ISSN 1432-4334 JAHRGANG 22 HEFT 3 Juli 2013
FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE
JOURNAL OF PHARMACOLOGY AND THERAPY
Klassischer CDAD-Fall: Ältere Frau unter Antibiotikatherapie erkrankt an schweren Durchfällen Welche Folgen hat die Entscheidung der Schiedsstelle zum Cannabisextrakt Sativex® für die MS-Patienten? Hepatische Enzephalopathie: Frühzeitige Behandlung verhindert Gefährdung infolge kognitiver Defizite Meningeosis neoplastica: Intrathekale Therapie mit liposomalem Cytarabin Pathologische Narben: Prävention ist erfolgreicher als Behandlung Gerinnungsselbstmanagement verbessert Therapie-Outcome Chronisches Handekzem: Frühzeitiger Einsatz von Alitretinoin ist empfehlenswert Potente Phosphatbindung – Voraussetzung für eine balancierte Ernährung bei chronischer Niereninsuffizienz Innovatives Heilerde-Granulat bei Reizdarm und Reizmagen Weichteilsarkome: Pazopanib für die Zweitlinientherapie VERLAG Denosumab verzögert skelettbezogene Komplikationen Bortezomib subkutan – die bessere Option für Myelom-Patienten Sorafenib – Therapiestandard beim Leberzellkarzinom
PERFUSION
EDITORIAL
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E. Snowden und die digitale Wende Das Wort des Jahres, das Tor des Monats, das Motto des Tages. Wem das noch nicht reicht, für den hat das Deutsche Ärzteblatt noch ein weiteres Highlight: die Zahl der Woche. In Heft 29/30 vom 22. Juli 2013 [1] ist die Zahl der Woche die 16. Wie, werden Sie sich fragen, schafft es eine so alltägliche Zahl aufs Treppchen? Hier ist die Auflösung: 16 % der niedergelassenen Fachärzte in Deutschland haben in ihrer Praxis keinen Internetzugang, weil sie diesen eigenen Angaben zufolge nicht benötigen. Sieht man sich die Quelle, die Studie „Mittelstand und Werbung 2012“ der Telegate AG [2], einmal näher an, wird klar, was von diesen 16 % zu halten ist. „Fachärzte vollziehen 2012 die digitale Wende“ lautet vielsagend eine Überschrift dieser Studie. Zwanglos lässt sich daraus extrapolieren, dass die besagten 16 % wohl der klägliche Rest sind, die die digitale Wende noch nicht vollzogen haben. Noch nicht? Könnte es sein, dass es sich um besonders ausgebuffte KollegInnen handelt, die dies zum Mittelpunkt ihrer Werbestrategie gemacht haben? Plausibel wäre es, und als Patient könnte mir wohl nichts Besseres passieren – zumindest wenn es um den perfekten Schutz persönlicher Daten geht.
Bis vor Kurzem ging auch ich davon aus, dass die größte Gefahr im Internet von Spam-Mails ausgeht, die mir versuchen, einen Trojaner etc. unterzujubeln. Dass die vor einiger Zeit grassierende Flut von Lockangeboten für mutmaßlich wirkungslose blaue, rautenförmige Tabletten oder die funktionell völlig irrelevante Verlängerung eines bestimmten Körperteils unschwer unschädlich zu machen ist, ist klar. Schwieriger wird es da schon, wenn eine Mail vorgibt, dass eine Bank oder eines der großen InternetVersandhäuser eine angeblich offene Rechnung etc. moniert. Dass Antispam-Programme allenfalls einen kleinen Appendix des Gesamtproblems kontrollieren helfen können, lernen wir in diesen Tagen. Ein einfacher Systemadministrator eines Technologieberatungsunternehmens, das bei staatlichen Institutionen in den USA tätig ist, hatte dort „dienstlich“ Zugang zu allerlei geheimen Informationen [3, 4]. Schon die bislang bekannt gewordene mutmaßliche Spitze des Eisbergs ist erschütternd. An allen Ecken und Enden zapfen Geheimdienste so ziemlich alles an, was da durchs Internet geistert. Gespeichert, abgeglichen und mit anderen Interessenten ausgetauscht, dürfte inzwischen so gut wie die ge-
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Prof. Dr. med. K.-L. Resch, Bad Elster
samte Menschheit transparent sein – außer vielleicht ein paar Tausend irregeleiteter Weltverbesserer (vulgo Terroristen), die (zumindest die weniger tumben unter ihnen) wohl längst nicht mehr nach Art von Geheimagenten mittels toter, sondern eher mittels lebender Briefkästen kommunizieren. Auch wenn die Post inzwischen alle Briefe fotografiert und so Absenderund Empfängeradressen rasterfahndungsmäßig analysiert werden können, das ordentlich frankierte und zugeklebte Briefkuvert dürfte (noch?) jeder ausgefeilten digitalen Verschlüsselungstechnik überlegen sein. Wenn man bedenkt, wie leicht es zudem offensichtlich ist, in die Netze von großen Unternehmen oder staatlichen Organisationen inklusive z.B. das © VERLAG PERFUSION GMBH
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Pentagon einzudringen (über die meisten geglückten bzw. funktionierenden „Hacks“ berichtet ja keiner!), dann wird klar, dass der böse Big Brother aus Orwells 1984 [5] längst meilenweit von der Realität überholt wurde. Heute hat der Überwachungsstaat längst sein Monopol verloren. Bleiben noch unsere 16 % Fachärzte, die weder permanent Patienteninformationen „in die Cloud hochladen“ noch Hacker jeder Couleur ins eigene Archiv einladen, sondern durch das Fehlen einer physischen Verbindung ihre Daten ultimativ sicher machen. Pech, wenn sich z.B. ein künftiger Arbeitgeber vor der Einstellung schnell noch ein Bild machen möchte oder, oder, ... Denken Sie doch einfach einmal durch, was Sie Ihren Patienten noch alles (garantiert!) ersparen können, wenn Sie die oben angesprochene digitale Wende andersrum vollziehen – und werben Sie ruhig ganz laut damit! Karl-Ludwig Resch, Bad Elster
INHALT
KASUISTIK Klassischer CDAD-Fall: Ältere Frau unter Antibiotikatherapie erkrankt an schweren Durchfällen G. Micklefield
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INTERVIEW Welche Folgen hat die Entscheidung der Schiedsstelle zum Cannabisextrakt Sativex® für die MS-Patienten? Gespräch mit Dr. med. Markus Heibel, Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Sauerlandklinik Hachen
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aktuelle therapiekonzepte für die praxis Hepatische Enzephalopathie: Frühzeitige Behandlung verhindert Gefährdung infolge kognitiver Defizite Meningeosis neoplastica: Intrathekale Therapie mit liposomalem Cytarabin
Pathologische Narben: Prävention ist erfolgreicher als Behandlung
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Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten: Gerinnungsselbstmanagement verbessert Therapie-Outcome 91 Chronisches Handekzem: Frühzeitiger Einsatz von Alitretinoin ist empfehlenswert 92 Potente Phosphatbindung – Voraussetzung für eine balancierte Ernährung bei chronischer Niereninsuffizienz 94
Diabetische Gastropathie: Unterstützung für Magen und Darm mit Gastritol® Liquid 95
NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL Innovatives Heilerde-Granulat bei Reizdarm und Reizmagen
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Weichteilsarkome: Pazopanib für die Zweitlinientherapie 98 Knochenmetastasen bei soliden Tumoren: Denosumab verzögert skelettbezogene Komplikationen 100 Quellen 1 Zahl der Woche 16. Dtsch Ärztebl 2013; 110(29-30):A-1402/B-1230/C-1214 2 Mittelstand und Werbung 2012. http:// www.telegate.com/htm/de/Presse/ 2199.htm) 3 http://de.wikipedia.org/wiki/Edward_ Snowden 4 http://en.wikipedia.org/wiki/Edward_ Snowden 5 Orwell G. Nineteen Eighty-Four. London: Secker and Warburg; 1949
Schneller gesund mit Myrtol® 102 Bortezomib subkutan – die bessere Option für Myelom-Patienten 103 Sorafenib – Therapiestandard beim Leberzellkarzinom 105
Rubriken Wissenswertes 82, 90, 106 Kongresse 107
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Kasuistik
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lostridium-difficile-assoziierte Diarrhöen (CDAD) häufen sich inzwischen auch bei ambulanten Patienten. Zu den Risikofaktoren zählen ein Alter ≥65 Jahre, Multimorbidität und vorausgehende oder bestehende Therapie mit einem Antibiotikum. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Auch bei leichten Fällen sollten frühzeitig hoch wirksame Präparate mit patientenfreundlicher Galenik eingesetzt werden, wie der Fall einer 76-jährigen Patientin verdeutlicht. Vorgeschichte
Die Frau stellt sich wegen eines Brennens beim Wasserlassen, das seit einer Woche besteht, beim Hausarzt vor. Es wird eine Urinkultur angelegt, die auf eine Harnwegsinfektion mit E. coli hinweist. Der Keim ist empfindlich für Cefuroxim, sodass der Infekt mit diesem Antibiotikum behandelt wird. Nach 4-tägiger Antibiotikatherapie entwickelt die Patientin Diarrhöen mit einer Frequenz von etwa 15 pro Tag und stellt sich erneut beim Hausarzt vor. Diagnostik
Es besteht der Verdacht auf eine CDAD. Die laborchemischen Untersuchungen (Hämoglobin, Leukozytenzahl, C-reaktives Protein, Kreatinin) und die Abdomensonographie zeigen keine signifikant pathologischen Veränderungen, die auf eine schwere CDAD hinweisen würden. Aufgrund der typischen Anamnese erfolgt eine Clostridium-Toxin-Bestimmung im Stuhl, die positiv ist. Damit ist das Vorliegen einer leichten CDAD gesichert.
Klassischer CDAD-Fall: Ältere Frau unter Antibiotikatherapie erkrankt an schweren Durchfällen
Therapie und Verlauf
Da die Patientin trotz ihres hohen Alters geistig und körperlich mobil ist, entschließt sich der Hausarzt zu einer ambulanten Therapie mit Vancomycin-Trinklösung (4 × 250 mg für 14 Tage). Am Ende der Therapie klagt die Patientin weiterhin über Durchfälle. Die Toxinbestimmung im Stuhl wird wiederholt und ist erneut positiv. Der Hausarzt entschließt sich nun zu einer Therapie mit oralem Metronidazol (4 × 250 mg für 10 Tage). Auch nach dieser Zeit hat die Patientin immer noch Durchfälle und bei der Stuhluntersuchung sind immer noch C.-difficile-Toxine nachweisbar. Nun erhält die Patientin orale Vancomycin-Hartkapseln, die sich bei CDAD-Rezidiven und schweren Erkrankungsfällen bewährt haben und inzwischen auch bereits bei leichten Fällen initial eingesetzt werden können. Die Behandlung erfolgt aufgrund des zweimaligen Therapieversagens verlängert über 5 Wochen in absteigender Dosierung. Unter dieser Behandlung sistieren die Beschwerden rasch. Bereits nach 4 Tagen Therapie kommt es zu einem deutlichen Rückgang der Durchfälle, nach einer Woche ist die Patientin nahezu
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beschwerdefrei. Dennoch wird die Therapie über den gesamten Zeitraum von 4 Wochen durchgeführt. Innerhalb der Nachbeobachtungszeit von 6 Monaten sind keine Rezidive aufgetreten. Fazit
Patienten mit typischen CDADRisikofaktoren wie hohes Alter und Multimorbidität sollten auch bei vergleichsweise leichter Symptomatik konsequent mit hochwirksamen Präparaten wie oralen Vancomycin-Hartkapseln behandelt werden. Experten sind der Meinung, dass insbesondere unter ambulanten Bedingungen auf die Verordnung einer VancomycinTrinklösung verzichtet werden sollte, da es zu Adhärenz-Problemen bei der Dosierung sowie zu einer Beeinflussung der natürlichen Mikroflora im Mund-/Rachenraum und eventueller Resistenzentwicklung kommen kann. Unter der Therapie mit Metronidazol werden dagegen zunehmend häufig Progressionen der Erkrankung bzw. Rezidive beobachtet. Prof. Dr. George Micklefield, Evangelisches Krankenhaus Unna © VERLAG PERFUSION GMBH
interview
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Welche Folgen hat die Entscheidung der Schiedsstelle zum Cannabisextrakt Sativex® für die MS-Patienten? Dr. med. Markus Heibel, MBA, Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Sauerlandklinik Hachen, neurologische Akut- und Spezialklinik für Multiple Sklerose
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a sich die Almirall Hermal GmbH und der GKV-Spitzenverband bei dem Oromukosalspray Sativex® nicht auf einen Erstattungsbetrag einigen konnten, hat die Schiedsstelle Anfang März erstmals einen Preis für ein Arzneimittel mit Zusatznutzen festgelegt. Der Hersteller erhält danach von den Kassen nur noch 150 Euro für sein Präparat – bislang betrug sein Abgabepreis 464 Euro. Der festgesetzte Erstattungsbetrag gilt rückwirkend ab dem 1. Juli 2012. Für Almirall spiegelt der neue Erstattungsbetrag, der einen Rabatt von über 60 % vorsieht, weder den Innovationscharakter von Sativex® noch den therapeutischen Gewinn für schwer erkrankte Patienten wider. Das Medikament ist zugelassen für die Symptomverbesserung der mittelschweren bis schweren Spastik bei MS – eine hochgradig einschränkende Erkrankung. Zurzeit prüft das Unternehmen sämtliche Optionen für das Medikament in Deutschland. Was die Entscheidung der Schiedsstelle für die Versorgung der MS-Patienten mit Spastik in Deutschland bedeutet, ist ungewiss.
Interview mit Dr. med. Markus Heibel, Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Sauerlandklinik Hachen
Wir sprachen über den Stand der Dinge mit Herrn Dr. med. Markus Heibel, der in seiner neurologischen Akut- und Spezialklinik für Multiple Sklerose täglich Patienten mit MS-induzierter Spastik behandelt. Herr Dr. Heibel, wie viele Menschen mit MS leiden in Deutschland unter Spastik? Dr. Heibel: Man geht davon aus, dass etwa 80 % aller Menschen mit MS im Laufe ihrer Erkrankung eine MS-induzierte Spastik entwickeln. Zu den typischen Symptomen gehören Muskelsteifigkeit, eingeschränkte Mobilität und unwillkürliche Bewegungen, vor allem in den Extremitäten. Häufig kommen Blasenentleerungsstörungen, Spasmen und Schmerzen und in der Folge Schlafstörungen mit Erschöpfung dazu. Durch diese häufigen Symptome werden die Betroffenen in ihren täglichen Aktivitäten stark beeinträchtigt, sie sind ein häufiger Grund für Pflegebedürftigkeit und Behinderungen. Nicht umsonst werden in der aktuellen deutschen MS-Leitlinie Spastiken als „funktionell beson-
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ders einschränkende Symptome“ klassifiziert. Was bedeutete die Zulassung von Sativex® vor knapp 2 Jahren für MS-Patienten? Wie beurteilen Sie den Nutzen der Add-on-Therapie für Ihre Patienten? Dr. Heibel: Die klinischen Daten von Sativex® führten zu Recht zur Aufnahme in die DGN/KKNMSLeitlinien als „neue symptomatische Therapie für therapieresistente Spastik“. Sativex® ist die erste neuartige Therapieoption seit Jahren – Betroffene profitieren nachweislich von der Behandlung. In Studien zeigte sich bei etwa 50 % der Patienten eine klinisch relevante Verbesserung der Symptome. Das passt zu unseren Erfahrungen im Klinikalltag: Etwa die Hälfte unserer Patienten zeigt eine Verbesserung ihrer Symptome unter der Behandlung mit dem Cannabisextrakt, meist bereits nach wenigen Wochen. Ein solch schneller Therapieerfolg mit Sativex® ist für die Patienten sehr wichtig, da sie zuvor mit anderen gängigen Antispastika nur unzureichend behandelt wurden. © VERLAG PERFUSION GMBH
interview
Cannabis-sativa-Extrakt (Sativex®) Sativex® Spray zur Anwendung in der Mundhöhle enthält als Wirkstoff einen Dickextrakt aus Cannabisblättern und -blüten und unterliegt betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften. In einem Sprühstoß sind 2,7 mg Delta-9-Tetrahydrocannabiol (THC) und 2,5 mg Cannabidiol (CDB) enthalten. Der Cannabisextrakt ist indiziert als Zusatzbehandlung für eine Verbesserung von Symptomen bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Spastik aufgrund von Multipler Sklerose, die nicht angemessen auf eine andere antispastische Arzneimitteltherapie angesprochen haben und die eine klinisch erhebliche Verbesserung von mit der Spastik verbundenen Symptomen während eines Anfangstherapieversuches zeigen.
Ein kleiner Teil meiner Patienten profitierte von der deutlichen Verbesserung der Handfunktion. Häufig konnten diese Patienten zuvor ihre Hand und Finger aufgrund der Spastik nicht mehr richtig einsetzen. Das hat sich unter einer Therapie mit Sativex® so verbessert, dass sie wenigstens ein bisschen schreiben können, z.B. ihren Namen – und damit wieder geschäftsfähig werden. Andere Patienten sind dank verbessertem Nachtschlaf (weniger einschießende Spastik, weniger schmerzhafte Krämpfe in der Nacht) aktiver und nehmen wieder mehr am gesellschaftlichen Leben teil, anstatt sich sozial zu isolieren. Bei wie vielen Patienten haben Sie Sativex® schon eingesetzt? Dr. Heibel: Alleine wir haben bisher etwa 240 MS-Patienten, die von Spastik betroffen sind, mit dem Cannabisextrakt behandelt. Bei ungefähr der Hälfte davon hat sich der Erfolg der Behandlung schon hier in der Klinik oder Ambulanz gezeigt: Die antispastische Wirkung durch die Synergie von Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol manifestierte sich innerhalb der Einstellungsphase von 4 Wochen. So konnte die Menge der bei dem Betroffenen eingesetzten Antispastika reduziert werden, womit
auch deren Nebenwirkungen geringer wurden. Auch die Anzahl invasiver Eingriffe (intrathekale Kortison-Gaben*) gegen die Spastik konnte vermindert werden, was die Lebensqualität der Betroffenen insgesamt doch wesentlich verbesserte. Die Therapie mit Sativex® ist für die Patienten gut verträglich – und es macht für den Betroffenen einen entscheidenden Unterschied, wenn sich z.B. ihre Muskelsteifigkeit bessert, sie plötzlich wieder ihre Hände gebrauchen und Dinge des Alltags besser allein bewältigen können. Almirall begründet seine Überlegungen, Sativex® ggf. vom deutschen Markt zu nehmen, mit mangelnder Kostendeckung. Ist dieses Argument für Sie nachvollziehbar? Dr. Heibel: Ich verstehe dieses Argument voll und ganz. Zum einen entstehen umfangreiche Kosten durch Forschung & Entwicklung sowie für Studien und die Vermarktung der Medikamente. Diese Kosten müssen gedeckt werden und, was meinem Eindruck nach * Bei dieser invasiven Behandlung wird ein längerfristig wirksames Kortisonpräparat in den Rückenmarkkanal gespritzt. Damit wird vor allem die Spastik in den Beinen und im Bereich des Beckenbodens beeinflusst und es kann zu einer Verminderung der spastischen Muskeltonuserhöhung und dadurch zu einer Verbesserung des Gehens- und der Blasenfunktion kommen.
