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ISSN 1432-4334 JAHRGANG 26 HEFT 3 Juli 2017

FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE

JOURNAL OF PHARMACOLOGY AND THERAPY

Ruxolitinib zur Behandlung der Polycythaemia vera – aktuelle Studiendaten zeigen Überlegenheit gegenüber Standardtherapien Hepatische Enzephalopathie rechtzeitig erkennen und konsequent therapieren Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen: Fortschritte auf dem Weg zur individualisierten Therapie Behandlung der CED-assoziierten Eisenmangelanämie mit oralem Eisen(III)-Maltol Eslicarbazepinacetat in der Monotherapie fokaler Anfälle bei Erwachsenen Proteasom-Inhibitor Ixazomib erweitert Behandlungsmöglichkeiten des multiplen Myeloms In-vitro-Untersuchung zur antiinflammatorischen Wirkung von Benzydamin-Lutschtabletten Obeticholsäure zur Behandlung der primär biliären Cholangitis zugelassen Neue individualisierte Immunglobulin-Therapie bietet Patienten mehr Flexibilität im Alltag

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PERFUSION


WIR KSA NEU: N ILAR ® MKEI ACH IS B T UN G D SIC EWIESE EI TR NE APS , HID HERHEIT S/M VON KD U ND F MF Zugelassene Indikationen: *

TRAPS

CAPS

HIDS / MKD

Still Syndrom

FMF

Gichtarthritis

(SJIA, AOSD)

* Fachinformation ILARIS®

Ilaris® 150 mg Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung/ Ilaris® 150 mg Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung Wirkstoff: Canakinumab (mittels rekomb. DNA-Technol. in murinen Myelomzellen Sp2/0 produz., hum. monoklon. AK). Zus.-setz.: 1 Durchstechfl. enth.: Arzneil. wirks. Bestandt.: Canakinumab 150 mg. Sonst. Bestandt.: Pulver: Sucrose, L-Histidin, L-Histidinhydrochlorid-Monohydrat, Polysorbat 80. Zusätzl. bei Ilaris Pulver u. Lösungsmittel: Lösungsmittel: Wasser für Inj.-zwecke. Anwendungsgebiete: B. Erwach., Jugendl. u. Kdrn. ab 2 J. für d. Behandl. folg. autoinflammator. period. Fiebersyndr.: Cryopyrin-assoziierte periodische Syndrome (CAPS) (darunter: Muckle-Wells Syndrom (MWS); multisystem. entzündl. Erkrank. m. Beginn im Neugeborenenalter (neonatal onset multisystem inflammatory disease; NOMID)/Chron. infantiles neuro-dermo-artikuläres Syndrom (chronic infantile neurological, cutaneous, articular syndrome; CINCA); schwere Formen d. familiären autoinflammatorischen Kältesyndroms (Familial Cold Autoinflammatory Syndrome; FCAS)/Familiäre Kälteurtikaria (familial cold urticaria; FCU) m. Anzeichen u. Sympt., d. über einen kälteinduzierten urtikariellen Hautausschlag hinausgehen); - Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom (TRAPS); - Hyperimmunoglobulin-D-Syndrom (HIDS)/Mevalonatkinase-Defizienz (MKD); - Familiäres Mittelmeerfieber (FMF) (ggf. in Komb. mit Colchicin). Still-Syndrom: Behandl. d. aktiven Still-Syndroms einschl. d. adulten Still-Syndroms (Adult-Onset Still’s Disease; AOSD) u. d. system. juvenilen idiopath. Arthritis (SJIA) bei Pat. ab 2 J. angew., die auf bisherige Therapien m. NSAR u. syst. Kortikosteroiden unzureichend angesprochen haben. Ilaris kann als Monotherapie od. in Komb. m. Methotrexat verabr. werden. Gichtarthritis: Zur symptomat. Behandl. v. erwachs. Pat. mit häufigen Gichtanfällen (mind. 3 Anfälle in d. vorangeg. 12 Mo.), b. denen NSAR u. Colchizin kontraind. sind, nicht verträglich sind od. keine ausreich. Wirk. zeigen u. für die wiederholte Behandl.-zyklen mit Kortikosteroiden nicht infrage kommen. Gegenanz.: Überempfindlichkeit gg. d. Wirkstoff od. einen d. sonst. Bestandteile. Aktive, schwere Infektionen. Nebenw.: Sehr häufig: Infekt. d. Atemwege (einschl. Pneumonie, Bronchitis, Influenza, Virusinfektion, Sinusitis, Rhinitis, Pharyngitis, Tonsillitis, Nasopharyngitis, Infekt. d. oberen Atemwege), Ohrinfektion, Cellulitis, Gastroenteritis, Harnwegsinfekt. Oberbauchbeschw. (SJIA). Reakt. an d. Inj.-stelle. Gelenkschm. (SJIA). Vermind. renale Kreatininclearance (SJIA), Proteinurie (SJIA), Leukopenie (SJIA). Häufig: Vulvovaginale Candidiasis. Schwindel/Vertigo. Neutropenie. Schmerzen d. Skelettmuskulatur (SJIA), Rückenschm. (Gichtarthritis). Erschöpfung/Asthenie (Gichtarthritis). Gelegentlich: Gastroösophag. Refluxkrankh. (Gichtarthritis). Erniedrigte Thrombozytenzahl. Häufigk. nicht bekannt: Opportunist. Infekt. Verschreibungspflichtig. Weit. Angaben: S. Fachinformationen. Stand: März 2017 (MS 04/17.14). Novartis Pharma GmbH, Roonstr. 25, 90429 Nürnberg. Tel.: (09 11) 273-0, Fax: (09 11) 273-12 653. www.novartis.de


EDITORIAL

Mein heutiges Thema hat viel damit zu tun, wer in einer Gruppe „das Sagen hat“. Im Tierreich gibt es viele, gut nachvollziehbare Beispiele dafür, dass eine größere Zahl von gemeinsam lebenden Individuen einer Art nicht im modernen Sinne basisdemokratisch ihren Zusammenhalt regelt, sondern sich demjenigen in ihren Reihen unterordnet, der durch besondere Eigenschaften hervorsticht. Weisheit und Erfahrung wären da ein Motiv – man denke nur an die sprichwörtliche Leitkuh bei den Elefanten. Viel häufiger kommt es jedoch vor, dass der Stärkste in der Gruppe sich zum Chef macht – nicht zuletzt auch bei unseren Verwandten, den Gorillas. Für die „Macht des Stärkeren“, auch als „ehernes Gesetz des Dschungels“ bezeichnet, gibt es auch in unserem Zusammenleben endlos viele (meist ärgerliche) Beispiele. Dabei hat die Menschheit schon vor Zeiten viel subtilere Taktiken hervorgebracht. In der Antike gibt es völkerübergreifend kaum einen erfolgreichen Chef, der nicht für sich eine göttliche Abstammung reklamiert hätte: Der sumerische Gottkönig Gilgamesch, Alexander der Große, Kaiser Augustus, die Pharaonen sowieso. Germanische Königsfamilien natürlich auch. Das Prinzip bewährte sich ebenfalls in Südamerika bei den Mayas und Inkas sowie vielerorts in Afrika. In Asien sogar im ganz großen Stil: der Kaiser von China, der japanische Tenno, der thailändische Rama. In Indien hat bis heute der Stammbaum Einfluss auf die gesellschaftliche Stellung, auf den Beruf. Gott sei Dank muss man hierzulande nicht Angehöriger einer bestimmten Kaste sein, um Priester werden zu können. Oder Arzt. Und wenn einmal einem/r Kollegen/ in unterstellt wird, ihm/ihr sei das „in die Wiege gelegt“ worden, so würde niemand daraus ernsthaft schließen, dass dies eine Alternative zu Büffeln und dem Martyrium dreier Staatsexamina wäre. Und dennoch predigen die Hüter un-

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Ausübung der Heilkunde: Hohe Hürden statt Closed Shop! seres Standes landauf landab, dass es keine „Nebengötter“ geben könne. Wohl weil nicht sein kann, was nicht sein darf. So wurde und wird die „Ausübung der Heilkunde“ als Monopol des Arztes mit Zähnen und Klauen verteidigt. Und mit dem immer gleichen Argument: „zum Wohle des Patienten“. Will sagen, alle anderen, die sich daran versuchen, können das nicht und können deshalb den Patienten nur schaden. Dabei haben selbst in den vielen Jahrzehnten seit Inkrafttreten des Heilpraktikergesetzes im Februar 1939 etliche Generationen von berufsmäßigen Ausübern der Heilkunde ohne Bestallung nicht so viel mehr schlimme Schlagzeilen verursacht als die ärztlichen Kunstfehler, dass jemals eine ernsthafte Diskussion über eine Abschaffung „zum Wohle der Patienten“ losgetreten worden wäre. Und dies, wohlgemerkt, ohne heilpraktischen Gegenstandskatalog. Wieso, frage ich mich, sollten da Berufe mit anspruchsvollem medizinischem Curriculum grundsätzlich eine Gefahr für das Patientenwohl darstellen? Wenn Ärzte vor ihrem Studium keine Ärzte waren und mit genauso wenig medizinischer Fachkompetenz den Schulabschluss feierten wie Menschen, die später einen anderen Beruf ergriffen, wenn Ärzte also durch ihr Studium zu Ärzten wurden (und eben nicht kraft eines besonderen Gens), dann kann man nicht ernsthaft negieren, dass auch andere Studiengänge Lehrinhalte inkorporieren, die zu einer Ausübung der Heilkunde befähigen. In den USA bilden ca. 35 osteopathische Universitäten Osteopathen aus, die zusammen mit den „medical doctors“ gemeinsam die Gesund-

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Prof. Dr. med. K.-L. Resch, Bad Elster

heitsversorgung der Bevölkerung sicherstellen. In den Niederlanden und Schweden ist das (akademische) Curriculum von Physiotherapeuten darauf ausgelegt, dass Patienten der „Erstkontakt“ angeboten werden kann. In Großbritannien belegen umfangreiche Studien den Benefit für Patienten durch „Nurse Practitioners“, entsprechend ausgebildete Krankenschwestern mit klar umrissenen Spielregeln zum Erstkontakt. Die europäische Harmonisierung der akademischen Ausbildung, der sog. Bologna-Prozess, schafft hierzu auch in Deutschland die Voraussetzungen. Es wird Zeit, dass die Vertreter des ärztlichen Berufsstands den Fuß von der Bremse nehmen und sich in eine grundlegende Reform der „Ausübung der Heilkunde“ einbringen. Da kann das soeben auf dem Deutschen Ärztetag nolens volens erfolgte Abnicken eines in anderen Ländern längst erfolgreichen und bewährten Berufsbilds, das des Arztassistenten, nur ein ers© VERLAG PERFUSION GMBH


INHALT

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ter Schritt sein [1]. Mir war spätestens nach einem Gutachten, das ich im Jahr 2013 im Rahmen der „Förderrichtlinie Demographischer Wandel“ für die Sächsische Staatskanzlei verfasst habe [2], klar, dass das Wohl der Patienten vor allem davon abhängt, wie gut es gelingt, Versorgungsketten zu gestalten, um Menschen mit ihren (immer häufiger) chronischen Gesundheitsstörungen über viele Jahre eine möglichst hohe Lebensqualität zu sichern und dazu die verschiedenen Kompetenzen eines Teams unterschiedlicher medizinischer Fachberufe unter einen Hut zu bringen. Letzteres im Versorgungsalltag ebenso wie in der Entwicklung der Curricula der Beteiligten. Da kann die „Unterstützung“ des Arztassistenten, der soeben bemerkenswerterweise sogar zum Titelthema des Deutschen Ärzteblatts avancierte [3], übrigens nicht ohne das „ceterum censeo“, den Verweis (7mal auf 2 Seiten Text) auf die Delegation als ehernes Prinzip, nur ein erster kleiner Schritt sein. Exakt vor 5 Jahren habe ich an dieser Stelle die Frage gestellt, ob das ärztliche Heilkunde-Monopol noch zeitgemäß sei [4]. Dabei ist inzwischen offenkundig, dass sich damit die medizinische Versorgung nicht dauerhaft sicherstellen lassen wird. Und schon gar nicht das Wohl der Patienten ... Karl-Ludwig Resch, Bad Elster

Quellen 1 http://www.bundesaerztekammer.de/ presse/pressemitteilungen/news-detail/ deutscher-aerztetag-unterstuetzt-delegationsmodell-physician-assistant/ 2 www.demografie.sachsen.de/download/ DIG-Abschlussbericht.pdf 3 Korzilius H, Osterloh F. Nichtärztliche Gesundheitsberufe: Ärzte sollen entlastet werden. Dtsch Ärztebl 2017;114:A1302-A-1306 4 Resch KL. Ist das ärztliche HeilkundeMonopol noch zeitgemäß? J Pharmakol Ther 2012;21:73-74

ÜBERSICHTSARBEIT Ruxolitinib zur Behandlung der Polycythaemia vera – aktuelle Studiendaten zeigen Überlegenheit gegenüber Standardtherapien Brigitte Söllner

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS Hepatische Enzephalopathie rechtzeitig erkennen und konsequent therapieren

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Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen: Fortschritte auf dem Weg zur individualisierten Therapie

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Behandlung der CED-assoziierten Eisenmangelanämie mit oralem Eisen(III)-Maltol

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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL Eslicarbazepinacetat in der Monotherapie fokaler Anfälle bei Erwachsenen

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Proteasom-Inhibitor Ixazomib erweitert Behandlungsmöglichkeiten des multiplen Myeloms

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In-vitro-Untersuchung zur antiinflammatorischen Wirkung von Benzydamin-Lutschtabletten

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Obeticholsäure zur Behandlung der primär biliären Cholangitis zugelassen

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Neue individualisierte Immunglobulin-Therapie bietet Patienten mehr Flexibilität im Alltag

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RUBRIKEN Wissenswertes Kongresse

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97, 106 100 © VERLAG PERFUSION GMBH


Colitis ulcerosa und Morbus Crohn:

PRÄZISE THERAPIE AM ORT DER ENTZÜNDUNG

WIRKT DARMSELEKTIV

! Erster darmselektiver Integrin-Antagonist bei Erwachsenen mit mittelschweren bis schweren aktiven Formen von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa 1-4 ! Anhaltende Remission 2-3 ! Günstiges Verträglichkeitsprofil 5-6 ! Das vorteilhafte Nutzen-Risiko-Profil macht Vedolizumab zu einer nützlichen Option für die Langzeittherapie 5

