ISSN 1432-4334 JAHRGANG 28 HEFT 2 März 2019
FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE
JOURNAL OF PHARMACOLOGY AND THERAPY
Akrale Durchblutungsstörungen mit beruflichem Hintergrund – diagnostische Herangehensweise und Begutachtung Late-onset Morbus Pompe: Frühzeitig erkennen und gezielt behandeln Immunthrombozytopenie: Real-World-Daten bestätigen Nutzen von Eltrombopag in der Zweitlinientherapie Gastroösophageale Refluxkrankheit: Höhere Patientenzufriedenheit unter Add-on-Alginat-Therapie Hepatitis C: Die letzten medizinischen Hürden für die HCV-Eliminierung sind genommen Lenvatinib – ein selektiver Multikinase-Inhibitor für die Erstlinientherapie des hepatozellulären Karzinoms Cabozantinib – ein neuer Tyrosinkinaseinhibitor für die Zweitlinien therapie des Leberzellkarzinoms
VERLAG
PERFUSION
Lokal fortgeschrittenes oder metastasiertes kutanes Plattenepithelkarzinom (cSCC):
1802_CEM_A – SADE.LIB.18.09.2547
Gibt es eine Therapieoption, die das Problem an der Wurzel packt?
Mit wegweisenden Therapien komplexen Erkrankungen begegnen.
EDITORIAL
Schon lange nerven mich die Nebelkerzen, die die Propaganda um die Elektrifizierung des Individualverkehrs begleiten und uns allen zuverlässig die Sicht nehmen, sodass eine objektive Bewertung der Sachlage fast unmöglich wird. Während junge Menschen (Gott sei Dank!) mit „Friday for future“ weltweit ihr Recht auf einen intakten Planeten reklamieren, lenken andere mit ein paar Kurzstrecken-Fahrverboten für ältere Dieselfahrzeuge von der globalen Misere ab und tun so, als läge der Schlüssel zum Überleben der Menschheit in der peniblen Einhaltung eines Grenzwerts am Stuttgarter Neckartor, eines Grenzwerts, dessen wissenschaftliche Fundierung zu hinterfragen eigentlich ein ganz natürlicher Vorgang im Interesse aller sein sollte. Ziemlichen Aufruhr erregte indes Anfang des Jahres die Stellungnahme eines Häufleins von Lungenfachärzten, die die wissenschaftliche Basis eben dieses Grenzwerts in Frage stellte [1]. Der federführende Autor, Prof. Dr. med. Dieter Köhler, bezeichnet darin seine Ausführungen unter dem Schlagwort „Falsifikation“, die sich mit den Rauchern als „freiwillige“ Teilnehmer einer „riesigen Expositionsstudie“ zu „außerordentlich hohen Dosen“ beschäftigt, als „das stärkste Argument“. Schade, dass er sich gerade da wohl verrechnet hat. Schade auch, dass dies alle anderen, schwer gewichtigen Argumente komplett zugedeckt hat. So findet man im Internet viele Beiträge, die sich ausschließlich mit den „Rechenfehlern“ in dem Dokument beschäftigten und diese dann regelhaft zum Anlass nehmen, das Statement als Ganzes als unwissenschaftlich und damit wertlos zu brandmarken. Für mich das wichtigste Argument ist das von Köhler als erstes genannte Problem: „Korrelation und Kausalität“. Das am 27. November 2018 vorgestellte Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. mit dem Titel „Atmen: Luftschadstoffe und Gesundheit“, auf das sich Köhlers Stellungnahme wesentlich bezieht, beginnt bezeichnenderweise mit der Feststellung: „Die wissenschaftlichen Aussagen basieren auf dem aktu-
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Stickoxide, Feinstaub, CO2: Fakten bitte! ellen Stand der epidemiologischen Studien unter Berücksichtigung der Evidenz aus experimentellen bzw. kontrollierten Studien“ [2]. Die Nummer 4 von beeindruckenden insgesamt 451 Literaturstellen in diesem Positionspapier erregte meine besondere Aufmerksamkeit [3]. Ab Seite 144 des vom Umweltbundesamt im Februar 2018 herausgegebenen 172-seitigen Dokuments finden sich exakte Suchstrategien zu den einzelnen Endpunkten. Die erste Recherche nach Publikationen zu Mortalität und Stickoxiden habe ich nachvollzogen. Ergebnis: Medline listet nicht eine einzige randomisiert kontrollierte Studie auf, nicht einmal ein „clinical trial“ zu diesem Thema. Also konnte sich das Positionspapier zur Frage des Einflusses von Stickoxiden auf die Mortalität tatsächlich ausschließlich auf epidemiologische Daten stützen. Und die können nun einmal grundsätzlich Kausalität nicht valide belegen, da es sich um Beobachtungsstudien ohne Kontrollgruppe handelt bzw. bei Kohortenstudien die Strukturgleichheit der Kontrollgruppe nicht gewährleistet ist. Wäre dem so, könnte man sich den ungleich größeren Aufwand der Randomisierung bei Hypothesen testenden Studien (RCTs) sparen. Das „risk of bias tool“ der Cochrane Collaboration, mit dem die interne Validität eines RCT geprüft wird, unterstellt bereits ein erhebliches Risiko der Verzerrung der Ergebnisse, wenn Zweifel an der perfekten Verblindung von Behandler und Behandeltem („doppelblind“) nicht zuverlässig ausgeräumt werden können. Auf dieser wackeligen Grundlage basieren denn auch alle „Modelle“, kunstvolle, aber eben nicht evidenzbasierte Formeln, denen zufolge z.B. jährlich doppelt so viele Menschen in Deutschland den Stickoxiden zum Opfer fallen, wie Verkehrstote gezählt werden [4], oder gar
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Prof. Dr. med. K.-L. Resch, Bad Elster
20-mal so viele durch Feinstaub aus gemütlichen Kaminfeuern [5]. Bei allen Beobachtungsstudien kann ein etwaiger beobachteter Zusammenhang immer auch durch einen gemeinsamen, unbekannten, zugrunde liegenden kausalen Faktor, den Confounder, hervorgerufen worden sein. Ein Beispiel: Nehmen wir an, die Bewohner rund um das Stuttgarter Neckartor und andere StickoxidHotspots würden im Forschungsansatz einer epidemiologischen Studie statistisch signifikant früher sterben als Menschen, die woanders wohnen, dann ließe sich dies eben nicht nur durch die „Noxe Stickoxide“ erklären, sondern z.B. auch durch einen klassischen Confounder, die sozioökonomischen Verhältnisse. Anders ausgedrückt: Wer gesundheitsbewusst lebt und es sich leisten kann, wird mit besonders geringer Wahrscheinlichkeit ausgerechnet am Neckartor wohnen wollen – schon allein weil der dortige dichte Verkehr mit einem ziemlich hohen Lärmpegel verbunden ist, der ebenfalls als krankmachender Confounder gilt.
INHALT
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Anstatt eine von Fakten bestimmte wissenschaftliche Diskussion zu führen, wurden Köhler und seine Mitautoren von den Medien fast durch die Bank ignorant oder böswillig attackiert. So versuchte etwa frontal21 (ZDF), die fachliche Qualifikation zu einem solchen Statement dadurch auszuhebeln, dass Köhler vorgeworfen wurde, er hätte zu diesem Thema keine eigenen Forschungsergebnisse in einem Journal mit Peer Review publiziert. Hallo, dann müsste man auch einem Gutteil der Cochrane Reviews die fachliche Qualifikation absprechen! Wenn jemandem daran liegt, Licht ins Dunkel zu bringen, dann doch am ehesten dadurch, dass man vorbehaltlos Erkenntnisse und Befunde aus unterschiedlichen Bereichen identifiziert, diskutiert und bewertet, um gezielt Gefahren für Mensch (und Klima) abwenden zu können. Absolut inakzeptabel ist jedoch, dass dabei wirtschaftliche Interessen der wissenschaftlichen Diskussion die Feder führen und letztlich „Gegenmaßnahmen“ eingeleitet werden, die Konjunktur belebende Effekte generieren sollen. Wie etwa dass Dieselfahrzeuge in der Mitte ihres Lebenszyklus verschrottet werden und dann zusätzliche Autos gebaut werden müssen, deren Produktion die Umwelt möglicherweise unter dem Strich nicht weniger belastet. Karl-Ludwig Resch, Bad Elster Quellen 1 h ttps://www.lungenaerzte-im-netz.de/ fileadmin/pdf/Stellungnahme__NOx_ und__Feinstaub.pdf 2 Holger Schulz H et al. Atmen: Luftschadstoffe und Gesundheit. https:// pneumologie.de/fileadmin/user_upload/ DGP_Luftschadstoffe_Positionspapier_20181127.pdf 3 Schneider A et al. im Auftrag des Umweltbundesamtes. Quantifizierung von umweltbedingten Krankheitslasten aufgrund der Stickstoffdioxid-Exposition in Deutschland. Umwelt & Gesundheit 01/2018 4 Fleischhauer J. Die erfundenen Toten. (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/dieselgate-2-die-erfundenen-totena-1198225.html) 5 Schuh H. Holzöfen: Gemütlich und gefährlich. https://www.zeit.de/2017/14/ holzoefen-heizen-emissionen-verbot
ORIGINALARBEIT Akrale Durchblutungsstörungen mit beruflichem Hintergrund – diagnostische Herangehensweise und Begutachtung Uwe Wahl, Tobias Hirsch
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS Late-onset Morbus Pompe: Frühzeitig erkennen und gezielt behandeln
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Immunthrombozytopenie: Real-World-Daten bestätigen Nutzen von Eltrombopag in der Zweitlinientherapie 52 Gastroösophageale Refluxkrankheit: Höhere Patientenzufriedenheit unter Add-on-Alginat-Therapie 56 Hepatitis C: Die letzten medizinischen Hürden für die HCV-Eliminierung sind genommen
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL Lenvatinib – ein selektiver Multikinase-Inhibitor für die Erstlinientherapie des hepatozellulären Karzinoms
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Cabozantinib – ein neuer Tyrosinkinaseinhibitor für die Zweitlinientherapie des Leberzellkarzinoms
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RUBRIKEN Kongresse 66 Wissenswertes 48, 54, 63, 68
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Colitis ulcerosa
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Erkrank. des Dickdarms (Colitis ulcerosa), die auf das Rektum und Colon sigmoideum beschränkt sind. Salofalk® 4g/60ml Klysmen: Akutbeh. Colitis ulcerosa. Salofalk® 1g Rektalschaum: Beh. von leichter aktiver Colitis ulcerosa des Sigmoids und Rektums. Gegenanzeigen: Pat. mit bekannter Überempfindlichkeit gg. den Wirkstoff, Salicylate oder einen der sonstigen Bestandteile, schwere Leber- u. Nierenfunktionsstörungen. Schwangerschaft und Stillzeit: Nutzen/Risiko-Abwägung. Zusätzl. Salofalk® Klysmen u. Rektalschaum: Bei empfindlichen Personen (bes. mit Asthma- oder Allergievorgeschichte) wegen Gehalt an Sulfit, Natriumbenzoat. Nebenwirkungen: Kopfschmerzen. Abdominalschmerzen, Diarrhö, Dyspepsie, Flatulenz, Übelkeit, Erbrechen, akute Pankreatitis, veränderte Leberfunktionsparameter (Transaminasen u. Cholestaseparameter erhöht), veränderte Pankreasenzyme (Lipase und Amylase erhöht), Eosinophilenzahl erhöht. Schwindel, Myo- u. Perikarditis, cholestatische Hepatitis, Lichtempfindlichkeit, Arthralgie, Kraftlosigkeit, Müdigkeit. Blutbildveränderungen (aplastische Anämie, Agranulozytose, Panzytopenie, Neutropenie, Leukopenie, Thrombozytopenie), Überempfindlichkeitsreaktionen wie allergisches Exanthem, Medikamentenfieber, Lupus-erythematodes-Syndrom, Pankolitis, periphere Neuropathie, allergische u. fibrotische Lungenreaktionen (einschl. Dyspnoe, Husten, Bronchospasmus, Alveolitis, pulmonale Eosinophilie, Lungeninfiltrat, Pneumonitis), Hepatitis, Alopezie, Myalgie, Nierenfunktionsstörungen einschließlich akuter u. chron. interstitieller Nephritis und Niereninsuffizienz, Oligospermie (reversibel). Zusätzl.: Salofalk® Rektalschaum: Abdominales Spannungsgefühl. Analbeschwerden, Reizung am Verabreichungsort, schmerzhafter Stuhldrang. Salofalk® 1g Supp.: Verstopfung. Packungsgrößen: Salofalk® Granu-Stix® 500mg: 50 Btl. (N1), 100 Btl. (N2), 300 Btl. (N3); Salofalk® Granu-Stix® 1000mg: 50 Btl. (N1), 100 Btl. 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ZUSAMMENFASSUNG Funktionelle und organische Durchblutungsstörungen der Hände sind nicht selten Anlass für eine angiologische Beurteilung. An erster Stelle steht dabei die Abklärung von Raynaud-Phänomenen. Sowohl akute als auch chronische Durchblutungsstörungen der Hände können ihren Ursprung in der beruflichen Exposition haben. Die Kenntnis der beiden wichtigen Krankheitsbilder Hypothenar-/ Thenar-Hammer-Syndrom und vibrationsbedingtes vasospastisches Syndrom der Hand trägt zum gezielten diagnostischen und therapeutischen Vorgehen wesentlich bei. Während beim Hypothenar-Hammer-Syndrom die gezielte Suche nach der organischen Durchblutungsstörung im Vordergrund steht, sind der Ausschluss von Differenzialdiagnosen und der Nachweis sensoneurologischer Pathologien hauptsächliche Bestandteile der Diagnose vibrationsbedingter Durchblutungsstörungen. Aufgrund der beruflichen Exposition sind entsprechende arbeitsmedizinische Aspekte zu beachten. Schlüsselwörter: HypothenarHammer-Syndrom, RaynaudPhänomen, Hand-Arm-Vibrationssyndrom, vibrationsbedingtes vasospastisches Syndrom, Berufskrankheit
Akrale Durchblutungsstörungen mit beruflichem Hintergrund – diagnostische Herangehensweise und Begutachtung Uwe Wahl1, Tobias Hirsch2 BG Klinikum Bergmannstrost Halle, Medizinische Klinik, Halle/Saale 2 Praxis für Innere Medizin und Gefäßkrankheiten, Venen Kompetenz-Zentrum®, Halle/Saale 1
D
ie Hand erfüllt wesentliche Funktionen im Leben des Menschen. Ein einwandfreier Kraft- und Präzisionsgriff ist vor allem in handwerklichen und künstlerischen Berufen unabdingbar. Insbesondere Handwerker sind aufgrund ihrer beruflichen Exposition prädisponiert für perforierende und stumpfe Verletzungen im Handbereich. Dauerhafte Vibrationen in bestimmten Frequenzbereichen können ebenfalls zu Schäden am Weichteil- und Knochenapparat der Hand führen. Das Spektrum schädigender Mechanismen ist sehr breit gefächert. Neben der Gewalteinwirkung durch die Bedienung von Maschinen und beweglichen Werkteilen sind Schädigungen selbst im Rahmen der Computertätigkeit zu beobachten. Aus der Sicht des Gefäßmediziners sind das Hypothenar- bzw. ThenarHammer-Syndrom (HHS) und die vibrationsbedingten Durchblutungsstörungen der Hand (vibrationsbedingtes vasospastisches Syndrom, VVS) von Bedeutung.
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Der Entstehungsmechanismus der Gefäßpathologien von HHS und VVS ist unterschiedlich, weshalb die beiden Krankheitsbilder klar voneinander getrennt werden müssen [1]. Die Krankheitsentitäten können mit erheblichen Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt für die Betroffenen einhergehen und sind in vielen europäischen Ländern als Berufserkrankung anerkannt. Neben den therapeutischen lassen sich auch versicherungsrechtliche Konsequenzen aus einer korrekten Diagnosestellung ableiten. Epidemiologische Aspekte
In Deutschland ist das VVS seit 1979 in der Liste der Berufskrankheiten (BK) mit der Nummer 2104 und das HHS seit dem Jahr 2015 mit der Nummer 2114 vermerkt. Sowohl für die BK 2104 als auch für die BK 2114 lag in den letzten Jahren die Anzahl der BK-Verdachtsfälle unter 100 pro Jahr. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Abbildung 1: Verlauf der A. ulnaris mit gleichnamigem Nerv durch die Guyon-Loge (Originalbild Körperspender). Die Arteria ulnaris (rot) und der Nervus ulnaris (gelb) verlaufen parallel durch die Guyon-Loge. Deren Boden wird vom Retinaculum flexorum sowie den Ligg. pisohamatum und pisometacarpeum gebildet. Die ulnare Wand wird knöchern durch das Os pisiforme (a), die Sehne des M. flexor carpi ulnaris sowie den M. abductor digiti minimi begrenzt, die radiale Wand durch das Retinaculum mm. flexorum manus (b) und knöchern durch den Hamulus ossis hamati (c; d = Os hamatum). Das Dach der Guyon-Loge setzt sich aus dem Lig. carpi palmare (e) und dem M. palmaris brevis (bereits reseziert) sowie dem subkutanen Fettgewebe zusammen.
In Untersuchungen an Patienten mit Raynaud-Phänomen konnten Prävalenzen des HHS von 1,13 – 1,70 % ermittelt werden [2, 3, 4]. Die geringe Prävalenz in dieser Subgruppe lässt auf eine Prävalenz in dieser Subgruppe von <1 % in der Gesamtpopulation schließen. Bei beruflich Exponierten liegt die Prävalenz bei 7 – 14 % [5, 6]. Die Diskrepanz zwischen der hohen Anzahl an beruflich Exponierten und den Prävalenzzahlen lässt auf eine hohe Dunkelziffer an Betroffenen schließen. Ursache dafür kann eine gute hämodynamische Kompensation sein. Aber auch mangelnde Kenntnisse von ärztlicher Seite und Dissimulation von Seiten der Betroffenen dürften eine Rolle spielen. Für die hohe Kompensationsfähigkeit spricht die Tatsache, dass selten Handischämien nach Ent-
fernung der A. radialis im Rahmen der koronaren Bypasschirurgie auftreten [7]. Der Anteil der europäischen Arbeiter mit Vibrationsexposition schwankt zwischen 14 und 34 % und erreicht im Bausektor bis zu 63 % [8]. Geschätzte Zahlen zum vibrationsbedingten vasospastischen Syndrom in Deutschland lassen auf ca. 6,8 Millionen Beschäftigte mit entsprechender Exposition schließen [9]. Das Risiko für eine vaskuläre oder neurologische Störung ist bei Vibrationsexponierten um das 4–5-Fache höher als bei nicht Vibrationsexponierten [10]. Gefäßversorgung der Hand
Die Hand wird hauptsächlich über die Aa. radialis et ulnaris arteriell versorgt. Die Daumenarterie (A.
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SUMMARY Functional as well as organic circulatory disorders of the hands are not rare cause for an angiological diagnostic assessment. This can be very well explained by Raynaud’s phenomenon. Both acute and chronic circulatory disorders of the hands may originate from occupational exposure. The knowledge regarding two important trauma-induced circulatory disorders of the hand – the hypothenar or thenar hammer syndrome (HHS) and vibrationrelated circulatory disorders (hand-arm vibration syndrome or vibration-induced vaspospastic syndrome, VVS) – contributes significantly to the targeted diagnostic and therapeutic approach. While the diagnosis of the hypothenar hammer syndrome is focused on the targeted search for an organically induced circulatory disorder (morphological detection of vascular lesions), the major component of the diagnostic assessment of vibration-related circulatory disorders includes the detection of sensoneurological pathologies and the exclusion of differential diagnosis. Since both diseases are recognized as occupational diseases, appropriate occupational medicine and health aspects must be considered. Key words: hypothenar hammer syndrome, Raynaud’s phenomenon, hand-arm vibration syndrome, vibration-induced vaso spastic syndrome, occupational disease
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princeps pollicis) sowie der Zeigefinger werden über die A. radialis gespeist, die Mittelhandknochen über den radial gebildeten tiefen Hohlhandbogen. Die übrigen Fingerarterien werden über den ulnaren oberflächigen Hohlhandbogen versorgt. Eine Kommunikation beider arterieller Bögen findet in etwa einem Drittel der Fälle über den Ramus palmaris superficialis der A. radialis sowie den Ramus palmaris profundus der A. ulnaris statt. Die Guyon-Loge ist ein ca. 3 cm langer anatomischer Engpass, in dem die A. ulnaris und der oberflächliche Hohlhandbogen auf ein unnachgiebiges knöchernes Widerlager (Hamulus ossis hamati) stoßen (Abb. 1). Auch im Bereich der A. radialis finden sich anatomische Engpässe: Einerseits kann der Ramus palmaris superficialis, der das Os scaphoideum/Os trapezium umschlingt, an dieser Stelle durch den M. abductor pollicis brevis eingeengt werden. Andererseits besteht ein weiterer Engpass beim Eintritt der A. radialis in die Hohlhand an der Basis der Ossa metacarpales II/III.
sätzlich das Risiko für thromboembolische Ereignisse erhöht. Betreffen diese Veränderungen den ulnaren Schenkel, spricht man von einem Hypothenar-Hammer-Syndrom. Erstecken sie sich auf den radialen Schenkel, handelt es sich um ein Thenar-Hammer-Syndrom. Das Hypothenar-Hammer-Syndrom betrifft am häufigsten die dominierende Hand von Männern im medianen Lebensalter von 45 – 49 Jahren [2, 11]. Nur ein Fünftel bis ein Drittel der Untersuchten erinnerte sich an ein Trauma vor Beginn der Beschwerdesymptomatik [11, 12, 13]. Repetitive Krafteinwirkungen sind für die Entstehung eines HHS nicht zwingend nötig [14]. Ein Abblassen von Fingern ohne Zyanose und Hyperämie auch bei vasodilatatorischen Umgebungsbedingungen deutet auf eine organisch fixierte Durchblutungsstörung hin [2, 15]. Schmerzen, Taubheitsgefühl und Kälteempfindlichkeit sind die vordergründigen Beschwerden. Tastbare Schwellungen können nachweisbar sein. Eine Hand-Claudicatio tritt seltener auf. Akrale Läsionen findet man in ca. 20 % der Fälle.
