei akutem und perioperativem Einsatz in 82 % bzw. 91 % aller Fälle als
Kontrolle akuter Blutungen Erste größere klinische Studien Anfang der 1980er Jahre verdeutlichten das Potenzial von FEIBA bei Patienten mit HemmkörperHämophilie. In den USA rekrutierte die FEIBA-Studiengruppe 46 Patienten mit Inhibitor-Spiegeln über 4 Bethesda-Einheiten [12]. Unter FEIBA ließen sich 91 % aller Blutungsereignisse (150 von 165) innerhalb von 72 Stunden kontrollieren. Bei 18 von 489 Infusionen (3,7 %) zeigten sich unerwünschte Ereignisse (UE), einschließlich Schüttelfrost, Fieber und Übelkeit;
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Prophylaktische Therapie Mehrere Studien unterstreichen das Potenzial einer prophylaktischen Therapie mit FEIBA hinsichtlich der Reduktion der jährlichen Blutungsrate (Annual Bleeding Rate, ABR). Eine Untersuchung (PROOF-Studie [16]) verglich die ABR von Patienten mit Hemmkörper-Hämophilie unter Prophylaxe mit der Bedarfsbehandlung. Patienten unter Prophylaxe wiesen dabei eine mediane ABR von 7,9 auf – unter Bedarfsbehandlung lag die ABR bei 28,7 (Abb. 2) [16]. Die Reduktion der ABR ist ein zentrales Therapieziel in der Hämophilie-Behandlung, um die Entstehung orthopädischer Spätschäden wie hämophiler Arthropathien zu vermeiden. In eine weitere Studie (Pro-FEIBA [17]) waren 26 Patienten mit hohen Hemmkörpertitern eingeschlossen. Dabei führte die prophylaktische Gabe von FEIBA bei 62 % (n = 16) zu einer Reduktion der Blutungsereignisse um mindestens 50 % (Abb. 3); 6 dieser Patienten blieben während der 6-monatigen Prophylaxe-Phase blutungsfrei. Bei gut ansprechenden Patienten wurde eine 84%ige Verringerung der Blutungen erzielt (Abb. 3). Unerwünschte Ereignisse waren unter anderem allergische Reaktionen, Infusionsreaktionen und Infektionen. Es wurden keine thrombotischen Ereignisse beobachtet [17]. Die Prophylaxe mit FEIBA wirkt sich zudem positiv auf die Lebensqualität der Patienten aus. In der © VERLAG PERFUSION GMBH
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PROOF- und Pro-FEIBA-Studie wurden unter FEIBA entsprechend positive Trends bei Patienten mit Hemmkörper-Hämophilie beobachtet [18, 19]. Hohe Sicherheit hinsichtlich Thromboembolien
Das Risiko von Thromboembolien ist ein zentraler Aspekt bei der Gabe von aPCCs. 40 Jahre Erfahrung mit FEIBA zeigen ein gutes Sicherheitsprofil, einschließlich einer niedrigen Rate an Thromboembolien. Deren Auftreten wurde in einer Studie über einen Zeitraum von 10 Jahren überprüft [20]; die Autoren zogen dabei Publikationen sowie Fallberichte zu thrombotischen UE unter FEIBA heran. Die Recherche ergab insgesamt 16 Fälle, d.h. eine Inzidenzrate von 4,05 pro 100.000 Infusionen. Die beobachteten thrombotischen UE waren unter anderem auf eine Überdosierung von FEIBA zurückzuführen [20]. Die Daten zur Sicherheit werden durch eine weitere Studie unterstützt [21]. Darin untersuchten die Autoren die Anzahl von thrombotischen UE unter 40 Jahren Therapie mit FEIBA anhand der Sicherheitsdaten des Produkts. Von den seit seiner Einführung 7 Milliarden verbrauchten Einheiten (mehr als 2 Millionen Infusionen) fanden sich 108 Berichte zu thrombotischen UE, davon betrafen 85 Berichte Hämophilie-Patienten. Auch diese Ergebnisse unterstreichen damit
die langfristige hohe Sicherheit von FEIBA [21].
Literatur 1 WFH Guidelines for the management of hemophilia, 2nd edition, 2012. http:// www1.wfh.org/publications/files/pdf1472.pdf 2 DiMichele DM. Inhibitors in hemophilia: a primer. Treatment of Hemophilia 2008, No. 7, WFH, 2008. http://www1.wfh.org/ publication/files/pdf-1122.pdf 3 World Federation of Hemophilia. “What are inhibitors?” World Federation of Hemophilia website. http://www.wfh.org/en/ page.aspx?pid=651 4 Collins PW, Chalmers E, Hart DP et al. Diagnosis and treatment of factor VIII and IX inhibitors in congenital haemophilia: (4th edition). UK Haemophilia Centre Doctors Organization. Br J Haematol 2013;160:153-170 5 Nakar C, Manco-Johnson MJ, Lail A et al. Prompt immune tolerance induction at inhibitor diagnosis regardless of titre may increase overall success in haemophilia A complicated by inhibitors: experience of two US centres. Haemophilia 2015; 21:365-373 6 Blanchette VS, Key NS, Ljung LR et al. Definitions in hemophilia: communication from the SSC of the ISTH. J Thromb Haemost 2014;12:1935-1939 7 Querschnitts-Leitlinien (BÄK) zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten. 4. überarbeitete und aktualisierte Auflage 2014. http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/QLL_Haemotherapie_2014.pdf 8 Turecek, Varadi K, Gritsch H et al. FEIBA: mode of action. Haemophilia 2004; 10(Suppl. 2):3-9 9 Cromwell C, Aledort LM. FEIBA: A prohemostatic agent. Semin Thromb Hemost 2012;38:265-267 10 Fachinformation FEIBA, Stand: Juli 2016 11 Brackmann HH, Oldenburg J, Schwab R. Immune tolerance for the treatment of factor VIII inhibitors – twenty years “Bonn protocol”. Vox Sang 1996;70(Suppl 1):3035 12 Hilgartner MW, Knatterud GL, FEIBA Study Group. The use of factor eight inhi-
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bitor by-passing activity (FEIBA Immuno) product for treatment of bleeding episodes in hemophilias with inhibitors. Blood 1983;61:36-40 13 Negrier C, Goudemand J, Sultan Y et al. Multicenter retrospective study on the utilization of FEIBA in France in patients with factor VIII and factor IX Inhibitors. French FEIBA Study Group. Thromb Haemost 1997;77:1113-1119 14 Negrier C, Lienhart A, Numerof R, et al. SURgical interventions with FEIBA (SURF): international registry of surgery in haemophilia patients with inhibitory antibodies. Haemophilia 2013;19:145-150 15 Di Michele DM, Negrier C. A retrospective postlicensure survey of FEIBA efficacy and safety. Haemophilia 2006;12:352-362 16 Antunes SV, Tangada S, Stasyshyn O. Randomized comparison of prophylaxis and on-demand regimen with FEIBA NF in the treatment of haemophilia A and B inhibitors. Haemophilia 2014;20:65-72 17 Leissinger C, Gringeri A, Antmen B et al. Anti-inhibitor coagulant complex prophylaxis in hemophilia with inhibitors. N Engl J Med 2011;365:1684-1692 18 Gringeri A, Leissinger C, Cortesi PA et al. Health-related quality of life in patients with haemophilia and inhibitors on prophylaxis with anti-inhibitors complex concentrate: results from the Pro-FEIBA study. Haemophilia 2013;19:736-743 19 Stasyshyn O, Antunes S, Mamonov V et al. Prophylaxis with anti-inhibitor coagulant complex improves health-related quality of life in haemophilia patients with inhibitors: results from FEIBA NF prophylaxis study. Haemophilia 2014;20:644-650 20 Ehrlich HJ, Henzl MJ, Gomperts ED. Safety if factor VIII inhibitor bypass activity (FEIBA®). 10-year compilation of thrombotic adverse events. Haemophilia 2002; 8:83-90 21 Crea R, Novack A, Reininger AJ et al. Four decade cumulative review of thrombo-embolic events reported with the use of activated prothrombin complex concentrate in congenital haemophilia. Blood 2016; 128:5031
Anschrift der Verfasserin: Brigitte Söllner Medizinjournalistin und Wissenschaftliche Lektorin Lärchenweg 10 91058 Erlangen E-Mail: brigitte.soellner@online.de
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
Metastasiertes Prostatakarzinom: Abirateronacetat jetzt in drei Indikationen zugelassen
B
ei der weit überwiegenden Mehrheit der Patienten wird das Prostatakarzinom in einem sehr frühen Stadium entdeckt. Doch bei einigen Betroffenen ist der Tumor bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose metastasiert. Da diese Patientengruppe nicht antihormonell vorbehandelt ist, z.B. mit der üblichen medikamentösen Kastration, spricht ihre Erkrankung noch hierauf an – es liegt also ein metastasiertes hormon- bzw. kastrationssensitives Prostatakarzinom (mHSPC) vor. Für die Behandlung dieser neu diagnostizierten Hochrisiko-mHSPC-Patienten kann in Kombination mit einer Androgendeprivationstherapie (ADT) seit November 2017 auch der steroidale Androgenbiosynthese-Inhibitor Abirateronacetat (Zytiga®) plus Prednison/Prednisolon eingesetzt werden [1] – ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zur bisherigen Chemohormontherapie, wie die Daten der für die Zulassungserweiterung relevanten LATITUDEStudie zeigen [2]. Hohe Hürden für die Chemohormontherapie
Seit 2016 wird mHSPC-Patienten, die hierfür fit genug sind, gemäß Leitlinien eine Chemohormontherapie empfohlen, bestehend aus Docetaxel* plus einer ADT [3, 4].
Diese Kombinationstherapie stellte einen Durchbruch dar, denn sie konnte das Gesamtüberleben von mHSPC-Patienten in den Studien CHAARTED und STAMPEDE gegenüber einer alleiniger ADT, die jahrzehntelang der Standard in diesem Stadium war, signifikant verlängern (p < 0,001 bzw. p = 0,006) [5, 6]. Doch im Alltag gibt es eine Reihe von Hürden, die den Einsatz der Chemotherapie bei dieser Indikation erschweren können. Hierzu gehören u.a. das oft fortgeschrittene Alter und der schlechte Gesundheitszustand der Betroffenen. Denn in den genannten Phase-IIIStudien waren unter der Chemohormontherapie teils schwere Toxizitäten, etwa Neuropathien und höhergradige febrile Neutropenien aufgetreten [5, 6]. Darüber hinaus
möchten die Patienten häufig keine Chemotherapie, weil sie subjektive Nebenwirkungen wie Übelkeit und Haarausfall fürchten und Bedenken wegen der notwendigen Infusionen haben. Außerdem ist Docetaxel für diese Therapie nicht zugelassen*. Abirateronacetat: Signifikante OS- und PFSVerlängerung bei guter Verträglichkeit
Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse der doppelblinden Pha* Docetaxel ist für die Indikation mHSPC nicht zugelassen, wird aber in nationalen und internationalen Leitlinien (S3, ESMO, EAU) empfohlen [3, 4, 7]. Hinsichtlich der Zulassung und des Einsatzes sind die An gaben in der aktuellen Fachinformation zu beachten.
Abirateronacetat (Zytiga®) ist indiziert mit Prednison oder Prednisolon [1]: • zur Behandlung des neu diagnostizierten Hochrisiko-metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinoms (mHSPC) bei erwachsenen Männern in Kombination mit einer Androgenentzugstherapie (androgen deprivation therapy, ADT) • zur Behandlung des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC) bei erwachsenen Männern mit asymptomatischem oder mild symptomatischem Verlauf der Erkrankung nach Versagen der Androgenentzugstherapie, bei denen eine Chemotherapie noch nicht klinisch indiziert ist • zur Behandlung des mCRPC bei erwachsenen Männern, deren Erkrankung während oder nach einer Docetaxel-haltigen Chemotherapie progredient ist
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
** In der LATITUDE-Studie wurde nur Prednison eingesetzt, doch die Zulassung erfolgte für die Kombination von Abirateron acetat mit Prednison oder Prednisolon [1].
medianes OS (Monate) Abirateron/P*+ ADT
100
Gesamtüberleben (%)
se-III-Studie LATITUDE [2], auf der die Indikationserweiterung von Abirateronacetat basiert, als nächster großer Fortschritt zu bewerten. Denn in dieser Studie hatte der orale Androgen-Biosynthesehemmer plus Prednison/Prednisolon** in Kombination mit einer ADT bei einer ähnlichen Indikation das Gesamtüberleben im Vergleich zu Placebos plus ADT ebenfalls signifikant verlängert (p < 0,001) [2]. In die LATITUDE-Studie wurden 1.199 Patienten mit neu diagnostiziertem (innerhalb von 3 Monaten vor Studieneinschluss) mHSPC (keine oder höchstens 3 Monate ADT vor Studienbeginn) eingeschlossen. Bei allen Patienten wies die Erkrankung ein hohes Risiko auf, als Einschlusskriterium mussten mindestens 2 der 3 folgenden Risikofaktoren zutreffen: GleasonScore ≥8, ≥3 Knochenläsionen, ≥1 Viszeralmetastase(n). Die Studienteilnehmer erhielten randomisiert entweder Abirateron (1.000 mg 1 × täglich) plus Prednison** (5 mg 1 × täglich) oder Placebo, jeweils plus ADT (LHRH-Agonist oder Orchiektomie). Koprimäre Endpunkte waren das Gesamtüberleben (OS) und das radiographisch progressionsfreie Überleben (rPFS). Bei der ersten Interimsanalyse, die aufgrund des positiven Ergebnisses die Entblindung der Studie zur Folge hatte, war das mediane OS unter Abirateron/P plus ADT noch nicht erreicht, unter Placebos plus ADT lag es bei 34,7 Monaten (HR: 0,62; p < 0,001), das relative Sterberisiko war in der Abirateron/P-Gruppe um 38 % niedriger (Abb. 1) [2]. Nach 3 Jahren lebten noch 2 Drittel der Patienten unter Abirateron/P
ADT
NR 34,7
HR 0,62
p-Wert <0,001
80 60 40 20 0 0 6 12 18 24 30 36 42 *plus Prednison/Prednisolon
Monate
Abbildung 1: Ergebnis der LATITUDE-Studie für das Gesamtüberleben unter der Therapie mit Abirateron/P + ADT vs. Placebo + ADT [2].
Radiographisch progressionsfreies Überleben (%)
42
medianes rPFS (Monate) 100 80
Abirateron/P*+ ADT
33,0
ADT
33,0
HR
p-Wert
0,47
<0,001
60 40 20 0
0 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40
*plus Prednison/Prednisolon
Monate
Abbildung 2: Ergebnis der LATITUDE-Studie für das radiographisch progressionsfreie Überleben unter der Therapie mit Abirateron/P + ADT vs. Placebo + ADT [2].
plus ADT (66 %), im Vergleichsarm traf dies hingegen auf weniger als die Hälfte zu (49 %). Das mediane radiographisch progressionsfreie Überleben (rPFS) – der zweite koprimäre Endpunkt – wurde unter Abirateron/P plus ADT von 14,8 auf 33,0 Monate verdoppelt (HR: 0,47; p < 0,001) (Abb. 2) [2]. Das mediane PSAprogressionsfreie Überleben (ein sekundärer Endpunkt, der für die Patienten häufig eine wichtige
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Rolle spielt, weil sie sehr auf ihren PSA-Wert achten) konnte unter Abirateron/P plus ADT gegenüber Placebos plus ADT sogar vervierfacht werden (33,2 vs. 7,4 Monate, HR: 0,30, p < 0,001). Bei den anderen sekundären Endpunkten, der medianen Zeit bis zum nächsten symptomatischen skelettalen Ereignis (HR: 0,70; p = 0,009), bis zum Beginn der Chemotherapie (HR: 0,44; p < 0,001) und bis zur nächsten © VERLAG PERFUSION GMBH
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
Prostatakrebstherapie (HR: 0,42; p < 0,001), zeigte sich ebenfalls eine signifikante Überlegenheit von Abirateron/P plus ADT [2]. Auch bei den von Patienten berichteten Endpunkten, wie der Progression der größten Schmerzintensität oder der stärksten Fatigue, schnitt Abirateron/P plus ADT signifikant besser ab als Placebos plus ADT (jeweils p < 0,0001) [7]. Das Sicherheitsprofil von Abira teron/P plus ADT entsprach dem bekannten Sicherheitsprofil aus früheren Studien zur Therapie des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC) [2]. Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen zählten höhere Inzidenzen von Mineralkortikoid-bedingter Hypertonie und Hypokaliämie, die bekannt sind und aus dem Wirkmechanismus von Abirateronacetat resultieren [1]. Die Nebenwirkungen wurden mit entsprechenden Gegenmaßnahmen wie dem Einsatz von Antihypertensiva oder einer Kaliumzufuhr behandelt und hatten nur selten schwerwiegende Konsequenzen oder einen Therapieabbruch zur Folge [2]. In aktuellen Leitlinien empfohlen
Obwohl die Zulassungserweiterung erst vor Kurzem erfolgt ist, wird Abirateronacetat in der neuen Indikation bereits in mehreren aktuellen Leitlinien empfohlen. So heißt es in der Ende 2017 überarbeiteten Leitlinie der ESMO (European Society for Medical Oncology), dass Abirateron/P plus ADT in der Erstlinienbehandlung beim mHSPC in Betracht gezogen werden sollte [9]. Gemäß dem Update der Leitlinie der EAU (European
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Abbildung 3: Einnahmeschema für die Therapie mit Abirateronacetat (Zytiga®) plus Prednison oder Prednisolon [1].