Zugelassen nach konventioneller Therapie 1 1. Fachinformation Entyvio®, Stand 11/2015 2. Feagan BG, et al. N Engl J Med. 2013: 369(8); 699-710 3. Sandborn WJ, et al. N Engl J Med. 2013: 369 (8); 711-721 4. Wyant T, et al. Gut 2014; 0. 1-7. doi: 10.1136/gutjnl-2014-307127. 5. Colombel J-F et al. Gut 2016, 0:1-13 6. Bye WA, et. al. 2017 00:1-13 Entyvio® 300 mg, Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung Wirkstoff: Vedolizumab. Zusammensetzung: Arzneilich wirksamer Bestandteil: Jede Durchstechflasche enthält 300 mg Vedolizumab; nach Rekonstitution enthält 1 ml Infusionslösung 60 mg Vedolizumab. Sonstige Bestandteile: L-Histidin, L-Histidin-Monohydrochlorid, L-ArgininHydrochlorid, Saccharose, Polysorbat 80. Anwendungsgebiete: Colitis ulcerosa: Behandlung von erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver Colitis ulcerosa, die entweder auf konventionelle Therapie oder einen der Tumornekrosefaktor-alpha (TNFα)-Antagonisten unzureichend angesprochen haben, nicht mehr darauf ansprechen oder eine Unverträglichkeit gegen eine entsprechende Behandlung aufweisen. Morbus Crohn: Behandlung von erwachsenen Patienten mit mittelschwerem bis schwerem aktiven Morbus Crohn, die entweder auf konventionelle Therapie oder einen der Tumornekrosefaktor-alpha (TNFα)-Antagonisten unzureichend angesprochen haben, nicht mehr darauf ansprechen oder eine Unverträglichkeit gegen eine entsprechende Behandlung aufweisen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Aktive schwere Infektionen wie Tuberkulose, Sepsis, Cytomegalievirus, Listeriose und opportunistische Infektionen, wie z. B. progressive multifokale Leuko-enzephalopathie (PML) (siehe Abschnitt 4.4 Fachinformation). Nebenwirkungen: Sehr häufig: Nasopharyngitis, Kopfschmerzen, Arthralgie; Häufig: Bronchitis, Gastroenteritis, Infektionen der oberen Atemwege, Grippe, Sinusitis, Pharyngitis, Parästhesie, Hypertonie, oropharyngeale Schmerzen, verstopfte Nase, Husten, anale Abszesse, Analfissur, Übelkeit, Verdauungsstörungen, Verstopfung, aufgeblähter Bauch, Blähungen, Hämorrhoiden, Hautausschlag, Juckreiz, Ekzem, Erythem, Nachtschweiß, Akne, Muskelkrämpfe, Rückenschmerzen, Muskelschwäche, Müdigkeit, Schmerzen in den Extre-mitäten, Fieber; Gelegentlich: Infektion der Atemwege, Vulvovaginalkandidose, Mundsoor, Follikulitis, Reizungen an der Infusionsstelle (einschl.: Schmerzen und Reizungen an der Einstichstelle), infusionsbedingte Reaktionen, Schüttelfrost, Kältegefühl. Bei einem Patienten mit Morbus Crohn wurde während der 2. Infusion ein schwerwiegendes unerwünschtes IR-Ereignis berichtet (die berichteten Symptome waren Dyspnoe, Bronchospasmus, Urtikaria, Hitzewallungen, Hautausschlag und erhöhter Blutdruck und Herzfrequenz), das mit Absetzen der Infusion und Behandlung mit Antihistaminika und intravenös verabreichtem Hydrocortison erfolgreich behandelt wurde. Infektionen: In kontroll. Studien und der Open-Label-Fortsetzungsstudie mit Vedolizumab bei Erwachsenen wurden schwerwiegende Infektionen wie Tuberkulose, Sepsis (einige mit tödlichem Ausgang), Salmonellen-Sepsis, Listerien-Meningitis und Cytomegalievirus-Colitis berichtet. Malignität: Bisherige Ergebnisse aus dem klinischen Programm lassen nicht auf ein erhöhtes Risiko für maligne Erkrankungen schließen, jedoch war das Auftreten von Krebserkrankungen gering und die langfristige Exposition war begrenzt. Langzeituntersuchungen zur Sicherheit dauern noch an. Wechselwirkungen sowie weitere Hinweise: siehe Fachinformation. Verschreibungspflichtig. EU-Zulassungsinhaber: Takeda Pharma A/S, Taastrup, Dänemark. Kontaktadresse d. Pharm. Unternehmens in Deutschland: Takeda GmbH, BykGulden-Straße 2, 78467 Konstanz, Tel.: 08008253325, medinfo@takeda.de. Stand: 11/2015

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Ruxolitinib zur Behandlung der Polycythaemia vera – aktuelle Studiendaten zeigen Überlegenheit gegenüber Standardtherapien Brigitte Söllner, Erlangen

ZUSAMMENFASSUNG Polycythaemia vera ist eine seltene Blutkrebserkrankung, die mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen einhergeht und belastende Symptome mit sich bringt. Bisherige Behandlungsoptionen sind in der Lage, lebensbedrohliche Komplikationen zu verhindern, können die Symptomlast allerdings oft nicht umfassend senken. In einer aktuellen Studie wurden bisherige PV-Standardtherapien mit dem Tyrosinkinase-Inhibitor Ruxolitinib (Jakavi®) verglichen. Hierbei zeigten Patienten, die mit Ruxolitinib behandelt wurden, im Vergleich zur Standardtherapie eine deutliche, nachhaltige Reduktion der Milzgröße, eine anhaltende Kontrolle des Hämatokritwertes sowie eine erhebliche Reduktion der Symptomlast. Schlüsselwörter: Polycythaemia vera, Blutkrebs, Januskinase, Tyrosinkinase-Inhibitor, Ruxolitinib, RESPONSE-Studie

D

ie Polycythaemia vera (PV) bildet mit der primären Mye­lofibrose,­der­essenziellen­Thrombozythämie­und­anderen­ Erkrankungen­die­Gruppe­der­Philadelphia-Chromosom-negativen­ Neoplasien,­ die­ durch­ das­ Fehlen­ eines­ speziellen­ Fusionsgens­ charakterisiert­sind­[1].­Hauptursache­ der­ PV­ ist­ eine­ Überaktivierung­ des­ JAK-STAT*-Signalweges,­ die­ durch­die­mutationsbedingte­Überaktivität­einer­Tyrosinkinase­–­der­ Januskinase­ (JAK)­ –­ ausgelöst­ wird­ [2].­ Die­ daraus­ resultierende­ gesteigerte­ Zellproliferation,­ insbesondere­ der­ Erythrozyten,­ führt­ zum­ Anstieg­ der­ Blutviskosität,­ die­ein­erhöhtes­Risiko­für­thromboembolische­Komplikationen­mit­ sich­bringt­[3].­Im­späteren­Verlauf­ der­Erkrankung­besteht­die­Gefahr­ einer­ Progression­ der­ Erkrankung­ hin­zu­einer­sekundären­Myelofibrose­ (Post-PV-Myelofibrose)­ oder­ zu­einer­akuten­myeloischen­Leukämie­[4,­5,­6].­Das­Symptombild­ der­ PV­ umfasst­ unter­ anderem­ chronische­Erschöpfung­(Fatigue),­ brennenden­ Juckreiz­ (Pruritus),­ Schlaflosigkeit­ sowie­ Nacht*­­JAK­ =­ Januskinase,­ STAT­ =­ Signaltrans-­ duktoren­und­Aktivatoren­der­Transkription

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schweiß­ und­ stellt­ für­ die­ Betroffenen­ eine­ schwere­ Belastung­ dar­ [2,­ 7,­ 8].­ Ursache­ der­ Symptome­ sind­ oft­ dysregulierte­ Zytokinantworten,­ die­ ebenfalls­ durch­ die­ Überaktivierung­ des­ JAK-STATSignalweges­ ausgelöst­ werden­ [9].­Im­späteren­Krankheitsverlauf­ kann­es­zur­Ausbildung­einer­Splenomegalie­kommen­[2]. Bisherige Behandlungsoptionen

Bisherige­ Behandlungsoptionen­ der­ PV­ fokussieren­ insbesondere­ auf­ die­ Senkung­ der­ Blutviskosität,­ um­ das­ Auftreten­ thromboembolischer­ Komplikationen­ zu­ verhindern­ [2].­ Als­ verlässlicher­ Indikator­ wird­ dazu­ der­ Hämatokritwert­ herangezogen.­ So­ weisen­ Patienten­ mit­ Hämatokritwerten­ zwischen­ 45­­ und­ 50­%­ im­ Vergleich­ zu­ Patienten­ mit­ Werten­ unter­ 45­%­ eine­ vierfach­ höhere­ Wahrscheinlichkeit­ auf,­ an­ kardiovaskulären­ Komplikationen­ zu­ versterben­[10]. Die­ in­ Deutschland­ zugelassenen­ Behandlungsoptionen­ bei­ PV­ umfassen­ neben­ Aderlässen­ (Phlebotomie)­ auch­ die­ zytoreduktive­ Therapie­ mit­ Hydroxycarbamid­ © VERLAG PERFUSION GMBH


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Ursache der PV: Überaktivität der Januskinase 2 Bei der Mehrzahl von Patienten mit Polycythaemia vera liegt eine Punktmutation im Gen der Januskinase (JAK) 2 vor. Januskinasen sind für die intrazelluläre Weiterleitung von Proliferationssignalen über den JAK-STAT-Signalweg verantwortlich, die durch Rezeptorbindung von Zytokinen und Wachstumshormonen ausgelöst werden. Bei PV handelt es sich in 95 % der Fälle um eine JAK2 V617FMutation im Exon 14, in 3 % im Exon 12 [2].

Die Mutation führt zu einer konstitutiven Kinase-Aktivierung und resultiert in einer gesteigerten Zellproliferation, von der insbesondere die Erythropoese, aber auch die Granulopoese und Megakaryopoese betroffen sind. PV-Patienten weisen zusätzlich eine erhöhte Produktion an proinflammatorischen Zytokinen und Wachstumsfaktoren auf, die für eine Vielzahl der Krankheitssymptome verantwortlich ist.

(Hydroxyurea,­ HU)­ [2].­ Letztere­ führt­ zu­ einer­ deutlichen­ Reduktion­des­Hämatokritwertes­und­kann­ thromboembolische­ Komplikationen­ verhindern­ [11,­ 12],­ übt­ allerdings­nur­begrenzt­Einfluss­auf­die­ belastenden­Symptome­aus­[7].­Zudem­ ist­ die­ HU-Behandlung­ nicht­ für­ alle­ PV-Patienten­ geeignet:­ Etwa­10­%­der­Betroffenen­weisen­ eine­Resistenz­gegenüber­HU­auf,­2­ Drittel­ sprechen­ nur­ unvollständig­ auf­die­Therapie­an­oder­reagieren­ mit­ schweren­ Nebenwirkungen­ (HU-Intoleranz)­[13,­14].

Ruxolitinib

Bei­Ruxolitinib­(Jakavi®) handelt es­sich­um­eine­Substanz­aus­der­ Klasse­der­Tyrosinkinase-Inhibitoren.­ Ruxolitinib­ bindet­ an­ die­ Januskinasen­1­und­2­und­hemmt­ deren­Aktivität,­wodurch­es­kontrollierend­ in­ den­ dysregulierten­ JAK-STAT-Signalweg­eingreifen­ kann­ [15].­ Seit­ August­ 2012­ ist­ Jakavi ®­ zur­ Behandlung­ der­ primären­ Myelofibrose­ in­ der­ EU­ zugelassen.­Die­europaweite­Zulassung­ zur­ Behandlung­ der­ PV­

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bei­ Erwachsenen­ mit­ Intoleranz­ oder­Resistenz­gegenüber­HU­erfolgte­im­März­2015­[15]. Ruxolitinib im Vergleich zur Standardtherapie: die RESPONSE-Studie

Grundlage­der­Zulassung­von­Jakavi® bei PV-Patienten bildet die RESPONSE-Studie­ [16].­ Hierbei­ handelt­ es­ sich­ um­ eine­ weltweite,­ offene­ Phase-III-Studie­ zur­ Wirksamkeit­ und­ Sicherheit­ von­ Ruxolitinib­im­Vergleich­zur­besten­ verfügbaren­ Standardtherapie­ (best­ available­ therapy,­ BAT).­ In­ die­Studie­wurden­222­PV-Patienten­ aufgenommen,­ die­ eine­ Intoleranz­ oder­ Resistenz­ gegenüber­ HU­ aufwiesen.­ Die­ Teilnehmer­ waren­randomisiert­in­2­Gruppen­ eingeteilt:­Patienten­in­der­Ruxolitinib-Gruppe­ (n­=­110)­ erhielten­ eine­ Startdosis­ von­ 10­mg­ Ruxolitinib­ zweimal­ täglich,­ Patienten­ in­ der­ Standardtherapie-Gruppe­ (n­=­112)­ eine­ Monotherapie,­ die­ vom­ behandelnden­ Arzt­ patientenspezifisch­ verordnet­ wurde.­ Die­ jeweiligen­ Dosierungen­ wurden­mit­dem­Ziel­angepasst,­einen­ Hämatokritwert­ <45­%­ zu­ erreichen.­ Die­ Standardtherapien­ beinhalteten­HU­in­nebenwirkungsarmen­ Konzentrationen­ (58,9­%),­ (pegyliertes)­ Interferon-Alpha­ (11,6­%),­ Anagrelid­ (7,1­%),­ Immunmodulatoren­ (Thalidomid­ und­ Lenadomid,­ 4,5­%)­ sowie­ Pipobroman­ (1,8­%);­ eine­ weitere­ Behandlungsform­ stellte­ die­ Überwachung­ ohne­ medikamentöse­bzw.­zytoreduktive­Intervention­ (15,2­%)­ dar.­ Alle­ Patienten­ wurden­zusätzlich­mit­niedrig­dosierter­ Acetylsalicylsäure­ behandelt,­ sofern­ aus­ ärztlicher­ Sicht­ keine­ Kontraindikationen­ bestanden. © VERLAG PERFUSION GMBH