Pathophysiologische Vorstellungen und klinisches Erscheinungsbild des HypothenarHammer-Syndroms Beim HHS liegt eine organische Durchblutungsstörung vor.
Weil das HHS eine organisch fixierte Durchblutungsstörung darstellt, ist ein Raynaud-Phänomen mit Tricolore-Symptomatik selten. Beim HHS kommt es zu Raynaud-ähnlichen Symp tomen.
Eine Gewalteinwirkung in den Engpassbereichen kann zu Verletzungen der Tunica intima führen. Die freigelegten subendothelialen Gefäßstrukturen haben thrombogene Eigenschaften und bewirken eine sukzessive Thrombosierung des Gefäßes. Wird die Tunica media chronisch repetitiv verletzt, entsteht ein Aneurysma, das zu-
Das primäre Raynaud-Phänomen tritt in der Regel zwischen dem 10. und 45. Lebensjahr auf und zeigt sich vorwiegend beim weiblichen Geschlecht [16]. Auffällig ist eine positive Familienanamnese. Die Mitbeteiligung des Daumens und suspekte Befallmuster der Finger sprechen gegen ein primäres Raynaud-Phänomen. HHS-
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Fälle nach Vibrationsexposition wurden auch beschrieben [5]. Pathophysiologische Vorstellungen und klinisches Erscheinungsbild des vibrationsbedingten vasospastischen Syndroms
Beim VVS liegt eine funktionelle Durchblutungsstörung in Kombination mit einem nervalen Schaden vor.
Die pathophysiologischen Mechanismen sind bisher nicht abschließend geklärt, jedoch sind chronische Vibrationsbelastungen durch handgehaltene Arbeitsgeräte, Maschinenlärm und niedrige Arbeitsplatztemperaturen (nasskalte Wetterlagen, Wind) die wesentlichen Auslösefaktoren. Der Frequenzbereich zwischen 100 und 300 Hz führt zu vaskulären und sensoneuronalen Dysfunktionen im Fingerbereich. Aus der Aktivierung von autonomen zentralnervösen Zentren und sympathischen peripheren Nerven resultiert eine Erhöhung des Katecholaminspiegels im Körper. Zusätzlich lösen vibrationsbedingte Gefäßverletzungen die intravasale Abgabe von Endothelin aus. Nach Thrombozytenadhäsion an endotheliale Defektstellen wird der Vasokonstriktor Thromboxan A2 ausgeschüttet. Durch die systemischen Aktivierungsprozesse ist auch die der Vibration geringer ausgesetzte Hand regelhaft mit betroffen [17, 18]. Chronische Vibrationsexpositionen führen zur Hypertrophie der Tunica media in den Handarterien, wodurch es über die Reduktion des Gefäßradius zu einer erheblichen Erhöhung des peripheren Strömungswiderstandes kommt (Gesetz von Hagen© VERLAG PERFUSION GMBH
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Poiseuille) [19]. Durch hochsensible alpha-2-adrenerge Rezeptoren und Transmitterpersistenz können nach langer Exposition auch spontan vasospastische Anfälle ausgelöst werden. Anfänglich bestehen autonomen Dysregulationen mit Taubheits- und Kältegefühl. Später treten zentrale und autonome Nervensystemstörungen bis hin zu Nervenlähmungen im Bereich des Nervus ulnaris auf [18]. Die Mechanorezeptoren der Haut (v.a. Meissner- und Vater-Pacini-Körperchen, A-Alpha-Nervenfasern) verlieren mit zunehmender Vibrationsexposition ihre Funktion, da ein demyelinisierender Prozess an den Nervenfasern in Gang gesetzt wird und die Schwann-Zellen nur bis zu einem bestimmten Grad zu einer Remyelinisierung befähigt sind [20]. Auch die für das Temperaturempfinden verantwortlichen A-Delta- und C-Nervenfasern werden geschädigt. Das typische Bild der vibrationsbedingten Durchblutungsstörung ist ein sekundäres Raynaud-Phänomen, das zunächst durch die Vibration, jedoch auch bei nasskalter Wetterlage ausgelöst werden kann.
Schwere fixierte Verlaufsformen führen zu Raynaud-Attacken auch ohne Auslöser. Infolge der sensoneurologischen Pathologien, die sich als Taubheitsgefühl oder Kribbelparästhesien präsentieren, kommt es insbesondere direkt nach Vibrationsexposition zu motorischen Funktionsverlusten der Hände. Die Dauer der Beschwerdepersistenz nach Vibrationspause gibt Aufschluss über den Schwergrad der Schädigung. Patienten, die aufgrund einer gesteigerten Reaktion auf Kälteexposition Beschwerden (Schmerz,
Taubheitsgefühl, Steifheit der Gelenke etc.) erleiden, besitzen eine Kälteempfindlichkeit (syn. Kälteintoleranz). Diese muss von der funktionellen Vasokonstriktion während einer Raynaud-Attacke getrennt werden, da der Vasospasmus nicht nachweisbar ist [21]. Durch die Selbsteinschätzung des Patienten mittels „Cold Intolerance Symptom Severity“-Fragebogen (CISS) kann klinisch die Diagnose der Kälteempfindlichkeit gestellt werden [22]. Bei Vibrationsexposition war eine Kälteempfindlichkeit in Studien mit einem sechsfach höheren Risiko für die Entwicklung eines Raynaud-Phänomens behaftet. Für die Entwicklung von neurologischen Defiziten traf dies nicht zu [23]. Die schädigende Vibrationseinwirkung muss gesamtheitlich betrachtet werden, da neben vaskulären und neurologischen auch muskuloskelettale Veränderungen im gesamten HandArm-Bereich auftreten (internationale Bezeichnung: HandArm-Vibrationssyndrom, HAVS).
So können vibrationsinduziert Karpaltunnelsyndrome (BK 2113) oder pathologische Veränderungen wie Handgelenksarthrosen, Lunatummalazie, Kahnbeinpseudoarthrose, Arthrose im Ellenbogen- oder Akromioklavikulargelenk sowie die Osteochondrosis dissecans im Ellenbogengelenk (unter der BK 2103 subsumiert) auftreten. Matoba et al. beschrieben in den frühen Stadien eine Kälteempfindlichkeit und Taubheitsgefühl in den Fingern sowie ein Steifheitsgefühl im Schulter- und Armbereich gefolgt von Muskelschwäche. Mit anhaltender Exposition kommt eine autonome Neuropathie mit Raynaud-Phänomen und palmarer
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Hyperhidrose hinzu. Dysregulationen im zentralen Nervensystem sind mögliche Auslöser von Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Reizbarkeit und symptominduzierten Depressionen [18]. Diagnostische Herangehensweise
Das Ausmaß der diagnostischen Maßnahmen (Abb. 2) muss sich nach der Akuität der klinischen Beschwerden richten. Bei Zeichen der kritischen akralen Ischämie muss eine definitive bildgebende Diagnostik (Duplexsonographie, Schnittbildgebung, Angiographie) zeitnah erzwungen werden. Die Trennung beider Entitäten kann schwierig sein, da erstens auch ein HHS durch Vibrationsbelastung ausgelöst werden kann und zweitens im täglichen Arbeitsablauf von Handwerkern eine Mischung aus Vibrationsexposition und stoßartigen Krafteinwirkungen auf die Hand einwirkt [24]. Die ausführliche Anamnese ist Ausgangspunkt einer jeglichen ärztlichen Untersuchung. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass eine symptomorientierte Anamnese nur den Einstieg in den diagnostischen Algorithmus ausmacht. Während der Untersuchung ergeben sich dann spezielle eigen- und familienanamnestische Aspekte sowie abschließend eine gezielte Arbeitsplatzanamnese. Schritt 1: Klinische Exploration Vibrationsbedingte Schäden haben im Gegensatz zum HHS gewöhnlich eine lange Anamnese. Zum Diagnosezeitpunkt und im Behandlungs-/Beobachtungsverlauf sollte eine Fotodokumentation durchgeführt werden; sie ist besonders bei
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Vorstellungsgrund
Akrale Durchblutungsstörung der Hand, Raynaud-Phänomen, Weißfingerkrankheit
Schritt 1: Klinik
Kritische Extremitätenischämie?, akrale Läsionen?, trophische Störungen?
Schritt 2: Bildgebung
Organische Durchblutungsstörung
Funktionelle Durchblutungsstörung
Schritt 3: Differenzialdiagnosen
z.B. Arteriosklerose, arterielle Embolie, Thrombangiitis obliterans
Andere Ursachen: sek. RP, Thoracicoutlet-Syndrom, Karpaltunnelsyndrom
Schritt 4: Provokationstestung
Vaskulärer und/oder nervaler Schaden
Schritt 5: Fingerfertigkeit Arbeits- und sozialmedizinische Aspekte
Purdue Pegboard Test
BK 2104?, BK-Anzeige, Begutachtung
Purdue Pegboard Test
BK 2104?, BK-Anzeige, Begutachtung
Abbildung 2: Diagnostischer Workflow bei Patienten, die sich mit „akraler Durchblutungsstörung“, „Raynaud-Phänomen (RP)“ oder „Weißfingerkrankheit“ in der gefäßmedizinischen Praxis vorstellen. Während für den praktisch tätigen Gefäßmediziner der diagnostische Workflow durch die schwarzen Pfeile gekennzeichnet ist, wird er in der Begutachtungssituation in der Regel umgekehrt (orange Pfeile) erfolgen.
Patienten mit Raynaud-Phänomen ein wichtiges diagnostisches Mittel zur Befundobjektivierung. Die klinische Befunderhebung mittels Hautinspektion an Hand und Fingern, Pulsstatus im Handgelenkbereich, Rekapillarisierungszeit an den Fingerkuppen und Allen-Test liefert Hinweise zur peripheren Durchblutungssituation. Insbesondere sind kutane akrale Läsionen zu dokumentieren. Da der Allen-Test sehr untersucherabhängige Testergebnisse erbringen kann, wird eine Objektivierung unter Hinzunahme der Doppler- oder Duplexsonographie empfohlen (Abb. 3). Schritt 2: Apparative Diagnostik der Durchblutung Der Doppler-/Duplex-HohlhandTest kann bei suspektem klinischem
Allen-Test angewandt werden. Ruland et al. verglichen Dopplerableitungen mit angiographischen Bildern. Bei Kompression der A. radialis bewiesen eine distal davon abgeleitete Strömungsumkehr in der A. radialis sowie eine um weniger als 20 % abnehmende systolische Maximalgeschwindigkeit in der Daumenarterie den funktionierenden Hohlhandbogen [25]. Ist der klinische Allen-Test hingegen unauffällig, spricht dies mit hoher Sicherheit für eine ausreichende Handdurchblutung. In der gefäßmedizinischen Praxis hat sich die optische akrale Puls oszillometrie als schnelles und nicht invasives Screening-Verfahren bewährt. Während Pulsatilitätsverluste an einzelnen Fingern Hinweis auf ein HHS sind, sieht man beim VVS entweder einen Normalbefund oder eine Dämpfung aller akralen Pulswellen, insbe-
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sondere nach Kälteprovokation. Die Sonographie und farbkodierte Duplexsonographie des Handbereiches sowie der Handund Fingerarterien mit hochfrequenten Linearschallköpfen stellen die apparative Diagnostik der ersten Wahl dar. Der vegetativ regulierte Gefäßtonus kann die Ultraschalluntersuchung erschweren, lässt sich aber mit einem warmen Wasserbad häufig durchbrechen [26]. Die Fingerarterien beim VVS können elongiert und geschlungen zur Darstellung kommen, eine Thrombangiitis obliterans muss ausgeschlossen werden [27]. Schnittbildgebende Verfahren wie CT-Angiographie und MRAngiographie (Sensitivität ca. 95 %, Spezifität ca. 100 %) können spezielle Fragen der akralen Durchblutung klären, wenn die Untersuchungsprotokolle der Fragestellung angepasst werden [28]. © VERLAG PERFUSION GMBH
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auch unter den Gesichtspunkten der Operationsplanung, notwendig. Sie hat im akralen Bereich einen hohen diagnostischen Stellenwert. Ein wesentlicher Vorteil der Schnittbilddiagnostik gegenüber der konventionellen Angiographie liegt in der zusätzlich möglichen Beurteilung des Knochen- und Weichteilapparates sowie der venösen Gefäßsituation für die Differenzialdiagnostik. Beim VVS werden CT- und MR-morphologische Untersuchungen selten unter differenzialdiagnostischem Aspekt eingesetzt. Schritt 3: Ausschluss von Differenzialdiagnosen
Abbildung 3: Klinischer Allen-Test und Duplex-Hohlhand-Test für die Beurteilung der Hohlhandbogenhämodynamik. a) Der Fluss der A. radialis und A. ulnaris wird durch manuelle Kompression unterbrochen und der Patient führt etwa 20 – 30 Faustschlüsse durch, um die Handgefäße zu entleeren. b) Nach Freigabe der A. ulnaris zeigt sich eine zeitgerechte (5 – 7 Sekunden, >10 Sekunden pathologisch) Reperfusion der Hand mit reaktiver Hyperämie. c) Variante 1 der Untersuchung mit dem duplexsonographischen Hohlhandbogen-Test: Kompression der A. radialis proximal des Schallkopfes und Ableitung der Flussprofile in der A. radialis. d) Unter Kompression der A. radialis zeigt sich ein retrograder Fluss, was für einen kompletten Hohlhandbogen spricht. e) Variante 2 der Untersuchung mit dem duplexsonographischen Hohlhandbogen-Test: Kompression der A. radialis und Ableitung der Flussprofile in der A. princeps pollicis. f) Unter Kompression der A. radialis zeigt sich eine Flussreduktion in der A. princeps policis, die weniger als 80 % der Ausgangsgeschwindigkeit beträgt und für eine Kompensationsstörung des Hohlhandbogens (Stenose, Verschluss, anatomisch inkompletter Hohlhandbogen) spricht.
Die Pathologie in der Hypothenarregion kann damit jedoch ausreichend erfasst werden. Häufiger ist aber die Feinauflösung in den Arterien ab dem Mittelphalangealbereich nach distal limitiert, sodass eine detaillierte Beurteilung embolischer Ereignisse im Endgliedbe-
reich der Finger nur eingeschränkt möglich ist. Die Schwierigkeit der Abstimmung zwischen räumlicher Auflösung und gezielter Kontrastmitteldarstellung der Fingerarterien macht im überwiegenden Anteil der HHS-Fälle eine primäre digitale Subtraktionsangiographie,
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Liegt keine kritische akrale Durchblutungsstörung vor und zeigt sich das klinische Bild eines RaynaudPhänomens oder Raynaud-ähnlicher Beschwerden, muss eine differenzialdiagnostische Beurteilung erfolgen. Das Raynaud-Phänomen kommt nicht selten bei Betroffenen mit Karpaltunnelsyndrom vor, sodass eine Neuropathie des Nervus medianus et ulnaris regelhaft ausgeschlossen werden muss (Phalen-, Tinel-Test, Nervenleitgeschwindigkeit). Auch ein Thoracic-outlet-Syndrom kann die klinischen Beschwerden hervorrufen (Roos-, Adson- und Halstead-Test). Besonderes Augenmerk sollte auf pseudoradikuläre Beschwerden der Halswirbelsäule gerichtet werden. Eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen muss in die Ursachenforschung des Raynaud-Phänomens einbezogen werden. Als Beispiele sind hier Medikamentennebenwirkungen (Betablocker, Ergotamine, Bleomycin, Vinblastin, Methysergid), rheumatoide Arthritis, Kolla-
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genosen, Vaskulitiden, Hepatitiden (B und C), Kälteagglutininkrankheit, Kryoglobulinämie, Plasmozytom, primär biliäre Cholangitis, Antiphospholipidsyndrom, Polycythämia vera oder die Vinylchloridkrankheit (BK 1302) zu nennen [29, 30]. Die Kapillarmikroskopie spielt neben der serologischen Untersuchung eine nicht unwesentliche Rolle in der Differenzienrichtung eines Raynaud-Phänomens. Ihr positiver prädiktiver Wert für das Vorliegen einer Kollagenose ist höher als der der ANA-Bestimmung. Aufgrund der mangelnden Ressourcen wird die Kapillarmikroskopie jedoch nicht flächendeckend eingesetzt [31]. Chen et al. fanden in einer Untersuchungsreihe bei VVS-Patienten signifikant mehr extrakapilläre Veränderungen wie Blutungen, Kapillarektasien sowie avaskuläre Areale [32]. Diese Veränderungen wurden als Folge des vibrationsbedingten Kapillarschadens und konsekutiver Kapillardegeneration gewertet. Schritt 4: Testverfahren und Schwergradbeurteilung beim VVS Beim Vibrationssyndrom gilt es, vaskuläre und nervale Schädigungen nachzuweisen und zu klassifizieren. Nervale Schädigungen treten eher ein als vaskuläre [10]. Die Schweregraduierung des Vibrationssyndroms unter Würdigung der vaskulären und neurologischen Störungen erfolgte 1980 in der Stockholm-Workshop-Skala [33]. Die Stadieneinteilung war nicht unumstritten und Modifikationen wurden gefordert. Im Herbst 2018 wurde diese Klassifikation überarbeitet und ein internationaler Konsensus verabschiedet (Tab. 1) [34].
Vaskuläre Komponente • Fotoaufnahmen der hochgehaltenen Handinnenflächen und der Handrücken im Anfall (zur Identifikation neben den Kopf gehalten), Daumen bleibt unbeachtet • Bei mehrfachen Anfällen pro Tag oder anhaltender Abblassung länger als eine Stunde muss die Durchblutungssituation überprüft werden ICCStadium
Symptome
0V
Keine AbblassungsAttacken
1V
Griffin’s AbblassungsScore 1 – 4
2V
Griffin’s AbblassungsScore 5 – 12
3V
Griffin’s AbblassungsScore >12
Griffin-Score (max. Score 24)
Neurologische Komponente Anhaltende Symptomatik >20 Minuten, 2 von 3 standardisierten Verfahren (Semmes-Weinstein-Monofilament, Vibrationswahrnehmung, Temperaturwahrnehmung), mindestens ein Finger im Medianus- und Ulnarisversorgungsgebiet ICCStadium
Symptome
0N
Kein Taubheitsgefühl oder Kribbeln der Finger
1N
Intermittierendes Taubheitsgefühl und/oder Kribbeln der Finger
2N
Intermittierendes Taubheitsgefühl und/oder Kribbeln der Finger + Verlust der sensorischen Wahrnehmung in mindestens einem Finger; nachgewiesen durch zwei oder mehr valide Methoden: Druckwahrnehmung, Temperaturwahrnehmung, Vibrationswahrnehmung
3N
Intermittierendes Taubheitsgefühl und/oder Kribbeln der Finger + Verlust der sensorischen Wahrnehmung in mindestens einem Finger; nachgewiesen durch zwei oder mehr valide Methoden: Druckwahrnehmung, Temperaturwahrnehmung, Vibrationswahrnehmung + Symptome und objektiver Nachweis der beeinträchtigten Fingerfertigkeit (Purdue Pegboard Test)
Tabelle 1: Stadieneinteilung der vaskulären und neurologischen Komponente nach Internationalen Konsensus-Kriterien (ICC 2018) für das Hand-Arm-Vibrationssyndrom (in Deutschland BK 2104) [34].