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immer verschwiegen wird, es muss auch Geld damit verdient werden, um neue Medikamente zu entwickeln. Das ist das Grundprinzip einer funktionierenden Marktwirtschaft, das auch für die Pharmaindustrie gelten muss, oder? Falls Sativex® vom Markt genommen werden sollte, wäre das in vielerlei Hinsicht fatal! Zum einen für die Patienten, die nachweislich davon profitieren. Zum anderen haben wir mit Sativex® ein Medikament mit einem klaren Überprüfungs- und Überwachungsgebot, wo tatsächlich gewährleistet werden kann, dass nur der Patient das Präparat erhält, der davon profitiert. In der Fachinformation ist ein Überprüfungstermin nach 4 Wochen festgelegt, bei dem der Arzt feststellen muss, ob es bei dem Patient in der Anfangstherapiephase mit Sativex® zu einer erheblichen Verbesserung seiner Spastik und den damit assoziierten Symptomen gekommen ist. Und nur wenn das erfüllt ist, darf er das Medikament eigentlich erst weiter verschreiben. Meiner Meinung nach ist das ein Vorgehen, das nicht nur den Patienten, sondern auch unserem Sozialsystem gerecht wird, denn das Geld für das Arzneimittel wird tatsächlich nur dort ausgegeben, wo es Betroffenen nachweislich hilft. Ich halte das für einen verantwortungsvollen Einsatz unserer Sozial-Ressourcen. Wo sehen Sie das Potenzial von Sativex®? Was würde es für Patienten mit MS-induzierter Spastik bedeuten, wenn das Unternehmen keine andere Lösung sieht, als Sativex® von Markt zu nehmen? Dr. Heibel: Wie gesagt, für etwa die Hälfte der von MS-induzierter Spastik betroffenen Menschen würde eine in Studien und der täglichen Praxis nachgewiesene © VERLAG PERFUSION GMBH
interview
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Linderung verschaffende Therapieoption verloren gehen. Eine Marktrücknahme von Sativex® wäre ein herber Verlust, denn das Medikament kann die Auswirkungen MS-induzierter Spastik bei Menschen verringern, die oftmals schon die Hoffnung aufgegeben hatten. Sativex® kann, wenn es richtig eingesetzt wird, auch in sozialökonomischer Hinsicht Vorteile in der Gesundheitsversorgung in Deutschland erbringen: Durch eine Verbesserung der Spastik kann die Anzahl von Krankenhausaufenthalten und invasiven Eingriffen reduziert und damit Kosten eingespart werden. Allein durch die Einsparung von 2 klinischen Aufenthalten für invasive Eingriffe (intrathekale Kortison-Gaben), die ambulant zum Teil nicht durchführbar sind, können dem Gesundheitssystem ca. 5000 Euro eingespart werden (ca. 2 × 2500 Euro für einen Klinikaufenthalt nach Abrechnungskennziffer B68D). Ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung in der Klinik: Eine Patientin benötigte vor dem Einsatz von Sativex® alle 4–6 Wochen 1–2 intrathekale Kortison-Gaben (Volon® A), um die enorme Spastik ihrer Beine und die hohe Menge an Tabletten gegen diese Spastik zu reduzieren. Zum Teil gelangen diese Behandlungen nur im stationären Setting, da es ihr sehr schlecht ging. Nach der Einstellung auf Sativex® benötigt sie seit Monaten keine Kortison-Gabe in den Rückenmarkskanal mehr – sie hat deutlich weniger Spastik in den Beinen, hat kaum mehr einschießende Spastik, weshalb sie besser schlafen kann, und sie hat
auch kaum noch durch die Spastik bedingte Schmerzen. Das ist für mich ein sichtbares Zeichen einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität. Nebenbei wurden sowohl ambulante als auch stationäre Behandlungen eingespart. Befürchten Sie, dass die Preisfestlegung der Schiedsstelle Einfluss auf Überlegungen anderer Unternehmen haben könnte, Medikamente in Deutschland auf den Markt zu bringen? Dr. Heibel: Solche Preisfestlegungen wie für Sativex® bergen die Gefahr, dass Unternehmen mit innovativen Arzneimitteln dem deutschen Markt den Rücken kehren. Gewinne sind notwendig, um weiter forschen und neue Arzneimittel-Entwicklungen finanzieren zu können. Wenn aber die Unternehmen mit unangemessen niedrigen Erstattungsbeträgen unter dem europäischen Preisniveau konfrontiert werden, ist meines Erachtens ein Grundprinzip der freien Marktwirtschaft ad absurdum geführt. Mir ist die Entscheidung des Schiedsverfahrens zum Erstattungsbetrag von Sativex® daher vollkommen unverständlich. Der derzeitige Umgang mit dem AMNOG sowie die Gestaltung der Preisfindung könnten die Versorgung mit solch innovativen Arzneimitteln in Deutschland gefährden. Der Leidtragende ist das schwächste Glied in der Kette – der Patient. Herr Dr. Heibel, wir danken Ihnen für das informative Gespräch. Elisabeth Wilhelmi, München
Studie belegt Nutzen der systemischen HyperhidroseTherapie Die systemische Therapie der Hyperhidrose mit Methantheliniumbromid (Vagantin®) vermindert die krankhafte, übermäßige Schweißbildung signifikant. Zu diesem Ergebnis kommt eine kontrollierte klinische Phase-III-Studie* mit 339 Teilnehmern. In dieser Studie konnte die mittlere gravimetrisch gemessene Schweißmenge bei Patienten mit klinisch manifester axillärer Hyperhidrose nach 4-wöchiger Behandlung mit 3 × 50 mg Methantheliniumbromid gegenüber Placebo signifikant gesenkt werden (99 mg/5 min vs. 130 mg/5min; p=0,0013). Der Behandlungserfolg korreliert direkt mit der Lebensqualität: Der mithilfe der Hyperhidrosis Disease Severity Scale erhobene Symptomschweregrad erreichte bereits in der 2. Woche signifikant bessere Werte in der Verumgruppe, die sich bis zum Studienende nach 4 Wochen noch steigerten (p=0,0243 bzw. p=0,0017). Entsprechend wurde auch die Lebensqualität anhand des Dermatology Life Quality Index sowohl in der 2. als auch der 4. Woche signifikant besser unter Methantheliniumbromid bewertet (p=0,0058 bzw. p=0,0030). Aus dieser großen Phase-III-Studie lässt sich der therapeutische Einsatz von Methantheliniumbromid auch bei fokal-axillärer Hyperhidrose ableiten. Bislang empfehlen die aktuellen Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft Methanthelinumbromid aufgrund seiner anticholinergen systemischen Wirkung insbesondere als First-Line-Therapie der generalisierten Hyperhidrose. F. S. * Müller C et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2012, doi: 10.1111/j.1468-3083.2012. 04708.x (Epub ahead of print)
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
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ie hepatische Enzephalopathie (HE) ist ein neuropsychiatrisches Krankheitsbild, das sich im Gefolge chronischer und akuter Lebererkrankungen entwickeln kann und durch kognitive sowie motorische Defizite unterschiedlicher Schweregrade charakterisiert ist. Häufigste Ursache der HE ist eine Leberzirrhose (ca. 98 %). Schätzungen zufolge entwickeln 30–80 % der Patienten mit Leberzirrhose im Verlauf ihrer Erkrankung zumindest eine minimale HE (mHE). Diese ist gekennzeichnet durch einen fließenden Übergang von einem akzeptablen Befinden mit diskreten Symptomen wie Müdigkeit oder Konzentrationsschwäche in einen pathologischen Zustand, der nicht nur den Patienten durch Defizite in kognitiven Teilbereichen (z.B. Aufmerksamkeit, visuell-räumliche Wahrnehmung, Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung, Feinmotorik) belastet, sondern auch andere Menschen durch unzureichendes Reaktionsvermögen – zum Beispiel im Straßenverkehr – gefährden kann. Die Möglichkeit einer HE sollte daher bei einer eingeschränkten Leberfunktion immer abgeklärt werden.
Hepatische Enzephalopathie: Frühzeitige Behandlung verhindert Gefährdung infolge kognitiver Defizite Mit dem Blut gelangt das Ammoniak auch in das Gehirn und akkumuliert dort in den Astrozyten. Diese Gliazellen sind die einzigen Zellen im Gehirn, die Ammoniak durch Glutaminbildung fixieren können. Anfangs können sie sich dem erhöhten Ammoniakgehalt noch anpassen, mit fortschreitender Leberschädigung funktioniert diese Anpassung jedoch immer schlechter: Der intrazelluläre Glutaminspiegel der Astrozyten steigt mit der Ammoniakkonzentration im Blut und führt durch die osmotische Wirkung zu einem Anschwellen der Zellen (chronisches Gliaödem). Schon ein geringgradiges Gliaödem stört jedoch die Funktion der Astrozyten und beeinflusst somit unter anderem die Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke sowie
Neurotransmitter- und Rezeptorfunktionen. Diese Störungen manifestieren sich klinisch als hepatische Enzephalopathie. Die Symptome sind zunächst meist diskret: Müdigkeit und Schlafstörungen, Konzentrationsmangel, verlangsamte Reaktionsfähigkeit sowie rasche Ermüdbarkeit. Unter dem Einfluss auslösender Faktoren wie Blutung, Proteinbelastung, Infektionen oder Niereninsuffizienz, die den Ammoniakgehalt im Blut ansteigen lassen (Tab. 1), kann das Gliaödem dekompensieren, sodass es zu periodischen Verläufen kommt. Bleibt die HE unbehandelt, steigt die Ammoniak last in den Astrozyten weiter an. Die daraus resultierenden neurologischen Störungen werden sukzessive stärker und können über Einschränkungen
Die wichtigsten auslösenden Faktoren einer hepatischen Enzephalopathie
Ammoniak als wichtigstes pathogenetisches Agens
Die wichtigste Rolle in der Pathogenese der HE spielen die neurotoxischen Effekte von Ammoniak. Das Ammoniak stammt zum größten Teil aus dem Darm und entsteht dort beim Proteinabbau. Bei Vorliegen einer Fettleber ist der Abbau von Ammoniak durch die Harnstoff- und Glutaminsynthese um 50 % und bei Vorliegen einer Zirrhose sogar um 80 % vermindert.
• Gastrointestinale Blutungen (v.a. aus Varizen): 100 ml Blut enthalten etwa 15–18 g Protein. Beim Abbau entsteht u.a. Ammoniak, das in die Zirkulation aufgenommen wird
• Diätfehler/Eiweißexzesse: Während bei gesunden Menschen die tägliche Proteinzufuhr meist bei 70–150 g/Tag liegt, können bei Patienten mit Zirrhose bereits Mengen ab 60 g/Tag eine hepatische Enzephalopathie auslösen • Infektionen (z.B. bakterielle Peritonitis) • Niereninsuffizienz: Die im Wesentlichen renale Ausscheidung von Ammoniak ist vermindert
• Neben Ammoniak und anderen Neurotoxinen können auch Benzodiazepine, Hyponatriämien/Hyperkaliämien und Zytokine zu einer Störung der AstrozytenHydratation führen Tabelle 1: Meist sind die Verläufe einer HE episodisch und werden durch auslösende Faktoren initiiert.
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
der intellektuellen und psychomotorischen Funktionen sowie Veränderungen der Persönlichkeit und des Bewusstseins bis zum Coma hepaticum führen. Schweregradabschätzung ist oft problematisch
Die Diagnose der manifesten HE erfolgt auf Basis der klinischen Symptome anhand der West-Haven-Kriterien (Tab. 2), während die Diagnose der minimalen HE psychometrischer oder neurophysiologischer Tests bedarf. Derzeit angewandte diagnostische Methoden zur Feststellung einer geringgradigen HE sind problematisch, da eine klinische Schweregradabschätzung sehr subjektiv ist und die Aussagekraft sog. „paper pencil tests“ durch Trainingseffekte, geringe Sensitivität und Abhängigkeit vom Ausbildungsgrad etc. beeinträchtigt wird. Daher wird empfohlen, nur noch zwischen Low-grade-HE (umfasst die minimale HE sowie die HE-Stadien I und II) und High-grade-HE (frühere Schweregrade III und IV) zu unterscheiden und die Schwere der Low-grade-HE durch objektive und reproduzierbare Parameter wie kritische Flimmerfrequenz* oder evozierte Spätpotenziale (P300Welle) weiter zu spezifizieren. * Die Bestimmung der kritischen Flimmerfrequenz basiert auf der Annahme, dass die Gliazellen der Retina denselben Funktionsstörungen unterliegen wie die Astrozyten im Gehirn. Dem Patienten wird ein Lichtimpuls mit einer initialen Frequenz von 50 Hz präsentiert, den er als Dauerlicht wahrnimmt. Anschließend wird die Frequenz um 0,5 Hz pro Sekunde verringert, bis der Patient das Licht erstmalig als Flimmerlicht erkennt. Diese Frequenz ist die kritische Flimmerfrequenz. Sie korreliert positiv mit psychometrischen Testergebnissen. Ein Diagnosegerät ist unter dem Markennamen HEPAtonorm™ auf dem Markt erhältlich.
Stadien
Symptome
minimale HE
Stadium 0–I
Klinisch unauffällig, aber bereits beeinträchtigte Feinmotorik und erste mentale Defizite insbesondere bei Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, beginnende Einschränkung der Verkehrstauglichkeit
manifeste HE
Stadium I
Müdigkeit, Schlafstörungen, verminderte Konzentrations- und Reaktionsgeschwindigkeit, gestörte Feinmotorik, leichte mentale Verlangsamung, Reizbarkeit, verminderte Additions-Rechenleistung
Stadium II
Verlangsamung, Lethargie, verwaschene Sprache, Persönlichkeitsveränderungen, Asterixis, leichte zeitliche und örtliche Desorientierung, verminderte Subtraktions-Rechenleistung
Stadium III
Desorientiertheit, Somnolenz, Stupor, bizarres Verhalten, Wahnvorstellungen, Krampfe, Hyperund Hyporeflexe, noch Reaktion auf verbale Reize
Stadium IV
Koma, keine Reaktion auf verbale Reize
Tabelle 2: Stadien der hepatischen Enzephalopathie nach den West-Haven-Kriterien.
Frühzeitig Therapiemaßnahmen einleiten
Bei jedem Patienten mit Leberfunktionsstörungen sollte regelmäßig überprüft werden, ob eine (minimale) HE vorliegt und eine Therapie erforderlich ist. Wird der Ammoniak-Gehalt des Blutes frühzeitig gesenkt, bildet sich das Gliaödem zurück, die Blut-HirnSchranke funktioniert wieder und die neurologischen Symptome verschwinden. Die primären therapeutischen Maßnahmen bestehen in 1. der Beseitigung der auslösenden Faktoren der HE und 2. in der Senkung des Ammoniakspiegels. Die Beseitigung der präzipitierenden Faktoren kann beinhalten: • Blutungen stoppen • Infektionen mit Antibiotika behandeln • Diuretika, Sedativa oder Tranquilizer absetzen • Elektrolyte normalisieren • Anämie ausgleichen (Ziel: Hämatokrit = 30 %) • Proteinzufuhr reduzieren
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• eine Azidose mit Bicarbonat therapieren • Alkoholkarenz anstreben Wenn diese Maßnahmen keinen Erfolg zeigen, ist eine Senkung des Ammoniakspiegels anzustreben. Als effektiv haben sich in placebokontrollierten Studien folgende Maßnahmen erwiesen: Steigerung der extraintestinalen Ammoniakentgiftung L-Ornithin-L-Aspartat (HepaMerz®) ist heute Standard bei der Behandlung der hepatischen Enzephalopathie. Es verbessert die Ammoniakentgiftung, indem es die gestörte Harnstoffsynthese in der Leber und die Glutaminsynthese in Leber, Gehirn und Muskulatur stimuliert. Die Wirksamkeit von L-OrnithinL-Aspartat ist nach den Kriterien der Evidence Based Medicine (EBM) bestens nachgewiesen und mit dem Evidenzgrad 1b belegt. Dies gilt für die intravenöse Therapie, die auch eingesetzt wird, um Patienten aus dem Coma hepati© VERLAG PERFUSION GMBH
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
cum herauszuholen, sowie für die oralen Darreichungsformen von Hepa-Merz® Granulat. Reduzierung der intestinalen Ammoniakproduktion Um die intestinale Synthese und Aufnahme von Ammoniak zu verringern, werden auch nicht resorbierbare Disaccharide wie Laktulose eingesetzt. Denn diese senken neben ihrer laxierenden Wirkung den pH-Wert im Kolon und reduzieren die Glutaminaufnahme aus dem Darm. Klinische Studien nach EBM-Kriterien konnten die Wirksamkeit von Laktulose nach oraler Applikation im Vergleich zu Placebo jedoch nicht bestätigen. Lediglich für Laktulose-Einläufe liegen evidenzbasierte Wirksamkeitsnachweise vor. Häufige Nebenwirkungen der Therapie sind Geschmacksveränderungen und Blähungen. Bei Überdosierungen können durch Diarrhöen schwere Dehydratationen und Hyponatriämien auftreten, die zu einer Verschlechterung der HE führen. Auch durch eine antibiotische Therapie mit z.B. Neomycin kann die Ammoniakproduktion im Darm herabgesetzt werden. Zur längerfristigen Therapie sind Antibiotika u.a. aufgrund starker Nebenwirkungen (Oto- und Nephrotoxizität) jedoch nicht geeignet. Ausgleich der Aminosäureimbalance mit oralen verzweigtkettigen Aminosäuren Durch die Gabe verzweigtkettiger Aminosäuren kann insbesondere bei proteinintoleranten Patienten mit chronischer HE eine positive Stickstoffbilanz erreicht werden. Ernährungstherapie Eine diätetische Therapie sollte begleitend zur medikamentösen Behandlung in Betracht gezogen
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L-Ornithin-L-Aspartat L-Ornithin-L-Aspartat (Hepa-Merz®) ist indiziert zur Behandlung von Begleit- und Folgeerkrankungen aufgrund einer gestörten Entgiftungsleistung der Leber (z.B. bei Leberzirrhose) mit den Symptomen der minimalen und manifesten hepatischen Enzephalopathie. Da L-Ornithin-L-Aspartat praktisch nebenwirkungsfrei und untoxisch ist, kann es in der empfohlenen Dosierung von 40 g/d (i.v.) bzw. 18 g/d (oral) verabreicht werden. Nach dieser Initialtherapie reicht eine Intervalltherapie oft aus. Patienten, bei denen z.B. aus beruflichen Gründen eine erhöhte Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit unerlässlich sind, können Hepa-Merz® als Dauertherapie erhalten. Hepa-Merz® kann bei Vorliegen einer HE als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden. Es erfüllt die beiden wesentlichen Voraussetzungen für Erstattungsfähigkeit: Es ist (erstens) Therapiestandard bei der Behandlung der hepatischen Enzephalopathie, die (zweitens) als schwerwiegende Erkrankung einzustufen ist. Die Verordnung von Hepa-Merz® als Leistung der GKV muss wie die aller anderen Arzneimittel begründet werden, z.B. Diagnose „hepatische Enzephalopathie“ in der Patientenakte vermerken und die lndikationsstellung durch eine entsprechende Dokumentation belegen.
werden. Bei akuter HE wird empfohlen, die tägliche Proteinzufuhr für 3 Tage auf 20–30 g/d zu reduzieren und danach wieder langsam auf 1–1,2 g/kg KG/d zu erhöhen, wobei pflanzliche Eiweiße gegenüber tierischen bevorzugt werden sollen. Eine strenge Eiweißrestriktion führt jedoch auf Dauer zu Katabolie, ist daher ungünstig und sollte nur für etwa 3 Tage durchgeführt werden. Eingeschränkte Verkehrstauglichkeit bereits bei minimaler HE
Zahlreiche Studien zeigen, dass trotz der geringen neurologischen Symptomatik die Lebensqualität und die Arbeitsfähigkeit von Patienten mit minimaler HE deutlich beeinträchtigt sind. Insbesondere im Verkehr und bei manuellen Berufen, bei Arbeiten an Maschi-
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nen oder bei Arbeiten, die besondere Aufmerksamkeit erfordern, z.B. auf Gerüsten, Leitern oder in medizinischen Berufen, ist die Leistungsfähigkeit eingeschränkt und das Risiko einer Selbst- und Fremdgefährdung erhöht. Bereits 1981 äußerte Schomerus Zweifel an der Fahrtauglichkeit von Patienten mit mHE: Nach seinen Untersuchungen war bei 50 % der Patienten mit mHE die Kraftfahrzeug-Fahrtauglichkeit nicht mehr gegeben, bei weiteren 25 % war sie zumindest fraglich (Schomerus et al. Dig Dis Sci 1981;28:822). Auch neuere Studienergebnisse belegen, dass bereits bei minimaler HE eine signifikante Einschränkung der Verkehrstauglichkeit besteht. So wurde am Rehazentrum Mölln der BfA in einem 90-minütigen Fahrtest das Fahrverhalten von 47 Patienten mit Leberzirrhose sowie 47 Kontrollprobanden geprüft (Wein C et al. © VERLAG PERFUSION GMBH
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
Neurol Rehabil 2001;7:258-260). Von den Patienten mit Leberzirrhose wiesen 13 Patienten Symptome einer minimalen HE auf, 34 Patienten mit Leberzirrhose hatten keine HE. Das Ergebnis: Die Interaktion mit anderen Verkehrsteilnehmern und die Beachtung der Verkehrsregeln sind bereits im Stadium der minimalen, klinisch unauffälligen HE signifikant eingeschränkt. Verglichen mit chronisch leberkranken Personen ohne HE hatten die Probanden mit HE u.a. deutliche Defizite bei folgenden Fahraktionen: • Fußgänger und Radfahrer beachten • Fahrzeugbedienung • Spur halten • Verkehrszeichen befolgen In 2 retrospektiven Studien hatten Patienten mit Leberzirrhose und mHE signifikant mehr Autounfälle als solche ohne mHE. Den Betroffenen unterliefen häufiger Fahrfehler (Geschwindigkeitsüberschrei tungen, falsches Abbiegen), sie ermüdeten leichter am Steuer und überschätzten die eigene Fahrtüchtigkeit (Zhan et al. Dt Ärztebl 2012;109:180-187). Auch wenn es exakte Zahlen über Verkehrsunfälle von Leberkranken in Deutschland nicht gibt, ist die HE mit Sicherheit für viele Verkehrsunfälle verantwortlich. Daher ist es eine vordringliche Pflicht des Arztes, seine Patienten über die möglichen Gefahren der HE zu informieren und eine potenziell reduzierte oder aufgehobene Fahreignung abzuklären. Brigitte Söllner, Erlangen Quelle: Satellitensymposiumn „Fahrtauglichkeit bei hepatischer Enzephalopathie – Diagnose, Therapie, Verkehrspsychologie“ im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V., 6. April 2013 in Wiesbaden. Veranstalter: Merz Pharmaceuticals, Frankfurt.