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Patienten­aus­der­StandardtherapieGruppe­besaßen­die­Möglichkeit,­ab­ Woche­32­nach­Behandlungsbeginn­ in­die­Ruxolitinib-Gruppe­zu­wechseln,­wenn­sie­kein­Ansprechen­auf­ ihre­aktuelle­Therapie­zeigten­oder­ wenn­ sie­ eine­ Progression­ der­ Erkrankung­aufwiesen. Primäre und sekundäre Endpunkte der Studie

Der­ zusammengesetzte­ primäre­ Endpunkt­ der­ RESPONSE-Studie­ bestand­aus­der­Kontrolle­des­Hämatokrits­ sowie­ einer­ Reduktion­ des­ Milzvolumens­ um­ mindestens­ 35­%­ in­ der­ 32.­ Woche­ nach­ Behandlungsbeginn.­ Die­ Hämatokrit-Kontrolle­ war­ definiert­ als­ fehlende­ Notwendigkeit­ für­ Phlebotomien­von­Woche­8­bis­32­sowie­ maximal­ eine­ Phlebotomie­ zwischen­ Gruppeneinteilung­ und­ der­ 8.­ Woche.­ Die­ Reduktion­ des­ Milzvolumens­ wurde­ durch­ bildgebende­ Verfahren­ (Magnetresonanztomographie­ und­ Computertomographie)­ermittelt. Sekundäre­ Endpunkte­ der­ Studie­ umfassten­ eine­ anhaltende­ Therapieantwort,­Symptomreduktion­um­ mindestens­ 50­%,­ Sicherheit­ und­ Verträglichkeit­der­Therapie­sowie­ Veränderung­ der­ Lebensqualität­ und­ der­ körperlichen­ Leistungsfähigkeit.­ Die­ Symptomschwere­ wurde­anhand­der­Fragebögen­Myeloproliferative­ Neoplasm­ Symptom­ Assessment­ Form­ (MPNSAF),­ Pruritus­ Symptom­ Impact­ Scale­und­Patient­Global­Impression­of­Change­beurteilt. Reduktion des Milzvolumens und Hämatokrit-Kontrolle

Patienten­ der­ Ruxolitinib-Gruppe­ wiesen­ signifikant­ häufiger­ eine­

Abbildung­ 1:­ In­ der­ RESPONSE-Studie­ zeigten­ die­ mit­ Ruxolitinib­ (Jakavi®) behandelten Patienten­ein­signifikant­besseres­Ansprechen­als­die­Patienten­unter­Standardtherapie­(BAT)­ (p<0,0001).­Dargestellt­sind­der­Anteil­der­Patienten­der­Ruxolitinib-­und­der­BAT-Gruppe,­die­ den­zusammengesetzten­Endpunkt­Kombination­der­Parameter­Hämatokrit-Kontrolle­und­Reduktion­des­Milzvolumens­erreichen­konnten,­sowie­die­Ergebnisse­für­die­jeweiligen­Einzelparameter­Reduktion­des­Milzvolumens­und­Hämatokrit-Kontrolle.­Patienten­mit­HämatokritKontrolle­benötigten­von­Woche­8­bis­Woche­32­der­Studie­keine­Phlebotomie­und­maximal­ eine­Phlebotomie­zwischen­Behandlungsbeginn­und­Woche­8.­Eine­Reduktion­des­Milzvolumens­wurde­anhand­des­Ausgangsbefunds­bei­Studienbeginn­ermittelt­[16].

Abbildung­2:­Dauer­des­Ansprechens.­Angegeben­ist­der­Anteil­der­mit­Ruloxitinib­behandelten­PV-Patienten,­die­über­den­zeitlichen­Verlauf­hinweg­ihr­primäres­Ansprechen­(Kombination­aus­reduziertem­Milzvolumen­und­Hämatokrit-Kontrolle)­aufrecht­erhielten­[16].­ *­­­­Ein­Patient­unter­Ruxolitinib­verlor­das­primäre­Ansprechen­zwischen­Woche­36­und­42. **­­Patienten­mit­Risiko:­Die­Anzahl­der­Patienten­reduziert­sich­über­die­Zeit,­da­Patienten­ ohne­erfasste­Werte­aus­unterschiedlichen­Gründen­zensiert­wurden.

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Reduktion­ des­ Milzvolumens­ bei­ gleichzeitiger­ Hämatokrit-Kontrolle­ in­ Woche­ 32­ auf­ (20,9­%­ in­ der­ Ruxolitinib-Gruppe­ gegenüber­ 0,9­%­in­der­BAT-Gruppe)­(Abb.­1). Die­ Wahrscheinlichkeit,­ diese­ sogenannte­ Primärantwort­ über­ ein­ Jahr­aufrechtzuerhalten,­lag­in­der­ Ruxolitinib-Gruppe­bei­94­%­(Abb.­ 2).­Insgesamt­konnte­bei­60­%­der­ Patienten­ der­ Ruxolitinib-Gruppe­ eine­ Hämatokrit-Kontrolle­ beobachtet­ werden,­ unter­ Standardtherapie­ bei­ 19,6­%­ der­ Patienten.­ Dieser­ Effekt­ stellte­ sich­ in­ der­ Ruxolitinib-Gruppe­alters-­und­geschlechtsunabhängig­dar. Mindestens­ eine­ Komponente­ des­ primären­ Endpunkts­ (Milzreduktion­ oder­ Hämatokrit-Kontrolle)­ wurde­von­77,3­%­der­Patienten­in­ der­ Ruxolitinib-Gruppe­ erreicht.­ Eine­ komplette­ hämatologische­ Remission­ wurde­ bei­ 23,8­%­ der­ Studienteilnehmer­ in­ der­ Ruxolitinib-Gruppe­ und­ bei­ 8,9%­ der­ Patienten­ unter­ Standardtherapie­ beobachtet. Zwischen­ Woche­ 8­ und­ 32­ mussten­ sich­ mehr­ Patienten­ unter­ Standardtherapie­mindestens­einer­ Phlebotomie­ unterziehen­ (62,4­%­ gegenüber­ 19,8­%­ in­ der­ Ruxolitinib-Gruppe).­ Dabei­ benötigten­ 20,2­%­ der­ Patienten­ aus­ der­ Standardtherapie-Gruppe­mehr­als­ 3­Phlebotomien,­unter­Ruxolitinib­ waren­es­2,8­%.

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Abbildung­3:­Verbesserung­der­PV-Symptomatik­bei­der­Mehrheit­der­Patienten.­Angegeben­ sind­die­Veränderungen­der­Symptome­bei­Patienten­unter­Ruxolitinib-Behandlung­(Jakavi®) sowie­unter­Standardtherapie­(BAT).­Die­Symptome­wurden­wie­folgt­gruppiert:­alle­14­Symptome,­Zytokin-assoziierte­Symptome­(chronische­Erschöpfung,­Juckreiz,­Muskelschmerzen,­ Nachtschweiß­ und­ Schwitzen­ am­ Tag),­ Hyperviskositäts-assoziierte­ Symptome­ (Sehstörungen,­ Schwindelgefühl,­ Konzentrationsprobleme,­ Kopfschmerzen,­Taubheit/Kribbeln­ in­ Händen/Füßen,­ Tinnitus,­ Hautrötung)­ sowie­ Splenomegalie-assoziierte­ Symptome­ (abdominelle­ Beschwerden­und­frühzeitiges­Sättigungsgefühl).­MPN-SAF­=­Myeloproliferative­Neoplasm­ Symptom­Assessment­Form­[16]

Reduktion der Symptomlast, Verbesserung der Lebensqualität

Bei­ 49­%­ der­ Studienteilnehmer,­ die­ mit­ Ruxolitinib­ behandelt­ wurden,­ war­ eine­ Reduktion­ der­ Symptome­ von­ über­ 50­%­ zu­ beobachten­im­Vergleich­zu­5­%­der­ Patienten­ unter­ Standardtherapie­ (Abb.­ 3).­ Wurden­ die­ Beschwerden­nach­ihren­Ursachen­gruppiert,­

Abbildung­ 4:­ Reduktion­ der­ PV-Symptome.­ Die­ Symptomlast­ wurde­ bei­ Gruppeneinteilung­ und­Woche­32­mittels­Fragebogen­ermittelt.­Nur­Patienten­mit­Fragebogen-Werten­>0­sowohl­ bei­Gruppeneinteilung­als­auch­in­Woche­32­wurden­in­der­Auswertung­berücksichtigt­[16].

so­führte­die­Behandlung­mit­Ruxolitinib­ zu­ einer­ umfassenderen­ Reduktion­ der­ Zytokin-,­ Hyperviskositäts-­ und­ Splenomegalie-

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assoziierten­ Symptome­ als­ die­ Standardtherapie­(Abb.­3).­Bei­13­ der­ 14­ untersuchten­ Symptome­ konnte­ durch­ die­ Behandlung­ mit­ © VERLAG PERFUSION GMBH


ÜBERSICHTSARBEIT

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Ruxolitinib­eine­deutliche­Verbesserung­ erreicht­ werden.­ Lediglich­ beim­ Symptom­ „Ohrgeräusche“­ ließen­ sich­ keine­ Veränderungen­ erzielen.­ Im­ Gegensatz­ hierzu­ wurden­ unter­ der­ Standardtherapie­ Symptomverschlechterungen,­ insbesondere­ bei­ den­ Symptomen­ „Ohrgeräusche“,­ „Taubheit/Kribbeln­in­Händen­und­Füßen“­sowie­ bei­ „Konzentrationsproblemen“­ beobachtet­(Abb.­4).­Vor­allem­die­ als­besonders­belastend­empfundenen­ Symptome­ brennender­ Juckreiz,­Tag-­und­Nachtschweiß­sowie­ chronische­ Müdigkeit­ (Fatigue)­ konnten­ durch­ die­ Behandlung­ mit­ Ruxolitinib­ deutlich­ gebessert­ werden­(Abb.­4). Patienten­ unter­ Ruxolitinib­ zeigten­im­Gegensatz­zu­Patienten­mit­ Standardtherapie­ innerhalb­ des­ Beobachtungszeitraums­ von­ 32­ Wochen­ eine­ anhaltende­ Verbesserung­der­Lebensqualität­und­der­ körperlichen­ Funktionsfähigkeit­ (Abb.­5). Senkung der Allellast

Patienten­ mit­ PV­ weisen­ in­ etwa­ 98­%­aller­Fälle­eine­JAK2-Mutation­auf­[2].­Eine­erhöhte­Allellast­ ist­ mit­ einem­ erhöhten­ Risiko­ für­ die­Entwicklung­von­Splenomegalien,­Pruritus­sowie­thromboembolischen­ Komplikationen­ assoziiert­ [12].­ In­ der­ RESPONSE-Studie­ konnte­ in­ der­ Ruxolitinib-Gruppe­ eine­ Reduktion­ der­ Allellast­ um­ 12,2­%­beobachtet­werden.­Im­Gegensatz­hierzu­kam­es­in­der­Standardtherapie-Gruppe­zu­einem­Anstieg­ der­ Allellast­ um­ 1,2­%.­ Die­ Allellast­in­der­Ruxolitinib-Gruppe­ verringerte­ sich­ mit­ zunehmender­ Behandlungsdauer­(maximale­Abnahme­bei­34,7­%­in­Woche­112).

Abbildung­5:­Schnelle,­dauerhafte­Verbesserung­der­Lebensqualität­und­Leistungsfähigkeit­unter­Ruxolitinib­(Jakavi®).­Die­Bewertung­des­Gesundheitszustands­und­der­Funktionsfähigkeit­ wurde­bei­Gruppeneinteilung­und­Woche­32­mittels­Fragebogen­ermittelt.­Nur­Patienten­mit­ Fragebogen-Werten­ >0­ sowohl­ bei­ Gruppeneinteilung­ als­ auch­ in­ Woche­ 32­ wurden­ in­ der­ Auswertung­berücksichtigt­[16].­Positive­Werte­stellen­eine­Verbesserung,­negative­Werte­eine­ Verschlechterung­dar.

Nachhaltiger klinischer Nutzen von Ruxolitinib bei unkontrollierter PV

Zum­ Ende­ des­ Beobachtungszeitraums­hatten­17­Patienten­aus­der­ Ruxolitinib-Gruppe­ (15,5­%)­ und­ 108­ Patienten­ aus­ der­ Standardtherapie-Gruppe­ (96,4­%)­ ihre­ Behandlung­ vorzeitig­ abgebrochen.­Hauptgrund­der­Beendigung­ war­die­fehlende­Wirksamkeit­der­ Therapie­ (0­%­ in­ der­ Ruxolitinib-

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Gruppe­ und­ 87,5­%­ in­ der­ Standardtherapie-Gruppe),­gefolgt­von­ der­ Entscheidung­ des­ Patienten­ (5,5­%­ in­ der­ Ruxolitinib-Gruppe­ und­4,5­%­in­der­StandardtherapieGruppe)­ und­ Nebenwirkungen­ (3,6­%­ in­ der­ Ruxolitinib-Gruppe­ und­ 1,8­%­ in­ der­ Standardtherapie-Gruppe).­ Insgesamt­ wechselten­ 96­ Patienten­ (85,7­%)­ aus­ der­ Standardtherapie-Gruppe­ in­ oder­ nach­Woche­32­in­die­Gruppe­mit­ Ruxolitinib-Behandlung. © VERLAG PERFUSION GMBH


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Kürzlich­ präsentierte­ Follow-upDaten­ der­ RESPONSE-Studie­ bestätigen­ die­ anhaltende­ Wirksamkeit­ und­ Verträglichkeit­ von­ Ruxolitinib­ bei­ PV­ über­ 80­ Wochen­[17].­So­wiesen­9­von­10­Patienten­ über­ diesen­ Zeitraum­ eine­ anhaltende­ Hämatokrit-Kontrolle­ auf;­ alle­ Patienten­ des­ Ruxolitinib-Arms­ konnten­ dabei­ ihre­ bis­ Woche­ 32­ erzielte­ Reduktion­ des­ Milzvolumens­um­≥35­%­aufrecht­ erhalten.­ Therapieabbrüche­ waren­ selten:­ 83%­ der­ Patienten­ wurden­ durchgehend­ mit­ Ruxolitinib­ behandelt.­Von­Studienbeginn­bis­zur­ Woche­ 32­ benötigten­ 80,2­%­ der­ Patienten­ unter­ Ruxolitinib­ keine­ Aderlasstherapie,­zwischen­Woche­ 32­ und­ 80­ stieg­ dieser­Anteil­ auf­ 89,8­%­an­[17]. Nebenwirkungen