Association of Urology) von 2017 sollte Abirateron/P plus ADT allen Patienten angeboten werden, deren Erstvorstellung bei M1, d.h. im mestastasierten Stadium, erfolgt und die fit genug für dieses Behandlungsregime sind [10]. Fazit für die Praxis
Die LATITUDE-Studie belegt die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit von Abirateron/P, die bereits seit Jahren beim metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) bekannt sind, nun auch für das frühere, d.h. metastasierte hormonsensitive Stadium (mHSPC). Die moderne Hormontherapie ist daher künftig über ein noch breiteres Spektrum an Stadien beim metastasierten Prostatakarzinom einsetzbar. Abirateronacetat wird beim Hochrisiko-mHSPC – ebenso wie in der Erst- und Zweitlinientherapie des mCRPC – in einer Dosis von täglich 1.000 mg oral eingenommen [1]. Die zusätzliche Gabe von Prednison/Prednisolon erfolgt beim mHSPC in einer Dosierung von 5 mg täglich (beim mCRPC sind es 10 mg täglich, Abb. 3). Brigitte Söllner, Erlangen
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Literatur 1 Fachinformation Zytiga®, Stand November 2017 2 Fizazi K et al. Abiraterone plus prednisone in metastatic, castration-sensitive prostate cancer. N Engl J Med 2017;377:352-360 3 S3-Leitlinie Prostatakarzinom, Langversion 4.0 – Dezember 2016, AWMF-RegisterNummer 043/022OL. Im Internet: http:// www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/043022OL.html 4 Mottet N et al. EAU Guidelines on Prostate Cancer 2017. Im Internet: https://uroweb.org/guideline/prostate-cancer/ 5 Sweeney CJ et al. Chemohormonal therapy in metastatic hormone-sensitive prostate cancer. N Engl J Med 2015;373:737– 746 6 James ND et al. Addition of docetaxel, zoledronic acid, or both to first-line longterm hormone therapy in prostate cancer (STAMPEDE): survival results from an adaptive, multiarm, multistage, platform randomised controlled trial. Lancet 2016;387:1163-1677 7 Parker C et al. Cancer of the prostate: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol 2015;26(Suppl 5):v69-v77 8 Chi K et al. Benefits of abiraterone acetate plus prednisone (AA+P) when added to androgen deprivation therapy (ADT) in LATITUDE on patient reported outcomes (PRO). Annual Meeting of the European Society for Medical Oncology (ESMO), 8th September 2017: abstract 783O & oral presentation 9 Parker C et al. eUpdate – cancer of the prostate treatment recommendations. Published: 28 September 2017. Im Internet: http://www.esmo.org/Guidelines/Genitourinary-Cancers/Cancer-of-the-Prostate/eUpdate-Treatment-Recommendation 10 Mottet N et al. Updated guidelines for metastatic hormone-sensitive prostate cancer: abiraterone acetate combined with castration is another standard. Eur Urol (2017). Im Internet: http://www.europeanurology.com/article/S0302-2838(17)30839-4/fulltext
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
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B
rustkrebs ist die mit Abstand häufigste Krebserkrankung bei Frauen; etwa jede achte Frau ist im Laufe ihres Lebens davon betroffen [1]. Das Mammakarzinom verursacht mit 30,8 % nach wie vor den größten Anteil tumorbedingter Sterbefälle bei Frauen in Deutschland [1]. Die endokrine Therapie gilt derzeit als Goldstandard [2], doch jede zweite Patientin spricht nicht auf diese Behandlung an [3]. Ein neuer therapeutischer Ansatz ist die direkte Intervention am Zellzyklus des Karzinoms mit dem CDK4/6-Inhibitor Ribociclib (Kisqali®), wodurch eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens erreicht werden kann [4]. Tumorklassifikation
In Abhängigkeit davon, welche Zellen der Brustdrüsen maligne entarten, wie sich der Tumor im Gewebe verhält und welche molekularbiologischen Ursachen der Erkrankung zugrunde liegen, werden neben benignen Neubildungen histologisch verschiedene Arten des Mammakarzinoms differenziert [5]: • Nichtinvasive Mammakarzinome in situ haben ihren Ursprung in den Milchgängen (duktal) oder den milchproduzierenden Lobuli (lobulär). 15 – 20 % aller Mammakarzinome zählen zu dieser Gruppe. In 95 % Fälle geht der Tumor von den Milchgängen aus [5]. • Invasive Mammakarzinome unterscheiden sich in invasivduktale (80 %) bzw. invasivlobuläre Tumoren (10 – 20 %). • Seltener treten medulläre, tubuläre, muzinöse, invasiv-papilläre und inflammatorische Tumoren auf (Anteil 1 – 7 %).
Therapie des HRpositiven, HER2-negativen, fortgeschrittenen Mammakarzinoms mit Ribociclib Zusätzlich werden Tumoren nach den 2013 festgelegten St.-GallenKriterien in molekulare Subtypen unterschieden [6]: • Luminal A-like • Luminal B-like (HER2-negativ) • Luminal B-like (HER2-positiv) • HER2-positive (non-luminal) • Triple negative (duktal) Diese Unterteilung basiert auf der Analyse der 4 Biomarker: • ER (Östrogenrezeptor) • PR (Progesteronrezeptor) • HER2 (Human Epidermal Growth Factor Receptor 2) • Ki-67 (Proliferationsmarker) Die genaue Bestimmung des Subtyps (z.B. mittels Mamma Typer®, siehe Beitrag auf S. 47) liefert Rückschlüsse auf die Prognose der Erkrankung und dient zusammen mit weiteren klinisch-pathologischen Faktoren als Entscheidungsgrundlage für die Wahl einer individuell geeigneten Therapie [7]. Therapie des HR-positiven Mammakarzinoms in der fortgeschrittenen Situation
Bis zu 75 % der Mammakarzinome gelten aufgrund nachgewiesener Östrogen- oder Progesteron-Rezeptoren als Hormonrezeptor-positiv (HR+) [8]. In 20 – 25 % der Fälle ist der Humane Epidermale Wachs-
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tumsfaktor-Rezeptor 2 (HER2) beteiligt [9]. Für Patientinnen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom, positivem Hormonrezeptorstatus und nicht lebensbedrohlicher Erkrankungssituation stellt die endokrine Therapie in der Regel den ersten Therapieschritt dar. Eine Ausnahme ist eine vitale Bedrohung oder Bedrohung von Organfunktionen durch die Metastasierung. Die palliative endokrine Therapie wird bis zur Resistenz oder Progression fortgeführt [2]. Bis die Wirkung der endokrinen Therapie eintritt, vergehen etwa 10 – 12 Wochen [10]. Eingesetzt werden gemäß der aktuellen Empfehlung der AWMF steroidale oder nicht steroidale Aromataseinhibitoren (AI), wobei Letrozol mit einem CDKD4/6-Inhibitor kombiniert werden kann [2]. Die Chemotherapie wird beim metastasierten Mammakarzinom im fortgeschrittenen Stadium aufgrund von Nebenwirkungen in der Regel so lange wie möglich hinausgezögert [7]. Probleme bei endokriner Therapie: Resistenzentwicklung und Tumorprogression
Etwa 50 % der Patientinnen mit fortgeschrittenem, HR-positivem/ HER2-negativem Mammakarzinom sprechen nicht auf die ini© VERLAG PERFUSION GMBH
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Abbildung der MONALEESA-2-Studie: Kaplan-Meier-Analyse des progressionsfreien Überlebens zeigt für die KombinatiAbb. 1: 1:Ergebnisse Kaplan-Meier-Analyse des Die progressionsfreien Überlebens. Letrozol eine statistisch signifikante Verlängerung des mediaonstherapie aus Ribociclib (Kisqali®) in Verbindung mit dem Aromataseinhibitor 7 Abbildung modifiziert nach im Hortobagyi G, Letrozol-Monotherapie etdes al. 2017. nen progressionsfreien Überlebens Vergleich zur [4]. Abb. 1: Kaplan-Meier-Analyse progressionsfreien Überlebens.
7 Abbildung modifiziert nach Hortobagyi G, Ribociclib et al. 2017. tiale endokrine Monotherapie an ermöglicht Kombinationstherapie aus Ribo[3].Sicherheitsprofil Gerade für diese Patientinnen ciclib in Verbindung mit dem Arosignifikante Verbesserung des werden neue unerwünschten therapeutische Ereignisse mataseinhibitor Letrozol progressionsfreien Überlebens • Diedaher meisten in der MONALEESA-2-Studie wurden durch eine staAnsätze benötigt, um die endokritistisch signifikante Verlängerung Sicherheitsprofil Routinekontrollen frühzeitig bemerkt; schwerwiegende unerwünschte Ereignisse oder Seit August 2017 ist Ribociclib des medianen progressionsfreien ne Resistenz zu überwinden. Toxizitäten ließen sich im Allgemeinen mit Dosisreduktionen und Therapieunterbrechungen • klinischen Die meisten unerwünschten Ereignisse inals der MONALEESA-2-Studie wurden durch ® ) in der EU zielgerich(Kisqali In Studien konnte geÜberlebens (PFS) im Vergleich 6 Die Studienabbruchrate aufgrund von unerwünschten Ereignissen betrug gut beherrschen. schwerwiegende unerwünschte Ereignisse oder endokrine Erstlinientherapie in zu zeigtRoutinekontrollen werden, dass bei der frühzeitig Resis- tetebemerkt; einer Letrozol-Monotherapie unter Ribociclib plus Letrozolder 7,5Behandlung %, im Vergleich zu 2,1 % unter der Letrozolvon postmenopautenzentwicklung und Tumorpro(Abb. 1) und [4]. Das mediane PFS beToxizitäten ließen sich im Allgemeinen mit Dosisreduktionen Therapieunterbrechung 2 Monotherapie. 6 salen Frauen mit lokal fortgeschritgression die Überexpression der trug in der KombinationstherapieDie Studienabbruchrate aufgrund von unerwünschten Ereignissen be • gut Diebeherrschen. häufigsten unerwünschten Ereignisse vom Grad 3/4 (schwerste oder metastasiertem, HR+/ Cyclin-abhängigen Kinasen 4 und tenem Gruppe Ausprägung), 25,3 Monate, die unterbeiLetunter plus Letrozol %,Ribociclib im Vergleich zu 2,1 % Vergleich unter derzur Letrozol≥ 2 %Ribociclib der Patienten auftraten und7,5 unter plus Letrozol im Letrozolzugelas6 (CDK4/6) in Verbindung mit ei- HER2-Mammakarzinom rozol-Monotherapie dagegen 16,0 2 sen [15]. Ribociclib gehört zu Leukopenie, der Monate.abnormaler ner Monotherapie. Amplifikation vonhäufiger deren AktiMonotherapie vorkamen, waren: Neutropenie, Somit konnte eine VerMedikamentenklasse CDK4/6vatorprotein Cyclin D1unerwünschten eine ent- Alanin-Aminotransferase ringerung des Progressionsrisikos Leberfunktionstest (erhöhte und erhöhte Aspartat• Die häufigsten Ereignisse der vom Grad 3/4 (schwerste Ausprägung), die be Inhibitoren und erhielt für diese Inscheidende Rolle spielt [11]. Somit um 43,2 % (HR: 0,568; 95%-KI: Aminotransferase), Lymphopenie, Hypophosphatämie, Erbrechen, Übelkeit, Fatigue undzur Letrozo ≥ 2 % der Patienten auftraten und unter Ribociclib plus Letrozol im Vergleich 9 wird Rückenschmerzen. der CDK4/6-Signalweg, der dikation zuvor bereits in den USA 0,457 – 0,704; p < 0,0001) erzielt häufiger waren: Neutropenie,werden Leukopenie, abnormaler dieEreignisse Zulassung zur Grade kombinierten die• Monotherapie Zellzyklus-Progression regu- vorkamen, [4]. Arm), die Die häufigsten unerwünschten aller (≥ 20 % in jedem unter (erhöhte Alanin-Aminotransferase und erhöhte Aspartat-bezügAnwendung mitalseinem liert,Leberfunktionstest zu einem wichtigen Ziel für Die erste Zwischenanalyse Ribociclib plus Letrozol häufiger auftraten unterAromata Letrozol alleine, waren: Neutropenie, seinhibitor. Hypophosphatämie,lich therapeutische Interventionen (vgl. des Gesamtüberlebens (OS) Aminotransferase), Lymphopenie, Erbrechen, Leukopenie, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Übelkeit, Fatigue, Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen,Fatigue und 9 Insert auf S. 46) [12, 13]. Die Stra- Die Zulassung9 von Ribociclib zeigt einen positiven numerischen Rückenschmerzen. Obstipation, Alopezie und Hautausschlag. tegie des dualen Wirkansatzes mit beruht auf den Ergebnissen der Trend: Das mediane OS im Kom2 amRibocicÜbelkeit, Infektionen, FatiguePhase-III-Studie und Diarrhoe waren meist vom Grad oder 2. Dasmit • • Die häufigsten unerwünschten Ereignisse aller Grade (≥ 201% in jedem Arm), die unter MONALEEkombinierter CDK4/6und Arobinationstherapiearm häufigsten beobachtete schwere unerwünschte Ereignis war Neutropenie; eine febrile Ribociclib plus Letrozol alsderunter Letrozol SA-2, dieauftraten den Einsatz Kommataseinhibition zielt darauf ab, häufiger lib plusalleine, Letrozol waren: war nochNeutropenie nicht 2 Neutropenie wurde bei 1,5 % der Patientinnen berichtet. binationstherapie in der Erstlinie Resistenzen zu überwinden und erreicht und lag im Letrozol-MonoLeukopenie, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Übelkeit, Fatigue, Diarrhö, Erbrechen, 9 Jüngst veröffentlichte die Obstipation, ZellproliferationAlopezie zu hemmen therapiearm bei 33 Monaten (HR: unduntersuchte. Hautausschlag. Weitere Hintergrundinformationen finden Siebestätigen im Backgrounder des Analysedaten für die „Therapie [14]. 0,746; 95%-KI: 0,517 – 1,078; 2 • Hormonrezeptor-positiven, Übelkeit, Infektionen, Fatigue DiarrhoeWachstumsfaktor-Rezeptor-2-negativen, waren meist vom Grad 1 oder 2. Das am humanenund epidermalen häufigsten beobachtete schwere unerwünschte Ereignis war Neutropenie; eine febrile fortgeschrittenen Mammakarzinoms“ sowie im Backgrounder „Der Cyclin-abhängige JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 2/2018 · 27. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 2 ® NeutropenieRibociclib wurde bei 1,5 %) beim der Patientinnen berichtet. HR-positiven/HER2-negativen Mammakarzinom“. Kinaseinhibitor (Kisqali
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
CDK4/6-Rb-Signalweg – ein wesentlicher Pfeiler für die Zellzyklus-Progression Der Zellzyklus wird durch verschiedene Cycline und deren Gegenpart, die Cyclin-abhängigen Kinasen (CDK) gesteuert [12]. Kommt es zu einer Aktivierung mitogener Signalwege, binden Cycline vom DTyp wie Cyclin D1 an die Cyclin-abhängigen Kinasen 4 und 6. Der aktivierte Cyclin D-CDK4/6-Komplex phosphoryliert daraufhin das Retinoblastoma-Protein (Rb), das als Repressor von E2F-Transkriptionsfaktoren fungiert: Während unphosphoryliertes Rb an E2F bindet und so die transkriptionelle Aktivität herabsetzt, führt eine Phosphorylierung von Rb zur Dissoziierung des Rb-E2F-Komplexes. Freies E2F kann dann die Transkription von Zielgenen aktivieren, die die Zellzyklusprogression, DNA-Synthese und DNA-Replikation steuern [12]. Der CDK4/6-Rb-Signalweg reguliert allerdings nicht nur den Zellzyklus, sondern auch Prozesse wie Angiogenese und Metastasierung. Dies bedeutet, dass dieselben Gene, die zur Initiation des Tumors führen, auch eine wichtige Rolle bei der Progression der Erkrankung spielen [12]. Außerdem ist die kon stitutive Aktivierung des Signalwegs mit der Ausbildung von Resistenzen gegenüber einer endokrinen Therapie assoziiert, da der Östrogenrezeptor die Transkription von Cyclin D1 steuert. Diese Eigenschaften machen den CDK4/6-Rb-Signalweg zu einem Ziel für therapeutische Interventionen. Der CDK4/6-Inhibitor Ribociclib (Kisqali®) hemmt die Cyclin-abhängigen Kinasen 4 und 6 und verhindert so die Phosphorylierung des Rb-Proteins, sodass die Zelle am G1/S-Checkpoint arretiert. Auf diese Weise lässt sich die Zellzyklus-Progression stoppen und die Zellproliferation wird gehemmt [14]. 1
Ribociclib: Hemmung der Cyclin-abhängigen Kinasen (CDK) 4 und 6
2 Kein aktiver Komplex aus CDK 4/6 und Cyclin D → Keine Phosphorylierung des Retinoblastom-Proteins Rb
3 Unphosphoryliertes Rb bindet an den Transkriptionsfaktor E2F → Hemmung der Bindung von E2F an die DNA
4 Verhinderte Transkription von S-Phase-Genen → Hemmung des Voranschreitens des Zellzyklus 5 Zelle arretiert am G1/SCheckpoint → Hemmung der Zellproliferation
Wirkmechanismus des CDK4/6-Inhibitors Ribociclib (Kisqali®). ®
Abb. 1: Wirkmechanismus des CDK4/6-Inhibitors Ribociclib (Kisqali ). 8
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Abbildung modifiziert nach Hosford S und Miller T 2014 , Thangavel C, et al. 2011 , Infante JR, et al. 2016 , JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 2/2018 · 27. JAHRGANG 2,11 Hortobagyi G, et al. 2016
Indikation und Zulassungsstatus von Ribociclib
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p = 0,059). Dieser Unterschied ist nicht statistisch signifikant und die Nachbeobachtung der Studie wird mit weiteren vorab spezifizierten Analysen bezüglich des OS fortgeführt [4]. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse Grad 3/4, die bei ≥2 % der Patienten auftraten und unter Ribociclib plus Letrozol im Vergleich zur Letrozol-Monotherapie häufiger vorkamen, waren Neutropenie, Leukopenie, abnormaler Leberfunktionstest (erhöhte Alanin-Aminotransferase und erhöhte Aspartat-Aminotransferase), Lymphopenie, Hypophosphat ämie, Erbrechen, Übelkeit, Fatigue und Rückenschmerzen [15]. Schwerwiegende unerwünschte Ereig nisse ließen sich im Allgemeinen mit Dosisreduktionen und Therapieunter brechungen gut beherrschen. Brigitte Söllner, Erlangen
Biomarker analysieren mit MammaTyper® Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs. Es gibt verschiedene biologische Subtypen, die sich mithilfe von Biomarkern charakterisieren lassen. Je nach Subtyp des Tumors kann der Nachweis von spezifischen Biomarkern Hinweise auf den Erfolg einer Therapie liefern. MammaTyper® (BioNTech Diagnostics GmbH, Mainz) ist ein CEzertifizierter In-vitro-Test, der für die quantitative Bestimmung der mRNA-Expression der Biomarker HER2 (ERBB2), ER (ESR1), PR (PGR) und des Proliferationsmarkers Ki-67 (MKI67) bei Patientinnen mit neu diagnostiziertem, invasivem Brustkrebs entwickelt
Literatur 1 Robert Koch-Institut (Hrsg.). Zentrum für Krebsregisterdaten: Krebs in Deutschland, Kapitel Brustdrüse. Im Internet: https:// www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/krebs_ in_deutschland_node.html 2 AWMF. S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms. Dezember 2017; AWMF-Registernummer: 032-045OL. Im Internet: http://www.leitlinienprogrammonkologie.de/fileadmin/user_upload/LL_ Mammakarzinom_Langversion_4.0.pdf 3 Normanno N et al. NCI-Naples Breast Cancer Group. Mechanisms of endocrine resistance and novel therapeutic strategies in breast cancer. Endocr Relat Cancer 2005;12:721-747 4 Hortobagyi G et al. Updated results from MONALEESA-2, a phase III trial of firstline ribociclib plus letrozole in hormone receptor-positive HER2-negative advanced breast cancer. ASCO 2017; Chicago, Illinois: Abstract #1038 5 Bösl A. Genexpressionsanalysen bei Hormonrezeptor-positiven, HER2-negativen, invasiven Mammakarzinomen. MTA Dialog 2016;17:12-19 6 Goldhirsch A et al. Personalizing the treatment of women with early breast cancer: highlights of the St Gallen International Expert Consensus on the Primary Therapy
wurde. MammaTyper® ermöglicht die Unterscheidung der biologischen Tumor-Subtypen nach den St. Gallen-Kriterien in • Luminal A-like, • Luminal B-like (HER2 positive), • Luminal B-like (HER2 negative), • HER2 positive (non-luminal) und • Triple negative (duktal). Der Test kann für die Primärdiagnostik an FFPE-Stanzbiopsien sowie für die Charakterisierung von Resektionsproben verwendet werden. Was analysiert MammaTyper®?