Meningeosis neoplastica: Intrathekale Therapie mit liposomalem Cytarabin
B
ei der Meningeosis neoplastica sind die Gehirnhäute und/ oder der Liquor von diffusen oder fokalen metastatischen Ausbreitungen von Tumorzellen betroffen. Die Symptome umfassen u.a. polyradikuläre Beschwerden, Hirnnervenparesen, Psychosyndrome sowie Rücken- und Kopfschmerzen. Unbehandelt führt die Erkrankung innerhalb weniger Wochen zum Tod, sodass eine frühzeitige und exakte Diagnosestellung sowie eine unverzüglich einsetzende Therapie unerlässlich sind. Obwohl die Meningeosis neoplastica als seltene Erkrankung gilt, hat ihre Inzidenz in den letzten Jahren aufgrund immer längerer Krankheitsverläufe zugenommen. Die Prävalenz wird in der Literatur mit 5–8 % bei soliden Tumoren [1] und mit 3–25 bei aggressiven Lymphomen [2] beziffert. Besonders häufig sind Patienten mit Mammakarzinom, Bronchialkarzinom und Melanom in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien betroffen. Aggressive Lymphome und akute lymphatische Leukämien haben ein besonders hohes Risiko für eine sehr rasche Ausbreitung in das ZNS. Bei Verdacht auf Meningeosis neoplastica muss rasch eine Differenzialdiagnostik erfolgen, um unverzüglich die Behandlung einleiten zu können. Während bei soliden Tumoren die Kernspintomographie empfindlicher ist, erweist sich bei Leukämien oder Lymphomen
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die Liquorzytologie häufig als sensitiver, da in der Regel viele Tumorzellen in der Liquorflüssigkeit nachweisbar sind, sodass eine Detektion mithilfe der Zytomorphologie oder per Immunphänotypisierung möglich ist. Vorteile von liposomalem Cytarabin
Ziel der Therapie der Meningeosis neoplastica ist die Verlängerung des Überlebens, dabei sollte die Lebensqualität der durch die Tumorerkrankung oftmals ohnehin stark beeinträchtigten Patienten durch die Therapie nicht zusätzlich eingeschränkt werden. Die Therapieoptionen in den letzten Jahren wurden insbesondere durch die intrathekale Gabe von liposomalem Cytarabin deutlich bereichert. In der Zulassungsstudie mit 28 Patienten mit Meningeosis lymphomatosa [3] führte die intra thekale Therapie mit liposomalem Cytarabin (DepoCyte®) gegenüber konventionellem Cytarabin zu signifikant höheren Ansprechraten von 71 % vs. 15 % (p=0,002) und einer 85%igen Verlängerung der Zeit bis zum Progress. Darüber hinaus konnten mehr Patienten unter liposomalem Cytarabin die gesamte Induktionstherapie (94 % vs. 63 %) und Konsolidierung (59 % vs. 19 %) erhalten. Die Nebenwirkungen von liposomalem Cytara© VERLAG PERFUSION GMBH
Intrathekale Therapie mit DepoCyte® Produkttechnologie AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
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Cytarabin zur• intrathekalen Injektion Lipide, (DepoCyte®) Naturidentische
biologisch abbaubar und verträglich Cytarabin ist ein zellzyklus-phasenspezifischer antineo• Wirkstoff wässriger Lsg. der Splastischer Wirkstoff, der dieinZellen nur während Phase der Zellteilung beeinflusst. Es wirkt auf eine große • Partikel besteht >95% aus Anzahl verschiedener proliferierender SäugetierzellkultuWasser & Wirkstoff, ren zytotoxisch. <5% Lipid DepoCyte® ist eine Cytarabin-Formulierung mit verzöger• Freisetzung bisdie45direkte TageAnwenter Wirkstofffreisetzung, die nur1für Partikelgröße: – 1.000 µm dung in den• Liquor cerebrospinalis1 vorgesehen ist. Die Zahlenthält der inneren Kammern wässrige Suspension Lipidpartikel, in die der Wirkstoff eingeschlossen Er wird über Tage freigesetzt proist. Partikel: 10 1–45 – 10.000 und verteilt sich gleichmäßig im lumbar-ventrikulären System. Dank seiner langen Halbwertszeit muss DepoCyte® nur alle 2 Wochen intrathekal verabreicht werden [5].
Lipidpartikel unter dem Elektronenmikroskop. Partikelgröße: 1–1000 μm, Zahl der inneren Kammern pro Partikel: 10–10.000
Lipidpartikel unter dem Elektronenmikroskop
bin waren gering, gut zu behandeln Fallsammlungen angewiesen. Eine und unterschieden sich nicht von der ersten Kliniken, in der liposodenen des konventionellen Cyta- Acta males Cytarabin bei Meningeosis Kim et al, 1983, Biochemica rabins. Es gab keine Interaktionen neoplastica eingesetzt wurde, war mit der gleichzeitigen systemi- das Universitätsklinikum Halle. schen Therapie. Hier wurden zwischen März 2004 Im Unterschied zu den sonst übli- und September 2011 insgesamt 51 chen Substanzen Methotrexat oder Patienten mit liposomalem Cytarafreiem Cytarabin, die zwei- bis bin behandelt [4]. Etwa 90 % der dreimal wöchentlich intrathekal in Patienten erhielten 1–5 Gaben, den Spinalkanal gespritzt werden 2 % bekamen bis zu 12 intrathekamüssen, reicht bei DepoCyte® die le Applikationen. Dies spricht für einmalige Gabe alle 2 Wochen aus, die hohe Effektivität und gute Verum die Cytarabin-Konzentration träglichkeit der Therapie, insbeim Liquor für 14 Tage im thera- sondere im Hinblick auf die Überpeutischen Bereich zu halten. Dies lebenszeit, die unbehandelt kaum ist für die Lebensqualität der Pati- mehr als einige Wochen beträgt. enten von entscheidendem Vorteil. Die bei 48 der 51 Patienten durchWesentlich für den klinischen Ein- geführte retrospektive Effektivisatz ist, dass die intrathekale The- tätsanalyse zeigte, dass sich bei rapie mit liposomalem Cytarabin 58,1 % der Patienten eine Verbessowohl mit einer systemischen serung der neurologischen SympChemotherapie als auch mit einer tomatik erzielen ließ. Bei 32,6 % Ganzhirnbestrahlung kombiniert der Patienten hatte sich der Status werden kann. stabilisiert und bei 9,3 % der Patienten hatte sich die Symptomatik unter der intrathekalen Therapie Klinische Erfahrungen bestätigen verschlechtert. 53 % der Patienten zeigten ein zytologisches Anspregute Verträglichkeit chen im Liquor. Das mediane GeDa bei dieser seltenen Erkrankung samtüberleben lag bei 20 Monaten, Studien mit größeren Fallzahlen wobei die intrathekale Behandlung kaum möglich sind, ist man auf sehr gut toleriert wurde. JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2013 · 22. JAHRGANG
Geringere Belastung der Patienten durch die Therapie
Die selteneren intrathekalen Gaben vereinfachen die Behandlung und verringern die Infektionsgefahr. Dies bedeutet für die Patienten vor allem eine geringere Belastung durch die Therapie und eine Verbesserung der Lebensqualität. Dadurch waren bei den Patienten in Halle weniger ambulante bzw. stationäre Vorstellungen notwendig, was nicht nur die Patienten, sondern auch die knappen Ressourcen des Krankenhauses entlastet. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur 1 Gleissner B et al. Lancet Neurol 2006; 5:443-452 2 Spina M et al. Cancer 2010;116:1495-1501 3 Glantz MJ et al. J Clin Oncol 1999; 10:3110-3116 4 Jahn F et al. J Clin Oncol 2012;30: Suppl. ASCO Annual Meeting, Abstract e19579 5 Fachinformation DepoCyte® 50 mg Injektionslösung, Stand Juli 2011 Quelle: Vortrag von Frau PD Dr. med. Karin Jordan, Klinik für Innere Medizin IV/Onkologie/Hämatologie Universitätsklinikum der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, anlässlich des Fachpresse-Workshops „Onkologie“ am 13. Mai 2013 in München © VERLAG PERFUSION GMBH
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Aktuelle Therapiekonzepte für die Praxis
A
uffällige, schlecht verheilte Narben nach operativen Eingriffen stellen für die Betroffenen eine erhebliche psychische Belastung dar. Hypertrophien und Keloide, die sich infolge gestörter Wundheilungsprozesse wulstartig über das normale Hautniveau erheben, können die Lebensqualität zusätzlich durch Kontrakturen, Juckreiz und Schmerzen erheblich einschränken. Hat sich eine überschießende Narbe einmal gebildet, lässt sich die funktionelle und kosmetische Situation nurmehr schwer und nicht in allen Fällen verbessern. Daher ist, wie Experten auf dem diesjährigen Deutschen Wundkongress in Bremen betonten, generell eine frühzeitige Prophylaxe nach dem Wundverschluss anzuraten, um eine ästhetisch zufriedenstellende Narbenbildung zu erzielen. Zur Vorbeugung pathologische Narben empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Dermatologie in ihrer 2012 erschienenen Sk2-Leitlinie „Therapie pathologischer Narben” erstmals zwiebelextrakthaltige Kombinationspräparate wie z.B. Contractubex® (Tab. 1) [1]. Behandlungsoptionen für Keloide und hypertrophe Narben
„30–50 % der Patienten sind mit ihrer Narbe nicht zufrieden“, konstatierte Dr. Uwe Schwichtenberg, niedergelassener Dermatologe aus Bremen. Problematisch sind vor allem die wulstigen, stark geröteten und oft juckenden Keloide, denn hierbei breitet sich das wuchernde Gewebe über den Bereich der ursprünglichen Wunde aus und kann über mehrere Jahre weiterwachsen. Im Gegensatz dazu bleiben die häufiger vorkommenden hypertrophen Narben auf das
Pathologische Narben: Prävention ist erfolgreicher als Behandlung verletzte Areal beschränkt und können sich auch wieder spontan zurückbilden. Dass ausgeprägte pathologische Narben für den Patienten eine erhebliche Belastung sind, erlebt Schwichtenberg täglich in der eigenen Praxis. Zur Verbesserung des kosmetischen und funktionellen Ergebnisses setzt er verschiedene Methoden in unterschiedlichen Kombinationen ein, denn es gibt, wie er betont, kein Standardverfahren in der Narbentherapie. Die Methode der Wahl beim jeweiligen Patienten richtet sich immer nach der Beschaffenheit und dem Stadium der Narbe. Liegt z.B. bei hypertrophen Narben sehr viel Spannung auf den Wundrändern, bietet sich eine chirurgische Therapie in Form einer Entlastung durch Z-, W- oder VY-Plastik an. Bei Keloiden sollte nach der Exzision aufgrund der hohen Rezidivrate Heparin
von 45–50 % noch eine Bestrahlung (Röntgenweichstrahltherapie) angeschlossen werden, um erneute Wucherungen zu verhindern. Etabliert sind auch die intraläsonale Injektion von Kortikosteroiden (Triamcinolonacetonid, TAC) mit Erfolgsraten von 80–100 % (wobei aber auch Rezidivraten von 9–50 % angegeben werden) sowie die Kryotherapie mit 60–80 % Erfolg. Schwichtenberg setzt beide Verfahren kombiniert ein: Durch das Auftragen von flüssigem Stickstoff wird die Narbe weicher und schmerzfrei, durch die TAC-Injektion wird die Gewebewucherung gestoppt. Insbesondere bei roten Narben empfiehlt er, anschließend noch eine Lasertherapie durchzuführen. Diese lässt sich mit zwei Intentionen einsetzen: zum einen als ablatives Verfahren zum Abtragen des überschießenden Gewebes, zum anderen zur Abblassung
Extractum cepae
entzündungshemmend
wundheilungsfördernd
antiproliferativ
keratolytisch
hydratisierend
auflockernder Effekt auf Kollagenstruktur
Allantoin
hydratisierend bakterizid
penetrationsfördernd
regenerationsfördernd
antipruriginös
hemmt Fibroblastenproliferation Tabelle 1: Contractubex® besteht aus einer Kombination dreier Wirkstoffe, die sich gegenseitig verstärken und ergänzen: Heparin, Extractum cepae und Allantoin.
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Narbenbild vor und nach Therapie
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Aktuelle Therapiekonzepte für die Praxis
Frische Narbe nach Basaliom-OP
Narbe nach 3-monatiger Behandlung mit Contractubex®
Abbildung 1: Narbenbild vor und nach Therapie mit Contractubex®.
geröteter Narben mittels gepulsten Farbstofflasern, die die Gefäße „dicht machen“. Sehr gute Erfahrungen hat der Dermatologe auch mit einer nicht invasiven Kombinationstherapie aus therapeutischem Ultraschall und zwiebelextrakthaltigem Narbengel gemacht. Die Narben werden durch diese Behandlung weicher, die durch Kontrakturen eingeschränkte Beweglichkeit und das Erscheinungsbild verbessern sich, wobei die Patienten zusätzlich von der guten Verträglichkeit der Methode profitieren. Frühzeitige Prophylaxe als Königsweg
Da überschießende Narben therapeutisch nach wie vor schwer zu beeinflussen sind, besteht laut Schwichtenberg der „Königsweg“ immer noch darin, eine pathologische Narbenbildung von vornherein zu vermeiden. Die Prophylaxe beginnt schon beim chirurgischen Eingriff: Eine an die Hautspannungslinien angepasste Schnittführung, gewebeschonende Technik,
ein spannungsfreier Wundverschluss und die Prävention von Wundinfektionen sind Voraussetzungen für eine störungsfreie Wundheilung. Unterstützend dazu sollten nach dem Ziehen der Fäden spezielle Narbengele wie z.B. das zwiebelextrakthaltige Kombinationspräparat Contractubex® aufgetragen werden. Die darin enthaltenen Wirkstoffe ergänzen sich gegenseitig: Zwiebelextrakt (Extractum cepae) verringert die Fibroblastenproliferation, wirkt entzündungshemmend, bakterizid und regenerationsfördernd, Heparin hemmt ebenfalls Entzündungen und lockert zudem die Kollagenstruktur auf. Allantoin fördert die Wundheilung, wirkt keratolytisch und mildert den Juckreiz (Tab. 1). Tierexperimentelle Studien zum Wirkmechanismus zeigen, dass Contractubex® die Expression von Wachstumsfaktoren wie TGF-1β und -2 hemmt sowie die Bildung von Laminin und Fibronektin vermindert, sodass eine überschießende Kollagensynthese verhindert wird [2]. Wie Schwichtenberg ausführte, wurden die Wirksamkeit und Si-
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cherheit des zwiebelextrakthaltigen Kombinationspräparats in zahlreichen klinischen Studien an über 2500 Patienten nachgewiesen. Dabei sind insbesondere folgende Ergebnisse interessant: 1. Die Anwendung von Contractubex® führt zu einer deutlichen Verringerung von Spannung, Schmerzen, Juckreiz und Größe der Narben sowie zu einer signifikanten Verbesserung der Rötung und Beschaffenheit (Abb. 1, Abb. 2) [3, 7]. 2. Die Behandlung mit Contractubex® ist der Kortikosteroidtherapie überlegen [4]. 3. Bei Kombination des Narbengels mit therapeutischem Ultraschall lassen sich schneller bessere Ergebnisse erzielen [5]. 4. Der Behandlungserfolg ist nachhaltig, auch 6 Monate nach Therapieende sind die Narben signifikant kleiner und die Narbenstruktur besser als bei den unbehandelten Kontrollen [6]. 5. Contractubex® bietet den Vorteil einer schmerzfreien Behandlung bei in der Regel leichter Anwendbarkeit und sehr guter Verträglichkeit [7]. © VERLAG PERFUSION GMBH
® Contractubex wirkt spürbar! Aktuelle Therapiekonzepte für die Praxis 90 Juckreiz, Schmerz und Spannungsgefühl gehen kontinuierlich zurück:
Brigitte Söllner, Erlangen
AWMF-Register Nr. 013/030. Stand 30.04.2012. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/013-030.html 2 Sahin MT, Inan S, Ozturkcan S, et al. Comparison of the effects of Contractubex® gel in an experimental model of scar formation in rats: an immunohistochemical and ultrastructural study. J Drugs Dermatol 2012;11:74-81 3 Ocampo-Candiani J, et al. Efficacy of a topical gel containing extractum cepae, allantoin and heparin in the treatment of abdominal caesarean section scars. IMCAS Annual Meeting 2013. www.imcas.com/ en/imcas2013/schedule/lecture/id/5971 4 Beuth J, Hunzelmann N, Van Leendert R, et al. Safety and efficacy of local administration of Contractubex® to hypertrophic scars in comparison to corticosteroid treatment. Results of a multicenter, comparative epidemiological cohort study in Germany. In Vivo 2006;20:277-284 5 Dyakov R, Petrova M, Tzolova N, et al. Treatment of superficial burn, post-burn scars and keloids with Contractubex® Gel. Ann Burns Fire Disasters 2002;15:70-74 6 Maragakis M, Willital GH, Michel G et al. Possibilities of scar treatment after thoracic surgery. Drugs Exp Clin Res 1995;21:199-206 7 Willital GHS. Frühzeitiger Einsatz eines Narbenspezifikums bewährt sich. Evidence-based-Ergebnisse. Kompendium Dermatologie 2007;1:16-20
1 Nast A, Eming S, Fluhr J, et al. Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft: Therapie pathologischer Narben (hypertrophe Narben und Keloide).
Quelle: Vortrag „Prophylaxe und Behandlung pathologischer Narben“ von Dr. med. Uwe Schwichtenberg auf einem Satellitensymposium der Merz Pharmaceuticals GmbH zum Deutschen Wundkongress, 15.–16. Mai 2013 in Bremen.
sehr Zulassung gut 69 % Ruhen der angeordnet. gut 23 % viele Ärzte AlterDaher suchen % nativen, mäßig wie 1z.B. Methocarbamol ® ), Angaben das zur (Ortotonkeine 7 % symptomatischen Behandlung schmerzhafter Muskelverspannungen insbesondere des unteren Rückenbereiches (Lumbago) zugelassen ist. Klinische Studien bestätigen die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit von Methocarbamol. Es entfaltet seine muskelrelaxierende Wirkung, indem es Interneurone im Rückenmark moduliert, insbesondere werden hemmende Neurone aktiviert. Der Wirkstoff ist seit 1967 in Deutschland verfügbar und wird weltweit in 27 Ländern eingesetzt. Verabreicht wird Ortoton®
als Filmtablette und als Kurzinfusion. Besonders hervorzuheben ist das günstige Sicherheitsprofil von Methocarbamol: Nebenwirkungen treten kaum auf, weder Müdigkeit noch Abhängigkeit sind ein Thema. Vigilanz und Verkehrssicherheit bleiben erhalten. Ortoton® kann auch mit anderen Medikamenten, wie z.B. NSAR oder Steroiden, kombiniert werden. Eine Vergleichsstudie zwischen Methocarbamol und Tetrazepam kam zu dem Schluss, dass im Sinne einer Nutzen-Risiko-Bewertung bei Patienten mit schmerzhaften Muskelverspannungen der Therapie mit Methocarbamol der Vorzug zu geben ist.
Juckreiz
60
Schmerz Spannung
50
Nennungen in %
40 30
-77 %
20
-70 %
-84 %
10 0 1.
2.
3.
1.
2.
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1.
2.
3.
Visite
Abbildung 2: Juckreiz, Schmerz und Spannungsgefühl gehen unter der Behandlung mit Contractubex® kontinuierlich zurück [7].
® Contractubex wirkt verträglich! Wie Schwichtenberg in seinem als auch für die Zusatztherapie bei
Fazit hervorhob, waren die über-
der Behandlung von aktiven hy-
Wirksamkeit Verträglichkeit werden vonpertrophen Arzt und Patient gleichermaßen zeugenden und Behandlungsergebnisse Narben auszusprechen sehr gut bis bewertet: sowie dieguthohe Patientenzufrie- [2].
denheit Anlass für die Deutsche Wirksamkeit Gesellschaft für Dermatologie (DDG), in ihrer Leitlinie „Therapie pathologischer Narben” vom April 2012 für Extractum cepae enthaltende Kombinationspräparate eine offene Empfehlung sowohl für die postoperative Narbenprophylaxe sehr gut 53 % gut 34 % mäßig 6 % Muskelverspannungen: keine Angaben 7 %
Methocarbamol – eine wirksame und verträgliche Therapiealternative Muskelrelaxanzien haben ihren festen Platz in der symptomatischen Behandlung schmerzhafter Muskelverspannungen. Doch das Spektrum der verfügbaren Substanzen ist in den letzten Monaten geschrumpft: Tolperison und Flupirtin unterliegen derzeit Einschränkungen bei schmerzhaften Muskelverspannungen/Lumbago, für Tetrazepam wurde sogar das
Verträglichkeit
Literatur
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten: Gerinnungsselbst management verbessert Therapie-Outcome
D
ie Wahl eines oralen Antikoagulans zur Vorbeugung thromboembolischer Ereignisse sollte immer individuell auf den Patienten abgestimmt sein, da eine Vielzahl von Faktoren bei der Einstellung auf Vitamin-KAntagonisten (VKA) oder neue orale Antikoagulanzien (NOA) berücksichtigt werden müssen. Die Zulassungsstudien der NOA zeigen, dass diese mindestens genauso wirksam und sicher sind wie VKA [1, 2]. Aus diesen Daten und ersten klinischen Erfahrungen wird jedoch ebenfalls klar, dass VKA neben den NOA weiterhin einen wichtigen Stellenwert besitzen. Denn die Therapie mit NOA birgt auch Risiken: So besitzen NOA für Indikationen wie künstliche Herzklappen und valvuläres Vorhofflimmern keine Zulassung.