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Der vaskuläre Schaden kann durch eine visuell-graduierte Beurteilung zum Anfallszeitpunkt mit dem Abblassungs-Score nach Griffin erfolgen [35]. Idealerweise werden Fotoaufnahmen von Handrücken und Handinnenfläche bei erhobenen Händen während des Anfalls beurteilt. Für die Diagnosesicherung des Raynaud-Phänomens müssen je 2 Komponenten, entweder Abblassung und Hyperämie oder Abblassung und Zyanose, nachweisbar sein. Ein alleiniges Abblassen macht die Diagnose des VVS nur wahrscheinlich [34]. Die Kälteempfindlichkeit hat keine Bedeutung für die Klassifizierung des Vibrationssyndroms, jedoch für die präventiven Maßnahmen am Arbeitsplatz. Die subjektive Beschreibung der Anfälle (Häufigkeit, Ausmaß) wird in der ICCGraduierung der vaskulären Komponente nicht mehr berücksichtig, sollte aber in Einklang mit der Fotodokumentation gebracht werden. Die Beurteilung des nervalen Schadens wird im Expertenkonsens durch Untersuchungen der Mechanorezeption und der Thermorezeption empfohlen. Eine Kombination von 2 der 3 folgenden Untersuchungen sollte erfolgen. Ein nervaler Schaden gilt als gesichert, wenn mindestens ein Finger im klassischen Medianusund Ulnarisversorgungsgebiet betroffen ist. Das Druckempfinden kann durch das Semmes-Weinstein-Monofilament (pathologisch = zweifache Standardabweichung vom Median oder außerhalb der 5. bzw. 95. Perzentile) und das Vibrationsempfinden mittels Pallästhesiometer an den Fingerspitzen bei 31,5 Hz und 125 Hz (pathologisch nach Werten der ISO 130911/2:2003) bestimmt werden [34, 36, 37]. Die Temperaturwahrnehmung wird unter Kälte- und/
oder Wärme-Provokation gemessen. Diese Untersuchungen sind beim VVS zwar nicht in Studien validiert, aber zum Teil standardisiert durchführbar (ISO 148351:2016) [38]. Die Ergebnisse der Kälteprovokation werden mittels Thermographie (Infrarotkamera) oder akraler Thermometrie (Fingertemperatur) dokumentiert. Nach Dupuis et al. werden in der akralen Thermometrie nach Kälteprovokation (5 Minuten im 12°C kalten Wasserbad) 3 Gruppen definiert [39]: • Normale Reaktion: Wiedererwärmung auf 28°C Hauttemperatur in weniger als 15 Minuten nach Kälteprovokation • Mäßig verzögerte Reaktion: Wiedererwärmung auf 28°C Hauttemperatur in der 16. – 25. Minute nach Kälteprovokation • Stark verzögerte Reaktion: keine Wiedererwärmung auf 28°C Hauttemperatur innerhalb der Testzeit (25 Minuten) nach Kälteprovokation Die Angaben zur Beschwerdesymptomatik in den Fingern korrelieren besser mit den thermometrischen Messungen als mit den thermographisch erhobenen Befunden. Eine Untersuchung von Völter-Mahlknecht et al. ergab, dass die thermographisch ermittelten Temperaturwerte im Median um 0,5 – 1,5°C höher lagen als die mittels Thermometrie gemessenen Werte und somit 10 % weniger pathologische Befunde resultierten [39]. Die Durchführung der Kälteprovokation wird während der kalten Jahreszeit empfohlen, weil sonst gehäuft falsch-negative Ergebnisse zu erwarten sind. Alternativ zu den genannten Verfahren können die nervalen Schäden auch mit der Testbatterie der „Quantitativ Sensorischen Testung (QST)“ objektiviert werden [40].
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Schritt 5: Funktionsbeurteilung der Fingerfertigkeit und Rehabilitation Fragebögen (z.B. DASH-Fragebogen, DASH = Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand) und neuropsychologische Assessments (z.B. Purdue Pegboard Test, Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL)-Testbatterie, Nine-hole-peg-Test, Wiener-Testsystem) dienen der Befundobjektivierung. Die Handkraftmessung mit dem Jamar® Handdynamometer kann zur Beurteilung der Krafteinschränkung der Hand herangezogen werden, ist aber noch lange Zeit nach Erkrankungsbeginn unauffällig. Die Fingerfertigkeit zeigt zuerst pathologische Veränderungen [20]. Laut Expertenkonsens sollte der Purdue Pegboard Test (Abb. 4) angewandt werden, weil
Abbildung 4: Purdue Pegboard Test (entwickelt von Tiffin et al. 1948, PurdueUniversity, USA). Dieser Test ermöglicht die standardisierte Beurteilung der groben Beweglichkeit von Fingern, Hand und Arm sowie der feinen Fingerspitzengeschicklichkeit. Dabei werden die rechte, linke und beide Hände nacheinander in definierten Abläufen getestet. Aufgabe ist es, innerhalb von 30 Sekunden die Stifte aus der Mulde zu nehmen und in die Löcher zu stecken. Jeder Stift entspricht einem Punkt; das Ergebnis wird anhand von Standardtafeln ausgewertet. Den Abschluss bildet ein Test, bei dem innerhalb von 60 Sekunden die Stifte mit Unterlegscheiben und Hülsen zusammengesetzt werden müssen.
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hierfür Normwerte existieren. Differenzialdiagnostische Betrachtungen sollten bei auffälligem Testergebnis beachtet werden. Aufgrund der Funktionseinschränkungen der Hände kann eine rehabilitative Maßnahme nötig sein, um die bestehenden Defizite zu beheben. Hierfür ist speziell geschultes physio- und ergotherapeutisches Personal nötig. Einen ganzheitlichen Ansatz bieten hand rehabilitative Zentren. Neben der Beseitigung von postoperativen Ödemen oder Narbenschmerzen und der individuellen Schmerztherapie steht die Patientenschulung im Vordergrund, um die alltäglichen Aktivitäten des Lebens wieder zu erlernen. Bei Patienten, bei denen eine versicherte berufliche Tätigkeit Auslöser der akralen Durchblutungsstörung war, sind die zuständigen Versicherungen für die Wiedereingliederung in das Sozial- und Arbeitsleben verantwortlich. Arbeitsmedizinische Aspekte
Ärzte haben laut § 202 SGB VII die Pflicht, den Verdacht auf eine Berufskrankheit der Unfallversicherung mit den entsprechenden Formularen anzuzeigen.
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) entscheidet, ob die verwaltungsseitigen Voraussetzungen für eine Begutachtung gegeben sind (versicherte Tätigkeit § 2,3 oder § 6 SGB VII und Rechtsgutverletzung § 823 Abs. 1 BGB). Ausgangspunkt ist der Anknüpfungstatbestand, der nicht selten die Gefährdungsbeurteilung (Expositionsdauer, Expositionsmen-
ge, Grenzwertbeurteilung etc.) des Technischen Aufsichtsdiensts der Unfallversicherung nötig macht. Der medizinische Gutachter muss dann den Krankheitsschaden im Vollbeweis erbringen und die Entstehungsvoraussetzung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit begründen (haftungsbegründende Kausalität).
Dafür müssen auch Schadensanlagen und Vorerkrankungen für die Bewertung der Wesentlichkeit herangezogen werden. Unter Umständen kann auch ein zunächst als Bagatellverletzung (Gelegenheitsursache) eingeschätzter Schaden als wesentlich bewertet werden, wenn dem Unfallereignis wesentliche Bedeutung zukommt (Beispiel: Thrombangiitis obliterans) [41]. Nach der Haftungsbegründung müssen im nächsten Schritt die Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und der Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten abstrakt als Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) dem Schaden zugerechnet werden (haftungsausfüllende Kausalität). Beträgt die MdE 20 von Hundert oder mehr, erfolgt eine Rentenzahlung. Bestehen mehrere Unfallrenten, kann auch eine MdE unterhalb 20 von Hundert zu einer Rentenzahlung führen (Stütztatbestand). Für das diagnostische Vorgehen hilfreich sind die Merkblätter zu den einzelnen Berufskrankheiten, die von der DGUV zur Verfügung gestellt werden. Besonderes Augenmerk bei der Begutachtung muss auf die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung gerichtet werden, weil für einzelne Berufskrankheiten ein Unterlassungszwang gefordert
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wird. Sollte diesem nicht nachgekommen werden, kann zwar die Berufskrankheit bestätigt, jedoch nicht anerkannt werden. Arbeitsmedizinische Besonderheiten beim HHS Die diagnostische Trias aus schädigender Einwirkung, typischen Gefäßveränderungen und Ausschluss von Differenzialdiagnosen ist für die versicherungsrechtliche Anerkennung essenziell [14]. Mit der Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung wurde zum 01.01.2015 die Berufskrankheit mit der Nummer 2114: „Gefäßschädigungen der Hand durch stoßartige Krafteinwirkung“ in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen. Bis 2015 musste zur versicherungsrechtlichen Entschädigung ein Antrag auf Gleichstellung mit einer Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII erfolgen – eine rückwirkende Anerkennung ist möglich. Tabelle 2 listet die gefährdeten Berufsgruppen und Sportarten auf. Mögliche Verletzungen im privaten Umfeld müssen als konkurrierende Ursachen in die Kausalitätsbewertung einbezogen werden [12, 14, 42]. Da beim HHS häufig schnittbildgebende Verfahren oder angiographische Bilder aus einer vorangegangenen Therapie vorhanden sind, liegt die Schwierigkeit in der Begutachtung nicht im Vollbeweis der Erkrankung, sondern in der Begründung des kausalen Zusammenhangs zwischen Exposition und Erkrankung.
Laut wissenschaftlicher Empfehlung reicht die einmalige stumpfe Gewalteinwirkung mit nachweis© VERLAG PERFUSION GMBH
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Auswahl gefährdeter Berufsgruppen
Auswahl gefährdeter Sportarten
Dachdecker/Zimmermann, Kfz-Mechaniker, Möbeltransporteure, Installateure, Schreiner, Fußbodenverleger, Mechaniker, Elektriker, Maschinisten, Forstarbeiter, Gärtner, Landwirte, Bergleute, Steinbohrer
Baseball, Hanteltraining, Handball, Motorradfahren, Mountainbiken, Tennis, Golf, Badminton, Karate, Break-Dance, Hockey, Fußball, Frisbee
Tabelle 2: Beispiele für Berufsgruppen und Sportarten, bei denen die Gefahr für die Entwicklung eines HHS besteht [14, 42].
barer Gefäßläsion zur Anerkennung aus. Eine Dosis-WirkungsBeziehung besteht nicht [14]. Ein Unterlassungszwang für die Anerkennung der BK 2114 wird nicht gefordert. Empfehlungen zur Einschätzung der MdE existieren bisher nicht. Dazu herangezogen werden sollte der funktionelle Schaden, der mittels Fragebögen und neuropsychologische Assessments beurteilt wird. Nach Fingeramputation dienen die gutachterlichen Standardwerke als Hilfe zur Bemessung der individuellen MdE. Eine Rücksprache mit den Handchirurgen ist ggf. ratsam. Arbeitsmedizinische Besonderheiten beim VVS Humanvibrationen, d.h. mechanische Schwingungen, die von außen auf den Körper des Menschen einwirken, werden über die Frequenz und die Vibrationsintensität definiert. Frequenzen von 8 – 1000 Hz haben eine schädigende Wirkung auf Knochen, Gelenke sowie Gefäße und Nerven im Schulter-ArmHand-Bereich. Während Frequenzen ≤25 Hz hauptsächlich von den Armen sowie von Schulter, Nacken und Kopf absorbiert werden, beeinflussen Frequenzen im Bereich von 25 – 500 Hz erheblich das Handgelenk und die Handstrukturen [14, 17, 43]. Eine Frequenzbewertung muss erfolgen,
um die einwirkenden mechanischen Schwingungen entsprechend der frequenzabhängigen Beanspruchung zu gewichten. Die Vibrationsintensität wird durch die Schwingbeschleunigung (m/s²) ausgedrückt. Im Jahr 2002 wurde vom Europäischen Parlament eine Richtlinie zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen erlassen. In der Richtlinie wurde der Auslösewert für ein HandArm-Vibrationssyndrom bei einem Expositionszeitraum von 8 Stunden mit 2,5 m/s² und der Expositionsgrenzwert mit 5 m/s² festgelegt. Eine regelmäßige arbeitsmedizinische Überwachung für Exponierte oberhalb des Auslösewertes hat zu erfolgen [44]. Wird der Expositionsgrenzwert von 5 m/s² überschritten, sind unverzüglich Maßnahmen zur Expositionsreduktion durchzuführen. Der Technische Aufsichtsdienst der Berufsgenossenschaft überprüft die Expositionswerte und
beurteilt die technischen Voraussetzungen für das Vorliegen einer BK. Tabelle 3 listet die gefährdeten Berufsgruppen und die Vibra tionsgeräte auf. Da beim VVS häufig ausführliche Befunde zur beruflichen Exposition vorliegen, besteht die Schwierigkeit bei der Begutachtung nicht in der Begründung des kausalen Zusammenhangs zwischen Exposition und Erkrankung, sondern im Vollbeweis der Erkrankung.
Für die pathologischen Effekte ist die Expositionsdauer der Vibrationseinwirkung entscheidend. Es wird angenommen, dass eine einmalige Vibrationsexposition keine dauerhaften Gefäß-/Nervenschäden auslöst, sondern dafür Monate bis Jahre der Exposition nötig sind. Ein Unterlassungszwang ist für die Anerkennung nötig. Das Meiden von Vibrationswerkzeugen, nasskaltem Wetter oder windigen Wetterlagen kann vasospastische Anfälle minimieren. Hierzu ist eine Optimierung des Arbeitsplatzes, der Arbeitsabläufe und ggf. auch der Arbeitsgeräte nach Analyse durch den Arbeitgeber nötig. Sauni et al. zeigten anhand einer Umfrage unter Patienten mit Hand-ArmVibrationssyndrom, dass 8,5 Jahre nach Diagnosestellung etwa jeder dritte Befragte eine Besserung
Auswahl gefährdeter Berufsgruppen Forstwirte, Hoch- und Tiefbauarbeiter, Arbeiter in der metallverarbeitenden Industrie, Arbeiter im Schiffsbau etc. Auswahl von Vibrationsgeräten Kettensägen, Meißelhammer, Freischneider, Schlagbohrmaschinen, Abbruchhämmer, Schlagschrauber, Schleifer, Schlaghammer, Nietgeräte, handgeführte Fräsmaschinen, Handkreissäge, Nadelklopfer, Rüttelplatten-Verdichter, Stichsäge, handgeführte Vibra tionswalze etc. Tabelle 3: Beispiele für gefährdete Berufsgruppen und Vibrationsgeräte, die zur Entwicklung eines VVS führen können [45, 46, 47].
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der vaskulären und sensoneurologischen Beschwerden bemerkte [48]. Je kürzer die berufliche Vibrationsexposition war, desto höher war die Wahrscheinlichkeit der Symptomminderung. Dupuis et al. sahen 2 – 6 Jahre nach Expositionsstopp bei 54 % eine Verbesserung, bei 39 % unveränderte und bei 7 % eine Verschlechterung der Messbefunde (Kälteprovokation und Thermographie, Thermometrie, Vibrationstestung bei 125 Hz und standardisierte Anamnese) an den Fingern [49]. Arbeitsmedizinische Untersuchungen zum Vibrationssyndrom der Mainzer Arbeitsgruppe von Professor Letzel erbrachten folgende hilfreiche MdE-Bemessungen [50]: • MdE 10 von Hundert: subjektiv geringe Beschwerdesymptomatik (in Schwere und Häufigkeit der Anfälle), starker Auslöser für die Anfälle nötig, normale Feinmotorik, normale Pallästhesiometrie, leicht verzögerte Wiedererwärmungszeit nach Kälteprovokation und subjektiv unauffällige Feinmotorik und Sensibilität im anfallsfreien Intervall • MdE 20 von Hundert: subjektiv mittlere Beschwerdesymptomatik, mittelstarker Auslöser für die Anfälle nötig, leichte Störungen der Feinmotorik, eingeschränkte Pallästhesiometrie, verzögerte Wiedererwärmungsphase nach Kälteprovokation, subjektiv leichte Einschränkung der Feinmotorik und Sensibilität im anfallsfreien Intervall • MdE ≥30 von Hundert: subjektiv schwere Beschwerde symptomatik, schwacher Auslöser für die Anfälle nötig, schwere Störung der Feinmo-
torik, eingeschränkte Pallästhesiometrie, keine Wiedererwärmung nach Kälteprovokation und subjektiv stark Einschränkung der Feinmotorik und Sensibilität im anfallsfreien Intervall mit pathologischem neurovaskulärem Muster Auf folgende vibrationsinduzierte Beschwerdebilder muss bei der Diagnostik oder Begutachtung geachtet werden: • BK 2103: Erkrankungen durch Erschütterung bei der Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen (Handgelenkarthrosen, Lunatummal azie, Kahnbeinpseudoarthrose, Arthrose im Ellenbogen- oder Akromioklavikulargelenk sowie Osteochondrosis dissecans im Ellenbogengelenk) • BK 2110: bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjährige vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen (z.B. langjähriges Fahren in Fahrzeugen ohne schwingungsgedämpfte Sitze) • BK 2113: Karpaltunnelsyndrom durch wiederholte Beugung und Streckung der Handgelenke, durch erhöhten Kraftaufwand der Hände oder durch Hand-Arm-Schwingungen • BK 2301: Lärmschwerhörigkeit (durch Vibrationswerkzeuge z.B. Kettensägen, Freischneider, Schlagbohrmaschinen) Die Gefäßmedizin ist bei der Beurteilung von vibrationsbedingten Schädigungen an der Hand nur ein Teilgebiet. Ein
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Vorgehen mit Einbeziehung von Unfallchirurgie, Neurochirurgie, Neurologie, Handchirurgie und ergotherapeutischen Fachkräften kann nötig sein. Für die Begutachtung sind gezielt ausgerichtete Zentren mit interdisziplinärem Charakter am besten geeignet.
Zusammenfassung
Durchblutungsstörungen der Hand infolge der Einwirkung von stumpfer Gewalt oder Vibration treten in Anbetracht der hohen Anzahl an beruflich Exponierten relativ selten klinisch in Erscheinung. Die epidemiologische Datenlage in der wissenschaftlichen Literatur variiert für beide Syndrome. Die Vortestwahrscheinlichkeit erhöht sich bei bestimmten Patientengruppen. Während beim Hypothenar-/Thenar-Hammer-Syndrom auch akute Ereignisse zur Schädigung beitragen, ist für das vibrationsbedingte vasospastische Syndrom eine chronische Exposition nötig. Die klinische Symptomatik zeigt beim Hypothenar-/Thenar-HammerSyndrom ein Raynaud-ähnliches Bild, wobei die hyperämische Phase fehlen kann. Patienten mit vibrationsbedingten vasospastischen Syndrom zeigen das Bild eines sekundären Raynaud-Phänomens in Kombination mit sensoneurologischen Störungen. Die gewählte Diagnostik sollte die Beschwerden von exponierten Patienten reproduzierbar objektivieren. Das diagnostische Hauptaugenmerk beim HHS liegt im bildmorphologischen Nachweis der Gefäßläsion, wohingegen beim VVS die vaskulären und sensoneurologischen Pathologien mit Provokationstests objektiviert werden. In beiden Fäl© VERLAG PERFUSION GMBH
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len sind differenzialdiagnostische Betrachtungen maßgebend für die Diagnosestellung. Bei der Begutachtung der BK 2104 besteht die Schwierigkeit darin, den Vollbeweis der Erkrankung zu erbringen. Problematisch im gutachterlichen Procedere der BK 2114 kann es sein, den kausalen Zusammenhang zwischen Exposition und Erkrankung zu begründen. Danksagung
Wir danken Herrn Dr. Albrecht Klemenz vom Institut für Anatomie und Zellbiologie, Bereich Medizin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, für die Präparation und anatomische Beschreibung der Abbildung 1.
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37 ISO 13091-2:2003. Mechanical vibrationvibrotactile perception thresholds for the assessment of nerve dysfunction – Part 2: Analysis and interpretation of measurements at the fingertips. Technical Committee: ISO/TC 108/SC 4 Human exposure to mechanical vibration and shock. Publication date: 2003-08. Im Internet: https:// www.iso.org/standard/27716.html 38 ISO 14835-1:2016. Mechanical vibration and shock – Cold provocation tests for the assessment of peripheral vascular function – Part 1: Measurement and evaluation of finger skin temperature. Publication date: 2016-02. Im Internet: https://www.iso.org/ standard/69973.html 39 Völter-Mahlknecht S, Krummenauer F, Dupuis H et al. Vergleich von Thermometrie und Thermographie im Rahmen der Diagnostik des Vibrationsbedingten Vasospastischen Syndroms (VVS). Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2007;42:540-543 40 Gerhardsson L, Gillström L, Hagberg M. Test-retest reliability of neurophysiological tests of hand-arm vibration syndrome in vibration exposed workers and unexposed referents. J Occup Med Toxicol 2014;9:38 41 Wahl U, Siemers F, Hofmann GO et al. Fingeramputation nach Bagatellverletzung – versicherungsrechtliche Aspekt in Deutschland und praktische Herangehensweise. Handchir Mikrochir Plast Chir 2019;51:54-61
Patientenbroschüre klärt über moderne Schmerzbehandlung mit Tapentadol auf Eine neue Patientenbroschüre unterstützt Ärzte bei der Verschreibung des stark wirksamen und gut verträglichen Analgetikums Palexia® retard (Wirkstoff Tapentadol). Die übersichtliche und ansprechend gestaltete 20-seitige Broschüre bietet umfangreiche Informationen zur Einnahme von Palexia® retard und kann vom behandelnden Arzt im Rahmen der Verordnung direkt an den Patienten abgegeben werden. Bestellt werden kann die Broschüre über: bestellung@eickhoff-kommunikation.de
42 Scharnbacher J, Letzel S. HypothenarHammer-Syndrom bei Sportlern. Dtsch Z Sportmed 2006;57:201-205 43 Bundesministerium für Gesundheit (BMGS). Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 2103 der Anlage der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). BArbBl 2005;3:51 44 Richtlinie 2002/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (Vibrationen) (16. Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG). Im Internet: https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:546a09c03ad1-4c07-bcd5-9c3dae6b1668.0002.02/ DOC_1&format=PDF 45 Bundesministerium für Arbeit (BMA). Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 2104: Vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen an den Händen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. BArbBl 1979;7/8:72-73 46 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Handbuch zum Thema: Hand-Arm-Vibration. Veröffentlicht am 31. Juli 2007. Im Internet: http://www. bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-
Publikationen/c219-handbuch-hand-armvibration-a220.pdf?__blob=publicationFile 47 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV). Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge. Ausgabe Juli 2009. Im Internet: https://publikationen. dguv.de/dguv/pdf/10002/i-504-46.pdf 48 Sauni R, Toivio P, Esko T et al. Effective information campaign for management of exposure to hand-arm vibration in the metal and construction industries. Int J Occup Saf Ergon 2015;21:158-165 49 Dupuis H, Riedel S. Experience on the reversibility of the vibration-induced white finger disease. Cent Eur J Public Health 1995;3:19-21 50 Völter-Mahlknecht S, Gigic B, Muttray A et al. MdE-Verlauf und -Beurteilung beim Vibrationsbedingten Vasospastischen Syndrom (VVS). Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2010;45:582-591
Für die Verfasser: Dr. med. Uwe Wahl BG Klinikum Bergmannstrost Halle Medizinische Klinik Direktor Dr. med. Friedrich Ernst Merseburger Str. 165 06118 Halle E-Mail: uwe.wahl@bergmannstrost.de
wie das moderne Analgetikum wirkt. Darüber hinaus erhalten sie Informationen zum sanften Therapiestart und zur Dosierung. Außerdem finden sich in der Broschüre Hinweise zur Fahrtüchtigkeit und wertvolle Tipps zur Einnahme auf Reisen. Im „Wohlfühl-Tagebuch“ können die Patienten die Dosierung und ihr Allgemeinbefinden in den ersten Tagen nach Therapiestart dokumentieren. Die Notizen können auch für den behandelnden Arzt zur Überprüfung der Therapie hilfreich sein. E. W.