MammaTyper® ermöglicht den quantitativen Nachweis des Expressionsstatus der Gene ERBB2 (HER2), ESR1 (ER), PGR (PR) und MKI67 (Proliferationsmarker Ki-67).
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of Early Breast Cancer 2013. Ann Oncol 2013;24:2206-2221 7 Wörmann B et al. Onkopedia Leitlinien der DGHO, Leitlinie Mammakarzinom der Frau, Stand: Januar 2018. Im Internet: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/ guidelines/mammakarzinom-der-frau/@@ view/html/index.html 8 Setiawan VW et al. Breast cancer risk factors defined by estrogen and progesterone receptor status: the multiethnic cohort study. Am J Epidemiol 2009;169:1251-1259 9 Slamon DJ et al. Studies of the HER-2/neu proto-oncogene in human breast and ovarian cancer. Science 1989;244:707-712 10 Gerber B, et al. Rezidiviertes Mammakarzinom: Therapiekonzepte zum Erhalt der Lebensqualität. Dtsch Arztebl Int 2010; 107:85-91 11 Cancer Genome Atlas Network. Comprehensive molecular portraits of human breast tumours. Nature 2012;490:61-70 12 Johnson J et al. Targeting the RB-E2F pathway in breast cancer. Oncogene 2016;35:4829-4835 13 Hamilton E, Infante JR. Targeting CDK4/6 in patients with cancer. Cancer Treat Rev 2016;45:129-138 14 Kim S et al. LEE011: an orally bioavailable, selective small molecule inhibitor of CDK4/6-reactivating Rb in cancer. Mol Cancer Ther 2013;12 (Suppl. 11): PR02 15 Fachinformation Kisqali®, Stand August 2017
ERBB2 ist die Bezeichnung des Gens für den humanen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor 2 (HER2). Bei diesem Rezeptor handelt es sich um ein Zelloberflächenprotein aus der Familie der epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptoren. Die Aktivierung von ERBB2 führt zu einer gesteigerten Zellproliferation und zur Hemmung des programmierten Zelltods (Apoptose). In 18 – 22 % der Brustkrebsfälle wird ERBB2 überexprimiert und steht aufgrund hoher Zellteilungsraten, stark invasiven Wachstums und beschleunigten Gefäßwachstums für eine schlechte Prognose. Therapien zielen auf eine Blockade der HER2Rezeptoren ab. ESR1 ist der Genname des Östrogenrezeptors 1 und spielt – gemeinsam mit dem Progesteronrezeptor PGR – in ca. 70 % der Brustkrebs© VERLAG PERFUSION GMBH
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erkrankungen eine Rolle. Tumoren, die durch eine Deregulation dieser Gene gekennzeichnet sind und auf Östrogen und/oder Progesteron reagieren, werden mittels Hormontherapien behandelt, um das Krebswachstum zu bremsen oder zu stoppen. MKI67 ist das Gen, das für den Proliferationsmarker Ki-67 codiert. Dieser hat eine Schlüsselfunktion bei der Unterscheidung zwischen Luminal-A- und Luminal-B-Tumoren sowie bei der Vorhersage des Ansprechens auf Chemotherapien. Während beim Luminal-A-Subtyp eine niedrige Proliferationsrate vorliegt – was mit einem niedrigen Rezidivrisiko korreliert –, liegt bei Tumoren des Luminal-B-Typs eine höhere Proliferationsrate vor, was auf ein hohes Rezidivrisiko hinweist. Die Bestimmung dieses Marker mittels Immunhistochemie (IHC) ist durch hohe Inter- und Intra-BeobachterSchwankungen behaftet und bereitet Probleme bei der Standardisierung. Wie funktioniert MammaTyper®?
Der diagnostische Test basiert auf einer einstufigen RT-qPCRTechnik, bei der eine reverse Transkription von mRNA und die anschließende quantitative PCR der resultierenden cDNA kombiniert werden. MammaTyper® verwendet Gesamt-RNA, die aus Formalinfixierten Paraffin-eingebetteten (FFPE) Brustkrebs-Gewebeproben extrahiert wird (z.B. mit dem RNXtract® RNA-Extraktionskit). Diese können als Stanzbiopsien oder aus Operationsmaterial gewonnen werden. Dem MammaTyper®-Test liegt mit der einstufigen RT-qPCR ein Verfahren zugrunde, das zur exponentiellen Vervielfältigung von
Fragmenten der Biomarker-cDNA dient. Dabei kann die Vermehrung der cDNA-Abschnitte in Echtzeit verfolgt werden. Dies geschieht mithilfe fluoreszenzmarkierter Hydrolysesonden. Zwei Referenzgene (B2M, CALM2) normalisieren die Analyseergebnisse; mögliche Interlaufabweichungen korrigiert ein Kalibrator. Die Assayreagenzien zur Analyse sind gebrauchsfertig einsatzbereit und ermöglichen einen standardisierten Prozess zur Generierung von sehr reproduzierbaren Resultaten. So unterstützt MammaTyper® den Pathologen auch in solchen Fällen, in denen semiquantitative Färbemethoden wie die IHC an ihre diagnostischen Grenzen stoßen. Der Pathologe kann mit MammaTyper® Proben von bis zu 8 Patien tinnen gleichzeitig analysieren und erhält die Ergebnisse innerhalb von 6 Stunden. Der Test kann in jedem molekularpathologischen Labor durchgeführt werden und ist derzeit für die Verwendung auf den Echtzeit-PCR-Instrumenten Roche LightCycler® 480 Instrument II, Roche cobas z® 480 Analyzer, Siemens Versant® kPCR Cycler, ABI 7500 Fast (Dx), Bio-Rad CFX96® und Agilent Technologies Mx3000P validiert. Der MammaTyper® Test liefert für jeden Biomarker ein präzises, quantitatives Ergebnis. Die Genexpression für jeden Marker wird in Form von 40-∆∆Cq-Werten angegeben. Auf der Grundlage von validierten Cut-off-Werten (klinische Grenzwerte) wird jeder Marker anschließend als positiv oder negativ bewertet. Aus der Kombination der Ergebnisse für die 4 Marker lässt sich der Subtyp gemäß der St. Gallen Empfehlung akkurat bestimmen. B. S.
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D
as „Small Molecule“ Pazopanib (Votrient®) ist zur Erstlinienbehandlung von erwachsenen Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom (mRCC) zugelassen sowie zur Behandlung von Patienten, die vorher eine Therapie ihrer fortgeschrittenen Erkrankung mit Zytokinen erhalten hatten [1]. In den Leitlinien werden VEGF-Rezeptor-blockierende Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) wie Pazopanib mittlerweile als einer der Standards in der Erstlinientherapie bestimmter Formen des mRCC genannt [2, 3]. Wie eine aktuelle Analyse der zu Pazopanib vorliegenden klinischen Studien und Real-World-Daten zeigt, ist dieser TKI für ein breites Spektrum von mRCC-Patienten geeignet: Von Pazopanib profitieren in Bezug auf Alter, Performance-Status und Prognose sehr unterschiedliche Patienten [4]. Studienpopulation versus Patienten im klinischen Alltag
Die hohe Effektivität und das günstige Verträglichkeitsprofil von Pazopanib konnten in 3 großen randomisierten Studien im Vergleich zu Placebo sowie einer aktiven Vergleichstherapie nachgewiesen werden [5–8]. Dass klinische Studien strikte Ein- und Ausschlusskriterien haben, um Wirksamkeitsdaten an einem homogenen Patientenkollektiv zu sammeln und eine sichere Therapie zu gewährleisten, daran erinnern Porta et al. in ihrer aktuellen Analyse [4]. So wurde Pazopanib in einer zulassungsrelevanten Phase-III-Studie und in der COMPARZB-Studie bei jüngeren mRCC-Patienten * ECOG: Eastern Cooperative Oncology Group © VERLAG PERFUSION GMBH
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Metastasiertes Nierenzellkarzinom: Breites Patientenspektrum profitiert von Pazopanib
mit gutem ECOG*-PerformanceStatus (PS) und guter bis intermediärer Prognose geprüft [5, 6, 7]. Im klinischen Alltag wird der TKI jedoch aufgrund seines günstigen Verträglichkeitsprofils laut Porta et al. vielfach gerade bei älteren und gebrechlichen mRCC-Patienten sowie Patienten mit schlechter Prognose eingesetzt [4]. Portas Arbeitsgruppe ging daher anhand von Literaturdaten der Frage nach, welche mRCC-Patienten als geeignet für die Pazopanib-Therapie anzusehen sind.
Gesamtüberleben (OS) als Patienten im Alter von 61–70 Jahren oder über 70 Jahre [4]. Porta et al. weisen darauf hin, dass Pazopanib jenseits dieser Daten dank seines günstigen Sicherheitsprofils gerade für noch im Berufsleben stehende Patienten eine potenziell ideale Behandlung darstellt, da sie keine größeren toxizitätsbedingten Einschränkungen ihres Lebensstils befürchten müssen [4].
Bewährt auch bei jüngeren mRCC-Patienten
In der Christie-Studie hat sich Pazopanib auch bei mRCC-Patienten mit günstigem Risiko nach dem MSKCCF**-Score aufgrund des ausgesprochen langen PFS von 29 Monaten bewährt. Der Median im Gesamtüberleben war zum Auswertungszeitpunkt noch nicht erreicht [4]. Ähnlich positive Daten werden aus der mRCC-Kohorte des MD Anderson Cancer Center berichtet: Patienten der günstigen Risikogruppe nach MSKCC-Score hatten ein medianes PFS von 21,1 Monaten und ein Gesamtüberleben von 35,4 Monaten [10].
Real-World-Daten zeigen, dass mit Pazopanib auch bei jüngeren mRCC-Patienten und Patienten mit gutem ECOG-PS ein langes progressionsfreies Überleben (PFS) erreicht werden kann. Laut einer Auswertung des US Oncology Network lebten Patienten mit einem ECOG-PS von 0 fast ein Jahr lang ohne Progress, d.h. signifikant länger als Patienten mit einem ECOG-PS von 1 (11,1 vs. 7,1 Monate; p < 0,007) [9]. Auch in der retrospektiven Analyse des britischen Christie-Hospitals hatten Patienten <60 Jahre ein längeres
Sehr lange Überlebenszeiten bei prognostisch günstigen Patienten
** MSKCC: Memorial Sloan Kettering Cancer Center
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Bei mRCC-Patienten mit schlechter Prognose nach MSKCC-Score ist das Therapie-Outcome naturgemäß schlechter als bei prognostisch günstigen Betroffenen. Doch zeigen die Phase-III-Studien, dass Pazopanib auch in diesem Kollektiv zu einer Verlängerung des progressionsfreien Überlebens im Vergleich zu Placebo führt bzw. ein vergleichbares PFS wie mit Sunitinib erreicht wird [5, 6, 7]. Laut Porta et al. ist Pazopanib wegen seiner guten Verträglichkeit auch in dieser Subgruppe eine sinnvolle Therapieoption. Die Autoren weisen zudem darauf hin, dass Pazopanib in einer zulassungsrelevanten Phase-III- und in der COMPARZ-Studie zu einer hohen Responserate von rund 30 % führte und damit für Patienten, die eine starke Tumorschrumpfung benötigen, ebenfalls gut geeignet ist [5, 6, 7]. Auch beim prognostisch ungünstigen nicht klarzelligen mRCC ist Pazopanib wirksam, wie eine vor wenigen Jahren publizierte Metaanalyse belegt [11]. Fabian Sandner, Nürnberg
Literatur 1 Fachinformation Votrient® 200 mg/400 mg Filmtabletten 2 Ljungberg B et al. http://www.uroweb.org/ guideline/renal-cell-carcinoma/ 3 Escudier B et al. Ann Oncol 2016;27:5869 4 Porta C et al. https://doi.org/10.3389/ fphar.2017.00329 5 Sternberg CN et al. J Clin Oncol 2010; 28:1061-1068 6 Sternberg CN et al. Eur J Cancer 2013; 49:1287-1296 7 Motzer RJ et al. N Engl J Med 2013; 369:722-731 8 Escudier B et al. J Clin Oncol 2014;32: 1412-1418 9 Vogelzang NJ et al. Clin Genitourin Cancer 2015;13:210-217 10 Matrana M, et al. BJU Int 2016;118:264271 11 Vera-Badillo FE et al. J Clin Oncol 2014; 32:Abstr. #425 © VERLAG PERFUSION GMBH
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m 8. Dezember 2017 wurde die lyophilisierte Formulierung von Pegaspargase (Oncaspar®) in der EU zugelassen und wird voraussichtlich ab Sommer 2018 in Deutschland verfügbar sein. Lyophilisiertes, d.h. gefriergetrocknetes Oncaspar® ist als Bestandteil einer antineoplastischen Kombinationstherapie bei Akuter lymphatischer Leukämie (ALL) bei Kindern und Jugendlichen ab der Geburt bis zum Alter von 18 Jahren sowie bei Erwachsenen angezeigt [1, 2, 3]. Pegaspargase ist weltweit die einzige pegylierte Asparaginase, die in der Erstlinie zugelassen ist und kommt sowohl in den nationalen pädiatrischen als auch in den adulten Studienprotokollen zur Anwendung. Derzeit wird untersucht, ob sich eine Intensivierung der Asparaginase-Gabe auf den Therapieerfolg auswirkt. 3-mal längere Haltbarkeit ermöglicht bessere Patientenversorgung
Pegaspargase ist seit mehr als 2 Jahrzehnten ein wesentlicher Bestandteil der ALL-Therapie in Deutschland. Seit Januar 2016 ist E/ml Injektions-/ Oncaspar® 750 Infusionslösung europaweit zur Behandlung der ALL in der Erstlinientherapie zugelassen [4]. Der Wirkstoff wurde kontinuierlich weiterentwickelt und ist seit Dezember 2017 in einer lyophilisierten Form zugelassen. Diese neue Formulierung des bewährten Enzyms ermöglicht nun eine 3-mal längere Haltbarkeit: Statt bisher 8 Monate ist lyophilisiertes Oncaspar® nun bis zu 24 Monate haltbar. Dies ist besonders für Krankenhausapotheken oder Kliniken mit wenigen ALL-Patienten von großem Vorteil, denn die für die
Pegaspargase in lyophilisierter Formulierung zur Behandlung der ALL zugelassen Therapie benötigte Substanz kann nun einfacher vorrätig gehalten werden. Die Versorgungszentren haben mehr Flexibilität bei der Bestellung, was insgesamt zu einer noch besseren Patientenversorgung beiträgt. Effektive Behandlung im Rahmen von Therapieoptimierungsstudien
Aufgrund der geringen Zahl der ALL-Patienten werden in Deutschland alle Kinder und ein Großteil der Erwachsenen in Therapieopti-
mierungsstudien behandelt. Heute können bis zu 90 % der Kinder und Jugendlichen mit ALL langfristig überleben und die Zahl der Kinder, die ein Rezidiv erleiden, sinkt stetig [5]. Um die Therapien weiter zu optimieren, werden z.B. im Rahmen von Rezidivstudien die Spätfolgen erfasst und mit den vorangegangenen Therapien und klinischen Faktoren korreliert. Auch die Intensivierung der Gabe von pegylierter Asparaginase wird derzeit in verschiedenen Studienprotokollen untersucht, um die Therapie noch effektiver zu machen.
Pegaspargase Pegaspargase (Oncaspar®) ist eine pegylierte Asparaginase, die dazu führt, dass Leukämiezellen ihren Nährstoffbedarf nicht decken können und absterben. Während gesunde Zellen das für die Protein-, DNA- und RNA-Synthese unerlässliche L-Asparagin eigenständig synthetisieren können, sind Leukämiezellen dazu nicht in der Lage. Sie beziehen ihr L-Asparagin direkt aus dem Blutserum. Das Enzym L-Asparaginase spaltet den Asparaginvorrat im Blutserum in seine Bestandteile L-Asparaginsäure und Ammoniak auf, sodass die Leukämiezellen an L-Asparagin verarmen und zugrunde gehen [1]. Oncaspar® besteht aus nativer L-Asparaginase, der Polyethylenglycol (PEG) hinzugefügt wurde. Durch die Pegylierung kommt es zu einem verlangsamten Abbau des Wirkstoffs in der Niere, einer verlängerten Halbwertszeit und damit zu einer längeren antileukämischen Wirkung. Eine einzelne Oncaspar®-Dosis zeigt noch nach 3 Wochen eine Verminderung des Asparagin-Spiegels im Blutserum. Für die Therapie sind somit im Vergleich zu nativer L-Asparaginase weniger Dosen nötig. Gleichzeitig kommt es unter PEGAsparaginase seltener zu Überempfindlichkeit, sodass der Großteil der ALL-Patienten vom Wirkstoff profitieren kann [1].
