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ISSN 1432-4334 JAHRGANG 26 HEFT 1 Februar 2017

FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE

JOURNAL OF PHARMACOLOGY AND THERAPY

Opioidinduzierte Obstipation – eine Therapie-immanente Komplikation der Schmerztherapie Natürlicher Schutz bei häufigen Blasenentzündungen Behandlung der schubförmig-remittierenden Multiplen Sklerose mit Teriflunomid und Alemtuzumab Morbus Parkinson: Safinamid bessert motorische Funktion, reduziert Schmerzen und erhöht die Lebensqualität Primär biliäre Cholangitis: Obeticholsäure gibt Patienten neue Hoffnung Secukinumab – der erste IL-17A-Inhibitor für die Therapie der Psoriasis-Arthritis und der ankylosierenden Spondylitis Liposomales Irinotecan – eine neue Perspektive für Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom Tofacitinib verbessert klinische Parameter und Alltagsfunktion bei Psoriasis-Arthritis Nivolumab jetzt auch für die Behandlung des klassischen Hodgkin-Lymphoms zugelassen Cabozantinib verbessert Gesamtüberleben von Patienten VERLAG mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom Brimica® Genuair® bei moderater bis schwerer COPD: Anhaltende Wirksamkeit, positiver Einfluss auf den Krankheitsverlauf

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EDITORIAL

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Salzkonsum: Menschen sind keine tote Materie „Steter Tropfen höhlt den Stein“ fasst ein wohlbekanntes Sprichwort eine wohlbekannte Tatsache in Worte. Tatsächlich lässt sich um uns herum beinahe regelhaft vorhersagen, wie Dinge des Alltags sich verändern. Für Autoreifen, Polstermöbel, Tastaturen und vieles mehr gilt, mathematisch formuliert, dass der Zustand mit der Nutzung korreliert. Von wenigen Ausnahmen wie z.B. Wasser abgesehen lässt sich auch das Verhalten von Substanzen unter definierten Einflussfaktoren zuverlässig vorhersagen. In Abhängigkeit von der Temperatur etwa dehnen sich die meisten Flüssigkeiten und Feststoffe aus bzw. verlieren an Länge und/oder Volumen. Die wohl bekannteste Form dieses Zusammenhangs ist die lineare Korrelation, andere Zusammenhänge lassen sich meist durch Wahl eines geeigneten Verfahrens (Exponent, Logarithmus etc.) „linearisieren“. Für lebende Organismen, sog. „biologische Systeme“, scheint dies ebenfalls zu gelten. So ging ein gewisser Bombastus Theophrastus von Hohenheim, besser bekannt als Paracelsus, mit der Erkenntnis in die Medizingeschichte ein, die Dosis mache das Gift (dosis facit venenum). Für eine „der längsten, ätzendsten und unwirklichsten Auseinandersetzungen in der Medizin überhaupt“ ist genau dies die logische Basis [1]. Epidemiologische Studien, allen voran die legendäre Intersalt-Studie, werden nach dem „Tropfen-Stein-Prinzip“ als Beleg für einen linearen Zusammenhang zwischen dem täglichen Kochsalzkonsum und dem Blutdruck angeführt. Aus der Beobachtung, dass

höhere tägliche NaCl-Aufnahmen (dosisabhängig) mit höheren Blutdrücken korrelieren, wird vehement eine Minimierung des Kochsalzkonsums für alle gefordert, notfalls durch strikte Gesetze. Selbst in Cochrane-Reviews und WHO-Empfehlungen haben diese Schlussfolgerungen Eingang gefunden, ganz zu schweigen von kardiologischen und anderen internistischen Leitlinien weltweit. Doch so einfach ist die Sache ganz offensichtlich nicht. Anders als bei betropften Steinen wirkt auf den menschlichen Organismus (und den Blutdruck) nicht nur Kochsalz als einziger möglicher Wirkfaktor ein, es wirken unzählige weitere, bekannte und unbekannte, messtechnisch einfach wie de facto nicht erfassbare. Wissenschaftsmethodisch werden unbekannte Einflussfaktoren als „Confounder“ bezeichnet, sie lassen sich auch nicht herausrechnen. Deshalb und nur deshalb sind klinische Studien zur Wirksamkeit von Interventionen so aufwendig und teuer, ist der methodisch valide Vergleich mit einer zuverlässig strukturgleichen Kontrollgruppe (mithin eine Randomisierung und z.B. Verblindung) conditio sine qua non. Nur deshalb kommt in Cochrane-Reviews eine spezielle Checkliste, das sog. „risk of bias tool“ obligat zum Einsatz, um die Kausalität der Beziehung zwischen Intervention und gemessenen Veränderungen sicherzustellen (oder ggf. die Validität der Ergebnisse infrage zu stellen). Jetzt scheint Bewegung in die festgefahrene Salzdebatte zu kommen. Im Jahr 2014 wurden im New England Journal of Medicine

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Prof. Dr. med. K.-L. Resch, Bad Elster

die Ergebnisse der PURE-Studie veröffentlicht [2]. Daten von über 150.000 Teilnehmern aus 18 Ländern legten nahe, dass sowohl hoher Salzkonsum (mehr als 5 g Natrium pro Tag, entsprechend etwa 12,5 g Kochsalz) als auch niedriger Salzkonsum (weniger als 3 g Natrium, entsprechend etwa 7,5 g Kochsalz) mit einer Zunahme des Risikos assoziiert sein könnte. „J-shaped curve“ heißt diese Art der Korrelation, die unter dem Begriff „Hormesis“ schon lange ein wissenschaftlich wenig beachtetes Dasein fristet. So scheinen aktuelle Analysen zur Krebsmortalität von Überlebenden der Atombombenangriffe gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nicht das Dogma des linearen Zusammenhangs zu bestätigen, sondern den des hormetischen Modells [3]. Dabei ist das Prinzip Hormesis in lebenden Systemen, die – anders als der oben beschriebene betropfte Stein – zur Gegenreaktion in der Lage sind, allgegenwärtig: Blut© VERLAG PERFUSION GMBH


INHALT

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druck, Body-Mass-Index und fast alle biologischen Variablen kennen eben ein Zuviel und ein Zuwenig – und einen mittleren, ausgeglichenen Zustand. Genau das ist Titel und Tenor eines vor Kurzem im Lancet erschienenen Editorials [4], in dem vor dem Hintergrund einer im selben Heft publizierten Metaanalyse, die auch für Salz das Prinzip Hormesis beschreibt [5], gefordert wird, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung sich darauf konzentrieren muss, dass die Vorteile einer „wenig Salz für alle“-Strategie tatsächlich den möglichen Schaden aufwiegen. Das und nichts anderes habe ich u.a. schon im Jahr 2009 bei einer Anhörung im Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin gefordert und bin deshalb wiederholt heftig und unsachlich kritisiert worden [vgl. 6]. Schön, dass treue Leser dieses Journals schon vor Jahren lesen konnten [7, 8], was heute „Stand des Wissens“ ist ... Karl-Ludwig Resch, Bad Elster Quellen 1 T aubes G. The (political) science of salt. Science 1998;281:898 2 O’Donnell M , Mente A, Rangarajan S et al. Urinary sodium and potassium excretion, mortality, and cardiovascular events. N Engl J Med 2014;371:612-623 3 Doss M. Linear no-threshold model vs. radiation hormesis. Dose-response. 2013;11:495-512 4 O‘Brian E. Salt – too much or too little? Lancet 2016;388:439-440 5 Mente A, O‘Donnell M, Rangarajan S et al. Associations of urinary sodium excretion with cardiovascular events in individuals with and without hypertension: a pooled analysis of data from four studies. Lancet 2016;388:465-475 6 Albrecht H. Böses Salz. DIE ZEIT 24.6.2010 (http://www.zeit.de/2010/26/M-Bluthochdruck-Salz/komplettansicht) 7 Resch KL. Feindbild Kochsalz: Evidenz oder moderner Glaubenskrieg? J Pharmakol Ther 2008;17:71-77 8 Resch KL. Kochsalz als Lebenswandels-Indikator? J Pharmakol Ther 2011; 20;145-146

ÜBERSICHTSARBEIT Opioidinduzierte Obstipation – eine Therapie-immanente Komplikation der Schmerztherapie 3 Brigitte Söllner

AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS Natürlicher Schutz bei häufigen Blasenentzündungen

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Behandlung der schubförmig-remittierenden Multiplen Sklerose mit Teriflunomid und Alemtuzumab

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Morbus Parkinson: Safinamid bessert motorische Funktion, reduziert Schmerzen und erhöht die Lebensqualität 10 Primär biliäre Cholangitis: Obeticholsäure gibt Patienten neue Hoffnung

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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL Secukinumab – der erste IL-17A-Inhibitor für die Therapie der Psoriasis-Arthritis und der ankylosierenden Spondylitis 14 Liposomales Irinotecan – eine neue Perspektive für Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom

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Tofacitinib verbessert klinische Parameter und Alltagsfunktion bei Psoriasis-Arthritis

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Nivolumab jetzt auch für die Behandlung des klassischen Hodgkin-Lymphoms zugelassen

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Cabozantinib verbessert Gesamtüberleben von Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom

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Brimica® Genuair® bei moderater bis schwerer COPD: Anhaltende Wirksamkeit, positiver Einfluss auf den Krankheitsverlauf 27

RUBRIKEN Wissenswertes 6, 17, 20, 22, 26, 28, 35 Kongresse 29

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ÜBERSICHTSARBEIT

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n der Therapie chronischer Schmerzen kommt Opioiden eine zentrale Rolle zu: Mit 77 % wird in Deutschland der Großteil verschriebener Opioide überwiegend zur Behandlung des Nichttumorschmerzes eingesetzt [1, 2]. Zwischen den Jahren 2000 und 2010 konnte eine Zunahme der Opioid-Verordnungen beobachtet werden, mit der vermutlich auch ein Anstieg von Morbidität und Kosten verbunden ist [3]. Denn Opioide vermitteln über die Bindung an µ-Opioid-Rezeptoren nicht nur die gewünschte Schmerzlinderung im Zentralnervensystem, sondern beeinträchtigen in der Peripherie auch gastrointestinale Funktionen [4]. Die häufigste Nebenwirkung ist die opioidinduzierte Obstipation (opioid-induced constipation, OIC) [5]. Ursachen der OIC und ihre Folgen

Die OIC beruht auf zwei wesentlichen Mechanismen: der Hemmung des peristaltischen Reflexes und der Hemmung der gastrointestinalen Sekretion [5]. Durch Bindung an die µ-Opioid-Rezeptoren der Nervenzellen des enterischen Nervensystems hemmen Opioide die Magenentleerung und die propulsive Motorik. Sie verlangsamen den intestinalen Transit und steigern den Ruhetonus von Magenpförtner und Schließmuskel. Durch die längere Verweildauer des Darminhalts wird die Flüssigkeitsresorption begünstigt; zugleich werden sekretorische Reflexe blockiert. Die Folge: Der Darminhalt verliert an Geschmeidigkeit. Beim Patienten äußert sich die OIC in typischen Symptomen einer Obstipation, wie seltenem und meist hartem Stuhlgang, der Notwendigkeit des starken Pressens

Opioidinduzierte Obstipation – eine Therapie-immanente Komplikation der Schmerztherapie Brigitte Söllner, Erlangen

sowie mühevoller, oft inkompletter Stuhlentleerung. Begleitend können Völlegefühl, Bauchdruck und -schmerzen sowie Blähungen auftreten, aber auch schmerzhafte Spasmen oder Koliken (Abb. 1) [7]. Zu möglichen asymptomatischen Kennzeichen gehören beispielsweise Übelkeit und Erbrechen oder Anorexie. Unbehandelt kann eine OIC die Gesamtlast der Erkrankung bei Schmerzpatienten unter Opioid-Therapie massiv erhöhen [6]. Sie kann jederzeit nach Einleitung einer Opioid-Behandlung und bereits bei niedrigen Opioid-Dosierungen auftreten

und ist unabhängig von der Applikationsform [8, 9]. Im Gegensatz zu anderen durch Opioide verursachten Nebenwirkungen besteht sie meistens über die gesamte Dauer einer Opioid-Therapie hinweg. Die Lebensqualität bei Patienten mit OIC ist erheblich verringert: Unbehandelt kann die OIC die Gesamtlast der Schmerzerkrankung unter Opioid-Therapie erhöhen [6]. Sie beeinträchtigt die Arbeitskraft der Patienten, verursacht körperliche Leiden und psychologischen Stress und kann Betroffene in die soziale Isolation treiben [9].

Abbildung 1: Die Opioid-induzierte Obstipation (OIC) ist ein komplexes Krankheitsbild mit einer Vielzahl von gastrointestinalen Symptomen [7].

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ÜBERSICHTSARBEIT

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Prävalenz und Diagnose der OIC

Die Prävalenz der OIC wird auf 60–90 % bei Tumorpatienten und 40–60  % bei Schmerzpatienten ohne Krebshintergrund geschätzt [10, 11]. Doch trotz der zum Teil äußerst belastenden Beschwerden bringen Patienten ihre Probleme mit dem Stuhlgang nicht unbedingt beim Arzt zur Sprache und Ärzte fragen sie nicht routinemäßig ab [12]. Das Auftreten einer Obstipation während einer Opioid-Therapie sollte frühzeitig erfasst werden. Ein einfaches Instrument mit validem Schwellenwert für eine klinisch signifikante Obstipation ist der Bowel Function Index (BFI). Er erfasst mittels einer numerischen Analogskala aus Patientensicht die Leichtigkeit der Defäkation (0 = einfach, 100 = mit größter Schwierigkeit), das Gefühl der inkompletten Entleerung (0 = überhaupt nicht, 100 = sehr stark) und die persönliche Einschätzung der Obstipation (0 = überhaupt nicht, 100 = sehr stark). Ein Wert ≤28,8 gilt als normaler Stuhlgang [13]. Unzufriedenheit mit der Therapie beeinträchtigt Compliance

Nach den aktuellen Leitlinien und Empfehlungen fällt die OIC trotz unterschiedlicher Pathogenese unter die gleichen Therapieschemata wie eine herkömmliche Obstipation und wird entsprechend traditionell behandelt [14]. Zur Anwendung kommen Laxanzien wie zum Beispiel Stuhlerweicher, Stimulanzien und osmotisch wirkende Abführmittel [15]. Erstmaßnahmen sind bei OIC kaum hilfreich: Flüssigkeit kann im motorisch blockierten Darm nichts ausrichten und Ballaststoffe können durch Expansion des Stuhlvolumens

die Beschwerden noch verstärken [16]. Osmotische Quellstoffe bzw. Stimulanzien können zwar das Stuhlvolumen erhöhen, stoßen aber nicht den peristaltischen Reflex an [7]. Patienten mit OIC zeigen ein geringes Ansprechen auf Laxanzien, da diese nicht ursächlich, das heißt an den µ-Opioid-Rezeptoren im Gastrointestinaltrakt wirken [9]. Eine Linderung der Beschwerden bleibt häufig aus: Die OICSymptome persistieren unter einer Laxanzien-Therapie bei mehr als der Hälfte der Patienten [17]. Etwa 70 % der OIC-Patienten berichten über einen geringen oder keinen Nutzen von Laxanzien; etwa 44 % sind mit ihrer OIC-Therapie nicht zufrieden [7]. Jeder vierte mit Laxanzien versorgte OIC-Patient versucht, durch Dosisreduktion, seltenere Einnahme oder Absetzen des Opioids die Obstipation zu mildern – nicht selten trotz schwerer Schmerzen [9, 17]. 30 % der von OIC Betroffenen beenden die Einnahme des Opioids und nehmen damit die bestehenden Schmerzen in Kauf [16]. Sie erscheinen erträglicher als die Nebenwirkungen einer Opioid-Behandlung [18]. Kausale Therapie mit PAMORA

Hilfe in dieser Situation bieten Medikamente mit einem kausalen Wirkmechanismus, die sog. PAMORA (peripherally acting µ-opioid receptor antagonists). Diese Opioid-Rezeptor-Antagonisten binden an die µ-OpioidRezeptoren in der Peripherie und hemmen auf diese Weise die obstipierende Wirkung der Opioide im Darm. Da sie die Blut-HirnSchranke aber nicht in klinisch relevantem Ausmaß überwinden,

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wird die gewünschte analgetische Wirkung der Opioide im Zentralnervensystem (ZNS) nicht beeinträchtigt [19]. In Deutschland zugelassen sind folgende PAMORA: • Methylnaltrexon, das weder durch die Blut-Hirn-Schranke gelangt noch aus dem Darm aufgenommen wird und daher täglich oder jeden zweiten Tag subkutan zu verabreichen ist • Naloxegol, ein pegyliertes Derivat des µ-Opioid-RezeptorAntagonisten Naloxon, das oral verfügbar ist , jedoch die BlutHirn-Schranke nur in minimalem Umfang passiert. Vorteile von Naloxegol

Den Anforderungen an ein ideales PAMORA kommt das oral verfügbare Naloxegol (Moventig®) am nächsten. Es wirkt peripher auf die µ-Opioid-Rezeptoren im Gastrointestinaltrakt und zielt damit direkt auf die periphere µ-OpioidRezeptor-Aktivierung durch Opioide und die daraus resultierende Hemmung der Darmmotorik und -sekretion ab [20]. Durch die Pegylierung zeigt Naloxegol eine verminderte Membrangängigkeit. Es ist Substrat des Efflux-Transporters P-Glycoprotein (P-Gp), wodurch die Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke für Naloxegol im Vergleich zu Naloxon stark vermindert ist, da es umgehend zurückgeschleust wird [21]. Moventig® ist der erste in Europa zugelassene PAMORA zur einmal täglichen oralen Gabe. Indiziert ist es zur Behandlung der OIC bei erwachsenen Patienten, die unzureichend auf ein oder mehrere Laxanzien angesprochen haben. Die Wirksamkeit von Naloxegol wurde in zwei doppelblinden, © VERLAG PERFUSION GMBH


ÜBERSICHTSARBEIT

Ansprechen über 12 Wochen definiert als ≥ 3 SBMs/Woche und: ≥ 1 SBM/Woche Steigerung im Vergleich zur Baseline in ≥ 3 der letzten 4 Wochen

Abbildung 2: Ergebnis für den primären Wirksamkeitsendpunkt der KODIAC-Studien [22, 23]. Bei den meisten LIR-Patienten konnte Naloxegol die OIC am ersten Tag lösen (sekundärer Endpunkt)

Abbildung 3: 67 % der Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf Laxanzien (LIR) unter Naloxegol 25 mg vs. 36 % unter Placebo hatten innerhalb eines Tages nach der ersten Dosis einen spontanen Stuhlgang (SBM) [22].

placebokontrollierten Phase-IIIStudien mit gleichem Studiendesign (KODIAC 4 und KODIAC 5) bei Patienten mit OIC und nicht krebsbedingten Schmerzen nachgewiesen [22, 23]. In die Studien eingeschlossen wurden Patienten mit aktiver OIC, d.h. weniger als 3 spontanen Darmentleerungen pro Woche mit einem oder mehreren der folgenden Symptome: harter oder stückiger Stuhl, Pressen oder ein Gefühl unvollständiger Entleerung oder anorektaler Ob­ struktion bei mindestens 25 % der Darmentleerungen während der 4

Wochen vor dem Screening. Alle Patienten hatten für 4 Wochen oder länger ein orales Opioid gegen nicht krebsbedingte Schmerzen erhalten (entsprechend 30–1000 mg Morphin). Sie erhielten entweder 25  mg Naloxegol, 12,5  mg Naloxegol (bei mittelschwerer bis schwerer Niereninsuffizienz) oder Placebo einmal täglich für 12 Wochen. Dabei wurde sichergestellt, dass mindestens die Hälfte der Patienten in einem Behandlungsarm inadäquate Responder auf Laxanzien (LIR) waren. Als LIR wurden Patienten eingestuft, die in den

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beiden Wochen vor der ersten Studienuntersuchung über andauernde OIC-Symptome von mindestens mittelschwerer Intensität berichtet haben, die trotz der Einnahme von mindestens einer LaxanzienKlasse an mindestens 4 Tagen auftraten. Als primärer Endpunkt beider Studien wurde die Normalisierung der Stuhlfrequenz, definiert als mindestens 3 spontane Stuhlentleerungen (SBM) pro Woche plus ≥1 SBM/Woche Steigerung im Vergleich zur Baseline in ≥3 der letzten 4 Wochen, herangezogen. Er wurde von 42 % der mit Nalo­xegol behandelten Patienten gegenüber 29 % unter Placebo-Therapie erreicht (Abb. 2) [22]. Die Wirksamkeit der Behandlung mit Naloxegol zeigte sich vor allem daran, dass in den beiden Zulassungsstudien die opioidinduzierte Obstipation bei den meisten Patienten schon am ersten Tag behoben werden konnte: 67 % der OIC-Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf Laxanzien hatten unter 25 mg Naloxegol innerhalb eines Tages einen spontanen Stuhlgang im Vergleich zu 36 %, die Placebo erhielten; nach der ersten Einnahme von Nalo­ xegol lag die mediane Zeit bis zum ersten Stuhlgang bei 7,6 Stunden, unter Placebo bei 41,1 Stunden (Abb. 3) [22]. Insbesondere Patienten, die trotz Einnahme mindestens eines Laxans über andauernde OIC-Symptome von mindestens mittelschwerer Intensität berichteten, profitierten von der Behandlung: Der mediane Zeitraum bis zur ersten spontanen Darmentleerung war unter Naloxegol signifikant kürzer als unter Placebo: 5,9 versus 35,8 Stunden in KODIAC 4 und 12,0 versus 37,2 Stunden in KODIAC 5 (jeweils p < 0,001) [22, 23]. © VERLAG PERFUSION GMBH