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PATIENTENINFORMATION INFORMATIONEN ZUR EINNAHME VON PALEXIA® retard
Abgabe an Patientinnen und Patienten im Rahmen einer Verordnung durch den Arzt
Ergänzend zum Arztgespräch bietet die neue Patientenbroschüre alle wichtigen Informationen rund um die Behandlung starker chronischer Schmerzen mit Tapentadol retard zum Nachschlagen für zu Hause. Patienten erfahren zum Beispiel, was chronischer Schmerz ist und
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Zur Fachinformation
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Revolade ist für die Behandlung von Patienten im Alter von 1 Jahr und älter mit primärer Immunthrombozytopenie (ITP) indiziert, wenn diese 6 Monate oder länger nach Diagnosestellung andauert und die Patienten gegenüber anderen Therapien refraktär sind (z. B. Kortikosteroide, Immunglobuline). ®
Revolade® ist für die Behandlung von Patienten im Alter von 1 Jahr und älter mit primärer Immunthrombozytopenie (ITP) indiziert, wenn diese 6 Monate oder länger nach Diagnosestellung andauert und die Patienten gegenüber anderen Therapien refraktär sind (z. B. Kortikosteroide, Immunglobuline). Revolade® ist bei erwachsenen Patienten mit erworbener schwerer aplastischer Anämie (SAA) indiziert, die entweder gegenüber einer vorangegangenen Therapie mit Immunsuppressiva refraktär oder stark vorbehandelt und für eine hämatopoetische Stammzelltransplantation nicht geeignet sind. 1
1. Fachinformation Revolade®. 2. Wong RSM et al. Safety and efficacy of long-term treatment of chronic/persistent ITP with eltrombopag: final results of the EXTEND study. Blood. 2017; 130: 2527 – 2536. 3. Brynes RK et al. A 2-Year, Longitudinal, Prospective Study of the Effects of Eltrombopag on Bone Marrow in Patients with Chronic Immune Thrombocytopenia. Acta Haematol 2017; 137: 66 – 72. Revolade® 25 mg / - 50 mg / - 75 mg Filmtabletten. Wirkstoff: Eltrombopag. Zusammensetzung: Jede 25 mg Filmtablette enthält Eltrombopagdi(olamin), entspr. 25 mg Eltrombopag. Jede 50 mg Filmtablette enthält Eltrombopagdi(olamin), entspr. 50 mg Eltrombopag. Jede 75 mg Filmtablette enthält Eltrombopagdi(olamin), entspr. 75 mg Eltrombopag. Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Magnesiumstearat, Mannitol (E 421), Mikrokristalline Cellulose, Povidon (K30), Carboxymethylstärke-Natrium (Typ A). Filmüberzug 25 mg: Hypromellose, Macrogol 400, Polysorbat 80, Titandioxid (E 171); Filmüberzug 50 mg: Hypromellose, Eisen(III)-oxid (E 172), Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E 172), Macrogol 400, Titandioxid (E 171); Filmüberzug 75 mg: Hypromellose, Eisen(II)-oxid (E 172), Eisen(III)-oxid (E 172), Macrogol 400, Titandioxid (E 171). Anwendungsgebiete: Revolade ist für die Behandlung von Patienten mit primärer Immunthrombozytopenie (ITP) im Alter von 1 Jahr und älter indiziert, wenn diese 6 Monate oder länger nach Diagnosestellung andauert und die Patienten gegenüber anderen Therapien refraktär sind (z. B. Kortikosteroide, Immunglobuline). Revolade ist bei erwachsenen Patienten mit chronischer Hepatitis-C-Virus (HCV)-Infektion zur Behandlung einer Thrombozytopenie indiziert, wenn das Ausmaß der Thrombozytopenie der Hauptfaktor ist, der die Initiierung einer optimalen Interferon-basierten Therapie verhindert oder die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung einer optimalen Interferon-basierten Therapie limitiert. Revolade ist bei erwachsenen Patienten mit erworbener schwerer aplastischer Anämie (SAA) indiziert, die entweder gegenüber einer vorangegangenen Therapie mit Immunsuppressiva refraktär oder stark vorbehandelt und für eine hämatopoetische Stammzelltransplantation nicht geeignet sind. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Eltrombopag oder einen der sonstigen Bestandteile. Stillzeit. ITP-Patienten mit Leberfunktionsstör. (Child-Pugh-Wert ≥ 5), es sei denn der Nutzen übersteigt ein bereits identifiziertes Risiko für eine Portalvenenthrombose. Bei SAA-Patienten mit bestehenden zytogenetischen Chromosom-7-Anomalien sollte keine Behandlung eingeleitet werden. Nebenwirkungen: ITP-Studienpopulation: (♦ bei pädiatr. ITP) Sehr häufig: Nasopharyngitis♦, Infektionen d. oberen Atemwege♦. Durchfall♦. Häufig: Rhinitis♦. Parästhesie. Augentrockenheit. Husten♦, oropharyngeale Schmerzen♦, Rhinorrhö♦. Übelkeit, Durchfall, Geschwüre im Mund, Zahnschmerzen♦. Erhöhte Alanin-Aminotransferase-Werte, erhöhte Aspartat-Aminotransferase-Werte, Hyperbilirubinämie, abnormale Leberfunktion. Hautausschlag, Haarausfall. Myalgie, Muskelkrämpfe, Muskelschmerzen, Knochenschmerzen, Rückenschmerzen. Menorrhagie. Fieber♦. Gelegentlich: Pharyngitis, Harnwegsinfektionen, Influenza, Herpes im Mund-Rachen-Raum, Pneumonie, Sinusitis, Tonsillitis, Infektion der Atemwege, Gingivitis, Hautinfektionen. Rektosigmoidales Karzinom. Anämie, Anisozytose, Eosinophilie, hämolytische Anämie, Leukozytose, Myelozytose, Thrombozytopenie, erhöhte/erniedrigte Hämoglobin-Werte, erhöhte Zahl stabkerniger Granulozyten, Anwesenheit von Myelozyten, erhöhte Thrombozytenzahl, verringerte Zahl an weißen Blutkörperchen. Überempfindlichkeit. Anorexie, Hypokaliämie, Appetitlosigkeit, Gicht, Hypokalzämie, erhöhte Harnsäurewerte im Blut. Schlafstörungen, Depressionen, Apathie, veränderter Gemütszustand, Traurigkeit. Hypoästhesie, Schläfrigkeit, Migräne, Tremor, Gleichgewichtsstörungen, Dysästhesie, Hemiparese, Migräne mit Aura, periphere Neuropathie, periphere sensorische Neuropathie, Sprachschwierigkeiten, toxische Neuropathie, vaskuläre Kopfschmerzen, Zerebralinfarkt. Verschwommene Sicht, Linsentrübung, Astigmatismus, kortikaler Katarakt, Augenschmerzen, erhöhte Tränensekretion, Netzhautblutung, retinale Pigmentepitheliopathie, verringerte Sehschärfe, abnormale Tests auf Sehschärfe, Blepharitis und Keratokonjunktivitis sicca. Ohrenschmerzen, Schwindel. Tachykardie, akuter Herzinfarkt, Herz-Kreislauf-Störungen, Zyanose, Sinustachykardie, verlängertes QT-Intervall im EKG. Tiefe Venenthrombose, Embolie, Hitzewallungen, oberflächliche Thrombophlebitis, Hautrötungen, Hämatome. Lungenembolie, Lungeninfarkt, nasale Beschwerden, oropharyngeale Bläschenbildung, oropharyngeale Schmerzen, Nasennebenhöhlenbeschwerden, Schlaf-Apnoe-Syndrom. Mundtrockenheit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Glossodynie, Blutungen im Mund, Bauchdeckenspannung, verfärbter Stuhl, Blähungen, Lebensmittelvergiftung, häufiger Stuhlgang, Hämatemesis, unangenehmes Gefühl im Mund. Cholestase, Leberläsion, Hepatitis, Arzneimittel-induzierte Leberschädigung. Hyperhidrose, generalisierter Juckreiz, Nesselsucht, Dermatose, Petechien, Kaltschweißigkeit, Erythem, Melanose, Pigmentstörungen, Hautverfärbung, Hautschuppung. Muskelschwäche. Nierenversagen, Leukozyturie, Lupusnephritis, Nykturie, Proteinurie, erhöhte Blutharnstoff-Werte, erhöhte Serum-Kreatinin-Werte, erhöhtes Protein/Kreatinin-Verhältnis im Urin. Brustschmerzen, Hitzewallungen, Blutung an der Einstichstelle, Asthenie, inneres Unruhegefühl, Wundentzündungen, Unwohlsein, Fieber, Fremdkörpergefühl. Erhöhte Serum-Albuminwerte, erhöhte alkalische Phosphatase-Werte im Blut, erhöhtes Gesamtprotein, verminderte Serum-Albuminwerte, erhöhter pH-Wert des Urins. Sonnenbrand. Bei einer kleinen Anzahl von Patienten wurde die Behandlung wegen erhöhtem Retikulin im Knochenmark abgesetzt. HCV-Studienpopulation (in Kombination mit antiviraler Therapie mit Interferon und Ribavirin): Sehr häufig: Anämie. Appetitlosigkeit. Schlaflosigkeit. Kopfschmerzen. Husten. Übelkeit, Durchfall. Juckreiz, Haarausfall. Myalgie. Fieber, Fatigue, grippeartige Erkrankung, Asthenie, Schüttelfrost, peripheres Ödem. Häufig: Harnwegsinfektionen, Infektion der oberen Atemwege, Bronchitis, Nasopharyngitis, Influenza, Herpes im Mund-Rachen-Raum, Gastroenteritis, Pharyngitis. Maligne Neoplasie der Leber. Lymphopenie, hämolytische Anämie. Hyperglykämie, anormaler Gewichtsverlust. Depressionen, Angstzustände, Schlafstörungen, Verwirrtheit, Agitation. Schwindel, Aufmerksamkeitsstörungen, Dysgeusie, hepatische Enzephalopathie, Lethargie, Gedächtnisstörungen, Parästhesie. Katarakt, Netzhautexsudate, Augentrockenheit, Gelbfärbung der Augen, Netzhautblutungen. Palpitationen. Dyspnoe, oropharyngeale Schmerzen, Belastungsdyspnoe, produktiver Husten. Erbrechen, Aszites, Bauchschmerzen, Oberbauchschmerzen, Dyspepsie, Mundtrockenheit, Verstopfung, Blähbauch, Zahnschmerzen, Stomatitis, gastroösophagale Refluxkrankheit, Hämorrhoiden, Bauchbeschwerden, Gastritis, Ösophagusvarizen, aphtöse Stomatitis, ösophageale Varizenblutungen. Hyperbilirubinämie, Gelbsucht, Portalvenenthrombose, Leberversagen, Arzneimittel-induzierte Leberschädigung. Hautausschlag, trockene Haut, Ekzem, juckender Hautausschlag, Erythem, Hyperhidrose, generalisierter Juckreiz, Nachtschweiß, Hautläsionen. Arthralgie, Muskelkrämpfe, Rückenschmerzen, Schmerzen in den Extremitäten, muskuloskeletale Schmerzen, Knochenschmerzen. Reizbarkeit, Schmerzen, Unwohlsein, Reaktionen an der Injektionsstelle, nicht kardial bedingte Brustschmerzen, Ödem, Exanthem an der Injektionsstelle, Brustbeschwerden, Juckreiz an der Injektionsstelle. Erhöhter Bilirubinwert im Blut, Gewichtsabnahme, Abnahme der Zahl der weißen Blutkörperchen, Abnahme des Hämoglobins, Abnahme der Neutrophilenzahl, Erhöhung der INR (International Normalized Ratio), Verlängerung der partiellen Thromboplastinzeit, Erhöhung der Glukose im Blut, Abnahme des Albumins im Blut, Verlängerung der QT-Zeit im EKG. Gelegentlich: Dysurie. Bei Patienten mit chronischer HCV u. Leberzirrhose mit gleichz. Interferon-alpha-Therapie wurde häufiger eine hepatische Dekompensation bei Eltrombopag als bei Placebo berichtet. Häufigkeit nicht bekannt: Verfärbung der Haut, Hyperpigmentierung der Haut. SAA-Studienpopulation: Sehr häufig: Schlaflosigkeit. Kopfschmerzen, Schwindel. Husten, Dyspnoe, oropharyngeale Schmerzen, Rhinorrhö. Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit. Erhöhte Transaminasenwerte. Ekchymose. Arthralgie, Muskelkrämpfe, Schmerzen in den Extremitäten. Fatigue, febrile Neutropenie, Fieber. Häufig: Neutropenie, Milzinfarkt. Eisenüberladung, Appetitlosigkeit, Hypoglykämie, vermehrter Appetit. Angstzustände, Depression. Synkope. Augentrockenheit, Augenjucken, Katarakt, Gelbfärbung der Augen, verschwommenes Sehen, beeinträchtigtes Sehvermögen, Mouches volantes. Epistaxis. Zahnfleischbluten, Bläschenbildung der Mundschleimhaut, Schmerzen in der Mundhöhle, Erbrechen, abdominelle Beschwerden, Bauchschmerzen, Verstopfung, Blähbauch, Dysphagie, verfärbter Stuhl, Schwellung der Zunge, Störung der gastrointestinalen Motilität, Blähungen. Erhöhter Bilirubinwert im Blut (Hyperbilirubinämie), Gelbsucht. Petechien, Hautausschlag, Juckreiz, Nesselsucht, Hautläsion, makulöser Hautausschlag. Rückenschmerzen, Myalgie, Knochenschmerzen. Chromaturie. Asthenie, peripheres Ödem, Schüttelfrost, Unwohlsein. Erhöhte Kreatinphosphokinasewerte im Blut. Häufigkeit nicht bekannt: Verfärbung der Haut, Hyperpigmentierung der Haut. Weitere Nebenwirkungen in klinischen Studien bei SAA: Neue zytogenetische Anomalien beobachtet (darunter Veränderungen des Chromosoms 7). MDS oder AML nach Behandlung diagnostiziert. Warnhinweise: Mögliche Beeinflussung von Testergebnissen für Bilirubin und Kreatinin bei Einnahme von Revolade. Bei inkosistenten Laborwerten kann eine erneute Untersuchung unter Verwendung einer anderen Testmedthode zur Validierung des Ergebnisses relevant sein. Verschreibungspflichtig. Weitere Hinweise: Siehe Fachinformation. Stand: Februar 2019 (MS 02/19.11). Novartis Pharma GmbH, Roonstr. 25, 90429 Nürnberg. Tel.: (0911) 273-0, Fax: (0911) 273-12 653. www.novartis.de
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Late-onset Morbus Pompe: Frühzeitig erkennen und gezielt behandeln
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ei Morbus Pompe kommt es zu einer fortschreitenden Degeneration der Skelett- und Atemmuskulatur. Bei der rasch progredienten, klassisch infantilen Verlaufsform ist zusätzlich die Herzmuskulatur betroffen. Unbehandelt liegt die Lebenserwartung in der Regel bei unter einem Jahr [1]. Weil die Diagnose jedoch meist früh im Säuglingsalter gestellt wird, besteht durch eine frühzeitige Enzymersatztherapie (EET) mit Alglucosidase alfa (Myozyme®) die Chance auf ein deutlich verlängertes Überleben [2, 3]. Der juvenile/adulte (late-onset) Morbus Pompe dagegen, der sich erst im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter manifestiert, wird – aufgrund der langsameren Progression und der unspezifischen Symptomatik – oft erst Jahre später diagnostiziert [4]. Eine möglichst frühzeitige Diagnose ist jedoch auch hier entscheidend, da sie die Chance auf eine bessere Prognose bietet [5]. Welche Chancen eine EET eröffnen kann, zeigt eine aktuelle Langzeitstudie mit nicht klassisch infantilen und juvenilen MorbusPompe-Patienten [2, 6], die im Mittel über 7 Jahre beobachtet wurden. Bei den meisten ließ sich eine Verbesserung bzw. langfristige Stabilisierung der Muskelfunktion erreichen. Deshalb sollte bei Kindern und Jugendlichen mit einer proximalen Muskel- und/
oder muskulären Atemschwäche in Kombination mit einer HyperCK-ämie auch Morbus Pompe in Betracht gezogen werden [7]. Aber auch Patienten, die erst im Erwachsenenalter diagnostiziert wurden, profitieren gemäß mehrerer Langzeitstudien signifikant von einer EET mit Alglucosidase alfa. Dies belegt eine aktuelle Studie über einen mittleren Beobachtungszeitraum von 5 Jahren, in der es unter der EET zu einer Verbesserung oder langfristigen Stabilisierung der Muskelkraft, Gehfähigkeit und Lungenfunktion kam [8, 9]. Zudem reduziert eine EET bei erwachsenen Patienten das Risiko einer Rollstuhlpflicht [10]. Therapieziel bei juvenilem Morbus Pompe: Verbesserung und Stabilisierung der Muskelkraft und Gehfähigkeit
Eine EET mit Alglucosidase alfa kann bei juvenilen Patienten langfristig zu einer signifikanten Verbesserung der Gehfähigkeit und der motorischen Leistungen führen. Dies zeigen auch die Ergebnisse einer aktuellen prospektiven Langzeitstudie mit 17 juvenilen Pompe-Patienten, die von Juni 1999 bis Mai 2015 in den Niederlanden durchgeführt wurde [2, 6]. Über einen Zeitraum von im Mittel 7 Jahren verbesserte sich die Muskelfunktion signifikant. Un-
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ter anderem nahm die Wegstrecke im 6-Minuten-Gehtest (6-MWT) um 7,4 % zu (95%-KI: 2,4 – 12.3; p < 0,001) und der Quick Motor Function Test (QMFT) verbesserte sich um 9,2 Prozentpunkte (95%KI: 1,8 – 16,6; p = 0,006). Bei 80 % der juvenilen Patienten kam es zu einer Verbesserung oder Stabilisierung der Muskelfunktion im QMFT bzw. bei 71 % im 6-MWT. Auch die Muskelkraft, gemessen anhand manualer Muskeltestung gemäß Medical Research Council (MRC) und Handdynamometrie (HHD), wurde besser und stabiler [2, 6] – für eine progressive Muskelerkrankung, bei der Muskelfunktion und -kraft ohne Therapie kontinuierlich nachlassen würden, ein sehr gutes Ergebnis. Morbus Pompe im Erwachsenenalter: Erhalt der Mobilität von entscheidender Bedeutung
Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt auch eine prospektive Studie bei Erwachsenen, die 102 symptomatische und zu Studienbeginn therapienaive Patienten mit lateonset Morbus Pompe im Alter von 18 – 89 Jahren einschloss und von Januar 2005 bis Dezember 2012 in den Niederlanden durchgeführt wurde [9]. Über einen mittleren Zeitraum von 5 Jahren war unter Enzymersatztherapie eine signifi© VERLAG PERFUSION GMBH
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Morbus Pompe Morbus Pompe ist eine autosomal-rezessiv vererbte lysosomale Speicherkrankheit (Inzidenz 1:40.000–1:200.000) mit progredientem Verlauf [5]. Ursache ist ein genetisch bedingter Mangel des Enzyms saure α-Glukosidase (GAA), die das lysosomale Glykogen zu Glukose abbaut. Dadurch akkumuliert Glykogen in den Lysosomen und kann zu irreversiblen Muskelschädigungen führen. Betroffen sind insbesondere Skelett-, Atem- und – bei der infantilen Verlaufsform – zusätzlich die Herzmuskulatur. Unbehandelt kann Morbus Pompe zu einer frühen Sterblichkeit führen. Bei der infantilen Verlaufsform (GAA-Restaktivität unter 1 %) entwickeln Säuglinge in den ersten Lebensmonaten eine Herz-Lungen-Insuffizienz und muskuläre Hypotonie. Bei der späten (juvenil/adulten) Verlaufsform (GAA-Restaktivität bis 30 %) ist vor allem die Skelettmuskulatur betroffen. Klinische Symptome sind unter anderem eine proximal betonte Muskelschwäche und entsprechende neurologische Befunde wie ein positives Gowers-Zeichen, Trendelenburg-Gang und eine Zwerchfellschwäche. Im Labor zeigt sich eine persistierende Hyper-CK-ämie mit meist leicht bis mäßig erhöhten Kreatinkinase(CK)-Werten im Serum.