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
Dies ist vor allem für die Behandlung erwachsener ALL-Patienten von Bedeutung, für die Therapieregime angepasst werden, die auf pädiatrischen Protokollen beruhen. In den vergangenen Jahrzehnten wurde so die Langzeitüberlebensrate bei Erwachsenen auf 50 – 60 % erhöht. Die Heilungschance hängt jedoch stark vom Alter ab. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Dosisintensität aus pädiatrischen Protokollen bei Erwachsenen schwer einzuhalten ist. Um die Heilungsraten auch bei der adulten ALL weiter zu verbessern, wird derzeit intensiv an einer Individualisierung der PEG-AsparaginaseGabe gearbeitet. Durch Serumaktivitätsmessungen können Patienten identifiziert werden, die die Asparaginase besonders schnell metabolisieren und damit deren Wirkung einschränken. Dem lässt sich dann mit einer entsprechenden Therapieanpassung entgegenwirken. Elisabeth Wilhelmi, München
Literatur 1 Fachinformation Oncaspar® 750 E/ml Injektions-/Infusionslösung, Stand Dezember 2017 2 Hoelzer D, Bassan R, Dombrecht H et al. Acute lymphoblastic leukaemia: ESMO clinical practice guidelines. Ann-Oncol 2016;27 (Suppl. 5):v69-v82 3 Gökbuget N, Bassan R, Dombret H et al. European Working Group for Adult ALL (EWALL) guidelines 2012. http://www. leukemia-net.org/content/leukemias/all/ standards_and_sop/index_eng.html, Zugriff am 25.01.2018 4 Fachinformation Oncaspar® 750 E/ml Pulver zur Herstellung einer Injektions-/Infusionslösung, Stand November 2017 5 Hunger SP, Lu X, Devidas M et al. Improved survival for children and adolescents with acute lymphoblastic leukemia between 1990 and 2005: a report from the children’s oncology group. J Clin Oncol 2012;30:1663-1669
Tetravalente Grippe-Impfung:
Influsplit Tetra auch für Säuglinge ab 6 Monate zugelassen Der tetravalente Grippe-Impfstoff Influsplit Tetra von GSK hat nun auch die Zulassung für die Grippe-Impfung von Säuglingen und Kleinkindern erhalten. Diese Indikationserweiterung ermöglicht es, Patienten jetzt bereits ab einem Alter von 6 Monaten gegen 4 Virustypen der Grippe zu schützen. Vor allem bei jüngeren Kindern besteht ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe einer Influenza. Die moderate bis schwere Influenza äußert sich durch mindestens eines der folgende Symptome: Fieber von über 39°C, akute Otitis media, Infektion/Manifestation in den unteren Atemwegen (einschließlich Kurzatmigkeit, Krupp, pfeifender Atem, Lungenstauung, Bronchiolitis, Bronchitis, Pneumonie) oder Komplikationen der Influenza wie Myositis, Myokarditis, Anfälle oder Enzephalitis. Wirksamkeitsstudien zeigen Effektivität vor allem bei schwerer Influenza
Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Influsplit Tetra wurde in 2 kontrollierten, verblindeten, randomisierten PhaseIII-Studien mit Säuglingen und Kleinkinder zwischen 6 und 35 Monaten (n = 12.018) bzw. mit Kindern in einem Alter von 3 – 8 Jahren (n = 5.168) untersucht. Neben der ärztlichen Diagnose wurde der Nachweis einer Influenza-Infektion im Nasenabstrich labordiagnostisch bestätigt. Es konnte gezeigt werden, dass die Influenza-Impfung mit In-
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flusplit Tetra 49,8 % der Säuglinge und Kleinkinder zwischen 6 und 35 Monaten und 59,3 % der Kinder im Alter von 3 – 8 Jahren schützen kann. Besonders bemerkenswert war, dass 63,2 % aller Säuglinge und Kleinkinder zwischen 6 und 35 Monaten und 73,1 % der Kinder zwischen 3 und 8 Jahren vor einer moderaten bis schweren GrippeErkrankung geschützt wurden. Dabei waren die Reaktogenität und Sicherheit der Grippe-Impfung bei Kindern vergleichbar mit anderen Kinderimpfungen, die in den entsprechenden Altersgruppen zum Einsatz kommen und die als Impfkontrolle dienten. Tetravalente Grippe-Impfung von der STIKO empfohlen
Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat Anfang Januar ihre Influenza-Impfempfehlungen konkretisiert und empfiehlt nun einen tetravalenten Grippe-Impfstoff mit der aktuellen, von der WHO empfohlenen Antigenkombination anstelle der bisher verwendeten trivalenten Impfstoffe. Tetravalente Impfstoffe enthalten die Antigene beider kozirkulierender B-Linien, sodass eine breitere Abdeckung aller kursierenden Grippeviren möglich ist. In Deutschland zeigt sich derzeit eine B-Linien-Diskrepanz, das heißt, dass alle aktuell virologisch untersuchten Proben bei Influenza B der Linie angehörten, die nicht durch Dreifach-Impfstoffe abgedeckt wird: Influenza B-Yamagata. Influenza-B-Viren (mit 98 % aus der Yamagata-Linie) sind seit der 40. KW 2017 mit 74 % die am häufigsten identifizierten Influenzaviren, gefolgt von Influenza A(H1N1) pdm09-Viren mit 22 % und Influenza A(H3N2)-Viren mit 4 %. F. S. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Alfibercept – etablierte Anti-VEGF-Therapie zur Behandlung von Netzhauterkrankungen
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or 5 Jahren fiel der Startschuss für eine Erfolgsgeschichte: Im November 2012 erhielt Bayer für den VEGFHemmer Eylea® mit dem Wirkstoff Aflibercept die Zulassung in Deutschland für die Behandlung von Patienten mit neovaskulärer altersabhängiger Makuladegeneration (nAMD). Seitdem hat sich Eylea® in der Therapie von Netzhauterkrankungen erfolgreich etabliert. Für fünf Indikationen zugelassen
• den retinalen Venenverschluss (RVV) (Venenastverschluss [VAV] oder Zentralvenenverschluss [ZVV]) und • die myope choroidale Neovaskularisation (mCNV). Eylea® ist sowohl weltweit als auch in Deutschland die meistverschriebene Anti-VEGF-Therapie [2, 3] und gilt mit aktuell 16 Millionen verordneten Injektionen seit der Marktzulassung als sicheres und wirksames Präparat [4].
Neue Daten zur Anti-VEGFTherapie der nAMD stützen Ergebnisse der Zulassungsstudien
Bereits die Zulassungsstudien VIEW1 und VIEW2 mit rund 4000 Patienten zeigten überzeugende Ergebnisse [5] und auch in der Langzeitbehandlung über mehrere Jahre können mit Eylea® Visusgewinne aufrechterhalten werden [6]. Dass sich diese guten Resultate auch in der Routinepraxis erzielen lassen,
Die spezielle Trap-Technologie von Aflibercept zur Blockade der Wirkmechanismus von Aflibercept Mitglieder der VEGF-Familie
Aflibercept (Eylea ) ist ein aus• Fusionsprotein der Schlüsseldomänen der humanen VEGFRezeptoren-1 und -2 mit humanem IgG Fc1,2. schließlich aus humanen Ami• Blockiert alle VEGF-A-Isoformen und PlazentaDie Anti-VEGF-Therapie hat eine nosäuresequenzen bestehenWachstumsfaktor (PGF)2. neue Ära in der Behandlungsopti-• Hohe Affinität – des Rezeptor-Fusionsprotein der bindet VEGF-A und PGF stärker als native 2,3 on von neovaskulären Netzhauter- Rezeptoren (Kd Schlüsseldomänen der humanen ~1 pM vs. 10–300 pM) . Das Zielprotein krankungen eingeläutet: Erstmalig wird zwischen den Armen des Aflibercept Moleküls VEGF-Rezeptoren-1 und -2 mit hulässt sich nicht nur der Sehschär- festgesetzt und kann in der Folge nicht mehr an den VEGF manem IgG Fc [1]. Rezeptor binden. feverfall aufhalten, sondern in den• Bestehend aus ausschließlich humanen Aflibercept bindet alle VEGF-A2. meisten Fällen auch eine Verbesse- Aminosäuresequenzen, Molekülmasse 115 kDa Isoformen sowie den Plazenta4. rung der Sehfähigkeit erzielen. Zu• Durchdringt alle Schichten der Retina Wachstumsfaktor (PlGF) mit höhediesem Paradigmenwechsel in der• Aflibercept ist speziell gereinigt und als Formulierung für rer Affinität als deren natürliche intravitreale Injektionen (IVI) als EYLEA® verfügbar2. ®
1
Aflibercept
2 3 4
2
2
3
3
Fc
5
1 2 3 4 5
6
6
7
7 Endotheliale Zellmembran Split Kinase Domäne
VEGFR-1
VEGFR-2
Behandlung hat insbesondere AfliRezeptoren VEGFR-1 und VEGFR-2 1. Holash J et al., Proc Natl Acad Sci USA 2002; 99(17):11393–11398; 2. Browning DJ et al., Am J Ophthalmol 2012; 154(2):222–226; 3. Papadopoulos N et al., bercept beigetragen. (Kd ~1 pM vs. 10–300 pM). Durch die spezielle Trap-Technologie Angiogenesis 2012; 15(2):171–185. 4. Balaratnasingam C et al., Clin Ophthalmol. 2015; 9: 2355–2371. Eylea® ist mittlerweile zur Behandwird das Zielprotein zwischen den Armen des Aflibercept-Moleküls lung der 5 wichtigsten exsudativen festgesetzt und kann in der Folge nicht mehr an den VEGF-RezepNetzhauterkrankungen und den tor binden. damit einhergehenden VisusbeeinDamit wird die Aktivierung dieser Rezeptoren gehemmt, durch trächtigungen zugelassen [1]: die eine pathologische choroidale Neovaskularisation (CNV) und • für die neovaskuläre altersaberhöhte vaskulären Permeabilität initiiert werden können. Aus der hängige Makuladegeneration CNV austretendes Blut und Flüssigkeit können zu einer Netzhaut(nAMD), verdickung, einem Netzhautödem und/oder sub-/intraretinalen • das diabetisches Makulaödem Blutungen und damit zum Verlust der Sehschärfe führen [1]. (DMÖ), JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 2/2018 · 27. JAHRGANG
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belegen die aktuell publizierten Daten der PERSEUS-Studie, der ersten Real-World-Evidence-Studie zur Behandlung von Patienten mit Eylea® [7]. In die in 67 augenärztlichen Praxen in Deutschland durchgeführte nicht interventionelle Studie wurden 848 nicht vorbehandelte und vorbehandelte Patienten mit nAMD eingeschlossen. Primärer Endpunkt war die Visusveränderung nach einer 12-monatigen Therapie mit Aflibercept (2 mg pro Injektion). Außerdem wurde das Behandlungsergebnis bei regelmäßigen (alle 2 Monate nach 3 monatlichen Injektionen zu Studienbeginn) und unregelmäßigen Injektionsintervallen verglichen. Es zeigte sich, dass eine frühzeitige, konsequente und kontinuierliche Therapie der nAMD mit Aflibercept zu einem signifikant höheren Visusgewinn führt als eine nicht kontinuierliche Behandlung: Nach 12 Monaten erreichten 43,1 % der kontinuierlich behandelten Patienten einen Lesevisus (≥70 Buchstaben) gegenüber
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Abbildung 1: Ergebnisse der PERSEUS-Studie bei Patienten mit neovaskulärer altersabhängiger Makuladegeneration (nAMD): Unter der kontinuierlichen Behandlung mit Aflibercept (Eylea®) erreichten nach 12 Monaten signifikant mehr Patienten die Lesefähigkeit [7].
33,5 % bei nicht kontinuierlicher Behandlung (Abb. 1). Den günstigsten Visusverlauf hatten nicht vorbehandelte Patienten unter kontinuierlicher Behandlung mit im Mittel +8,0 ETDRSBuchstaben-Gewinn, wohingegen der Buchstabengewinn bei nicht regelmäßig behandelten Patienten nur bei +4,0 lag (Abb. 2). Auch vorbehandelte Patienten hatten unter konsequenter regelmäßiger Therapie ein besseres Outcome
als Patienten mit unregelmäßiger Behandlung (+3,1 Buchstaben vs. −1,1 Buchstaben) (Abb. 2) [7]. Damit unterstreichen die Ergebnisse der PERSEUS-Studie, dass bei der nAMD-Therapie eine adäquate Anzahl von Injektionen maßgeblich für den Behandlungserfolg ist und dass die konsequente Therapie mit Eylea® auch unter Praxisbedingungen zu ähnlich guten Visusergebnissen führen kann wie in den Zulassungsstudien [7].
Abbildung 2: In der PERSEUS-Studie führte die Injektionstherapie mit Aflibercept (Eylea®) bei den kontinuierlich behandelten, zuvor therapienaiven nAMD-Patienten zum günstigsten Visusverlauf. BCVA = best-corrected visual acuity [7]. JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 2/2018 · 27. JAHRGANG
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Abbildung 3: Dosierungsempfehlung für die kontinuierliche Therapie der nAMD mit Aflibercept (Eylea®) [1].
Empfehlungen zur kontinuierlichen Therapie
Die Dosierung von Eylea® beträgt 2 mg Aflibercept (50 µl) pro intravitreale Injektion [1]. Die Injektionen werden kontinuierlich nach einem vorgegebenen Schema verabreicht (Abb. 3): Die Behandlung wird mit 3 aufeinanderfolgenden monatlichen Injektionen initiiert, gefolgt von einer Injektion alle 2 Monate im ersten Behandlungsjahr. Eine Verlaufskontrolle zwischen den einzelnen Injektionen ist nicht notwendig, sondern kann idealerweise am gleichen Tag wie die intravitreale Injektion erfolgen. Im zweiten Behandlungsjahr können die Behandlungsintervalle gemäß einem „Treat and Extend“Dosierungsschema schrittweise verlängert werden, immer angepasst an den funktionellen und/ oder morphologischen Befund. Bei einer Verschlechterung sollte das Behandlungsintervall wieder verkürzt werden. Die Kontrollintervalle werden vom Arzt entsprechend festgelegt [1].
Vorteile für die Patienten
Von diesem gut planbaren und trotzdem individualisierbaren proaktiven Therapieansatz profitieren die Patienten in mehrfacher Hinsicht: Zum einen lassen sich dadurch auch in der Praxisroutine die überzeugenden Ergebnisse der Aflibercept-Zulassungsstudien erreichen, d.h. ein höherer Visusgewinn bis hin zum Lesevisus. Zum anderen kann – mindestens im ersten Behandlungsjahr – auf zusätzliche monatliche Verlaufskontrollen zwischen den Injektionen verzichtet und bei anhaltender Verbesserung die Anzahl der Injektionen auf ein Minimum reduziert werden (laut Anwendungsschema ist eine jährliche Injektionszahl von maximal 7 erforderlich, um die optimalen Visusgewinne und -stabilisierungen zu erreichen [1]). Und nicht zuletzt verringert die kontinuierliche Therapie im Gegensatz zur unregelmäßigen Therapie das Risiko für einen schweren Visusverlust. Brigitte Söllner, Erlangen
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Literatur 1 Fachinformation Eylea®, Stand Juli 2017 2 Macular Degeneration (AMD) & Diabetic Retinopathy (DR) Market Forecast 20172027. Im Internet: https://www.visiongain. com/Report/1941/Macular-Degeneration(AMD)-Diabetic-Retinopathy-(DR)-Market-Forecast-2017-2027 3 Wenzel M, Dick HB, Scharrer A et al. Ambulante und stationäre Intraokularchirurgie 2016. Ergebnisse der aktuellen Umfrage von DGII, DOG, BVA und BDOC. Ophthamol-Chir 2017;29:185-194 4 Data on file: Update Sep 2017, Bayer Pharmaceuticals, Inc. 5 Heier JS, Brown DM, Chong V et al. Intravitreal aflibercept (VEGF trap-eye) in wet age-related macular degeneration. Ophthalmology 2012;119:2537-2548 6 Kaiser PK, Singer M, Tolentino M et al. Long-term safety and visual outcome of intravitreal aflibercept in neovascular agerelated macular degeneration. Ophthalmology Retina 2017;1:304-313 7 Framme C, Eter N, Hamacher T et al. Aflibercept for patients with neovascular age-related macular degeneration in routine clinical practice in Germany. Ophthalmology Retina 2017 8 Fischer MD, Inhoffen W, Ziemssen F. Spectral-Domain-optischeKohärenztomographie in der Behandlung der myopen choroidalen Neovaskularisationsmembran. Ophthalmologe 2012;8:758-765 9 Maloca P, Spaide RF, Rothenbuehler S et al. Enhanced resolution and speckle-free threedimensional printing of macular optical coherence tomography angiography. Acta Ophthalmol 2017 in print
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Ophthalmologische Diagnostik mit OCT Zur Unterstützung der Diagnosestellung und Überwachung des Krankheitsverlaufs bei die Makula betreffenden Netzhauterkrankungen wird zunehmend die optische Kohärenztomographie (optical coherence tomography, OCT) eingesetzt. Das Messprinzip dieses nicht invasiven bildgebenden Verfahrens basiert auf der unterschiedlichen Reflexion von Lichtstrahlen, die eine zweidimensionale Querschnittdarstellung der Netzhaut ermöglicht. Bei der neovaskulären altersabhängigen Makuladegeneration kann die OCT zur Identifikation von intraretinaler, subretinaler oder subRPE-Flüssigkeit und anderen morphologischen Veränderungen herangezogen werden [8].
nAMD in der OCT (© Prof. Dr. med. Frank G. Holz, Augenklinik, Universität Bonn)
Mit der Einführung der Spectral-Domain-Geräte (SD-OCT) hat sich die Qualität der Bilder nochmals erheblich verbessert [8].