Die­ häufigsten­ Nebenwirkungen­ beinhalteten­ in­ beiden­ Gruppen­ Anämien­ und­ Lymphopenien,­ jeweils­mit­niedrigem­Schweregrad.­ Thromboembolische­ Komplikationen­ wurden­ bei­ 6­ Patienten­ in­ der­ Standardtherapie-Gruppe­ und­ einem­ Patient­ in­ der­ RuxolitinibGruppe­ beobachtet.­ Schwere­ Nebenwirkungen­ (Grad­ 3–4)­ traten­ unter­ Standardtherapie­ deutlich­ häufiger­auf­als­unter­RuxolitinibBehandlung­ (44,0­%­ gegenüber­ 28,8­%). Herpes-Zoster-Infektionen­ mit­ leichtem­ Schweregrad­ betrafen­ 7­ Patienten­ unter­ der­ Therapie­ mit­ Ruxolitinib­ und­ keine­ Patienten­ mit­ Standardtherapie.­ Insgesamt­ unterschied­ sich­ die­ Anzahl­ der­ Infektionen­ aller­ Schweregrade­ unter­ Standardtherapie­ und­ Ruxolitinib-Therapie nicht voneinander (41,8­%­in­der­Ruxolitinib-Gruppe,­

36,9­%­ in­ der­ StandardtherapieGruppe). Fazit

Die­Daten­der­RESPONSE-Studie­ weisen­ auf­ eine­ deutliche­ Überlegenheit­von­Ruxolitinib­gegenüber­ den­ Standardtherapien­ bei­ PVPatienten­ mit­ HU-Intoleranz­ und­ -Resistenz­hin.­Aufgrund­der­beobachteten,­anhaltenden­HämatokritKontrolle­ sowie­ der­ deutlichen­ Reduktion­ der­ Symptomlast­ stellt­ Ruxolitinib­ einen­ neuen­ und­ vielversprechenden­Ansatz­ in­ der­ Behandlung­ der­ PV­ dar.­ Somit­ kann­ Ruxolitinib­als­bereits­zugelassene­ Therapieoption­ einen­ wichtigen­ Beitrag­ zur­ Verhinderung­ thromboebolischer­ Komplikationen,­ zur­ Reduktion­der­Symptomlast­sowie­ zur­Verbesserung­der­Lebensqualität­bei­PV-Patienten­leisten.­

Literatur 1­ Swerdlow­ SH,­ Campo­ E,­ Harris­ NL­ et­ al.­ WHO­classification­of­tumours­of­haematopoietic­ and­ Lymphoid­ Tissues,­ 4th­ ed.­ Lyon,­France:­IARC­Press 2­ Lengfelder­E,­Baerlocher­G,­Gisslinger­H,­ Petrides­PE­et­al.­DGHO­Leitlinien­„Polycythaemia­ vera“.­ Stand:­ März­ 2016.­ Online­ verfügbar­ unter:­ https://www.dghoonkopedia.de/de/onkopedia/leitlinien/polycythaemia-vera-pv/polycythaemia-vera-pv. pdf.­ 3­ Kroll­ MH,­ Michaelis­ LC,­ Verstovsek­ S­ et­ al.­ Mechanisms­ of­ thrombogenesis­ in­ polycythemia­ vera.­ Blood­ Rev­ 2014;­ S0268-960X(14)00100-3 4­ Tefferi­ A.­ Essential­ thrombocythemia,­ polycythemia­vera,­and­myelofibrosis:­current­ management­ and­ the­ prospect­ of­ targeted­therapy.­Am­J­Hematol­2008;83:491497 5­ Passamonti­F,­Rumi­E,­Caramella­M­et­al.­ A­ dynamic­ prognostic­ model­ to­ predict­ survival­ in­ post-polycythemia­ vera­ myelofibrosis.­Blood­2008;111:3383-3387 6­ Tam­ CS,­ Nussenzveig­ RM,­ Popat­ U­ et­ al.­ The­ natural­ history­ and­ treatment­ outcome­ of­blast­phase­BCR-ABLmyeloproliferative­ neoplasms.­Blood­2008;112:1628-1637

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7­ Siegel­ FP,­ Tauscher­ J,­ Petrides­ PE­ et­ al.­ Aquagenic­ pruritus­ in­ polycythemia­ vera:­ characteristics­ and­ influence­ on­ quality­ of­ life­ in­ 441­ patients.­ Am­ J­ Hematol­ 2013;88:665-669 8­ Mesa­R,­Miller­CB,­Thyne­MM­et­al.­Impact­ of­ myeloproliferative­ neoplasms­ (MPNs)­ on­ patients’­ overall­ health­ and­ productivity:­ results­ from­ the­ MPN­ LANDMARK­ SURVEY­ in­ the­ United­ States.­ ASH­ Annual­ Meeting­ 2014,­ San­ Francisco,­Abstract­3183 9­ Ishii­T,­Zhao­Y,­Shi­J­et­al.­T­cells­from­patients­ with­ polycythemia­ vera­ elaborate­ growth­factors­which­contribute­to­endogenous­ erythroid­ and­ megakaryocyte­ colony­ formation.­Leukemia­2007;21:2433-2441 10­Marchioli­ R,­ Marchioli­ Finazzi­ G,­ Specchia­G­et­al.­Cardiovascular­events­and­intensity­ of­ treatment­ in­ polycythemia­ vera.­ N­Engl­J­Med­2013;368:23-33 11­Besses­ C,­ Alvarez-Larran­ A,­ MarzinezAviles­L­et­al.­Modulation­of­JAK2­V617F­ allele­ burden­ dynamics­ by­ hydroxycarbamide­ in­ polycythaemia­ vera­ and­ essential­ thrombocythaemia­patients.­Br­J­Haematol­ 2011;152:413-419 12­Vannucchi­AM,­Antonioli,­E,­Guglielmelli­ P­ et­ al.­ Prospective­ identification­ of­ highrisk­ polycythemia­ vera­ patients­ based­ on­ JAK2(V617F)­ allele­ burden.­ Leukemia­ 2007;21:1952-1959 13­Alvarez-Larrán­A,­ Pereira­A,­ Cervantes­ F­ et­ al.­Assessment­ and­ prognostic­ value­ of­ the­ European­ LeukemiaNet­ criteria­ for­ clinicohematologic­ response,­ resistance,­ and­ intolerance­ to­ hydroxyurea­ in­ polycythemia­vera.­Blood­2012;119:1363-1369 14­Guillot­B,­Besses­D,­Dereure­O.­Mucocutaneous­ side­ effects­ of­ antineoplastic­ chemotherapy.­ Expert­ Opin­ Drug­ Saf­ 2004;3:579-587 15­Fachinformation­ Jakavi®;­ Stand:­ Dezember­2016 16­Vannucchi­ AM,­ Kiladjian­ JJ,­ Griesshammer­ M­ et­ al.­ Ruxolitinib­ versus­ standard­ therapy­for­the­treatment­of­polycythaemia­ vera.­N­Engl­J­Med­2015;372:426-435 17­Verstovsek­ S,­ Vannucchi­AM,­ Griesshammer­M,­et­al.­Ruxolitinib­versus­best­available­therapy­in­patients­with­polycythemia­ vera:­ 80-week­ follow-up­ from­ the­ RESPONSE­ trial.­ Haematologica­ 2016;­ 101:821-829

Anschrift der Verfasserin: Brigitte­Söllner Medizinjournalistin Lärchenweg­10 91058­Erlangen brigitte.soellner@online.de

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

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Hepatische Enzephalopathie rechtzeitig erkennen und konsequent therapieren

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ie­ Leber­ leidet­ bekanntlich­ still,­ weshalb­ die­ Diagnose­ „Leberzirrhose“­ für­ viele­ bislang­ beschwerdefreie­ Patienten­ oft­unerwartet­kommt.­Doch­nicht­ nur­deshalb­sollte­der­Hausarzt­seinen­Leberpatienten­besondere­Aufmerksamkeit­ schenken.­ Durch­ regelmäßige­ Konsultationen­ kommt­ ihm­auch­bei­der­Diagnose­der­hepatischen­ Enzephalopathie­ (HE)­ als­ schwerwiegender­ Komplikation­der­Leberzirrhose­eine­entscheidende­Rolle­zu. Frühe Diagnose ist entscheidend

Die­Pathogenese­der­HE­wird­unter­ anderem­ damit­ erklärt,­ dass­ aus­ dem­ Darm­ aufgenommenes­ Ammoniak­ nicht­ entgiftet­ werden­ und­so­neurotoxisch­wirken­kann.­ Die­ Symptome­ reichen­ von­ leichten­ kognitiven­ Einschränkungen­ bis­ hin­ zum­ Koma.­ Häufig­ wird­ die­HE­in­der­Praxis­nicht­erkannt,­ da­ sich­die­ersten­ Symptome­sehr­ unspezifisch­ darstellen­ können:­ anhaltende­ Müdigkeit,­ Konzentrations-­ und­ Gedächtnisschwäche,­ Schwierigkeiten­ beim­ Lesen­ und­ Schreiben,­ zeitliche­ Desorientierung,­ Persönlichkeitsveränderungen­ und­ motorische­ Beeinträchtigungen­ wie­ etwa­ ein­ unsicherer­ Gang­[1,­2].­Bei­Patienten­mit­ei-

Langfristige Rezidivprophylaxe mit Rifaxmin-α

phylaxe­erfolgen­[1].­Hierbei­spielt­ der­ Hausarzt­ eine­ entscheidende­ Rolle,­ indem­ er­ die­ in­ der­ Klinik­ eingeleitete­ Rezidivprophylaxe­ konsequent­weiterführt.­Denn­auch­ wenn­ die­ HE­ episodisch­ verläuft,­ ist­ sie­ eine­ chronische­ Erkrankung­ mit­schubförmigem­Verlauf,­bei­der­ weitere­ Episoden­ einer­ HE­ wahrscheinlich­sind­[3]. Um­ die­ Rezidivquote­ kontinuierlich­ so­ niedrig­ wie­ möglich­ zu­ halten,­ steht­ mit­ Rifaxmin-α­ (Xifaxan®­ 550­mg)­ seit­ 2013­ ein­ gut­ verträgliches,­ praktisch­ nicht­ resorbierbares­ Antibiotikum­ zur­ Verfügung.­ Das­ Rifamycinderivat­ hat­ ein­ breites­ Wirkspektrum­ und­ hemmt­ unter­ anderem­ ammoniakbildende­ Darmbakterien.­ Dies­ kann­bei­Patienten­mit­schwer­eingeschränkter­ Leberfunktion­ die­ Ammoniakexposition­ vermindern­ und­so­die­HE-Rezidivrate­senken­ [5*,­6**].­ Aufgrund­ seines­ guten­ Verträglichkeitsprofils­ [7]­ eignet­ sich­ der­ Wirkstoff­ besonders­ für­ eine­ langfristige­ prophylaktische­ Erhaltungstherapie­ [1,­ 8].­ Darüber­ hinaus­ entwickeln­ sich­ unter­ der­ Therapie­keine­klinisch­relevanten­ Resistenzen­[7].

Um­ die­ Zunahme­ kognitiver­ Defizite­zu­vermeiden­und­die­Lebensqualität­der­Patienten­zu­verbessern,­ sollte­eine­konsequente­Rezidivpro-

*­ 9­ 1­%­der­Patienten­in­beiden­Behandlungsarmen­ erhielten­ als­ Begleitmedikation­ Lactulose. **­­89,8­%­der­Patienten­erhielten­als­Begleitmedikation­Lactulose.

ner­bekannten­Leberzirrhose­muss­ bei­diesen­Symptomen­an­eine­HE­ gedacht­ und­ dies­ entsprechend­ weiter­ abgeklärt­ werden.­ Erhärten­psychometrische­Tests­wie­der­ Zahlenverbindungstest­ diesen­Anfangsverdacht,­sollte­der­Patient­an­ eine­Klinik­überwiesen­werden. Kognitive Defizite vermeiden und Lebensqualität verbessern

Eine­ rechtzeitig­ eingeleitete­ Therapie­ist­besonders­wichtig,­da­im­ schubförmigen­ Verlauf­ mit­ jeder­ weiteren­ Episode­ die­ kognitiven­ Defizite­ des­ Patienten­ zunehmen­ können­[3].­Gleichzeitig­ist­die­HE­ bei­ Patienten­mit­alkoholinduzierter­ Leberzirrhose­ bereits­ in­ einem­ frühen­Stadium­mit­einer­erhöhten­ Mortalität­ sowie­ Einschränkungen­ der­ Lebensqualität­ (HRQoL­ =­ Health-Related­ Quality­ of­ Life)­ verknüpft­ [4]­ und­ kann­ im­ weiteren­ Verlauf­ zum­ Verlust­ der­ Persönlichkeit­ und­ zum­ Leberkoma­ führen­[1,­2].