ÜBERSICHTSARBEIT / WISSENSWERTES

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Naloxegol war in der Dosis 25 mg bis zu 52 Wochen im Allgemeinen sicher und wurde gut vertragen. Die häufigsten Nebenwirkungen unter Naloxegol sind gastrointestinaler Art wie zum Beispiel Bauchschmerzen, Diarrhö, Übelkeit und Erbrechen. Dabei können bei Anwendung von Naloxegol auftretende Bauchschmerzen ein Zeichen für die Wirksamkeit der Therapie sein; sie klingen in der Regel nach ein paar Tagen wieder ab [21]. Fazit für die Praxis

Naloxegol (Moventig®) kommt mit seinem pharmakologischen Profil den Ansprüchen an einen idealen PAMORA am nächsten: Es verbessert die OIC auch bei Unwirksamkeit klassischer Laxanzien, es erreicht zentrale Opioid-Rezeptoren

Schnelle Analgesie bei Durchbruchschmerz Bei Patienten mit malignen Erkrankungen sind Tumordurchbruchschmerzen (TDBS) ein häufig auftretendes Symptom, das ihre Lebensqualität deutlich einschränkt. Mit der Entwicklung moderner, schnell wirksamer Formulierungen des Opioids Fentanyl wie zum Beispiel Abstral® und PecFent® kann die Akutbehandlung der TDBS optimiert und patientenindividuell gestaltet werden. Orale und nasale Applikation

In der Behandlung von Tumorschmerzen ist es wichtig, nicht nur basal für eine wirksame Schmerz-

nicht und schmälert daher weder die analgetische Opioid-Wirkung noch löst es Entzugserscheinungen aus. Dabei ist Moventig® generell gut verträglich und oral verfügbar, was den positiven Einfluss auf die Compliance unterstützt. Brigitte Söllner, Erlangen

1 Häuser W et al. Dt Ärzteblatt 2014;111: 732-740 2 Schubert I et al. Dt Ärzteblatt 2013;110: 45-51 3 Sommers T et al. Am J Gastroenterol 2015;110:572-579 4 Benyamin R et al. Pain Physician 2008; 11:S105-120 5 Andresen V, Wedel T. Arzneimittelverordnung in der Praxis 2016;43:21-29 6 Bell TJ et al. Pain Med 2009;10:35-42

7 Coyne KS et al. Clinicoecon Outcomes Res 2014;6:269-281 8 Nelson AD, Camilleri M. Ther Adv Chronic Dis 2016;7:121-134 9 Lawson R et al. Adv Ther 2016;33:13311346 10 Bruner HC et al. J Pain Res 2015;8:289294 11 Sykes NP. Palliat Med 1998;12:375-382 12 Chang JY et al. Neurogastroenterol Motil 2007;19:905-911 13 Argoff CE et al. Pain Medicine 2015; 16:2324-2337 14 Petersen K-U. Verdauungskrankheiten 2016;34:244-257 15 Becker G, Blum HE. Lancet 2009;373: 1198-1206 16 Kumar L et al. Gastroenterol Res Pract 2014;2014:141737 17 Coyne KS et al. Front Oncol 2016;6:131 18 Schmier J et al. Value Health 2001;4:152 19 Gonenne J et al. Clin Gastroenterol Hepatol 2005;3:784-791 20 Andresen V, Wedel T. Arzneimittelverordnung in der Praxis 2016;43:21-29 21 Fachinformation Moventig®, Stand: 30.09. 2016 22 Chey WD et al. New Engl J Med 2014; 370:2387-2396 23 Tack J et al. United European Gastroenterol J 2015;3:471-480

linderung zu sorgen, sondern auch Durchbruchschmerzepisoden analgetisch komplett abzudecken. Als schnell wirksames Opioid verfügt Fentanyl in der Behandlung kürzerer Schmerzattacken über ein vorteilhaftes pharmakologisches Profil, ist enteral aber nur mäßig bioverfügbar. Entscheidende Verbesserungen bieten Applikationsformen zur oral transmukosalen und nasalen Gabe. Zum Beispiel ermöglicht die moderne Freisetzungstechnologie der FentanylSublingualtablette Abstral® ein unmittelbares Auflösen und eine signifikante Schmerzlinderung innerhalb von 10 Minuten nach Einnahme. Das orale Fentanyl überzeugt zudem durch seine optimale Wirkdauer: Ein Hangover wird nicht beobachtet.

Wenn die orale Therapie erschwert ist, wie zum Beispiel aufgrund von Schluckproblemen oder Mukositis, bietet die nasale Applikation mit dem Fentanyl-Nasenspray PecFent® eine Alternative: Es verfügt über eine pektinhaltige Formulierung mit innovativer Sprayzu-Gel-Technologie. Dadurch haftet der Wirkstoff gut an der Mukosa und optimiert im Zusammenhang mit der Pharmakokinetik die Wirkdauer des Analgetikums. So entsteht eine rasche, aber zugleich über die gesamte Schmerzepisode anhaltende Schmerzlinderung, ohne Notwendigkeit einer zusätzlichen Medikation – und für die Patienten mit TDBS ist die Anwendung einfach und zuverlässig wirksam. F. S.

Literatur

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

N

ahezu jede dritte Frau hat bereits mindestens eine akute Harnwegsinfektion in ihrem Leben erlitten. Bei jeder dritten betroffenen Frau tritt die Zystitis immer wieder auf. Wenn innerhalb von 12 Monaten mindestens 3 Blasenentzündungen bzw. innerhalb von 6 Monaten 2 Infektionen auftreten, spricht man von rezidivierenden Harnwegsinfekten. Die übliche Therapie und Rezidivprophylaxe bestehen in der Gabe von Antibiotika – mit dem Risiko der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen sowie mit dem Risiko von erheblichen Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen. Femannose® mit D-Mannose und Cranberry-Extrakt bietet eine natürliche Alternative zur Akutbehandlung und Prophylaxe rezidivierender Harnwegsinfektionen. Der große Vorteil ist, dass im Gegensatz zu einer Antibiotikatherapie keine Resistenzen der pathogenen Keime entstehen können. Verantwortlich hierfür ist der besondere physikalische Wirkmechanismus. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen zur üblichen Antibiotikatherapie reduziert. Natürliche Wirkung ohne Resistenzrisiko

Rund 9 von 10 Blasenentzündungen werden durch Escherichia coli verursacht. Die Oberfläche der Schleimhautzellen in der Blase besteht aus Zuckerstrukturen (= körpereigene D-Mannose), an denen sich E. coli anheften und so durch die Abwehrreaktion des Körpers die Entzündung verursachen. DMannose bindet auf physikalische Weise an die Fimbrien der Bakterien, sodass diese nicht mehr an die

Natürlicher Schutz bei häufigen Blasenentzündungen Schleimhautzellen im Urogenitaltrakt andocken und keine Entzündung auslösen können. Die Zucker­ Bakterien­ -Komplexe werden mit dem Urin ausgeschwemmt. Eine Resistenzentwicklung entsteht bei dieser Inaktivierung der Bakterien nicht. So wirksam wie ein Antibiotikum, aber besser verträglich

Eine randomisierte klinische Studie belegte, dass D-Mannose in der Rezidivprophylaxe von Harnwegsinfekten mindestens ebenso wirksam ist wie die Therapie mit dem Standardantibiotikum Nitrofurantoin und zudem besser verträglich [1]. Die Studie schloss insgesamt 308 Frauen mit akuter Zystitis ein, die wiederholt unter Harnwegsinfekten gelitten hatten. Alle Frauen erhielten zunächst für eine Woche das Antibiotikum Ciprofloxacin. Im Anschluss daran wurden sie in 3 Gruppen randomisiert. Eine Gruppe erhielt keine Rezidivprophylaxe. In den anderen beiden Gruppen nahmen die Studienteilnehmerinnen über einen Zeitraum von 6 Monaten entweder das Standardantibiotikum Nitrofurantoin (50 mg/d) ein oder D­Mannose (2 g/d in 200 ml Wasser). Nach 6 Monaten war bei insgesamt 98 Patientinnen ein Rezidiv der Harnwegsinfektion aufgetreten. In der Gruppe ohne Prophylaxe hatten rund 61 % der Frauen eine erneute Infektion, in der

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Nitrofurantoin­-Gruppe 20,4 % und in der D-­ Mannose­ -Gruppe nur 14,6 %. Damit war die Rezidivrate in beiden aktiven Prophylaxegruppen im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Prophylaxe signifikant reduziert: um 66 % mit dem Antibiotikum und um 76 % mit D-Mannose. Darüber hinaus war die Prophylaxe mit D-Mannose besser verträglich: Nur 8 Frauen in der D-Mannose-Gruppe, aber 29 in der Nitrofurantoin-Gruppe berichteten über Nebenwirkungen, am häufigsten in beiden Gruppen war Durchfall. Fazit für die Praxis

Der natürliche Zucker D-­Mannose wirkt zur Prophylaxe von Harnwegsinfekten ebenso gut wie das Antibiotikum Nitrofurantoin. In Femannose® ist D-Mannose mit 2  g optimal dosiert. Neben der überzeugenden Wirksamkeit sind die sehr gute Verträglichkeit und der fruchtige Geschmack weitere Argumente, die in der Therapie und Prophylaxe von Blasen- und Harnwegsinfekten für Femannose® sprechen. Zudem ist das Präparat natürlich, vegan, frei von Gluten, Laktose und Konservierungsmitteln. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur 1 Kranjcec B, Papeš D, Altarac S. et al. D-mannose powder for prophylaxis of recurrent urinary tract infections in women: a randomized clinical trial. World J Urol 2014;32:79-84

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

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B

ei der Multiplen Sklerose (MS) gilt es, frühzeitig die Krankheitsaktivität zurückzudrängen und langfristig Kontrolle über die Erkrankung zu gewinnen. Zwei Wirkstoffe, mit denen versucht werden kann, gezielt und effektiv in die Pathophysiologie der MS einzugreifen und für die eine lang anhaltende Wirksamkeit in Studien belegt werden konnte, sind Teriflunomid (Aubagio®) und Alemtuzumab (Lemtrada®). Sowohl Teriflunomid, das bei der milden bis moderaten Verlaufsform der RRMS bei erwachsenen Patienten angezeigt ist, wie auch Alemtuzumab, das zur Behandlung bei aktiver RRMS erwachsener Patienten zugelassen ist, greifen regulierend in das Krankheitsgeschehen ein. Beide Sub­ stanzen wirken dabei sowohl auf B- und als auch auf T-Lymphozyten, die an der Pathogenese der RRMS beteiligt sein können. Gezielt gegen B- und T-Zellen

Teriflunomid ist ein Immunmodulator mit entzündungshemmenden Eigenschaften. Der Wirkstoff inhibiert unter anderem reversibel und selektiv das Enzym DihydroorotatDehydrogenase (DHODH) der aktivierten B- und T-Zellen und reduziert so die Zahl aktivierter B- und T-Lymphozyten, die über die BlutHirn-Schranke in das zentrale Nervensystem migrieren können [1]. Der monoklonale Antikörper Alemtuzumab bindet selektiv an CD52, ein Protein, das in hoher Konzentration auf T- und B-Zellen exprimiert wird. Aus der Behandlung resultiert eine selektive Depletion zirkulierender T- und B-Zellen. Der Antikörper wird in 2 Behandlungsphasen (5 und 3 Infusionen an aufeinanderfol-

Behandlung der schubförmigremittierenden Multiplen Sklerose mit Teriflunomid und Alemtuzumab genden Tagen) im Abstand von einem Jahr verabreicht. Damit bietet Alemtuzumab die Chance einer Impulstherapie, die das Immunsystem quasi über eine Reprogrammierung wieder in Balance zu bringen vermag [2]. Der Wirkstoff ist innerhalb von etwa 30 Tagen nach der Behandlung im Serum in niedriger Konzentration oder überhaupt nicht mehr nachweisbar [3]. Lang anhaltende Wirksamkeit in Studien dokumentiert

Für Teriflunomid wie auch Alemtuzumab zeigen kontrollierte Studien eine umfassende und lang anhaltende klinische Wirksamkeit. So zeigte eine Subgruppenanalyse der gepoolten Daten der Teriflunomid-Zulassungsstudien TEMSO und TOWER eine Reduktion der Behinderungsprogression um 46 % (p = 0,004) im Vergleich zu Place-

bo bei Patienten mit aktiverer MS (mindestens 2 Schübe pro Jahr vor Studienbeginn) [4]. Aus der Phase-II-Studie liegen inzwischen Langzeitdaten bis zu 13 Jahre vor. Die Krankheitsaktivität, die anhand von MRT-Daten und klinischer Ergebnisse bestimmt wurde, blieb über diesen Zeitraum bei Teriflunomid-Patienten niedrig. Die mit der Teriflunomid-Behandlung assoziierte niedrige jährliche Schubrate und der stabile EDSSScore (Expanded Disability Status Scale) in der Phase-II-Verlängerungsstudie waren konsistent mit den Ergebnissen aus den Verlängerungen von TEMSO und TOWER [5]. Bei Alemtuzumab beeindrucken unter anderem die 10-Jahres-Daten der Phase II-Studie CAMMS223 [6] mit einer anhaltend niedrigen kumulativen jährlichen Schubrate von 0,08 (Abb. 1). Bei knapp

Teriflunomid Teriflunomid (Aubagio®) ist ein Immunmodulator mit entzündungshemmenden Eigenschaften. Der genaue Wirkmechanismus dieser Substanz ist zwar noch nicht vollständig geklärt, beruht aber möglicherweise unter anderem auf einer Senkung der Anzahl aktivierter Lymphozyten im zentralen Nervensystem (ZNS). Aubagio® 14 mg ist ein einmal täglich oral einzunehmendes Arzneimittel und in der EU für die Behandlung erwachsener Patienten mit schubförmig-remittierender Multipler Sklerose zugelassen.

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Jährliche Schubrate (kumulativ, ARR, 95% KI)

AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Follow-up (CAMMS223)

0,4

bei den Patienten über 2 Jahre signifikant um 30,6 % im 2. Jahr gegenüber Placebo [11].

Alemtuzumab 12 mg

0,3

Signifikant weniger Fatigue unter Teriflunomid

0,2 0,1 0 Jahr 0-2 0-3 0-4 0-5 0-6 0-7 0-8 0-9 0-10 Follow-up (n=60)

Abbildung 1: Die Langzeitdaten aus der CAMMS223-Studie zeigen eine über 10 Jahre anhaltend niedrige Schubrate unter Alemtuzumab. Dabei erhielten 33 % der Patienten lediglich die initialen 2 Behandlungsphasen [6] (Quelle: Genzyme GMBH).

60 % der Patienten blieb der EDSS über den gesamten Zeitraum im Vergleich zur Baseline stabil, bei 18,5  % resultierte sogar eine Verbesserung um mindestens einen Punkt [6]. Die Subgruppenanalyse der beiden Phase III-Zulassungsstudien CARE-MS I und CARE-MS II belegen die anhaltende klinische Wirksamkeit von Alemtuzumab über einen Beobachtungszeitraum von 5 Jahren, wobei die Mehrheit der Patienten keine zusätzliche Alemtuzumab-Gabe oder eine alternative MS-Therapie benötigte [7, 8]. Auch in der Subgruppenanalyse der CARE-MS-I-Studie (therapienaive Patienten) wurden eine Stabilisierung des EDSS (≤0,5 EDSS-Punkte) bei der Mehrzahl der Patienten (55,6 %) und sogar eine EDSS-Besserung von mindestens einem Punkt bei sogar 25,6 % der Patienten über 5 Jahre gesehen [7]. Normalisierung der Hirnatrophie bis in den normalen Bereich

Für eine Behandlung mit Teriflunomid sowie Alemtuzumab sprechen auch die Daten zur Reduktion der Hirnatrophierate. So verlangsamt

Alemtuzumab bei einer hochaktiven MS-Kohorte der CARE-MS I (therapienaive Patienten) signifikant den Gehirnvolumenverlust über 5 Jahre gegenüber Interferon beta-1a s.c. und näherte sich über 5 Jahre jenem von Gesunden an [7]. Eine Verlangsamung der Hirnatrophie wurde auch für Teriflunomid belegt. Dabei handelt es sich um einen relevanten Therapieeffekt, da der Hirnvolumenverlust mit einer Krankheitsprogression und mit kognitiven Beeinträchtigungen assoziiert ist [9, 10]. In der TEMSOStudie verminderte Teriflunomid den jährlichen Hirnvolumenverlust

Die umfassende klinische Wirksamkeit von Teriflunomid zeigt sich auch in positiven Effekten auf die Fatigue. Diese ist ein bei mehr als 80 % der Patienten auftretendes und damit weit verbreitetes Symptom bei der MS, das die Lebensqualität erheblich einschränkt. Mehr als jeder dritte Patient bezeichnet die Fatigue als das am stärksten belastende Symptom der MS [12]. Nach den Ergebnissen der TOWERStudie bessert sich die Fatigue, gemessen mit der Fatigue Impact Scale (FIS), signifikant bei Behandlung mit Teriflunomid im Vergleich zu Placebo (p = 0,0429) [13]. Konsistentes Verträglichkeitsund Sicherheitsprofil

Die Langzeitstudien zu Teriflunomid wie auch zu Alemtuzumab

Alemtuzumab Alemtuzumab (Lemtrada®) ist ein monoklonaler Antikörper, der selektiv an CD52 bindet, ein Protein, das auf T- und B-Zellen in großer Menge vorkommt. Die Behandlung mit Alemtuzumab führt zu einer Depletion zirkulierender T- und B-Zellen, von denen man annimmt, dass sie für den schädigenden Entzündungsprozess bei MS verantwortlich sind. Alemtuzumab hat nur minimale Auswirkungen auf andere Immunzellen. Auf die akute anti-inflammatorische Wirkung von Alemtuzumab folgt sofort eine in charakteristischem Muster ablaufende, anhaltende T- und B-Zell-Repopulation. Auf diese Weise kommt es zu einer Reorganisation im Immunsystem, wodurch die MS-Krankheitsaktivität reduziert werden kann. Lemtrada® ist in der EU indiziert für die Behandlung von Erwachsenen mit schubförmig-remittierender MS mit aktiver Erkrankung, definiert durch klinischen Befund oder Bildgebung.

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

belegen nicht nur eine gute und anhaltende Wirksamkeit der beiden Medikamente, sondern auch deren konsistentes Sicherheitsprofil. So traten in den Studien keine neuen oder unerwarteten Nebenwirkungen auf. Häufigste Nebenwirkungen unter Teriflunomid sind eine leichte Erhöhung der Leberwerte, eine meist reversibel verminderte Haardichte sowie Kopfschmerzen, Übelkeit und Diarrhöen [1]. Unter Alemtuzumab kann es zu infusionsassoziierten Reaktionen kommen sowie zu einer etwas erhöhten Infektionsrate und dem Auftreten von sekundären Autoimmunreaktionen wie Schilddrüsen­ erkrankungen, einer thrombozytopenischen Purpura (ITP) und Nephropathien. Die Nebenwirkungen sind bei entsprechend frühzeitiger Diagnose gut zu behandeln [3]. Fabian Sandner, Nürnberg Literatur

1 Fachinformation Aubagio®, Stand Oktober 2015 2 Hartung et al. Mult Scler J 2015;21:22-34 3 Fachinformation Lemtrada®, Stand Juni 2016 4 Kappos L et al. Mult Scler J 2013;19 (S1):74-558, P618 5 Kremenchutzky M et al., AAN 2016, Vancouver, BC, Canada, P3-027, http://www. abstractsonline.com/pp8/#!/4046/presentation/9726 6 Coles A et al., AAN 2016, Vancouver, Canada, P3.053, http://www.abstractsonline. com/pp8/#!/4046/presentation/7711 7 Krieger J et al., AAN 2016, Vancouver S51.005, Canada, S51.005, 8 h t t p : / / w w w. a b s t r a c t s o n l i n e . c o m / pp8/#!/4046/presentation/7387 9 Singer B et al. AAN 2016, Vancouver, Canada, P6.164, http://www.abstractsonline. com/pp8/#!/4046/presentation/5717 10 Popescu V et al. J Neurol Neurosurg Psychiat 2013;84:1082-1091 11 Zivadinov R et al., J Neurol Neurosurg Psychiat 2001;70:773-780 12 Radue EW et al., AAN 2016, Vancouver, BC, Canada, P3-089, http://www.abstractsonline.com/pp8/#!/4046/presentation/6097 13 Tedeschi G et al., J Neurol Sci 2007;263: 15-19 14 Confavreux C et al., Lancet Neurol 2014; 13:247-256

Morbus Parkinson: Safinamid bessert motorische Funktion, reduziert Schmerzen und erhöht die Lebensqualität

M

it dem seit eineinhalb Jahren verfügbaren dual wirksamen Wirkstoff Safinamid (Xadago®) ist das Management von motorischen und nicht motorischen Komplikationen, die unter der Langzeitbehandlung der Parkinson-Krankheit mit Levodopa auftreten, einfacher geworden. Durch eine selektive reversible Hemmung der Monoaminooxidase B (MAO-B) und die gleichzeitige Regulation der unphysiologisch erhöhten Glutamatfreisetzung führt Safinamid zu einer ausgewogenen Kontrolle motorischer Symptome und Komplikationen. Das Medikament wird bei Patienten mit Parkinson-Krankheit im mittleren bis fortgeschrittenen Stadium eingesetzt, bei denen es unter der Levodopa-Therapie zu Fluktuationen kommt. In den zulassungsrelevanten klinischen Studien bewirkte Safinamid als Begleittherapie zu Levodopa eine Verbesserung der motorischen Funktionen [1, 2, 3]. Post-hocAnalysen dieser Studien zeigen, dass der klinische Nutzen nachhaltig fortbesteht [4] und dass das Medikament darüber hinaus eine günstige Wirkung auf die SchmerzSymptomatik entfaltet [5].