Weiterhin sind Kontraindikationen und Komorbiditäten wie eine stark eingeschränkte Nierenfunktion Anlass für eine Einstellung auf VKA. Außerdem ist bei einem hohen gastrointestinalen Blutungsrisiko besondere Vorsicht beim Einsatz von NOA geboten, sodass VKA gegebenenfalls die bessere Alternative darstellen können. Schließlich sind VKA auch eine kosteneffiziente Option zur Antikoagulation: Im Vergleich zu NOA sind die Kosten für VKA etwa 20mal niedriger [3]. Stabile Einstellung mit VKA und Gerinnungsselbstmanagement
Stabil eingestellte VKA-Patienten mit einer guten INR-Kontrolle profitieren nicht von einer Umstellung
auf NOA – bei guter INR-Einstellung kann von einer Gleichwertigkeit von VKA und NOA bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit ausgegangen werden [4]. Bei mit VKA behandelten Patienten sollte die dauerhafte Kombination mit einem Gerinnungsselbstmanagement in Betracht gezogen werden, da sich auf diese Weise die Therapie langfristig optimieren lässt [5, 6]. Die regelmäßige Messung des Gerinnungswertes durch den Patienten lässt sich mit Messgeräten wie dem CoaguChek® XS System schnell und sicher durchführen. Das Gerinnungsselbstmanagement ist für VKA-Patienten eine geeignete, leitliniengesicherte [7] und kosteneffiziente [8] Option der selbstständigen Therapiekontrolle, mit der auch laut aktuellem Leit-
Gerinnungsselbstmanagement mit dem CoaguChek® XS System Das Gerät misst die Zeit vom ersten Kontakt der Blutprobe (8 µl aus der Fingerbeere) mit dem Teststreifen bis zum Einsetzen der Gerinnung. Der Teststreifen enthält ein Reagenz in getrockneter Form, dessen reaktive Bestandteile aus dem Thromboplastin und einem Peptid-Substrat bestehen. Wenn die Probe aufgetragen wird, aktiviert das Thromboplastin die Gerinnungskaskade, was zur Bildung von Thrombin führt. Dieses Enzym spaltet das Peptid-Substrat, das ein elektrochemisches Signal erzeugt. Dieses Signal wird in Abhängigkeit vom Zeitpunkt seines Auftretens durch einen entsprechenden Algorithmus in die Gerinnungseinheiten INR, % Quick und Sekunden umgerechnet und nach 60 Sekunden auf dem Display angezeigt. Die letzten 100 Messwerte werden mit Datum und Uhrzeit gespeichert. JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2013 · 22. JAHRGANG
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
faden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft die Behandlungsqualität verbessert werden kann [3]. Denn die in der Regel wöchentlich erfolgende Messung des INR-Wertes mit Geräten wie dem CoaguChek® XS System ermöglicht eine unmittelbare Reaktion auf die Werte. Patienten im Gerinnungsselbstmanagement weisen eine deutlich erhöhte TTR (time in therapeutic range) von 80 % gegenüber konventionell betreuten Patienten (65 %) auf [6]. Die Therapieadhärenz der Patienten ist durch das gestärkte ArztPatienten-Bündnis und die erlernte Eigenverantwortung deutlich besser. Schwerwiegende thromboembolische Komplikationen und die Mortalität können gegenüber der ärztlichen Routinekontrolle signifikant um 55 bzw. 30 % reduziert werden [5]. Fabian Sandner, Nürnberg
Literatur 1 Connolly SJ et al. N Engl J Med 2009; 361:1139-1151 2 Patel MR et al. N Engl J Med 2011; 365:883-891 3 Leitfaden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) 2012; Version 1.0 4 Wallentin L et al. Lancet 2011;376:975983 5 Heneghan et al. Lancet 2012;379:322-334 6 Koertke H, Koerfer R. Ann Thorac Surg 2001;72:44-48 7 Camm A et al. Eur Heart J 2010;31:23892429 8 Taborski U et al. Semin Thromb Hemost 1999;25:103-107
Chronisches Handekzem: Frühzeitiger Einsatz von Alitretinoin ist empfehlenswert
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andekzeme gehören zu den häufigsten Hauterkrankungen. Der oft chronische oder chronisch-rezidivierende Verlauf ist mit erheblichen psychosozialen Auswirkungen und Einschränkungen der Lebensqualität verbunden. Etwa jeder zehnte Erwachsene zwischen dem 20. und 65. Lebensjahr leidet an einem chronischen Handekzem, davon ca. 6 % an einer schweren Form. In mehr als der Hälfte der Fälle tritt die Erkrankung berufsbedingt auf, was oft lange Arbeitsausfälle zur Folge hat. Aufgrund der hohen direkten und indirekten Kosten, die die Erkrankung verursacht, ist das chronische Handekzem von enormer sozialmedizinischer und gesundheitsökonomischer Bedeutung [1]. Eine konsequente Prävention, frühzeitige Therapie und eine stadiengerechte Behandlung der Erkrankung nach Leitlinie sollten daher etablierter Standard sein. Leitliniengerechte Behandlung in 3 Stufen
2009 wurde in Deutschland die weltweit erste Leitlinie zum Management des Handekzems entwickelt, die mittlerweile auch in anderen Ländern Nachahmer gefunden hat. Entsprechend diesen Empfehlungen erfolgt die Therapie stufenförmig in Abhängigkeit von der Schwere und Chronizität der Erkrankung. In allen Fällen
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ist neben der Vermeidung von Triggerfaktoren und Hautschutzmaßnahmen eine externe Basistherapie erforderlich. Bei leichtem Handekzem (Stufe 1) sind antipruriginöse und antiseptische Wirkstoffe, topische Glukokortikoide oder Calcineurin-Inhibitoren sowie Iontophorese indiziert. Für mittelschwere und schwere Formen (Stufe 2) werden zusätzlich hochpotente topische Glukokortikoide, UV-Therapie und/oder systemisches Alitretinoin empfohlen. Persistierende oder chronisch rezidivierende Handekzeme (Stufe 3) bedürfen grundsätzlich einer systemischen immunmodulierenden Therapie [1]. Topische Glukokortikoide als ein zentraler Bestandteil der antientzündlichen externen Behandlung eignen sich am besten zur kurzzeitigen Behandlung im akuten Schub. Sie sollten jedoch nicht über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden. Denn unter den bekannten Nebenwirkungen dieser Wirkstoffgruppe sind Hautatrophie und epidermale Barriereschädigung beim Handekzem besonders von Bedeutung. Das erschwert die funktionelle Wiederherstellung der Hautbarriere, was wiederum die langfristige Abheilung und medizinische Rehabilitation gefährdet [1]. Die Auswertung von 223 Patientendaten einer deutschen Multicenterstudie [2] ergab, dass das gegenüber topischen Steroiden therapierefraktäre chronische © VERLAG PERFUSION GMBH
Aktuelle Therapiekonzepte Für die Praxis
Alitretinoin Das Vitamin-A-Derivat Alitretinoin (Toctino®) ist angezeigt bei Erwachsenen mit schwerem chronischem Handekzem, das nicht auf potente topische Kortikosteroide anspricht. Im Gegensatz zu anderen Retinoiden bindet Alitretinoin an die Rezeptoren beider nukleärer Retinoid-Rezeptorfamilien – Retinsäure-Rezeptoren (RAR) und Retinoid-X-Rezeptoren (RXR). Die immunregulatorische Hemmung von Entzündungszellen stellt einen Hauptwirkmechanismus von Alitretinoin beim Handekzem dar [3]. Alitretinoin wird in der Regel einmal täglich in einer Dosis von 30 mg zu einer fetthaltigen Mahlzeit eingenommen, um eine hohe Bioverfügbarkeit zu erreichen. Ein Behandlungszyklus dauert 12– 24 Wochen.
Hand ekzem erhebliche sozioökonomische Kosten verursacht, die insbesondere bei hospitalisierten Patienten mit dem klinischen Schweregrad der Erkrankung und den Therapiestufen überproportional zunehmen. Den Autoren zufolge können neue Behandlungsoptionen, wie z.B. Alitretinoin, zu einer Kostenreduktion beitragen. Alitretinoin: erste spezifische systemische Therapie
Seit 2008 steht mit dem VitaminA-Derivat Alitretinoin (Toctino®) das erste und bisher einzige zugelassene Medikament zur spezifischen systemischen Therapie des schweren chronischen Hand ekzems zur Verfügung [3]. Wie die zulassungsrelevante Phase-IIIStudie (BACH-Studie) mit 1032 Patienten zeigte, wurden unter der Behandlung mit 1 × täglich 30 mg Alitretinoin die Handekzem-Symptome innerhalb von 12–24 Wochen im Mittel um 75 % reduziert. Bei fast jedem zweiten Patienten heilten die Hautveränderungen sogar vollständig bzw. fast vollständig ab [4]. Diese klinischen Beobachtungen wurden durch Ergebnisse aus Untersuchungen zur Barrierefunktion bei den mit
Alitretinoin behandelten Patienten bestätigt. Neben immunologischen Veränderungen, die auf eine antiinflammatorische Wirkung hinweisen, gab es Anzeichen für eine Wiederherstellung und nachhaltigen Stabilisierung der epidermalen Barriere [5]. Daher wird der Einsatz des systemisch wirksamen Vitamin-A-Derivats in der aktuellen DDG-Leitlinie bereits bei mittelschweren bis schweren Handekzemen empfohlen [1]. Umfangreiche Datenlage zur Anwendung von Alitretinoin im klinischen Alltag
Aus Sicht der Versorgungsforschung ist es von hohem Interesse, neben den zulassungsrelevanten klinischen Daten auch umfangreiche Informationen aus dem therapeutischen Praxisalltag zu gewinnen. Dazu wurde in der ersten nicht interventionellen Studie TOCCATA [6] der Therapieerfolg mit Alitretinoin unter Praxisbedingungen an Patienten mit schwerem chronischem Handekzem, das auf potente topische Kortikosteroide nicht ansprach, untersucht. Insgesamt nahmen 680 Patienten aus 349 Zentren teil. Die Wirksamkeit wurde anhand des „Physician Glo-
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bal Assessment“ über 12 bis maximal 24 Wochen bewertet. Nach einer durchschnittlichen Behandlungsdauer von 5 Monaten kam es bei 57 % der Patienten zu einer vollständigen oder fast vollständigen Abheilung der Ekzeme. Alle Ekzemformen sprachen gut auf die Therapie an, wobei eine kürzere Vorerkrankungsdauer (≤1 Jahr) rascher zum Ansprechen führte. Die Therapieadhärenz war hoch: Nur 6 % der Patienten beendeten die Behandlung innerhalb des ersten Monats [6]. Unter der Behandlung mit Alitretinoin kam es zu einer Reduktion krankheitsbedingter Ausfallzeiten von über 50 %, und mehr als die Hälfte der Patienten konnte bereits nach 12 Wochen ohne durch das Handekzem bedingte Ausfallzeiten wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden [7]. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur 1 Diepgen TL, Elsner P, Schliemann S, et al. Guideline on the management of hand eczema. J Dtsch Dermatol Ges 2009;7 (Suppl. 3):S1-S16 2 Augustin M et al. Cost-of-illness of patients with chronic hand eczema in routine care: results from a multicenter study in Germany. Br J Dermatol 2011;165:845851 3 Fachinformation Toctino® Stand: Januar 2013 4 Ruzicka T, Lynde CW, Jemec GBE et al. Efficacy and safety of oral alitretinoin (9cis retinoic acid) in patients with severe chronic hand eczema refractory to topical corticosteroids: results of a randomized, double-blind, placebo-controlled, multicentre trial. Br J Dermatol 2008;158:808817 5 Abdollahnia M, Drozdenko G, Soost S et al. Investigating the epidermal barrier function and the immune response upon systemic treatment of hand eczema with alitretinoin; ESCD 2010 P029 6 Diepgen T Pfarr E, Zimmermann T. Efficacy and tolerability of alitretinoin for chronic hand eczema under daily practice conditions: Results of the TOCCATA open study comprising 680 patients. Acta Derm Venereol 2012;92:102-103 7 Diepgen T, Kuessner D, ISPOR 2012; PSS17 © VERLAG PERFUSION GMBH
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S
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
chon relativ früh im Verlauf einer chronischen Nierenerkrankung (CKD) kann es zu einer Erhöhung der Phosphatwerte im Serum kommen. Dies wird von den Patienten in der Regel nicht bemerkt, führt aber langfristig zu einem Krankheitsbild, das früher als renale Osteodystrophie, heute als CKD-MBD (chronic kidney disease – mineral and bone disorder) bezeichnet wird. Neben einer Vergrößerung der Nebenschilddrüse und gesteigerter Ausschüttung von Parathormon (PTH) geht auch ein stärkerer Knochenumbau damit einher. Kalzium und Phosphat werden vermehrt freigesetzt und die Knochenstabilität nimmt spürbar ab. Besonders gefährlich aber ist die infolge erhöhter Phosphatwerte auftretende Verkalkung von Arterien und Weichteilen. Diese vaskulären Kalzifizierungen betreffen sämtliche Gefäßabschnitte und insbesondere die Tunica media der großen Arterien. Die damit verbundene Versteifung der Gefäße führt zur Entstehung einer linksventrikulären Hypertrophie mit der Folge einer Beeinträchtigung der koronaren Perfusion. Hieraus resultieren Herzinsuffizienz und plötzlicher Herztod aufgrund maligner Arrhythmien, die beiden häufigsten kardiovaskulären Todesursachen bei Dialysepatienten. Aber auch Patienten im Prädialysestadium haben bereits ein erhöhtes Risiko in Bezug auf die kardiovaskuläre Mortalität. Daher sollte zur Vermeidung eines das Mortalitätsrisiko erhöhenden Gefäßschadens der Phosphatspiegel frühzeitig kontrolliert und im angestrebten Zielbereich von <1,45 mmol/l (KDIGOEmpfehlung) bzw. <1,78 mmol/l (KDOQI-Empfehlung) gehalten werden. Bei Dialysepatienten sollten Werte in Richtung des Normbereichs angestrebt werden.
Potente Phosphatbindung – Voraussetzung für eine balancierte Ernährung bei chronischer Niereninsuffizienz Gratwanderung zwischen Mangelernährung und Gefäßverkalkung
Die Hauptquelle für Phosphat im menschlichen Körper ist die Nahrung. Insbesondere Proteine enthalten viel Phosphat. Der naheliegende Gedanke, eine proteinarme Ernährung könnte helfen, das Problem der Phosphatbelastung zu lösen, führt jedoch in die falsche Richtung. Zwar wird die diätetische Phosphatrestriktion sowohl in den KDIGO- (Improving Global Outcomes, 2009) als auch den KDOQI- (Kidney Disease Outcomes Quality Initiative, 2003) Leitlinien empfohlen, gleichzeitig aber scheint eine strikte Proteinrestriktion das Mortalitätsrisiko zu erhöhen, wie in einer großen Studie (Shinaberger CS et al. Am J Clin
Nutr 2008;88:1511-1518) gezeigt werden konnte. Bei 30.152 Hämodialysepatienten, die in 4 Gruppen aufgeteilt waren, wurden die Proteinzufuhr und das Serumphosphat gemessen und in Beziehung zum Überleben gesetzt. Das 3-JahresMortalitätsrisiko war dabei nur für diejenigen erniedrigt, die eine erhöhte Proteinzufuhr bei gleichzeitig reduziertem Serumphosphat aufweisen konnten. Phosphatbinder unentbehrlich bei terminaler Niereninsuffizienz
Phosphatbinder spielen derzeit die zentrale Rolle beim Phosphatmanagement niereninsuffizienter Patienten. Ergebnisse mehrerer Beobachtungsstudien (ArMoRR, DOPPS, COSMOS) zeigen einen
Lanthancarbonat Der kalziumfreie Phosphatbinder Lanthancarbonat (Fosrenol®) wird in Form von Kautabletten oder als Pulver verabreicht, das mit der Nahrung vermischt wird. Im sauren Milieu des Magens werden aus dem Salz Lanthanionen freigesetzt, die eine hohe Affinität für das mit der Nahrung aufgenommene Phosphat besitzen. Es bildet sich unlösliches Lanthanphosphat, das die Resorption von Phosphat aus dem Magen-Darm-Trakt verringert. Lanthan wird nicht metabolisiert und vorwiegend über den Stuhl ausgeschieden. Mit Ausnahme von Kopfschmerzen und allergischen Hautreaktionen sind die meisten als häufig genannten Nebenwirkungen gastrointestinale Reaktionen, die auf ein Minimum reduziert werden können, wenn Fosrenol® zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen wird.
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signifikanten Überlebensvorteil für Dialysepatienten, die frühzeitig mit einem Phosphatbinder behandelt worden waren. Dabei sollte ein idealer Phosphatbinder hocheffektiv und pH-unabhängig Phosphat binden, keine wesentliche systemische Absorption zeigen, keine beeinträchtigenden Nebenwirkungen aufweisen, angenehm und mit geringer Tablettenlast einzunehmen sein und schließlich ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen. Kalziumhaltige Phosphatbinder weisen einige dieser Charakteristika auf, höhere Dosen sind aber potenziell mit einem Gefäßverkalkungsrisiko assoziiert. SevelamerHCl bzw. -carbonat und Lanthanumcarbonat sind derzeit die beiden etablierten und verfügbaren kalziumfreien Phosphatbinder. Letzterer macht sich die phosphatbindende Potenz der „seltenen Erde“ Lanthan zunutze. Kalziumfreie Phosphatbinder scheinen im Vergleich zu den kalziumhaltigen Substanzen bei Dialysepatienten die Progression kardiovaskulärer Verkalkungen zu verlangsamen bzw. aufzuhalten. Bereits seit 6 Jahren bewährt sich Lanthancarbonat in Form von Kautabletten (Fosrenol®), die in der Regel dreimal täglich zu den Mahlzeiten eingenommen werden. Neu eingeführt wurde jetzt Lanthancarbonat in Pulverform, das direkt mit etwas Nahrung vermischt eingenommen wird. Dies hat den Vorteil, dass das Phosphatmanagement ohne hohe Tablettenlast, ohne unangenehme Geschmackserlebnisse und ohne Flüssigkeitszufuhr erfolgen kann. Fabian Sandner, Nürnberg Quelle: Einführungspressekonferenz Fosrenol® Pulver anlässlich des Weltnierentages und des Nephrologischen Seminars 2013 in Heidelberg. Veranstalter Shire Deutschland GmbH.
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Diabetische Gastropathie: Unterstützung für Magen und Darm mit Gastritol® Liquid
E
ine häufige und über lange Zeit stark unterschätzte Konsequenz des Diabetes mellitus ist die diabetische Gastropathie, die in Kombination mit der häufig daraus resultierenden Störung der Darmflora (Dysbiose) insbesondere langjährigen Diabetikern erhebliche gastrale Beschwerden bereiten kann [1]. Die diabetische Gastropathie weist eine hohe Inzidenz auf. Bei einer Magenfunktionsprüfung von Diabetikern mit modernen Methoden wie der Magenszintigraphie oder Elektrogastrographie lässt sich bei bis zu 50 % aller Betroffenen eine Beeinträchtigung der Magenentleerung nachweisen [2]. Durch eine verzögerte Magenentleerung wird unter anderem das Zusammenwirken zwischen Kohlenhydratresorption und Medikamentenwirkung, insbesondere Insulin, beeinträchtigt [3, 4]. Komplexe Pathogenese
Die Ursachen der diabetischen Gastropathie sind bis heute nicht vollständig geklärt. Man geht davon aus, dass hyperglykämische Zustände eine wichtige Rolle in der Genese spielen. Wichtig für das pathologische Geschehen bei dieser autonomen Neuropathie sind nach derzeitigem Kenntnisstand Störungen der Vagusimpulsgebung, eine beeinträchtigte
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Fundusspannung, peristaltische Dysrhythmien, eine Reduktion der Antrumbeweglichkeit sowie die verminderte Koordination zwischen Antrum und Duodenum. Als Folge der gestörten gastrointestinalen Motilität steigt auch die Bakterienbesiedlung und es kann sich eine Dysbiose mit Symptomen wie Nausea, Erbrechen, schlechte Nahrungsresorption, Meteorismus, Verstopfung oder Diarrhö entwickeln [5–7]. Hinzu kommt, dass sich durch das mikrobielle Ungleichgewicht im Darm sogar eine Resistenz gegenüber verschiedenen Medikamenten manifestieren kann [8]. Eine anhaltende und fortschreitende Dysbiose kann zusätzlich zur Verzögerung entlang der Darmpassage führen, was die gastrointestinalen Beschwerden deutlich verstärkt [9]. Diese funktionsbezogenen Aspekte bilden in dem hochkomplexen Wechselspiel nur eine pathophysiologische Seite ab, da Blutzuckerschwankungen selbst auch dyspeptische Beschwerden bis hin zu idiopathischer Übelkeit auslösen können [10]. Der abdominale Symptomenkomplex der diabetischen Gastropathie ist ebenso charakteristisch: frühzeitiges Sättigungsgefühl, Nausea, anhaltendes Völlegefühl, Singultus und Sodbrennen, Meteorismus, ein aufgetriebenes Abdomen und – häufig intermittierend – auch gas© VERLAG PERFUSION GMBH
Aktuelle Therapiekonzepte Für die Praxis
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Gastritol® Liquid Gastritol® Liquid ist ein traditionelles pflanzliches Arzneimittel, das bei Erwachsenen zur Linderung von leichten Verdauungsbeschwerden (z.B. Völlegefühl, Blähungen) sowie leichten krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Trakt angewendet wird. 10 ml Gastritol® Liquid enthalten die folgenden Wirkstoffe: • 2,0 ml Auszug aus Kamillenblüten (Matricariae flos Extr. fld.) • 3,5 ml Auszug aus Gänsefingerkraut (Potentillae anserinae herba Extr. fld.) • 1,5 ml Auszug aus Süßholzwurzel (Liquiritiae radix Extr. fld.) • 0,5 ml Auszug aus Angelikawurzel (Angelicae radix Extr. fld.) • 0,5 ml Auszug aus Benediktenkraut (Cnici benedicti herba Extr. fld.) • 0,5 ml Auszug aus Wermutkraut (Absinthii herba Extr. Fld.) Auszugsmittel ist Ethanol 40 % bzw. 45 %.
trale Spasmen [2]. Typisch ist der diätetische Einfluss: Fette Speisen, scharfe Gewürze, Alkohol und Kaffee wirken meist erheblich symptomverstärkend. Mit Gastritol® Liquid der Symptomatik begegnen
Die nationale Versorgungsleitlinie zur Neuropathie gibt zur autonomen diabetischen Neuropathie folgende Empfehlung aus: Die Behandlung von manifesten Störungen des Gastrointestinaltrakts erfolgt symptomorientiert und nach den auch für Menschen ohne Diabetes mellitus gültigen Vorgaben unter Berücksichtigung der diabetischen Risiken und Kontraindikationen sowie einer guten Diabetes einstellung [11].