Alglucosidase alfa
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Der Erhalt der Mobilität ist von entscheidender Bedeutung für die Lebensqualität der Patienten, weil er ihre Unabhängigkeit im Alltag bewahrt. Dies macht auch eine prospektive, internationale Untersuchung an 189 erwachsenen Morbus-Pompe-Patienten deutlich, die bei Studienbeginn ohne Rollstuhl und beatmungsfrei waren und im Mittel über 5 Jahre beobachtet wurden. Bei diesen Patienten reduziert eine EET mit Alglucosidase alfa im Vergleich zu Unbehandelten das Risiko, im späteren Verlauf auf einen Rollstuhl angewiesen zu sein, signifikant um 64 % (HR: 0,36; 95%-KI: 0,17 – 0,75) [10]. Fabian Sandner, Nürnberg
Literatur
Alglucosidase alfa (Myozyme ) ist die einzige zugelassene spezifische Therapie für Patienten mit nachgewiesenem Mangel an saurer α-Glukosidase (Morbus Pompe). Myozyme® entspricht dem körpereigenen Enzym saure α-Glukosidase (GAA) und baut in den Lysosomen – genau wie die körpereigene GAA – hydrolytisch Glykogen zu Glukose ab. Dadurch kann akkumuliertes Glykogen in den Lysosomen abgebaut und bei regelmäßiger Anwendung einer weiteren Speicherung entgegengewirkt werden. Myozyme® wird als intravenöse Infusion zweiwöchentlich verabreicht. Die empfohlene Dosis liegt bei 20 mg/kg Körpergewicht [2]. ®
kante Verbesserung von Muskelkraft, Muskel- und Atemfunktion zu verzeichnen, vor allem in den ersten 2 – 3 Behandlungsjahren. Im weiteren Verlauf zeigte sich eine Stabilisierung oder Verzöge-
rung der Krankheitsprogression. Außerdem kam es bei mehr als der Hälfte der Patienten zu einer Verbesserung bzw. Stabilisierung der individuellen Alltagsaktivitäten [9].
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1 Kishnani PS et al. Genet Med 2006;8:267288 Stand: 2 Fachinformation Myozyme®; 07/2017 3 Kishnani PS et al. Neurology 2007;68:99109 4 Müller-Felber et al. Neuromuscul Disord 2007;17:698-706 5 Schoser B et al. Neuromuscular Disord 2015;25:674-678 6 van der Meijden JC et al. J Inherit Metab Dis 2018;41:1205-1214 7 Lukacs Z et al. Neurology 2016;87:295298 8 Schoser B et. al. J Neurol 2017;264:621630 9 Kuperus E et al. Neurology 2017;89:23652373 10 van der Meijden JC et al. Orphanet J Rare Dis 2018;13:82
Quelle: Sanofi Genzyme Meet-the-Expert „Morbus Pompe: Frühzeitig erkennen und gezielt behandeln“ anlässlich der Neurowoche in Berlin am 02.11.2018
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Immunthrombozytopenie: Real-World-Daten bestätigen Nutzen von Eltrombopag in der Zweitlinientherapie
D
ie Immunthrombozytopenie (ITP, Morbus Werlhof) ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich Autoantikörper gegen Thrombozyten und Megakaryozyten bilden. Dadurch werden zum einen Thrombozyten in Milz und Leber vermehrt abgebaut und zum anderen die Thrombozytopoese gehemmt. Das klinische Bild ist daher gekennzeichnet durch eine verstärkte Blutungsneigung bzw. Blutungen schon bei kleinen Traumen; typische Blutungssymptome sind Petechien und Schleimhautblutungen. Viele ITP-Patienten klagen zusätzlich über Erschöpfungssymptome, Müdigkeit („Fatigue“), bis hin zu depressiven Störungen [1]. Definiert ist die ITP durch eine wiederholt unter 100 × 109/l liegende Thrombozytenzahl [1]. Unterschieden werden die primäre ITP, bei der keine auslösenden Faktoren erkennbar sind, und sekundäre Formen, die durch Arzneimittel oder andere Grunderkrankungen ausgelöst werden. Rund 80 % der ITP sind primär, 20 % sekundär [1]. Der Verlauf gliedert sich in 3 Stadien: neu diagnostiziert (bis zu 3 Monate nach Diagnosestellung), persistierend (3 – 12 Monate nach Diagnosestellung) und chronisch (mehr als 12 Monate nach Diagnosestellung). Die Inzidenz beträgt bei Erwachsenen wie bei Kindern
etwa 20 – 40 Neuerkrankungen pro 100.000/Jahr, die Prävalenz liegt bei etwa 20 cITP-Fällen pro 100.000 Erwachsene. Bei Kindern wird die Prävalenz auf etwa 5/100.000 Kinder geschätzt [2, 3]. Im Kindesalter ist die ITP die häufigste Ursache einer Blutungsneigung (ca. 3 – 5/100.000 pro Jahr) [3]. Therapiestrategien
In ihrer Anfang 2018 aktualisierten ITP-Leitlinie betont die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) ausdrücklich, dass für die Indikationsstellung nicht allein die Thrombozytenzahl entscheidend ist – es gibt keinen Thrombozytenschwellenwert, bei dessen Unterschreitung der Patient behandelt werden muss –, sondern auch individuelle Patientenfaktoren berücksichtigt werden müssen, wie z.B. Schwere der Blutungen, Blutungsneigung, Krankheitsstadium, bisheriger Verlauf und Symptome, Begleitmedikation und Lebensqualität [1]. Erstlinie Zur Erstlinientherapie werden Kortikosteroide eingesetzt da sich so in den meisten Fällen ein Anstieg der Thrombozytenzahl er-
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reichen lässt. In Notfällen können zusätzlich i.v. Immunglobuline zur schnellen Anhebung der Thrombozytenzahl verabreicht werden. Bei lebensbedrohlichen Blutungen sollten zusätzlich Thrombozytenkonzentrate gegeben und die zeitnahe Gabe von Rituximab und Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten erwogen werden [1]. Zweitlinie Eine Zweitlinientherapie ist indiziert, wenn der Patient nur partiell oder gar nicht auf die Erstlinienbehandlung anspricht oder wenn er nach initialer Therapieansprache einen erneuten Thrombozytenabfall entwickelt. Die Entscheidung für eine Zweitlinienbehandlung wird individuell getroffen, wobei hier der Fokus nicht mehr auf dem kurative Effekt liegt, sondern die Lebensqualität und die Vermeidung von Nebenwirkungen immer mehr in den Vordergrund treten [1]. ITP-Patienten haben eine Lebensqualität, die mit der von Krebspatienten vergleichbar ist und zum Teil sogar schlechter ausfällt. Neben den Blutungssymptomen und einer niedrigen Thrombozytenzahl kommt es bei ihnen zu weiteren zahlreichen Einschränkungen, die auch psychosoziale Aspekte einschließen. Dies sind unter anderem © VERLAG PERFUSION GMBH
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eine verminderte Leistungsfähigkeit sowie Beeinträchtigungen im Beruf und in der Freizeit. Daher wird es der Situation von ITP-Patienten nicht gerecht, den Therapieerfolg ausschließlich anhand der Blutungsneigung und der Thrombozytenzahl zu messen. Vielmehr sollten auch Faktoren in die Therapieentscheidungen einbezogen werden, die Einfluss auf die Lebensqualität nehmen [1]. Thrombopoetin-RezeptorAgonisten für die Zweitlinie empfohlen
Die aktualisierte ITP-Leitlinie der DGHO empfiehlt TrombopoetinRezeptor-Agonisten (TPO-RA) wie Eltrombopag (Revolade®) jetzt als Zweitlinientherapie. Deren Anwendung ist somit nach Therapieversagen von Kortikosteroiden indiziert [1]. Angesichts der neuen medikamentösen Behandlungsoption ist die Splenektomie nun in den Hintergrund gerückt und zwingend nur bei Patienten mit schweren Blutungen WHO-Grad III oder IV angezeigt [1]. Bei Eltrombopag handelt es sich um ein „small molecule“, das einmal täglich oral eingenommen wird [4]. Der Wirkstoff interagiert wie Thrombopoetin (TPO) mit dem Thrombopoetin-Rezeptor und kann wie dieses die Proliferation und Differenzierung von Megakaryozyten aus Knochenmark-Vorläuferzellen stimulieren [5]. Dabei binden Eltrombopag und TPO an unterschiedliche Stellen des Rezeptors, wodurch sich synergistische Effekte einstellen können [6]. Eltrombopag ist zur Behandlung der Immunthrombozytopenie ab einem Alter von 1 Jahr oder älter unabhängig vom Splenektomiestatus zugelassen [4].
Real-World-Daten zu Eltrombopag belegen den Nutzen für Patienten
Wirksamkeit und Langzeitsicherheit von Eltrombopag wurden in der EXTEND-Studie nachgewiesen [7]. Diese Ergebnisse, auf die sich auch die neuen DGHO-Leitlinienempfehlungen für die Zweitlinientherapie stützen, werden durch aktuelle Real-World-Daten der RISA-Studie untermauert [8], in der 128 Patienten mit chronischer ITP unter den Bedingungen der alltäglichen Versorgungssituation mit Eltrombopag behandelt wurden. Die auf dem DGHOKongress Ende 2018 präsentierten Resultate der Interimsanalyse nach einer mittleren bzw. maximalen Behandlungsdauer von 255 bzw. 758 Tagen zeigen, dass sich die Erkrankung unter Eltrombopag deut-
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lich verbesserte: Im 6. Behandlungsmonat wiesen knapp 80 % der Patienten Thrombozytenzahlen von mehr als 50.000 Zellen/μl auf, etwa die Hälfte von ihnen erreichte Werte von mehr als 100.000 Zellen/μl. Es traten keine neuen Nebenwirkungen im Vergleich zu den bisherigen Studien auf [8]. Stabile Remissionen nach Absetzen von TPO-RA nachgewiesen
In den vergangenen Jahren wurde von zahlreichen Einzelfällen berichtet, in denen Patienten unter TPO-RA in Remission gekommen sind. Einige Übersichtsarbeiten nennen Remissionsraten von 13 – 30 % [9, 10]. Auch die aktuelle Leitlinie geht auf die Möglich-
Eltrombopag erhält EU-Zulassungserweiterung zur Behandlung der primären ITP bei einer Erkrankungsdauer ab 6 Monaten Die Europäische Kommission hat am 06. Februar 2019 die Zulassungserweiterung für Eltrombopag (Revolade®) zur Behandlung von Patienten im Alter von 1 Jahr und älter mit primärer Immunthrombozytopenie (ITP) erteilt, wenn die Erkrankung 6 Monate oder länger nach Diagnosestellung andauert und die Patienten gegenüber anderen Therapien (z.B. Kortikosteroide, Immunglobuline) refraktär sind. Hintergrund dafür ist, dass es während der Erstlinientherapie mit Kortikosteroiden bei fast allen Patienten zu belastenden Nebenwirkungen kommt und nur selten dauerhafte Remissionen zu erzielen sind. Im Gegensatz zur Erstlinie stehen in der Zweitlinie die Lebensqualität und die Vermeidung von Nebenwirkungen zunehmend im Fokus. Durch die Zulassungserweiterung für Eltrombopag können Patienten nun schon 6 Monate nach Diagnosestellung auf die in der Regel gut verträgliche Behandlung mit dem Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten Eltrombopag wechseln. Die Zulassungserweiterung wird durch die Daten der Phase-III-Studien RAISE [12] und EXTEND [7] gestützt, in denen ein gegenüber Placebo vorteilhaftes Wirksamkeits- und in der Regel gut handhabbares Sicherheitsprofil von Eltrombopag für Patienten mit einer Erkrankungsdauer von mindestens 6 Monaten gezeigt werden konnte.
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keit ein, bei Patienten mit stabiler Langzeitremission einen Absetzversuch der TPO-RA zu unternehmen [1]. In den Leitlinien werden Zielwerte von mehr als 100.000 Thrombozyten/µl im peripheren Blut als Orientierung für normalisierte Werte genannt – und zwar über eine Dauer von mindestens 6 und idealerweise 12 Monaten. Zusätzlich sollten in diesem Zeitraum keine weiteren Blutungskomplikationen sowie keine zusätzlichen Interventionen wie die Verabreichung von Kortikosteroiden oder Immunglobulinen erfolgt sein. Die Leitlinie sieht ein ausschleichendes Absetzen der TPO-RA über mehrere Monate vor [1]. Sollten die Thrombozytenwerte nach Absetzen von Eltrombopag erneut abfallen, kann der TPORA erneut verabreicht werden. In einer Registerstudie aus Spanien blieben 53 % der auswertbaren Patienten (26/49) nach Absetzen von Eltrombopag in stabiler Remission. 12 Patienten, bei denen der Absetzversuch ohne Erfolg blieb, erhielten eine erneute Therapie mit Eltrombopag, wobei 11 dieser Patienten auf die Behandlung ansprachen. Das Risiko von Wirkungsverlusten durch die Therapieunterbrechung ist laut Autoren gering. Das durchschnittliche Follow-up betrug 9 Monate [11]. Fabian Sandner, Nürnberg
Literatur 1 Matzdorf A et al. DGHO-Leitlinie Immunthrombozytopenie (ITP). Stand: Januar 2018. Im Internet: https://www.onkopedia. com/de/onkopedia/guidelines/immunthrombozytopenie-itp/@@view/html/index.html 2 Terrell DR et al. The incidence of immune thrombocytopenic purpura in children and adults: a critical review of published reports. Am J Hematol 2010;85:174-180 3 Fogarty PF, Segal JB: The epidemiology of immune thrombocytopenic purpura. Curr Opin Hematol 2007;14: 515-519 4 Fachinformation Revolade® 5 Kuter DJ. The biology of thrombopoietin and thrombopoietin receptor agonists. Int J Hematol 2013;98:10-23 6 Erickson-Miller CL et al. Preclinical activity of eltrombopag (SB-497115), an oral, nonpeptide thrombopoietin receptor agonist. Stem Cells 2009;27:424-430 7 Wong RSM et al. Safety and efficacy of long-term treatment of chronic/persistent ITP with eltrombopag: final results of the EXTEND study. Blood 2017;130:25272536 8 Meyer O et al. Safety and efficacy of the thrombopoietin receptor agonist eletrombopag in patients with chronic Immune Thrombocytopenia (cITP) in routine healthcare. Results of the 1st interim analysis of the non-interventional study RISA; Posterpräsentation beim DGHO-Kongress 2018 in Wien 9 Ghadaki B et al. Sustained remissions of immune thrombocytopenia associated with the use of thrombopoietin receptor agonists. Transfusion 2013;53:2807-2812 10 Mahévas M et al. The temporary use of thrombopoietin receptor agonists may induce a prolonged remission in adult chronic immune thrombocytopenia. Results of a French observational study. Br J Haematol 2014;165:865-869 11 Gonzáles-López TJ et al. Successful discontinuation of eltrombopag after complete remission in patients with primary immune thrombocytopenia. Am J Hematol 2015;90:E40-E43 12 Cheng G et al. Eltrombopag for management of chronic immune thrombocytopenia (RAISE): a 6-month, randomised, phase 3 study. Lancet 2011;377:393-402
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Neu zur MS-Behandlung: Fingolimod (Gilenya®) 0,25 mg Seit 1. Februar ist der S1P-Rezeptor-Modulator Fingolimod (Gilenya®) in der zusätzlichen Dosierung 0,25 mg erhältlich. Gilenya® 0,25 mg ist zugelassen zur Behandlung der hochaktiven schubförmig-remittierenden Mutiplen Sklerose (RRMS) bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 – 17 Jahren und einem Körpergewicht bis zu 40 kg. Für Kinder und Jugendliche mit hochaktiver RRMS und einem Körpergewicht von mehr als 40 kg ist Gilenya® in der bereits seit 2011 verfügbaren Dosierung 0,5 mg indiziert. Die einmal tägliche orale Einnahme ist für Kinder und Jugendliche mit hochaktiver RRMS einfach anwendbar. Die jungen Patienten benötigen dringend eine wirksame Therapie, denn sie haben oft eine zwei- bis dreimal höhere Schubrate als erwachsene MS-Patienten. Dies beeinträchtigt sowohl die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen als auch ihre Schulausbildung und Freizeit. Trotz eines guten Regenerationsvermögens müssen die jungen Patienten häufig bereits in einem frühen Lebensalter bleibende Behinderungen sowie ein höheres Risiko des Übergangs in die sekundär progressive Multiple Sklerose hinnehmen. Fingolimod belegte seine Wirksamkeit und Sicherheit in der Studie PARADIGMS, der ersten klinischen Phase-III-Studie, die speziell für Kinder und Jugendliche mit RRMS im Alter von 10 – 17 Jahren aufgelegt und durchgeführt wurde. Die Studienteilnehmer wurden im © VERLAG PERFUSION GMBH
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WISSENSWERTES
Verhältnis 1 : 1 entweder auf Interferon beta-1a i.m. (IFNβ-1a i.m.) 30 μg wöchentlich oder auf Fingolimod einmal täglich randomisiert. Im Fingolimod-Arm erhielten die Patienten bis zu einem Körpergewicht von 40 kg die Dosierung 0,25 mg, ab einem Körpergewicht über 40 kg bekamen sie Fingolimod 0,5 mg. Über eine Behandlungsdauer von 24 Monaten zeigte Fingolimod im Vergleich zu IFNβ-1a i.m. eine Reduktion der jährlichen Schubrate um 82 % (p < 0,001). Im Monat 24 waren 85,7 % der Patienten im Fingolimod-Arm schubfrei, während unter IFNβ-1a i.m. lediglich 38,8 % schubfrei waren (p < 0,001). Die mit Fingolimod behandelten Patienten hatten außerdem im Vergleich zu IFNβ-1a i.m. ein um 77 % niedrigeres Risiko für eine Behinderungsprogression (p < 0,007). Neue Sicherheitssignale traten nicht auf. E. W.
Adjuvante Melanomtherapie: Kombination aus Dabrafenib und Trametinib senkt Rezidivrisiko um über 50 % Seit August 2018 steht MelanomPatienten mit BRAF-V600E/KMutation im Stadium III mit Dabrafenib (Tafinlar®) in Kombination mit Trametinib (Mekinist®) die erste und bislang einzige Option zur adjuvanten Behandlung nach kompletter Tumorresektion zur Verfügung. In der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie COMBIAD war der primäre Endpunkt, das mediane rezidivfreie Überleben (RFS), sowohl in der Primäranaly-
se als auch nach einem medianen Follow-up von 2,8 Jahren erreicht, wobei die Kombinationstherapie das Risiko eines Wiederauftretens gegenüber Placebo signifikant um 53 % reduzierte (HR): 0,47; 95%KI: 0,39 – 0,58; Median nicht erreicht vs. 16,6 Monate; p < 0,001). Auch nach 3 Jahren lebten 6 von 10 Patienten im Kombinationsarm rezidivfrei (HR: 0,47; p < 0,001: 58 % vs. 39 %). Der Vorteil des rezidivfreien Überlebens im Kombinationsarm wurde in allen Subgruppen, einschließlich der Stadien III A, B und C, beobachtet. Follow-up-Auswertung bestätigt Vorteil für das rezidivfreie Überleben
Auf der Jahrestagung der European Society for Medical Oncology (ESMO) wurden aktualisierte Ergebnisse der COMBI-AD-Studie mit einem medianen Followup von 44 bzw. 42 Monaten (im Verum- bzw. Placeboarm) vorgestellt. Das relative Rezidivrisiko war unter der Kombinationstherapie verglichen mit Placebo um 51 % geringer (HR: 0,49; 95%-KI: 0,40 – 0,59). Die 4-Jahres-RFSRate war im Verumarm signifikant höher als im Placeboarm (54 %; 95%-KI: 49 – 59 vs. 38 %; 95%KI: 34 – 44). Um zu schätzen, bei wie vielen Patienten zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Rezidivereignis eintreten wird, wurden die aktuellen Daten aus der COMBI-ADStudie mithilfe eines theoretischen Cure-Rate-Modells analysiert. Nach dieser Berechnung beträgt der Anteil der Patienten ohne zukünftig zu erwartendes Rezidiv ereignis 54 % (95%-KI: 49 – 59) für die Kombinationstherapie aus Dabrafenib und Trametinib ge-
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genüber 37 % für den Placeboarm (95%-KI: 32 – 42). Gesundheitsbezogene Lebensqualität auf Placebo-Niveau
Vor dem Hintergrund dieser Wirksamkeitsdaten wurde in einer weiteren Analyse der COMBI-ADStudie der Einfluss von Dabrafenib kombiniert mit Trametinib auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Studienteilnehmer untersucht. Wie die auf dem Kongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) vorgestellten Ergebnisse zeigen, waren die mittels visueller Analogskala ermittelten Punktzahlen im Verum- und Placeboarm zur Baseline vergleichbar (79,0 vs. 80,4 von 100 möglichen Punkten) und hatten sich nach dem Behandlungszeitraum von 12 Monaten beiden Studienarmen nur geringfügig verändert (0,14 vs. –0,02 Punkte; adjustierte mittlere Werte). Auch im Nachbeobachtungszeitraum von bis zu 48 Monaten war die VAS-Punktzahl unter Dabrafenib plus Trametinib jener unter Placebo ähnlich. Dies weist darauf hin, dass die Kombinationstherapie die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten nicht relevant beeinträchtigt. Nebenwirkungen, die im Rahmen der Studie COMBI-AD beobachtet wurden, stimmten mit den Ergebnissen aus anderen Studien zu Dabrafenib in Kombination mit Trametinib überein. Neue Sicherheitssignale wurden nicht gemeldet. Zu den häufigsten unerwünschten Ereignissen (≥20 %) im Verumarm zählten Fieber, Fatigue, Übelkeit, Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Durchfall, Erbrechen, Gelenkschmerzen und Ausschlag. E. W.