SD-OCT: Links gesunde Netzhaut, rechts nAMD (© ?) ((Vorlagen fehlen noch))
Weiterentwicklungen der OCT, wie die OCT-Angiographie und das Volume Rendering OCT, erlauben eine dreidimensionale Analyse von Gefäßen, ohne dass ein Farbstoff intravenös verabreicht werden muss. So wird es zum ersten Mal ermöglicht, die retinale und choroidale Gefäßarchitektur nicht nur am Bildschirm 3D-Print des Auges (© Dr. med. Peter Maloca, Moorfields Eye Hospital, Lonzu betrachten, sondern mittels don, und OCTlab, Augenklinik, UniverStereolithographie auch takti- sität Basel) le Stimulationen zu erzeugen. Mittlerweile ist es sogar möglich, dreidimensionale Werkstücke (3D-Prints) von Gefäßen computergesteuert aus flüssigem Werkstoff herzustellen [9].
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Update nAMD-Therapie:
Längere Behandlungs intervalle sind möglich Aktuelle Ergebnisse der klinischen Phase-IV-Studie ALTAIR zeigen, dass bei der Behandlung der nAMD mit Aflibercept (Eylea®) schon im ersten Jahr der Therapie die Intervalle zwischen 2 intravitrealen Injektionen bei vielen Patienten auf 12 und mehr Wochen verlängert werden können. In der in Japan durchgeführten ALTAIRStudie wurden 2 Varianten des „Treat and Extend“-Behandlungsprinzips (T&E) untersucht, bei dem aufgrund funktioneller und morphologischer Befunde der Abstand zwischen 2 intravitrealen Aflibercept-Gaben schrittweise verlängert oder – bei einem Rezidiv – wieder verkürzt werden kann. Die 246 teilnehmenden Patienten mit nAMD wurden nach der Aufsättigungsphase in Woche 16 in 2 Gruppen randomisiert, in denen die Behandlungsintervalle um jeweils ±2 Wochen oder ±4 Wochen angepasst werden konnten. Das Intervall zwischen 2 intravitrealen Aflibercept-Injektionen durfte nicht kürzer als 8 und nicht länger als 16 Wochen sein. Die Einjahresdaten zeigen, dass sich in beiden Gruppen das T&ESchema bewährt hat: Bei etwa 60 % der Patienten lag die letzte Behandlung mindestens 8 Wochen zurück und bei rund 60 % war das nächste geplante Intervall bei der letzten Visite mindestens 12 Wochen lang, ohne dass es zu funktionellen Einbußen kam. Auf Basis der Studiendaten hat Bayer einen Änderungsantrag für die Anpassung der Produktinformation bei der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) eingereicht. B. S. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Brentuximab Vedotin – die erste zielgerichtete Therapieoption beim kutanen CD30-positiven T-Zell-Lymphom
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eit Dezember 2017 erweitert Brentuximab Vedotin (Adcetris®) das Therapiespektrum für erwachsene Patienten mit CD30-positivem kutanem T-ZellLymphom (CTCL) nach mindestens einer vorangegangenen systemischen Behandlung. Damit kann das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat nach dem Hodgkin-Lymphom (HL) und dem systemischen anaplastischen großzelligen Lymphom (sALCL) nun in einer dritten Indikation eingesetzt werden [1]. Zielgerichteter Wirkmechanismus
Kutane Lymphome gehören zur sehr heterogenen Gruppe der ex tranodalen Non-Hodgkin-Lymphome. Bei den kutanen T-ZellLymphomen (CTCL) wird in einigen Entitäten das Oberflächenprotein CD30 auf den Tumorzellen exprimiert: beim primär kutanen anaplastischen großzelligen Lymphom (pcALCL) und bei lymphomatoider Papulose (LyP) auf >70 %, bei Mycosis fungoides (MF) und Sézary-Syndrom (SS) auf 10 – 15 % der Zellen [2–7]. Brentuximab Vedotin besteht aus einem auf CD30 gerichteten monoklonalen Antikörper (rekombinantes chimäres Immunglobulin G1) und dem Zytostatikum Monomethyl-Auristatin E (MMAE) [1].
Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat dockt gezielt an CD30-positive Zellen an und setzt dann intrazellulär das bis dahin stabil über einen Linker gebundene MMAE frei. Das Toxin hemmt die Zellteilung durch Zerstörung der Mikrotubuli des Spindelapparates und führt zur Apoptose [8]. Aufgrund dieses zielgerichteten Wirkmechanismus wurde Brentuximab Vedotin auch in der Indikation CTCL untersucht. Neuer primärer Endpunkt ORR4 orientiert sich am medizinischen Bedarf
In fortgeschrittenen Stadien eines CTCL ist meist eine systemische Therapie indiziert [9]. Bei den aktuellen systemischen Therapien liegt die objektive Ansprechrate (ORR) bei 30 – 40 % [10–13] und bis zur nächsten Behandlung ver-
gehen median weniger als 4 Monate [14]. Für die zulassungsrelevante Phase-III-Studie ALCANZA [15], in der Brentuximab Vedotin mit einer Standardtherapie mit Methotrexat oder Bexaroten verglichen wurde, wurde in Zusammenarbeit mit Zulassungsbehörden und Lymphom-Experten der neue Endpunkt ORR4 entwickelt, der nicht nur das Therapieansprechen, sondern auch dessen Dauer erfasst. Dabei wird eine Ansprechdauer von 4 Monaten oder länger als klinisch relevant für das CTCL angesehen. Die ORR4 wird mit dem Global Response Score (GRS) gemessen, einer unabhängigen Erfassung der Hautbeteiligung mittels Modified Severity Weight Assessment Tool (mSWAT), der radiologischen Beurteilung von Lymphknoten und inneren Organen sowie einer Blutuntersuchung (zirkulierende Séza-
Abbildung 1: ORR4 – ein neuer primärer Endpunkt, bei dem nur ein Ansprechen über mindestens 4 Monate berücksichtigt wird. PR = partielles Ansprechen, CR = komplettes Ansprechen.
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Brentuximab Vedotin zeigte bisher nicht gekannte Raten eines dauerhaften Anprechens2
– Signifikante Verbesserung vs. Therapie nach Wahl des Arztes, gemessen anhand des neuen primären Endpunk 57 NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL ORR4 Patient mit MF aus der ALCANZA-Studie
a)
b)
Vor Behandlung Abbildung 2: Patient mit Mycosis fungoides aus der ALCANZA-Studie: Nach 16 x 21-Tage-Zyklen Brentuximab Vedotin a) Hautbefund zur Beginn der Studie und b) nach 16 Zyklen Brentuximab Vedotin [15].
lder von einemry-Zellen). Patienten, der Die in derORR4 ALCANZA-Studie eingeschlossen war]. Brentuximab Vedotin berücksichRR4, Rate des objektiven Ansprechens, das mindestens 4 Monate andauert. Brentuximab Vedotin (Adcetris®) tigt ein partielles oder komplettes Fachinformation ADCETRIS® Stand Juli 2017]. 2. Prince HM, et al. Lancet. 2017;390(10094):555-566.
Ansprechen nur bei einer Dauer von mindestens 4 Monaten (Abb. 1) [15]. Signifikante Verbesserungen in den untersuchten Endpunkten
In der internationalen randomisierten offenen Phase-III-Studie ALCANZA [15] erhielten 131 Patienten mit CD30-positivem primär kutanem anaplastischem großzelligem Lymphom (pcALCL) oder Mycosis fungoides (MF) entweder Brentuximab Vedotin (1,8 mg/kg i.v. alle 3 Wochen für bis zu 16 Zyklen) oder eine Standardtherapie mit Methotrexat (5 – 50 mg oral 1 × pro Woche) oder Bexaroten × täg(300 mg/m2 [Zieldosis] 1 lich). Die mediane Beobachtungszeit betrug 22,9 Monate [15]. Den primären Endpunkt ORR4 erreichten 56,3 % der mit Brentuximab Vedotin behandelten Patienten gegenüber 12,5 % im Kontrollarm (p < 0,0001). Äußerlich zeigten sich die Verbesserungen unter anderem in einer gut sichtbaren Reduktion der Hautsymptome (Abb. 2), was auch mit einer Verbesserung der Lebensqualität einherging [15].
ist ein Antikörper-WirkstoffKonjugat (ADC), das das Zytostatikum Monomethyl-Auristatin E (MMAE) freisetzt und selektiv bei CD30 tragenden Tumorzellen eine Apoptose auslöst. Präklinische Daten deuten darauf hin, dass die biologische Aktivität von Brentuximab Vedotin auf einem mehrstufigen Prozess beruht. Durch Bindung des ADC an CD30 auf der Zellenoberfläche wird die Internalisierung des ADC-CD30-Komplexes ausgelöst, der dann in das lysosomale Kompartiment eingeschleust wird. Innerhalb der Zelle wird durch eine proteolytische Spaltung MMAE freigesetzt. Die Bindung von MMAE an Tubulin stört das Mikrotubuli-Netzwerk innerhalb der Zelle, wodurch der Zellzyklus unterbrochen und ein programmierter Zelltod der CD30 exprimierenden Tumorzelle ausgelöst wird. Bei klassischem Hodgkin-Lymphom (HL), systemischem sALCL und CTCL-Subtypen (einschließlich MF und pcALCL) ist CD30 als Antigen auf der Oberfläche der malignen Zellen exprimiert. Diese Expression ist unabhängig vom Krankheitsstadium, der Therapielinie oder dem Transplantationsstatus. Diese Eigenschaften machen aus CD30 ein Ziel für eine therapeutische Intervention. Durch den auf CD30 gerichteten Wirkmechanismus ist Brentuximab Vedotin in der Lage, Chemotherapie-Resistenzen zu überwinden, da CD30 gleichbleibend bei Patienten exprimiert wird, die refraktär auf Kombinationschemotherapien sind, unabhängig vom vorherigen Transplantationsstatus. Der auf CD30 gerichtete Wirkmechanismus von Brentuximab Vedotin, die fortgesetzte Expression von CD30 im Verlauf einer klassischen HL-, sALCL- bzw. CD30+ CTCL-Erkrankung und bei unterschiedlichen Vortherapien sowie die klinische Evidenz für eine Wirkung in CD30positiven malignen Erkrankungen nach verschiedenen vorausgegangenen Therapielinien bilden eine biologische Begründung für die Verwendung bei Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem klassischem HL und sALCL mit und ohne vorausgegangener autologen Stammzelltransplantation und CD30+ CTCL nach mindestens einer vorangegangenen systemischen Behandlung [1].
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Signifikante Verbesserungen erreichten die Patienten auch in den untersuchten sekundären Endpunkten, dem kompletten Ansprechen (15,6 % vs. 1,6 %; p 0,0046), dem progressionsfreien Überleben (16,7 vs. 3,5 Monate; HR: 0,27; p < 0,0001) und der symptombedingten Belastung, gemessen anhand des Skindex-29 (–27,96 vs. –8,62; p < 0,0001) [15]. Zu den häufigsten unerwünschten Ereignissen jeden Grades gehörte neben Übelkeit, Diarrhö, Fatigue, Erbrechen, Alopezie, Pruritus, Fieber, Appetitlosigkeit und Hypertriglyzeridämie auch eine periphere Neuropathie, die sich bis zur letzten Untersuchung bei 82 % der Betroffenen besserte oder ganz zurückbildete [15]. Fabian Sandner, Nürnberg
Literatur 1 Fachinformation Adcetris®, Stand 12/2017 2 Kim YH et al. J Clin Oncol 2015;33:37503758 3 Sabattini E et al. Haematologica 2013;98: e81-e82 4 Talpur R et al. J Invest Dermatol 2006; 126:575-583 5 Willemze R et al. Blood 2005;105:37683785 6 NCCN Clinical Practice Guidelines in Oncology. T-cell Lymphomas. Version 2.2017. Im Internet: https://www.nccn.org/ professionals/physician_gls/pdf/t-cell.pdf 7 Edinger JT et al. Am J Surg Pathol 2009; 33:1860-1868 8 Francisco JA et al. Blood 2003;102:14581465 9 Dippel E et al. S2k-Leitlinie Kutane Lymphome (ICD10 C82-C86) Update 2016; AWMF online, Stand 08/2017 10 Scarisbrick JJ. Curr Opin Oncol 2016; 28:384-389 11 Olsen EA et al. J Clin Oncol 2007; 25:3109-3115 12 Piekarz RL et al. J Clin Oncol 2009; 27:5410-5417 13 Duvic M et al. Blood 2015;125:1883-1889 14 Hughes CF et al. Blood 2015;125:71-81 15 Prince HM et al. Lancet 2017;390:555-566
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Tofacitinib bei rheumatoider Arthritis: Daten aus 5 Jahren Praxiserfahrung
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or 5 Jahren wurde der Januskinasen(JAK)-Inhibitor Tofacitinib (Xeljanz®) erstmalig zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) in den USA zugelassen. Seit Mai 2017 können auch in Deutschland erwachsene Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver RA von der oralen Therapieoption profitieren. Inzwischen wurde Tofacitinib bei über 7000 Patienten im Rahmen eines umfangreichen Studienprogramms und bei mehr als 100.000 Patienten in der täglichen Praxis weltweit eingesetzt [1]. Daher gibt es bereits eine große Datenfülle zur Wirksamkeit und Sicherheit des immunmodulierenden Wirkstoffs. Die Tatsache, dass Tofacitinib in verschiedenen anderen Ländern bereits bis zu 5 Jahre in der Praxis etabliert ist, birgt für Rheumatologen hierzulande Vorteile: Sie können sich bei ihrer Therapieentscheidung nicht nur auf ein umfangreiches klinisches Studienprogramm stützen, sondern auch von Langzeitstudien und RealWorld-Daten profitieren. Mit dem Studienprogramm ORAL, das aus 6 abgeschlossenen klinischen Studien (ORAL Solo, Sync, Scan, Standard, Step und Start) [2–7] und 2 Langzeitextensionsstudien [8, 9] besteht, wurden die Wirksamkeit und Verträglichkeit der
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Substanz bei unterschiedlichen Patientenpopulationen sowohl in der Mono- als auch in der Kombinationstherapie belegt. Die Wirkung des JAK-Inhibitors tritt oft bereits innerhalb von 2 Wochen ein [2, 3]. Von Vorteil ist auch die Darreichung als Tablette, die viele Patienten einer subkutanen Injektion vorziehen. Wirkung mit der von Biologika vergleichbar
Mit TNF-Inhibitoren wie Adalimumab ist Tofacitinib vergleichbar. In der Phase-III-Studie ORAL Standard zeigten sowohl Patienten unter Tofacitinib als auch Patienten im aktiven AdalimumabKontrollarm eine Überlegenheit gegenüber Placebo [5]. In der Studie ORAL Strategy wurden Tofacitinib und Adalimumab in einem direkten Vergleich untersucht [10]. Das Ansprechen im ACR50 nach 6 Monaten, dem primären Endpunkt, betrug für Tofacitinib und Adalimumab – beide in Kombination mit MTX – 46 % bzw. 44 %. Für die Tofacitinib-Monotherapie konnte weder eine Nicht-Unterlegenheit noch eine Unterlegenheit gegenüber den beiden Kombinationstherapien gezeigt werden. Eine in der Praxis vergleichbare Wirksamkeit der Tofacitinib-Kombina© VERLAG PERFUSION GMBH
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Tofacitinib Tofacitinib (Xeljanz®) ist ein potenter, selektiver Inhibitor der Januskinasen-Familie. In menschlichen Zellen hemmt Tofacitinib bevorzugt die Signalübertragung durch heterodimere ZytokinRezeptoren, die mit JAK3 und/oder JAK1 assoziieren, mit funktioneller Selektivität gegenüber Zytokin-Rezeptoren, deren Signalübertragung über JAK2-Dimere erfolgt. Die Hemmung von JAK1 und JAK3 durch Tofacitinib dämpft die Signalübertragung von Interleukinen (IL-2, IL-4, IL-6, IL-7, IL-9, IL-15 und IL-21) und von Typ-I- und Typ-II-Interferonen, was eine Modulation der immunologischen und inflammatorischen Antwort zur Folge hat. Xeljanz® ist in Kombination mit Methotrexat (MTX) indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis bei erwachsenen Patienten, die auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende antirheumatische Arzneimittel unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Es kann als Monotherapie gegeben werden, wenn MTX nicht vertragen wird oder wenn eine Behandlung mit MTX ungeeignet ist. Die empfohlene Dosis beträgt zweimal täglich 5 mg [27].