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Verkürzung der OFF-Zeit bei Einsatz von Safinamid als erstem Add-on besonders deutlich

In einer der Post-hoc-Analysen [4] wurden die Daten der Zulassungsstudien 016 und SETTLE gepoolt, um die Veränderungen der Kardinalsymptome sowie der täglichen ON- und OFF-Zeiten gegenüber Baseline bei verschiedenen Patienten-Untergruppen zu ermitteln; dabei handelte es sich um Patienten, die zu Studienbeginn nur Levodopa erhalten hatten, Patienten mit leichten Fluktuationen und weitere, die zusätzlich Dopaminagonisten oder COMT-Hemmer erhalten hatten. Die Untersuchung umfasste 971 Patienten, die einmal täglich Safinamid in einer Dosierung von 100 mg oder Placebo erhielten. Die Gabe von Safinamid als Add-onTherapie zusätzlich zu Levodopa führte bei allen Untergruppen zu einer signifikant stärkeren Verbesserung der ON- und OFF-Zeiten als Placebo. Am stärksten war die Verkürzung der OFF-Zeit bei den Patienten, die Safinamid als erste und einzige Add-on-Therapie zu Levodopa erhalten hatten (Abb. 1). Bei ihnen verkürzte sich die tägliche OFF-Zeit signifikant um 1,59 © VERLAG PERFUSION GMBH


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Fazit

Abbildung 1: Subgruppenanalysen der gepoolten Daten der Studien 016 und SETTLE zeigen, dass Safinamid (100 mg/d) als Add-on zu Levodopa die Motorik in allen untersuchten Patientengruppen gegenüber Placebo signifikant verbessert. Die besten Ergebnisse wurden bei Patienten erzielt, die Safinamid als erstes Add-on zu Levodopa erhielten [4].

Stunden gegenüber 0,23 Stunden unter Placebo (p = 0,0024). Gleichzeitig verlängerte sich die ON-Zeit in dieser Subgruppe um 1,49 Stunden, verglichen mit 0,33 Stunden in der Placebogruppe (p = 0,0206). Darüber hinaus verbesserte Safinamid den Score für die Kardinalsymptome Bradykinesie (p  =  0,0102), Rigor (p = 0,0006), Tremor (p = 0,0001) und Gangstörungen (p = 0,0118). Besserung von Schmerzen und Steigerung der Lebensqualität

Schmerzen sind ein wichtiges nicht motorisches Symptom bei der Parkinson-Krankheit, das häufig unterschätzt und unzureichend therapiert wird. Chronische Schmerzen treten bei Parkinson-Patienten mit einer Prävalenz zwischen 30 und 85 % auf [6]. Eine weitere Post-hocAnalyse gepoolter Daten von 016 und SETTLE untersuchte daher die Wirksamkeit von Safinamid auf die begleitende Schmerzsymptomatik und den Gebrauch von Schmerzmedikamenten [5]. Dazu wurden die Scores der schmerzbezogenen

Fragen (Item 37-39) in der Subskala „körperliches Unbehagen“ des PDQ-39-Fragebogen (Parkinson’s Disease Quality of Life Questionnaire) ausgewertet. Bei 2 der 3 spezifischen Items der Subskala zu neuropathischen Schmerzen führte Safinamid 100 mg/d innerhalb von 6 Monaten zu einer statistisch signifikanten Verbesserung. Darüber hinaus kam es in diesem Zeitraum unter Safinamid zu einer signifikanten Verringerung der Anzahl angewendeter Schmerzmedikamente um 23,6 % im Vergleich zu Placebo. Der Anteil an Patienten, die gänzlich ohne Schmerzmedikation auskamen, war in der Safinamid-Gruppe signifikant höher als unter Placebo (76,1 % gegenüber 70 %; p = 0,0305). Eine Erklärung für den günstigen Einfluss von Safinamid auf das Schmerzgeschehen und damit die Lebensqualität der Patienten könnte die inhibitorische Wirkung von Safinamid auf die Glutamatfreisetzung bieten, da eine Dysbalance der Neurotransmitter Dopamin und Glutamat als Ursache von Schmerzen bei der Parkinson-Krankheit diskutiert wird.

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Die Ergebnisse der Post-hoc-Analysen deuten auf eine Linderung motorischer Symptome durch Safinamid hin, die auch bei einer Langzeitbehandlung fortbestehen. Als besonders positiv ist die zusätzliche Wirkung von Safinamid auf Schmerzen zu werten, da diese häufig mit Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen und einer allgemein verminderten Lebensqualität der Patienten einhergehen. Damit ist Safinamid ein hilfreiches Arzneimittel zur Behandlung der Parkinson-Krankheit, entweder als Zusatzmedikation bei unzureichender Krankheitskontrolle durch Levodopa allein oder als unterstützende Behandlung bei Patienten unter Levodopa und einer Kombination dopaminerger Arzneimittel. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur 1 Borgohain R, Szasz J, Stanzione P et al. Randomized trial of safinamide add-on to levodopa in Parkinson’s disease with motor fluctuations. Mov Disord 2014;29:229237 2 Borgohain R, Szasz J, Stanzione P et al. Two-year, randomized, controlled study of safinamide as add-on to levodopa in mid to late Parkinson‘s disease. Mov Disord 2014;29:1273-1280 3 Schapira AH et al. Safinamide significantly improves responder rates in fluctuating PD patients as add-onto levodopa (SETTLE). 17th International Congress of Parkinson’s Disease and Movement Disorders, Sydney, Australia, June 16–20, 2013. Poster N.424 4 Cattaneo C et al. Efficacy of Safinamide as adjunct therapy in mid- to late-stage fluctuating Parkinson’s disease patients: posthoc analyses of 016 and SETTLE trials, 19. International Congress of Parkinson’s Disease and Movement Disorders, 2015 5 Barone et al. Safinamide significantly reduces pain treatments when given as addon therapy to levodopa in patients with Parkinson’s disease and fluctuations. 19. International Congress of Parkinson’s Disease and Movement Disorders, 2015 6 Nègre-Pagès L, Regragui W, Bouhassira D et al. Chronic pain in Parkinson’s disease: the cross-sectional French DoPaMiP Survey. Mov Disord 2008;23:1361-1369.

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Primär biliäre Cholangitis: Obeticholsäure gibt Patienten neue Hoffnung

I

n der Behandlung der primär biliären Cholangitis (PBC) scheint sich nach fast 20 Jahren des Stillstands endlich wieder ein Fortschritt abzuzeichnen. Dies ist insbesondere für Patienten wichtig, die auf die Standardtherapie mit Ursodeoxycholsäure (UDCA) nicht ausreichend ansprechen. Denn bislang gab es für sie keine zugelassene Therapieoption. Im Dezember 2016 hat die Europäische Kommission mit Obeticholsäure (Ocaliva®) ein neues Medikament zur PBC-Behandlung zugelassen. Der Farnesoid-X-Rezeptor-Agonist kann als Kombinationsmedikament zur Standardtherapie mit UDCA hinzugegeben werden, falls der Patienten darauf nicht genug anspricht. Bei Patienten, die UDCA nicht vertragen, kann das neue Medikament auch alleine als Monotherapie eingesetzt werden. Therapieziel: Vermeidung von Spätkomplikationen der Lebererkrankung und Tod

Die PBC ist eine seltene, autoimmun vermittelte, cholestatische Lebererkrankung. Sie führt zur Entzündung der intrahepatischen Gallenwege, die für den Transport der Gallensäuren aus der Leber zuständig sind; die Folge ist eine Cholestase. Bei Fortschreiten der

Erkrankung kommt es zum toxischen Aufstau von Gallensäuren. Dies wiederum kann die progressive Schädigung von Lebergewebe durch einen fibrotischen Umbau bis hin zur Leberzirrhose zur Folge haben [1]. In Deutschland leiden nach Angaben der Deutschen Leberhilfe zwischen 4.000 und 12.000 Menschen an einer PBC [2]. Die Krankheit wird meist in einem Alter zwischen 40 und 60 Jahren diagnostiziert [3], in 90 % aller Fälle sind Frauen betroffen [2]. Die meisten PBC-Patienten haben erhöhte Leberwerte (ALP, ALT, AST), der antimitochondriale Antikörper AMA findet sich bei 95 % [4]. Die häufigsten Symptome sind Fatigue und Pruritus, bei weit fortgeschrittenen Leberschäden kommen Komplikationen wie Ikterus und Ösophagusvarizenblutungen hinzu [5]. Heute weisen die meisten PBC-Patienten bei der Diagnose noch keine Zirrhose auf, sodass seit 2015 nicht mehr von primär biliärer Zirrhose, sondern von primär biliärer Cholangitis gesprochen wird [6]. Dennoch ist die Mortalität im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöht: Die 10-Jahres-Überlebensrate beträgt bei asymptomatischen Patienten 50–70  %, symptomatische Patienten überleben im Mittel 5–8 Jahre nach dem Auftreten der Symptome [4].

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Alkalische Phosphatase und Bilirubin als harte Leitparameter

Nach Erkenntnissen der globalen PBC-Studiengruppe (mehr als 6.000 Patienten zu Studienbeginn) besteht eine Korrelation zwischen der Erhöhung der Alkalischen Phosphatase (ALP) bzw. Bilirubin und dem Risiko für Spätkomplikationen und Mortalität der PBC [4, 7]. Dies gilt sowohl für die mit UDCA behandelten Patienten als auch für die nicht therapierten. Wie in dieser groß angelegten Studie gezeigt wurde, können ALP und Bilirubin als Leitkriterien für die Therapie der PBC angesehen werden. Jede Absenkung dieser Parameter vermindert das Risiko für harte Endpunkte [7]. So hatten Patienten, die die Responsekriterien – ALP <1,67 × oberer Normwert, ALP-Reduktion ≥15 % und Bilirubin im Normbereich – nicht erreichten, ein dreifach erhöhtes Risiko für Lebertransplantation und Tod [8]. Schlechte Prognose bei Nichtansprechen auf UDCA

Die Standardbehandlung besteht aus der Gabe von Ursodeoxycholsäure (UDCA). Durch die Behandlung mit UDCA hat sich die Prognose für Patienten, die darauf ansprechen, deutlich verbessert © VERLAG PERFUSION GMBH


AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Obeticholsäure Obeticholsäure (Ocaliva®) ist ein halbsynthetisches Derivat der natürlichen primären Gallensäure Chenodesoxycholsäure (CDCA). Sie wirkt agonistisch am Farnesoid-X-Rezeptor, der im Zellkern als Transkriptionsfaktor die Aktivität der Cholesterol-7-alpha-Hydroxylase hemmt. Diese Hydroxylase spielt als Schlüsselenzym eine wichtige Rolle bei der Synthese, Konjugation und dem Transport der Gallensäuren. Nach Aktivierung des FXR durch Obeticholsäure erhöht sich der Gallefluss aus der Leber und die intrahepatische Gallensäuresynthese wird gehemmt. Auf diese Weise wird die Leber vor toxischen Mengen an Gallensäure und einem Gallenstau geschützt. Ocaliva® ist als Tablette mit 5 oder 10 mg Obeticholsäure erhältlich. Die Einnahme kann unabhängig von einer Mahlzeit erfolgen.

[4]. Bei diesen Patienten bessert sich die Klinik, die Progredienz verlangsamt sich und die Überlebensrate steigt [1, 4]. Allerdings sprechen bis zu 40 % der Patienten nicht bzw. nicht ausreichend auf UDCA an [7], andere tolerieren das Medikament nicht. Bislang gab es zu UDCA keine zugelassene Alternative, sodass diese Patienten ein erhöhtes Risiko für ein Fortschreiten der Erkrankung, für Leberzirrhose und vorzeitigen Tod haben [5, 9]. Mit dem Orphan Drug Obeticholsäure (Ocaliva®) steht nun eine Therapieinnovation zur Verfügung, die die Prognose für diese Patienten verbessern könnte. Vielversprechender innovativer Ansatz über die Aktivierung des FXR-Signalwegs

Obeticholsäure ist eine modifizierte Form von Gallensäure und ein Agonist des nukleären FarnesoidX-Rezeptors (FXR), der in Leber und Darmtrakt gebildet wird. Die Aktivierung des Signalwegs durch Bindung von Obeticholsäure an den FXR bewirkt, dass Gallensäuren vermindert synthetisiert und

verstärkt sezerniert werden. Dadurch schützt Obeticholsäure die Hepatozyten vor dem toxischen Einfluss der Gallensäuren. Darüber hinaus entfaltet es – ebenfalls über den FXR-Signalweg – antiinflammatorische und antifibrotische Effekte [9]. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Obeticholsäure wurden in der Phase-III-Studie POISE nachgewiesen, an der 217 Erwachsene mit primärer biliärer Cholangitis teilnahmen, die entweder seit mindestens 1 Jahr UDCA eingenommen hatten oder UDCA nicht einnehmen konnten [9]. Primärer Endpunkt der Studie war die Verringerung der ALP unter einen Schwellenwert des 1,67-Fachen der Obergrenze des Normbereichs. Kombinierter Endpunkt war nach 12 Behandlungsmonaten ein ALPAbfall um mindestens 15 % vom Ausgangswert und eine GesamtBilirubin-Konzentration bei oder unterhalb der Obergrenze des Normbereichs. Nach 12 Monaten war der Anteil der mit Obeticholsäure plus UDCA behandelten Patienten, bei denen eine Reduktion der ALP beobachtet wurde, signifikant höher als in der Kontrollgruppe, die UDCA

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plus Placebo erhielt. Den kombinierten primären Studienendpunkt erreichte fast die Hälfte der Patienten in der Obeticholsäure-Gruppe (47 % unter 10 mg und 46 % unter 5–10 mg) gegenüber 10 % in der Placebogruppe (p < 0,001). Unter der Therapie mit Obeticholsäure verbesserten sich außerdem bei 77  % der Patienten die biochemischen Leber-Marker wie Gammaglutamyltransferase, Alanin-Transaminase, AspartatTransaminase und konjugiertes Bilirubin, in der Kontrollgruppe war das nur bei 29 % der Fall. Die häufigsten Nebenwirkungen von Obeticholsäure waren starker Pruritus und Müdigkeit. In den meisten beobachteten Fällen trat der Juckreiz innerhalb des ersten Behandlungsmonats auf und klang tendenziell im Lauf der weiteren Behandlung ab. Da auch Erhöhungen der Alanin-Aminotransferase und der Aspartat-Aminotransferase beobachtet wurde, sollten während der Behandlung die Leberwerte regelmäßig überprüft werden, um einer möglichen hepatischen Dekompensation frühzeitig entgegenwirken zu können. Fabian Sandner, Nürnberg

Literatur 1 Poupon et al. J Hepatol 2010;52:745-758 2 http://www.leberhilfe.org/pbc.html 3 Reshetnyak VI. World J Gastroenterol 2015;21:7683-7708 4 Lindor KD et al. Hepatology 2009;50:291308 5 Selmi C et al. Lancet 2011;377:1600-1609 6 Wahl I et al. Hepatology 2015;61:1091 7 Lammers WJ et al. Gastroenterology 2014; 147:1338-1349 8 Hansen B et al. Presented at EASL: PBC Monothematic Conference; Milan, Italy; 2014: Poster-Abstract 15 9 Nevens F et al. N Engl J Med 2016;375: 631-643

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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

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S

ecukinumab (Cosentyx®) gehört zu einer neuen Klasse von Arzneimitteln, die die Interleukin(IL)-17A-Inhibition als Wirkansatz nutzt. Bereits Anfang 2015 wurde der vollhumane monoklonale Antikörper als Erstlinientherapie bei mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis zugelassen und erhielt Ende 2015 als erster IL-17A-Inhibitor die EU-Zulassungen für den Einsatz in den Indikationen PsoriasisArthritis (PsA) und ankylosierende Spondylitis (AS, auch Morbus Bechterew) [1]. Dabei überzeugte Secukinumab mit umfassenden Daten, die eine starke Wirksamkeit belegen und das Sicherheitsprofil vorhergehender Studien bestätigen [2, 3]. Die Zulassungen basieren auf jeweils 2 klinischen Phase-IIIStudien: FUTURE 1 und 2 bei PsA sowie MEASURE 1 und 2 bei AS [4, 5, 6]. IL-17A: ein Schüsselmolekül für zwei Erkrankungen

Interleukin(IL)-17A ist ein proinflammatorisches Zytokin. Dieses Signalprotein wird von verschiedenen Zellen des Immunsystems gebildet. Sein Wirkmechanismus dient zur Bekämpfung von Infektionen [7, 8, 9]. Untersuchungen zeigen, dass IL-17A auch bei rheumatologischen Entzündungskrankheiten wie AS und PsA eine wichtige Rolle spielt [10]. Eine erhöhte Konzentration von IL-17A konnte bei PsA- und AS-Patienten vor allem in den Bereichen um die Knochen und Gelenke sowie insbesondere in der Gelenkinnenhaut und der Gelenkflüssigkeit nachgewiesen werden [11, 12, 13]. Im Falle einer PsA führt dies zu den typischen Symptomen: schmerzhafte Gelenkentzündung, Schwellung

Secukinumab – der erste IL17A-Inhibitor für die Therapie der Psoriasis-Arthritis und der ankylosierenden Spondylitis

und Druckempfindlichkeit [10]. Bei AS-Betroffenen bewirkt die durch IL-17A verursachte Inflammation eine Erosion der Knochen. Das zerstörte elastische Gewebe in den Bereichen um Knochen und Gelenke wird dabei durch neues Knochengewebe ersetzt. Die Folge ist ein Zusammenwachsen der Knochen zu einer steifen Struktur [11, 12, 13]. Secukinumab bindet spezifisch an IL-17A, entfernt dieses aus dem Entzündungsgeschehen und wirkt dem Krankheitsgeschehen somit entgegen. Die vorliegenden Studienergebnisse für Secukinumab bestätigen die starke Wirksamkeit dieses Therapieansatzes in beiden Indikationen [4, 5, 6]. Secukinumab bei Psoriasis-Arthritis

Zugelassen wurde Secukinumab als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat (MTX) für die Behandlung erwachsener Patienten mit aktiver Psoriasis-Arthritis, wenn das Ansprechen auf eine vorhergehende Therapie mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARD) unzureichend gewesen ist [1]. Nach einer vierwöchigen Induktionsphase, in

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der Secukinumab einmal pro Woche subkutan appliziert wird, erfolgt die Anwendung in der Erhaltungstherapie einmal monatlich. Die zugelassene Dosierung liegt bei 150  mg. Bei PsA-Patienten mit gleichzeitig bestehender mittelschwerer bis schwerer PlaquePsoriasis oder bei Patienten, die nicht adäquat auf TNF-Blocker ansprechen, werden 300 mg als Dosis empfohlen [1]. Die Wirksamkeit von Secukinumab bei PsA wurde in den beiden Zulassungsstudien FUTURE 1 und 2 untersucht [4, 5]. In die doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studien würden insgesamt über 1000 Patienten mit aktiver PsA eingeschlossen, die zuvor mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (disease-modifying antirheumatic drugs, DMARDs) behandelt worden waren, darunter auch solche Patienten, die nur unzureichend auf TNF-Blocker ansprachen oder diese nicht vertrugen, und solche, die weiterhin zusätzlich mit Methotrexat behandelt wurden. FUTURE-1-Studie Die auf 2 Jahre angelegte FUTURE-1-Studie untersuchte Se© VERLAG PERFUSION GMBH


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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

cukinumab in einer intravenösen Loading Dose von 10 mg/kg mit anschließender Erhaltungsdosis (75 mg und 150 mg), die subkutan verabreicht wurde [4]. Die Patienten erhielten dabei während der ersten 4 Behandlungswochen alle 2 Wochen eine Infusion, gefolgt von der einmal monatlichen Gabe der subkutanen Dosis von jeweils 75 mg oder 150 mg bzw. Placebo. Patienten aus dem Placeboarm wurden in der 16. bzw. 24. Woche 1 : 1 auf Secukinumab 75 mg bzw. 150 mg randomisiert [4]. In FUTURE 1 erreichte Secukinumab den primären Endpunkt, das ACR-20-Ansprechen gemäß der Kriterien des American College of Rheumatology, nach 24 Wochen: 50,0  % der PatientenGesamtpopulation unter Secukinumab 150 mg versus 17,3 % in der Placebo-Gruppe (p < 0,001) wiesen ein ACR-20-Ansprechen auf. Darüber hinaus wurden alle sekundären Endpunkte, einschließlich der Verbesserungen bei den Haut- und Gelenkerkrankungen sowie der geringeren Progression der strukturellen Gelenkschädigungen, erfüllt [4]. Ähnlich vielversprechende Daten zur Hemmung der radiologisch nachweisbaren Progression zeigte eine Auswertung der 2-Jahres-Daten der FUTURE-1-Studie, die auf der Tagung der European League Against Rheumatism (EULAR) 2016 in London präsentiert wurde [14]: Bei 84,3 % der 476 Patienten mit PsA konnte unter der Therapie mit Secukinumab 150 mg kein weiteres Fortschreiten der Gelenkschäden nach 104 Wochen festgestellt werden. Eine deutliche, anhaltende Verbesserung wurde auch hinsichtlich der Hautsymptomatik bei PsA-Patienten erzielt, die sich im PASI (Psoriasis Area and Severity Index)-Ansprechen abbildete:

PASI-75-Ansprechraten, d.h. eine 75%ige Symptomverbesserung unter Secukinumab 150 mg, zeigten 74,6 % der Patienten nach 104 Wochen; eine 90%ige Verbesserung der Symptome (PASI-90-Ansprechen) war bei 61 % der Patienten zu verzeichnen [14]. Günstige Effekte ergaben sich ebenfalls für die Behandlung der Dactylitis und Enthesitis: Unter Secukinumab 150  mg erreichten nach 104 Wochen 82,6 % der Patienten eine vollständige Abheilung der Dactylitis und 73,7  % eine vollständige Abheilung der Enthesitis [14]. Secukinumab zeigte in FUTURE 1 ein Sicherheitsprofil, das dem aus früheren Studien entsprach [2, 3]. Die häufigsten, unerwünschten Ereignisse waren Infektionen der oberen Atemwege und einfache Erkältungen [4]. FUTURE-II-Studie Die auf 5 Jahre angelegte und derzeit noch laufende FUTURE2-Studie vergleicht eine Behandlung mit Secukinumab 300  mg, 150 mg oder 75 mg in subkutaner Loading Dose und anschließender Erhaltungsdosis mit einer Placebo-Behandlung [5, 15]. In der Initialphase erhielten die Patienten einmal wöchentlich Secukinumab bzw. Placebo. Ab der vierten Woche erfolgte die einmal monatliche Gabe in der Erhaltungsphase. Patienten aus dem Placeboarm wurden in der 16. bzw. 24. Woche 1 : 1 auf Secukinumab 150 mg bzw. 300 mg randomisiert [5]. Auch in der FUTURE-2-Studie wurde der primäre Endpunkt erreicht: Ein ACR-20-Ansprechen erreichten in Woche 24 54 % (Secukinumab 300  mg) bzw. 51  % (Secukinumab 150 mg) der Patien-

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ten-Gesamtpopulation, gegenüber 15 % unter Placebo (p < 0,0001). In der Subgruppe ohne Vorbehandlung mit TNF-Blockern wurde bei 58 % der Patienten in der 300-mg-Gruppe und bei 63 % in der 150-mg-Gruppe nach 24 Wochen ein ACR-20-Ansprechen beobachtet [5]. Für die sekundären Endpunkte ergaben sich ebenfalls vielversprechende Daten: In Woche 24 erzielten 38,8  % (300  mg) bzw. 44 % (150 mg) der TNF-naiven Patienten unter Secukinumab ein ACR-50-Ansprechen. Diese gute Ansprechrate blieb bis Woche 52 erhalten. Hier betrug das ACR50-Ansprechen der TNF-naiven Population 52,2 % (300 mg) bzw. 49,2 % (150 mg). Als weiterer sekundärer Endpunkt wurde die Verbesserung der Hautsymptomatik erfasst. Unter Secukinumab zeigten 63 % der antiTNF-naiven Teilnehmer in der 300-mg-Gruppe in Woche 24 eine 75%ige Verbesserung ihrer Hautprobleme (PASI-75-Ansprechen), 53 % erreichten ein PASI-90-Ansprechen und damit eine symptomfreie oder fast symptomfreie Haut. In der 150-mg-Gruppe erzielten 56  % der anti-TNF-naiven Patienten ein PASI-75- und 39 % ein PASI-90-Ansprechen [5]. Secukinumab bei ankylosierender Spondylitis

Secukinumab ist angezeigt für die Behandlung erwachsener Patienten mit aktiver ankylosierender Spondylitis (AS), die auf eine konventionelle Therapie unzureichend angesprochen haben. Die Anwendung in Induktionsphase und Erhaltungstherapie ist identisch mit dem Einsatz von Secukinumab in der PsA-Therapie. Die empfohlene © VERLAG PERFUSION GMBH


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Dosierung bei AS beträgt 150 mg [1]. Die Wirksamkeit von Secukinumab bei AS wurde in den Zulassungsstudien MEASURE 1 und 2 evaluiert, in die 590 Patienten mit aktiver AS eingeschlossen wurden [6]. Damit sind die MEASUREStudien die derzeit größten klinischen Studien in dieser Indikation. In der auf 2 Jahre angelegten, dreiarmigen MEASURE-1-Studie erhielten Patienten während einer vierwöchigen Aufladungsphase alle 14 Tage 10 mg/kg Secukinumab oder Placebo. Mit Beginn der Erhaltungsphase in Woche 8 wurden Secukinumab 75  mg, 150  mg oder Placebo subkutan verabreicht. Patienten aus dem Placeboarm wurden zudem je nach Ansprechen in Woche 16 oder in Woche 24 auf Secukinumab 75 mg oder 150 mg umgestellt. Die 2-Jahresdaten von MEASURE 1 wurden Ende 2015 veröffentlicht. Die Studie wird aktuell mit einer dreijährigen Anschlussstudie weitergeführt, in die 371 Patienten eingeschlossen wurden [16]. MEASURE 1 In MEASURE 1 konnte der primäre Endpunkt, das ASAS-20-Ansprechen, unter Secukinumab nach 16 Wochen erreicht werden: 60,8 % der Patienten-Gesamtpopulation unter Secukinumab 150 mg versus 28,7 % unter Placebo zeigten ein ASAS-20-Ansprechen (p < 0,001); in Woche 52 waren es 80 % der Patienten in der SecukinumabGruppe [6]. Wie die Auswertung der 2-Jahres-Daten zeigt, konnte dieses Ergebnis erhalten werden [16]. Außerdem wurde bei ebenfalls 80 % der Patienten-Gesamtpopulation keine radiologische Progression in der Wirbelsäule

beobachtet. Die durchschnittliche Veränderung im mSASSS (modified Stoke Ankylosing Spondylitis Spinal Score), dem üblicherweise verwendeten Score zur Bewertung radiologischer Wirbelsäulenveränderungen bei AS, betrug lediglich 0,3 in der Gesamtgruppe der mit Secukinumab behandelten Patienten [16]. Die Daten aus MEASURE 1 bestätigten für Secukinumab das Sicherheitsprofil vorhergehender Studien, die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren Infektionen der oberen Atemwege und einfache Erkältungen [4, 5, 6].

Subgruppe der TNF-naiven Patienten wies nach 2 Jahren sogar noch bessere Ansprechraten auf: 80 % der Patienten erreichten unter Secukinumab 150 mg ASAS-20, 60 % erreichten ASAS-40. Auch die körperliche Funktionsfähigkeit und Lebensqualität verbesserte sich unter der Therapie mit Secukinumab [17]. Dabei zeigte das Sicherheitsprofil des IL-17AInhibitors keine Abweichungen zu den bekannten Daten aus dem Secukinumab-Studienprogramm zur Plaque-Psoriasis, PsA und AS.

MEASURE 2

Sowohl Patienten mit PsoriasisArthritis als auch Patienten mit ankylosierender Spondylitis sprachen in den zulassungsrelevanten Studien schnell und anhaltend auf die Behandlung mit dem IL-17-AInhibitor Secukinumab an. Nach 2-jähriger Behandlung erreichten 66,8 % der PsA-Patienten und 71,5 % der AS-Patienten unter der zugelassenen Dosis Secukinumab 150 mg ein ASAS-20-Ansprechen, bei 71,5 % der AS-Patienten wurde eine Verbesserung der Symptome um 40 % und bei 39 % der PsAPatienten eine Verbesserung um 50  % beobachtet. Noch bessere Ergebnisse zeigten sich in der Subgruppe der TNF-naiven Patienten: Ein ASAS-20-Ansprechen erreichten 75,2 % der PsA-Patienten und 80 % der AS-Patienten. Daher stellt Secukinumab eine echte Alternative zu den TNF-Blockern dar, auf die bis zu 40 % der Patienten nicht oder nur partiell ansprechen, und erweitert die bislang defizitären Behandlungsmöglichkeiten bei axialer Spondyloarthritis und Psoriasis-Arthritis. Der IL-17A-Inhibitor zeigt eine gute Wirksamkeit selbst bei schwierigen Manifestati-

Auch die Ergebnisse der aktuell noch laufenden MEASURE-2-Studie, die Secukinumab 75 mg oder 150 mg in subkutaner Aufladungsund Erhaltungsdosis mit einer Placebo-Behandlung vergleicht, bestätigen die Wirksamkeit und Sicherheit von Secukinumab. Hinsichtlich des ASAS-20-Ansprechens in Woche 16 zeigte sich Secukinumab 150  mg gegenüber Placebo signifikant überlegen (61,1 % vs. 28,4 % der PatientenGesamtpopulation; p < 0,001). In der TNF-naiven Subpopulation lag das ASAS-20-Ansprechen nach 16 Wochen bei 68,2% unter Secukinumab 150 mg vs. 31,1 % unter Placebo (p < 0,001), in Woche 52 erreichten sogar 82,1 % der TNFnaiven Patienten unter Secukinumab 150 mg ein ASAS-20-Ansprechen [6]. Nach 2 Jahren war bei 71,5 % der mit Secukinumab 150 mg behandelten Patienten eine 20%ige Verbesserung der Symptome zu beobachten und etwa die Hälfte der Patienten (47,5 %) zeigte ein ASAS-40-Ansprechen [17]. Die

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Zusammenfassung

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onen wie der Dactylitis und Enthesitis, bessert die Hautsymptomatik bei PsA signifikant und vermag anscheindend sogar die strukturelle Progression der AS an der Wirbelsäule zu hemmen. Fabian Sandner, Nürnberg

Literatur 1 Fachinformation Cosentyx®, Stand: November 2015 2 Mease P, McInnes IB, Kirkham B et al. Oral presentation # 2148, presented at the 2015 ACR/ARHP Annual Meeting, San Francisco, USA, November 9 3 Baeten D, Braun J, Sieper J et al. Poster #2896, presented at the 2015 ACR/ARHP Annual Meeting, San Francisco, USA, November 10 4 Mease PJ, McInnes IB, Kirkham B et al. N Engl J Med 2015;373:1329-1339 5 Mease PJ, McInnes IB, Kirkham B et al. Lancet 2015;386:1137-1146 6 Baeten D, Sieper J, Braun J et al. N Engl J Med 2015;373:2534-2548 7 Cho JH, Gregersen P, N Engl J Med 2011;365:1612-1623 8 Medzhitov R. Nature 2008;454:428-424 9 Nathan C, Nature 2002; 420(6917): 84652. 10 Van Baarsen LGM, Lebre MC, van der Coelen D et al. Ann Rheum Dis 2011; 70:A79 11 Noordenbos T, Yeremenko N, Gofita I et al. Arthritis Rheum 2012;64:99-109 12 Taylan A, Sari I, Kozaci DL et al. Rheumatol Int 2012;32:2511-1515 13 Mei Y, Pan F, Gao J et al. Clin Rheumatol 2011;30:269-273 14 Kavanaugh A et al. Poster #FRI0448, präsentiert auf dem EULAR 2016 am 10. Juni in London 15 Kirkham B et al. Poster #FRI0451, präsentiert auf dem EULAR 2016 am 10. Juni in London 16 Braun J. Oral Presentation #OP0001 auf dem EULAR 2016 am 8. Juni in London 17 Marzo-Ortega H et al. Poster #SAT0396 präsentiert auf dem EULAR 2016 am 11. Juni in London

MS-Therapie mit Copaxone® 20 mg/ml: Schwangerschaft keine Kontraindikation mehr

Bremistal® – ein neuer Mistelextrakt für die begleitende onkologische Therapie

Bei der Behandlung der Multiplen Sklerose mit Copaxone® 20 mg/ml (Wirkstoff Glatirameracetat) wird eine eintretende Schwangerschaft nicht mehr als Kontraindikation betrachtet. Das BfArM ist mit dieser Änderung der Fachinformation den Europäischen Behörden gefolgt, die bereits Anfang Dezember 2016 nach einem dezentralen Verfahren der Änderung zugestimmt hatten. Die Entscheidung der Zulassungsbehörden basiert auf einer umfangreichen Analyse aller verfügbaren Schwangerschaften unter Glatirameracetat. In der globalen Sicherheitsdatenbank von Teva mit über 8000 Schwangerschaften zeigten sich keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko kongenitaler Fehlbildungen oder anderer Schwangerschaftsparameter wie Fehlgeburten gegenüber gesunden Frauen. In der Mehrzahl der Fälle verliefen die Schwangerschaften normal. In der Fachinformation wird darauf hingewiesen, dass eine Anwendung von Copaxone® 20 mg/ ml aus Vorsichtsgründen während der Schwangerschaft vermieden werden sollte, es sei denn, dass der Nutzen für die Mutter das Risiko für den Fetus überwiegt. Das Unternehmen ist gerade dabei, auch für die 3x wöchentliche 40-mgFormulierung die Labeländerung hinsichtlich des Wegfalls der Kontraindikation während der Schwangerschaft zu beantragen. E. W.

Seit Mitte Januar 2017 ist der Mistelextrakt Bremistal® auf dem Markt erhältlich. Die Therapie mit Bremistal® wird vor allem bei Patienten mit Mamma- und Prostatakarzinom empfohlen. Mistelextrakte gehören in Deutschland zu den meistverordneten Medikamenten bei Tumorpatienten, die die aktive Tumortherapie unterstützen. Es gibt gut belegte wissenschaftliche Evidenz, dass Mistelextrakte die Lebensqualität von Tumorpatienten während und nach einer konventionellen Tumortherapie verbessern und die Nebenwirkungen der antitumoralen Therapie vermindern können. Eine aktuelle Studie belegt die positiven Effekte von Mistelextrakt auf die Parameter Schlaf, Schmerz und Fatigue. Bremistal® M/P/Qu ist ein fermentierter wässriger Auszug aus Apfelbaummistel (M), Kiefernmistel (P) oder Eichenmistel (Qu), der subkutan appliziert wird. Das Präparat steht als M/P/Qu-Serienpackungen mit jeweils 7 Ampullen zu 1 ml Injektionslösung unterschiedlicher Stärke zur Verfügung, die als Bündelpackungen mit 14 (2 × 7) Ampullen erhältlich sind. Bremistal® M wird vor allem bei prämenopausalen Patientinnen mit Mammakarzinom, Bremistal® P bei postmenopausalen Patientinnen mit Mammakarzinom und Bremistal® Qu bei Patienten mit Prostatakarzinom empfohlen. E. W.

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S

eit dem 15. November 2016 steht mit dem liposomalen Irinotecan Onivyde® die erste Behandlungsoption für Patienten mit metastasiertem Adenokarzinom des Pankreas zur Verfügung, die zuvor unter einer Gemcitabinhaltigen Therapie einen Progress erlitten haben [1]. In der Zulassungsstudie NAPOLI-1 konnte Onivyde® in Kombination mit 5-Fluorouracil (5-FU) und Leucovorin (LV) das Gesamtüberleben der Patienten gegenüber einer 5-FU/LV-Monotherapie signifikant verbessern, ohne die Lebensqualität zu beeinträchtigen [2]. Das Medikament wird von internationalen Leitlinien empfohlen [3, 4, 5]. Seit Jahrzehnten wieder ein Fortschritt in der Therapie des Pankreaskarzinoms

Das Pankreaskarzinom gehört zu den tödlichsten Krebsarten weltweit und macht etwa 3 % aller Krebsfälle aus – mit steigender Tendenz [6]. Allein in Deutschland erkrankten 2012 mehr als 16.700 Personen an einem Pankreaskarzinom, 16.130 verstarben im gleichen Jahr daran. Bei kaum einer anderen Krebsart liegen Inzidenz und Mortalität so nah beieinander: Die 5-Jahres-Überlebensrate des Pankreaskarzinoms beträgt in Deutschland für Männer etwa 8 %, für Frauen 9 % [7]. Grund für die schlechte Prognose beim Pankreaskarzinom sind unspezifische Symptome, die sich häufig erst im fortgeschrittenen Stadium zeigen, sowie ein Mangel an zuverlässigen Früherkennungsmethoden. Darüber hinaus sind die therapeutischen Möglichkeiten beim Bauchspeicheldrüsenkrebs bisher stark eingeschränkt: Lediglich 20 % der Patienten kommen

Liposomales Irinotecan – eine neue Perspektive für Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom für die einzige Chance auf Heilung, die Resektion, infrage. Alle anderen Patienten erhalten aufgrund ihrer fortgeschrittenen oder metastasierten Erkrankungssituation eine palliative Chemotherapie [8]. Und diesbezüglich gab es in den vergangenen Jahrzehnten kaum Fortschritte. Vor allem nach Versagen einer Gemcitabin-haltigen Behandlung in der Erstlinie stand bisher keine zugelassene Therapieoption zur Verfügung. Die Markteinführung von Onivyde® ist für die Patienten daher eine sehr gute Nachricht, denn erstmals können sie sequenziell mit zugelassenen Therapieoptionen behandelt werden. Denkbar ist auch der Einsatz des liposomalen Irinotecans in der Erstlinie, wenn Gemcitabin-haltige Regime in der adjuvanten oder neoadjuvanten Therapie innerhalb kürzester Zeit scheitern. Überlebensverlängerung bei kontrollierbaren Nebenwirkungen und konstanter Lebensqualität

Onivyde® ist die erste verkapselte und lang im Blutkreislauf zirkulierende Form von Irinotecan. Während Irinotecan, bzw. sein aktiver Metabolit SN-38, in der Leber schnell verstoffwechselt wird, ist das liposomale Irinotecan in

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Onivyde® durch eine Lipid-Doppelschicht vor dem frühzeitigen Abbau geschützt (Abb. 1). Da bei Onivyde® der First-Pass-Metabolismus geringer ist, ist eine höhere und länger andauernde Konzentration des Wirkstoffs im Tumor nachweisbar und damit die TumorExpositionsdauer länger [1]. Ziel der weltweiten Open-LabelPhase-III-Studie NAPOLI-1 war es, zu untersuchen, ob sich bei Patienten mit einem metastasierten Adenokarzinom des Pankreas nach einer Gemcitabin-basierten Therapie durch die Behandlung mit liposomalem Irinotecan in Kombination mit 5-FU/LV das Überleben verlängern lässt. An dieser bislang größten Untersuchung der Phase III in dieser Indikation nahmen Patienten aus 76 Studienzentren in 14 Ländern in Nordamerika, Europa, Asien, Südamerika und Australien teil. Untersucht wurde liposomales Irinotecan (80 mg/m2) in Kombination mit 5-FU/LV intravenös alle 2 Wochen und als Monotherapie (120 mg/m2) in dreiwöchentlicher Gabe. Beide Arme wurden mit einem 5-FU/LV-Kontrollarm verglichen [2]. NAPOLI-1 erreichte seine primären und sekundären Endpunkte. Im primären Endpunkt, dem Gesamtüberleben (OS), ergab sich unter der Behandlung mit Onivy© VERLAG PERFUSION GMBH


AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

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Abbildung 1: Onivyde® ist die erste verkapselte und lang im Blutkreislauf zirkulierende Form von Irinotecan [1]. D as Liposom zirkuliert in der Blutbahn und tritt aufgrund der durchlässigeren Gefäße des Tumors verstärkt in die extrazelluläre Matrix über.  Nach Aufnahme des Liposoms durch tumorassoziierte Makrophagen wird Irinotecan durch Carboxylesterasen in den aktiven Metaboliten SN-38 umgewandelt (ca. 1000-fach erhöhte Aktivität). D ie Anreicherung von SN-38 am Tumor führt zur Wachstumshemmung.