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twa 12 Millionen Erwachsene leiden in Deutschland an einer gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) [1]. Bei Patienten mit chronischer GERD bilden Protonenpumpeninhibitoren (PPI) die leitlinienkonforme Standardtherapie, um eine zufriedenstellende Symptomkontrolle zu erzielen, die Refluxösophagitis zu heilen und weitere Komplikationen zu verhindern. Unter diesem Dauerbehandlungsansatz sind jedoch etwa 20 % der Betroffenen mit dem Ergebnis unzufrieden [2]. Randomisierte, kontrollierte Studien haben gezeigt, dass eine Add-on-Therapie mit Alginat (Gaviscon®) geeignet ist, um GERDassoziierte Symptome besser zu kontrollieren [3, 4]. In einer prospektiven Beobachtungsstudie wurde nun untersucht, ob diese Add-on-Therapie nicht nur die Symptomkontrolle, sondern auch die Patientenzufriedenheit verbessern kann [5].
Gastroösophageale Refluxkrankheit: Höhere Patientenzufriedenheit unter Add-on-AlginatTherapie Alginat-Add-On verringert Refluxsymptome und erhöht Patientenzufriedenheit
In die Beobachtungsstudie eingeschlossen waren 153 Patienten, davon 71 männlich. Die Teilnehmer waren 57 Jahre alt, litten seit 8 Jahren unter chronischer GERD und wurden seit 6 Jahren mit PPI dauertherapiert. Im Verlauf der 14-tägigen Studie nahmen sie zusätzlich zum PPI bedarfsweise ein Alginat
Alginat wirkt physikalisch Der Hauptwirkstoff von Gaviscon® wird aus der Braunalge Laminaria hyperborea (Abb. 1) gewonnen. Im Gegensatz zu anderen medikamentösen Maßnahmen wirkt das Alginat rein physikalisch: Es reagiert unmittelbar nach der Einnahme mit der Magensäure und bildet eine gelartige Schicht, die durch den Einschluss von CO2 aus dem ebenfalls im Medikament enthaltenen Hydrogencarbonat Auftrieb erhält und sich im Bereich der sog. Acid Pocket, einer postprandialen Ansammlung von Magensäure am gastroösophagealen Übergang, auf den flüssigen Mageninhalt legt. Diese Schutzschicht verhindert wie ein Deckel, dass saurer Mageninhalt in die Speiseröhre aufsteigt. Die Wirkung von Gaviscon® setzt innerhalb von 5 Minuten ein und hält bis zu 4 Stunden an. Der Wirkstoff wird vom Körper nicht aufgenommen und somit unverstoffwechselt wieder ausgeschieden. Es sind keinerlei Wechselwirkungen des Alginats mit anderen Medikamenten bekannt. Daher ist das Alginat gut verträglich. Gaviscon® ist als einziges Alginat für die Symptomkontrolle bei Reflux zugelassen und kann auch in der Schwangerschaft angewendet werden [6].
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ein (bis zu 4 × 2 Sachets Gaviscon® mit je 500 mg Natriumalginat; im Mittel 3 Sachets pro Tag). Die Einnahme erfolgte meist postprandial morgens, mittags und abends. Nach der 14-tägigen Add-on-Alginat-Behandlung berichteten 72 % der Patienten von einer höheren Therapiezufriedenheit um mindestens eine Stufe auf der fünfstufigen Likertskala im Vergleich zur Baseline. Etwa 23 % gaben an, die Therapiezufriedenheit sei gleichbleibend, und nur ca. 5 % waren weniger zufrieden unter der Addon-Therapie. Außerdem zeigte sich, dass 81 % der Patienten mit einem GerdQ-Score* >8 von dem Alginat-Add-on profitierten. Auch die Häufigkeit der typischen Refluxsymptome (Sodbrennen, Regurgitation, refluxbedingte Schlafstörungen) konnte unter Alginat als Add-on zu einer PPI-Dauertherapie reduziert werden. So sank der Anteil der Patienten, die über Sodbrennen an 4 – 7 Tagen klagten, von 56 % in der Woche vor Beginn der Add-on-Therapie auf 19 % in der Woche vor Ab* Der GerdQ-Fragebogen beinhaltet insgesamt 6 Fragen, wovon sich 4 auf die Symptomatik beziehen (2 auf Symptome, die für eine Refluxkrankheit sprechen, und 2 auf Symptome, deren Auftreten das Vorliegen einer GERD unwahrscheinlich macht). 2 weitere Fragen gehen auf die Beeinträchtigung der Lebensqualität ein. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Hepatitis C: Die letzten medizinischen Hürden für die HCVEliminierung sind genommen Abbildung 1: Ausgangsstoff für die Gewinnung des in Gaviscon® enthaltenen Alginats ist der Palmentang (Laminaria hyperborea). Diese Braunalge bildet an den Küsten im Nordostatlantik ausgedehnte Tangwälder und kommt auch in der Nord- und Ostsee vor.
schluss der 14-tägigen Behandlung. Der Anteil der Patienten, die in diesen beiden Zeiträumen von entsprechend häufiger Regurgitation und Schlafstörung berichteten, sank unter dem Alginat-Add-on um das Vierfache (37 % vs. 9 %) bzw. um mehr als die Hälfte (29 % vs. 12 %) [5]. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Hinzunahme von Alginat bei unzureichender GERD-Symptomkontrolle eine sichere und wirksame Option darstellt, um nicht nur eine adäquate Symptomkontrolle zu erzielen, sondern auch die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Brigitte Söllner, Erlangen Literatur 1 Labenz J et al. Der Gastroenterologe 2016: 11:102-109 2 Labenz J et al. MMW Fortschr Med 2016; 158(Suppl. 4):7-11 3 Manabe N et al. Dis Esophagus 2012;25: 373-380 4 Reimer C et al. Aliment Pharmacol Ther 2016;43:899-909 5 Müller M et al. 2018. DVS-Kongress München. Oral Präsentation KV010 6 Fachinformationen Gaviscon® Advance Pfefferminz Suspension zum Einnehmen im Beutel, Stand 02-2015; Gaviscon® Dual Kautabletten, Stand 03-2016; Gaviscon® Dual Suspension zum Einnehmen im Beutel; Stand 03-2016
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ie chronische Hepatitis-CVirus(HCV)-Infektion hat heute dank der neuen direkt antiviralen Wirkstoffe (DAA) auf einfache, gut verträgliche Weise eine hohe Chance auf Heilung. In der Regel können mit den aktuell zur Verfügung stehenden pangenotypischen Therapieregimen Heilungsraten von mehr als 95 % erzielt werden [1]. Für die größte Patientengruppe, therapienaive Patienten ohne Zirrhose, lassen sich zum Beispiel mit Sofosbuvir/Velpatasvir (Epclusa®) SVR12-Raten von bis zu 100 % erzielen, mit einem Nebenwirkungsprofil ähn-
lich dem Placebo-Niveau [2, 3, 4]. Zudem können Patienten über alle Genotypen und Fibrosestadien hinweg behandelt werden [1–5]. Für mit interferonfreier DAA-Kombinationstherapie (inkl. NS5A-Inhibitoren) vorbehandelte Patienten ohne und mit kompensierter Zirrhose, die lange Zeit schwierig zu behandeln waren, steht schließlich als bislang einziges zugelassenes Medikament Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir (Vosevi®) zur Verfügung [6]. Mit diesen Optionen ist die Eliminierung der Hepatitis C noch realistischer geworden. Was jetzt noch nötig ist, ist eine einheit-
Direkte antivirale Wirkstoffe in SOF/VEL (Epclusa®) und SOF/VEL/VOX (Vosevi®) Sofosbuvir ist ein pangenotypischer Inhibitor der RNA-abhängigen RNA-Polymerase NS5B des HCV, die für die Virusreplikation erforderlich ist. Sofosbuvir ist ein Nukleotid-Prodrug, das nach intrazellulärer Metabolisierung in das pharmakologisch wirksame UridinAnalogon-Triphosphat (GS-461203) mittels der NS5B-Polymerase in die HCV-RNA eingebaut wird und zum Kettenabbruch führt. GS461203 (der aktive Metabolit von Sofosbuvir) hemmt weder humane DNA- oder RNA-Polymerasen noch die mitochondriale RNAPolymerase. Velpatasvir ist ein HCV-Inhibitor, der auf das HCV-NS5A-Protein gerichtet ist, das sowohl für die RNA-Replikation als auch den Zusammenbau von HCV-Virionen erforderlich ist. Voxilaprevir ist ein pangenotypischer Inhibitor der NS3/4A-Protease des HCV. Voxilaprevir wirkt als nicht kovalenter, reversibler Inhibitor der NS3/4A-Protease.
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liche Screening-Strategie und eine stärkere Unterstützung durch die Politik. SOF/VEL: Alle Genotypen, alle Fibrosestadien, einheitlich 12 Wochen Behandlungsdauer
Vorbei sind die Zeiten, in denen die Hepatitis-C-Therapieschemata komplex, eingeschränkt wirksam und nebenwirkungsreich waren, vorbei die Zeiten, in denen bestimmte Patientengruppen kaum Aussicht auf Heilung hatten. Die aktuellen HCV-Therapien kommen in vielen Fällen mit nur einer Tablette pro Tag aus und sind dabei hochwirksam sowie gut verträglich – und das für nahezu alle Patienten. Möglich wurde dies unter anderem auch durch die Single-Tablet-Regime Sofosbuvir/Velpatasvir (SOF/VEL, Epclusa®) und Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir (SOF/VEL/VOX, Vosevi®). SOF/VEL kann bei Infektionen mit den HCV-Genotypen 1 – 6 und vom Fibrosestadium 0 bis zur dekompensierten Zirrhose* eingesetzt werden. Die Behandlungsdauer beträgt dabei einheitlich 12 Wochen [4]. In den klinischen Zulassungsstudien ASTRAL-1 bis -3 wurde der primäre Endpunkt – ein anhaltendes virologisches Ansprechen 12 Wochen nach Therapieende (SVR12) – bei 95 – 100 % der Patienten ohne Zirrhose oder mit kompensierter Zirrhose erzielt [2, 3]. Damit ist SOF/VEL auch für die größte in Deutschland verbliebene Patientengruppe eine attraktive Therapieoption: die therapienaiven HCV-Infizierten mit Fibrosestadium F0 bis F2 [7]. Das Nebenwirkungsprofil von SOF/VEL entsprach dem von Placebo in einem vergleichba-
Abbildung 1: Die Triple-Therapie SOF/VEL/VOX ist neuer Standard für DAA-vorbehandelte Patienten.
ren Patientenkollektiv, häufigste unerwünschte Ereignisse waren Kopfschmerzen, Erschöpfung und Übelkeit [4]. Ein ähnliches Bild ergab sich bei bis dahin sehr schwer zu behandelnden Patienten mit dekompensierter Zirrhose: In der ASTRAL4-Studie erreichten unter einer zwölfwöchigen Therapie mit SOF/ VEL plus Ribavirin über alle eingeschlossenen Genotypen (GT 1, 2, 3, 4, 6) hinweg 94 % eine SVR12 [5]. Auch in dieser Studie wurde SOF/VEL gut vertragen, die unerwünschten Ereignisse stimmten mit dem zu erwartenden klinischen Erscheinungsbild einer dekompensierten Lebererkrankung oder mit dem bekannten Toxizitätsprofil von Ribavirin überein [4].
* Patienten mit dekompensierter Zirrhose erhalten zusätzlich Ribavirin. Bei Patienten mit einer Infektion vom Genotyp 3 und bei Patienten mit kompensierter Zirrhose kann die Zugabe von Ribavirin erwogen werden [4].
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SOF/VEL/VOX schließt letzte Therapielücke
Trotz der Einführung mehrerer direkt antiviraler Agenzien (DAA) seit 2014 gab es bis vor Kurzem eine letzte Therapielücke, und zwar bei Patienten, die unter einer Therapie mit DAA kein anhaltendes virologisches Ansprechen erreichten. Dann wurde mit SOF/ VEL/VOX (Abb. 1) das erste und bisher einzige Medikament zur Re-Therapie von DAA-vorbehandelten Patienten (inkl. NS5AInhibitoren) ohne und mit kompensierter Zirrhose zugelassen [6]. Die 3-Fach-Kombination wurde in den Phase-III-Studien POLARIS-1 und -4 bei Patienten mit chronischer Hepatitis C der Genotypen 1 bis 6 untersucht, die zuvor ohne Erfolg mit DAA-haltigen Regimen einschließlich NS5A-Inhibitoren behandelt worden waren. Dabei erreichten insgesamt 97 % der mit SOF/VEL/VOX behandelten Patienten eine SVR12 [8]. © VERLAG PERFUSION GMBH
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
Vorteile für die Praxis
Mit SOF/VEL und SOF/VEL/ VOX lassen sich die meisten Situationen im Rahmen der Hepatitis-C-Behandlung abdecken. Eine Kurzzeittherapie über 8 – 12 Wochen ist Standard für die Mehrzahl aller Patienten mit „Easy-to-treat“Charakteristika. Ein weiterer Vorteil der SOF-basierten Therapien ist, dass sie die Therapie für Ärzte und Patienten erheblich vereinfachen. Dank des pangenotypischen Wirkprofils von SOF/VEL ist eine Bestimmung des HCV-Genotyps nicht mehr zwingend notwendig. Außerdem ist es ausreichend, sich ein Bild von dem Zustand der Leberfunktion zu machen, um SOF/VEL für 12 Wochen entweder alleine oder – bei dekompensierter Zirrhose* – in Kombination mit Ribavirin zu verordnen. SOF/VEL/VOX hat seinen Platz bei DAA-vorbehandelten Patienten. Eine Testung auf Resistenzassoziierte Substitutionen vor dem Therapiestart ist aufgrund der hohen Resistenzbarriere von SOF nicht notwendig, ebenso wenig ein regelmäßiges Monitoring der Viruslast und der Leberwerte außerhalb der klinischen Routine. Hinzu kommen das günstige Wechselwirkungsprofil und die einfache Einnahme unabhängig von den Mahlzeiten. Diese Eigenschaften sind auch förderlich für die Compliance. Der Weg zur Hepatitis-CEliminierung: Screenen, testen und behandeln
Den seit einigen Jahren verfügbaren DAA ist es zu verdanken, dass heute nahezu alle Patienten mit chronischer Hepatitis-C-Vi-
rusinfektion geheilt werden können [1]. Die Bundesregierung und die Weltgesundheitsorganisation WHO haben daher das Ziel ausgegeben, die Virusinfektion bis zum Jahr 2030 nachhaltig einzudämmen bzw. sogar zu eliminieren [9, 10]. Um dies zu erreichen, müssen vor allem bislang nicht diagnostizierte Patienten erkannt und behandelt werden. Aber wie weit ist das deutsche Gesundheitssystem auf dem Weg dorthin? Das Robert Koch-Institut verzeichnete nach mehreren Jahren mit sinkenden Fallzahlen im Jahr 2017 wieder einen Anstieg gegenüber dem Vorjahr. 2017 gingen dort 4.798 Meldungen für erstmals diagnostizierte HCV-Infektionen ein, die meisten im zweiten Halbjahr [11]. Zu diesem Anstieg könnten eine verstärkte Aufmerksamkeit und Bereitschaft zur Testung beigetragen haben. So wurde Mitte 2017 die Hepatitis-C-Aufklärungskampagne „Bist du Chris?“ gestartet. Sie wurde im Mai 2017 von der durch die Deutsche Leberstiftung, die Deutsche Leberhilfe e.V. und Gilead Sciences gegründete Initiative pro Leber ins Leben gerufen. Ziel der Kampagne war es, die Bevölkerung auf das eigene Hepatitis-C-Risiko aufmerksam zu machen und gegebenenfalls zu einem Hepatitis-C-Test zu bewegen. Die Kampagne – eine AwarenessKampagne frei von jedem Produktbezug – war sehr erfolgreich, was sich nicht zuletzt in der Zahl der durchgeführten Hepatitis-CBluttests widerspiegelt: Sie lag zum Zeitpunkt intensivster Kampagnenaktivitäten im dritten Quartal 2017 um 62 % über der im Vergleichsquartal 2016 [12]. Allerdings gibt es in Deutschland schätzungsweise immer noch 100.000 HCV-Infizierte, die nichts von ihrer Erkrankung wissen und
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dementsprechend nicht behandelt werden können [13]. Bislang existiert aber noch keine umfassende Screening-Strategie, um diese Personen zu identifizieren. Hier ist der Einsatz der Politik gefragt, um alle Initiativen zu bündeln, die dazu beitragen können, die Hepatitis C in Deutschland endgültig zu eliminieren. Fabian Sandner, Nürnberg
Literatur 1 Sarrazin C et al. Z Gastroenterol 2018;56: 756-838 2 Feld JJ et al. N Engl J Med 2015;373: 2599-2607 3 Foster GR et al. N Engl J Med 2015;373: 2608-2617 4 Fachinformation Epclusa®; Stand: Juni 2018 5 Curry MP et al. N Engl J Med 2015;373: 2618-2628 6 Fachinformation Vosevi®; Stand: Juni 2018 7 Christensen S et al. Significant changes of HCV patient characteristics over time in the era of direct antiviral agent (DAA) therapy – are all HCV subpopulations treated similarly? Results from the GErman hepatitis C COhort (GECCO), EASL 2018 8 Bourlière M et al. N Engl J Med 2017;376: 2134-2146 9 Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Im Internet: https://www.bmz.de/ de/zentrales_downloadarchiv/Presse/Strategie-zur-Eindaemmung-von-HIV-Hepatitis-B-und-C-und-anderen-sexuell-uebertragbaren-Infektionen.pdf 10 WHO. Combating hepatitis B and C to reach elimination by 2030, Advocacy brief. Im Internet: http://www.who.int/ hepatitis/publications/hep-elimination-by2030-brief/en/ 11 Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin Nr. 29/2018 12 Diaceutics Datenbank 13 Leberhilfe Projekt. Der Eco-Hep Report, Leberhilfe Projekt gUG; 2016
NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
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L
envatinib (Lenvima®) als Monotherapie ist eine neue Option in der Erstlinienbehandlung von erwachsenen Patienten mit einem fortgeschrittenen oder inoperablen Leberzellkarzinoms die zuvor noch keine systemische Therapie erhalten haben. Der oral zu verabreichende Rezeptor-Tyrosinkinase-Inhibitor (RTK-Inhibitor) wurde im August 2018 in Europa auf Basis der REFLECT-Studie in dieser Indikation zugelassen [1, 2]. Neue Daten aus Post-hoc-Analysen der Zulassungsstudie, die auf dem Kongress der Amerikanischen Krebsgesellschaft für gastrointestinale Tumoren (ASCO GI) in San Francisco präsentiert wurden, lie-
Lenvatinib – ein selektiver Multikinase-Inhibitor für die Erstlinientherapie des hepatozellulären Karzinoms fern interessante Erkenntnisse in Hinblick auf prädiktive Faktoren für das Gesamtüberleben und den Stellenwert von Lenvatinib in der Sequenztherapie.
Lenvatinib Lenvatinib (Lenvima®) ist ein oral zu verabreichender RezeptorTyrosinkinase (RTK)-Inhibitor und hemmt selektiv die Kinaseaktivitäten der Rezeptoren VEGFR1 (FLT1), VEGFR2 (KDR) und VEGFR3 (FLT4) des vaskulären Endothelwachstumsfaktors (VEGF) sowie andere, mit dem proangiogenen und onkogenen Signalweg in Zusammenhang stehende RTK, einschließlich der Rezeptoren FGFR1, 2, 3 und 4 des Fibroblasten-Wachstumsfaktors (FGF), des Rezeptors PDGFRα des thrombozytären Wachstumsfaktors (PDGF) sowie der Rezeptoren Kit und RET. Damit blockiert Lenvatinib die Signaltransduktionskaskaden, die die Proliferation, Differenzierung, Migration, Angiogenese und Invasion von Krebszellen steuern [8]:
Kit PDGF alpha/beta
VEGFR 1-3
RET
FGFR-1-4
Lenvatinib SHC GRB2
PI3K
SOS PDK1
RAS
JAK
PLCgamma
STAT1/3
DAG
AKT
Raf MEK
MEKK1
PKC
mTOR
JNK
ERK
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Proliferation Differenzierung Überleben Migration Angiogenese Invasion
REFLECT-Studie zeigt NichtUnterlegenheit gegenüber Sorafenib beim Gesamtüberleben
Für Patienten mit fortgeschrittenem Leberzellkarzinom (HCC) gab es bislang nur wenige Optionen für die systemische Therapie. Seit 2007 stand lediglich Sorafenib für die Erstlinienbehandlung zur Verfügung. Nun erweitert der Multikinase-Inhibitor Lenvatinib die Möglichkeiten in der Erstlinie. Ausschlaggebend für seine Zulassung waren die Ergebnisse von REFLECT, einer Head-to-HeadStudie versus Sorafenib [2]. Eingeschlossen in diese offenen PhaseIII-Studie wurden 954 Patienten mit nicht systemisch vorbehandeltem, inoperablem hepatozellulärem Karzinom. Randomisiert erhielten sie entweder Lenvatinib (12 mg bei einem KG ≥60 kg oder 8 mg bei einem KG <60 kg) oral einmal täglich oder Sorafenib 400 mg oral zweimal täglich. Die Behandlung wurde fortgeführt bis zur Progression oder bis zum Auftreten von inakzeptablen Toxizitäten. Als primärer Endpunkt der Studie wurde das Gesamtüberleben (OS) definiert, bei dem zunächst auf Nicht-Unterlegenheit gegenüber Sorafenib und anschließend auf Überlegenheit geprüft wurde. © VERLAG PERFUSION GMBH
NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL OS nach Responder-Status für die Gesamtpopulation
Medianes OS (Monate) (95% KI) Response: 22,4 (19,7–26,0) Non-Response: 11,4 (10,3–12,3) HR (95% KI): 0,61 (0,49–0,76) Mantel-Byar Test: p-Wert < 0,001
1.0 0.9 0.8
Wahrscheinlichkeit
61
0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0 0
3
6
9
12
15
18
21
24
27
30
33
36
39
42
159 795
155 721
151 571
138 441
121 362
108 291
93 241
76 180
56 129
41 83
22 51
11 26
6 10
1 5
0 0
Anzahl der Patienten unter Risiko
Response Non-Response
Zeit ab Randomisierung (Monate)
Abbildung 1: Medianes Gesamtüberleben (OS) in Abhängigkeit vom Responder-Status für die Gesamtpopulation der REFLECT-Studie [4]. th Kudo et al., Poster presented at ASCO GI, 17-19 January 2019
HR: Hazard Ratio; KI: Konfidenzintervall; OS: Gesamtüberleben
Die Studie erreichte den primären Endpunkt mit einem OS von 13,6 Monaten bei den mit Lenvatinib behandelten Patienten gegenüber 12,3 Monaten unter Sorafenib (HR: 0,92; 95%-KI: 0,79 – 1,06; die Nicht-Unterlegenheitsgrenze lag bei 1,08). Damit wurde Lenvatinib als neue Erstlinienoption für die Behandlung des fortgeschritttenen HCC bestätigt. Die Auswertung des Gesamtüberlebens wurde – wie vorab im statistischen Analyseplan festgelegt – nach 351 Ereignissen im Lenvatinib-Arm und 350 Ereignissen im Sorafenib-Arm durchgeführt. Die in die Lenvatinib-Gruppe randomisierten Patienten zeigten gegenüber den Patienten der Sorafenib-Gruppe keine statistisch signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens.