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In­ klinischen­ Studien­ senkte­ das­ darmselektive­ Antibiotikum­ Rifaximin-α,­ das­ meist­ in­ Kombination­mit­Lactulose­verabreicht­ wird,­ das­ relative­ Risiko­ für­ wiederkehrende­ Episoden­ um­ 58­%­ [5*]­und­trägt­so­dazu­bei,­die­kognitiven­Fähigkeiten­der­Patienten­ zu­schützen­und­deren­Lebensqualität­zu­verbessern­[9].­ Elisabeth Wilhelmi, München

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen: Fortschritte auf dem Weg zur individualisierten Therapie

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Literatur 1­ Vilstrup­ H­ H­ et­ al.­ Hepatology­ 2014;61:­ 642-659. 2­ Zhan­ T­ et­ al.­ Dtsch­ Ärztebl­ Int­ 2012;­ 109:180-187 3­ Bajaj­ JS­ et­ al.­ Gastroenterol­ 2010;138:­ 2332-2340 4­ Jepsen­ P­ et­ al.­ Hepatology­ 2010;51:16751682 5­ Bass­ NM­ et­ al.­ N­ Engl­ J­ Med­ 2010;362:­ 1071-1081 6­ Mullen­KD­et­al.­Clin­Gastroenterol­Hepatol­2014;12:1390-1397 7­ Fachinformation­ Xifaxan®550­mg;­ Stand­ Juli­2016 8­ Chronic­Liver­Disease­Foundation.­Hepatic­ Enzephalopathy­ Update:­ Prophylactic­ Therapy­ to­ Prevent­ Hepatic­ Encephalopathy.­August­2012 9­ Sanyal­ A­ et­ al.­ Aliment­ Pharmacol­ Ther­ 2011;34:853-861

olitis­ ulcerosa­ (CU)­ und­ Morbus­Crohn­(MC)­sind­die­ beiden­häufigsten­chronischentzündlichen­ Darmerkrankungen­ (CED).­ Bei­ der­ Versorgung­ von­ CED-Patienten­ ist­ es­ neben­ einer­ frühzeitigen­ Diagnose­ entscheidend,­ ein­ individuell­ auf­ den­ Patienten­ zugeschnittenes­ Behandlungskonzept­ zu­ entwickeln,­ das­ ihm­ eine­ hohe­ Lebensqualität­ ermöglicht.­Es­ist­jedoch­oft­schwierig,­aus­der­Vielzahl­der­aktuellen­ neuen­ Behandlungsoptionen­ den­ besten­ Ansatz­ für­ den­ einzelnen­ Patienten­auszuwählen.­Eine­wichtige­ Therapieoption­ stellt­ hierbei­ der­ Integrin-α4β7-Antagonist­ Vedolizumab­(Entyvio®)­dar.­Vedolizumab­ ist­ zugelassen­ für­ erwachsene­Patienten­mit­mittelschweren­ bis­ schweren­ aktiven­ Formen­ von­ CU­ und­ MC,­ bei­ denen­ konventionelle­ Therapien­ oder­ TNF-αAntagonisten­ versagt­ haben,­ die­ darauf­ nur­ unzureichend­ ansprechen­ oder­ bei­ denen­ eine­ Unverträglichkeit­vorliegt­[1].

digkeit­ und­ chronischen­ Durchfällen,­ die­ die­ Lebensqualität­ oftmals­ erheblich­ einschränken.­ Die­ Erkrankung­ kann­ sich­ darüber­ hinaus­ auch­ an­ extraintestinalen­ Organen­(z.B.­Gelenken,­Haut­und­ Augen)­ manifestieren.­ Viele­ Patienten­müssen­zudem­aufgrund­von­ krankheitsbedingten­ Komplikationen­im­Laufe­ihres­Lebens­operiert­ werden;­ insbesondere­ wenn­ es­ zu­ Darmstenosen,­Fisteln­oder­Darmkrebs­kommt.­Eine­frühzeitige­Erkennung­und­effektive­Behandlung­ von­CED­sind­daher­entscheidend,­ um­Komplikationen­zu­vermeiden­ und­ eine­ hohe­ Lebensqualität­ zu­ ermöglichen.­ Diese­ Ziele­ sind­ oft­ jedoch­ nur­ schwer­ zu­ erreichen,­ da­ CED-Erkrankungen­ individuell­ sehr­ unterschiedlich­ verlaufen­ können­ und­ Biomarker­ für­ den­ weiteren­ Krankheitsverlauf­ weitgehend­ fehlen.­ Es­ ist­ daher­ oft­ schwierig,­ für­ den­ einzelnen­ Patienten­aus­der­Vielfalt­der­aktuellen­ neuen­ Behandlungsoptionen­ den­ besten­Ansatz­auszuwählen.

Ziel ist die maßgeschneiderte individuelle Betreuung

Zielgerichtete biologische Therapie mit dem Antikörper Vedolizumab

In­Deutschland­sind­etwa­320.000­ Patienten­ von­ chronisch­ entzündlichen­ Darmerkrankungen­ betroffen.­ CED-Patienten­ leiden­ vor­ allem­unter­Bauchschmerzen,­Mü-

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Da­die­Pathogenese­der­CED­noch­ immer­nicht­vollständig­entschlüsselt­ist,­gibt­es­noch­keinen­kausalen­oder­kurativen­Therapieansatz.­ © VERLAG PERFUSION GMBH


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Vedolizumab – der erste darmselektive Integrin-Antagonist Vedolizumab (Entyvio®) ist ein biotechnologisch hergestellter humanisierter monoklonaler Antikörper mit einem neuartigen Wirkmechanismus für die Behandlung der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Colitis ulcerosa und Morbus Crohn. Als Integrin-α4β7-Antagonist wirkt Vedolizumab nicht systemisch im ganzen Körper, sondern selektiv in der Darmregion. Das Adhäsionsmolekül α4β7-Integrin vermittelt die selektive Einwanderung proinflammatorischer T-HelferLymphozyten in die Darmwand und spielt somit eine Schlüsselrolle bei der Entstehung des Entzündungsprozesses bei CED [5, 6]: Durch Bindung von α4β7-Integrin an das mukosale Adressin-Zelladhäsionsmolekül-1 (MAdCAM-1) auf Endothelzellen kommt es zur Infiltration des Gastrointestinaltrakts durch dorthin einwandernde pathogene Lymphozyten. MAdCAM-1 wird bevorzugt im Darmgewebe exprimiert und an Orten chronischer Entzündung hochreguliert [7].

Vedolizumab bindet ausschließlich und selektiv an das α4β7-Integrin an der Oberfläche in der Blutbahn strömender aktivierter Lymphozyten und blockiert so deren Interaktion mit MAdCAM-1. Dadurch wird die Migration der Lymphozyten in das entzündete Darmgewebe eingeschränkt, sodass die ortsständige Entzündung abklingt.

Vedolizumab verhindert durch die Bindung an α4β7-Integrin auf den proinflammatorischen Lymphozyten, dass diese in die Darmwand eindringen (© Takeda).

Proinflammatorische Lymphozyten werden gezielt zum Darm geführt und verursachen dort die Entzündung (© Takeda).

Ziel­ der­ CED-Behandlung­ ist­ neben­ der­Abheilung­ der­ mukosalen­ Entzündung­die­Induktion­und­Erhaltung­ einer­ kortikosteroidfreien­ Remission.­Lange­Zeit­standen­dafür­nur­relativ­unspezifisch­wirkende­Substanzen­wie­Kortikosteroide­ und­ Immunsuppressiva­ zur­ Verfügung,­mit­denen­aber­bei­einem­ Teil­ der­ Patienten­ keine­ langfristige­ Krankheitskontrolle­ erreicht­ werden­konnte. Den­ entscheidenden­ Durchbruch­ brachte­ die­ Entwicklung­ zielge-

Der hochselektiv auf die Darmwand gerichtete Integrin-Antagonist übt keine stemische Immunsuppression aus. Dadurch unterscheidet sich Vedolizumab von den bisher zur Behandlung von CED in Europa zugelassenen verfügbaren Biologika (TNF-α-Antagonisten), die auf einer systemischen Immunsuppression aufbauen.

richteter­ CED-Therapien.­ Ihre­ ersten­ zugelassenen­ Vertreter­ waren­ die­ TNF-α-Antagonisten.­ Aber­auch­bei­der­Behandlung­mit­ diesen­Biologika­zeigte­sich,­dass­ es­ eine­ Subgruppe­ von­ Patienten­ gibt,­ die­ bereits­ primär­ nicht­ auf­ diese­ Therapie­ ansprechen­ bzw.­ einen­ sekundären­ Wirkverlust­ aufweisen­ und­ dann­ nicht­ mehr­ ansprechen. Ein­weiterer­Schritt­auf­dem­Gebiet­ der­ biologischen­ CED-Therapien­ war­ die­ Entwicklung­ von­ Vedoli-

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zumab,­ eines­ humanisierten­ monoklonalen­ Antikörpers,­ der­ sich­ gezielt­ gegen­ das­ zelluläre­ Adhäsionsmolekül­ α4β7-Integrin­ auf­ dem­Gefäßendothel­der­Darmwand­ richtet.­ Durch­ diese­ darmspezifische­ Blockade­ wird­ die­ Migration­ von­ Lymphozyten­ in­ das­ entzündete­ Darmgewebe­ reduziert­ [1].­ Vedolizumab­ist­seit­2014­zugelassen­ für­ erwachsene­ Patienten­ mit­ mittelschweren­ bis­ schweren­ aktiven­Formen­von­CU­und­MC,­bei­ denen konventionelle Therapien © VERLAG PERFUSION GMBH


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oder­ TNF-α-Antagonisten­ versagt­ haben,­die­darauf­nur­unzureichend­ ansprechen­ oder­ bei­ denen­ eine­ Unverträglichkeit­vorliegt­[1].­Die­ Wirksamkeit­ und­ Sicherheit­ von­ Vedolizumab­ wurden­ in­ 3­ großen­ randomisierten,­ doppelblinden­ und­ placebokontrollierten­ Studien­ (GEMINI-Studien)­ nachgewiesen­ [2,­3,­4]. Grundsätzlich­ kann­ jede­ der­ genannten­ Substanzklassen­ eingesetzt­ werden,­ wenn­ bei­ einem­ Patienten­ die­ klinische­ Indikation­ zur­antikörperbasierten­Biologikatherapie­ besteht.­ Da­ die­ Therapie­ jedoch­ immer­ bei­ einer­ Subgruppe­ von­ Patienten­ keine­ klinische­ Wirksamkeit­ zeigt,­ wäre­ es­ aus­ klinischer­–­und­medizinökonomischer­ –­ Sicht­ sehr­ wichtig,­ einen­ Prädiktor­ für­ das­ therapeutische­ Ansprechen­ zu­ finden.­ So­ könnte­ für­ jeden­ Patienten­ eine­ maßgeschneiderte­Therapie­gefunden­und­ wirkungslose­ Therapieversuche­ könnten­vermieden­werden. Hochentwickelte Endoskopietechniken zur präzisen Beurteilung der Mukosaheilung

Als­wesentliches­Ziel­der­Behandlung­ von­ CED-Patienten­ gilt­ die­ Mukosaheilung,­da­sie­maßgeblich­ den­ weiteren­ klinischen­ Verlauf­ und­ das­ Auftreten­ von­ Komplikationen­ beeinflusst.­ Daher­ bildet­ die­endoskopische­Beurteilung­der­ mukosalen­ Entzündungsaktivität­

einen­ zentralen­ Bestandteil­ der­ Behandlung­ von­ CED-Patienten.­ Seit­ der­ Einführung­ der­ HighDefinition-Endoskopie­ hat­ die­ technologische­ Entwicklung­ eine­ rasante­ Entwicklung­ genommen.­ So­erlauben­die­optische­und­digitale­ Chromoendoskopie­ eine­ verbesserte­ Beurteilung­ von­Ausmaß­ und­ Schweregrad­ der­ intestinalen­ Entzündung­ und­ sind­ zudem­ als­ sogenannte­ „Push-of-a-button“Techniken­ jederzeit­ verfügbar.­ Für­ die­ mikroskopische­ Darstellung­ der­ mukosalen­ Oberfläche­ im­Gastrointestinaltrakt­stehen­zudem­hochauflösende­Technologien­ wie­ Magnifikationsendoskopie,­ Endozytoskopie­ und­ konfokale­ Laserendomikroskopie­ zur­ Verfügung.­ Damit­ ist­ bereits­ während­ der­ laufenden­ Untersuchung­ eine­ feingewebliche­ Beurteilung­ der­ Schleimhaut­ als­ „optische­ Biopsie“­möglich. Einen­ entscheidenden­ Beitrag­ für­ die­ Verbesserung­ des­ CED-Managements­ könnte­ die­ sogenannte­ molekulare­ Endoskopie­ mit­ markierten­ Antikörpern­ leisten,­ die­ am­ Universitätsklinikum­ Erlangen­getestet­wird.­Hierbei­werden­ farbstoffmarkierte­ Sonden­ und­ deren­ Visualisierung­ mittels­ endoskopischer­Techniken­mit­ultrastruktureller­Auflösung­verwendet.­ Studien­ haben­ gezeigt,­ dass­ sich­ mit­dieser­modernen­Form­der­Endoskopie­erstmals­das­Ansprechen­ bei­ einzelnen­ CED-Patienten­ auf­ ihre­ Therapie­ mit­ einem­ TNF-α-

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Blocker­oder­Vedolizumab­vorhersagen­lässt­[8,­9].­ Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1­ Fachinformation­Entyvio®;­Stand:­November­2015 2­ Feagan­B,­Rutgeerts­P,­Sands­B­et­al.­Vedolizumab­ as­ induction­ and­ maintenance­ therapy­ for­ ulcerative­ colitis.­ N­ Engl­ J­ Med­2013;369:699-710 3­ Sandborn­W,­ Feagan­ B,­ Rutgeerts­ P­ et­ al.­ Vedolizumab­ as­ induction­ and­ maintenance­therapy­for­Crohn’s­disease.­N­Engl­ J­Med­2013;369:711-721 4­ Sands­ BE,­ Feagan­ BG,­ Rutgeerts­ P­ et­ al.­ Effects­ of­ vedolizumab­ induction­ therapy­ for­patients­with­Crohn’s­disease­in­whom­ tumor­ necrosis­ factor­ antagonist­ treatment­ failed.­ Gastroenterology­ 2014;147:618627 5­ Soler­ D,­ Chapman­ T,­ Yang­ LL­ et­ al.­ The­ binding­ specificity­ and­ selective­ antagonism­ of­ vedolizumab,­ an­ anti-alpha4beta7 integrin­ therapeutic­ antibody­ in­ development­ for­ inflammatory­ bowel­ diseases.­ J­ Pharmacol­Exp­Ther­2009;330:864-875 6­ Gledhill­ T,­ Bodger­ K.­ New­ and­ emerging­ treatments­for­ulcerative­colitis:­a­focus­on­ vedolizumab.­Biologics­2013;7:123-130 7­ Briskin­M,­Winsor-Hines­D,­Syjan­A­et­al.­ Human­ mucosal­ addressin­ cell­ adhesion­ molecule-1­ is­ preferentially­ expressed­ in­ intestinal­ tract­ and­ associated­ lymphoid­ tissue.­Am­J­Pathol­1997;151:97-110 8­ Atreya­R,­Neumann­H,­Neufert­C­et­al.­In­ vivo­ imaging­ using­ fluorescent­ antibodies­ to­tumor­necrosis­factor­predicts­therapeutic­ response­ in­ Crohn’s­ disease.­ Nat­ Med­ 2014;20:313-318 9­ Rath­T,­Bojarski­C,­Neurath­MF­et­al.­Molecular­ imaging­ of­ mucosal­ α4β7­ integrin­ expression­ with­ the­ fluorescent­ anti-adhesion­antibody­vedolizumab­in­Crohn’s­disease.­ Gastrointest­ Endosc­ 2017.­ doi:­ 10.1016/j.gie.2017.01.012.­[Epub­ahead­of­ print] Quelle:­ G­ Insight­ Klinik-Workshop­ am­ Universitätsklinikum­ Erlangen,­ 29.­ März­ 2017.­ Veranstalter:­­Takeda­Pharma­Vertrieb­GmbH­ &­Co.­KG