Abbildung 2: Die Behandlung mit Onivyde® in Kombination mit 5-FU und LV führte gegenüber dem 5-FU/LV-Kontrollarm zu einer signifikanten Verbesserung des Gesamtüberlebens bei Patienten mit metastasiertem Adenokarzinom des Pankreas, die zuvor unter einer Gemcitabinhaltigen Therapie einen Progress erlitten hatten [1, 2].

de® in Kombination mit 5-FU und LV eine signifikante Verbesserung gegenüber dem 5-FU/LV-Kontrollarm: Das mediane OS konnte

um 45 % von 4,2 auf 6,1 Monate verlängert werden (HR stratifiziert 0,57; HR nicht stratifiziert 0,67; KI 0,49–0,92; p = 0,012), und zwar

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für alle untersuchten Subgruppen [2] (Abb. 2). Auch in den sekundären Endpunkten zeigte Onivyde® einen Vorteil © VERLAG PERFUSION GMBH


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Häufigste Nebenwirkungen Diarrhö Erbrechen Übelkeit Appetitlosigkeit Fatigue Neutropenie* Sepsis/febrile Neutropenie Anämie Hypokaliämie

Onivyde® + 5-FU/LV (n = 117) Alle Grade Grad 3–4 69 (59 %) 15 (13 %) 61 (52 %) 13 (11 %) 60 (51 %) 9 (8 %) 52 (44 %) 5 (4 %) 47 (40 %) 16 (14 %) 46 (39 %) 32 (27 %) – 3 (3 %) 44 (38 %) 11 (9 %) 14 (12 %) 4 (3 %)

5-FU/LV (n = 134) Alle Grade 35 (26 %) 35 (26 %) 46 (34 %) 43 (32 %) 37 (28 %) 7 (5 %) – 31 (23 %) 12 (9 %)

Grad 3–4 6 (4 %) 4 (3 %) 4 (3 %) 3 (2 %) 5 (4 %) 2 (1 %) – 9 (7 %) 3 (2 %)

Tabelle 1: In der Phase-III-Studie NAPOLI-I zeigte Onivyde® ein vertretbares Verträglichkeitsprofil, es wurden keine unerwarteten unerwünschten Ereignisse beobachtet [2]. * Umfasst Agranulozytose, febrile Neutropenie, Granulozytopenie, Neutropenie, neutropenische Sepsis, verminderte Neutrophilenzahl und Panzytopenie.

gegenüber alleinigem 5-FU/LV: Das progressionsfreie Überleben (PFS) verdoppelte sich von 1,5 auf 3,1 Monate (HR 0,56; p=0,0001) und die objektive Ansprechrate lag bei 16 % gegenüber 1 % unter alleiniger Gabe von 5-FU/LV. Bemerkenswert ist zudem die Reduktion des Tumormarkers CA199 um 29 % unter Onivyde® versus 9 % im Kontrollarm [2]. Die häufigsten Nebenwirkungen mit Schweregrad 3 oder 4, die bei den 117 mit Onivyde® + 5-FU/LV behandelten Patienten auftraten, waren Neutropenie (32 [27 %]), Diarrhö (15 [13 %]), Erbrechen [13 [11 %]) und Fatigue (16 [14 %]) (Tab. 1). Die Behandlung mit Onivyde® war nicht mit Neuropathien assoziiert. Aufgrund unerwünschter Ereignisse brachen 11 % der Patienten die Behandlung mit Onivyde® + 5-FU/LV ab gegenüber 7 % unter 5-FU/LV. Die Lebensqualität der Patienten blieb gegenüber den Ausgangswerten konstant [2]. Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1 Fachinformation Onivyde®, Stand Oktober 2016 2 Wang-Gillam A, Li CP, Bodoky G et al. Nanoliposomal irinotecan with fluorouracil and folinic acid in metastatic pancreatic cancer after previous gemcitabine-based therapy (NAPOLI-1): a global, randomised, open-label, phase 3 trial. Lancet 2016; 387:545-557 3 Ducreux M, Cuhna A, Caramella C, et al. Cancer of the pancreas: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol 2015;26:56-68 4 Balaban EP, Mangu PB, Khorana AA et al. Locally advanced, unresectable pancreatic cancer: American Society of Clinial Oncology clinical practice guideline. J Clin Oncol 2016;34:2654-2668 5 National Comprehensive Cancer Network. Pancreatic Adenorcarinoma. Version 2.2016. Verfügbar unter: https://www. nccn.org/professionals/physician_gls/pdf/ pancreatic.pdf 6 Worldwide data. World Cancer Research Fund Website. Verfügbar unter: http:// www.wcrf.org/int/cancer-facts-figures/data-specific-cancers/pancreatic-cancer-statistics 7 Krebs in Deutschland 2011/2012. Eine gemeinsame Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts und der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V., 10. Ausgabe. Berlin 2015 8 Oettle H, Heinemann V, Herrmann R et al. Onkopedia Leitlinie Pankreaskarzinom. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/ guidelines/pankreaskarzinom/@@view/ html/index.html#ID0EHBAE

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Mittelschwere bis schwere rheumatoide Arthritis:

Positive CHMP-Empfehlung für Tofacitinib Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA hat eine positive Empfehlung für Tofacitinib 5 mg 2 × täglich zur Behandlung von Patienten mit mittelschwerer bis schwerer rheumatoider Arthritis (RA) ausgesprochen. Diese Empfehlung wird nun der Europäischen Kommission zur finalen Entscheidung übermittelt. Nach erfolgter Zulassung wäre Tofacitinib in Kombination mit Methotrexat zur Behandlung erwachsener Patienten mit mittelschwerer bis schwerer RA indiziert, die auf ein oder mehrere Disease Modifying Antitrheumatic Drugs unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Tofacitinib könnte zudem bei einer Intoleranz gegenüber Methotrexat oder wenn die Behandlung damit nicht angezeigt ist, als Monotherapie gegeben werden. Der Antrag auf Marktzulassung basierte auf Daten des globalen Phase-III-Studienprogramms ORAL (Oral Rheumatoid Arthritis Phase 3 Trials). Dieses umfasst 6 bereits abgeschlossene klinischen Studien (ORAL Start, ORAL Solo, ORAL Standard, ORAL Sync, ORAL Scan und ORAL Step) sowie 4 offene Langzeitstudien. Der zur Klasse der Janus-KinaseInhibitoren gehörende Wirkstoff Tofacitinib (Xeljanz®) ist bereits in über 50 Ländern verfügbar. Seit der Zulassung in den USA im Jahr 2012 wurde Tofacitinib weltweit mehr als 85.000 Patienten ver­ ordnet. F. S. © VERLAG PERFUSION GMBH


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ffenkundig besteht für die Psoriasis-Arthritis (PsA) ein großer Bedarf an weiteren Therapieoptionen: Viele Betroffene sprechen auf die derzeitig verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten nur unzureichend an und sind in ihrer Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit deutlich eingeschränkt. Auch PsA-Patienten könnten in Zukunft von der guten Wirksamkeit und Sicherheit des Januskinase-Inhibitors Tofacitinib profitieren. Das zeigen die Ergebnisse der Phase III-Studien OPAL Broaden (bei TNF-Inhibitor-naiven Patienten) und OPAL Beyond (bei TNF-Inhibitor-Non-Respondern), die auf dem Konress des American College of Rheumatology/Association of Rheumatology Health Professional im November 2016 vorgestellt wurden. Beide Studien erreichten nach 3 Monaten den primären Endpunkt der Wirksamkeit und zeigten im ACR20 (American College of Rheumatology) sowie beim HAQ-DI (Health Assessment Questionnaire Disability Index) statistisch signifikante Verbesserungen unter Tofacitinib versus Placebo. Verbesserungen zeigten sich auch bei sekundären Endpunkten wie ACR50, ACR70 und PASI75 (Psoriasis Area Severity Index). OPAL Broaden: Gute Wirksamkeit bei TNF-Inhibotor-naiven Patienten bereits nach 2 Wochen

Insgesamt 422 PsA-Patienten mit aktiver Arthritis und aktiver Plaque-Psoriasis, die auf mindestens ein csDMARD nicht ausreichend angesprochen hatten und TNF-Inhibitor-naiv waren, erhielten im Rahmen der Studie OPAL Broaden [1] randomisiert Tofacitinib in einer Dosierung von 5 mg 2 ×

Tofacitinib verbessert klinische Parameter und Alltagsfunktion bei Psoriasis-Arthritis täglich (BID) (n = 107) bzw. 10 mg BID (n = 104), 40 mg s.c. Adalimumab alle 14 Tage (n = 106) oder Placebo. Letztere wurden nach 3 Monaten randomisiert auf die beiden Tofacitinib-Dosierungen umgestellt (5 mg BID: n = 52; 10 mg BID: n = 53). Ferner erhielten alle Patienten eine stabile csDMARDDosis. 96 % der Patienten beendeten die ersten 3 Monate, 88,4 % der Patienten schlossen die 12-monatige Gesamtdauer der Studie ab. Die primären Endpunkte waren das ACR20-Ansprechen und eine Veränderung beim HAQ-DI im Vergleich zum Ausgangswert nach 3 Monaten. Bereits nach der zweiten Therapiewoche erreichten signifikant mehr Patienten unter 5 mg BID (22,4 %) sowie auch unter 10 mg BID Tofacitinib (31,7 %) ein Ansprechen im ACR20 als im Placebo-Arm 5,7 % (jeweils p < 0,001). Nach 3 Monaten erzielten 50,5 % der Patienten unter 5 mg BID und 60,6 % unter 10 mg BID Tofacitinib ein ACR20Ansprechen. Bei den mit Placebo behandelten Patienten traf das nur auf 33,3  zu. Der HAQ-DI verbesserte sich unter Tofacitinib deutlicher als unter Placebo: –0,35 bzw. –,40 für 5 bzw. 10 m BID Tofacitinib vs. –0,18 unter Placebo-Gabe. Auch für Adalimumab wurde ein höheres Ansprechen gegenüber Placebo beobachtet. Die Verbes-

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serungen wurden bis Studienende aufrechterhalten. Die gute Wirksamkeit von Tofacitinib wurde durch die sekundären Endpunkte –Verbesserungen z.B. im ACR50, ACR70 und PASI75 – unterstützt [1]. OPAL Beyond: Auch TNF-InhibitorNon-Responder profitieren von Tofacitinib

In der Studie OPAL Beyond [2] erhielten 394 Patienten, die auf mindestens einen TNF-Inhibitor unzureichend angesprochen hatten, dieselbe Behandlung wie in der Studie OPAL Broaden; lediglich Adalimumab wurde nicht gegeben. Jeweils 132 Patienten erhielten 5 mg oder 10 mg Tofacitinib BID. Die 131 Placebo-Patienten wurden randomisiert nach 3 Monaten auf eine der beiden Tofacitinib-Dosierungen umgestellt. Die sechsmonatige Studie schlossen insgesamt 87,6 % der Patienten ab. Hinsichtlich der primären Endpunkte – ACR20-Ansprechen und HAQ-DI-Verbesserung nach 3 Monaten – profitierten die Patienten unter Tofacitinib 5 mg oder 10  mg BID. Beide Dosierungen waren beim ACR20-Ansprechen zu Monat 3 vs. Placebo signifikant überlegen (5 mg BID: 49,6 %; 10  mg BID: 47,0  %; Placebo: © VERLAG PERFUSION GMBH


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23,7 %; jeweils p < 0,0001). Die Differenzen zum Ausgangswert waren beim HAQ-DI größer unter Tofacitinib (–0,39 bei 5  mg BID und –0,35 bei 10 mg BID) vs. –0,14 unter Placebo (p < 0,0001 bzw. p < 0,001). Wie bei OPAL Broaden konnte der Wirkeintritt bereits in Woche 2 nachgewiesen werden. Die ACR20-Raten betrugen für 5 bzw. 10 mg BID Tofacitinib und Placebo 26,7 %, 28,8 % und 13,0 % (beide p ≤ 0,05). Mit –0,22 und –0,17 in den Verum-Armen vs. –0,07 unter Placebo (beide p ≤ 0,05) konnte auch eine Verbesserung der alltäglichen Funktionsbereiche früh erreicht werden. Die Verbesserungen beim ACR20Ansprechen und HAQ-DI dauerten bis zum 6. Behandlungsmonat an. Auch in dieser Studie wurde die Wirksamkeit des JAK-Inhibitors

durch die sekundären Endpunkte, u.a. ACR50, ACR70 und PASI75, belegt [2]. Überzeugendes Sicherheitsprofil

In beiden Studien konnten über den jeweiligen Studienzeitraum keine neuen Sicherheitssignale beobachtet werden [1, 2]. Am häufigsten waren Infektionen der oberen Atemwege (7,5–10,6 % in OPAL Broaden, 5,3–10,8 % in OPAL Beyond), Nasopharyngitis (7,5–11,5  % in OPAL Broaden, 1,5–10,7 % in OPAL Beyond) sowie Kopfschmerzen (3,8–10,6 % in OPAL Broaden, 4,5–9,1  % in OPAL Beyond). Die Rate an schweren unerwünschten Ereignissen zwischen Monat 3 und 12 lag bei der Studie OPAL Broaden

bei 2,9–6,0 % in den Tofacitinibbzw. Placebo-Armen. Die Therapie unterbrachen im selben Zeitraum 2,0–4,0 % der Patienten[1]. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich bei OPAL Beyond: Schwere unerwünschte Ereignisse traten im Studienverlauf bei 1,5–6,1 % der Patienten auf. Therapieabbrüche aufgrund von unerwünschten Ereignissen waren mit 3,0–8,3 % selten [2]. Fabian Sandner, Nürnberg

Literatur 1 Mease PJ et al. 2016 ACR/ARHP Annual Meeting (Abstract #2983) 2 Gladman DD et al. 2016 ACR/ARHP Annual Meeting (Abstract #10L)

Ibuflam® akut und Ibuflam® Lysin in neuem Look Sanofi bietet seine bewährten Analgetika Ibuflam® akut und Ibu­ flam® Lysin (Filmtabletten) mit dem Wirkstoff Ibuprofen ab 1. Februar 2017 in einer neuen Verpackung an. Der Inhalt der Packungen bleibt unverändert. Mit der neuen Optik haben nun beide Produkte ein einheitliches Packungsdesign und lassen sich bereits auf den ersten Blick einer Produktfamilie zuordnen. Zudem präsentieren sich die neuen Verpackungen deutlich moderner. Beim Konsumenten sorgt das Aufzeigen

Die bewährten Analgetika Ibuflam® akut und Ibuflam® Lysin (Filmtabletten) gibt es ab 1. Februar 2017 in einer neuen, modernen Verpackung (© Sanofi).

der Schmerzpunkte auf der neuen Packung für eine klare Erkennung der Anwendungsgebiete. Der Wirkstoff Ibuprofen ist das Schmerzmittel der ersten Wahl in Deutschland. 2016 waren rund die Hälfte (50,6 %) aller in Deutschland verkauften OTCSchmerzmittel in oraler Form Pro-

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dukte mit diesem Wirkstoff. Aus gutem Grund: Schließlich kann der Wirkstoff bei den häufigsten Schmerzen zum Einsatz kommen. OTC-Schmerzmittel wie Ibuflam® entsprechen der Behandlungsempfehlung bei leichten bis mäßigen akuten Schmerzen. S. M.

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Nivolumab jetzt auch für die Behandlung des klassischen Hodgkin-Lymphoms zugelassen

D

ie Europäische Kommission hat die Zulassung von Nivolumab (Opdivo®) auf die Therapie von erwachsenen Patienten mit rezidivierendem oder refraktärem klassischem HodgkinLymphom (cHL) nach einer autologen Stammzelltransplantation und Behandlung mit Brentuximab Vedotin erweitert. Damit ist Nivolumab der erste und einzige PD1-Inhibitor, der für die Therapie eines hämatologischen Malignoms in der EU zugelassen ist. Dies ist die 6. EU-Zulassung für Nivolumab für 4 verschiedene Krebsarten in weniger als 2 Jahren. Beeindruckende Ansprechraten und langfristiges Ansprechen

Die Zulassungserweiterung basiert auf einer integrierten Analyse von Daten aus der Phase-II-Studie CheckMate-205 und der Phase-IStudie CheckMate-039, in die Patienten mit rezidivierendem oder refraktärem cHL nach ASCT und Behandlung mit Brentuximab Vedotin einbezogen wurden. In der Subgruppe mit Patienten, bei denen die Wirksamkeit untersucht wurde (n = 95), lag der primäre Endpunkt der objektiven Ansprechrate laut unabhängigem radiologischem Prüfkomitee bei 66 % (95%-KI: 56–76). Dabei betrug die media-

ne Zeit bis zum Ansprechen 2,0 Monate (Range 0,7–11,1). Bei den Patienten, die auf die Behandlung ansprachen, lag die mediane Ansprechdauer bei 13,1 Monaten (95%-KI: 9,5–NE; Range 0,0+, 23,1+). Eine kompletter Remission erzielten 6 % (95 %-KI: 2–13) und eine partielle Remission 60 % (95 %-KI: 49–70). Nach 12 Monaten betrug die progressionsfreie Überlebensrate 57 % (95%-KI: 45–68). Eine stabile Erkrankung wurde bei 23 % der Patienten festgestellt. Eine Post-hoc-Analyse der 80 Patienten aus Kohorte B der Studie CheckMate-205 ergab, dass 37 Patienten nicht auf die vorherige Therapie mit Brentuximab Vedotin angesprochen hatten. Bei diesen 37 Patienten betrug die Gesamtansprechrate auf die Therapie mit Nivolumab 59,5 % und die mediane Ansprechdauer 13,14 Monate.

Neue Daten zur Sicherheit

Die Sicherheit von Nivolumab zur Behandlung des cHL wurde bei 263 erwachsenen Patienten der Studien CheckMate-205 (n = 240) und CheckMate-039 (n = 23) untersucht. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse (aufgetreten bei mindestens 20 % der Patienten) waren Fatigue (32 %), Infektion der oberen Atemwege (28 %), Pyrexie (24 %), Diarrhö (23 %) und Husten (22  %). Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten bei 21 % der Patienten auf; am häufigsten (aufgetreten bei mindestens 1 % der Patienten) waren infusionsbedingte Reaktionen, Pneumonie, Pleuraerguss, Hautausschlag und Pneumonitis. Fabian Sandner, Nürnberg

Nivolumab Tumorzellen können durch verschiedene Escape-Mechanismen, wie z.B. die Unterdrückung der Immunantwort über CheckpointSignalwege, der körpereigenen Immunabwehr entkommen. Nivolumab (Opdivo®) ist ein humaner monoklonaler Antikörper, der spezifisch an den Programmed-Death-1(PD-1)-Rezeptor auf aktivierten T-Zellen bindet. Dadurch kann Nivolumab die Interaktion der Liganden PD-L1 und PD-L2 auf der Oberfläche der Tumorzellen mit dem PD-1-Rezeptor hemmen. Die Blockade des PD-1-Rezeptors durch Nivolumab kann so eine Unterdrückung der Immunabwehr verhindern und die antitumorale Immunantwort reaktivieren.

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Cabozantinib verbessert Gesamtüberleben von Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom

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ür Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom (NZK), bei denen eine vorangegangene Behandlung mit einer gegen den VEGF-Rezeptor gerichteten antiangiogenen Therapie versagt hat, gibt es eine neue Therapieoption, die ihnen einen klaren Überlebensvorteil bietet: Der Multi-Target-Kinase-Inhibitor Cabozantinib (Cabometyx®) ist das erste Medikament, für das das in einer randomisierten Phase-IIIStudie eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens, der objektiven Ansprechrate und des progressionsfreien Überlebens nachgewiesen wurde [1, 2]. Dieses überzeugende Ergebnis war nicht nur Basis für die Marktzulassung, sondern deutet auch darauf hin, dass Cabozantinib das Potenzial hat, im Rahmen der Second-LineTherapie eine neue Standardtherapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms zu werden. Cabozantinib durchbricht Resistenz gegen VEGFRTyrosinkinase-Inhibitoren

Bei der Mehrzahl der klarzelligen Nierenzellkarzinome steigen durch die Inaktivierung des von-HippelLindau-Proteins (VHL) die Kon-

zentrationen der TyrosinkinaseRezeptoren MET, AXL und VEGF [3, 4]. Diese Proteine fördern die Tumorangiogenese sowie Wachstum, Invasivität und Metastasierung der Tumoren [5, 6, 7]. Dieser Progression lässt sich durch Blockierung der VEGF-Rezeptoren durch Angiogenesehemmer entgegenwirken – TyrosinkinaseInhibitoren haben die Prognose von Nierenkarzinom-Patienten in den letzten Jahren deutlich verbessert. Allerdings entwickeln sich mit der Zeit Resistenzen, sodass es zu einem erneuten Tumorwachstum kommt. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Tyrosinkinasen MET und AXL, die durch die VHL-Inaktivierung ebenfalls hochreguliert werden [4]. Ihre Expression wird außerdem durch die Therapie mit VEGFR-Inhibitoren zusätzlich gesteigert, wodurch die Signalwege in den Tumorzellen „umgeschaltet“ werden können – der Tumor wird progredient [5]. Mit dem neuen TyrosinkinaseInhibitor Cabozantinib lässt sich diese Resistenzentwicklung durchbrechen, denn er hemmt neben den VEGF-Rezeptoren 1–3 auch MET und AXL [10]. Die Effektivität dieses Therapieansatzes konnte erfolgreich in der Zulassungsstudie METEOR belegt werden [1, 2].

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Deutliche Vorteile gegenüber dem Zweitlinienstandard Everolimus

Wirksamkeit und Sicherheit von Cabozantinib wurden in der randomisierten Phase-III-Studie METEOR untersucht [1, 2]. Die Studie wurde in circa 200 Zentren in 26 Ländern durchgeführt. Die Re­ krutierung erfolgte hauptsächlich in Europa, Nordamerika und Australien. An der Open-Label-Studie nahmen 658 Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom teil, bei denen mindestens eine vorangegangene VEGFR-TKITherapie versagt hatte. Als Vergleichsmedikament wurde der als Zweitlinienstandard etablierte Tyrosinkinase-Inhinitor Everolimus verwendet. Primärer Endpunkt von METEOR war das progressionsfreie Überleben (PFS) bei den ersten 375 behandelten Patienten. Als sekundäre Endpunkte wurden das Gesamtüberleben (OS) und die objektive Ansprechrate (ORR) bei allen in die Studie aufgenommenen Patienten untersucht. Die Patienten erhielten randomisiert im Verhältnis 1:1 entweder einmal täglich 60 mg Cabozantinib oder einmal täglich 10 mg Everolimus und wurden basierend auf der Anzahl der vorher erhaltenen VEGFR-TKI-Therapien und des © VERLAG PERFUSION GMBH


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100 100 90 90 80 80

Gesamtüberleben Gesamtüberleben (%) (%)

70 70 60 60 50 50 40 40 30 30 20 20 10 10

0

Cabozantinib Cabozantinib Everolimus Everolimus

HR 0.66(95(95% CI 0.53–0.83; p=0.00026 HR 0.66 % CI 0.53 - 0.83); p=0.00026 0 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30 0 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30 Zeit seit (Monate) ZeitRandomisierung seit Randomisierung (Monate)

AbbildungAnzahl 1: Ergebnis der METEOR-Studie für das Gesamtüberleben: Bei einem medianen der Patienten „unter Risiko“ ® Beobachtungszeitraum von etwa 19 war (Cabometyx Cabozantinib 330 318 296Monaten 264 239 unter 178 Cabozantinib 105 41 6 3 0) eine Zunahme desEverolimus medianen 328 Gesamtüberlebens von fast 5 Monaten im Vergleich zu Everolimus zu 307 262 229 202 141 82 32 8 1 0 verzeichnen: 21,4 Monate versus 16,5 Monate für Everolimus. Dies entspricht einer signifikanten Reduktion Sterberisiko um 34 % [2]. Anzahl der zensierten Patienten Cabozantinib

0

0

3

1

Everolimus 0 3 2 stratifi1 MSKCC-Risikoscores* ziert. Ein Wechsel zwischen den Studienarmen war nicht erlaubt. METEOR erreichte den primären Endpunkt der signifikanten Verbesserung des PFS. Im Vergleich zu Everolimus führte Cabozantinib zu einer Reduktion des Risikos von Krankheitsprogression oder Tod um 42 %. Das mediane PFS für Cabozantinib betrug 7,4 Monate im Vergleich zu 3,8 Monaten für Everolimus (HR = 0,58, 95%KI: 0,45‑0,74, p < 0,0001). Verglichen mit Everolimus verbesserte Cabozantinib auch die objektive Ansprechrate signifikant (24 % vs. 4 %, p < 0,0001 gemäß Prüfarztbewertung, 17 % vs. 3 %, p<0,0001 gemäß Bewertung durch Expertenpanel). Cabozantinib zeigte außerdem einen statistisch signifikanten und klinisch relevanten Gesamtüberlebensvorteil in der METEORStudie. Verglichen mit Everolimus

* Risikoscore des Memorial Sloan Kettering Cancer Center; niedrig, intermediär oder hoch

0 2

35

57

56

32

3

3

34 42 36 20 7 1 führte Cabozantinib zu einer Reduktion des Sterberisikos um 34 % (Abb. 1). Das mediane OS für Patienten, die mit Cabozantinib behandelt wurden, lag bei 21,4 Monaten im Vergleich zu 16,5 Monaten bei Everolimus (HR = 0,66, 95%-KI: 0,53–0,83; p = 0,0003) [2]. Der Gesamtüberlebensvorteil unter Cabozantinib war in allen analysierten Subgruppen konstant. Insbesondere war dieser Vorteil unabhängig von der MSKCC-Risikokategorie, dem Vorliegen von Knochen- und/ oder viszeralen Metastasen, der Anzahl und Art vorangegangener Therapien mit einem VEGFR-Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI), der Dauer der ersten VEGFR-TKI-Therapie (6 Monate oder kürzer bzw. länger als 6 Monate) sowie der Konzen­ tration des MET-Biomarkers in den Tumoren [2].