Überlegenheit bei sekundären Endpunkten
Die wichtigsten sekundären Wirksamkeitsendpunkte der REFLECTStudie umfassten das progressionsfreie Überleben (PFS), die Zeit bis zur Progression (TTP) und die objektive Ansprechrate (ORR). In allen diesen Endpunkten war Lenvatinib Sorafenib statistisch signifikant überlegen [2]: Das mediane PFS unter Lenvatinib war doppelt so lang wie unter Sorafenib und betrug 7,4 versus 3,6 Monate (HR: 0,64; 95%-KI: 0,55 – 0,75; p < 0,0001). Auch die mediane TTP war mit 8,9 versus 3,7 Monate signifikant länger (HR: 0,63; 95%-KI: 0,53 – 0,73; p < 0,001). 24,1 % der Patienten in der Lenvatinib-Gruppe sprachen auf die Behandlung an, dagegen nur 9,2 % in der Sorafenib-Gruppe (OR: 3,13; 95%-KI: 2,15–4,56; p < 0,001).
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Die Ergebnisse für die sekundären Endpunkte der REFLECT-Studie wurden außerdem durch eine verblindete, unabhängige radiologische Beurteilung bestätigt. Demnach sprachen gemäß mRECIST 40,6 % der mit Lenvatinib versus 12,4 % der mit Sorafenib behandelten Patienten auf die Therapie an (OR: 5,01; 95%-KI: 3,59 – 7,01; p < 0,0001), gemäß RECIST 1.1 waren es 18,8 % versus 6,5 % (OR: 3,34; 95%-KI: 2,17 – 5,14; p < 0,0001). Angesichts dieser überzeugenden Ergebnisse empfiehlt die European Association for the Study of the Liver (EASL) in ihren Leitlinien Lenvatinib für die Therapie in der Erstlinie [3].
62
NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
Kategorie
Patienten der REFLECT-Studie, die eine nachfolgende Antitumor-Medikation erhielten Lenvatinib
Objektive Ansprechrate
27,6 %
Odds Ratio (95%-KI)
Medianes Gesamtüberleben
20,8 Monate
Medianes Gesamtüberleben der LenvatinibResponder
25,7 Monate
Hazard Ratio (95%-KI)
Sorafenib 8,7 %
4,27 (2,23 – 8,21)
17,0 Monate
0,87 (0,67 – 1,14)
95%-KI
18,5 – 34,6
Medianes Gesamtüberleben der SorafenibResponder 95%-KI
26,2 Monate
Medianes Gesamtüberleben der LenvatinibResponder mit nachfolgender SorafenibBehandlung
22,3 Monate
14,6 – NE (nicht evaluierbar)
95%-KI
18,2 – 34,6
Tabelle 1: Medianes Gesamtüberleben je nach objektiver Ansprechrate und Folgetherapie [5].
Ansprechen ist möglicherweise prädiktiv für das Gesamtüberleben
Aktuellen Daten vom ASCO-GIKongress (17.–19. Januar 2019) zufolge könnte die ORR ein unabhängiger Prädiktor für das OS sein. Entsprechende Hinweise lieferte eine retrospektive Auswertung der REFLECT-Studie. Demnach lebten Patienten der Gesamtpopulation (Lenvatinib, n = 115, und initialer Behandlung mit Sorafenib dagegen 17,0 Monate. Auch hier wirkte sich das Ansprechen offenbar auf das OS aus. So erreichten Patienten mit einer partiellen oder kompletten Remission unter Lenvatinib und Anschlusstherapien ein OS von 25,7 Monaten. Wenn Sorafenib die Folgetherapie war, lag das OS bei 26,2 Monaten. Patienten, die initial auf Sorafenib angesprochen hatten und weitere Therapien bekamen, lebten 22,3 Monate (Tab. 1) [5]. In der Ende 2018 aktualisierten Guideline des National
Comprehensive Cancer Network (NCCN) wird Lenvatinib daher als Erstlinienoption empfohlen. Des Weiteren wird Sorafenib auch als Option für die Folgetherapie nach Lenvatinib aufgeführt [6].
Wie eine weitere Post-hoc-Analyse der Zulassungsstudie zeigt, war das Auftreten von bekannten Nebenwirkungen unter einer Lenvatinib-Therapie, wie Hypertonie, Diarrhö, Proteinurie oder Hypothyreose, mit einem längeren OS assoziiert [7]. Fazit für die Praxis
Assoziation von unerwünschten Ereignissen mit dem Gesamtüberleben
Die in der Studie REFLECT häufigsten unerwünschten Ereignisse aller Grade, die bei mit Lenvatinib behandelten Patienten beobachtet wurden, waren Hypertonie, Diarrhö, verminderter Appetit, Gewichtsverlust und Fatigue. Letale unerwünschte Ereignisse, die nach Einschätzung der Prüfarzte mit Lenvatinib in Zusammenhang standen, traten bei 11 Patienten (2 %) auf und umfassten unter anderem Leberversagen (3 Patienten), zerebrale Hämorrhagie (3 Patienten) und Atemstillstand (2 Patienten).
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Die aktuellen Daten stützen die Wirksamkeit von Lenvatinib bei Patienten mit einem nicht vorbehandelten, inoperablen Leberzellkarzinom und geben wichtige Hinweise, wie das Medikament noch gezielter eingesetzt werden kann. Sie zeigen zum einen, dass die Überlebenschancen der Patienten deutlich besser sein können als erwartet, wenn sie auf die Therapie mit Lenvatinib ansprechen. Dies ist klinisch relevant, wenn man bedenkt, dass die Ansprechrate unter Lenvatinib in der REFLECTStudie mehr als doppelt so hoch war wie unter Sorafenib. Zum anderen scheint es in Hinblick auf das Überleben sinnvoll zu sein, die © VERLAG PERFUSION GMBH
NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL/ WISSENSWERTES
Erstlinientherapie mit Lenvatinib zu beginnen. Da auch das Auftreten bestimmter Nebenwirkungen ein hilfreicher Indikator für den klinischen Nutzen von Lenvatinib sein kann, kommt dem Nebenwirkungsmanagement eine zentrale Rolle zu. Brigitte Söllner, Erlangen Literatur 1 Fachinformation Lenvima®; Stand: Oktober 2018 2 Kudo M et al. Lenvatinib versus sorafenib in first-line treatment of patients with unresectable hepatocellular carcinoma: a randomised phase 3 non-inferiority trial. Lancet 2018;391:1163-1173 3 Galle PR et al. EASL Clinical practice guidelines: Management of hepatocellular carcinoma. J Hepatol 2018;69:182-236 4 Kudo M et al. Analysis of survival and objective response (OR) in patients with hepatocellular carcinoma in a phase III study of lenvatinib (REFLECT). J Clin Oncol 2019;37 (Suppl. 4): Abstract 186) 5 Alsina A et al. Subsequent anticancer medication following first-line lenvatinib: A posthoc responder analysis from the phase 3 REFLECT study in unresectable hepatocellular carcinoma. J Clin Oncol 2019;37 (Suppl. 4): Abstract 371 6 NCCN Clinical Practice Guidelines in Oncology. Hepatobiliary cancers. Version 1.2019 – December 17, 2018 7 Sung MW et al. Association between overall survival and adverse events with lenvatinib treatment in patients with hepatocellular carcinoma (REFLECT). J Clin Oncol 2019;37 (Suppl. 4): Abstract 317 8 Okamoto K. et al. Distinct binding mode of multikinase inhibitor lenvatinib revealed by biochemical characterization. ACS Medicinal Chemistry Letter 2015; 6:89-94
Quelle: Fachpressekonferenz anlässlich des Kongresses der Amerikanischen Krebsgesellschaft für gastrointestinale Tumoren (ASCO GI 2019): „Aktuelle Daten zu Lenvima®, der neuen Erstlinienoption beim fortgeschrittenen oder inoperablen hepatozellulären Karzinom (HCC)“, Frankfurt, 12. Februar 2019. Veranstalter: Eisai GmbH.
Neuer Erstattungsbetrag für das Antiepileptikum Fycompa® Das Unternehmen Eisai und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) haben sich auf einen neuen Erstattungsbetrag für das Antiepileptikum Fycompa® (Perampanel) geeinigt. Fycompa® ist der erste und einzige zugelassene selektive AMPA-Rezeptorantagonist und beeinflusst gezielt postsynaptisch die glutamaterge Erregung über AMPA-Rezeptoren. Diese Rezeptoren spielen eine maßgebliche Rolle bei der Entstehung und Ausbreitung epileptischer Anfälle. Seit 2015 ist Perampanel neben der Behandlung von fokalen Anfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung auch für die Zusatztherapie primär generalisierter tonisch-klonischer Anfälle (pGTKA) bei Epilepsiepatienten ab 12 Jahren mit idiopathischer generalisierter Epilepsie zugelassen. Im Rahmen dieser Zulassungserweiterung hatte Perampanel erneut das AMNOGVerfahren durchlaufen. Im Anschluss an die Nutzenbewertung durch den gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) wurde ein neuer Erstattungsbetrag verhandelt. Dieser gilt für gesetzlich und privat krankenversicherte Patienten für alle zugelassenen Indikationen. Zusatztherapie für primär generalisierter tonisch-klonischer Anfälle
Die Indikationserweiterung von Perampanel zur Behandlung von pGTKA basiert auf einer doppelblinden, placebokontrollierten
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Parallelgruppenstudie* mit 164 Patienten im Alter >12 Jahre mit unkontrollierten pGTKA. Die Ergebnisse belegen für Perampanel eine signifikante Reduktion der Häufigkeit von pGTKA um 76,5 % im Median im Vergleich zu 38,4 % unter Placebo (p < 0,0001). Die Responderrate (Anteil von Patienten mit einer Reduktion der Anfallshäufigkeit pro 28 Tage um ≥50 % in der Erhaltungsphase relativ zum Ausgangszustand) war bei den mit Perampanel behandelten Patienten mit 64,2 % gegenüber 39,5 % in der Placebogruppe signifikant höher. Anfallsfreiheit für pGTKA während der Erhaltungsphase wurde unter Perampanel bei 30,9 % der Patienten erreicht, unter Placebo bei 12,3 %. Die häufigsten während der Behandlung aufgetretenen unerwünschten Ereignisse unter Perampanel waren Schwindel (bei 32,1 % der Patienten) und Müdigkeit (bei 14,8 % der Patienten). Multizentrische Beobachtungsstudien aus der klinischen Praxis zeigen ein zu den Ergebnissen des klinischen Studienprogramms konsistentes Bild. Die GENERALStudie** untersuchte Perampanel in der Zusatztherapie von pGTKA bei Patienten mit idiopathischer generalisierter Epilepsie. 62,6 % der 115 Patienten mit pGTKA erreichten nach einer Behandlungsdauer von 12 Monaten unter Perampanel für die letzten 6 Behandlungsmonate Anfallsfreiheit, bei einer Responderrate von 75,7 %. Die Retentionsrate insgesamt betrug nach 12 Monaten 83 %, bei einer Tagesdosis von im Median 6 mg für diesen Beobachtungszeitraum. B. S. * French JA et al. Neurology 2015;85:950957 ** Villanueva V et al. Epilepsia 2018;59: 1740-1752
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
Cabozantinib – ein neuer Tyrosinkinaseinhibitor für die Zweitlinientherapie des Leberzellkarzinoms
I
m November 2018 hat die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) Cabozantinib (Cabometyx® 20, 40, 60 mg) als Monotherapie für die Behandlung des hepatozellulären Karzinoms (HCC) bei Erwachsenen zugelassen, die vorher mit Sorafenib behandelt wurden. Bisher stand den Ärzten nur eine zugelassene Zweitlinientherapie zur Verfügung, um diesen aggressiven und schwierig zu therapierenden Krebs zu behandeln [1, 2]. Verbesserung von Gesamt- und progressionsfreiem Überleben
Den Mehrwert einer Behandlung mit Cabozantinib für Patienten mit HCC belegt die Phase-III-Studie CELESTIAL [3], die Cabozantinib mit Placebo bei Patienten mit fortgeschrittenem HCC verglich, die eine Sorafenib-Vortherapie erhalten hatten. Insgesamt waren bis zu 2 systemische Vortherapien des HCC erlaubt. Die 773 eingeschlossenen Patienten erhielten randomisiert im Verhältnis 2 : 1 entweder täglich 60 mg Cabozantinib oder Placebo. Sie wurden nach der Ätiologie der Erkrankung (Hepatitis C, Hepatitis B oder andere), der geografischen Region (Asien versus andere Regionen) und der extrahepatischen Streuung und/
oder makrovaskulären Invasion (ja oder nein) stratifiziert. Zwischen den Studienarmen war kein CrossOver erlaubt. Als primärer Studienendpunkt wurde das Gesamtüberleben definiert. Die sekundären Endpunkte umfassten die objektive Ansprechrate und das progressionsfreie Überleben. Explorative Endpunkte beinhalteten patientenbezogene Endpunkte, Biomarker und Sicherheit [3]. Entsprechend dem statistischen Studiendesign kann bei 760 eingeschlossenen Patienten mit einer statistischen Power von 90 % bei 621 eingetretenen Ereignissen ein Vorteil von Cabozantinib gegenüber Placebo mit einer Hazard
Ratio (HR) von 0,76 hinsichtlich des primären Endpunktes gezeigt werden. Den Berechnungen liegt die Annahme zugrunde, dass das mediane Überleben im PlaceboArm 8,2 Monate beträgt. Diese Annahme beruht auf verfügbaren klinischen Daten verschiedener veröffentlichter Studien zur Zweitlinientherapie des HCC. Nach 50 % und nach 75 % eingetretener Ereignisse war jeweils eine Interimsanalyse geplant. Die CELESTIAL-Studie erreichte den primären Endpunkt Gesamtüberleben in der zweiten geplanten Interimsanalyse. Unter Cabozantinib kam es zu einer signifikanten und klinisch relevanten Verbesserung des medianen Gesamtüberle-
Abbildung 1: Ergebnis der CELESTIAL-Studie für den primären Endpunkt Gesamtüberleben (OS) [3].
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
Cabozantinib Cabozantinib (Cabometyx®) ist ein oraler, kleinmolekularer Inhibitor von Tyrosinkinasen (TKI), einschließlich VEGFR (Rezeptor für den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor), c-MET (Rezeptor für den Hepatozyten-Wachstumsfaktor) und AXL (Rezeptor für das Growth Arrest-spezifische-Protein 6, GAS6), die durch Tumorhypoxie induziert werden. In präklinischen Modellen hemmt Cabozantinib die Aktivität dieser Rezeptoren, die an der normalen Zellfunktion und pathologischen Prozessen wie TuHemmt VEGF-Rezeptor, c-MET und AXL morangiogenese, Invasivität, Metastasierung und Arzneimittelresistenz beteiligt sind [1].
Cabometyx® – 3-facher Wirkansatz VEGF
Endothelzelle
Hemmung durch Cabozantinib
Hemmung durch TKI
VEGF
hemmt Angiogenese
Zellmembran
n
Zellplasma
Tumorzelle
Ho
ch
re g
ula
tio
Hochregulation
HGF
Kumulation HIF1α
Hemmung durch Cabozantinib
hemmt Tumorprogression
Hochregulation
GAS6
Wachstum / Invasion / Metastasierung
überwindet Resistenzentwicklung gegen VEGFR-TKI
Hemmung durch Cabozantinib
HIF1α c-MET
α-Untereinheit des Hypoxie-induzierten Faktors Rezeptor für den Hepatozyten-Wachstumsfaktor
Tyrosinkinaseinhibitor Die Expression der Tyrosinkinase AXL wirdTKIdurch HIF (HIF1α: α-Untereinheit des Hypoxie-induzierten Faktors) reguliert und ist ebenfalls in vielen Tumoren überexprimiert. Zusammen mit dem Liganden GAS6 wurde der GAS6/AXL-vermittelte Signalweg als essenzielles Bindeglied zwischen Rezeptortyrosinkinasen und als wichtiger Mediator bei der Tumormetastasierung beschrieben [4]. Über die GAS6/AXL-vermittelte Aktivierung des Protoonkogens c-MET konnte zudem ein Zusammenhang zwischen den beiden Tyrosinkinasen gezeigt werden [5]. Eine durch antiangiogene TKI-Therapie verursachte Umschaltung von Signalwegen kann somit eine Resistenz gegen VEGFR-TKI bewirken und zu einem Voranschreiten des Tumorwachstums führen [6].
bens im Vergleich zu Placebo (10,2 vs. 8,0 Monate; HR für Tod: 0,76; 95%-KI: 0,63 – 0,92; p = 0,005) (Abb. 1) [3]. Aufgrund der Wirksamkeitsdaten empfahl ein unabhängiges Komitee die Beendigung der Studie nach dem Review der zweiten geplanten Interimsanalyse. Die Daten zur Sicherheit waren in der Studie
vergleichbar mit dem bekannten Sicherheitsprofil von Cabozantinib [3]. Fabian Sandner, Nürnberg Literatur 1 Fachinformation Cabometyx®; Stand: November 2018 2 ESMO HCC Clinical Guidelines, Ann Oncol 2018; 29 (Suppl. 4):iv238-iv255 3 Abou-Alfa GK et al. Cabozantinib in patients with advanced and progressing hepa-
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tocellular carcinoma. N Engl J Med 2018; 5:54-63 4 Rankin EB et al. Direct regulation of GAS6/AXL signaling by HIF promotes renal metastasis through SRC and MET. Proc Natl Acad Sci USA 2014;111:1337313378 5 Rankin EB et al. The receptor tyrosine kinase AXL in cancer progression. Cancers (Basel) 2016;8:E103 6 Zhou L. et al. Targeting MET und AXL overcomes resistence to sunitinib therapy in renal cell carcinoma. Oncogene 2016; 35:2687-2697
KONGRESSE
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Frühzeitig in das Krankheitsgeschehen eingreifen
Multiple Sklerose: Die „Last der Behandlung” im Auge behalten Um die Multiple Sklerose (MS) ranken sich nach wie vor Mythen: „Es wird oft noch angenommen, dass bei der MS ein Krankheitsschub pro Jahr normal sei. Das aber stimmt keineswegs“, so Dr. Stefan Ries, Erbach. „Wir müssen hinsichtlich der Therapieziele umdenken und streben mit der Behandlung inzwischen das Fehlen von Krankheitsaktivität an“, erläuterte der Neurologe bei der MScience.MShift-Veranstaltung von Sanofi Genzyme in Frankfurt. Auch einen horizontalen Therapiewechsel in Betracht ziehen
Das aber setzt eine frühzeitige effektive Therapie voraus. Dazu gehört nach Ries auch, dass das Therapieregime im Zweifelsfall umgestellt werden sollte, wenn sich der erwartete Behandlungserfolg nicht einstellt oder wenn die Therapie vom Patienten als belastend erlebt wird. Und auch in diesem Punkt ist ein Umdenken angezeigt: „Wir müssen stets auch die ‚Last der Behandlung’ im Auge behalten“, mahnte der Mediziner. Das bedeutet nicht, dass immer eine Therapieeskalation erfolgen muss. Vielmehr kann im Einzelfall auch ein Wechsel zu einer Therapie mit vergleichbarer Effektivität, aber anderem Wirkmechanismus sinnvoll sein.