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Behandlung der CED-assoziierten Eisenmangelanämie mit oralem Eisen(III)-Maltol

A

ufgrund­ des­ Blutverlusts,­ der­ Malabsorption­ und­ chronischen­ Entzündungen­ leiden­ zwischen­ 36­ und­ 76­%­ der­ Patienten­ mit­ chronisch-entzündlichen­ Darmerkrankungen­ (CED)­ an­ einer­ Eisenmangelanämie­ [1].­ Diese­kann­eine­Reihe­von­Symptomen­verursachen,­die­die­körperlichen­ und­ kognitiven­ Funktionen­ der­Patienten­beeinträchtigen,­wobei­ nahezu­ jeder­ Aspekt­ des­ täglichen­ Lebens­ negativ­ beeinflusst­ wird­[2].­So­führt­z.B.­die­Fatigue­ nicht­ nur­ zu­ Einschränkungen­ der­ Leistungsfähigkeit­im­Beruf,­in­der­ Schule­und­zuhause,­sondern­wirkt­ sich­auch­nachteilig­auf­das­Sozialleben­aus­[3].­Mit­der­Behandlung­ der­Anämie­verbessert­sich­die­Lebensqualität­ der­ Patienten,­ wobei­ die­ Verbesserung­ unabhängig­ von­ der­ klinischen­ Aktivität­ der­ CED­ ist­ [1,­ 4].­ Internationale­ wie­ auch­ nationale­Leitlinien­empfehlen­daher­bei­nachgewiesener­Eisenmangelanämie­bei­CED­eine­Eisensubstitution,­die­oral­oder­bei­schwerer­ Anämie­ intravenös­ erfolgen­ kann­ [5,­6]. Grenzen der oralen Therapie mit zweiwertigen Eisenpräparaten

Orale­ zweiwertige­ Eisenpräparate­ haben­ im­ Therapieansprechen­ bei­

der­ CED-begleitenden­ Eisenmangelanämie­ oft­ Limitationen:­ Mehr­ als­ 90­%­ des­ aufgenommenen­ zweiwertigen­Eisens­werden­nicht­ absorbiert,­ die­ Restdosis­ verbleibt­ im­distalen­Bereich­des­Darms­[2,­ 7].­ Dies­ kann­ zum­Auftreten­ gastrointestinaler­ Nebenwirkungen­ führen,­ darunter­ Übelkeit,­ Flatulenz,­ Diarrhö­ und­ Magenerosion.­ 70­%­ der­ CED-Patienten­ geben­ an,­ mit­ oralen­ zweiwertigen­ Eisenpräparaten­ aufgrund­ fehlender­ Verträglichkeit­ oder­ mangels­ Wirksamkeit­ unzufrieden­ zu­ sein­ [3].­Folglich­setzt­bis­zu­ein­Drittel­ der­ Patienten­ die­ Behandlung­ mit­ zweiwertigem­ Eisen­ vorzeitig­ ab­ [8,­9].

erhalten­ bleibt.­ Im­ Gegensatz­ zu­ etablierten­ oralen­ zweiwertigen­ Eisenpräparaten­kann­dadurch­das­ Eisen­ effizienter­ durch­ die­ Enterozyten­ aufgenommen­ und­ dem­ Körper­ zur­ Verfügung­ gestellt­ werden­ [11].­ Der­ Komplex­ aus­ dreiwertigem­ Eisen­ und­ Maltol­ dissoziiert­ über­ einen­ Eisentransporter-vermittelten­ Mechanismus.­ Maltol­wird­innerhalb­von­Stunden­ abgebaut­und­renal­eliminiert.­Die­ Umverteilung­und­der­Weitertransport­ des­ Eisens­ zu­ den­ Zielorganen­ erfolgen­ innerhalb­ von­ 1,5–3­ Stunden.­ Die­ Eisenaufnahme­ mit­ Eisen(III)-Maltol­ ist­ sättigbar­ und­ verhindert­ dadurch­ selbst­ bei­ geschädigtem­Darm­eine­potenzielle­ Eisenüberladung.­Nicht­absorbiertes­Eisen­wird­ausgeschieden­[10].

Eisen(III)-Maltol: rasche und effiziente Absorption

Mit­ Eisen(III)-Maltol­ (Feraccru®) steht­ nun­ ein­ innovatives,­ dreiwertiges­ orales­ Eisenpräparat­ in­ einem­stabilen­Chelatkomplex­zur­ Verfügung,­ das­ eine­ gut­ handhabbare,­ wirksame­ und­ verträgliche­ orale­ Behandlung­ der­ leichten­ bis­ mittelschweren­ Eisenmangelanämie­ ermöglicht­ [10].­ Die­ 3­ Maltol-Liganden­ bilden­ einen­ Chelatkomplex­ mit­ dreiwertigem­ Eisen,­ dessen­ Stabilität­ während­ des­ Transports­ zur­ Darmschleimhaut­

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Hohe Wirksamkeit und Sicherheit auf Placeboniveau

Die­ Wirksamkeit­ und­ Sicherheit­ von­ Eisen(III)-Maltol­ wurden­ im­ prospektiven,­ randomisierten­ und­ placebokontrollierten­ Phase-IIIStudienprogramm­ AEGIS­ bei­ erwachsenen­CED-Patienten­mit­Eisenmangelanämie­ untersucht,­ die­ die­ orale­ Gabe­ von­ zweiwertigem­ Eisen­ nicht­ vertragen­ hatten­ [12,­ 13].­ Eingeschlossen­ wurden­ 128­ Patienten­im­Alter­von­18–76­Jah© VERLAG PERFUSION GMBH


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*p < 0,0001 Hb-Konzentration (g/dl)

15

Feraccru® (n = 64) Placebo (n = 64)

14 13 12 11 10

Organisation­ (ECCO)­ sollten­ Patienten­mit­CED­nach­der­Korrektur­der­Eisenmangelanämie­in­den­ nächsten­ 12­ Monaten­ alle­ 3­ Monate­und­danach­alle­6–12­Monate­ auf­ rezidivierenden­ Eisenmangel­ überwacht­werden­[15].­ Fabian Sandner, Nürnberg

9 0

Patienten Feraccru® Placebo

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4 8 Wochen nach Randomisierung n = 64 n = 64

n = 59 n = 61

n = 59 n = 56

12 n = 58 n = 53

Abbildung­ 1:­ Ergebnis­ der­ AEGIS-Studie­ bei­ erwachsenen­ CED-Patienten­ mit­ leichter­ bis­ mittelschwerer­Eisenmangelanämie­(Hb-Konzentration­von­≥9,5­g/dl­bis­<12,0­g/dl­bei­Frauen­ und­von­≥9,5­g/dl­bis­<13,0­g/dl­bei­Männern):­Nach­12-wöchiger­Behandlung­mit­Eisen(III)Maltol­(Feraccru®)­war­die­Hb-Konzentration­gegenüber­der­Placebo-Behandlung­signifikant­ um­2,25­±­0,19­angestiegen­[12].

ren­(45­Männer­und­83­Frauen)­mit­ inaktiver­bis­leicht­aktiver­CED­(58­ Patienten­mit­Colitis­ulcerosa­und­ 70­ Patienten­ mit­ Morbus­ Crohn)­ und­ Baseline-Hämoglobin(Hb)Konzentrationen­zwischen­9,5­und­ 12­g/dl­bei­Frauen­bzw.­13­g/dl­bei­ Männern.­ Sie­ erhielten­ 2×­ täglich­ 30­mg­ Eisen(III)-Maltol­ (n­=­64)­ oder­Placebo­(n­=­64). Nach­12­Wochen­Therapie­zeigten­ sich­ statistisch­ signifikante­ und­ klinisch­ relevante­ Verbesserungen­ der­ Hämoglobin-Werte:­ Die­ HbKonzentrationen­ stiegen­ unter­ der­ Behandlung­ mit­ Eisen(III)-Maltol­ gegenüber­ der­ Gabe­ von­ Placebo­ um­ 2,25­ (±0,19)­g/dl­ signifikant­ an­(p­<­0,0001;­Abb.­1)­[12].­Zwei­ Drittel­ der­ mit­ Eisen(III)-Maltol­ behandelten­ Studienteilnehmer­ erreichten­ dabei­ eine­ Normalisierung­der­Hb-Werte­–­unter­Placebo­ waren­es­12­%.­Dieser­Effekt­blieb­ auch­in­der­anschließenden­52-wöchigen,­offenen­Verlängerungsphase­ bestehen.­ 74­%­ der­ Patienten­ profitierten­ von­ der­ Wirksamkeit­ von­ Feraccru®­ und­ dessen­ Sicherheitsprofil,­das­über­64­Wochen­auf­ Placeboniveau­ blieb,­ und­ schlossen­ die­ Verlängerungsphase­ unter­

Behandlung­ mit­ Eisen(III)-Maltol­ ab­ [13].­ Die­ gute­ Verträglichkeit­ spiegelt­sich­auch­in­der­Therapieadhärenz­ wider,­ die­ im­ Mittel­ bei­ 97­%­ lag­ [13].­ Die­ Patienten­ nahmen­ ihre­ Medikamente­ entsprechend­der­ärztlichen­Vorgabe­ohne­ Unterbrechung­ oder­ medizinische­ Aufsicht­ein. Fazit für die Praxis

Das­ dreiwertiges­ Eisenpräparat­ Feraccru®­ ist­ indiziert­ zur­ oralen­ Behandlung­ der­ Eisenmangelanämie­ bei­ erwachsenen­ CED-Patienten.­Es­wird­insbesondere­in­der­ Erstlinientherapie­ bei­ leichter­ bis­ mittelschwerer­ Eisenmangelanämie­eingesetzt.­Auch­für­Patienten,­ bei­ denen­ orales­ Eisen(II)­ versagt­ hat­oder­die­nicht­ausreichend­darauf­angesprochen­haben,­stellt­es­ eine­ Alternative­ noch­ vor­ der­ i.v.­ Gabe­dar­[10].­Die­orale­Eisengabe­ sollte­ nach­ Korrektur­ der­ Eisenmangelanämie­ für­ mindestens­ 3­ Monate­ fortgeführt­ werden,­ damit­ sich­ die­ Eisenspeicher­ auffüllen­können­[14].­Laut­der­Leitlinie­ der­ European­ Crohn’s­ and­ Colitis­

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Literatur 1­ Wells­CW­et­al.­Inflamm­Bowel­Dis­2006;­ 12:123-130 2­ Allocca­M,­et­al.­Curr­Drug­Targets­2014;­ 15:1011–1019 3­ Danese­S­et­al.­Eur­J­Gastroenterol­Hepatol­2014;26:1385-1391 4­ Evstatiev­ R­ et­ al.­ Gastroenterology­ 2011;­ 141:846-853.e1-2 5­ Goddard­AF­et­al.­Gut­2011;60:1309-1316 6­ Preiß­JC­et­al.­S3-Leitlinie­021/004:­Diagnostik­ und­ Therapie­ des­ Morbus­ Crohn.­ Aktueller­ Stand:­ 01/2014.­ http://www. awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-­ 004l_S3_Morbus_Crohn_Diagnostik_Therapie_2014-09.pdf 7­ Erichson­ K­ et­ al.­ Scand­ J­ Gastroenterol­ 2003;38:543-548 8­ Beal­F­et­al.­Gut­2012;61:A179-A180 9­ Schröder­ O­ et­ al.­ Am­ J­ Gastroenterol­ 2005;­100:2503-2509 10­Fachinformation­ Feraccru®;­ Stand:­ September­2016 11­Barrand­ MA,­ Callingham­ BA.­ Br­ J­ Pharmacol­1991;102:408-414 12­Gasche­C­et­al.­Inflamm­Bowel­Dis­2015;­ 21:579-588 13­Schmidt­ C­ et­ al.­Aliment­ Pharmacol­ Ther­ 2016;44:259-270 14­Goddard­AF,­et­al.­Gut­2011;60:1309-1316 15­Dignass­AU,­ et­ al.­ J­ Crohns­ Colitis­ 2015;­ 9:211-222

Quelle: Pressekonferenz „Eisentherapie von Anfang an leicht gemacht: Orales Eisen(III) in der Behandlung der Eisenmangelanämie bei CED“, 5. April 2017, Hamburg. Veranstalter: Shield Therapeutics GmbH

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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

it­ einer­ Prävalenz­ von­ 0,7–0,8­%­ in­ der­ Allgemeinbevölkerung­ gehören­ Epilepsien­ zu­ den­ häufigsten­ chronischen­ neurologischen­ Erkrankungen­ [1].­ Bei­ Erwachsenen­ dominieren­ fokale­ Anfälle,­ die­ in­ definierten­Hirnregionen­entstehen­ und­ sekundär­ generalisierte­ tonisch-klonische­Anfälle­ nach­ sich­ ziehen­ können­ [2].­ Die­ Anfälle­ variieren­sowohl­hinsichtlich­ihrer­ Stärke­(von­kurzen­Aussetzern­der­ Aufmerksamkeit­ oder­ Muskelzucken­ bis­ hin­ zu­ lang­ anhaltenden­ schweren­ Konvulsionen)­ als­ auch­ in­der­Häufigkeit­(von­weniger­als­ einem­ Anfall­ pro­ Jahr­ bis­ hin­ zu­ mehreren­ Anfällen­ pro­ Tag).­ Die­ Mehrheit­der­Epilepsiepatienten­ist­ auf­eine­antikonvulsive­Pharmakotherapie­ angewiesen,­ die­ bei­ etwa­ zwei­ Dritteln­ zur­ Anfallsfreiheit­ führt,­wofür­jedoch­häufig­mehrere­ Antiepileptika­ kombiniert­ werden­ müssen­ [2].­Als­ geeignete­ Option­ hat­ sich­ dabei­ Eslicarbazepinacetat­ (ESL,­ Zebinix®)­ erwiesen,­ das­ in­ der­ EU­ als­ Begleittherapie­ zu­ einer­ bestehenden­ antikonvulsiven­Therapie­bei­Erwachsenen­und­ Kindern­über­6­Jahren­mit­fokalen­ epileptischen­ Anfällen­ mit­ oder­ ohne­ sekundäre­ Generalisierung­ zugelassen­ist­[3]. Im­ klinischen­ Forschungsprogramm­erfüllte­ESL­die­Kriterien­ für­ eine­ wirksame­ und­ gut­ verträgliche­Monotherapie,­sodass­es­ in­ den­ USA­ im­ August­ 2015­ für­ die­Monotherapie­fokaler­Anfälle­ bei­ erwachsenen­ Patienten­ zugelassen­wurde­[4].­ In­ Europa­ hat­ die­ Europäische­ Kommission­nun­im­April­der­Zulassungserweiterung­ von­ ESL­ als­ Monotherapie­fokaler­Anfälle­zugestimmt.