Da gerade bei langjährigen Diabetikern die Themen Multimorbidität und Polymedikation eine große Rolle spielen und vor dem Hintergrund möglicher Interaktionen einen limitierenden Faktor in der Medikation darstellen, bietet sich bei diabetischer Gastropathie der Einsatz eines pflanzlichen Arzneimittels an. Gastritol® Liquid enthält die gastral wirksamen Pflanzenextrakte aus Gänsefingerkraut, Kamille, Süßholz, Benediktenkraut, Angelikawurzel und Wermut. Diese mit großer naturheilkundlicher Expertise aufeinander abgestimmten pflanzlichen Inhaltsstoffe haben sich über Jahrzehnte hinweg bei genau den Beschwerden bewährt, wie sie bei diabetischer Gastropathie in Verbindung mit einer Dysbiose zu beobachten sind. Gastritol® Liquid ist deshalb
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so gut geeignet, weil es den Magen und seine Schleimhaut beruhigt, spasmolytisch und antiphlogistisch wirkt, das Völlegefühl lindert und das gesamte Abdomen entspannt. Zusätzlich wird auch durch die adstringierende und antiseptische Wirkung des Gänsefingerkrauts, der erhöhten Bakterienbesiedlung entgegengewirkt. Mit Gastritol® Liquid kann daher gleichzeitig zwei häufig vorkommenden diabetischen Begleiterkrankungen entgegengewirkt werden; zudem setzt seine Wirkung meist schon nach kurzer Zeit ein. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur 1 Haslbeck M. MMW-Fortschr Med 2010; 11:45-48 2 Keller J. Diabetologe 2008;4:619-628 3 Haslbeck M. Z Gastroenterol 1990;28 (Suppl 1):39-42 4 Nationale VersorgungsLeitlinie. Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter. 2011. Vers. 1.2, Langfassung: 127 5 Qin J et al. Nature 2012;490:55-60 6 Bures J et al. World J Gastroenterol 2010; 16:2978-2990 7 Kirsch M. Am J Gastroenterol 1990; 85:231-237 8 University of Copenhagen. ScienceDaily 26 Sep. 2012. http://www.sciencedaily. com /releases/2012/09/120926133111. htm 9 Cuoco et al. Hepatogastroenterology 2002; 49:1582-1586 10 Rathman W. et al. Diabetes Care 1991; 14(11): 1086-1089 11 Nationale VersorgungsLeitlinie. Neuropathie – Kitteltaschenversion: Autonome diabetische Neuropathie (ADN) 2012. http:// www.versorgungsleitlinien.de/themen/diabetes2/dm2_neuro/pdf/nvl-t2d-neuro-kittel-adn.pdf
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Aktuelle Therapiekonzepte Für die Praxis
Luvos-Heilerde magenfein normalisiert die Magen-Darm-Tätigkeit und kann die Behandlung der funktionellen Magen-Darm-Erkrankungen Reizdarm und Reizmagen unterstützen. Die typischen, meist über Jahre anhaltenden Symptome wie Blähungen und Durchfall sowie Aufstoßen, Sodbrennen, Magendruck und Völlegefühl können durch Luvos-Heilerde magenfein gelindert werden, so dass sich die Lebensqualität der Betroffenen verbessert. Dies bestätigt eine Anwendungsbeobachtung, die in der Abteilung Naturheilkunde der Berliner Charité durchgeführt wurde*. * Anwendungsbeobachtung von Prof. Dr. Dr. Bernhard Uehleke, Abteilung Naturheilkunde der Charité, Universitätsmedizin Berlin im Immanuel-Krankenhaus Wannsee. 2013, eingereicht bei Kompendium Gastroenterologie, Thieme Verlag.
Die 64 teilenehmenden Patienten litten bereits jahre- oder sogar jahrzehntelang an den Symptomen von Reizmagen oder Reizdarm und hatten verschiedene Magen-DarmMittel ausprobiert. Das Ergebnis: Nach der Einnahme von LuvosHeilerde über 6 Wochen verbesserte sich das Beschwerdebild und die Lebensqualität wurde so deutlich gesteigert (Abb 1a und b).
Behandlung des Reizdarms und lindert Durchfall und Blähungen. Zudem wird durch die herausragende Säurebindungskapazität überschüssige Magensäure gebunden und die Magenschleimhaut geschützt. Die meist sehr lange bestehenden Beschwerden des Reizmagens – Aufstoßen, Sodbrennen, Magendruck und Völlegefühl – werden so natürlich behandelt.
Und so wirkt die Heilerde
Heilerde-Granulat für die bequeme Einnahme
Luvos-Heilerde besteht aus naturreinem Löss – einem feinen Gesteinspulver, das seinen Ursprung in der Eiszeit hat. Der für LuvosHeilerde verwendete Löss besticht neben dem anwendungsspezifischen Feinheitsgrad durch seine einzigartige natürliche Mischung aus Mineralien und Spurenelementen. Durch den hohen Feinheitsgrad ergibt sich eine große Oberfläche mit einem besonderen Bindungsvermögen. Die Ad- und Absorption schädlicher Stoffe unterstützt die 50
Luvos-Heilerde magenfein gibt es nicht nur als Pulver, sondern auch als Granulat, das unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit (ein halbes Glas Wasser, Mineralwasser oder Tee) heruntergeschluckt wird. Die Einnahme des Naturheilmittels Luvos-Heilerde magenfein sollte als Kur über mindestens 3–6 Wochen erfolgen, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. Elisabeth Wilhelmi, München Score
Unterstützung aus der Natur
Innovatives Heilerde-Granulat bei Reizdarm und Reizmagen
Score
I
n Deutschland leidet etwa jeder Zehnte unter anhaltenden Beschwerden wie Blähungen und Durchfall oder Völlegefühl, Magendruck und saurem Aufstoßen – ohne dass dem organische Ursachen oder andere mögliche Krankheiten zugrunde liegen. MagenDarm-Probleme sind ein Thema, über das die Betroffenen nicht gerne reden. Viele scheuen sogar den Gang zum Arzt. Kann dieser dann keine organischen Ursachen oder beispielsweise Nahrungsmittelunverträglichkeiten als Grund für die belastenden Beschwerden feststellen, so sind die Patienten mit der Diagnose „funktionelle MagenDarm-Erkrankung“ und mit ihren Problemen meist wieder auf sich allein gestellt. Dabei gibt es wirksame und effektive Hilfe gegen die quälenden Symptome – auch wenn keine organischen Ursachen zu finden sind.
40 30
30 20
20
10
10 0 Beginn
a)
40
21. Tag
0
42. Tag
Beginn
21. Tag
42. Tag
b)
Abbildung 1: Verlauf des Beschwerdescores a) bei Oberbauch- und b) bei Unterbauchbeschwerden über 6 Wochen bei Einnahme von Heilerde.
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Neue und bewährte Arzneimittel
W
eichteilsarkome sind mit 1 % aller malignen Tumoren des Erwachsenen und ca. 15 % kindlicher/juveniler Tumoren sehr selten und werden häufig erst in lokal fortgeschrittenen oder bereits metastasierten, nicht mehr operablen Stadien diagnostiziert, da sie keine typischen Symptome verursachen. Erschwerend kommt hinzu, dass etwa 40 % aller Weichteilsarkome im Verlauf der Erkrankung metastasieren. Vorrangiges Ziel der Therapie des metastasierten Weichteilsarkoms ist die Verhinderung der weiteren Progression unter Erhaltung der bestmöglichen Lebensqualität. Das mediane Gesamtüberleben von Patienten mit metastasiertem Weichteilsarkom liegt bei etwa 18 Monaten, wie eine retrospektive Analyse der French Sarkoma Group ergeben hat [1]. Die Analyse zeigt auch, dass sich das Überleben innerhalb eines Zeitraumes von 20 Jahren (1987–2006) nur um etwa ein halbes Jahr verlängert hat. Erstlinientherapie: Doxurubicin nach wie vor Standard
In der Erstlinientherapie des metastasierten Weichteilsarkoms hat sich seit den frühen 70er Jahren keine Änderung ergeben. Hier gilt weiterhin Doxorubicin als Standard. Eine randomisierte Phase-III-Studie der EORTC konnte für die Kombination von Doxorubicin mit Ifosfamid zwar ein längeres progressionsfreies Überleben und ein verbessertes Ansprechen zeigen, dies übersetzte sich aber nicht in ein verlängertes Gesamtüberleben [2]. Daher sollte diese Kombination nur Patienten mit einer Chance auf eine Tumorresektion bzw. eine kurative Metastasektomie sowie hoch symptomatischen Patienten vorbehalten sein.
Weichteilsarkome: Pazopanib für die Zweitlinientherapie Zweitlinientherapie: abhängig vom Sarkomtyp
Schreitet der Krebs trotz adjuvanter Therapie fort, werden verschiedene Substanzen eingesetzt, wobei es aber nur sehr wenige für diese Indikation zugelassene Medikamente gibt, die in Phase-IIIStudien getestet wurden, und die histologischen Tumortypen außerdem sehr unterschiedlich auf die Chemotherapeutika ansprechen. Bei den Lipo- und Leiomyosarkomen sowie Synovialsarkomen hat das seit etwa 5 Jahren zugelassene Trabectedin zu guten Tumorstabilisierungsraten geführt. Seit August 2012 erweitert der MultiTyrosinkinase-Inhibitor Pazopanib (Votrient®) die Therapiemöglichkeiten für Leiomyosarkome, maligne Glomustumoren, maligne periphere Nervenscheidentumoren sowie für andere ausgewählte
Subtypen wie z.B. fibroblastische und fibrohistozytische Sarkome, Skelettmuskelsarkome, vaskuläre Sarkome sowie Sarkome mit ungewisser Differenzierung. Pazopanib wird oral verabreicht und wirkt zielgerichtet gegen die Blutgefäßneubildung von Tumoren [3]. Drei Mal längeres medianes PFS mit Pazopanib gegenüber Placebo
Die Zulassung von Pazopanib basiert auf den Ergebnissen der randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studie PALETTE (Pazopanib explored in soft tissue sarcoma) [4]. Eingeschlossen waren Patienten, die unter bzw. nach vorangegangener Chemotherapie mit Anthrazyklinen erneut progredient waren und mindestens eine messbare Ausgangsläsion nach den RECIST-Kriterien
Pazopanib Pazopanib (Votrient®) ist ein oraler Multi-Tyrosinkinase-Inhibitor, der an den Rezeptor-Tyrosinkinasen VEGFR (Vascular Endothelial Growth Factor Receptor) 1, 2 und 3, am PDGFR (Platelet-Derived Growth Factor Receptor) und an c-kit (Stem Cell Factor Receptor) angreift, die an der Angiogenese und am Tumorzellwachstum beteiligt sind [3]. Votrient® ist angezeigt zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit ausgewählten Subtypen eines fortgeschrittenen Weichteilsarkoms, die vorher eine Chemotherapie ihrer metastasierten Erkrankung erhalten hatten oder die innerhalb von 12 Monaten nach einer (neo-)adjuvanten Therapie progredient wurden. Außerdem ist Pazopanib zugelassen zur Erstlinien-Behandlung von erwachsenen Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom.
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Endpunkt progressionsfreies Überleben
ITT gesamt Median (Wochen)
Leiomyosarkom Median (Wochen)
Pazopanib
n=246 20,0
n=109 20,1
n=123 7,0 n=49 8,1
Synovialsarkom-Untergruppen n=25 Median (Wochen) 17,9 „Andere WTS“-Untergruppen Median (Wochen)
Placebo
n=13 4,1
n=112 20,1
n=61 4,3
HR (95 % KI)
p-Wert (zweiseitig)
0,35 (0,26–0,48)
<0,001
änderungen der Grade 3/4, die bei Patienten im Pazopanib-Arm beobachtet wurden, waren Anstiege der ALT/AST.
0,37 (0,23–0,60)
<0,001
Fazit
0,43 (0,19–0,98)
0,005
0,39 (0,25–0,60)
<0,001
Pazopanib (Votrient®) ist der einzige Tyrosinkinase-Inhibitor für die Zweitlinientherapie von Patienten mit metastasierten Weichteilsarkomen, dessen klinische Evidenz auf Phase-III-Daten beruht. In der Zulassungsstudie konnte eine klare Wirksamkeit bei zum Teil stark vorbehandelten Patienten nachgewiesen werden. Das Verträglichkeitsprofil von Pazopanib ist gut charakterisiert; während der Behandlung sollte vor allem auf eine regelmäßige Kontrolle des Blutdrucks und der Leberwerte sowie auf einen Pneumothorax und Herzinsuffizienz geachtet werden. Von besonderem Vorteil ist, dass Pazopanib oral verabreicht wird, sodass die Patienten in Absprache mit dem Arzt ambulant behandelt werden und ihre Therapie selbst steuern können. Brigitte Söllner, Erlangen
Progressionsfreies Überleben (ITT)
100
PFS (%)
80
Placebo
60
Pazopanib
40 20 0
0
20
40
60
80
100
Zeit seit Randomisierung (Wochen)
Tabelle 1: Ergebnisse der PALETTE-Studie zur Wirksamkeit von Votrient® bei unterschiedlichen Subgruppen des Weichteilsarkoms [3, 4].
hatten. In Abstimmung mit den Zulassungsbehörden waren die Tumorstabilisierungsraten vor Studienbeginn in 4 Kohorten mit unterschiedlichen histologischen Subtypen getestet worden. Dabei stellte sich in der Gruppe der adipozytären Sarkome keine ausreichende Aktivität dar, sodass diese Gruppe für die weitere Phase-IIIPrüfung ausgeschlossen wurde. Untersucht wurden die 3 SarkomUntergruppen „Leiomyosarkom“, „Synovialsarkom“ und „andere WTS-Untergruppen“. Die insgesamt 369 Patienten der Intent-to-treat-Population erhielten im Verhältnis 2:1 randomisiert einmal täglich 800 mg Pazopanib (n=246) bzw. Placebo (n=123). Als primärer Endpunkt wurde das progressionsfreie Überleben (PFS) der Gesamtpopulation festgelegt. Sekundäre Endpunkte beinhalteten das Gesamtüberleben (OS), die Gesamtansprechrate sowie die Dauer des Ansprechens.
Die zielgerichtete Therapie mit Pazopanib führte gegenüber Placebo zu einer signifikanten Verlängerung des medianen PFS von 7 auf 20 Wochen. Bei einer HR von 0,35 (95% KI 0,26–0,48; p<0,001) kam es in der gesamten Studienpopulation zu einer 65%igen Reduktion des Progressionsrisikos im Vergleich zu Placebo. Dabei profitierten alle 3 getesteten Subgruppen in ähnlicher Weise von Pazopanib (Tab. 1). In der Gesamtüberlebensanalyse zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied (p=0,256), jedoch ergab sich ein Trend zum längeren Überleben für Pazopanib mit 12,6 Monaten im Vergleich zu Placebo (10,7 Monate). Die häufigsten Nebenwirkungen über alle Grade waren Fatigue 47 %, Diarrhö 46 %, Übelkeit 44 % und Hypertonie 40 %. Die Nebenwirkungen waren meistens leicht bis mäßig ausgeprägt (Grad 1/2). Die häufigsten Laborwertver-
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Literatur 1 Italiano S et al. J Clin Oncol 2010;28:15s (Suppl): Abstr. 10045 2 Judson et al. Ann Oncol 2012;23 (Suppl 9):ixe28 3 Fachinformation Votrient®, Stand Dezember 2012 4 Van der Graaf WT, Blay JY, Chawla S, et al. Pazopanib for metastatic soft-tissue sarcoma (PALETTE): a randomised, doubleblind, placebo-controlled phase 3 trial. Lancet 2012; 379:1879-1886
Quelle: Vortrag von PD Dr. med. Lars Lindner, Interdisziplinäres Zentrum für Knochenund Weichteiltumoren (SarKUM) des Klinikums der Universität München, Campus Großhadern, anlässlich des Fachpresse-Workshops „Onkologie“ am 13. Mai 2013 in München © VERLAG PERFUSION GMBH
Neue und bewährte Arzneimittel
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Knochenmetastasen bei soliden Tumoren: Denosumab verzögert skelettbezogene Komplikationen
er RANK-Ligand-Inhibitor Denosumab (Xgeva®) verzögert das Auftreten erster wie auch nachfolgender Skelettkomplikationen (SRE, skeleteal related events) bei Patienten mit Knochenmetastasen aufgrund solider Tumoren. Dieser Effekt ist gegenüber der Gabe der Bisphosphonate Zoledronsäure und Pamidronsäure und auch gegenüber Placebo signifikant, wie eine im European Journal of Cancer publizierte Metaanalyse belegt [1]. Gesamtüberleben. Die MetaanaIn der EU ist Denosumab zur lyse erfolgte bei 3 PatientengrupPrävention von Knochenkom- pen, und zwar bei Patienten mit plikationen wie pathologischen Brustkrebs, Patienten mit ProstaFrakturen, Knochenbestrahlung, takrebs und bei Patienten mit anRückenmarkkompression oder deren soliden Tumoren. 8 Studien Operationen am Knochen bei wurden insgesamt eingeschlosErwachsenen mit Knochenmeta- sen, davon 4 Studien bei Frauen stasen aufgrund solider Tumoren mit Brustkrebs, 2 bei Männern zugelassen. mit Prostatakarzinom und 2 bei Primärer Endpunkt der in die Patienten mit anderen soliden Analyse eingeflossenen Studien Tumoren. 3 Studien verglichen war die Zeit bis zum Auftreten Denosumab mit Zoledronsäure, 3 des ersten SRE sowie nachfol- Zoledronsäure mit Placebo, eine gender Knochenkomplikationen. Zoledronsäure mit PamidronsäuSekundäre Endpunkte waren re und eine Pamidronsäure mit die allgemeine skelettbezogene Placebo. Insgesamt 24–73 % der Der Teufelskreis der Knochenzerstörung Morbidität sowie die Parameter Studienteilnehmer bei hatten bereits Schmerz, Lebensqualität und das ein SRE hinter sich. Knochenmetastasen Osteoblasten und andere Knochenzellen erhöhen die Expression von RANK-Ligand
Überexpression von RANK-Ligand: verstärkte Bildung und Funktion sowie ein längeres Überleben von Osteoklasten => übermäßige Knochenresorption
RANK Ligand Osteoblasten
Tumorzellen: Sekretion von Faktoren, die Osteoblasten zur Sekretion von RANKLigand anregen (z.B. TNF, IL-1, TGF-β)
1. Nach: Boyle WJ, et al. Nature 2003;423:337–42; 2. Roodman GD. N Engl J Med 2004;350:1655–64.
Die Metaanalyse dokumentiert eine überlegene Wirksamkeit von Denosumab: Der RANK-LigandInhibitor verlängerte signifikant die Zeit bis zum Auftreten eines ersten SRE bei Patienten mit Knochenmetastasen als Folge von Brustkrebs, Prostatakrebs und anderen soliden Tumoren gegenüber beiden Bisphosphonaten und auch gegenüber Placebo/Best Supportive Care (BSC). „Denosumab erwies sich als effektiver beim Verlängern der Zeit bis zum ersten SRE und auch bei der Reduktion des Risikos für das erste wie Schlüsselkomponenten des RANK/ RANKLigand/OPG-Signalwegs: RANK-Ligand • Von Osteoblasten exprimiert • Bindet an RANK • Fördert Bildung, Funktion und Überleben von Osteoklasten RANK • Exprimiert durch Osteoklasten und deren Vorläuferzellen • Aktivierung durch Bindung an den RANK-Liganden
Osteoklast
Tumor
Überlegene Behandlungseffekte unter Denosumab
Knochenresorption: Freisetzung von Wachstumsfaktoren aus der Knochenmatrix, die die Tumoraktivität fördern (PDGF, BMPs, TGF-β, IGFs, FGFs, Ca2+)
Osteoprotegerin (OPG) • Natürlicher Inhibitor des RANK-Liganden • Blockiert das RANK-Ligand-Signalling, um das Knochenremodeling ins Gleichgewicht zu bringen
Abbildung 1: Der Teufelskreis der Knochenzerstörung bei Knochenmetastasen [2, 3] (© Amgen GmbH). JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2013 · 22. JAHRGANG
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Neue und bewährte Arzneimittel
Zwei unterschiedliche Mechanismen: Denosumab und Biphosphonate
Denosumab hemmt den RANK-Liganden
Denosumab fängt freien Denosumab: RANK-Ligand und Antikörper vollhumaner ab monoklonaler Affinität undBildung, Spezifität für hemmthohe dadurch humanen RANK-Ligand1 Funktion und Überleben Hindert RANK-Ligand an der Aktivierung von RANK auf der der Osteoklasten Oberfläche von Osteoklasten und -
vorläuferzellen1 Imitiert die endogenen Wirkungen von OPG1
RANK Ligand
In klinischen Studien wurden keine neutralisierenden Antikörper gefunden24
Osteoklast
Osteoblasten
Denosumab:
Biphosphonate werden bei der Knochenresorption von den Osteoklasten aufgenommen. Sie hemmen essentielle Enzymwege und induzieren eine Inaktivierung oder Apoptose der Osteoklasten.
1. McClung MR et al. New Engl J Med 2006;354:821–31; 2. Stopeck AT et al. J Clin Oncol 2010;28:5132–9; 3. Fizazi K et al. Lancet 2011; Lancet 2011;377:813–22; 4. Henry DH et al. J Clin Oncol 2011;29:112532.