Auch Professor Mark Obermann, Seesen, plädierte dafür, bei der Behandlung der schubförmig-remittierenden Multiplen Sklerose (RRMS) schon früh regulierend in das Krankheitsgeschehen einzugreifen. Nach seiner Darstellung gibt es ein „Window of Opportunity“ für die Therapie, das unbedingt genutzt werden sollte. „Denn das, was anfangs therapeutisch verpasst wird, kann später nicht mehr aufgeholt werden“, betonte Obermann. Vor allem in der ersten Krankheitsphase hängt die Progression wesentlich von der fokalen Entzündung ab. Ist ein EDSS von 3 erreicht, verläuft die Progression hingegen relativ gleichförmig und unabhängig von der Dauer der ersten Krankheitsphase. Wie bedeutsam die frühzeitige therapeutische Intervention ist, machte Obermann am Beispiel einer Studie bei 639 MS-Patienten deutlich, deren Verlauf über mehr als 8 Jahre nachverfolgt wurde. Es zeigte sich, dass eine Verzögerung von jeweils einem Jahr beim Behandlungsbeginn das Risiko, einen EDSS von 4 zu erreichen, um 7,4 % erhöhte. Dreh- und Angelpunkt ist die Therapiezufriedenheit
Behandlungserfolge sind nur bei guter Adhärenz zu erwarten, die ihrerseits durch eine hohe Therapiezufriedenheit der Patienten gefördert wird. Die Behandlung sollte sich nach Ries deshalb unbedingt an den Bedürfnissen der Patienten orientieren. Das kann so weit gehen, dass eine Injektionstherapie im Einzelfall abgelehnt wird, um nicht Tattoos zu beeinträchtigen.
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Als besonders günstig im Hinblick auf die „Burden of Treatment“ bezeichneten die Experten die einmal tägliche Einnahme des Immunmodulators Teriflunomid (Aubagio®), ein Einnahmemodus, der die Adhärenz fördern kann. Gute Daten zur Therapiezufriedenheit liegen für Teriflunomid zudem aus der Teri-PRO-Studie vor. Obwohl der Wirkstoff in der Schwangerschaft kontraindiziert ist, spricht für Teriflunomid laut Ries außerdem die Tatsache, dass die Substanz durch ein beschleunigtes Eliminationsverfahren innerhalb einiger Tage aus dem Körper entfernt werden kann, wenn eine Frau mit MS einen Kinderwunsch entwickelt. Das ist ein relevanter Aspekt, da die MS dreimal häufiger bei Frauen als bei Männern auftritt und sich typischerweise bereits im gebärfähigen Alter der Frauen manifestiert. Langzeitdaten über bis zu 14 Jahre
Inzwischen liegen Langzeitdaten von bis zu 14 Jahren zu Teriflunomid vor, berichtete Obermann. Diese dokumentieren eine anhaltend niedrige Schubrate und einen stabilen Behinderungsgrad über den gesamten Beobachtungszeitraum. Eine Post-hoc-Auswertung der klinischen Studien zu Teri flunomid und Dimethylfumarat zeigte zudem eine vergleichbare klinische Wirksamkeit der beiden Medikamente. Die Number Needed to Treat (NNT) zur Verhinderung eines Schubes betrug dabei 5,9 respektive 5,6 in den beiden Zulassungstudien zu Teriflunomid gegenüber 5,3 bzw. 5,6 in den beiden Zulassungstudien von Dimethylfumarat. Fabian Sandner, Nürnberg © VERLAG PERFUSION GMBH
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KONGRESSE
Bei Schluckbeschwerden auch an eine Eosinophile Ösophagitis denken! Wenn Patienten über Schluckbeschwerden klagen, sollte eine Eosinophile Ösophagitis (EoE) zwingend ins diagnostische Kalkül gezogen werden. Bleibt das „Asthma der Speiseröhre“ wie nur allzu häufig unerkannt und unbehandelt, ist nicht nur die Lebensqualität des Patienten eingeschränkt. Es drohen auch Komplikationen wie Ösophagusstrikturen oder eine Verlegung der Speiseröhre (Bolusimpaktation), die lebensbedrohlich sein kann. Mit einer frühzeitigen antientzündlichen Therapie lässt sich dieses Risiko senken. Auf einem Satellitensymposium von Dr. Falk Pharma auf der UEG Week 2018 in Wien betonten deshalb internationale Experten die Bedeutung der frühen Diagnosestellung und forderten ein erhöhtes Maß an Bewusstsein, auch von Hausärzten und Allgemeinmedizinern, die die Patienten meist zuerst sehen. Bei Verdacht auf eine EoE ist ein Gastroenterologe hinzuzuziehen, da nur er die Diagnose stellen und die Therapiekontrolle durchführen kann. Mit der Budesonid-Schmelztablette (Jorveza®) steht seit Mitte 2018 das weltweit erste für die Therapie der EoE zugelassene Medikament in Deutschland zur Verfügung – mit hoher Wirksamkeit und guter Verträglichkeit. Ein Grund mehr, eine EoE nicht (mehr) zu übersehen. Typisch für EoE: pürierte Mahlzeiten statt Käsebrot
Laut Professor A. Schoepfer, Lausanne, wird die EoE häufig erst spät erkannt. Bei Erwachsenen wird
die Diagnose im Alter von durchschnittlich 30 Jahren gestellt. Betroffen sind vor allem Männer im Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Erste Symptome treten jedoch häufig bereits 3 – 8 Jahre früher auf. Darunter leidet die Lebensqualität. Unbehandelt nimmt die EoE einen progredienten Verlauf und es kommt zu einem fibrotischen Umbau des Ösophagus und langfristig zur Entwicklung von Strikturen. Um das zu verhindern, ist eine frühzeitige Diagnostik notwendig. Diese stützt sich im Wesentlichen auf 3 Säulen: Symptome – Histologie – Differenzialdiagnose. Typisches Symptom der EoE ist die Dysphagie. „Doch kaum ein Patient wird von einer Dysphagie berichten“, so Schoepfer. Deshalb sollte bei „Schluckbeschwerden“, die sich auch durch ein Gefühl der verzögerten Nahrungspassage äußern können, genauer nachgefragt werden. Wegweisend kann der Blick auf die Ernährungsgewohnheiten sein. Vermeidet der Patient feste Speisen wie Brot, Fleisch, Reis und Äpfel? Bevorzugt er pürierte Mahlzeiten? Meidet er Restaurantbesuche? Das alles kann auf eine Dysphagie und damit auf eine EoE hinweisen. Auch die Dauer der Mahlzeit ist relevant, denn viele Patienten mit einer EoE essen besonders langsam. Begleitet wird die Dysphagie häufig von retro sternalem Schmerz. Besonders einschneidend für EoEPatienten ist die Bolusimpaktation: Das Lumen der Speiseröhre wird durch Nahrungsbestandteile, die in der Speiseröhre steckenbleiben, komplett oder inkomplett verlegt. Dies kann einen medizinischen Notfall bedeuten, nämlich dann, wenn starke Brustschmerzen auftreten oder die Luftröhre verlegt wird.
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Neue EoE-Broschüre verfügbar Weitere Informationen zur Symptomatik der eosinophilen Ösophagitis (EoE), zur richtigen Diagnose und zu den aktuellen Therapiemöglichkeiten finden Sie in einer neuen von Prof. Dr. Stephan Miehlke verfassten Broschüre. Diese kann unter www.neuvon-falk.de/EoE kostenlos heruntergeladen werden.
Gastroenterologe für Diagnostik und Verlaufskontrolle unverzichtbar
Bei Verdacht auf eine EoE muss der Patient zur weiteren diagnostischen Abklärung an einen Gastroenterologen überwiesen werden. Dieser entnimmt die für den histologischen Nachweis der eosinophilen Entzündung notwendigen Biopsien aus dem Ösophagus. Eine EoE liegt per definitionem bei mehr als 15 eos/HPF (high power field) vor. Aber auch für das Therapiemonitoring ist die regelmäßige Endoskopie und damit der Besuch beim Gastroenterologen unverzichtbar. Da kein direkter Zusammenhang zwischen ösophagealer Entzündung und Symptomatik besteht, muss regelmäßig endoskopiert werden, um den Therapieeffekt zu überprüfen. „Immerhin hat ein Drittel der EoE-Patienten in klinischer Remission eine anhaltende ösophageale Entzündung“, betonte Schoepfer. Elisabeth Wilhelmi, München
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HIV-Vakzine: Erste positive Resultate mit prophylaktischem MosaikImpfstoff Die Entwicklung eines Impfstoffs gegen die HIV-Infektion macht Fortschritte. Auf der 22. Internationalen AIDS-Konferenz (AIDS 2018) in Amsterdam wurden die ersten vielversprechenden Daten zur Langzeit-Immunantwort eines von Janssen entwickelten mosaikbasierten prophylaktischen Impfstoffs gegen HIV-1-Infektionen präsentiert: In der Phase I/IIaStudie APPROACH* zeigten alle Studienteilnehmer, die den Haupt impfstoff Ad26.Mos.HIV erhielten, in Woche 96 – ein Jahr nach der letzten Impfung – eine robuste HIV-Antikörperantwort. Es gab keine unerwarteten Impfreaktionen oder andere Sicherheitsprobleme. Ermutigende Ergebnisse APPROACH-Studie
Die Entwicklung eines HIVImpfstoffs gestaltet sich äußerst schwierig, weil das HI-Virus weltweit eine hohe genetische Vielfalt aufweist. Daher enthält der von Janssen konzipierte Impfstoff Ad26.Mos.HIV im Gegensatz zu anderen Kandidaten für eine HIV-Vakzine Mosaik-Immunogene, d.h. Moleküle, die eine breite und tiefe Immunantwort gegen viele der weltweit zirkulieren* Barouch Dan H et al. Evaluation of a mosaic HIV-1 vaccine in a multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 1/2a clinical trial (APPROACH) and in rhesus monkeys (NHP 13-19). Lancet 2018;392:232-243
Abbildung 1:Vor über 30 Jahren wurde das HI-Virus entdeckt. Seitem suchen Forscher nach einer Methode, es wirksam zu bekämpfen (© Janssen).
den HIV-1-Subtypen induzieren können. Erzeugt werden sie unter Verwendung von Genen aus einer Vielzahl von Virus-Subtypen. Der Mosaik-Ad26-Primer enthält die HIV-Gene „env“, „gag“ und „pol“ in mehreren Versionen. Als Trägervirus dient ein modifiziertes Adenovirus vom Serotyp 26 (Ad26). In der APPROACH-Studie wurde der Primer mit verschiedenen Boostern kombiniert. An der Phase I/IIa-Studie nahmen 393 gesunde Erwachsene (Alter: 18 – 50 Jahre) aus den USA, Ruanda, Uganda, Südafrika and Thailand teil, die nicht mit HIV infiziert waren. Untersucht wurden Sicherheit, Verträglichkeit und Immunogenität (die Fähigkeit, eine Immunantwort auszulösen) folgender mosaikbasierter Impfregimes: • In 2 primären Dosen (Woche 0 und 12) wurde der mosaikbasierte Impfstoff Ad26.Mos.HIV verabreicht. • Der primären Verabreichung folgten 2 Booster (Woche 24 und 48) mit entweder Ad26. Mos.HIV, MVA-Mosaic und/ oder verschiedenen Dosen eines löslichen Protein Clade C gp140, das mit Aluminiumphosphat versetzt wurde.
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In Woche 96, d.h. ein Jahr nach der ersten Impfung, ergab sich für alle in APPROACH evaluierten Impfprogramme ein günstiges Sicherheitsprofil: Es traten keine unerwarteten, mit der Impfung assoziierten unerwünschte Ereignisse auf. Die häufigste lokale Nebenwirkung war ein leichter bis mäßiger Schmerz an der Injektionsstelle, der je nach verabreichter Kombination bei 69 – 88 % zu beobachten war. 5 von 393 Teilnehmern berichteten von Grad3-Nebenwirkungen, die durch die Impfung hervorgerufen wurden (Bauchschmerzen, Diarrhö, erhöhte Aspartat-Aminotransferase, Schwindel, Rückenschmerz, Unwohlsein). Unter allen Regimes kam es nach der Impfung zu einer robusten humoralen und zellulären HIV-1-Immunantwort. Die beste Immunität wurde nach Applikation der Kombination des Mosaik-Ad26-Primers mit Boostern erreicht, die erneut den Mosaik-Ad26-Impfstoff und zusätzlich eine hohe Dosis des Oberflächen-Proteins gp140 enthielten. Diese Kombination erzeugte bei allen damit geimpften Studienteilnehmern Antikörper gegen das Env-Protein sowie bei © VERLAG PERFUSION GMBH
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WISSENSWERTES
80 % eine Antikörper-abhängige zelluläre Phagozytose-Reaktion und bei 83 % eine T-Zell-Reaktion. IMBOKODO-Studie
Die guten Langzeitergebnisse von APPROCH waren unter anderem auch Basis für eine Folgestudie:
In der bereits laufenden PhaseIIb-Studie IMBOKODO wird die Wirksamkeit der Prime-BoostImpfung mit dem Mosaik-Impfstoff Ad26.Mos.HIV erstmalig bei einem größeren Kollektiv untersucht. Insgesamt sollen 2.600 junge Frauen zwischen 18 und 35 Jahren in 5 Ländern Afrikas südlich der Sahara in die Untersuchung
eingeschlossen werden. Die Teilnehmerinnen melden sich aktuell an klinischen Forschungsstandorten in Südafrika, Malawi, Sambia und Simbabwe an. In Mosambik steht die Zulassung für die Studie noch aus. Die Ergebnisse von IMBOKODO werden für das Jahr 2021 erwartet. B. S.
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Journal
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Effektiv therapieren unabhängig von Mutationsstatus (RAS, BRAF) und Tumorlokalisation*, 1 ZALTRAP® ist der erste Angiogenese-Hemmer, der VEGF-A, -B und PlGF blockiert und damit eine Antwort auf 1st-Line-Therapieinduziert steigende VEGF-A- und PlGF-Plasmaspiegel sein kann.2
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* Nach Oxaliplatin-Vortherapie. 1. Wirapati, P., et al. VELOUR trial biomarkers update: Impact of RAS, BRAF, and sidedness on aflibercept activity. J Clin Oncol 35, 2017 (suppl; abstr 3538). ASCO (2017). 2. Tabernero, J., et al. Placental growth factor and the angiogenic environment based on analysis of baseline plasma biomarkers from the VELOUR trial. J Clin Oncol 35, 2017 (suppl 4S, abstract 592), ASCO GI (2017). ZALTRAP® 25 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Wirkst.: Aflibercept. Sonst. Bestandteile: Sucrose, Natriumchlorid, Natriumcitrat, Citronensäure-Monohydrat, Polysorbat 20, Dinatriumhydrogenphos. 7 H2O, Natriumdihydrogenphos. 1 H2O, Natriumhydr. und/oder HCl (zur pH-Anpassung), Wasser für Injektionszw. Anw.-geb.: In Komb. m. e. Chemother. best. aus Irinotecan/5-Fluorouracil/Folinsäure (FOLFIRI) b. Erw. m. metastas. kolorekt. Ca., das unter od. nach e. Oxiplatin-halt. Regime fortgeschr. ist. Gegenanz.: Überempfindl. gg. Aflibercept od. e. d. sonst. Bestandt., Anw. am Auge, intravitreale Anw. Warnhinw. u. Vorsichtsm.: Cave erhöht. Blutungsrisiko, Pat. auf Anz. v. GIT u. and. schweren Blutg. überw. Kontr. d. gr. Blutbildes z. Beg. u. vor jed. Zyklus empf., b. Thrombozytopenie ≤ 75 × 109/l Verabr. aufschieben. GIT Perforation (auch letal) u. Fistelbildg. wurden beobachtet, b. Auftr. Behandl. abbrechen. Erhöht. Risiko f. Hypertonie Grad 3–4, vorbest., Hypertonie vor Ther.-beg. ausreich. kontrollieren, engmasch. Kontr. d. RR, b. Auftr. v. schwerer Hypertonie, hypertens. Krise od. Enzephalopathie Behandl. absetzen! Pat. mit kongestivem Herzversagen, NYHA-Klasse III/IV, dürfen nicht behand. werden. Herzinsuff. bis hin z. Herzvers. u. vermind. Auswurffraktion beobachtet. B. Auftreten Ther. abbrechen. V. Beginn u. i. regelmäß. Abständen i. Verlauf d. Therap. Beurteil. linksventrikul. Funktion in Betracht ziehen. ATE (einschl. TIA, Schlaganf., Ang. pect., intrakard. Thrombus, MI, art. Embolie u. ischäm. Kolitis) wurden beobachtet, b. Auftr. Behandl. abbrechen. VTE (inkl. TVT u. Lungenembolie) wurde beobachtet, bei lebensbedrohl. Ereign. Therapie absetzen, b. TVT 3° m. Antikoagul. behand., b. Wiederauftr. Ther. m. Aflibercept abbrech. Schwere Proteinurien, nephrotisches Syndrom und thrombotische Mikroangiopathie (TMA) beobachtet. Vor. Anw. beobachten, b. Werten ≥ 2 g/24 h Behandl. unterbr. u. erst b. Werten < 2 g/24 h wiederaufn., Ds. auf 2 mg/kg reduz., b Entwickl. v. nephrot. Syndr./TMA Behandl. abbr. Neutropenie u. entspr. Komplik. wurd. beobachtet, v. Behandl.-beg. u. vor jed. Zyklus Kontr. gr. BB einschl. Diff.-BB empf., Behandl. aufschieb., bis Neutrophilenzahl ≥ 1,5 × 109/l, b. Pat. m. erhöht. Risiko f. neutropen. Komplik. Gabe v. G-CSF erwäg. B. Durchfall u. Dehydratat. entspr. Behandl. einleit., ggf. Dosisredukt. B. Auftr. v. schwerwieg. Überempf.-reakt. (Bronchospasmus, Dyspnoe, Angioödem, Anaphylaxie) AM absetzen u. entspr. Therapie einleit., b. leicht. bis mittelschw. Reakt. (Hitzewallg., Ausschlag, Urtikaria, Juckreiz) Gabe vorübergeh. absetz. bis Besserg., ggf. Vorbeh. m. Corticosteroid./ Antihistaminika erwäg. Event. Wundheilungsstörg., AM mind. 4 Wo. vor gepl. OP absetz. Neubeg. mind. 4 Wo. nach größ. OP u. nach vollst. Wundheilg. Fälle v. Osteonekrosen d. Kieferknochens bericht. In Zusammenh. mit einer vorausgehenden od. begleitenden Behandlg. mit intravenös angewendeten Bisphosphonaten invasive zahnmed. Eingriffe vermeiden. Bei Auftr. v. PRES AM absetz. Pat. > 65 J.: erhöht. Risiko f. Durchfall, Schwindel, Asthenie, Gewichtsverlust, Dehydratation, engmasch. Überw. empf. b. Pat. m. ECOG-Performancestat. ≥ 2 od. erhebl. Komorbidit. höh. Risiko f. schlechteres Behandl.-ergebn., engmsch. überw. Fertilität, Schwangersch. u. Stillz.: Strenge Nutzen-Risiko-Abw., Gefährdung d. Fötus mögl.! Vor, währ. d. Behandl. u. bis 6 Mo. nach letzter Gabe zuverläss. Verhütungsmethode anw.! Keine Daten z. Gabe währ. d. Stillzeit, sorgf. Nutzen-Risiko-Abwäg. empfohlen. Mögl. Beeinträchtig. d. Fertitlität. Nebenw.: Infekt. u. parasit. Erkr.: Sehr häufig Infektion. Häufig neutropen. Infekt./Sepsis, Harnwegsinfekt., Nasopharyngitis. Gelegentl. Harnwegsinf. Blut u. Lymphsyst.: Sehr häufig Leuko-, Neutro-, Thrombozytopenie. Häufig febrile Neutropenie. Immunsyst.: Häufig Überempfindlichk. Stoffw. u. Ernährg.: Sehr häufig vermind. Appetit, Gewichtsverlust. Häufig Dehydratation. Herz: Gelegentl. Herzinsuff. b. hin z. Herzvers. Selten Auswurffraktion vermind. Nerven: Sehr häufig Kopfschm. Gelegentl. PRES. Gefäße: Sehr häufig Hypertonie, Blutg. Häufig arterielle od. venöse Thromboembolie. Atemw., Brustr., Mediast.: Sehr häufig Dyspnoe, Epistaxis, Dysphonie. Häufig Schm. i. Oropharynx, Rinorrhö. GIT: Sehr häufig Durchf., Stomatitis, Abdominalschm., Schm. i. Oberbauch. Häufig Rektalblutg., Fistel, Stomatitis aphtosa, Hämorrhoiden, Proktalgie, Zahnschm. Gelegentl. GI Perforation. Leber u. Galle: Sehr häufig erhöht. AST, ALT. Haut u. Unterhautzellgew.: Sehr häufig palmoplantares Erythrodysästhesiesyndrom. Häufig Hauthyperpigmentierg. Gelegentl. gestörte Wundheilg. Nieren u. Harnw.: Sehr häufig Proteinurie, erhöht. Serumkreatinin. Gelegentl. nephrot. Syndrom, thrombot. Mikroangiopath. Allg.: Sehr häufig Schwächezust. Verschreibungspflichtig. Zulassungsinhaber: sanofi-aventis groupe, 54, rue La Boétie, 75008 Paris, Frankreich. Deutscher Vertreter: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, 65926 Frankfurt am Main. Stand: September 2017 (SADE.AFL.17.10.3172) 1801_ZAL_B – SADE.AFL.18.07.2053
Mit wegweisenden Therapien komplexen Erkrankungen begegnen.