Akzeptables Nebenwirkungsprofil

Die häufigsten unerwünschten Ereignisse vom Grad 3 oder 4 waren

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Hypertonie (15 %), Diarrhö (13 %) und Fatigue (11 %) im Cabozantinib-Behandlungsarm sowie Anämie (17 %), Fatigue (7 %) und Hyperglykämie (5 %) im Everolimus-Behandlungsarm. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse vom Grad ≥3 traten bei 130 (39 %) mit Cabozantinib behandelten Patienten und bei 129 (40 %) mit Everolimus behandelten Patienten auf. Durch Dosismodifikation bei 62 % unter Cabozantinib und 25 % unter Everolimus konnten die Nebenwirkungen kontrolliert werden, wobei der Therapieerfolg auch bei der niedrigeren Dosierung anhielt. Die Rate der Therapieabbrüche aufgrund eines unerwünschten Ereignisses, das nicht mit der Krankheitsprogression in Zusammenhang stand, lag unter Cabozantinib bei 12 % und unter Everolimus bei 11 % [2]. Fazit

Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom haben eine 5-Jahres-Überlebensrate von nur 12 %. Der Bedarf an neuen Therapieoptionen, die Progression der Erkrankung hinauszögern, ist deshalb groß. Dank seiner neuartigen Wirkweise zeigte sich der Multi-Target-Kinase-Inhibitor Cabozantinib (Cabometyx®) in der Zweitlinientherapie gegenüber der Standardtherapie Everolimus als signifikant überlegen: Er verbessert die Ansprechrate, verzögert die Krankheitsprogression und verlängert das Überleben, und das bei einem klinisch akzeptablen Verträglichkeitsprofil sowie einem einfachen oralen Einnahmeschema, das eine flexible Dosierung für eine individualisierte Therapie erlaubt. Angesichts der in der Zulassungsstudie METEOR nachge© VERLAG PERFUSION GMBH


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wiesenen Überlebensvorteile empfehlen die aktuellen Guidelines der European Association of Urology (EAU) Cabozantinib gleichwertig zum PD-1-Inhibitor Nivolumab als bevorzugte Therapieoption in der Zweitlinie [10]. Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1 Choueiri TK, Escudier B, Powles T et al. Cabozantinib versus Everolimus in Advanced Renal-Cell Carcinoma. N Engl J Med 2015;373:1814-1823 2 Choueiri TK, Escudier B, Powles T et al. Cabozantinib versus everolimus in ad­ vanced renal cell carcinoma (METEOR): final results from a randomised, open-label, phase 3 trial. Lancet Oncol 2016;S1470-S2045 3 Harshman LC, Choueiri TK. Targeting the hepatocyte growth factor/c-Met signaling pathway in renal cell carcinoma. Cancer J 2013;19:316-323 4 Rankin EB, Fuh KC, Castellini L et al. Direct regulation of GAS6/AXL signaling by HIF promotes renal metastasis through SRC and MET. Proc Natl Acad Sci USA 2014;111:13373-13378 5 Zhou L, Liu XD, Sun M, et al. Targeting MET and AXL overcomes resistance to sunitinib therapy in renal cell carcinoma. Oncogene 2016;35:2687-2697 6 Koochekpour S, Jeffers M, Wang PH et al. The von Hippel-Lindau tumor suppressor gene inhibits hepatocyte growth factor/ scatter factor-induced invasion and branching morphogenesis in renal carcinoma cells. Mol Cell Biol 1999;19:5902-5912 7 Takahashi A, Sasaki H, Kim SJ, et al. Markedly increased amounts of messenger RNAs for vascular endothelial growth factor and placenta growth factor in renal cell carcinoma associated with angiogenesis. Cancer Res 1994;54:4233-4237 8 Powles T, Staehler M, Ljungberg B et al. European Association of Urology guidelines for clear cell renal cancers that are resistant to vascular endothelial growth factor receptor-targeted therapy. Eur Urol 2016;70:705-706

Abirateronacetat künftig als 500-mg-Filmtabletten erhältlich Die Arzneiform des AndrogenBiosynthese-Inhibitors Abirateronacetat (Zytiga®) von Janssen wurde weiterentwickelt, um die Einnahme für den Patienten noch angenehmer zu gestalten und so die Convenience zu erhöhen, obwohl er bereits seit Ende 2011 auf dem Markt ist. Der Wirkstoff wird demnächst in einer neuen Formulierung zur Verfügung stehen. Patienten nehmen dann statt bislang 4 Tabletten à 250 mg nur noch 2 Tabletten à 550 mg für eine Tagesdosierung von 1000 mg Abirateron­acetat ein. Das begleitend indizierte Prednison oder Prednisolon wird weiterhin in einer Dosierung von 2× täglich 5 mg eingenommen.

Bei der neuen Formulierung von Zytiga® handelt es sich zudem um Filmtabletten, die aufgrund ihres glatten Überzugs für die Patienten leicht zu schlucken sind. Eine weitere Neuerung betrifft die Packung: Die 500-mg-Filmtabletten sind in einem Blister mit Informationen zu den Wochentagen enthalten. Dadurch sieht der Patient auf den ersten Blick, wenn er die Einnahme von Tabletten vergessen hat. Eine Packung enthält künftig 56 Tabletten (4 × 14 Tabletten), die Therapiekosten bleiben unverändert. Die Zulassungserweiterung für die 500-mg-Filmtabletten erfolgte bereits im November 2016. Die gewohnten 250-mg-Tabletten werden nur noch für eine Übergangszeit erhältlich sein. F. S.

Abirateronacetat Abirateronacetat (Zytiga®) ist ein steroidaler Androgen-Biosynthese-Inhibitor. Abirateron, der aktive Metabolit, kann die beim kastrationsresistenten Prostatakarzinom trotz Androgenentzugstherapie persistierende Androgenproduktion in den Hoden, den Nebennieren und dem Tumorgewebe unterdrücken. Zytiga® ist – in Kombination mit Prednison oder Prednisolon – indiziert zur Behandlung des asymptomatischen oder mild symptomatischen, metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC) nach Versagen der Androgenentzugstherapie, wenn eine Chemotherapie noch nicht klinisch indiziert ist. Eine weitere Indikation ist die Behandlung des mCRPC, das während oder nach einer Docetaxel-haltigen Chemotherapie progredient verläuft. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sieht bei beiden Indikationen von Abirateron basierend auf den Zulassungsstudien COU-AA-301 und COU-AA-302 einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen. Zytiga® wurde inzwischen weltweit bei mehr als 250.000 Patienten eingesetzt.

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Brimica® Genuair® bei moderater bis schwerer COPD: Anhaltende Wirksamkeit, positiver Einfluss auf den Krankheitsverlauf

I

n der Dauertherapie bei stabiler COPD ist die Inhalation von langwirksamen Muskarinrezeptor-Antagonisten (LAMA) bzw. von langwirksamen β2Sympathomimetika (LABA) vorgesehen. Während LAMAs die Bronchokonstriktion indirekt reduzieren, indem sie die AcetylcholinSignalübertragung via Muskarinrezeptor auf die glatte Muskulatur der Bronchien hemmen, stimulieren LABA direkt β2-Adrenozeptoren, die für die Relaxation der glatten Muskulatur verantwortlich sind. Durch die Ergänzung der verschiedenen Wirkmechanismen hat sich die Kombination von LAMA und LABA prinzipiell als erfolgreiches Konzept in der COPD-Therapie erwiesen. Das zweimal täglich zu inhalierende Brimica® Genuair® (Berlin-Chemie) kombiniert den LAMA Aclidinium mit dem LABA Formoterol (400 μg Aclidiniumbromid/12 μg Formoterolfumarat) und ist seit Anfang 2015 als bronchodilatatorische Erhaltungstherapie zur Linderung von Symptomen bei Erwachsenen mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) in Deutschland zugelassen. Die breite Datenbasis aus den 24-wöchigen Zulassungsstudien ACLIFORM [1] und AUGMENT[2] wird jetzt durch eine

Vollpublika­ tion mit neuen Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit über 52 Wochen bestätigt [3]. Anhaltende Wirkung der Fixkombination über 52 Wochen

In der doppelblinden Phase-IIIStudie [3] wurden 400 μg Aclidiniumbromid/12 μg Formoterolfumarat (n = 392) oder 12 μg Formoterolfumarat (n = 198) zweimal täglich inhaliert. Die Patienten waren mindestens 40 Jahre alt und litten an moderater bis schwerer COPD. Primärer Endpunkt war die Sicherheit und Verträglichkeit der LAMA/LABA-Fixkombination über 52 Wochen. Brimica® Genuair® wurde gut vertragen und zeigte ein Nebenwirkungsprofil vergleichbar mit Formoterol und den Ergebnissen aus den Zulassungsstudien ACLIFORM und AUGMENT. Als weiterer Endpunkt wurde die Wirkung von Brimica® Genuair® auf die Lungenfunktion untersucht: Nach einer Woche ergab sich gegenüber der FormoterolMonotherapie ein um 87,4 ml größeres Trough-FEV1 (p < 0,001). Diese Verbesserung bestand auch nach 52 Wochen (um 81,5 ml besseres Trough-FEV1; p < 0,05) [3].

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Aclidinium/Formoterol kann COPD-Verschlechterung verzögern

Eine neue Post-hoc-Analyse der gepoolten Studienergebnisse (n = 2684) zeigte den Einfluss von 400 μg Aclidiniumbromid/12 μg Formoterolfumarat auf den Krankheitsverlauf [4]. Dazu wurde ein kombinierter Parameter, die „klinisch relevante Verschlechterung“ (clinically important deterioration, CID) herangezogen. Von einer CID wurde bei folgenden Ereignissen ausgegangen: Abnahme des Trough-FEV1 um mindestens 100 ml, Verschlechterung des Transition Dyspnea Index (TDI) um mindestens eine Einheit, Reduktion der Lebensqualität um mindestens 4 Einheiten (gemessen mit dem St. George’s Respiratory Questionnaire, SGRQ) oder Auftreten einer mittleren bis schweren Exazerbation. Unter 400 μg Aclidiniumbromid/12 μg Formoterolfumarat verzögerte sich das Auftreten einer klinisch relevanten Verschlechterung signifikant: Nach 24 Studienwochen zeigten 74,9 % der Teilnehmer unter Placebo, 65,5 % unter zweimal täglich Formoterolfumarat 12 μg und 63,9 % unter zweimal täglich Aclidinium 400 μg mindestens ein CID-Ereignis, jedoch nur © VERLAG PERFUSION GMBH


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57,8 % unter der Fixkombination (p < 0,0001 vs. Placebo; p < 0,01 vs. Formoterol; p < 0,05 vs. Aclidinium) [4]. Bessere Lungenfunktion, vergleichbar in der Exazerbationsprävention mit LABA/ICS

Eine Double-Dummy Phase-IIIbStudie [5] verglich außerdem die zweimal tägliche Inhalation von 400 μg Aclidiniumbromid/12 μg Formoterolfumarat mit der einer LABA/ICS-Fixkombination (Salmeterol 50 μg/Fluticason 500 μg) über 24 Wochen. Primärer Endpunkt war der FEV1-Spitzenwert (Peak-FEV1) nach 24 Wochen, sekundärer der TDI. Das Auftreten von Exazerbationen wurde unter anderem als weiterer Endpunkt festgelegt. 468 Patienten erhielten

die LAMA/LABA-Fixkombination, 463 LABA/ICS. Die Patienten litten an moderater bis schwerer COPD. Knapp ein Drittel hatte zudem im vorausgehenden Jahr mindestens eine Exazerbation. Unter Aclidinium/Formoterol ergab sich zu allen Zeitpunkten ein signifikant höherer FEV1-Spitzenwert (durchschnittliche Verbesserung um 93 ml; p < 0,0001) als in der LABA/ICS-Vergleichsgruppe. Die Linderung der Dsypnoe gemäß TDI war unter beiden Kombinationen nach 24 Wochen klinisch relevant und vergleichbar. Hinsichtlich der Exazerbationshäufigkeit zeigte sich unter LABA/ICS-Einsatz kein Vorteil: Mindestens eine Exazerbation im Beobachtungszeitraum erlitten 15,8 % unter Aclidinium/ Formoterol und 16,6 % unter Salmeterol/Fluticason (nicht signifikant) [5]. Elisabeth Wilhelmi, München

Literatur 1 Singh D, Jones PW, Bateman ED, et al. Efficacy and safety of aclidinium bromide/ formoterol fumarate fixed-dose combinations compared with individual components and placebo in patients with COPD (ACLIFORM-COPD): a multicentre, randomised study. BMC Pulm Med 2014; 14:178 2 D’Urzo A, Rennard SI, Kerwin EM et al. Efficacy and safety of fixed-dose combinations of aclidinium bromide/formoterol fumarate: the 24-week, randomized, placebocontrolled AUGMENT COPD study. Respir Res 2014;15:123 3 Bateman ED, Chapman KR, Singh D et al. Aclidinium bromide and formoterol fumarate as a fixed-dose combination in COPD: pooled analysis of symptoms and exacerbations from two six-month, multicentre, randomized studies (ACLIFORM and AUGMENT). Respir Res. 2015;16:92 4 O’Hagan P, Chavannes NH. The impact of morning symptoms on daily activities in chronic obstructive pulmonary disease. Curr Med Res Opin 2014;30:301-314 5 Roche N, Chavannes NH, Miravitlles M. COPD symptoms in the morning: impact, evaluation and management. Respir Res 2013;14:112

ROTE LISTE®

ROTE LISTE macht „Educational Material“ leichter zugänglich Die Rote Liste Service GmbH unterstützt die pharmazeutischen Unternehmen bei der Erfüllung der Veröffentlichungspflicht von beauflagtem Schulungsmaterial („Educational Material“). Diese Schulungsmaterialien sind ergänzende Informationen, die für die sichere Anwendung des betreffenden Arzneimittels von Bedeutung sind und zusätzlich zur Fach- und Gebrauchsinformation für bestimmte Arzneimittel zur Verfügung gestellt werden müssen („additional risk minimisation measure“). Die Bereitstellung solcher ergänzender Schulungsmaterialien ist in

Die ROTE LISTE® ist mit 270.000 Exemplaren das auflagenstärkste Arzneimittelverzeichnis in Deutschland. Neben der jährlich aktualisierten Buchausgabe sind verschiedene elektronische Publikationen und eine Online-Version verfügbar, die zweimal jährlich aktualisiert werden. Seit 2006 wird die ROTE LISTE® von der ROTE LISTE Service GmbH, einem Tochterunternehmen des Bundesverbands der pharmazeutischen Industrie (BPI) und des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa), herausgegeben.

bestimmten Fällen aus Sicht der Behörden erforderlich, damit das Nutzen-Risiko-Verhältnis für diese Arzneimittel positiv beurteilt werden kann. Auf Anregung der Rote Liste Kommission bietet die Rote Liste Service GmbH im Rahmen des Fachinfoservices www.fachinfo.de eine Plattform zur Veröffentlichung des beauflagten Schulungsmaterials: • Dieser Service ist kostenfrei für alle am Fachinfo-Service der

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RLS teilnehmenden pharmazeutischen Unternehmen. • Der Aufwand ist gering: Es ist lediglich eine Verlinkung auf die Firmenhomepage nötig. Ziel ist es, beauflagte Schulungsmaterialien im direkten Umfeld der jeweiligen Fachinformation zur Verfügung zu stellen und somit die Vorgaben des BfArM zu er­ füllen. S. M. © VERLAG PERFUSION GMBH


KONGRESSE

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Lenvatinib

Radiojod-refraktäres Schilddrüsenkarzinom: Beeindruckendes Langzeitansprechen auf Lenvatinib Auch in diesem Jahr wurden auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) wieder neue überzeugende Daten zum Einsatz von Lenvatinib (Lenvima®) präsentiert. Vorgestellt wurde u.a. ein DatenUpdate der für Lenvatinib zulassungsrelevanten SELECT-Studie beim Radiojod-refraktären, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten differenzierten Schilddrüsenkarzinom, die Lenvatinib mit Placebo verglich. Verbessertes progressionsfreies Überleben

Die Analyse der neuen Studiendaten erbrachte ein gegenüber der Primäranalyse nochmals verbessertes medianes progressionsfreies Überleben (PFS) zugunsten von Lenvatinib (19,4 Monate vs. 3,7 Monate; HR = 0,24; 99%-KI: 0,17–0,35; p < 0,0001). Der PFSVorteil war in allen untersuchten Subgruppen nachweisbar und unabhängig davon, ob eine Vortherapie mit VEGF-gerichteten Therapien stattgefunden hatte oder nicht. Der aktuelle Datenschnitt ermöglichte erstmals auch Aussagen zum Langzeitansprechen auf Lenvatinib, die durch präsentierte Fallstudien gestützt wurden. „Die neuen Daten und überzeugenden Kasuistiken unterstreichen die klinische Relevanz von Lenvatinib. Mit Lenvatinib können wir Patienten, die nicht auf Radiojod ansprechen, eine wirkungsvolle

Lenvatinib (Lenvima®, Kisplyx®) besitzt ein spezifisches Inhibitionsprofil für essenzielle Rezeptor-Tyrosinkinasen (RTK), das sich von dem anderer Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) unterscheidet. Lenvatinib hemmt gleichzeitig die Aktivität mehrerer Moleküle, darunter den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor-Rezeptor (VEGFR), den Fibroblastenwachstumsfaktor-Rezeptor (FGFR), RET, KIT und den thrombozytären Wachstumsfaktor-Rezeptor (plateletderived growth factor receptors, PDGFR). Somit ist Lenvatinib der möglicherweise erste TKI, der gleichzeitig FGFR 1–4 und VEGFR 1–3 inhibiert. Zudem erfolgt die Bindung von Lenvatinib bei der Kinaseinhibition – anders als bei den übrigen bekannten TKI – über einen neuen, sogenannten Typ-V-Bindungsmodus.