Tumor
• Vollhumaner monoklonaler Antikörper • Hohe Affinität und Spezifität für humanen RANK-Ligand • Hindert RANK-Ligand an der Aktivierung von RANK auf der Oberfläche von Osteoklasten und -vorläuferzellen • Imitiert die endogenen Wirkungen von OPG
1. Nach Roodman N Engl J Med. 2004;350:1655-1664. Abbildung 2: ZweiGD. unterschiedliche Wirkmechanismen: Denosumab und Bisphosphonate [4] (© Amgen GmbH).
auch nachfolgende SRE als Zoledronsäure, Pamidronsäure und Placebo“, schreiben die Autoren in ihrer Publikation. Bei Patienten mit Brustkrebs und auch bei Patienten mit Prostatakrebs wurde außerdem die skelettbezogene Morbidität durch Denosumab effektiver gesenkt als durch Zoledronsäure sowie Placebo. Vorteile auch bei den Parametern Schmerz und Lebensqualität
Vorteile zeigte Denosumab ferner beim Parameter Schmerz, wobei die mittlere Zeit bis zum Auftreten moderater bis starker Schmerzen bei Frauen mit Brustkrebs signifikant länger war als unter Zoledronsäure (295 versus 176 Tage). Auch bei der Gruppe der Patienten mit anderen soliden Tumoren verzögerte Denosumab das Auftreten klinisch relevanter Schmerzen effektiver als Zoledronsäure, wie eine bislang erst als Abstract veröffentlichte Studie belegt. Beim Prostatakrebs zeigten die ebenfalls bislang nur als Abstract vorliegenden Daten keinen statistischen Unterschied. Die Metaanalyse lieferte ferner
Hinweise auf eine deutlich stärkere Besserung der Lebensqualität durch den RANK-Ligand-Inhibitor gegenüber Zoledronsäure bei Frauen mit Brustkrebs. Bei Patienten mit Prostatakrebs wie auch anderen soliden Tumoren gibt es zu diesem Parameter keine Daten. Keine signifikanten Unterschiede finden sich hinsichtlich des Gesamtüberlebens in der aktuellen Metaanalyse. Die Autoren betonen jedoch in der Publikation, dass eine Post-hoc-Analyse bei Patienten mit nicht kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) für Denosumab eine Verlängerung der Gesamtüberlebensrate belegt hat, allerdings auch eine reduzierte Überlebensrate bei Patienten mit multiplem Myelom*. Günstigeres Sicherheitsprofil
Für Denosumab spricht zudem laut Ford et al. [1] das günstige Sicherheitsprofil des Wirkstoffs. So ist die Nierentoxizität deutlich geringer als unter Zoledronsäure und es * Xgeva® ist zur Prävention von SRE bei Multiplem Myelom nicht zugelassen.
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kommt seltener zum Auftreten von Akutphasereaktionen. Dagegen ist bei Denosumab eine etwas höhere Rate an Kieferosteonekrosen sowie an Hypokalzämien zu beobachten. Ein zusätzlicher Vorteil von Denosumab neben der überlegenen Wirksamkeit ist die Tatsache, dass der RANK-Ligand-Inhibitor subkutan injiziert wird und ein Monitoring der Nierenfunktion unter der Behandlung nicht erforderlich ist. Zoledronsäure muss dagegen intravenös verabreicht werden und erfordert ein renales Monitoring mit entsprechender Dosisreduktion beim Auftreten einer eingeschränkten Nierenfunktion. Fabian Sandner, Nürnberg Literatur 1 Ford JA, Jones R, Elders A, et al. Denosumab for treatment of bone metastases secondary to solid tumours: Systematic review and network meta-analysis. Eur J Cancer 2013;49:416-430 2 Kostenuik PJ. Osteoprotegerin and RANKL regulate bone resorption, density, geometry and strength. Curr Opin Pharmacol 2005;5:618-625 3 Boyle WJ, Simonet WS, Lacey DL. Osteoclast differentiation and activation. Nature 2003;423:337-342 4 Roodman GD. Mechanisms of bone metastasis. N Engl J Med. 2004;350:16551664 © VERLAG PERFUSION GMBH
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A
uslöser akuter Bronchitiden sind zu über 90 % Viren. Damit steht keine kausale Behandlung zur Verfügung, so dass eine symptomatische Therapie empfohlen wird. Für GeloMyrtol® forte mit dem rein pflanzlichen Myrtol®* wurden mukolytische, sekretolytische sowie sekretomotorische Wirkungen nachgewiesen. Zäher Schleim wird gelöst, Sekret verflüssigt und das Abhusten gefördert. Hinzu kommen antientzündliche sowie antimikrobielle und bronchospasmolytische Effekte, so die Ergebnisse aus präklinischen Untersuchungen. Kontrollierte Studie bestätigt Wirkrationale
Die klinische Relevanz dieser Wirkmechanismen wird nun erneut durch die Ergebnisse einer randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Multicenterstudie bestätigt. Eingeschlossen wurden 413 Patienten mit definierten Kriterien einer akuten Bronchitis. Die Hälfte von ihnen litt unter schwerem oder sehr schwerem Husten, 86 % wiesen pathologische Auskultationsbefunde auf. Die Teilnehmer erhielten in 29 deutschen Behandlungszentren zufällig verteilt im Verhältnis 1 : 1 zwei Wochen lang täglich entweder 4 Weichkapseln GeloMyrtol® forte (1 Kapsel enthält 300 mg des pflanzlichen Wirkstoffs) oder 4 Placebo-Weichkapseln. Die Einnahme weiterer Medikamente wie z.B. Beispiel Antitussiva, Sekretolytika, inhalativer Glukokortikoide oder Antibiotika war nicht erlaubt. * Myrtol® ist ein Destillat aus einer Mischung von rektifiziertem Eukalyptusöl, rektifiziertem Süßorangenöl, rektifiziertem Myrtenöl und rektifiziertem Zitronenöl (66 : 32 : 1 : 1).
Neue und bewährte arzneimittel
Neue Studie bei akuter Bronchitis zeigt:
Schneller gesund mit Myrtol® Nach 7, 10 und 14 Tagen wurde der Verlauf der Krankheit dokumentiert [1]. Responderrate liegt über 90 Prozent
Die Therapiecompliance lag in beiden Gruppen bei 98 %. Nach einwöchiger Behandlung war die Zahl der Hustenanfälle mit GeloMyrtol® forte um durchschnittlich 62,1 % reduziert, in der PlaceboGruppe um 49,8 % – ein signifikanter Unterschied (p<0,0001). Alle sekundären Studienparameter sprachen zu den Untersuchungszeitpunkten konsistent für eine signifikant stärkere Wirkung des Phytotherapeutikums im Vergleich zur Kontrollgruppe. So betrug die Zeit bis zur 50%-igen Reduktion der Hustenanfälle unter GeloMyrtol® forte 5–6 Tage, unter Placebo 6–8 Tage.
Des Weiteren waren in der Verumgruppe • die Hustenfrequenz signifikant geringer; • die Reduktion täglicher Hustenanfälle signifikant ausgeprägter; • die Zahl der hustenfreien Patienten zum Studienende größer; • Probleme beim Abhusten signifikant seltener und • Schlafstörungen aufgrund nächtlichen Hustens signifikant seltener [1]. Die Responderraten (Heilung/ Symptomverbesserung) unter Behandlung mit GeloMyrtol® forte waren außerdem zu jedem Zeitpunkt signifikant höher als unter Placebo. Nach 14-tägiger Behandlung lag sie in der Verumgruppe bei über 90 %. Der Bronchitis Severity Score (BSS) war initial in beiden Gruppen gleich. Im weiteren Verlauf sank der BSS-Wert in der GeloMyrtol®-
Abbildung 1: Signifikante Verbesserung des Bronchitis Severity Scores (BSS) nach 10-tägiger Behandlung mit GeloMyrtol® forte [1].
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Neue und bewährte arzneimittel
Bortezomib subkutan – die bessere Option für Myelom-Patienten
Gruppe rasch ab und wies zu den Untersuchungszeitpunkten stets signifikant niedrigere Werte auf als in der Placebo-Gruppe. Dies traf auch auf BSS-Subscores zu (z.B. Husten, Sputummenge, Rasselgeräusche, Brustschmerzen, Dyspnoe) (Abb. 1). Langjährige Erfahrungen bei Bronchitis und Sinusitis
Diese Ergebnisse entsprechen den Resultaten einer früheren kontrollierten Parallelgruppenstudie, in der sich GeloMyrtol® forte ebenfalls als signifikant wirksamer im Vergleich zu Placebo erwiesen hatte [2]. Seit Jahrzehnten werden GeloMyrtol® und GeloMyrtol® forte in vielen Ländern zur Behandlung der akuten und chronischen Bronchitis sowie bei akuter und chronischer Sinusitis erfolgreich angewendet. Zu den Wirkeigenschaften liegen derzeit etwa 100 präklinische Studien vor, zur klinischen Effektivität und Verträglichkeit 27 klinische Studien. Demnach wirkt das Präparat in erster Linie als Verstärker der mukoziliären Clearance, einer Körperfunktion, die bei Entzündungen der oberen und unteren Atemwege gestört ist. Unter anderem wird die Sekretausscheidung gesteigert und die Zilienschlagfrequenz des respiratorischen Epithels gefördert. Damit unterstützt GeloMyrtol® forte wichtige Reinigungsmechanismen der Atemwege und gewährleistet eine gute Lungenfunktion. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur 1 Gillissen A, Wittig Th, Ehmen M et al. Drug Research 2013;63:19-27 2 Matthys H, de Mey C, Carls C et al. Arzneimittel Forsch 2000;50:700-711
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ortezomib (Velcade®), der erste Vertreter eines innovativen antitumoralen Wirkprinzips, der Proteasom-Inhibition, ist eine wichtige Säule in der Therapie von Patienten mit multiplem Myelom. Klinische Studien zeigen, dass Bortezomib die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung bei Patienten mit multiplem Myelom sowohl in der Erstlinienals auch in der Rezidivtherapie deutlich verlängern kann [1–3]. In der MMY-3021-Studie [4] konnte nachgewiesen werden, dass subkutan verabreichtes Bortezomib eine bessere Verträglichkeit bei gleicher Wirksamkeit gegenüber der intravenösen Gabe hat. Diese Resultate, die zur Zulassung der subkutanen Applikation von Bortezomib geführt haben, wurden nun auch in einer Follow-up-Auswertung über einen längeren Nachbeobachtungszeitraum bestätigt [5]. Bessere Verträglichkeit bei bewährter Wirksamkeit auch nach über 17 Monaten Nachbeobachtung
Die in die MMY-3021-Studie eingeschlossenen 222 Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem multiplem Myelom erhielten insgesamt über 8 Zyklen à 21 Tage 1,3 mg/m2 Bortezomib subkutan (n=148) oder intravenös (n=74).
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Bereits eine erste Auswertung der Studie zeigte eine bessere Verträglichkeit bei bewährter Wirksamkeit [4]. Eine Follow-up-Auswertung von Arnulf et al. mit einem Nachbeobachtungszeitraum von median 17,3 (Bortezomib s.c.) bzw. 17,8 (Bortezomib i.v.) Monaten bestätigte nun diese ersten Ergebnisse [5]. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 64,5 Jahre. Alle hatten mindestens eine Vortherapie erhalten, 37 % sogar 2 und mehr. Patienten, die erst spät auf die Bortezomib-Therapie ansprachen, erhielten 2 weitere Zyklen, wobei es bei median 8 Behandlungszyklen in beiden Gruppen blieb. Das Gesamtansprechen auf die Rezidivtherapie mit Bortezomib lag in der Nachbeobachtung in beiden Gruppen bei 52 % . In dem median 5,5 Monate längeren Beobachtungszeitraum erreichten mehr Patienten unter Bortezomib s.c. eine komplette oder nahezu komplette Remission als in der ersten Studienauswertung: Die Zahl dieser Patienten stieg von 29 auf 33 (23 %). Unter Bortezomib i.v. blieb es bei 16 Patienten (22 %) mit einer kompletten oder nahezu kompletten Remission. Auch hinsichtlich der Zeit bis zur Progression und des progressionsfreien Überlebens zeigten sich in der Nachbeobachtung keine signifikanten Unterschiede zwischen © VERLAG PERFUSION GMBH
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Neue und bewährte arzneimittel
Bortezomib Wirkprinzip Bortezomib (Velcade®) ist der erste Vertreter eines antitumoralen Wirkprinzips über die Inhibition des Proteasoms, eines Multiproteasenkomplexes aus mehr als 30 verschiedenen Proteinen, der im Zytoplasma und im Kern aller eukaryotischen Zellen zahlreich vorhanden ist. Das Proteasom spielt eine zentrale Rolle in der Regulation des Stoffwechsels von Proteinen, die Zellwachstum und Zelltod kontrollieren. Deshalb ist es eine wichtige Zielstruktur für die Krebsbekämpfung. Bortezomib hemmt reversibel das Proteasom und greift damit gezielt in den Lebenszyklus der Myelomzellen ein. Auf diese Weise stabilisiert es den Zellstoffwechsel und führt über verschiedene intrazelluläre Mechanismen zur Arretierung der Zelle und der daraus folgenden induzierten Apoptose. Anwendungsgebiete Bortezomib ist sowohl für die Primär- als auch für die Rezidivtherapie des multiplen Myeloms zugelassen. In der Primärtherapie ist es indiziert in Kombination mit Melphalan und Prednison für die Behandlung von erwachsenen Patienten, die für eine Hochdosis-Chemotherapie mit Knochenmarktransplantation nicht geeignet sind. Als Monotherapie ist es indiziert für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit progressivem, multiplem Myelom, die mindestens eine vorangehende Therapie durchlaufen und die sich bereits einer Knochenmarktransplantation unterzogen haben oder die für eine Knochenmarktransplantation nicht geeignet sind. Bortezomib kann sowohl intravenös als auch subkutan verabreicht werden. Die subkutane Gabe bietet gegenüber der intravenösen Verabreichung eine bessere Verträglichkeit bei bewährter Wirksamkeit.
der Wirksamkeit der subkutanen und der intravenösen Gabe von Bortezomib. Die 1-Jahres-Überlebensraten stiegen in der Nachbeobachtung minimal gegenüber der ersten Auswertung auf 76,4 % (s.c.) und 78,0 % (i.v.) an und zeigten weiterhin keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Verglichen mit der ersten Auswertung wurden in der Nachbeobachtung nur einige wenige Änderungen hinsichtlich des Sicherheitsprofils von Bortezomib s.c. festgestellt. Hier gab es ergänzend zu den Daten aus der ersten Auswertung insgesamt 3 Patienten mit zusätzlichen Fällen von schweren Nebenwirkungen, u.a. eine Diarrhö ≥ Grad 3. Die Rate der peripheren Neuropathien lag
bei subkutaner Gabe unverändert deutlich niedriger als bei intravenöser Gabe (38 % vs. 53 %). Gleiches gilt für periphere Neuropathien ≥ Grad 2 und ≥ Grad 3. Ein großer Teil der während der Therapie entwickelten peripheren Neuropathien verschwand in der Nachbeobachtung nach einiger Zeit wieder. Unter Bortezomib s.c. verschwanden oder verbesserten sich 74 % aller peripheren Neuropathien nach median 2,5 Monaten. Unter Bortezomib i.v. sogar 83 % nach median 1,5 Monaten. Insgesamt, so das Fazit der Autoren, bietet die subkutane Gabe eine gleichwertige Wirksamkeit mit bemerkenswerten Vorteilen hinsichtlich des Sicherheitsprofils [5]. Fabian Sandner, Nürnberg
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Literatur 1 Richardson PG, Barlogie B, Berenson J et al. Extended follow-up of a phase II trial in relapsed, refractory multiple myeloma: final time-to-event results from the SUMMIT trial. Cancer 2006;106:1316-1319 2 Richardson PG, Sonneveld P, Schuster MW et al. Bortezomib or high-dose dexamethasone for relapsed multiple myeloma. N Engl J Med 2005;352:2487-2498 3 San Miguel JF, Schlag R, Khuageva NK et al. Bortezomib plus melphalan and prednisone for initial treatment of multiple myeloma. N Engl J Med 2008;359:906917 4 Moreau P, Pylypenko H, Grosicki S et al. Subcutaneous versus intravenous administration of bortezomib in patients with relapsed multiple myeloma: a random ised, phase 3, noninferiority study. Lancet Oncol 2011;12:431-440 5 Arnulf B, Pylypenko H, Grosicki S et al., Updated survival analysis of a random ized, phase 3 study of subcutaneous versus intravenous bortezomib in patients with relapsed multiple myeloma. Hematol 2012 [Epub ahead of print], doi: 10.3324/ haematol.2012.067793
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as hepatozelluläre Karzinom (HCC) steht auf Platz 5 der Rangliste der häufigsten Malignome – mit steigender Inzidenz. Die Mortalität ist hoch, da der Tumor oft unbemerkt wächst und dadurch erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert wird. Daher sollte bei Patienten mit vorgeschädigter Leber oder mit bekannter Lebererkrankung in regelmäßigen Abständen ein Screening auf das Vorliegen eines HCC erfolgen. In mehr als 80 % der Fälle ist das HCC die Folge einer Leberzirrhose und inzwischen die Haupttodesursache bei Patienten mit dieser Erkrankung in Europa. Als Therapiestandard hat sich der Tyrosin-Kinase-Inhibitor Sorafenib (Nexavar®) etabliert – mittlerweile belegen 5 Jahre Erfahrung im klinischen Alltag die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Substanz. Zweifache Wirkung auf den Tumor verlängert Gesamtüberleben
Sorafenib greift an verschiedenen Kinasen an, die an Zellproliferation und Angiogenese beteiligt sind. Damit übt die Substanz eine zweifache Wirkung aus: auf die Tumorzelle und auf die Gefäßversorgung des Tumors. Aufgrund der Ergebnisse der internationalen, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie SHARP (Sorafenib HCC Assessment Randomized Protocol), die 602 Patienten mit fortgeschrittenem HCC und guter Leberfunktion (ChildPugh A) einschloss, ist Sorafenib als erste systemische Therapie zum neuen Behandlungsstandard für Patienten mit fortgeschrittenem HCC geworden [1]. Der TyrosinKinase-Inhibitor verlängerte im Vergleich zu Placebo sowohl das Gesamtüberleben als auch die Zeit
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Sorafenib – Therapiestandard beim Leberzellkarzinom bis zur radiologisch nachgewiesenen Progression signifikant um rund 3 Monate: Das Gesamtüberleben (primärer Studienendpunkt) betrug im Median 10,7 Monate in der Sorafenib- und 7,9 Monate in der Placebo-Gruppe (Hazard Ratio 0,69; p<0,001) (Abb. 1) [1]. Von Leitlinien empfohlen
In der Asian-Pacific-Studie konnte unter Sorafenib eine konsistente Reduktion des Mortalitätsrisikos um 32 % nachgewiesen werden (HR 0,68; 95 %-KI 0,50–0,93; p=0,014) [2]. Daher empfehlen die aktuellen europäischen Therapieleitlinien (wie z.B. EASLEORTC, ESMO) Sorafenib mit höchstem Evidenz- und Empfehlungsgrad als Therapie der Wahl
für Patienten mit HCC im Barcelona-Clinic-Liver-Cancer Klassifikations-Stadium C (BCLC Stadium C) mit guter Leberfunktion (ChildPugh A) [3, 4]. Im klinischen Alltag bewährt
In aktuellen Phase-III-Studien konnten die neueren Tyrosin-Kinase-Inhibitoren Sunitinib, Brivanib, Linifanib als Monotherapie sowie Erlotinib in Kombination im direkten Vergleich keinen signifikanten Vorteil gegenüber der Therapie mit Sorafenib erzielen [5–8]. Der hohe Stellenwert von Sorafenib beim HCC wird nicht nur durch diese Studien bestätigt, sondern spiegelt sich auch im klinischen Alltag wider. Dies zeigen die Resultate der kürzlich vorgestellten, prospekti-
Abbildung 1: Ergebnis der SHARP-Sudie: Signifikant besseres Gesamtüberleben unter Sorafenib [1].
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ven nicht interventionellen Studie INSIGHT [9]. Im Rahmen dieser Studie wurden 618 HCC-Patienten aus Deutschland und Österreich ohne Restriktionen in Bezug auf ihr Tumorstadium mit Sorafenib behandelt. Laut einer Interimsanalyse lag das mediane Gesamtüberleben mit 17,1 Monaten sogar deutlich über den Ergebnissen der SHARP-Studie. In der Subgruppe der Patienten mit BCLC-Stadium C betrug es im Median 14,5 Monate. Nicht nur die Effektivität war sehr ermutigend, auch die Verträglichkeit im klinischen Alltag erwies sich als gut. Intermediäres HCC: mögliche Vorteile der Kombination mit TACE
Bei Patienten mit intermediärem HCC Stadium (BCLC B), für das
Krankheitsfall im Urlaub oder auf Reisen?
die Leitlinien die transarterielle Chemoembolisation (TACE) als Therapiestandard empfehlen, führte Sorafenib als Monotherapie zu einem medianen OS von 19,6 Monaten [9]. Das intermediäre HCC umfasst jedoch eine sehr heterogene Patientenpopulation im Hinblick auf Tumorlast, Leberfunktion (Child-Pugh A oder B) und Ätiologie [10], sodass nicht alle Patienten mit intermediären HCC einen vergleichbaren Nutzen aus der TACE ziehen. Bestimmte Patienten-Subgruppen könnten daher von der Effektivität anderer Therapiemaßnahmen wie der Kombination von TACE und Sorafenib profitieren. Die Kombinationstherapie wird zurzeit in zwei PhaseIII-Studien bei Patienten mit nicht resezierbarem HCC und erhaltener Leberfunktion geprüft. Primärer Endpunkt ist in beiden Studien das progressionsfreie Überleben unter
TACE plus Sorafenib im Vergleich zu TACE allein. Zudem überprüfen laufende Phase-II/III-Studien die Sicherheit und Wirksamkeit des Tyrosin-KinaseInhibitors in der adjuvanten Therapie, um die Rezidivrate nach Resektion, lokaler Ablation und Lebertransplantation zu senken. Fabian Sandner, Nürnberg
Arztbesuch, druckt man die Daten einfach aus. Gerade im Urlaub und auf Reisen ist man so bestens ge-
rüstet für den Notfall und verliert keine Zeit bei der Datenbeschaffung. Die Daten verbleiben beim Besitzer und müssen nicht über verschiedene Stellen zusammengetragen werden – eine Erleichterung auch für den neuen behandelnden Arzt oder Optiker. „MyMedico – der Gesundheitspass“ ist eine App für das Apple iPhone oder Android Smartphone und natürlich kostenlos verfügbar. Die App wurde in Zusammenarbeit mit verschiedenen Experten erstellt. Sie lässt sich leicht und unkompliziert vom Benutzer selbst aktualisieren. Alle Informationen zum Inhalt der App sowie zum Herunterladen finden Sie unter www. der-gesundheitspass.de. E. W.