Eslicarbazepinacetat in der Monotherapie fokaler Anfälle bei Erwachsenen Vergleichsstudie zeigt Wirksamkeit und Sicherheit der ESL-Monotherapie

In­ der­ EU­ erfolgt­ die­ Zulassung­ einer­ neuen­ Monotherapie­ auf­ Basis­ von­ Vergleichsstudien,­ die­ eine­ Nicht-Unterlegenheit­ gegenüber­ einer­ etablierten­ Standardtherapie­ belegen.­ Die­ europäische­ Zulassung­ für­ ESL­ als­ Monotherapie­ basiert­ daher­ auf­ den­ Ergebnissen­ einer­ Phase-III-Studie­ (NCT01162460),­ in­ der­ ESL­ als­ Monotherapie­ hinsichtlich­ Wirksamkeit­ und­ Verträglichkeit­ mit­ Carbamazepin­ mit­ verzögerter­ Wirkstofffreisetzung­ (CBZ-CR),­ einem­der­am­besten­untersuchten­ Antikonvulsiva­ zur­ initialen­ Monotherapie,­ verglichen­ wurde­ [5].­ Eingeschlossen­wurden­in­die­Studie­erwachsene­Patienten­(≥18­Jah-

re)­mit­neu­diagnostizierter­fokaler­ Epilepsie,­ die­ entweder­ auf­ eine­ Monotherapie­ mit­ 800–1600­mg­ einmal­täglich­ESL­(n­=­388)­oder­ 200–600­mg­zweimal­täglich­CBZCR­(n­=­397)­randomisiert­wurden­ [6]. Als­ primärer­ Studienendpunkt­ wurde­ der­ Anteil­ von­ Patienten­ definiert,­die­über­die­gesamte­Beurteilungsphase­ von­ 26­ Wochen­ anfallsfrei­ blieben.­ Zu­ den­ sekundären­ Endpunkten­ gehörten­ die­ Zeit­bis­zum­ersten­Anfall,­die­Beurteilung­der­Lebensqualität­sowie­ die­Sicherheit­von­ESL­in­den­bei­ der­ Studienpopulation­ verwendeten­Dosierungen. Der­ primäre­ Wirksamkeitsendpunkt­ der­ Studie­ wurde­ erreicht:­ 71,1­%­ der­ Patienten­ im­ ESLMonotherapiearm­ blieben­ während­ der­ gesamten­ 26-wöchigen­

Eslicarbazepinacetat Eslicarbazepinacetat (ESL, Zebinix®) gehört zu einer neueren Generation von antikonvulsiv wirkenden Medikamenten und ist wie Carbamazepin und Oxcarbazepin ein Dibenzazepin. Die pharmakologische Aktivität von ESL beruht v.a. auf dem aktiven Hauptmetaboliten Eslicarbazepin, der an spannungsabhängige Natriumkanäle bindet, diese in ihrem langsam inaktivierten Zustand stabilisiert, deren Rückkehr in den aktivierbaren Zustand verlangsamt und somit wiederholte neuronale Entladungen verhindert [8]. Im Unterschied zum chemisch verwandten Carbamazepin entstehen bei der Metabolisierung von ESL keine toxischen Epoxidderivate [9], im Vergleich zu Oxcarbazepin setzt ESL den primären Metaboliten Eslicarbazepin in höherer Konzentration frei, mit nur geringer Exposition gegenüber Oxcarbazepin und R-Licarbazepin [10].

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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

Der Wirksamkeitsnachweis für ESL in der EU wurde in 3 randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studien mit erwachsenen unter fokalen Anfällen leidenden Patienten erbracht [11]. In der Verumgruppe erhielten die Patienten neben einer antikonvulsiven Basistherapie, die aus 1–3 Antiepileptika bestand, zusätzlich einmal täglich 400, 800 bzw. 1200 mg ESL. Die Kontrollgruppe erhielt Placebo zusätzlich zur Basismedikation. Hauptindikator für die Wirksamkeit war in allen Studien die Verringerung der Anzahl der Anfälle über einen Zeitraum von 12 Wochen. Das Ergebnis: Statistisch signifikante (p < 0,0001) Verringerungen der Anfallsfrequenz ergaben sich für 800 und 1200 mg ESL. Die Responderraten, d.h. die Anteile von Patienten, deren Anfallsfrequenz gegenüber dem Ausgangswert um mindestens 50 % reduziert war, betrugen für 800 mg ESL 36 %, und für 1200 mg ESL 44 % (Placebo 22 %) [11].

Evaluationsphase­ anfallsfrei­ (PerProtokoll-Analyse).­ Sie­ erfüllten­ damit­ das­ Kriterium­ der­ NichtUnterlegenheit­ gegenüber­ CBZCR­ (71,1­%­ vs.­ 75,6­%;­ mittlere­ Risikodifferenz:­ –4,28­%;­ 95%KI:­ –10,30–1,74%).­ Die­ Anfallsfreiheit­ blieb­ auch­ über­ einen­ Zeitraum­von­einem­Jahr­erhalten:­ 64,7­%­ der­ Patienten­ zeigten­ eine­ einjährige­ Anfallsfreiheit­ unter­ der­ ESL-Monotherapie­ gegenüber­ 70,3­%­ in­ der­ CBZ-CR-Gruppe.­ Auch­ hier­ war­ das­ Kriterium­ der­ Nicht-Unterlegenheit­erfüllt­(mittlere­ Risikodifferenz:­ –5,46­%;­ 95%-KI:­–11,88–0,97­%)­[6]. Die­Monotherapie­mit­ESL­wurde­ insgesamt­ gut­ vertragen:­ Verglichen­mit­den­Sicherheitsdaten­aus­ den­ Zusatztherapie-Studien­ wurden­ keine­ neuen­ oder­ unerwarteten­ Sicherheitssignale­ detektiert­ [7].­ Zu­ den­ am­ häufigsten­ (≥5­%­ der Patienten) berichteten potenziell­ therapiebezogenen­ Nebenwirkungen­ zählten­ Kopfschmerzen,­ Schwindel,­ Übelkeit,­ Fatigue­

und­ Schläfrigkeit.­ Eine­ Erhöhung­ der­ Gamma-Glutamyltransferase­ trat­ unter­ CBZ-CR­ häufiger­ auf­ als­ unter­ ESL­ (12,6­%­ vs.­ 2,7­%).­ Trotz­insgesamt­ähnlicher­Inzidenzen­ der­ während­ der­ Behandlung­ aufgetretenen­ unerwünschten­ Ereignisse­ wurden­ diese­ unter­ ESL­ etwas­seltener­beobachtet­als­unter­ CBZ-CR­ (77,8­%­ vs.­ 80,1­%)­ und­ führten­ auch­ seltener­ zum­ Therapieabbruch­ (13,5­%­ der­ Patienten­ unter­ ESL­ vs.­ 18,0­%­ unter­ CBZCR)­[7]. Fazit

Durch­ die­ Erweiterung­ der­ Zulassung­von­Eslicarbazepinacetat­zur­ Monotherapie­ von­ erwachsenen­ Patienten­mit­neu­diagnostizierten­ fokalen­ Anfällen­ steht­ nun­ eine­ wichtige­zusätzliche­Therapieoption­zur­Verfügung.­Die­zulassungsrelevanten­ Studien­ bestätigen­ das­ günstige­ Wirksamkeits-­ und­ Sicherheitsprofil­ von­ ESL­ in­ der­

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Monotherapie,­ das­ unter­ den­ Bedingungen­ der­ Add-on-Therapie­ bereits­zu­beobachten­war­[3].­ Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1­ DGN-S1-Leitlinien:­ Erster­ epileptischer­ Anfall­ und­ Epilepsien­ im­ Erwachsenenalter.­ AWMF-Registernummer:­ 030/041­ (Stand:­09/2012) 2­ Iyer­A,­Marson­A.­Pharmacotherapy­of­focal­ epilepsy.­ Expert­ Opin­ Pharmacother­ 2014;15:1543-1551 3­ Fachinformation­ Zebinix® (Eslicarbazepinacetat);­Stand:­April­2017 4­ U.S.­ Prescribing­ Information­ for­Aptiom® (eslicarbazepine­acetate).­Online­verfügbar­ unter:­ ­ https://www.accessdata.fda.gov/ drugsatfda_docs/label/2015/022416s­ 001lbl.pdf­(letzter­Zugriff:­März­2017) 5­ ClinicalTrials.gov.­ Efficacy­ and­ safety­ of­ eslicarbazepine­acetate­as­monotherapy­for­ patients­ with­ newly­ diagnosed­ partial-onset­ seizures.­ https://clinicaltrials.gov/ct2/ show/NCT01162460 6­ Trinka­E­et­al.­Efficacy­of­eslicarbazepine­ acetate­ versus­ controlled-release­ carbamazepine­ as­ monotherapy­ in­ patients­ with­ newly­ diagnosed­ partial-onset­ seizures.­ Presented­at­EAN­2016;­abstract­#­P31067 7­ Kowacs­ P­ et­ al.­ Safety­ and­ tolerability­ of­ eslicarbazepine­ acetate­ as­ monotherapy­ in­ patients­ with­ newly­ diagnosed­ partial-onset­ seizures.­ Presented­ at­ EAN­ 2016;­ abstract­#­P32045 8­ Soares-da-Silva­ P­ et­ al.­ Eslicarbazepine­ acetate­for­the­treatment­of­focal­epilepsy:­ an­ update­ on­ its­ proposed­ mechanisms­ of­ action.­ Pharmacol­ Res­ Perspect­ 2015;­ 3: e00124 9­ Bialer­ M,­ Soares-da-Silva­ P.­ Pharmacokinetics­and­drug­interactions­of­eslicarbazepine­acetate.­Epilepsia­2012;53:935-946 10­Nunes­T,­Rocha­JF,­Falcão­A­et­al.­Steadystate­ plasma­ and­ cerebrospinal­ fluid­ pharmacokinetics­and­tolerability­of­eslicarbazepine­acetate­and­oxcarbazepine­in­healthy­ volunteers.­Epilepsia­2013;54:108-116 11­Gil­ Nagel­A,­ Elger­ C,­ Ben-Menachem­ E,­ et­ al.­ Efficacy­ and­ safety­ of­ eslicarbazepine­acetate­as­add-on­treatment­in­patients­ with­focal-onset­seizures:­integrated­analysis­of­pooled­data­from­double-blind­phase­ III­ clinical­ studies.­ Epilepsia­ 2013;54:98107

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Zebinix-DE0228

Studien zur Wirksamkeit als Begleittherapie


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it­ Ixazomib­ (Ninlaro®) steht­seit­Anfang­2017­der­ erste­ oral­ einzunehmende­ Proteasom-Inhibitor­ für­ die­ Behandlung­ des­ multiplen­ Myeloms­ bei­ Erwachsenen­ zur­ Verfügung.­ Daten­ der­TOURMALINE-MM1Studie­ bestätigen­ Wirksamkeit­ und­ Sicherheit­ von­ Ixazomib­ in­ Kombination­mit­Lenalidomid­und­ Dexamethason­ bei­ erwachsenen­ Patienten­ mit­ rezidiviertem­ und/ oder­ refraktärem­ multiplem­ Myelom­ [1].­ Dabei­ zeigte­ sich,­ dass­ entgegen­ bisheriger­ Annahmen­ ein­ schnelles­ Ansprechen­ auf­ die­ Therapie­ kein­ Prädiktor­ für­ einen­ günstigen­ Krankheitsverlauf­ ist.­ Im­Gegenteil:­Eine­längere­Zeit­bis­ zum­ besten­ Ansprechen­ war­ mit­ einem­ längeren­ progressionsfreien­Überleben­sowie­einer­längeren­ Dauer­ des­ Ansprechens­ assoziiert­ als­eine­frühe­beste­Response­[2]. Ziel ist die langfristige medikamentöse Kontrolle

Nach­ Leukämien­ und­ Non-Hodgkin-Lymphomen­ ist­ das­ Multiple­ Myelom­ die­ dritthäufigste­ hämatologische­ Neoplasie­ in­ Deutschland.­ Die­ Krebserkrankung­ geht­ von­ malignen­ Plasmazellen­ im­ Knochenmark­ aus,­ die­ sich­ statt­ der­normalen­Antikörper­produzierenden­ Plasmazellen­ aus­ den­Vorläuferzellen­entwickeln.­Die­Myelomzellen­verdrängen­blutbildende­ Zellen­und­produzieren­unkontrolliert­ funktionslose­ Antikörperproteine.­Diese­Paraproteine­zirkulieren­mit­dem­Blut­und­können­das­ Blut­ „eindicken“.­ Darüber­ hinaus­ können­weitere­Organschäden­auftreten,­ die­ Immunsystem,­ Nieren­ und­Knochen­betreffen. Die­ Einführung­ neuer­ Wirkstoffe­hat­die­ Prognose­ von­ Patienten­ mit­ multiplem­ Myelom­ deutlich­