Therapie anbieten und darüber hinaus eine Therapie, von der sie im Median sogar 2,5 Jahre profitieren und mehr als 1,5 Jahre progressionsfrei bleiben. Das sind sehr gute Nachrichten für uns Ärzte und für unsere Patienten“, betonte Professor Christoph Reuter, Hannover. Es konnte gezeigt werden, dass Patienten, die entweder mit einer partiellen (PR) oder kompletten Remission (CR) auf die Behandlung mit Lenvatinib ansprachen, schnell und lange von der Therapie profitierten. Eine PR oder CR erreichten 60,2 % der Lenvatinib-Patienten. Im Median sprachen diese Patienten 30 Monate (95%-KI: 18,4–35,2) auf die Behandlung mit Lenvatinib an. Die Ergebnisse waren konsistent in nahezu allen untersuchten Subgruppen. Lediglich Patienten mit höherer Krankheitslast sowie Leber- oder Hirnmetastasen zeigten eine vergleichsweise kürzere Dauer des Ansprechens auf Lenvatinib. Die mediane Zeit bis zum objektiven Ansprechen betrug 3,5 Monate (95%-KI: 1,9– 3,7). 70,4 % der Patienten mit einer CR oder PR unter Lenvatinib zeigten bereits innerhalb der ersten 30 Behandlungstage ein Ansprechen auf die Therapie. Fabian Sandner, Nürnberg

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Fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom: Erste zielgerichtete Kombination aus Lenvatinib und Everolimus Mit der Zulassung des Multikinase-Inhibitors Lenvatinib (Kis­ ­plyx®) in Kombination mit der bisherigen Zweitlinien-Standard­ therapie Everolimus (Afinitor®) steht Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom erst­ mals eine Kombinationstherapie zweier zielgerichteter Substanzen zur Verfügung. Die Zulassung zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Nierenzellkarzinom nach Anti-VEGF-Vortherapie durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA erfolgte in einem beschleunigten Verfahren aufgrund der überzeugenden Daten aus der globalen, multizentrischen, offenen Phase-II-Studie 205 bereits am 25. August 2016. Die Ergebnisse dieser Studie präsentierte Professor Viktor Grünwald, Hannover, auf einer Pressekonferenz der Eisai GmbH anlässlich des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) e.V. in Leipzig. © VERLAG PERFUSION GMBH


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Klinisch hoch relevante Verbesserungen von PFS und Gesamtüberleben

In die zulassungsrelevante PhaseII-Studie 205 wurden 153 Patienten mit einem klarzelligen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Nierenzellkarzinom und gutem Allgemeinzustand (ECOGPerformance-Status 0 oder 1) mit erfolgter Anti-VEGF-Vortherapie eingeschlossen, deren Erkrankung unter oder innerhalb von 9 Monaten nach einer antiangiogenetischen Erstlinientherapie fortgeschritten war. Die Teilnehmer wurden im Verhältnis 1:1:1 randomisiert und erhielten entweder Lenvatinib (18 mg/d) in Kombination mit Everolimus (5 mg/d) oder nur Lenvatinib* (24 mg/d) oder nur Everolimus (10 mg/d). Alle Wirkstoffe wurden oral verabreicht. Die Therapie erfolgte in kontinuierlichen Zyklen von 28 Tagen und wurde fortgeführt bis zum Krankheitsprogress oder inakzeptabler Toxizität. Der primäre Studienendpunkt, das mediane progressionsfreie Überleben (PFS), zeigte sich im Kombinationstherapiearm gegenüber dem Everolimus-Monotherapiearm statistisch signifikant verlängert (14,6 vs. 5,5 Monate; HR = 0,40; 95%-KI: 0,24–0,68; p = 0,0005). Der Vorteil war unabhängig von der MSKCC-Risikogruppe, der initialen Tumorgröße und der Metastasenlokalisation. „Ein progressionsfreies Überleben von fast 15 Monaten haben wir in der Zweitlinienbehandlung bei fortgeschrittenem Stadium bislang noch nicht gesehen. Trotz der relativ kleinen Patientenzahl der Phase-II-Studie erreicht das Ergebnis * Die Lenvatinib-Monotherapie ist nicht für die Behandlung des fortgeschrittenen Nieren­zellkarzinoms zugelassen.

statistische Signifikanz zugunsten der Kombination. Gemessen an dem Zugewinn der Wirksamkeit gegenüber einer Standardtherapie ist das Ergebnis klinisch relevant und schafft damit eine weitere Verbesserung der Therapielandschaft des Nierenzellkarzinoms“, kommentierte Grünwald. Das Gesamtüberleben (OS, sekundärer Studienendpunkt) verlängerte sich um 10,1 Monate von 15,4 Monaten unter Behandlung mit Everolimus auf 25,5 Monate unter Kombinationstherapie mit Lenvatinib und Everolimus (HR = 0,59; 95%KI: 0,36–0,97; p = 0,065). Grünwald fasste diese Ergebnisse wie folgt zusammen: „Mit der Kombination Lenvatinib plus Everolimus verbessern sich die Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom in der Zweitlinie. Die gezeigten Vorteile für das Tumoransprechen und PSF Überleben sind beachtlich und haben meine Erwartungen in dieser Therapiesituation bei Weitem übertroffen. Passend zu diesem Zugewinn an Wirksamkeit wurde mit der Kombination ein Gesamtüberleben von 25,5 Monaten im Median erreicht − was im historischen Kontext beachtlich ist. Gerade dieses Gesamtpaket aus Verbesserung des PFS und des Gesamtüberlebens macht die neue Kombinationstherapie interessant für unsere Patienten.“ Gute Ansprechrate und handhabbare Nebenwirkungen

Neben dem PFS und OS wurden die Patientendaten auch hinsichtlich Gesamtansprechrate (ORR) und Verträglichkeit (jeweils sekundäre Studienendpunkte) ausgewertet. Mit einer Ansprechrate von 43 % unter Behandlung mit

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Lenvatinib in Kombination mit Everolimus (2 % komplette und 41  partielle Remission) und 6 % unter Monotherapie mit Everolimus zeichnete sich auch hier ein klarer Vorteil für die Kombinationstherapie ab. Im Median sprachen die Patienten 13 Monate auf die Therapie mit Lenvatinib in Kombination mit Everolimus und 8,5 Monate auf Everolimus allein an. Das Verträglichkeitsprofil für Lenvatinib in Kombination mit Everolimus war konsistent mit den jeweiligen bekannten Nebenwirkungen der Einzelsubstanzen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Grad 3 unter Lenvatinib plus Everolimus gehörten Diarrhö, Fatigue oder Asthenie und Bluthochdruck sowie unter der EverolimusMonotherapie Anämie, Dyspnoe, Hypertriglyzeridämie und Hyperglykämie. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse vom Grad ≥3 traten bei 45 % der Patienten mit Lenvatinib plus Everolimus und bei 38 % im Everolimus-Arm auf. „Erwartungsgemäß erhöht die Kombination das Risiko für Nebenwirkungen. Gastrointestinale Nebenwirkungen stehen dabei ganz klar im Vordergrund. Die wichtige Botschaft aber ist: Die Nebenwirkungen sind mit einem proaktiven Therapiemanagement, d.h. mit geeigneten prophylaktischen und begleitenden Maßnahmen sowie ggf. mit Dosisanpassungen, handhabbar. Das Limitierende bei Studien mit Kombinationen waren bislang immer die Toxizitäten, die zu Dosiskompromissen und dadurch zu einem Verlust der erforderlichen Wirksamkeit geführt haben. Die Kombination von Lenvatinib und Everolimus war mit einer beeindruckenden Effektivitätssteigerung trotz Dosisanpassungen verbunden. Wichtig ist es, die für den Patienten individuelle Dosis zu © VERLAG PERFUSION GMBH


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finden und durch frühe Interventionen einen Exzess an Toxizitäten zu vermeiden“, erläuterte Grünwald. Neuer Standard in der Zweitlinientherapie?

„Zur Erstlinienbehandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms haben wir seit einigen Jahren effektive Therapien, in der Zweitlinie waren die Optionen deutlich begrenzter. Es standen nur moderat aktive Substanzen zur Verfügung, die mit einer PFS-Erwartung von ca. 4–5 Monaten einhergingen. Das war verbesserungswürdig. Mit HOPE 205 gibt es erstmals eine Studie, die den Vorteil zweier zielgerichteter Substanzen beim Nierenzellkarzinom belegt. Die Ergebnisse sind vielversprechend. Ich glaube, dass die Kombinationstherapie mit den beiden zielgerichteten Substanzen Lenvatinib und Everolimus neben weiteren neuen Substanzen ihren festen Stellenwert in der Behandlung des Nierenzellkarzinoms haben wird“, sagte Grünwald. Seiner Meinung nach besteht die Aufgabe in den nächsten Jahren darin, diejenigen Patienten zu identifizieren, die von einer solchen zielgerichteten Therapie am besten profitieren. In den USA ist die Kombinationstherapie Lenvatinib plus Everolimus zur Behandlung des fortgeschrittenen oder metastasierten Nierenzellkarzinoms bereits seit Mai 2016 zugelassen. Sie wird in der Nierenkrebs-Guideline des USamerikanischen National Comprehensive Cancer Network mit dem zweithöchsten Empfehlungsgrad (2a) zur Therapie bei RCC-Patienten mit vorheriger antiangiogenetischer Behandlung empfohlen. Fabian Sandner, Nürnberg

CDI-Infektionen: Fidaxomicin bei erhöhtem Rezidivrisiko „Bei Patienten mit Clostridiumdifficile-Infektionen (CDI) kommt es vor allem auf eine schnelle und schweregradgerechte Behandlung an. So lassen sich Rezidive und Todesfälle verhindern“, betonte Professor Martin Storr, GautingStarnberg, auf einem von Astellas Pharma unterstützten Pressegespräch in München. Fidaxomicin (Dificlir™) hat in Studien bewiesen, dass es Rezidive signifikant häufiger verhindert als Vancomycin und so die anhaltende Heilungsrate erhöht. In Leitlinien wird das Makrozyklin daher empfohlen, sobald das Rezidivrisiko erhöht ist. Hospitalisierung und Antibiotika als Hauptrisikofaktoren

Jedes Jahr werden in deutschen Krankenhäusern etwa 100.000 Patienten mit Clostridium difficile-Infektionen (CDI) behandelt, Tendenz steigend. Häufig ist für die Patienten nach dem Krankenhausaufenthalt das Leiden nicht beendet, denn bei jedem vierten kommt es zum Rezidiv. Dann werden auch viele niedergelassene Ärzte mit dem Phänomen CDI konfrontiert. Die Patienten leiden enorm unter den wiederkehrenden starken, krampfartigen Durchfällen. Gleichzeitig stellen die Erkrankung sowie deren Therapie und Nachsorge einen bedeutsamen Kostenfaktor für das Gesundheitssystem dar. Die zusätzlichen Kosten pro CDI-Patient liegen durchschnittlich bei 6.300 Euro. Die Risikofaktoren sind vielfältig und reichen vom höheren Alter

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über einen beeinträchtigten Immunstatus bis hin zu Begleiterkrankungen. Zwei zentrale Risikofaktoren hob Storr in München hervor: „Allein die Hospitalisierung eines Patienten ist ein unabhängiger Risikofaktor für eine CDI. Und der Auslöser der Erkrankung ist quasi immer die Gabe von Antibiotika.“ Dieselben Risikofaktoren wie für die primäre Erkrankung gelten auch für CDI-Rezidive. Aufgrund der Risikofaktoren und weil die Behandlung der CDI mit konventionellen Antibiotika das intestinale Mikrobiom meist zusätzlich schädigt, sind Rezidive häufig. Und sie sind gefährlich. Mit jedem Rezidiv steigt das Risiko weiterer Rezidive und für einen komplizierten Verlauf. Das Risiko für einen letalen Ausgang ist bereits mit dem ersten Rezidiv um mehr als das 30-Fache erhöht. Fidaxomicin, sobald das Rezidivrisiko erhöht ist

Storr plädierte daher in München für einen schnellen und rationalen Einsatz der zur Verfügung stehenden Medikamente, der sich am individuellen Risiko des Patienten orientiert. Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) empfehlen Fidaxomicin, sobald das Rezidivrisiko erhöht ist. Fidaxomicin wurde speziell zur Behandlung der CDI entwickelt. Es wirkt gezielt gegen C. difficile und wirkt sich daher nur minimal auf das intestinale Mikrobiom aus. Es tötet C. difficile ab und verringert gleichzeitig die Sporen- und Toxin-Produktion, sodass auch die Gefahr einer Reinfektion durch verbleibende Sporen gesenkt wird. © VERLAG PERFUSION GMBH


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Beträchtlicher Zusatznutzen von Fidaxomicin

In den Zulassungsstudien konnte Fidaxomicin daher die Anzahl der Rezidive um 47 % im Vergleich zu Vancomycin reduzieren und die anhaltenden Heilungsraten (klinische Heilung ohne Rezidiv in den folgenden 30 Tagen nach Therapieende) signifikant erhöhen. Bei der Behandlung eines ersten Rezidivs halbierte Fidaxomicin das Risiko für ein weiteres Rezidiv. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bescheinigte Fidaxomicin aufgrund seiner positiven Studiendaten bereits 2013 einen beträchtlichen Zusatznutzen in der Behandlung von Patienten mit schweren und/oder rekurrenten Krankheitsverläufen einer C.-difficile-assoziierten Diarrhö. Bei Patienten mit mehr als 2 Rezidiven, die ein besonders hohes Risiko für weitere Rezidive haben, stehen nur noch wenige Therapieoptionen zur Verfügung. Laut Leitlinie stellt Fidaxomicin eine gute Therapieoption für die rezidivierende CDI dar. Andere aktuell diskutierte Therapien sieht Storr kritisch. Das aktuell in einigen Fachmedien aufgegriffene Ausschleichschema mit Vancomycin ist langwierig, kompliziert und kostenintensiv. Der mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) vereinbarte Erstattungspreis für Dificlir™ wurde von den Kassen dagegen als wirtschaftlich anerkannt. Als experimentelle Therapieform kann in begründeten Einzelfällen, wenn alle anderen zugelassenen Therapieoptionen ausgeschöpft sind, eine Fäkaltransplantation probiert werden. Hier muss jedoch eine besonders sorgfältige NutzenRisiko-Abwägung erfolgen, denn es besteht das Risiko der Übertragung von Krankheitserregern, das

auch durch umfangreiches und kostenintensives Screening nicht vollständig ausgeräumt werden kann. Die mit einer Fäkaltransplantation einhergehenden Risiken zeichnen sich bereits ab. So gibt es beispielsweise Berichte von Gewichtszunahmen infolge eines Stuhltransfers. Elisabeth Wilhelmi, München

Die Hepatologen blicken positiv in die Zukunft In einigen Bereichen der Hepatologie wie etwa der Behandlung der Hepatitis C hat es in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gegeben. Doch auch auf anderen Feldern tritt die Hepatologie derzeit wohl in eine neue Ära ein. Bei verschiedenen hepatologischen Krankheitsbildern sind weitere relevante Neuerungen in Diagnostik und Therapie offenbar in greifbare Nähe gerückt. Bei welchen Erkrankungen sich Fortschritte abzeichnen, wie relevant diese sind und wo es noch offene Fragen gibt, diskutierten internationale Experten bei einem Workshop der Falk Foundation e.V. im Vorfeld der Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft zum Studium der Leber (GASL) in Essen. Relevante Fortschritte statt therapeutischem Nihilismus

Sowohl bei den viralen als auch den nicht viralen Lebererkrankungen sind die Zukunftsperspektiven positiv. So wurde bei der Behandlung der Hepatitis C der Durchbruch bereits geschafft: „Es handelt sich um die einzige chronische Lebererkrankung, bei der wir inzwischen

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eine völlige Ausheilung erwirken können“, berichtete Tagungsleiter Prof. Guido Gerken, Essen. Vom früher vielbeschworenen therapeutischen Nihilismus kann nach seinen Ausführungen nicht mehr die Rede sein: „Wir verstehen die Pathogenese von Lebererkrankungen heutzutage besser denn je und das bis hinein in den molekularen Bereich. Das schlägt sich nieder in Fortschritten bei der Diagnostik, aber auch bei der Therapie – und das nicht nur bei der Hepatitis C, sondern auch bei anderen viralen und fibrotischen Lebererkrankungen.“ Auf der anderen Seite aber wachsen die Herausforderungen in der Hepatologie infolge der fast schon epidemieartig zunehmenden Inzidenz und Prävalenz der nicht alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD). Diese ist längst zu einer der zentralen Ursachen chronischer Leberkrankheiten geworden und gilt als Trigger für die Ausbildung einer nicht alkoholischen Steatohepatitis (NASH) sowie einer Leberfibrose mit dem Risiko der Progression zur Leberzirrhose und zum hepatozellulären Karzinom (HCC). Von Neuerungen bei den cholestatischen Lebererkrankungen profitieren

Doch auch bei NASH zeichnen sich bereits Fortschritte ab, wobei die Hepatologen offenbar von den Erfahrungen bei der primär biliären Cholangitis profitieren. Wirkstoffen, die sich in aktuellen Studien bei den cholestatischen Lebererkrankungen als wirksam und sicher erwiesen haben, scheint möglicherweise auch bei NASH therapeutische Bedeutung zuzukommen. © VERLAG PERFUSION GMBH


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Neuerungen gibt es auch bei der Leberfibrose, bei der laut Gerken eine genauere Klassifizierung Not tut: „Wir müssen die Leberfibrose danach differenzieren, ob sie mit einer Fettleber assoziiert ist oder nicht und ob sie mit Entzündungsprozessen einhergeht und/ oder rasch progredient verläuft.“ Abhängig von der jeweiligen Ätiologie stehen die Chancen auf eine Rückbildung gut. So kann bei der alkoholischen Leberfibrose eine Alkoholabstinenz und bei der durch eine Hepatitis B induzierten Fibrose eine antivirale Therapie zur Regression führen. Leberfibrose – ein dynamisches Krankheitsbild

Auch bei der Leberfibrose wird die Pathogenese inzwischen besser verstanden. Dabei wird nach Professor Detlef Schuppan, Mainz, zunehmend deutlich, dass es sich um einen dynamischen Prozess handelt, an dem verschiedene Zellpopulationen beteiligt sein können. Darunter sind sowohl Zellen, die die Fibrose fördern, als auch Zellen mit fibrolytischen Eigenschaften. Letztere sind ein wichtiger Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer pharmakologischer Optionen zur Induktion einer Regression. Derzeit werden mehrere Wirkstoffe mit antifibrotischen Eigenschaften und unterschiedlichen Wirkmechanismen in klinischen Studien geprüft. Damit verbindet sich die Hoffnung, Substanzen zu identifizieren, die effektiv die Fibrose und möglicherweise sogar zirrhotische Veränderungen zur Rückbildung bringen können. Es ist jedoch laut Schuppan unrealistisch, alles auf eine Karte zu setzen: „Eine effektive antifibrotische Therapie wird wahrscheinlich nur

durch die Kombination verschiedener Ansatzpunkte zu realisieren sein.“ Parallel zur Prüfung pharmakologischer Targets wird intensiv in Richtung Biomarker geforscht. Ziel dabei ist es zum einen, das individuelle Risiko des Patienten besser abschätzen zu können. Zum anderen geht es darum, künftig eine personalisierte Therapie der Leberfibrose zu realisieren. Hoffnungsschimmer beim hepatozellulären und cholangiozellulären Karzinom

Ein erheblicher Forschungsbedarf besteht nach Gerken derzeit noch bei den Krebserkrankungen im Bereich der Hepatologie wie dem hepatozellulären Karzinom (HCC) sowie dem cholangiozellulären Karzinom (CCC). Bei beiden Tumorerkrankungen sind die Behandlungsmöglichkeiten derzeit limitiert. Allerdings gibt es, so Professor Robert Thimme, Freiburg, beim HCC berechtigte Hoffnung auf verbesserte Behandlungsmöglichkeiten durch eine Krebsimmuntherapie. Dies gilt nach Professor Gregor J. Gores, Rochester/ USA, ebenso für das CCC, das derzeit ebenfalls Gegenstand intensiver Forschungstätigkeiten ist. Zu differenzieren ist dabei zwischen einem intrahepatischen, einem perihilären und einem distalen CCC. Die einzelnen Tumorformen unterscheiden sich in den molekularen Veränderungen und den das Tumorwachstum im Wesentlichen antreibenden Signalwegen. Das dürfte bei den künftigen Behandlungsstrategien zu berücksichtigen sein. Elisabeth Wilhelmi, München

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Haarsprechstunde als sinnvolle Ergänzung für jede dermatologische Praxis Die evidenzbasierte Medizin, gepaart mit der umfassenden klinischen Erfahrung des behandelnden Arztes, bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Behandlung des Haarausfalls. Die Compliance des Patienten ist eine wichtige Voraussetzung für den Therapieerfolg. Im Rahmen der 25. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie in München sprachen Experten über ihre Erfahrungen mit der Einrichtung einer Haarsprechstunde für Patienten, den Therapiemöglichkeiten bei androgenetischem und diffusem Haarausfall und der Förderung der Patientencompliance. Aufmerksamkeit für die Haarsprechstunde schaffen

„Von Haarausfall Betroffene haben häufig einen hohen Leidensdruck und bedürfen neben einer effektiven Therapie auch einer einfühlsamen Patientenführung. Dies kann eine dermatologische Praxis mit entsprechender Fachkompetenz mittels einer Haarsprechstunde für Patienten mit Haarausfall leisten. Bereits vor dem Gespräch mit dem Arzt können zahlreiche Daten und Fakten mit einem speziellen Fragebogen erfasst werden“, berichtete Dr. Uwe Schwichtenberg, Praxis für Dermatologie, Allergologie und Phlebologie, Bremen. „In unserer Praxis setzen wir außerdem einen separaten Haarausfallflyer ein, der die häufigsten Formen des Haarausfalls und deren Therapie erläutert.“ Während des Gesprächs in der Haarsprechstunde stehen die Diag© VERLAG PERFUSION GMBH


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nosestellung, die Erörterung eines Therapieplans sowie die Erfassung des Haarstatus im Vordergrund. Dazu werden Übersichtsfotos und eine computergestützte Analyse verwendet, die die Grundlage für die inhaltlich und zeitlich genau zu definierenden Verlaufskontrollen darstellen. Außerdem wird dem Patienten ein Haarausfall-Nachsorgebogen mitgegeben. „Mittlerweile bietet sich sogar eine Online-Videosprechstunde an, da die Haarsprechstunde oft überregional genutzt wird“, sagte Schwichtenberg. Informationen zum Angebot der Haarsprechstunde finden sich in allen Bereichen der Außenwerbung der Praxis. An Bedeutung gewonnen haben natürlich auch die digitalen Medien und das Internet. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, das während der Haarsprechstunde gefördert werden kann, die Gewissheit, kompetent beraten zu werden und ein positiver Ausblick auf den zu erwartenden Behandlungserfolg steigern die Motivation des Patienten, Behandlungen über einen längeren Zeitraum durchzuhalten. Der Diagnosestellung sollte eine individualisierte, Pathogeneseorientierte Therapie folgen und ein individuelles Therapieziel mit dem Patienten besprochen werden. Kombinierte Therapie mit frühem Beginn erhöht Erfolgsaussichten