Alle Gesundheitsdaten parat mit der App MyMedico Sanofi bietet ab sofort mit MyMedico einen kostenlosen digitalen medizinischen Gesundheitspass für die ganze Familie als App. Diese umfasst einen Impf-, einen Allergie-, einen Nothilfe-, einen Medikamenten- sowie einen Antibiotikapass, einen Anamnese- und einen Augenpass. Darin können die aktuellen Gesundheitsdaten aller Familienmitglieder eingetragen werden. Bei Bedarf, z.B. vor einem
MyMedico – die mobile medizinische Brieftasche.
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Literatur 1 Llovet JM et al. Lancet 2003;362:19071917 2 Cheng AL et al. Lancet Oncol 2009;10:2534 3 Verslype C et al. Ann Oncol 2012;23 (Suppl 7):42-48 4 EASL-EORTC. J Hepatol 2012;56:908943 5 Cheng AL et al. J Clin Oncol 2011;29 (Suppl): Abstr. 4000 6 Johnson P et al. AASLD 2012; Abstr. LB-6 7 Cainap C et al. ASCO GI 2013; Abstr. B53 8 Zhu AX et al. ESMO 2012; Abstr. LB-A2 9 Ganten TM et al. ESMO 2012: 778TiP 10 Raoul JL et al. Cancer Treat Rev 2011;37:212-220
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KONGRESSE
Kalzium-Supplementation: Zweifelhafter Nutzen für die Allgemeinbevölkerung, negative Auswirkungen für chronisch Nierenkranke Ob eine Supplementation von Kalzium bei nierengesunden Menschen sinnvoll ist und welche gesundheitlichen Probleme die Gabe dieses Mineralstoffs bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung (CKD) nach sich ziehen kann, waren zentrale Themen des 8. Interaktiven Nephrologischen Experten-Forums, das Anfang März unterstützt von der Firma Sanofi in Frankfurt am Main stattfand. Dabei wurde deutlich, dass die althergebrachte Meinung, Kalzium sei wichtig für die Knochen und könne jedem bedenkenlos verabreicht werden, angesichts neuerer Erkenntnisse dringend revidiert werden muss. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion geht die Kalziumgabe sogar mit einer erhöhten Mortalität einher, wie eine neue Studie zeigt, weshalb bei diesen Patienten von einer zusätzlichen Gabe, sei es zur Osteoporosebehandlung oder im Rahmen der Phosphatbindertherapie, abgesehen werden sollte. Osteoporosetherapie: Diätetisch zugeführtes Kalzium statt Supplemente
Mit der seit den 80er Jahren bestehenden öffentlichen Wahrnehmung für das Krankheitsbild der postmenopausalen Osteoporose ist die Kalziumsupplementation zu einer gängigen Therapie- und Präventionsmaßnahme in der Allgemeinbevölkerung geworden. Die
Annahme, die zusätzliche Gabe von Kalzium könne brüchige Knochen stärken oder ihnen zumindest vorbeugen, führt nach dem Motto „viel hilft viel“ zu einer bedenkenlosen Verwendung von Kalziumsupplementen. Der Erfolg einer Kalziumsupplementation ist laut Prof. Klaus Witte, Leeds/UK, jedoch anzuzweifeln. So ergab eine Studie an über 61.000 Frauen, dass die Kalziumzufuhr nicht mit dem Frakturrisiko korreliert ist, weitere Studien zur Kalziumgabe in der Allgemeinbevölkerung wiesen lediglich einen marginalen Nutzen der Medikation im Hinblick auf die Frakturraten nach. Stattdessen gaben Daten Anlass zur Besorgnis, die eine höhere kardiovaskuläre Ereignisrate unter Kalziumsupplementation aufzeigten. Wie Witte schlussfolgerte, sei die Einnahme von Kalzium daher bestenfalls wirkungslos, könne schlimmstenfalls aber den Patienten schaden. Er hob hervor, dass die diätetische Zufuhr von Kalzium hingegen nicht mit einem Anstieg des kardiovaskulären Risikos assoziiert war und riet daher zu einer kalziumhaltigeren Ernährung anstelle der Supplementation. Zur Behandlung der Osteoporose bei nierenkranken Menschen müsse diese diätetische Option unbedingt genutzt werden, da die zusätzliche Kalziumgabe in dieser Patientengruppe zu einem erhöhten Mortalitätsrisiko führe. „Die Evidenz gegen Kalzium bei CKD-Patienten ist so hart wie die verkalkten Gefäße“
Daten zur Kalziumgabe bei CKDPatienten sind dank zahlreicher Studien, die eine kalziumhaltige versus kalziumfreie Phosphatbindertherapie verglichen haben, ge-
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neriert worden. Auch wenn eine große Outcomestudie, die DCORStudie, keinen signifikanten Nutzen der kalziumfreien Intervention belegt hatte, ist die Datenlage weitestgehend kohärent und spricht gegen die Beladung der Patienten mit Kalzium: Wie die RIND-Studie zeigte, haben inzidente Dialysepatienten unter Therapie mit dem kalziumfreien Phosphatbinder Sevelamer ein signifikant besseres Überleben. Prof. Jan T. Kielstein, Hannover, gab dabei zu bedenken, dass sich der Unterschied im Hinblick auf die Mortalität erst nach 36 Monaten bemerkbar machte, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die DCOR-Studie, die keinen signifikanten Vorteil der kalziumfreien Behandlung nachweisen konnte, bereits beendet war. Um das Ergebnis der RIND-Studie zu überprüfen, wurden weitere Studien initiiert. Eine japanische Forschungsgruppe führte eine nach Propensity-Score gematchte Observationsstudie durch (172 Dialysepatienten erhielten Sevelamer, 300 Dialysepatienten entweder eine kalziumhaltige Phosphatbindertherapie oder keine Phosphatbindertherapie), die 2012 veröffentlicht wurde. Sowohl die kardiovaskuläre als auch die Gesamtmortalität waren in der Sevelamer-Gruppe signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe. Außerdem wurde bei den mit Sevelamer behandelten Patienten eine Verbesserung der Dyslipidämie und der arteriellen Gefäßsteifigkeit beobachtet. Eine Limitation der Studie war jedoch, dass die Patienten zwar nach Alter, Geschlecht, Diabetesprävalenz und Dialysejahre gematcht wurden, die Medikationen mit Vitamin D und ACE-Hemmer dabei aber außer Acht gelassen worden waren. Doch auch Di Iorio et al. kamen in ihrer randomisierten, prospektiven Mul© VERLAG PERFUSION GMBH
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ticenterstudie mit 239 nicht dialysepflichtigen CKD-Patienten, die Kielstein als eine gute Evidenz bezeichnete, zu dem gleichen Ergebnis: Die Daten zeigen eindrucksvoll, dass die Patienten hinsichtlich des Überlebens von der Therapie mit Sevelamer profitierten. Die Gesamtmortalität über 36 Monate (primärer Endpunkt) war in der Sevelamer-Gruppe gegenüber der Kalzium-Gruppe signifikant niedriger (12 von 107 vs. 22 von 105, p<0,05). Auch zeigte diese Studie einen Vorteil für Sevelamer in Hinblick auf das ereignisfreie Überleben und einen Trend für einen späteren Eintritt in die Dialysepflicht. Zusammenfassend kommen also immer mehr Studien zu der Erkenntnis, dass die Kalziumgabe bei CKD-Patienten mit einer erhöhten Mortalität einhergeht. Kielstein beurteilte daher die Evidenz gegen Kalzium bei diesen Patienten als „zwar nicht so hart wie ein Diamant, aber mindestens so hart wie die verkalkten Gefäße der Patienten“. Kalziumbeladung begünstigt die Kalzifizierung bei CKD-Patienten
In der Tat ist die akzellerierte Gefäßverkalkung eines der größten Probleme bei CKD-Patienten. Zusätzlich zum Nahrungskalzium zugeführtes Kalzium wird teils nicht in die Knochen eingebaut, sondern lagert sich in Gewebe und Gefäßen ab und katalysiert die Mediasklerose. Dabei verwandeln sich die glatten Gefäßmuskelzellen in knochenähnliche Substanz. Chertow et al. konnten bereits 2002 zeigen, dass die kalziumfreie Therapie mit Sevelamer im Vergleich zur kalziumhaltigen Phosphatbindertherapie mit einer signifikant geringeren Gefäßver-
Neue und bewährte arzneimittel
kalkung einhergeht. Das bestätigte sich auch in der Studie von Di Iorio et al. Verschiedene experimentelle Arbeiten hatten zuvor Effekte von Sevelamer aufgezeigt, die auf einen Gefäßschutz jenseits der Kalziumfreiheit verweisen: Sevelamer erhöht das Fetuin A, einen endogenen „Kalzifizierungsinhibitor“, verbessert die Endothelfunktion und das Inflammationsprofil. Wie Professor Frank Strutz, Wiesbaden, im Rahmen des „Meet the expert“-Gesprächs ausführte, stellt die Verkalkung einen gewichtigen Risikofaktor im Hinblick auf die kardiovaskuläre Prognose der Patienten dar, der sogar stärker als die traditionellen Risikofaktoren wie Bluthochdruck, hohes Cholesterin oder Inflammation einzustufen ist. Zum Risikoassessment führen daher viele Zentren bereits standardmäßig eine Abdomen-Seitaufnahme bei Neudialysepatienten durch, um den Kalzifizierungsgrad der Aorta zu bestimmen. Wie Strutz betonte, kommt neben der durch die Kalzifizierung erhöhten Morbidität und Mortalität bei chronisch nierenkranken Patienten noch ein ganz anderer Aspekt zum Tragen: Wenn Kalzifikationen im Beckenbereich stark ausgeprägt sind, kann das die „Transplantabilität“ der Patienten gefährden. Strutz berichtete von zwei Fällen aus seiner Praxis, bei denen die Chirurgen das Transplantat nicht an die stark verkalkten Gefäße anschließen konnten, eine Nierentransplantation also nicht erfolgreich durchgeführt werden konnte. „Wir müssen daher frühzeitig auf den Erhalt der Gefäßgesundheit bei unseren Patienten achten, denn ansonsten verspielen wir auch die Chance, sie einer besseren Therapie zuzuführen. Die Transplantation geht schließlich mit einem deutlich bes-
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seren Outcome einher als die Dialysebehandlung.“ Kalziumfreie Phosphatkontrolle zur Gesunderhaltung der Gefäße
Neben Kalzium gilt auch Phosphat als Risikofaktor für die Gefäßverkalkung. Die Hyperphosphatämie ist ebenfalls mit einer erhöh ten Mortalität assoziiert, weshalb sich die Phosphatkontrolle als eine wichtige Säule in der Therapie von CKD-Patienten etabliert hat. Professor Jürgen Floege, Aachen, kommentierte in diesem Zusammenhang eine neue Studie von Block et al., die aber zu einemscheinbar widersprüchlichen Ergebnis kam: Die Autoren schlussfolgerten, dass die Phosphatbindertherapie bei Prädialysepatienten die Gefäßverkalkung vorantreiben könnte. Wie Floege erklärte, ist das Kernproblem dieser Erhebung jedoch, dass alle Phosphatbinder zusammen ausgewertet wurden, also nicht zwischen kalziumfreien und kalziumhaltigen Phosphatbindern dif ferenziert wurde. Hingegen zeigen die im Supplement publizier ten Daten der Studie, dass nur die mit kalziumhaltigen Phosphatbindern behandelte Gruppe eine Verkalkungsprogression aufwies und das Gesamtergebnis ins Negative gezogen hat. Unter Sevelamer wurde hingegen kein signifikanter Verkalkungsprogress beobachtet. „Was die Studie meines Erachtens zeigt, ist nicht, dass die Phosphatbindertherapie per se die Gefäßverkalkung vorantreibt, sondern lediglich die Therapie mit kalziumhaltigen Phosphatbindern“, re sümierte Floege. Zur Gefäßprotektion scheint daher unverändert eine frühzeitige und kalziumfreie Phosphatkontrolle sinnvoll. Fabian Sandner, Nürnberg © VERLAG PERFUSION GMBH
KONGRESSE
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Afatinib
Afatinib und Nintedanib – zwei innovative Substanzen zur Behandlung des fortgeschrittenen NSCLC Auf dem diesjährigen Kongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in Chicago wurden neue Ergebnisse präsentiert, die Hoffnung auf weitere Fortschritte in der Therapie des fortgeschrittenen nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) geben. In den Phase-III-Studien LUX-Lung 6 und LUME-Lung 1 wurden die beiden innovativen Wirkstoffe Afatinib und Nintedanib untersucht. Beide Substanzen setzen an jeweils unterschiedlichen Zielstrukturen an. Afatinib ist der erste zur Zulassung eingereichte irreversible ErbB-FamilyBlocker, der gegen alle relevanten Rezeptordimere der ErbB Family gerichtet ist. Nintedanib ist ein zielgerichteter 3-fach Angiokinase-Hemmer, der simultan 3 Rezeptorklassen für Wachstumsfaktoren blockiert. Im Rahmen einer Post-ASCO-Pressekonferenz in Frankfurt/M. stellten Lungenkarzinom-Experten die aktuellen Daten vor und erläuterten ihre Bedeutung für die klinische Praxis. Erstlinientherapie mit Afatinib ist Standard-Chemotherapie überlegen
Nach der im Vorjahr präsentierten Phase-III-Studie LUX-Lung 3 konnte nun auch die LUX-Lung6-Studie einen Vorteil für Afatinib bei Patienten mit fortgeschrittenem, EGFR-mutationspositivem NSCLC gegenüber einer Standard-Chemotherapie zeigen: Bei
Der irreversible ErbB-Family-Blocker hemmt die Signaltransduktion von EGFR (ErbB1) und anderen relevanten Rezeptortyrosinkinasen der ErbB Family. Diese spielen eine zentrale Rolle für das Wachstum und die Metastasierung von Tumoren mit hoher Letalität (Lungenkarzinom, Mammakarzinom, Kopf-/Hals-Tumoren). Afatinib blockiert die zentralen Signalwege, die Tumorwachstum, -migration und -metabolisierung steuern. Die Substanz befindet sich derzeit beim NSCLC und bei Kopf-Hals-Tumoren in der klinischen Entwicklung Phase III. Die Zulassung für Afatinib zur Therapie von EGFR-mutationspositiven Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem NSCLC wurde bei der FDA, der EMA sowie den entsprechenden Behörden in Asien und weiteren Ländern beantragt. Afatinib wurde in den USA eine vorrangige Prüfung und Orphan-Drug-Status eingeräumt.
Erstlinien-Monotherapie mit dem ErbB-Family-Blocker lebten Patienten fast ein Jahr, ohne dass die Erkrankung progredient verlief. Im Vergleich dazu erlitten Patienten unter der Chemotherapie mit Gemcitabin/Cisplatin nach weniger als einem halben Jahr einen Progress (11,0 vs. 5,6 Monate; p<0,0001). Knapp die Hälfte (47 %) der mit Afatinib behandelten Patienten waren auch nach einem Jahr Therapie noch progressionsfrei. Im Chemotherapie-Arm traf dies nur auf 2 % der Patienten zu. Ebenso wie in LUX-Lung 3 führte die Behandlung mit Afatinib auch in LUX-Lung 6 im Vergleich zur Chemotherapie (Gemcitabin/ Cisplatin) zu einer signifikanten und anhaltenden Tumorreduktion (66,9 % vs. 23 %; p<0,0001). Das Tumoransprechen auf die Afatinib-Therapie korrelierte zudem mit einer Verbesserung von stark belastenden, mit Lungenkrebs assoziierten Symptomen wie Husten, Schmerzen und Dyspnoe. Darüber hinaus hatten die mit Afatinib behandelten Patienten eine signi-
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fikant bessere Lebensqualität als die Patienten unter Gemcitabin/ Cisplatin und das Zeitintervall bis zur Symptomverschlechterung bei Husten, Dyspnoe und Schmerzen gegenüber Gemcitabin/Cisplatin war signifikant verzögert. Die häufigsten Nebenwirkungen von Grad 3 waren in der LUXLung 6-Studie unter Afatinib Rash (14,2 %), Diarrhö (5,4 %) und Stomatitis/Mukositis (5,4 %). Diese Nebenwirkungen sind bei einer EGFR-Blockade bekannt und konsistent mit vorangegangenen Studien. Sie waren kontrollierbar und reversibel, insbesondere wirkte sich eine Behandlung in erfahrenen Lungenkrebszentren positiv auf Häufigkeit und Ausprägung der Nebenwirkungen aus. Bei den Patienten im ChemotherapieArm wurden als häufigste Grad3-Nebenwirkungen Neutropenie (17,7 %), Erbrechen (15,9 %) und Leukopenie (13,3 %) beobachtet. Während im Afatinib-Arm 5,9 % der Patienten die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen abbrachen, waren es im ChemotherapieArm 39,8 %. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Nintedanib Der orale, zielgerichtete 3-fach Angiokinase-Hemmer blockiert gleichzeitig 3 Klassen von Rezeptor-Tyrosinkinasen: VEGFR 1-3 (vascular endothelial growth factor receptors), FGFR 1-3 (fibro blast growth factor receptors) sowie PDGFR alpha und beta (pla telet-derived growth factor receptors). Alle 3 Rezeptorklassen sind wesentlich an der Ausbildung und Aufrechterhaltung neuer Blutgefäße (Angiogenese) beteiligt. Ihre simultane Blockade könnte die Angiogenese unterbinden, die eine entscheidende Rolle beim Wachstum und bei der Metastasierung von Tumoren spielen. Nintedanib wird derzeit bei Patienten mit verschiedenen soliden Tumoren klinisch geprüft. Dazu gehören das nicht kleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC), das Ovarialkarzinom, das hepatozelluläre Karzinom, das Nierenzellkarzinom und das kolorektale Karzinom.