tionstherapie mit der TofacitinibMonotherapie bestätigen vor allem Daten des US-amerikanischen CORRONA-Registers, in dem seit der Tofacitinib-Zulassung in den USA auch Patienten erfasst werden, die damit behandelt werden [11]. Dass die Wirksamkeit von Tofacitinib auch langfristig erhalten bleibt, zeigen die Langzeitextensionsstudien, in denen bei mittlerweile 4967 Patienten eine Verbesserung der Krankheitszeichen und Symptome der RA durch Tofacitinib sowohl in Monotherapie als auch in Kombination mit konventionellen synthetischen (cs) DMARDs über einen Beobachtungszeitraum von bis zu 96 Monaten bestätigt wurde [8]. Nur etwa 3,6 % der Patienten beendeten die Studie wegen einer unzureichenden Wirkung. Hervorzuheben ist auch das hohe „Drug Survival“ für Tofacitinib, das durchschnittlich 5 Jahre betrug und für die Tofacitinib-Kombinationstherapie und die Monotherapie vergleichbar war [12]. Bestätigt
wird diese hohe Therapieadhärenz auch durch Daten aus dem Schweizer SCQM-Register, die dort über 42 Monate nicht schlechter war als die für TNF-Inhibitoren oder andere Biologika [13]. Sicherheitsdaten über 114 Monate
Für Tofacitinib liegen Sicherheitsdaten aus einer gepoolten Analyse der beiden Langzeitextensionsstudien für bis zu 114 Monaten vor [8]. Insgesamt wurde die Tofacitinib-Therapie gut vertragen. Schwere unerwünschte Ereignisse (SUE) traten unter Tofacitinib 5 mg 2× täglich ± csDMARDs mit einer Rate von 8,7 pro 100 Patientenjahre auf. SUE sind zwar bei Patienten, die unzureichend auf ein oder mehrere Biologika angesprochen haben, häufiger als bei den Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf csDMARDs, insgesamt liegen, wie eine große Metaanalyse zeigt,
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die SUE-Raten von Tofacitinib jedoch in dem Bereich, der auch für Biologika bekannt ist [14, 15]. Dies gilt ebenfalls für die Inzidenz von schwerwiegenden Infektionen, die unter Tofacitinib 5 mg 2× täglich ± cs DMARDs 2,2 pro 100 Patientenjahre betrug. Sie war in allen Studien ähnlich und blieb im Zeitverlauf stabil. Die Inzidenzrate für Herpes Zoster unter Tofacitinib betrug bei Analyse der Daten aller Studien der Phase II und III inklusive der Langzeitextensionsstudien 3,8 Ereignisse pro 100 Patientenjahre. Hierbei handelte es sich in der überwiegenden Zahl der Ereignisse um leichte bis moderate Fälle, bei denen in über 90 % nur ein Dermatom betroffen war. Die Häufigkeit des Auftretens blieb darüber hinaus im Zeitverlauf stabil [16, 17, 18]. Wichtig ist auch die Beachtung regionaler Unterschiede. So war die Inzidenzrate für Herpes Zoster in Europa weitaus niedriger als in Asien [1]. Weitere Risikofaktoren waren die Kombination mit csDMARDs, die zusätzliche Gabe von Glukokortikoiden sowie das Alter der Patienten [19]. Kein vermehrtes Auftreten von malignen Erkrankungen und kardiovaskulären Ereignissen
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei Medikamenten, die das Immunsystem beeinflussen, ist die Überwachung des Auftretens von Krebserkrankungen. Die in den Tofacitinib-Studien aufgetretenen malignen Erkrankungen stimmten (außer dem nicht melanozytären Hautkrebs, NMSC) in Art und Verteilung mit dem Spektrum überein, das bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver RA erwartet werden kann [16, 20]. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Das Auftreten von Malignomen blieb im Zeitverlauf stabil. Ähnlich verhielt es sich mit NMSC und Lymphomen. Beim Vergleich der Inzidenzraten für alle malignen Erkrankungen (außer NMSC) in RCTs und Langzeitstudien mit für die RA zugelassenen Biologika bewegt sich Tofacitinib innerhalb des für diese Substanzklasse bekannten Rahmens [21]. Viele RA-Patienten weisen ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko auf, sodass der Einfluss der RAMedikation auf Lipidwerte von Interesse ist. Tofacitinib kann einen reversiblen Anstieg des LDL- und HDL-Cholesterins induzieren, der nach ca. 6 Wochen einen Höhepunkt erreicht und sich dann stabilisiert [22]. Dennoch war unter Tofacitinib keine erhöhte Rate von schweren kardiovaskulären Ereignissen (MACE) zu beobachten. Die MACE-Rate unter Tofacitinib in Phase-III-Studien war mit der unter Placebo vergleichbar [18]. Laborwerte wie Lymphozyten, Neutrophile, Hämoglobin und Leber-Enzyme sollten bei der Tofacitinib-Therapie überwacht werden. Im CORRONA-Register, das u.a. der Überwachung der Sicherheit von (neu zugelassenen) RA-Medikamenten in den USA dient, zeigten die mit Tofacitinib, Biologika und csDMARDs behandelten RA-Patienten insgesamt eine vergleichbare alters- und geschlechtsbezogene Rate von schweren Infektionen, kardiovaskulären Ereignissen und malignen Erkrankungen [18]. Kein erhöhtes Risiko für thromboembolische Ereignisse
Nachdem für einen JAK-1/2-Inhibitor über ein potenziell erhöhtes Risiko für venöse thromboembolische Ereignisse (VTE) berichtet
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worden war, wurde untersucht, ob ein solches Risiko auch für Tofacitinib besteht [23]. Hierbei zeigte sich weder für die Kombinationsnoch für die Monotherapie eine erhöhte VTE-Inzidenz, wie die Analyse von Sicherheitsdaten aus randomisierten klinischen PhaseII- und -III-Studien bei Patienten mit RA, Colitis ulcerosa, Psoriasis-Arthritis und Plaque-Psoriasis ergab. Weder war die Inzidenz von tiefen Venenthrombosen und Lungenembolien unter Tofacitinib erhöht, noch gab es ein Ungleichgewicht unter Tofacitinib im Vergleich zu Placebo oder zu aktiven Vergleichssubstanzen. Die Inzidenz für Lungenembolien unter Tofacitinib war konsistent zu den Ergebnissen aus dem CORRONA-Register für die Patienten, die Tofacitinib, csDMARDs oder Biologika erhielten. Verbesserung patientenrelevanter Endpunkte
Patientenrelevante Endpunkte wie etwa globales Patientenurteil, Schmerzen, physische Funktion, Fatigue und Lebensqualität wurden in der Studie ORAL Strategy untersucht [24]. Zwischen den 3 Behandlungsarmen (TofacitinibMonotherapie, Tofacitinib + MTX, Adalimumab + MTX) gab es keine signifikanten Unterschiede in der physischen Funktion gemessen mittels Health Assessment Questionnaire Disability Index (HAQDI) nach 6 oder 12 Monaten. Das globale Patientenurteil fiel unter den beiden Kombinationstherapien geringfügig besser aus als unter der Tofacitinib-Monotherapie. Hinsichtlich der Schmerzen wirkte die Tofacitinib-Kombinationstherapie gegenüber der TofacitinibMonotherapie besser. Bei Fatigue
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zeigten sich nach 6, aber nicht nach 12 Monaten Vorteile für die Tofacitinib-Kombinationstherapie gegenüber der AdalimumabKombinationstherapie. Auch die Lebensqualität besserte sich unter den Kombinationstherapien stärker als unter der Monotherapie. Wirksamkeit von Tofacitinib in früheren Therapielinien
Möglicherweise könnte Tofacitinib wirksamer sein, wenn es in früheren Therapielinien und bei Patienten mit kürzerer Krankheitsdauer eingesetzt wird. Diesen Schluss legt eine Post-hoc-Analyse nahe, die sich mit der Wirksamkeit und Sicherheit von Tofacitinib bei Patienten mit unterschiedlichen Therapielinien befasste [26]. Untersucht wurden Patienten, die auf csDMARDs außer MTX (non-MTX csDMARDs), auf MTX und auf Biologika unzureichend angesprochen hatten. Die Wirksamkeit von Tofacitinib war Placebo in allen Patientenpopulationen überlegen. Es wurde ein numerisch höheres klinisches Ansprechen bei Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf non-MTX csDMARD erzielt, verglichen mit den Patienten, die auf MTX und Biologika unzureichend angesprochen hatten. Die Ergebnisse zur Sicherheit bis zu 24 Monaten waren bei allen Patientenpopulationen ähnlich, mit einem Trend zu niedrigeren Inzidenzraten von unerwünschten Ereignissen bei früheren Therapielinien. Allerdings waren die non-MTX csDMARD- und Biologika-Populationen beträchtlich kleiner als die MTX-Population; daher müssen die Unterschiede zwischen den Populationen mit Vorsicht interpretiert werden. Die Ergebnisse © VERLAG PERFUSION GMBH
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legen nahe, dass Tofacitinib einen klinischen Nutzen bei Patienten mit einer Reihe vorausgegangener Therapien hat, aber eine größere Wirksamkeit und ein besseres Nutzen-Risiko-Profil bei Patienten mit begrenzten Vortherapien haben könnte. Elisabeth Wilhelmi, München
Metastasiertes Nierenzellkarzinom (mRCC):
Informationsbroschüre zum Therapiemanagement mit Sunitinib und Axitinib
Literatur 1 Pfizer, data on file 2 Fleischmann R et al. N Engl J Med 2012; 367:495-507 3 Kremer J et al. Ann Intern Med 2013; 159:253-261 4 van der Heijde D et al. Arthritis Rheum 2013;65:559-570 5 van Vollenhoven RF et al. N Engl J Med 2012;367:508-519 6 Burmester GR et al. Lancet 2013;381:451460 7 Lee EB et al. N Engl J Med 2014; 370:2377-2386 8 Wollenhaupt J et al. ACR/ARHP Jahrestagung 2017, Poster 522 9 Yamanaka H et al. Arthritis Res Ther 2016;18:34 10 Fleischmann R et al. Lancet 2017;390: 457-468 11 Reed GW. Oral presentation at EULAR 2017 12 Pope J et al. ACR/ARHP Jahrestagung 2016, Poster 1602 13 Kyburz D et al. ACR/ARHP Jahrestagung 2016, Abstract 1637 14 Tarp S et al. Rheumatology 2017;56:417425 15 Charles-Schoeman et al. Presentation THU0185 at EULAR 2017 16 Cohen S et al. Ann Rheum Dis 2017;0:110 17 Winthrop KL et al. Arthritis Rheumatol 2014;66:2675-2684 18 Kavanaugh A. ACR/ARHP Jahrestagung 2016, Poster 2595 19 Winthrop KL et al. Arthritis Rheumatol 2017;69:1960-1968 20 Curtis JR et al. Ann Rheum Dis 2016; 75:831-841 21 Gomez-Reino et al. Poster THU0196 presented at EULAR 2017 22 Charles-Schoeman C et al. Semin Arthritis Rheum 2016;46:261-271 23 https.www.prenewswire.com/news-releases-lilly-and-incyte-provide-update-on-baricitinib-300493308.html 24 Fleischmann R et al. ACR/ARHP Jahrestagung 2017, oral presentation 1906 25 Van der Heijde D et al. ACR/ARHP Jahrestagung 2017, Poster 533 26 Tesser J et al. ACR/ARHP Jahrestagung 2017, Poster 2493 27 Fachinformation Xeljanz®, Stand: März 2017
Wie ist die Therapie des mRCC zu gestalten, um Patienten möglichst lange bei möglichst guter Lebensqualität behandeln zu können? Worauf ist besonders zu achten? Welche Möglichkeiten gibt es, um hartnäckige Nebenwirkungen in den Griff zu bekommen, ohne dafür ein Medikament absetzen zu müssen, das gute Wirksamkeit zeigt? Diese und weitere Fragen beantwortet eine Broschüre von Pfizer Oncology mit Bezug auf die zielgerichtete mRCC-Therapie mit Sunitinib (Sutent®)* und Axitinib (Inlyta®)**. Unter dem Titel „Therapiemanagement Su tent® und Inlyta® – Empfehlungen aus Literatur und Praxis“ gibt die Servicebroschüre konkrete anwendbare Empfehlungen für das Therapie- und Nebenwirkungsmanagement mit den beiden Tyrosinkinase-Inhibitoren. Grundlage für die praxisnahen Empfehlungen ist eine Auswertung der medizinischwissenschaftlichen Literatur durch ein Gremium erfahrener mRCC* Angezeigt zur Behandlung des mRCC bei Erwachsenen ** Angezeigt zur Behandlung des mRCC bei erwachsenen Patienten nach Versagen einer vorangegangenen Therapie mit Sunitinib oder einem Zytokin
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Experten und deren persönliche Erfahrungen im Umgang mit den beiden Präparaten. Therapie patientenindividuell gestalten
Ziel der 50-seitigen Broschüre ist es, Ärzten konkrete Hilfestellung bei der Anwendung von Sunitinib und Axitinib in der klinischen Praxis zu geben und über effiziente Therapiemanagementstrategien zu informieren. Besonders für die Anwendung von Sunitinib, seit 10 Jahren Erstlinienstandard beim mRCC, gibt es mehrere Möglichkeiten, die Therapie und auftretende Nebenwirkungen praktikabel und flexibel zu managen. Beispielsweise können unerwünschte Therapieeffekte häufig mit bewährten Supportivmaßnahmen effektiv behandelt werden. Lassen sich Nebenwirkungen damit nicht in den Griff bekommen, kann die Therapie unter Sunitinib patientenindividuell angepasst werden. So kann z.B. die Dosis gemäß der individuellen Therapiesituation und Verträglichkeit in 12,5-mgSchritten reduziert werden. Daneben besteht die Möglichkeit, die Dosierung individuell zu unterbrechen: Das empfohlene StandardEinnahmeschema von 4 Wochen täglicher Einnahme von 50 mg Sunitinib, gefolgt von 2 Wochen Therapiepause (4/2-Schema), kann patientenindividuell geändert werden, z.B. auf 2 Wochen Einnahme und 1 Woche Pause (2/1). Ärzte können die Broschüre in gedruckter Form bei ihren PfizerAnsprechpartnern anfordern oder eine interaktive elektronische Version der Broschüre direkt auf dem Pfizer-Onlineportal herunterladen: http://www.pfizermed.de/therapiemanagement-mrcc. E. W. © VERLAG PERFUSION GMBH
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ie Lebensqualität von Patienten mit Riesenzellarteriitis (RZA), der häufigsten Form der Großgefäßvaskulitiden, ist nicht nur durch die Symptome deutlich eingeschränkt. Auch die Therapie mit Glukokortikoiden (GC) kann sich aufgrund deren hohen Nebenwirkungsrisikos negativ auf die Lebensqualität von RZA-Patienten auswirken. Hochdosierte GC sind als Initialtherapie indiziert, für viele Patienten jedoch auch als Dauertherapie unumgänglich. Wegen des Risikos für GCassoziierte Nebenwirkungen wie Katarakt, Infektionen, Osteoporose, Hypertonie und Hyperglykämie sind RZA-Patienten einer hohen Belastung durch die GC-Therapie ausgesetzt [1]. Es empfiehlt sich daher ein sukzessives Absetzen der GC bei gleichzeitig größtmöglicher Krankheitskontrolle, was meist einem Drahtseilakt gleicht.
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Interleukin-6R-Inhibitor Tocilizumab – eine neue Therapieoption für Patienten mit Riesenzellarteriitis Steroidfreie Remission
Dass RZA-Patienten auch ohne GC eine andauernde Remission erreichen, hatte erstmals die GiACTA-Studie gezeigt: Unter der Therapie mit dem Interleukin-6RInhibitor Tocilizumab (RoACTEMRA) initial in Kombination mit GC wiesen zum Studienende nach 52 Wochen signifikant mehr Patienten eine anhaltende Remissi-
on auf als unter GC alleine. Dabei ermöglichte Tocilizumab zudem das Absetzen der Steroide und damit eine steroidfreie Remission [2]. Über die Studiendauer konnte mit Tocilizumab gut die Hälfte der Steroide eingespart werden: Die mittlere kumulative GC-Dosis betrug im Tocilizumab-Studienarm 1862,0 mg versus 3817,5 mg im GC-Studienarm (p < 0,0001) [2].
Abbildung 1: Ergebnis der GiACTA-Studie: Unter Tocilizumab (RoACTEMRA) initial in Kombination mit Glukokortikoiden (GC) verbesserten sich die Werte der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (SF 36 PCS und MCS) bei RZA-Patienten im Vergleich zur alleinigen GC-Therapie. * p < 0,01 versus Placebo + GC-Tapering über 52 Wochen [3]. JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 2/2018 · 27. JAHRGANG
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Verbesserung der Lebensqualität durch Steroidreduktion
Eine aktuelle Analyse der GiACTA-Studie [3] zeigt, dass sich neben der Remissionsinduktion auch die Reduktion der Steroide unter Tocilizumab positiv auf die Lebensqualität von RZA-Patienten auswirkt. Die Verbesserungen bei den patientenrelevanten Parametern zur Erfassung der körperlichen und mentalen Lebensqualität unter Tocilizumab in Kombination mit GC waren nach 52 Wochen statistisch signifikant größer als mit GC alleine (Abb. 1). Zudem erreichten deutlich mehr Patienten unter Tocilizumab den Normwert einer alters- und geschlechtsadjustierten Vergleichsgruppe zu Woche 52. Dies traf auch auf den Parameter zur Erfassung der Fatigue zu: In der Tocilizumab-Gruppe betrug der mittlere FACIT-Fatigue-Wert nach 52 Wochen 42,08 gegenüber 32,62 mit GC. Der Anteil der Patienten, die einen Fatigue-Normwert erreichten, war unter Tocilizumab mit 73,8 % mehr als doppelt so hoch wie im GC-Studienarm (35, 6 %) [3]. Auf Basis der GiACTA-Daten erfolgte im September 2017 die EUZulassung von RoACTEMRA bei RZA [4]. Der IL-6R-Inhibitor ist das erste zugelassene Biologikum bei RZA und die erste Therapieinnovation für RZA-Patienten seit über einem halben Jahrhundert. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur 1 Proven A et al. Arthritis Rheum 2003;49: 703-708 2 Stone JH et al. N Engl J Med 2017;377: 317-328 3 Strand V et al. ACR-Kongress 2017, oral Presentation #892 4 Fachinformation RoACTEMRA s.c., Stand: September 2017
Vedolizumab in der Langzeittherapie von Colitis ulcerosa und Morbus Crohn
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ie Behandlung der chronisch-entzündlichen Darm erkrankungen Colitis ulcerosa (CU) und Morbus Crohn (MC) stellt Arzt und Patient häufig vor große Herausforderungen. Um eine anhaltende Remission und eine Mukosaheilung zu erreichen, ist eine effektive und generell gut verträgliche Therapie sinnvoll, die frühzeitig und als Langzeitanwendung eingesetzt werden kann. Eine wichtige Option in der Therapie von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) ist der Integrin-α4β7-Antagonist Vedolizumab (Entyvio®). Vedolizumab blockiert spezifisch das zelluläre Adhäsionsmolekül α4β7-Integrin, das bevorzugt auf in die Darmwand eindringenden Lymphozyten exprimiert wird, und wirkt damit darmselektiv [1]. Therapieziel ist die Langzeitstabilität des Patienten
Colitis ulcerosa und Morbus Crohn sind chronische Erkrankungen, die durch eine anhaltende oder rezidivierende Entzündung mit progressiver Zerstörung der Darmstruktur gekennzeichnet sind. Das vorrangige Therapieziel bei CU und MC ist die Wiederherstellung der Lebensqualität, die sich allerdings
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langfristig nur durch eine klinische Remission und weitgehende Mukosaheilung erreichen lässt [2]. Der frühzeitige und häufigere Einsatz von Immunsuppressiva und Biologika kann wahrscheinlich zu einer Verringerung der Anzahl chirurgischer Eingriffe führen [3]. Bei der Therapieentscheidung sollte man daher immer auch das Langzeitergebnis, also die Aufrechterhaltung der klinischen Remission, im Blick behalten und eine effektive und generell gut verträgliche Therapie wählen, die frühzeitig und am besten auch als Erhaltungstherapie eingesetzt werden kann, wie z.B. Vedolizumab. Studien bestätigen Langzeitwirksamkeit von Vedolizumab
Seit 2014 ist Vedolizumab in Europa zugelassen für erwachsene Patienten mit mittelschweren bis schweren aktiven Formen von CU und MC, bei denen konventionelle Therapien oder TNF-αAntagonisten versagt haben, die darauf nur unzureichend ansprechen oder bei denen eine Unverträglichkeit vorliegt [1]. Die Wirksamkeit des Integrin-α4β7Antagonisten wurde in den GEMINI-Studien 1–3 nachgewiesen [4, © VERLAG PERFUSION GMBH
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5, 6]. Neue Analysen der GEMINIund GEMINI-Extensionsstudien [7, 8] sowie Real-World-Daten [9] bestätigen nun auch dessen Langzeitwirksamkeit und -sicherheit bei CU und MC. Von den CU-Patienten, die in den GEMINI-Studien über 152 Wochen durchgehend mit Vedolizumab behandelt wurden, befanden sich zu diesem Zeitpunkt der Datenerhebung 93 % in klinischer Remission [7]. Ein ähnliches Ergebnis zeigten sich bei den MC-Patienten: Nach 152 Wochen kontinuierlicher Vedolizumab-Therapie lag die Remissionsrate dieser Population bei 89 % [8]. Eine zusätzliche Analyse zeigte keinen entscheidenden Unterschied bei der klinischen Remission in Woche 152 zwischen Patienten mit oder ohne TNF-α-Vorbehandlung [8]. In den genannten Studien wurden nur Patienten mit verfügbaren Daten ausgewertet. Günstiges Risiko-Nutzen-Profil auch in der Langzeittherapie
Die für die Erhaltungstherapie gewählte Option sollte nicht nur effektiv, sondern auch sicher sein. In einer Sicherheitsanalyse über einen Zeitraum von bis zu 5 Jahren wurde die Sicherheit von Vedolizumab auch für die Langzeitbehandlung von CU und MC untersucht [10]. Dafür wurden die Sicherheitsdaten von 6 klinischen Phase-II- und Phase-III-Studien (GEMINI 1–3 und GEMINI LTS) mit insgesamt 2932 Patienten ausgewertet. 2830 dieser Patienten hatten mindestens eine Dosis Vedolizumab erhalten. In der Analyse wurde die Inzidenz von unerwünschten Ereignissen und schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen auf die Anzahl der Patienten mit Ereignis pro 100 Patientenjahre hochge-
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Vedolizumab
Placebo
Anzahl der unerwünschten Ereignisse pro 100 Patientenjahre Jedes unerwünschte Ereignis
247,8
419,4
Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse
20,0
28,3
Gastrointestinale unerwünschte Ereignisse
59,8
114,5
Jede Infektion
63,5
82,9
Atemwegsinfektionen
28,6
34,7
Tabelle 1: Die Sicherheitsdaten aus 6 klinischen Studien bestätigen das günstige Sicherheitsund vorteilhafte Nutzen-Risiko-Profil von Vedolizumab (Entyvio)® bei 2932 CED-Patienten in der Langzeittherapie: Im Vedolizumab-Behandlungsarm traten weniger unerwünschte Ereignisse auf als unter Placebo [10].