Die Klientel seiner Haarsprechstunde besteht laut Dr. Andreas M. Finner, Trichomed® Praxis für Haarmedizin und Haartransplantation, Berlin, überwiegend aus Patientinnen, die einen verstärkten Haarausfall, ein reduziertes Haarvolumen oder verkürzte Haarlängen aufweisen. Meist liegt bei diesen Frauen noch keine Scheitel-

verbreiterung oder sichtbare Kopfhaut vor. In der Trichoskopie wird trotz nur leichter Dichteminderung eine auffällige Miniaturisierung einiger Haare erkennbar. Der Zupftest am Oberkopf ist häufig leicht positiv und es lässt sich eine erhöhte Telogenrate im Trichogramm beobachten. Wie Finner erläuterte, weist die Kombination dieser Befunde auf eine aktive androgenetische Alopezie mit verkürzten Haarzyklen hin. Das Effluvium ist nicht gleichmäßig diffus, sondern betrifft eher den Oberkopf. „Die Therapie kann stufenweise und kombiniert erfolgen, um sowohl die Telogenrate zu senken als auch das Nachwachsen anzuregen bzw. eine langfristige Stabilisierung zu erreichen“, sagte Finner. Initial eignet sich eine orale Kombination von B-Vitaminen, Cystin und Medizinalhefe (Pantovigar®). Gleichzeitig kann langfristig eine 0,025%ige Alfatradiol-haltige Lösung (Pantostin®) auf der Kopfhaut angewendet werden. Wie Finner hervorhob, sollten Präparate mit Minoxidil eher später, nach einer Stabilisierung der Ausfallaktivität, eingesetzt werden. In der Therapie des aktiven Effluviums bringt das Kombinationspräparat aus B-Vitaminen, Cystin und Medizinalhefe eine schnellere Verbesserung der Anagenrate und Kräftigung der Haarstruktur. Die frühzeitige und langfristige Therapie der androgenetischen Haarwachstumsschwäche mit Alfatradiol hilft der Haarerhaltung und wirkt kausal gegen die Androgenwirkung am Haarfollikel. Nach verbesserter Telogenrate wird Minoxidil als Lösung oder Schaum aufgetragen. Je nach Befund können ergänzend Kortikosteroide, Antischuppenshampoos und eventuell eine Low-Level-Lasertherapie eingesetzt werden. Die

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Erfolgskontrolle sollte im Verlauf digital durchgeführt werden. Patientenkommunikation ist der Schlüssel für gute Compliance

„Die klinische Erfahrung lehrt uns, dass die evidenzbasierte Monotherapie von Haarausfall nur begrenzt wirksam ist“, betonte Professor Ralph M. Trüeb, Dermatologische Praxis und Haarcenter Professor Trüeb, Wallisellen-Zürich, Schweiz. Man muss offen bleiben für die Möglichkeit mehrerer gleichzeitig bestehender Haarausfallursachen. Gute medizinische Praxis heißt laut Trüeb letztendlich, die beste externe Evidenz aus der evidenzbasierten Medizin in die individuelle klinische Erfahrung und Expertise zu integrieren. Es geht dann nicht mehr darum, dass eine gewisse Prozentzahl von Patienten möglicherweise von einer Medikation profitiert, sondern wie es zu bewerkstelligen ist, dass sie für alle Patienten von Nutzen ist. Eine wichtige Voraussetzung für die Zufriedenheit und den Behandlungserfolg ist die gelungene Kommunikation zwischen Arzt und Patient. Zur kommunikativen Kompetenz gehören die Anerkennung des Behandlungswunsches sowie das Erkennen vorhandener Ängste, depressiver Verstimmungen und sozialer Verhaltensbeeinträchtigungen. Es muss die Erwartungshaltung an die Behandlung geklärt werden und eine effektive patientenbezogene Beratung stattfinden, um die Patientencompliance einschätzen und möglicherweise Maßnahmen zu ihrer Förderung ergreifen zu können. „Der Erfolg hängt maßgeblich von Ihrer Tätigkeit auf der kommunikativen Ebene ab“, sagte Trüeb. © VERLAG PERFUSION GMBH


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Das Gespräch ist die häufigste pflegerische Handlung. „Hören und verstehen Sie Ihre Patienten und klären Sie sie über alle Schritte auf. Überzeugen Sie Ihre Patienten, gemeinsam den erforderlichen Weg zu gehen, aber erläutern Sie auch deren Anteil an Eigenverantwortung und freuen Sie sich gemeinsam bei jeder Kontrolle über den schrittweisen Erfolg.“ Fabian Sandner, Nürnberg

T-Zellen mit chimärem Antigenrezeptor: Erste Ergebnisse bei r/r B-Zell-ALL Auf der 58. Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) wurden die ersten Ergebnisse der klinischen Studie ELIANA präsentiert. Diese untersucht die Wirksamkeit und Verträglichkeit von CTL019 – einer experimentellen Therapie mit T-Zellen, die einen chimären Antigenrezeptor (Chimeric Antigen Receptor, CAR) besitzen – bei Kindern und jungen Erwachsenen mit rezidivierter oder refraktärer (r/r) akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie (B-Zell-ALL) [1]. In der globalen Phase-II-Studie erreichten 3 Monate nach CTL019Infusion* 82 % (41 von 50) der Patienten eine vollständige Remission. Keiner der Patienten, der eine vollständige Remission erzielte, zeigte eine minimale Resterkran* CTL019 hat als experimentelle Therapie noch kein etabliertes Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil. Ein Zugang zu experimentellen Therapien ist nur im Rahmen sorgfältig kontrollierter und überwachter klinischer Studien möglich.

Abbildung 1: Die CAR-T-Zell-Therapie im Überblick.

kung. Für Patienten mit Therapieansprechen lag das geschätzte rezidivfreie Überleben 6 Monate nach der CTL019-Infusion bei 60  % (95%-KI: 36, 78). Die Ergebnisse sind Grundlage des Zulassungsantrags für CTL019 zur Behandlung von Kindern und jungen Erwachsenen mit r/r B-Zell-ALL bei der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) – voraussichtlich für Anfang 2017. ELIANA ist die erste globale, pädiatrische Zulassungsstudie für CAR-T-Zellen (Abb. 1), in die Patienten aus 25 Zentren in den USA, der EU, Kanada, Australien und Japan eingeschlossen wurden. In der Studie zeigten sich bekannte Nebenwirkungen der Therapie. So wurde bei 48 % der Patienten ein Zytokinsturm (Cytokine Release Syndrome, CRS) 3. oder 4. Grades beobachtet. Dieser kann auftreten, wenn die veränderten T-Zellen im Körper des Patienten aktiviert werden. Das CRS ließ sich weltweit durch eine vorherige Schulung der Studienzentren und durch Einführung eines CRS-Therapiealgorith-

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mus kontrollieren. Während der Studie traten keine CRS-bedingten Todesfälle auf. 15 % der Patienten zeigten unerwünschte neurologische und psychiatrische Ereignisse dritten Grades, einschließlich Enzephalopathie und Delirium, jedoch keine Ereignisse vierten Grades. Die ELIANA-Daten werden durch die Ergebnisse der ENSIGN-Studie unterstützt, der ersten multizentrischen Phase-II-Studie in den USA zu CTL019 bei Kindern und jungen Erwachsenen mit B-ZellALL [2]. E. W. Quellen

1 Grupp S, Laetsch TW, Buechner J et al. Analysis of a global registration trial of the efficacy and safety of CTL019 in pediatric and young adults with relapsed/refractory acute lymphoblastic leukemia (ALL). ASH Annual Meeting 2016, San Diego, California (USA), 3.–6. Dezember 2016; Abstract 221 2 Maude SL, Pulsipher MA, Boyer MW et al. Efficacy and safety of CTL019 in the first US Phase II multicenter trial in pediatric relapsed/refractory acute lymphoblastic leukemia: results of an interim analysis. ASH Annual Meeting 2016, San Diego, California (USA), 3.–6. Dezember 2016; Abstract 2801

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Multiples Myelom: Bedingte Zulassung für Ixazomib Seit dem 16. Januar 2017 ist Ixazomib (Ninlaro®), der erste orale Proteasom-Inhibitor zur Behandlung des multiplen Myeloms, in Deutschland verfügbar. Ninlaro® erhielt im November 2016 die EU-weite bedingte Zulassung in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason zur Behandlung des multiplen Myeloms bei erwachsenen Patienten mit mindestens einer Vortherapie. Proteasom-Inhibition führt zum Stillstand des Zellzyklus

Der Wirkmechanismus der Proteasom-Inhibition gehört zu den tragenden Säulen in der Therapie des multiplen Myeloms. Ixazomib ist ein Proteasom-Inhibitor, der hochselektiv und reversibel die Aktivität der Beta-5-Untereinheit des 20S-Proteasoms hemmt. Proteasome sind Systeme in Zellen, die unbrauchbar gewordene Proteine abbauen. Durch die Inhibierung des Proteasoms „vermüllt“ die Zelle, was zu einem Stillstand im Zellzyklus und zum Zelltod (Apoptose) führt. Krebszellen sind für diesen Mechanismus anfälliger als normale Zellen. 1 Kapsel pro Woche über 3 Wochen in einem 4-wöchigen Zyklus

Mit Ixazomib plus Lenalidomid und Dexamethason steht erstmals eine vollständig orale Dreifachkombinationstherapie mit einem Proteasom-Inhibitor zur Behandlung erwachsener Patienten mit multiplem Myelom und mindes-

tens einer vorangegangenen Therapie zur Verfügung. Das Medikament wird über 3 Wochen als Kapsel an den Tagen 1, 8 und 15 eines 4-wöchigen Behandlungszyklus eingenommen. Die Kapsel soll spätestens eine Stunde vor einer Mahlzeit und frühestens 2 Stunden nach der nächsten Mahlzeit geschluckt werden. Die Ixazomib-Kapseln sind in den Dosierungen 4 mg, 3 mg und 2,3 mg. erhältlich. Die empfohlene Initialdosis beträgt 4 mg. Bei vorhandenen mäßigen oder schweren Leberfunktionsstörungen, schweren Nierenfunktionsstörungen oder terminaler dialysepflichtiger Niereninsuffizienz wird eine reduzierte Dosis von 3 mg empfohlen. Verlängertes progressionsfreies Überleben bei Erhalt der Lebensqualität

Die bedingte* Zulassung von Ixazomib basiert auf den Daten der internationalen, multizentrischen, randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Studie TOURMALINE-MM. In dieser Phase-III-Studie erhielten 722 Patienten mit rezidiviertem oder/und refraktärem multiplen Myelom randomisiert Lenalidomid + Dexamethason (Rd) und dazu entweder Placebo oder Ixazomib. Unter den Studienteilnehmern, die alle bereits 1–3 Vortherapien mit anderen Regimen erhalten hatten, befanden sich auch ältere Patienten >65 Jahre, Patienten mit moderater Nierenfunktionsstörung, einer nur an* Die bedingte EU-Zulassung von Ixazomib (Ninlaro®) ist an die Auflage gebunden, dass Takeda aktualisierte Daten zur Sicherheit sowie weitere Analysen zur Wirksamkeit aus dem bereits laufenden Studienprogramm und Erfahrungswerten zur Verfügung stellt, um die langfristigen Effekte der Therapie zu belegen.

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hand der Leichtketten messbaren Erkrankung oder/und einer zytogenetischen Hochrisiko-Konstellation. Die Behandlung wurde bzw. wird im Rahmen der Studie so lange fortgesetzt, bis die Erkrankung fortschritt bzw. fortschreitet oder inakzeptable Nebenwirkungen auftraten bzw. auftreten. Durch den Zusatz von Ixazomib zu einer Rd-Therapie verlängerte sich das progressionsfreie Überleben ohne Krankheitsfortschreiten (PFS) für die Patienten signifikant um rund 6 Monate gegenüber Placebo + Rd. Die PFS-Verlängerung zeigte den gleichen Trend auch in verschiedenen vordefinierten Subgruppen, wie z.B. bei Patienten >65 Jahre, Patienten mit 2–3 Vortherapien oder Patienten mit einer zytogenetischen HochrisikoKonstellation. Akzeptable Verträglichkeit des Triplett-Regimes

Die additive Gabe von Ixazomib zu einem Rd-Regime war mit nur wenigen zusätzlichen Nebenwirkungen verbunden und die Patienten konnten ihre Lebensqualität im Wesentlichen aufrechterhalten. Die häufigsten Nebenwirkungen (≥20 %), die in der Zulassungsstudie bei je 360 Patienten unter Ixazomib + Rd und Placebo + Rd auftraten, waren Diarrhö (42  % vs. 36 %), Verstopfung (34 % vs. 25 %), Thrombozytopenie (28 % vs. 14  %), periphere Neuropathie (28  % vs. 21  %), Übelkeit (26 % vs. 21 %), periphere Ödeme (25 % vs. 18 %), Erbrechen (22 % vs. 11 %) und Rückenschmerzen (21 % vs. 16 %). Gastrointestinale Nebenwirkungen ließen sich mit supportiven Maßnahmen und/oder Dosismodifikationen kontrollieren oder in ihrer Intensität verringern. © VERLAG PERFUSION GMBH


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WISSENSWERTES

Chance auf mehr Freiraum durch vollständig orale Therapie

Beim Multiplen Myelom kann heute unter mehreren Behandlungsoptionen ausgewählt werden. Wichtige Aspekte für die Therapieentscheidung sind u.a. die individuelle Krankheitssituation, kurz- und langfristig belastende Nebenwirkungen, genetische Risikokonstellationen, Komorbiditäten und Toxizitäten vorangegangener Therapien. Hinzu kommen die persönlichen Lebensumstände und die Unterstützung durch das soziale Umfeld bzw. Angehörige.

Um Apothekern und Patienten eine zeitnahe Versorgung mit Ixazomib zu ermöglichen, bietet Takeda Apotheken die Möglichkeit des Direktbezugs an. Bestellungen, die montags bis donnerstags bis 17.00 Uhr und freitags bis 15.00 Uhr erfasst werden, werden im Regelfall bis 14.00 Uhr am folgenden Werktag ausgeliefert. Anfragen können an die Takeda-Auftragsannahme unter folgendem Kontakt gerichtet werden: Ordermanagement Takeda GmbH, Tel.: 0800 295 1111, Fax: 07531 3666 1255, Mail: de-bestellservice@takeda.com

Bei Infusionstherapien müssen die Patienten je nach Zyklusdauer regelmäßig für eine oft mehrstündige ambulante Verabreichung in die Klinik oder ein Behandlungszentrum. Die Dreifachkombination

Ixazomib + Rd erlaubt es dem Patienten, die Therapeutika in komplett oraler Form, d.h. als Kapsel bzw. Tablette auch zu Hause einzunehmen. E. W.

Titelbild: Der humanisierte monoklonale Antikörper Alemtuzumab bindet selektiv an das Glykoprotein CD52, das in hohen Konzentrationen auf B- und T-Lymphozyten vorkommt. Die Behandlung mit Alemtuzumab führt zu einer Depletion zirkulierender T- und B-Zellen, von denen man annimmt, dass sie für den schädigenden Entzündungsprozess bei Multipler Sklerose verantwortlich sind (Quelle: Genzyme GmbH).

Herausgeber: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, FBK Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Univ.-Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Leiter Bereich Kardiologie RZP Potsdam und Geschäftsführer BBGK e.V. Berlin Konstanzer Straße 61 10707 Berlin Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. M. Alexander, Infektiologie, Berlin Prof. Dr. L. Beck, Gynäkologie, Düsseldorf Prof. Dr. Berndt, Innere Medizin, Berlin Prof. Dr. H.-K. Breddin, Innere Medizin, Frankfurt/Main Prof. Dr. K. M. Einhäupl, Neurologie, Berlin Prof. Dr. E. Erdmann, Kardiologie, Köln Prof. Dr. Dr. med. E. Ernst, University of Exeter, UK Prof. Dr. K. Falke, Anästhesiologie, Berlin Prof. Dr. K. Federlin, Innere Medizin, Gießen Prof. Dr. E. Gerlach, Physiologie, München Prof. Dr. H. Helge, Kinderheilkunde, Berlin Prof. Dr. R. Herrmann, Onkologie, Basel Prof. Dr. W. Jonat, Gynäkologie, Hamburg Prof. Dr. H. Kewitz, Klin. Pharmakol. Berlin Prof. Dr. B. Lemmer, Pharmakologie, Mannheim/Heidelberg

Prof. Dr. med. R. Lorenz, Neurochirurgie, Frankfurt Prof Dr. J. Mann, Nephrologie, München Dr. med. Veselin Mitrovic, Kardiologie, Klinische Pharmakologie, Bad Nauheim Prof. Dr. R. Nagel, Urologie, Berlin Prof. Dr. E.-A. Noack, Pharmakologie, Düsseldorf Prof. Dr. P. Ostendorf, Hämatologie, Hamburg Prof. Dr. Th. Philipp, Innere Medizin, Essen Priv.-Doz. Dr. med. B. Richter, Ernährung – Stoffwechsel, Düsseldorf Prof. Dr. H. Rieger, Angiologie, Aachen Prof. Dr. H. Roskamm, Kardiologie, Bad Krozingen Prof. Dr. E. Rüther, Psychiatrie, Göttingen Prof. Dr. med. A. Schrey, Pharmakologie, Düsseldorf Dr. Dr. med. C. Sieger, Gesundheitspolitik u. Gesundheitsökonomie, München Prof. Dr. E. Standl, Innere Medizin, München Prof. Dr. W. T. Ulmer, Pulmologie, Bochum Schriftleitung: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, FBK Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Telefon: 037437 557-0 Bibliothek: 037437 2214 [Library] E-Mail DIG: info@d-i-g.org E-Mail persönlich: k.l.resch@d-i-g.org

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DEM PANKREASKARZINOM DIE STIRN BIETEN NEU!

Erste zugelassene Post-Gemcitabin-Therapie

ONIVYDE – Das erste liposomale Irinotecan • 6,1 Monate medianes Gesamtüberleben mit ONIVYDE + 5-FU/LV vs. 4,2 Monate unter 5-FU/LV (HR=0,67; p=0,012)1 •  Vertretbares Verträglichkeitsprofil1 • Patientenfreundliche Anwendung alle 14 Tage2

Für erwachsene Patienten mit metastasiertem Adenokarzinom des Pankreas, deren Erkrankung unter einer Gemcitabin-basierten Therapie fortgeschritten ist.2

ONIVYDE 5 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung ZUSAMMENSETZUNG: Wirkstoff: Eine 10 ml Konzentrat-Durchstechflasche enthält das Äquivalent von 50 mg Irinotecanhydrochlorid x 3 H2O (als Irinotecan Sucrosofat-Salz in pegylierter liposomaler Formulierung) entsprechend 43 mg Irinotecan; d. h. 1 ml Konzentrat enthält das Äquivalent von 5 mg Irinotecanhydrochlorid x 3 H2O (als Irinotecan Sucrosofat-Salz in pegylierter liposomaler Formulierung) entsprechend 4,3 mg Irinotecan. Sonstige Bestandteile: Vesikelbildende Lipide: Colfoscerilstearat (DSPC), Cholesterol, α-{2 [1,2-Distearoyl-sn-glycero(3)phosphooxy]ethylcarbamoyl}-ωmethoxypoly(oxyethylen)-2000 (MPEG 2000 DSPE); des Weiteren: Sucrosofat, 2-[4-(2-Hydroxyethyl)piperazin-1-yl]ethansulfonsäure (HEPES Puffer), Natriumchlorid, Wasser für Injektionszwecke; 1 ml Konzentrat enthält 0,144 mmol (3,31 mg) Natrium; bitte beachten, wenn eine kochsalzarme Diät eingehalten werden muss. ANWENDUNGSGEBIETE: ONIVYDE dient zur Behandlung des metastasierten Adenokarzinoms des Pankreas in Kombination mit 5 Fluorouracil (5 FU) und Leucovorin (LV) bei erwachsenen Patienten, deren Erkrankung unter einer Gemcitabin-basierten Therapie fortgeschritten ist. GEGENANZEIGEN: Schwere Überempfindlichkeit gegen Irinotecan oder einen der sonstigen Bestandteile in der Anamnese; Stillen. NEBENWIRKUNGEN: Sehr häufig: Diarrhoe, Übelkeit, Erbrechen, Appetitmangel, Neutropenie, Ermüdung, Asthenie, Leukopenie, Anämie, Stomatitis, Fieber, Thrombozytopenie, Hypokaliämie, Hypomagnesiämie, Schwindelgefühl, Abdominalschmerz, Alopezie, peripheres Ödem, Schleimhautentzündung, Gewichtsverminderung, Dehydratation, Nierenfunktionsbeeinträchtigungen. Häufig: Sepsis, septischer Schock, Pneumonie, akutes Nierenversagen, Gastroenteritis, orale Candidose, Lymphopenie, Hypoglykämie, Hyponatriämie, Hypophosphatämie, cholinerges Syndrom, Schlaflosigkeit, Geschmacksstörung, Hypotonie, Lungenembolie, Embolie, tiefe Beinvenenthrombose, Dyspnoe, Dysphonie, Kolitis, Hämorrhoiden, Hypoalbuminämie, akutes Nierenversagen, Ödeme, Reaktion im Zusammenhang mit der Infusion, erhöhtes Bilirubin, erhöhte Alaninamino-transferase, erhöhte Aspartataminotransferase, International Normalized Ratio erhöht. Gelegentlich: Biliärsepsis, Überempfindlichkeit, Thrombose, Hypoxie, Ösophagitis, Proktitis, makulo papulöser Ausschlag, Nagelverfärbung, Dosisverzögerungen, Dosisreduktionen, Behandlungsabbrüche, schwere Infektionen. Verschreibungspflichtig. PHARMAZEUTISCHER UNTERNEHMER: Baxalta Innovations GmbH; Industriestraße 67; A-1221-Wien/Österreich. Örtlicher Vertreter: Baxalta Deutschland GmbH; Edisonstraße 2; 85716 Unterschleißheim; Stand: Oktober 2016.

2016-10-B-O249

1. Wang-Gillam A et al. Lancet 2016;387(10018):545–557. 2. Fachinformation ONIVYDE, Stand: Oktober 2016.


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