Zweitlinientherapie mit Nintedanib plus Docetaxel verlängert Gesamtüberleben
Auch in der Zweitlinientherapie des fortgeschrittenen NSCLC konnte nach nunmehr fast 10 Jahren erstmals wieder ein Fortschritt durch den oralen, zielgerichteten 3-fach Angiokinase-Hemmer Nintedanib erreicht werden. In der Phase-III-Studie LUME-Lung 1 wurde das Gesamtüberleben von NSCLC-Patienten mit Adenokarzinom durch Gabe von Nintedanib zusätzlich zu Docetaxel gegenüber der alleinigen Chemotherapie von 10,3 auf 12,6 Monate verlängert (Hazard Ratio 0,83; p=0,0359). Auch beim primären Endpunkt, dem progressionsfreien Überleben, wurde unter Nintedanib plus Docetaxel die Zeit bis zum erneuten Tumorwachstum signifikant verlängert (Hazard Ratio 0,79, p=0,0019). Dieser Vorteil war unabhängig von der Tumorhistologie. Als häufigste unerwünschte Ereignisse in der LUME-Lung-1-Studie wurden gastrointestinale Nebenwirkungen sowie reversible Leberenzymerhöhungen beobachtet, die in der Regel durch supportive
Maßnahmen oder Dosisreduktion gut beherrschbar waren. Hinsichtlich klassenspezifischer Nebenwirkungen, wie sie für antiangiogene Therapien bekannt sind (Hypertonie, Blutungen oder Thrombosen vom Schweregrad 3), zeigten sich keine Unterschiede. Die Zahl der Studienabbrüche war in beiden Behandlungsarmen ebenfalls vergleichbar. „Die Ergebnisse von LUME-Lung 1 sind besonders beachtenswert, da nun seit knapp 10 Jahren wieder Bewegung in die ZweitlinienBehandlung von NSCLC-Patienten kommt und sich erstmals mit einer Anti-Angiogenese-Therapie ein Überlebensvorteil bei NSCLCPatienten nach Versagen einer Erstlinien-Chemotherapie erreichen ließ“, betonte Privatdozent Dr. Martin Reck, Studienleiter der LUME-Lung-1-Studie und ergänzte: „NSCLC-Patienten haben eine sehr schlechte Prognose; nach einer Erstlinien-Therapie kommt es unweigerlich zum Progress. Daher könnte Nintedanib eine neue Behandlungsoption sein, die wir für diese Patientenklientel dringend benötigen.“ Fabian Sandner, Nürnberg
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COPD: positives Praxis-Fazit nach einem Jahr GOLD-Update Vor gut einem Jahr veröffentlichte das Komitee der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) eine deutlich überarbeitete Version ihres GOLD-Reports und vollzog damit einen Paradigmenwechsel im COPD-Management – von einer eindimensionalen Klassifikation der COPD-Patienten zu einer multivariaten Phänotypisierung. Auf dem 54. DGP-Kongress berichteten führende COPD-Experten von ihren Erfahrungen mit einem Jahr GOLD-Update im Praxisalltag und stellten die Neuerungen des im Februar erschienenen GOLDUpdates 2013 vor. Umfassende Empfehlung von Tiotropium bestätigt
„Das GOLD-Update trägt der Komplexität der COPD-Erkrankung nun stärker Rechnung“, erklärte Professor Claus Vogelmeier vom Universitätsklinikum Gießen/Marburg und selbst Mitglied des GOLD-Komitees. Er zog nach einem Jahr ein positives Praxis-Fazit: „Ohne Spirometrie ist weiterhin keine Diagnose möglich. Zudem sind die PatientenFragebögen wie beispielsweise der mMRC ein wertvolles und zuverlässiges Instrument für die Beurteilung des Gesundheitszustandes von Patienten mit COPD. Auf Basis des GOLD-Updates kann daher eine deutlich bessere Klassifikation der Patienten bei überschaubarem Aufwand vorgenommen werden als früher“ (Abb.1). Elementar bleibt jedoch laut Vogelmeier weiterhin die frühe Diagnose, verbunden mit einem frühzeitigen Start in die COPD-Therapie. © VERLAG PERFUSION GMBH
111
4
C
≥2 und/oder ≥1 Hospitali-
D
sation
Risiko
3
2
1
A
B
1
0 mMRC 0-1 CAT <10 CCQ <1
Symptome
Exazerbationen in den vergangenen 12 Monaten
Risiko
Klassifikation entsprechend der Lungenfunktion*
KONGRESSE
mMRC 2+ CAT 10+ CCQ ≥1
Wichtiges Kriterium: das Exazerbationsrisiko
* Klassifikation der Obstruktion, gemessen als FEV1-Wert: 1 = FEV1 ≥80 % 2 = 50 % ≤ FEV1 <80 % 3 = 30 % ≤ FEV1 <50 %
Abbildung 1: Das GOLD-Update 2013 klassifiziert COPD-Patienten nun basierend auf ihrer Symptomschwere und ihrem Exazerbationsrisiko in 4 Patientengruppen A bis D. Die Schwere der Symptome zum aktuellen Zeitpunkt wird anhand einfacher Fragebögen, z.B. des mMRC3, ermittelt. Das in die Zukunft gerichtete Risiko für das Auftreten von Exazerbationen wird anhand zweier Parameter abgeschätzt: aus dem Grad der Obstruktion, gemessen wie bisher als FEV1-Wert, und der Exazerbationshistorie der letzten 12 Monate. mMRC = modified Medical Research Council Dyspnea Scale, CAT = COPD Assessment Test, CCQ = Clinical COPD Questionnaire [Quelle: Global Strategy for Diagnosis, Management, and Prevention of COPD 2013. http://www.goldcopd.org]. Patient der Gruppe
Therapie der ersten Wahl
Alternative Therapie
A
SABA oder SAMA
SABA und SAMA LABA oder LAMA
B
LABA oder LAMA
LABA und LAMA
C
ICS/LABA oder LAMA
LABA und LAMA
D
ICS/LABA oder LAMA
ICS/LABA und LAMA ICS/LABA und PDE4-Hemmer LAMA und PDE4-Hemmer LABA und LAMA
ICS LABA LAMA PDE4 SABA SAMA
= = = = = =
inhalative Kortikosteroide langwirksamer Beta2-Agonisten (Sympathomimetika) langwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika) Phosphodiesterase 4 kurzwirksame Beta2-Agonisten (Sympathomimetika) kurzwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika)
Tabelle 1: Empfehlungen für die medikamentöse Initialtherapie der COPD [Quelle: Global Strategy for Diagnosis, Management, and Prevention of COPD 2013. http://www.goldcopd. org]. JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2013 · 22. JAHRGANG
„So lässt sich die Progression in stark beeinträchtigende Krankheitsstadien verlangsamen.“ Der GOLD-Bericht empfiehlt für alle Patienten, die eine Dauertherapie benötigen, den Einsatz langwirksamer Anticholinergika als ein Mittel der ersten Wahl (Patientengruppen B–D, Tab. 1). „Die Position der langwirksamen Anticholinergika (LAMA) im GOLD-Report ist ausschließlich auf die klinischen Daten zum LAMA Tiotropium (Spiriva®) zurückzuführen“, hielt Vogelmeier fest.
Der aktualisierte GOLD-Bericht legt weiterhin den Schwerpunkt auf das Management der Exazerbationen. Neu im GOLD-Update 2013 ist, dass das in die Zukunft gerichtete Exazerbationsrisiko bereits ab einer exazerbationsbedingten Hospitalisierung als hoch eingestuft wird (Abb. 1). Die akuten Krisen der COPD beeinträchtigen Lungenfunktion und Lebensqualität anhaltend und können in schweren Fällen die Überlebenswahrscheinlichkeit des Patienten verringern. „Exazerbationsprophylaxe ist daher eines der Hauptziele der COPD-Therapie. Die Reduktion und Vermeidung von Exazerbationen ist der Schlüssel für eine Verbesserung des Zustands von COPD-Patienten“, erklärte Professor Klaus Rabe, LungenClinic Großhansdorf, im Rahmen des Expertengesprächs. Die einjährige Meilensteinstudie POET-COPD® mit 7.376 COPDPatienten zeigte im direkten Vergleich, dass Tiotropium (Spiriva®, 1 × 18 μg HandiHaler®, Inhalationspulver) gegenüber Salmeterol (2 × 50 μg Dosieraerosol) u.a. das Risiko für schwere Exazerbationen © VERLAG PERFUSION GMBH
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(d.h. Exazerbationen, die einen Krankenhausaufenthalt notwendig machen) signifikant um 28 % reduziert (p<0,001). Der Erfolg der COPD-Therapie hängt maßgebend davon ab, dass der Patient in die Entscheidungen für das Behandlungskonzept mit einbezogen wird, die Therapie akzeptiert und auf Dauer einhält. „Je mehr Patienten zu Experten ihrer Erkrankung werden, desto größeres Gewicht erhält die Compliance der Patienten und desto größer ist der Erfolg der Therapie“, erklärte Dr. Thomas Voshaar, Krankenhaus Bethanien Moers. In der medikamentösen Therapie der COPD spielt die Inhalation eine zentrale Rolle. „Die Entwicklung einmal täglich anzuwendender Bronchodilatatoren mit innovativen Inhalatoren, wie z.B. dem Spiriva® Respimat®, trug maßgeblich zu einer besseren Adhärenz der Patienten bei – das Inhalationsgerät ist ebenso wichtig wie das Medikament selbst“, so Voshaar. Der Spiriva® Respimat® sorgt mit einer sich langsam bewegenden und lang anhaltenden, sanften Sprühwolke für eine höhere Lungendeposition und wird von Patienten gegenüber anderen, derzeit erhältlichen Inhalatoren bevorzugt. Tiotropium – eine erste Wahl zum Start in die COPD-Dauertherapie
Mit über 10.000 Patientenjahren in mehr als 30 kontrollierten Studien sind die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit von Tiotropium umfassend belegt. Tiotropium bewirkt bei einmal täglicher Gabe eine relevante und über 24 Stunden anhaltende Bronchodilatation und verringert die Lungenüberblähung anhaltend. Die körperliche Belastbarkeit wird gesteigert,
die Obstruktion verringert und das Exazerbationsrisiko reduziert. „Die klinischen Daten sind ein klares Argument für den Einsatz von Tiotropium in der COPD-Dauertherapie“, erklärte Vogelmeier abschließend. Elisabeth Wilhelmi, München
Asthmatherapie: Experten bescheinigen Flutiform® Vorteile in der Praxis Zur Behandlung des Asthma bronchiale steht seit September letzten Jahres mit Flutiform® eine neue Fixkombination zur Verfügung. Auf einem Pressegespräch im Rahmen des Kongresses der DGP in Hannover berichteten Experten über ihre bisherigen Erfahrungen mit dem neuen Medikament. Hoher Zufriedenheitsgrad bei den Patienten
Das mittels Dosieraerosol applizierte Flutiform® kombiniert das inhalative Glukokortikosteroid (ICS) Fluticason und das langwirksame Beta-2-Sympathomimetikum (LABA) Formoterol. Nach Ansicht von Dr. Ekkehard Beck, Rüdersdorf, stellen diese beiden Substanzen ideale Kombinationspartner dar: „Hier wurde ein hochpotentes ICS mit einem gleichzeitig schnell und lang wirkenden LABA vereint. Das Medikament bietet somit eine dauerhaft starke Wirkung bei schnellem Wirkeintritt.“ Im ersten Halbjahr nach der Einführung wurden bereits über 20.000 Patienten in Deutschland mit der neuen Fixkombination behandelt. „Die ersten klinischen
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Erfahrungen zeigen einen hohen Zufriedenheitsgrad der Patienten“, berichtete der Pneumologe. Dies ist von großer Bedeutung für den Therapieerfolg. Denn noch immer ist ein großer Anteil der Asthmatiker mit ihrer Asthmatherapie nur teilweise oder gar nicht kontrolliert, was laut Beck in hohem Maß auf eine unzureichende Patientenadhärenz zurückzuführen ist. Die Zufriedenheit mit der Therapie begünstigt auch die Einnahme treue, die wiederum für die Stabilisierung der Patienten im Alltag förderlich ist. Als positiv hob Beck außerdem hervor, dass das Präparat über einen Dosiszähler verfügt und mit einem Spacer kompatibel ist, sodass eine hohe Anwendungssicherheit gewährleistet ist. Dass das Präparat in 3 Wirkstärken verfügbar ist und dadurch Flexibilität in der Dosierung erlaubt, ist aus Sicht von Beck ein weiterer Vorteil für die tägliche Praxis. Denn die Symptomatik zeigt bei Asthma häufig eine hohe Volatilität und macht somit Therapieanpassungen erforderlich. Gute Symptomkontrolle ermöglicht Fortsetzen der Berufstätigkeit
Die Kombination von Fluticason und Formoterol ist auch aus Sicht von Dr. Axel Kroker, Koblenz, eine vorteilhafte Substanzkombination. „Die Patienten profitieren von einer spürbaren und anhaltenden Bronchodilatation und einer starken antiinflammatorischen Wirkung“, so die Erfahrung des Pneumologen mit Flutiform®. Dass eine wirksame Therapie in Kombination mit Expositionsprophylaxe selbst bei schwerem Berufsasthma eine gute Symptomkontrolle bewirken und sogar die Fortsetzung © VERLAG PERFUSION GMBH
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der beruflichen Tätigkeit ermöglichen kann, zeigt der von Dr. Kroker vorgestellte Fall eines Koblenzer Winzers. Der 36-Jährige litt seit 2 Jahren unter Dyspnoe, Rhinitis und Husten bei der Arbeit im Weinberg. Die Diagnose lautete allergisches Asthma, berufsbedingt durch Sensibilisierung für bestimmte Schimmelpilzarten, die im Weinbau verbreitet vorkommen. Da der Patient nicht bereit war, seinen Beruf aufzugeben oder die Tätigkeit zu wechseln, wurde er gemäß §3 der Berufskrankheitenverordnung mit einer gebläsegestützten Maske versorgt, die vor der Inhalation von Pilzsporen schützt. Gleichzeitig wurde eine Dauertherapie mit der Fluticason/Formoterol-Fixkombination (125/5 μm, 2 × täglich 2 Hübe) begonnen, unterstützt durch
Antihistaminika und Salbutamol bei Bedarf. Unter dieser Therapie kam es innerhalb von 2–3 Wochen zu einer deutlichen Besserung der Symptomatik und Normalisierung der Lungenfunktion. „Der Patient ist weiterhin bei gut kontrollierter Symptomatik in seinem Beruf als Winzer tätig“, berichtete Kroker. Situation von Asthmatikern am Arbeitsplatz berücksichtigen
Die Zusammenhänge zwischen der beruflichen Situation von Patienten und der Asthma-Symptomatik gewinnen zunehmend an Bedeutung für das Management von Asthma. Im Mittel berichten 21,5 % aller Patienten über arbeitsplatzbezogene Verschlechterungen ihres
Asthmas, erläuterte Prof. Dennis Nowak, Universität München. Bei ihnen kommt es im Vergleich zum Asthma ohne Arbeitsplatzbezug zu mehr Tagen mit Symptomen, mehr Gesundheitsdienstleistungen und geringerer Lebensqualität als bei Vorliegen von Asthma ohne Arbeitsplatzbezug. Bei jedem berufstätigen Patienten mit Asthma sollte daher die Frage „Asthma und Arbeit“ angesprochen werden. Um zu mehr Aufklärung über das Thema Asthma und Arbeit beizutragen, wurde Ende 2012 die Initiative Asthma & Arbeit gegründet. Sie bietet umfangreiche Servicematerialien für Ärzte. Informationen sind erhältlich unter www.asthmaarbeit.de. Fabian Sandner, Nürnberg
Titelbild: Die Leber (© Fotolia). Herausgeber: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, FBK Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Univ.-Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Leiter Bereich Kardiologie RZP Potsdam und Geschäftsführer BBGK e.V. Berlin Konstanzer Straße 61 10707 Berlin Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. M. Alexander, Infektiologie, Berlin Prof. Dr. L. Beck, Gynäkologie, Düsseldorf Prof. Dr. Berndt, Innere Medizin, Berlin Prof. Dr. H.-K. Breddin, Innere Medizin, Frankfurt/Main Prof. Dr. K. M. Einhäupl, Neurologie, Berlin Prof. Dr. E. Erdmann, Kardiologie, Köln Prof. Dr. Dr. med. E. Ernst, University of Exeter, UK Prof. Dr. K. Falke, Anästhesiologie, Berlin Prof. Dr. K. Federlin, Innere Medizin, Gießen Prof. Dr. E. Gerlach, Physiologie, München Prof. Dr. H. Helge, Kinderheilkunde, Berlin Prof. Dr. R. Herrmann, Onkologie, Basel Prof. Dr. W. Jonat, Gynäkologie, Hamburg Prof. Dr. H. Kewitz, Klin. Pharmakol. Berlin Prof. Dr. B. Lemmer, Pharmakologie, Mannheim/Heidelberg
Prof. Dr. med. R. Lorenz, Neurochirurgie, Frankfurt Prof Dr. J. Mann, Nephrologie, München Dr. med. Veselin Mitrovic, Kardiologie, Klinische Pharmakologie, Bad Nauheim Prof. Dr. R. Nagel, Urologie, Berlin Prof. Dr. E.-A. Noack, Pharmakologie, Düsseldorf Prof. Dr. P. Ostendorf, Hämatologie, Hamburg Prof. Dr. Th. Philipp, Innere Medizin, Essen Priv.-Doz. Dr. med. B. Richter, Ernährung – Stoffwechsel, Düsseldorf Prof. Dr. H. Rieger, Angiologie, Aachen Prof. Dr. H. Roskamm, Kardiologie, Bad Krozingen Prof. Dr. E. Rüther, Psychiatrie, Göttingen Prof. Dr. med. A. Schrey, Pharmakologie, Düsseldorf Dr. Dr. med. C. Sieger, Gesundheitspolitik u. Gesundheitsökonomie, München Prof. Dr. E. Standl, Innere Medizin, München Prof. Dr. W. T. Ulmer, Pulmologie, Bochum Schriftleitung: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, FBK Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Telefon: 037437 557-0 Bibliothek: 037437 2214 [Library] E-Mail DIG: info@d-i-g.org E-Mail persönlich: k.l.resch@d-i-g.org
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Hepatische Enzephalopathie
Mit Hepa-Merz®
* Bai, M., et al. J Gastroenterol Hepatol 2013; 28(5): 783-792. Kircheis, G., et al. Hepatology 1997; 25(6): 1351-1360. Stauch, S., et al. J Hepatol 1998; 28(5): 856-864. Hepa-Merz® Granulat 3000, Hepa-Merz® Granulat 6000. Wirkstoff: Ornithinaspartat. Zusammensetzung: 1 Beutel mit 5 g (10 g) Granulat enthält: Arzneilich wirksamer Bestandteil: 3 g (6 g) Ornithinaspartat. Sonstige Bestandteile: Hepa-Merz® Granulat 3000 / Hepa-Merz® Granulat 6000: Citronensäure, Saccharin-Natrium, Natriumcyclamat, Povidon 25, Fructose, Aromastoffe, Gelborange S (E 110). Hinweis für Diabetiker: Ein Beutel Hepa-Merz® Granulat 3000 enthält 1,13 g Fructose (entsprechend ca. 0,11 Broteinheiten (BE)). Ein Beutel Hepa-Merz® Granulat 6000 enthält 2,26 g Fructose (entsprechend ca. 0,22 Broteinheiten (BE)). Anwendungsgebiete: Latente und manifeste hepatische Enzephalopathie. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff Ornithinaspartat, gegen Gelborange S (E 110) oder einen der sonstigen Bestandteile. Absolut: Stärkere Nierenfunktionsstörungen (Niereninsuffizienz). Als Richtwert kann ein Serumkreatininwert über 3 mg / 100 ml gelten. Relativ: Es liegen keine klinischen Daten zur Einnahme von Hepa-Merz® Granulat 3000 / Hepa-Merz® Granulat 6000 in der Schwangerschaft vor. Ornithinaspartat wurde nur unzureichend in tierexperimentellen Studien zur Reproduktionstoxizität untersucht. Die Anwendung von Hepa-Merz® Granulat 3000 / Hepa-Merz® Granulat 6000 in der Schwangerschaft sollte daher vermieden werden. Wird dennoch eine Behandlung mit Hepa-Merz® Granulat 3000 / Hepa-Merz® Granulat 6000 für notwendig erachtet, sollte eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Es ist nicht bekannt, ob Ornithinaspartat in die Muttermilch übergeht. Eine Anwendung von Hepa-Merz® Granulat 3000 / Hepa-Merz® Granulat 6000 sollte daher in der Stillzeit vermieden werden. Wird dennoch eine Behandlung mit Hepa-Merz® Granulat 3000 / Hepa-Merz® Granulat 6000 für notwendig erachtet, sollte eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Nebenwirkungen: Gelegentlich (≥ 1/1.000 bis < 1/100): Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen, Flatulenz, Diarrhoe. Sehr selten (< 1/10.000): Gliederschmerzen. Diese Nebenwirkungen sind jedoch im Allgemeinen vorübergehend und erfordern kein Absetzen des Arzneimittels. Gelborange S (E 110) kann allergische Reaktionen hervorrufen. Warnhinweise: Hepa-Merz® Granulat 3000 / Hepa-Merz® Granulat 6000 enthält Fructose. Patienten mit der seltenen hereditären Fructose-Intoleranz sollten Hepa-Merz® Granulat 3000 / Hepa-Merz® Granulat 6000 nicht einnehmen. Sonstige Hinweise: Bedingt durch die Erkrankung kann auch unter der Therapie mit Hepa-Merz® Granulat 3000 / Hepa-Merz® Granulat 6000 die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt sein. Hepa-Merz® Infusionslösungs-Konzentrat. Wirkstoff: Ornithinaspartat. Zusammensetzung: 1 Ampulle mit 10 ml enthält: Arzneilich wirksamer Bestandteil: 5 g Ornithinaspartat. Sonstige Bestandteile: Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Latente und manifeste hepatische Enzephalopathie. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff Ornithinaspartat oder einen der sonstigen Bestandteile. Absolut: Stärkere Nierenfunktionsstörungen (Niereninsuffizienz). Als Richtwert kann ein Serumkreatininwert über 3 mg / 100 ml gelten. Relativ: Es liegen keine klinischen Daten zur Anwendung von HepaMerz® Infusionslösungs-Konzentrat in der Schwangerschaft vor. Ornithinaspartat wurde nur unzureichend in tierexperimentellen Studien zur Reproduktionstoxizität untersucht. Die Anwendung von Hepa-Merz® Infusionslösungs-Konzentrat in der Schwangerschaft sollte daher vermieden werden. Wird dennoch eine Behandlung mit Hepa-Merz® Infusionslösungs-Konzentrat für notwendig erachtet, sollte eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Es ist nicht bekannt, ob Ornithinaspartat in die Muttermilch übergeht. Eine Anwendung von Hepa-Merz® Infusionslösungs-Konzentrat sollte daher in der Stillzeit vermieden werden. Wird dennoch eine Behandlung mit Hepa-Merz® Infusionslösungs-Konzentrat für notwendig erachtet, sollte eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Nebenwirkungen: Gelegentlich (≥ 1/1.000 bis < 1/100): Übelkeit. Selten (≥1/10.000 bis < 1/1.000): Erbrechen. Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar): Überempfindlichkeit, anaphylaktische Reaktion. Die gastrointestinalen Symptome sind im Allgemeinen vorübergehend und erfordern kein Absetzen des Arzneimittels, sondern verschwinden bei Dosisreduktion bzw. Reduktion der Infusionsgeschwindigkeit wieder. Sonstige Hinweise: HepaMerz® Infusionslösungs-Konzentrat ist mit den üblichen Infusionsgrundlagen mischbar. Bislang sind keine Auffälligkeiten bei der Mischbarkeit aufgetreten. Dennoch sollte das Mischen mit der Infusionsgrundlage erst unmittelbar vor der Anwendung erfolgen. Bei hohen Dosen von Hepa-Merz® Infusionslösungs-Konzentrat soll der Harnstoffspiegel im Serum und Urin kontrolliert werden. Bei erheblich eingeschränkter Leberfunktion muss zur Vermeidung von Übelkeit und Erbrechen die Infusionsgeschwindigkeit individuell angepasst werden. Bedingt durch die Erkrankung kann auch unter der Therapie mit Ornithinaspartat die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt sein. Hepa-Merz® Infusionslösungs-Konzentrat darf nicht intraarteriell verabreicht werden. Stand: Januar 2013. Merz Pharmaceuticals GmbH, 60048 Frankfurt/Main