rechnet. Dokumentiert wurde auch das Auftreten von progressiver multifokaler Leukoenzephalopathie, schweren systemischen Infektionen und Malignomen. Die Analyse bestätigte das günstige Sicherheitsprofil von Vedolizumab: Unter der Behandlung mit dem darmselektiven Integrinα4β7-Antagonisten traten weniger unerwünschte Ereignisse pro 100 Patientenjahre auf als unter Placebo (Tab. 1). Außerdem zeigte sich kein signifikant erhöhtes Risiko für schwere systemische Infektionen, Infusionsreaktionen oder maligne Erkrankungen [10]. Das Nebenwirkungsrisiko wurde auch nicht durch die Therapiedauer beeinflusst [11]. Darüber hinaus wurde in einer Studie nachgewiesen, dass der Einsatz von Vedolizumab auch bei älteren CED-Patienten gleichermaßen wirksam und sicher ist, was für den klinischen Alltag von großer Bedeutung ist [12]. Das in den Zulassungsstudien beobachtete Sicherheitsprofil von Vedolizumab bestätigte sich mittlerweile auch in der Analyse von 6 Real-Life-Kohorten [9]. Fazit
Die inzwischen vorliegenden Studien- und Real-World-Daten sowie
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das günstige Sicherheitsprofil auch in der Langzeitanwendung machen Vedolizumab zu einer wichtigen, frühzeitig einsetzbaren Therapieoption bei erwachsenen Patienten mit mittelschweren bis schweren aktiven Formen von CU und MC. Bereits 2016 wurde Vedolizumab als neue Option in der CED-Behandlung in die europäischen Leitlinien für CU [13] und MC [14] aufgenommen. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur 1 Fachinformation Entyvio®, Stand: November 2015 2 Peyrin-Biroulet L et al. Am J Gastroenterol 2015;110:1324-1338 3 Burisch J et al. Scand J Gastroenterol 2015;50:942-951 4 Feagan BG et al. N Engl J Med 2013;369: 699-710 5 Sandborn WJ et al. N Engl J Med 2013; 369:711-721 6 Sands BE et al. Gastroenterology 2014; 147:618-627 7 Loftus EV jr. et al. J Crohns Colitis 2017; 11(Suppl.):S182-S183 8 Vermeire S et al. J Crohns Colitis 2017; 11(Suppl.):S39 9 Bye WA et al. Aliment Pharmacol Ther 2017;46:3-15 10 Colombel JF et al. Gut 2017;66:839-851 11 Colombel JF et al. Gut 2017;66:839-851; Supplementary Data. http://gut.bmj.com/ content/gutjnl/suppl/2016/02/17/ gutjnl-2015-311079.DC1/gutjnl-2015311079supp.pdf 12 Yajnik V et al. Adv Ther 2017;34:542-559 13 Harbord M et al. J Crohns Colitis 2017; 11:769-784 14 Gomollón F et al. J Crohns Colitis 2017; 11:3-25 © VERLAG PERFUSION GMBH
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Eine Reise durch den Magen-Darm-Trakt Die Gastroenterologie einschließlich der Hepatologie hat in den letzten Jahren wesentliche Fortschritte erfahren. Die alle 2 Jahre stattfindende GastroenterologieSeminarwoche Titisee gab auch diesmal einen organbezogenen umfassenden Überblick über die neuesten Entwicklungen bei der Diagnostik und Therapie gastroenterologischer Erkrankungen, und dies in erster Linie unter dem Aspekt ihres Nutzens für den praktischen Alltag. Topische Steroide bei der eosinophilen Ösophagitis
Bei der eosinophilen Ösophagitis handelt es sich um eine immunvermittelte chronische Entzündung der Speiseröhre, die zu Strikturen führen kann. „Die Inzidenz dieser Erkrankung nimmt zu, wobei alle Altersgruppen betroffen sind“, berichtete Professor Stephan Miehlke, Hamburg. Leitsymptome sind die Dysphagie und die Bolusobstruktion, aber auch eine Odynophagie oder Sodbrennen können auftreten. Die Diagnose wird gesichert durch die Endoskopie mit Biopsien. Typische endoskopische Befunde sind das weißliche Exsudat, Längsfurchen, Schleimhaut ödem, Ringe und Strikturen. Therapie der Wahl sind topische Kortikosteroide wie Budesonid oder Fluticason. Die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Substanzen ist in Studien gut belegt, wobei die Remissionsraten unter Budesonid etwas höher lagen. Für Budesonid wurde jetzt eine Ösophagus-spe-
zifische Darreichungsform entwickelt. Mit der neuen Schmelztablette konnten in ersten Studien nach einer 2-wöchigen Therapie mit einer Dosis von 2× 1 mg histologische Remissionsraten von 100 % erreicht werden. Nur 5 % der Patienten entwickelten unter dieser Therapie eine leichte und gut behandelbare ösophageale Candidiasis. CED: Etablierte und neue Therapieansätze
Das Spektrum der therapeutischen Möglichkeiten beim Morbus Crohn hat sich in den letzten Jahren stark erweitert. Zu den bewährten und etablierten Substanzen wie den Steroiden, Mesalazin (Salofalk®), den klassischen Immunsuppressiva Azathioprin (Azafalk®) und Methotrexat sowie den TNF-alpha-Blockern sind innovative Substanzen gekommen. Dazu gehören der Integrin-Antagonist Vedolizumab und der Anti-p40Antikörper Ustekinumab, der die beiden proinflammatorischen Zytokine IL-12 und IL-23 hemmt. „In den Leitlinien werden die klassischen Immunsuppressiva Azathioprin und Methotrexat weiterhin als Immunsuppressiva der ersten Wahl bei Morbus-Crohn-Patienten, die rezidivierende Schübe haben oder eine anhaltende Aktivität zeigen, empfohlen“, erläuterte Professor Andreas Stallmach, Jena. Gerade bei jüngeren Patienten, die ihre Familienplanung noch nicht abgeschlossen haben, ist die Gabe von Azathioprin unproblematisch. Bei älteren Patienten sollte man aber etwas zurückhaltender sein, da in dieser Altersgruppe ein erhöhtes Risiko für Lymphome und Nicht-Melanom-Hautmalignome besteht.
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Für den Einsatz eines TNF-alphaAntikörpers sprechen die schnelle Wirksamkeit und die gute Wirkung bei Fisteln. Auch kann eine solche Substanz in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Ustekinumab empfiehlt sich vor allem für Patienten mit Anti-TNF-induzierten Hauterscheinungen. Bei dem Anti-Integrin Vedolizumab setzt die Wirkung langsamer ein, aber das Nebenwirkungsprofil ist günstig. Erhöhte Leberwerte: Auch an eine AIH denken!
Die autoimmune Hepatitis (AIH) ist eine seltene Erkrankung. „Doch die Inzidenz und Prävalenz steigen – aber nicht nur, weil häufiger an diese Erkrankung gedacht wird“, so Professor Ansgar W. Lohse, Hamburg. Die AIH kann in jedem Lebensalter, sogar bei über 80-Jährigen auftreten. Doch bei älteren Patienten werde bei einer Erhöhung der Leberwerte zunächst immer der Alkohol oder Medikamente angeschuldigt, was nicht selten zu einer Fehldiagnose führt. „Bei einer unklaren Hepatopathie sollte deshalb immer auch an eine AIH gedacht werden“, betonte Lohse. Das entscheidende diagnostische Kriterium für die AIH ist die selektive Erhöhung des IgG, die sich bei über 90 % der betroffenen Patienten findet. Dazu kommt der Nachweis von Auto-Antikörpern wie ANA, SMA und LKM, die jedoch nur bei jedem vierten Patienten nachweisbar sind. Eine Virushepatitis sollte aber immer ausgeschlossen werden. Bewiesen wird die Diagnose durch die Leberbiopsie, die laparoskopisch erfolgen sollte, da bei einem Teil der Patienten bereits eine grobknotige Leberzirrhose vorliegt, die bei einer Blindpunktion nicht immer getroffen wird. © VERLAG PERFUSION GMBH
KONGRESSE
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Budesonid bei Problemen mit Prednisolon oder Azathioprin
Das primäre Therapieziel bei der AIH ist eine Remissionsinduktion. Es konnte gezeigt werden, dass eine biochemische Remission nicht nur die Fibroseentwicklung stoppt, sondern dass bei Patienten mit einer bereits bestehenden Fibrose sogar eine Regression stattfindet. Medikament der Wahl bei der Induktionstherapie sind Steroide. Bei entsprechendem Transaminasenabfall sollte die Dosis stufenweise reduziert werden und ab 30 mg sollte Azathioprin zusätzlich gegeben werden. Bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für Steroid-Nebenwirkungen ist Budesonid (Budenofalk®) in Kombination mit Azathioprin eine mögliche Alternative. Budesonid darf allerdings nur bei Patienten ohne Leberzirrhose eingesetzt werden. Bei Azathioprin-Unverträglichkeit bzw. Kontraindikationen muss die Remissionsinduktion mit einer Prednisolon- bzw. Budesonid-Monotherapie erfolgen. In der Regel folgt nach Erreichen der Remission eine remissionserhaltende Therapie mit Azathioprin, die wegen des hohen Rezidivrisikos lebenslang durchgeführt werden sollte. Ein Auslassversuch ist nur bei einer mindestens 2 Jahre anhaltenden kompletten biochemischen und histologischen Remission zu vertreten. Bei Unverträglichkeit oder unzureichender Wirkung von Azathioprin sind Mycophenolat-Mofetil oder bei Patienten ohne Leberzirrhose auch Budesonid Alternativen für die Langzeit therapie. Fabian Sandner, Nürnberg Quelle: XVII. Gastroenterologie-Seminarwoche Titisee der Falk Foundation e.V., 24.– 28. Februar 2018
Leber-Darm-MikrobiomInteraktionen:
Auf dem Weg zur personalisierten Ernährungstherapie Erkrankungen von Leber und Darm sind enger miteinander verbunden, als lange angenommen. Bindeglied ist offenbar das Mikrobiom, wobei die Interaktionen komplex sind und auch Reaktionen des Immunsystems sowie eine genetische Suszeptibilität umfassen. Die Analyse der Zusammenhänge dürfte klinisch relevant sein und könnte zu völlig neuen Konzepten hinsichtlich einer Ernährungstherapie und der Behandlung von Leber- und Darmerkrankungen führen, erklärte Professor Samuel Huber, Hamburg, als einer der wissenschaftlichen Organisationen eines Workshops der Falk Foundation e.V. in Hamburg. „Durch personalisierte, auf der Zusammensetzung des individuellen Mikrobioms basierende Ernährungsempfehlungen kann der Stoffwechsel wahrscheinlich positiv beeinflusst werden“, betonte Huber. Die personalisierte Ernährungstherapie könnte damit neue erfolgversprechende therapeutische Ansätze beispielsweise bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und/oder der Fettleber eröffnen. Enge Assoziation zwischen Leber und Darm
Gut dokumentiert ist die enge Assoziation zwischen Leber und Darm bei der Colitis ulcerosa und der primär sklerosierenden Chol angitis, die sich überproportional häufig parallel bei einem Patienten manifestieren. Laut Professor Markus Neurath, Erlangen, scheint
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auch bei anderen Erkrankungen von Leber und Darm ein direkter Zusammenhang zu bestehen. Nach derzeitigen Erkenntnissen ist das Phänomen durch eine unkontrollierte Aktivierung des mukosalen Immunsystems im Darm bei entsprechend prädisponierten Patienten bedingt. Diese Aktivierung scheint durch Antigene der Darmflora ausgelöst zu werden. Verschiedene Faktoren wie etwa das Rauchen, Infektionen, die Einnahme von Antibiotika und/oder nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) können die Interaktion beeinflussen, so Neurath. Mikrobiom – Trigger für metabolische und immunologisch bedingte Erkrankungen
Als Konsequenz kann eine Störung der Barrierefunktion der Mukosa resultieren, gefolgt von einer bakteriellen Translokation und einer unkontrollierten Aktivierung des Immunsystems: Diese kann Ausgangspunkt für eine intestinale Inflammation und der Entwicklung von Lebererkrankungen bis hin zur Leberzirrhose sein und somit auch einem hepatozellulären Karzinom Vorschub leisten. Das Mikrobiom scheint somit Dreh- und Angelpunkt für die Entwicklung unterschiedlicher Erkrankungen zu sein, wie Professor Stephan C. Bischoff, Stuttgart, darlegte: „Es kann damit zwangsläufig als neues Target zur Behandlung metabolischer und inflammatorischer Erkrankungen fungieren.“ Das Mikrobiom wird wesentlich durch das Ernährungsverhalten bestimmt. Was wir an Nahrung zu uns nehmen, kann somit in Abhängigkeit von der individuellen Zusammensetzung des Mikrobioms immunologisch und © VERLAG PERFUSION GMBH
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KONGRESSE
metabolisch bedingte Krankheiten induzieren und unterhalten. Die Darmflora unterliegt einem zirkadianen Rhythmus
Dabei ist nicht nur wichtig, was wir essen. Es ist offenbar auch von Bedeutung, wann wir essen. Das Mikrobiom unterliegt ebenso wie der gesamte Organismus einem speziellen zirkadianen Rhythmus. Reguliert wird die Funktion der Darmflora zum einen durch die innere Uhr des jeweiligen Organismus, zum anderen aber auch durch den Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme. „Die Funktion der Darmflora kann daher tagsüber anders sein als in der Nacht“, erläuterte Professor Eran Elinav, Rehovot/ Israel, die Konsequenz. Adipös, weil das Mikrobiom aus dem Takt gerät?
Belegt wurde dies im Mausmodell. Die Erkenntnisse dürften von hoher Relevanz für den Menschen sein, insbesondere für all jene, bei denen der zirkadiane Rhythmus immer wieder durch äußere Faktoren gestört wird. „Dazu gehören vor allem Schichtarbeiter und Personen, die häufig Zeitzonen durchfliegen und damit immer wieder ein Jetlag erleben“, so Elinav. Das erklärt Beobachtungen, wonach diese Personen ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Adipositas, eines Diabetes und einer Fettlebererkrankung haben. Das Mikrobiom scheint beim Aufschluss der Nahrung abhängig von der zirkadianen Rhythmik unterschiedlich aktiv zu sein. Allerdings wird die Darmflora nicht nur von endogenen und exogenen Faktoren beeinflusst. Sie
hat wahrscheinlich ihrerseits über Signalmoleküle auch direkt Einfluss auf die Funktion von Leber und Darm. „Die neuen Erkenntnisse sollten nicht zu einem Hype in puncto Mikrobiom führen“, so Huber. Es ist nach seiner Ansicht aber gerechtfertigt und wichtig, die Zusammenhänge genauer zu analysieren: „Die bisherigen Standardempfehlungen bei der Ernährungsberatung haben sich als wenig erfolgreich erwiesen. Durch ein besseres Verständnis der Leber-Darm-Mikrobiom-Interaktionen können wir wahrscheinlich auf Basis der Testung des jeweiligen Mikrobioms personalisierte Ernährungsempfehlungen erarbeiten und so den Stoffwechsel im Einzelfall optimal beeinflussen.“ Individuell unterschiedliche „perfekte Ernährung“
Die vorliegenden Befunde haben derzeit noch keine bevölkerungsweiten Konsequenzen, aber es laufen bereits prospektive Studien, die die Zusammenhänge untersuchen. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass es wohl für jeden Menschen eine unterschiedliche „perfekte Ernährung“ gibt. So kann es durchaus sein, dass in Abhängigkeit vom Mikrobiom Salat oder Geflügel ungünstig oder aber besonders günstig für den Stoffwechsel sind. Das Gleiche gilt für viele andere Lebensmittel, insbesondere für Kohlenhydrate. „Wir werden sicher künftig zu personalisierten Ernährungsempfehlungen abhängig vom individuellen Mikrobiom kommen“, so Huber. „Es ist zu erwarten, dass wir konkret wissen werden, welche Nahrungsmittel im Einzelfall empfehlenswert sind und wovon abzuraten ist. Damit dürften für
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viele Menschen unnötige diätetische Restriktionen entfallen und es kann individuell leichter werden, eine gesündere Ernährung zu realisieren“. Zugleich lässt sich mit personalisierten Ernährungsempfehlungen wahrscheinlich das Risiko der Manifestation einer Adipositas, eines metabolischen Syndroms sowie allgemein von Leber- und Darmerkrankungen reduzieren. Fabian Sandner, Nürnberg
ASCO GI 2018:
Aktuelle Daten zur Zweitlinientherapie des mCRC mit Aflibercept In der Therapie von Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom hat sich das humane, rekombinante Fusionsprotein Aflibercept (Zaltrap®) in Kombination mit FOLFIRI als wirksame Behandlungsoption nach Oxaliplatinhaltiger Vortherapie etabliert. Im Rahmen eines Pressegespräches anlässlich des ASCO GI in San Francisco präsentierte Professor Sebastian Stintzing, München, aktuelle Daten zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Aflibercept. Blockade der Liganden von VEGF-A, VEGF-B sowie PIGF
„Bei Patienten mit metastasiertem kolorektalen Karzinom (mCRC) ist für die Wahl der Zweitlinientherapie die Beobachtung relevant, dass sich das Spektrum proangiogener Faktoren unter der Erstlinientherapie und vor der Progression verändert“, erläuterte Stintzing. Insbesondere kommt es zu einem Anstieg von PlGF (Pla© VERLAG PERFUSION GMBH
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cental Growth Factor) und VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor). Dies ist laut Stintzing eine Rationale für den Einsatz des antiangiogen wirkenden Antikörpers Aflibercept, der spezifisch die Liganden des VEGF-A, VEGF-B sowie PIGF blockiert und damit die Aktivierung des Rezeptors verhindert. „Vor diesem Hintergrund ist ein Wechsel der Kombinationstherapie von Bevacizumab/FOLFOX nach Versagen der Erstlinie gegen Aflibercept/FOLFIRI zweckmäßig“, konstatierte der Onkologe. Überlebensvorteil in allen Subgruppen
In der für die Zweitlinientherapie des mCRC zulassungsrelevanten Phase-III-Studie VELOUR hatten die Studienteilnehmer unter der Behandlung mit Aflibercept plus FOLFIRI (5-Fluorouracil, Folinsäure, Irinotecan) ein medianes Gesamtüberleben (OS) von 13,5 Monaten im Vergleich zu 12,1 Monaten unter Placebo plus FOLFIRI erreicht. Dies entsprach einer Risikoreduktion um 16 % zugunsten der Behandlung mit Aflibercept (HR: 0,817; 95%-KI: 0,713 – 0,937; p = 0,0032). Der Überlebensvorteil wurde konsistent in allen vordefinierten Subgruppen beobachtet. „Kürzlich konnte eine weitere, retrospektive Analyse der VELOURDaten zeigen, dass die Effektivität von Aflibercept möglicherweise besonders hoch bei Patienten ist, bei denen eine BRAF-Mutation (HR: 0,42) vorliegt“, berichtete Stintzing. Insgesamt wurden 482 Gewebeproben, für die RNADaten vorlagen, innerhalb der sogenannten Biomarker-Analyse ausgewertet; 36 Patienten davon hatten eine BRAF-Mutation.
Abbildung 1: Die auf der Hybrid-Capture basierende NEOonsite-Technologie ermöglicht die molekularpathologische Analytik solider Tumoren komplett von der Probenvorbereitung bis zum Befund.
Die Ergebnisse der BiomarkerSubgruppenanalyse waren repräsentativ für die gesamte Intentto-Treat-Population (n = 1226). Neben den BRAF-mutierten Patienten scheinen auch die RAS- bzw. KRAS-Wildtyp Patienten besonders deutlich (HR: 0,70 bzw. 0,74) zu profitieren. Elisabeth Wilhelmi, München
NEOonsite – eine Technologieplattform für die molekulare Tumoranalytik Personalisierte, auf die individuellen Tumorcharakteristika eines Patienten abgestimmte Therapiekonzepte haben der Onkologie neue, effektive Behandlungsoptionen eröffnet: Zielgerichtete Krebsmedikamente nutzen spezifische Gen-
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veränderungen eines Tumors als Angriffspunkte, sodass sie zur effektiven und nebenwirkungsarmen Therapie eingesetzt werden können. Da diese Medikamente jedoch nur bei Patienten wirksam sind, deren Tumor die entsprechende Genveränderung trägt, müssen für eine optimale Therapieplanung die molekularen Tumoreigenschaften noch vor Behandlungsbeginn analysiert werden. Erst wenn der genomische Marker, z.B. die EGFR T790M-Resistenzmutation beim Lungenkrebs, die BRAF-Mutation beim Melanom oder BRCA-Mutationen beim Ovarialkarzinom, identifiziert ist, kann die für den Patienten bestmögliche Therapie initiiert werden. Bei der Identifizierung prädiktiver Marker stößt die konventionelle Diagnostik jedoch zunehmend an ihre Grenzen: Sie dauert oft lange und benötigt zudem häufig mehr Tumormaterial, als im Rahmen einer Biopsie gewonnen werden kann. Denn die zu analysierenden © VERLAG PERFUSION GMBH
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Marker können auf unterschiedlichen DNA-Veränderungen (Punktmutatuionen, Insertionen, Deletionen, Translokationen, Amplifikationen) beruhen, die jeweils individuelle Nachweismethoden wie z.B. die Immunhistochemie (IHC) oder Fluoreszenz-in-situHybridisierung (FISH) erfordern. Qualitätsgesicherte HybridCapture-Analytik für die lokale Routinediagnostik
Mit dem Verfahren des HybridCapture-basierten Next Generation Sequencing (NGS) ist es mittlerweile möglich, auch komplexen
Genveränderungen zeitsparend parallel zu analysieren. Eine qualitätsgesicherte Komplettlösung bietet die von NEO New Oncology entwickelte innovative Technologieplattform NEOonsite. Sie ermöglicht die umfassende Diagnostik solider Tumorerkrankungen und hämatologischer Erkrankungen. An klinischem Routinematerial (wie z.B. FFPE, Zytologien, Beckenkamm oder Blut) können parallel therapeutisch relevante Punktmutationen, Amplifikationen, Insertionen, Deletionen und Translokationen mit hoher Sensitivität detektiert werden. NEOonsite umfasst dabei einen für die Routinediagnostik optimierten
Laborprozess sowie CE-konforme Hybrid-Capture-Reagenzien in Kombination mit einer qualitätsgesicherten bioinformatischen Datenauswertung. Eine benutzerfreundliche Software zur Datenvisualisierung unterstützt den Pathologen bei der Dateninterpretation nach aktuellen wissenschaftlichen Standards. Der gesamte Prozess der Probenanalytik, Datenauswertung und Befundung liegt somit in der Hand des durchführenden molekularpathologischen Labors (Abb. 1). Weitergehende Informationen zu NEOonsite erhalten Sie unter www.newoncology.com. B. S.
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Herausgeber: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, FBK Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Univ.-Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Leiter Bereich Kardiologie RZP Potsdam und Geschäftsführer BBGK e.V. Berlin Konstanzer Straße 61 10707 Berlin Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. M. Alexander, Infektiologie, Berlin Prof. Dr. L. Beck, Gynäkologie, Düsseldorf Prof. Dr. Berndt, Innere Medizin, Berlin Prof. Dr. H.-K. Breddin, Innere Medizin, Frankfurt/Main Prof. Dr. K. M. Einhäupl, Neurologie, Berlin Prof. Dr. E. Erdmann, Kardiologie, Köln Prof. Dr. Dr. med. E. Ernst, University of Exeter, UK Prof. Dr. K. Falke, Anästhesiologie, Berlin Prof. Dr. K. Federlin, Innere Medizin, Gießen Prof. Dr. E. Gerlach, Physiologie, München Prof. Dr. H. Helge, Kinderheilkunde, Berlin Prof. Dr. R. Herrmann, Onkologie, Basel Prof. Dr. W. Jonat, Gynäkologie, Hamburg Prof. Dr. H. Kewitz, Klin. Pharmakol. Berlin Prof. Dr. B. Lemmer, Pharmakologie, Mannheim/Heidelberg
Prof. Dr. med. R. Lorenz, Neurochirurgie, Frankfurt Prof Dr. J. Mann, Nephrologie, München Dr. med. Veselin Mitrovic, Kardiologie, Klinische Pharmakologie, Bad Nauheim Prof. Dr. R. Nagel, Urologie, Berlin Prof. Dr. E.-A. Noack, Pharmakologie, Düsseldorf Prof. Dr. P. Ostendorf, Hämatologie, Hamburg Prof. Dr. Th. Philipp, Innere Medizin, Essen Priv.-Doz. Dr. med. B. Richter, Ernährung – Stoffwechsel, Düsseldorf Prof. Dr. H. Rieger, Angiologie, Aachen Prof. Dr. H. Roskamm, Kardiologie, Bad Krozingen Prof. Dr. E. Rüther, Psychiatrie, Göttingen Prof. Dr. med. A. Schrey, Pharmakologie, Düsseldorf Dr. Dr. med. C. Sieger, Gesundheitspolitik u. Gesundheitsökonomie, München Prof. Dr. E. Standl, Innere Medizin, München Prof. Dr. W. T. Ulmer, Pulmologie, Bochum Schriftleitung: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, FBK Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Telefon: 037437 557-0 Bibliothek: 037437 2214 [Library] E-Mail DIG: info@d-i-g.org E-Mail persönlich: k.l.resch@d-i-g.org
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Zeit zum Leben
Bewährt als Erstlinientherapie beim mCRPC* ‒ s * : A m G res i 1 ,a I C g o h P T s ZY t auc mHS rogres hen Pr z sc -P Jetrisiko m PSA iografi ch bis zu um rad n1, ** o e z H it ®
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NEU Hochrisiko-mHSPC: Hochrisiko-hormonsensitives metastasiertes Prostatakarzinom; mCRPC: Kastrationsresistentes metastasiertes Prostatakarzinom * ZYTIGA® ist indiziert mit Prednison oder Prednisolon: • zur Behandlung des neu diagnostizierten Hochrisiko-metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinoms (mHSPC) bei erwachsenen Männern in Kombination mit Androgenentzugstherapie (androgen deprivation therapy, ADT). • zur Behandlung des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC) bei erwachsenen Männern mit asymptomatischem oder mild symptomatischem Verlauf der Erkrankung nach Versagen der Androgenentzugstherapie, bei denen eine Chemotherapie noch nicht klinisch indiziert ist. • zur Behandlung des mCRPC bei erwachsenen Männern, deren Erkrankung während oder nach einer Docetaxel-haltigen Chemotherapie progredient ist. ** Das relative Risiko zu versterben war für die Abirateron + Prednison + ADT-Gruppe um 38% geringer als für die Placebos + ADT-Gruppe. a Der PSA-Progress war definiert als sekundärer Endpunkt der LATITUDE-Studie 1. Fizazi K et al. Abiraterone plus Prednisone in Metastatic, Castration-Sensitive Prostate Cancer. N Engl J Med. 2017; Jul 27;377(4):352–360. ZYTIGA® 500 mg Filmtabletten. Wirkstoff: Abirateronacetat. Zusammensetz.: Jede Filmtabl. enth. 500 mg Abirateronacetat. Sonst. Bestandt.: Siliciumdioxid-beschichtete mikrokristalline Cellulose, Croscarmellose-Natrium, Hypromellose 2910 (15 mPa.S), Lactose-Monohydrat, Magnesiumstearat, hochdisperses Siliciumdioxid, Natriumdodecylsulfat; Filmüberzug: Eisen(II,III)-oxid (E172), Eisen(III)-oxid (E172), Macrogol 3350, Poly(vinylalkohol), Talkum, Titandioxid. Anw.geb.: Zusammen m. Prednison od. Prednisolon; z. Bhdlg. des neu diagnostiz. Hochrisiko-metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinoms (mHSPC) b. erwachs. Männern in Komb. m. Androgenentzugsther. (androgen deprivation therapy, ADT) u. des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC) b. erwachs. Männern m. asympt. od. mild sympt. Verlauf d. Erkr. nach Versagen d. Androgenentzugsther., b. denen e. Chemother. noch nicht klin. indiz. ist sowie z. Bhdlg. d. mCRPC b. erwachs. Männern, deren Erkr. währ. od. nach e. Docetaxel-halt. Chemother. progredient ist. Gegenanz.: Überempfindl. gg. Abirateronacetat od. einen d. sonst. Bestandt.; schwere Leberfunkt.störg. (Child-Pugh-Klasse C); nicht z. Anw. b. Frauen sowie b. Kindern u. Jugendl.. Nebenwirk.: Sehr häufig (≥ 1/10); Häufig (≥ 1/100) bis < 1/10); Gelegentlich (≥ 1/1.000 bis < 1/100); Selten (≥ 1/10.000, < 1/1.000); Nicht bekannt (Häufigk. auf Grundlage d. verfügb. Daten nicht abschätzbar). Sehr häufig: Harnwegsinfekt., Hypokaliämie, Hypertonie, Diarrhö, periph. Ödeme, erhöhte Alaninaminotransferase u./od. erhöhte Aspartataminotransferase (ALT, AST, abnorm. Leberfunkt.). Häufig: Sepsis, Hypertriglyceridämie, Herzinsuff. (auch kongest. Herzinsuff., linksventrik. Dysfunkt. u. vermind. Ejektionsfraktion), Angina pect., Vorhofflimmern, Tachykardie, Dyspepsie, Hautausschlag, Hämaturie, Frakturen (Osteoporose u. alle Frakturen m. Ausn. d. patholog. Frakturen). Gelegentlich: Andere Arrhythmien, Nebenniereninsuff., Myopathie, Rhabdomyolyse. Selten: allerg. Alveolitis, fulminante Hepatitis, akut. Leberversagen. Nicht bekannt: Myokardinfarkt, QT Verlängerung. Warnhinw. u. Vorsichtsmaßn. für d. Anw.: Arzneim. f. Kdr. unzugängl. aufbewahren; b. Geschlechtsverkehr m. e. Schwangeren ist ein Kondom erforderl.; b. Geschlechtsverkehr m. e. Frau im gebärfähigen Alter ist ein Kondom u. gleichz. e. and. zuverlässige Verhütungsmethode erforderl.; bes. Vors. bei: Pat. m. hohem Blutdruck, Herzschwäche, niedrigem Blutkaliumspiegel (QT Verlängerung wurde b. Pat. m. Hypokaliämie unter ZYTIGA® beob.), and. Herzprobl. od. Probl. m. Blutgefäßen i. d. Anamnese, b. Pat. m. hohem Blutzucker od. m. mäßiger Leberfunkt.störg.: nach Markteinf. selt. Berichte üb. akut. Leberversagen u. fulminante Hepatitis, einige m. tödl. Ausg.; b. Pat., d. währ. d. Bhdlg. e. schwere Hepatotoxizität entwickeln (ALT od. AST 20 fach üb. d. ULN) muss d. Bhdlg. abgebr. u. d. Pat. dürfen nicht erneut bhdlt. werden; b. Pat. m. schwerer Nierenfunkt.störg., beim Absetzen v. Prednison od. Prednisolon; b. Männern m. metastasiertem Prostatakarzinom können sex. Funkt.störg. u. Anämien auftreten ( jeweils einschl. derer unter Bhdlg. m. ZYTIGA®); ZYTIGA® darf nicht zusammen m. Nahrungsmitteln eingenommen werden (mind. 2 Std. vor Einn. d. Tabl. u. mind. 1 Std. nach Einn. d. Tabl. soll keine Nahrungsaufnahme erfolgen); ZYTIGA® in Kombin. m. Prednison od. Prednisolon kann d. Vermind. d. Knochendichte verstärken; b. Pat., d. zuvor wg. e. Prostatakarzinoms m. Ketoconazol bhdlt. wurden, könnten gering. Response-Raten auftreten. Vors. b. Pat., d. gleichz. m. Arzneim. bhdlt. werden, die m. d. Entstehung v. Myopathie/Rhabdomyolyse assoziiert sind. Vors. b. gleichz. Anw. v. Arzneim., d. durch CYP2D6 od. CYP2C8 aktiviert od. metabolisiert werden; starke CYP3A4 Induktoren sollen währ. d. Bhdlg. m. ZYTIGA® vermieden werden, es sei denn, es gibt keine therapeut. Alternative; Vors. b. gleichz. Anw. v. Arzneim., d. bek.maßen d. QT Intervall verlängern; gleichz. Anw. m. Spironolacton nicht empf., da Spironolacton an d. Androgenrezept. bindet u. d. PSA Serumlevel erhöh. kann; siehe im Übrigen ausführl. Warn- u. Wechselwirkungshinw. gem. Fachinfo. Verschreibungspflichtig. Pharmazeut. Unternehmer: Janssen-Cilag International NV, B-2340 Beerse, Belgien. Örtlicher Vertreter für Deutschland: Janssen-Cilag GmbH, Johnson & Johnson Platz 1, 41470 Neuss. Stand d. Inform.: 11/2017.
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