Proteasom-Inhibitor Ixazomib erweitert Behandlungsmöglichkeiten des multiplen Myeloms verbessert,­trotzdem­bleibt­die­Erkrankung­ unheilbar.­ Das­ Behandlungsziel­besteht­darin,­aus­der­potenziell­tödlichen­Erkrankung­eine­ langfristig­ medikamentös­ kontrollierbare,­ chronische­ Erkrankung­ werden­ zu­ lassen.­ Dabei­ sind­ zunehmend­ patientenindividuelle­ Therapieentscheidungen­ möglich,­ um­ z.B.­ Nebenwirkungen­ von­ Wirkstoffen­ oder­ auch­ auf­ Dauer­ zu­aufwendige­Therapieregime­zu­ umgehen.­Eine­neue­Option­dafür­ könnte­ das­ vollständig­ orale­ Therapieregime­ aus­ dem­ ProteasomInhibitor­Ixazomib­in­Kombination­ mit­ Lenalidomid­ und­ Dexamethason­sein. Proteasom-Inhibition – ein zentraler Wirkmechanismus in der Therapie

Das­Proteasom­ist­ein­Proteinkomplex,­ der­ im­ Zytoplasma­ und­ im­ Zellkern­ Proteine­ zu­ Fragmenten­ abbaut­–­ein­für­die­Zellen­lebenswichtiger­Vorgang.­Wird­die­Aktivität­ des­ Proteasoms­ durch­ einen­ Inhibitor­ blockiert­ oder­ verlangsamt,­akkumulieren­Proteine­in­der­ Zelle.­ Dies­ kann­ in­ Karzinomzellen­dazu­führen,­dass­Wachstums-,­ Teilungs-­ und­ Vermehrungsvorgänge­ unterbunden­ werden­ und­ die­Zelle­abstirbt.­Da­sich­maligne­

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Zellen­sehr­viel­schneller­teilen­als­ die­meisten­gesunden­Zellen,­sind­ sie­ das­ bevorzugte­ Ziel­ von­ Proteasom-Inhibitoren­ wie­ Ixazomib­ [3]. Signifikanter PFS-Vorteil unter Ixazomib

Die­ Wirksamkeit­ und­ Sicherheit­ der­Behandlung­mit­Ixazomib­wurden­ in­ verschiedenen­ klinischen­ Studien­ untersucht.­ Die­ für­ die­ Zulassung­ relevanten­ Phase-IIIStudie­ TOURMALINE-MM1­ [1]­ schloss­ 722­ erwachsene­ Patienten­ mit­rezidiviertem­oder/und­refraktärem­ multiplem­ Myelom­ ein,­ die­ bereits­mit­1–3­anderen­Therapieregimen­ vorbehandelt­ waren.­ Sie­ erhielten­ Ixazomib­ bzw.­ Placebo­ einmal­ wöchentlich­ an­ den­ Tagen­ 1,­ 8­ und­ 15­ eines­ 28-tägigen­ Behandlungszyklus­zusätzlich­zu­Lenalidomid­und­Dexamethason­(Rd)­ (Tab.­1).­Die­Behandlung­wurde­so­ lange­ fortgesetzt,­ bis­ es­ zu­ einer­ Progression­ der­ Erkrankung­ kam­ oder­ inakzeptable­ Nebenwirkungen­auftraten. Nach­ einer­ medianen­ Beobachtungszeit­ von­ 14,7­ Monaten­ war­ das­ mediane­ progressionsfreie­ Überleben­(PFS)­unter­dem­Proteasom-Inhibitor+Rd­um­rund­6­Monate­ länger­ als­ unter­ Placebo+Rd.­ © VERLAG PERFUSION GMBH


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28-tägiger Zyklus (4-wöchiger Zyklus) Woche 1 Tag 1 Ixazomib Lenalidomid Dexamethason

Woche 2

Tage 2–7

Tag 8

täglich

Tage 9–14

Woche 3 Tag 15

täglich

Woche 4

Tage 16–21

Tag 22

Tage 23–28

täglich

Tabelle­1:­Dosierungsschema­von­Ixazomid­(Ninlaro®)­in­Kombination­mit­Lenalidomid­und­Dexamethason­[4].

Progressionsfreies Überleben Ereignisse,­n­(%) Median (Monate) p-Wert1 Hazard-Ratio2 (95%-KI) Gesamtansprechrate (ORR)3, n (%) Ansprechkategorie, n (%) Vollständiges­Ansprechen­(CR) Sehr­gutes­partielles­Ansprechen­(VGPR) Partielles­Ansprechen­(PR) Zeit bis zum Ansprechen, Monate Median Dauer des Ansprechens4, Monate Median

Ixazomid + Lenalidomid und Dexamethason (n = 360)

Placebo + Lenalidomid und Dexamethason (n = 362)

129­(36) 20,6

157­(43) 14,7 0,012 0,74 (0,59–0,94)

282 (78,3)

259 (71,5)

42­(11,7) 131­(36,4) 109­(30,3)

24­(6,6) 117­(32,3) 118­(32,6)

1,1

1,9

20,5

15,0

1

­­­­Der­p-Wert­basiert­auf­dem­stratifizierten­Log-Rank-Test. ­­­­Die­Hazard-Ratio­basiert­auf­einem­stratifizierten­Cox-Modell­(proportionales­Hazard-Modell).­Eine­Hazard-Ratio­unter­1­ist­ein­Indiz­ für­den­Nutzen­der­Ixazomid-Behandlung. 3 ­­­­ORR­=­CR­+­VGPR­+­PR 4 ­­­­Basierend­auf­Respondern­in­der­für­das­Ansprechen­auswertbaren­Population 2

Tabelle­2:­Progressionsfreies­Überleben­und­Ansprechraten­bei­Patienten­mit­multiplem­Myelom,­die­mit­Ixazomid­(Ninlaro®) oder Placebo in Kombination­mit­Lenalidomid­und­Dexamethason­behandelt­wurden­(Intent-to-treat-Population)­[4].

Die­ Hazard­ Ratio­ zugunsten­ von­ Ixazomib+Rd­ betrug­ 0,74­ (95%-Konfidenzintervall­ 0,59– 0,94;­p­=­0,01).­Damit­erreichte­die­ Studie­ ihren­ primären­ Endpunkt­ (Tab.­2)­[1]. Ein­ Trend­ zur­ Verlängerung­ des­ progressionsfreien­ Überlebens­ unter­ Ixazomib+Rd­ im­ Vergleich­ zu­ Placebo+Rd­ zeigte­ sich­ in­ allen­ präspezifizierten­ Subgruppen­ und­ war­teilweise­statistisch­signifikant.­ Unter­ den­ Studienteilnehmern­ befanden­ sich­ unter­ anderem­ ältere­ Patienten,­ Patienten­ mit­ mittelschwerer­ Nierenfunktionsstörung­

sowie­ Patienten­ mit­ ungünstigen­ Prognosefaktoren­ wie­ zytogenetischen­ Hochrisiko-Konstellationen.­ Sie­ alle­profitierten­von­ dem­ oralen­Dreifach-Regime­[1]. Ansprechtiefe korreliert mit progressionsfreiem Überleben

Trotz­ Vorbehandlung­ sprachen­ in­ der­ TOURMALINE-MM1-Studie­ insgesamt­ 78­%­ der­ Patienten­ auf­ Ixazomib+Rd­ an.­ Die­ Rate­ der­ Patienten­ mit­ komplettem­ und­ sehr­ gutem­ partiellem­Ansprechen­

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(CR­+­VGPR)­ lag­ bei­ 48­%­ unter­ Ixazomib+Rd­ und­ bei­ 39­%­ unter­ Placebo+Rd­(p­=­0,01)­[1]. Um­ besser­ beurteilen­ zu­ können,­ welche­Patienten­in­welchem­Ausmaß­ von­ der­ Therapie­ profitieren­ können,­wurde­eine­Post-hoc-Analyse­ der­ TOURMALINE-MM1Studie­ durchgeführt,­ die­ den­ Zusammenhang­zwischen­der­Zeit­bis­ zum­ besten­ Ansprechen­ und­ dem­ klinischen­ Outcome­ untersuchte­ [2].­ Sie­ erfasste­ gepoolt­ die­ Daten­ der­ Patienten,­ die­ Ixazomib­ in­ Kombination­mit­Rd­bzw.­die­Placebo­ mit­ Rd­ erhielten­ (n­=­676).­ © VERLAG PERFUSION GMBH


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Die­Auswertung­deutet­darauf­hin,­ dass­ein­schnelles­Ansprechen­auf­ die Therapie nicht immer Prädiktor für­einen­günstigen­Krankheitsverlauf­ist.­Im­Gegenteil:­Eine­längere­ Zeit­ bis­ zum­ besten­ Ansprechen­ war­ in­ der­ vorliegenden­ Analyse­ mit­ einem­ längeren­ progressionsfreien­ Überleben­ sowie­ tendenziell­ einer­ längeren­ Dauer­ des­ Ansprechens­assoziiert­als­ein­frühes­ Erreichen­ der­ besten­ Response.­ Daher­ erscheint­ es­ ratsam,­ einen­ vorzeitigen­Abbruch­ der­ Therapie­ wegen­ „langsamen­ Ansprechens“­ nach­ Möglichkeit­ zu­ vermeiden­ und­ die­ Patienten­ zu­ ermutigen,­ die­ Behandlung­ bis­ zum­ Krankheitsprogress­ fortzuführen.­ Ein­ wichtiges­Argument­für­diese­Vorgehensweise­ ist,­ dass­ die­ längere­ Behandlungsdauer,­ die­ benötigt­ wird,­ um­ bei­ Late-Respondern­ das­ beste­Ansprechen­ zu­ erzielen,­ nicht­ mit­ einer­ zusätzlichen­ Toxizität­assoziiert­war­[2]. Die­ Post-hoc-Analyse­ zeigte­ darüber­ hinaus­ einen­ weiteren­ interessanten­ Aspekt,­ der­ bereits­ aus­ anderen­ Analysen­ bekannt­ war:­ Die­Wahrscheinlichkeit­ eines­ progressionsfreien­ Überlebens­ stieg­ mit­ zunehmender­ Ansprechtiefe­ an.­ Das­ beste­ Outcome­ erzielten­ jene­ Patienten­ der­ TOURMALINE-MM1-Studie,­ die­ unter­ der­ Therapie­ ein­ stringent­ komplettes­ Ansprechen­ (sCR)­ oder­ ein­ komplettes­ Ansprechen­ (CR)­ erreichten.­ Auch­ bei­ der­ Dauer­ des­ Ansprechens­ (DOR)­ profitierten­ Patienten­ mit­ einer­ sCR,­ CR­ und­ einem­ sehr­ guten­ Ansprechen­ (VGPR)­besonders­stark­[2].­Diese­ Daten­weisen­darauf­hin,­dass­die­ höheren­ Raten­ an­ CR­ und­ VGPR­ unter­ Ixazomib+Rd­ möglicherweise­ Treiber­ des­ überlegenen­ progressionsfr­eien­Überlebens­unter­ Ixazomib+Rd­ im­ Vergleich­ zu­ Placebo+Rd­sind.

Chance auf mehr Freiraum durch vollständig orale Triplet-Therapie

Ixazomib­wird­oral­als­Kapsel­eingenommen­ [4].­ Da­ auch­ Lenalidomid­ und­ Dexamethason­ für­ die­ orale­ Anwendung­ verfügbar­ sind,­ ist­die­Kombination­Ixazomib+Rd­ die­ erste­ orale­ Dreifach-Kombinationstherapie­ mit­ einem­ Proteasom-Inhibitor­ in­ der­ Behandlung­ erwachsener­ Patienten­ mit­ multiplem­ Myelom.­ Die­ orale­ Triplet-Therapie­ mit­ Ixazomib­ eröffnet­daher­die­Möglichkeit,­dass­ der­ Patient­ die­ Behandlung­ seines­ multiplen­ Myeloms­ zu­ Hause­ durchführen­ kann­ und­ nicht­ für­ jede­Applikation­in­die­Klinik­oder­ Arztpraxis­ kommen­ muss.­ Dies­ kann­ für­ Betroffene­ und­ ihre­ Betreuer­eine­deutliche­Erleichterung­ sein.­ Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1­ Moreau­P,­Masszi­T,­Grzasko­N,­et­al.­Oral­ ixazomib,­ lenalidomide,­ and­ dexamethasone­for­multiple­myeloma.­N­Engl­J­Med­ 2016;374:1621-634 2­ Garderet­L,­Laubach­JP,­Stoppa­AM­et­al.­ Longer­time­to­best­response­and­depth­of­ response­are­associated­with­improved­duration­ of­ best­ achieved­ response­ and­ progression-free­ survival­ (PFS):­ post-hoc­ analysis­of­phase­3­TOURMALINE-MM1­ trial­in­relapsed/refractory­multiple­myeloma­(RRMM);­Presentation­ASH­2016,­San­ Diego.­Blood­2016;128:2134 3­ Rastogi­N,­Mishra­DP.­Therapeutic­targeting­ of­ cancer­ cell­ cycle­ using­ proteasome­ inhibitors.Cell­Division­2012;7:26 4­ Fachinformation­ Ninlaro®,­ Stand­ November­2016.

Quelle: Presse-Roundtable „Die aktuelle Therapielandschaft in der Behandlung des Multiplen Myeloms: Der Beginn einer neuen Zeitrechnung?“, 10. Mai 2017 in Frankfurt; Veranstalter: Takeda Pharma Vertrieb GmbH & Co. KG.

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alsschmerzen­ sind­ meist­ das­ erste­ Anzeichen­ dafür,­ dass­ Erkältungsviren­ die­ Rachenschleimhaut­ besiedelt­ und­ einen­Entzündungsprozess­initiiert­ haben.­ Neue­ Daten­ zeigen,­ dass­ Lutschtabletten­mit­dem­Wirkstoff­ Benzydamin­ das­ Potenzial­ besitzen,­ die­ Freisetzung­ proinflammatorischer­ Zytokine­ zu­ reduzieren­ und­damit­der­lokalen­Entzündung­ im­Mund-­und­Rachenraum­effektiv­entgegenzuwirken. Benzydamin, ein bewährtes NSAID für den Mund- und Rachenraum

Lutschtabletten­mit­dem­Wirkstoff­ Benzydamin,­ einem­ indolischen­ nicht­ steroidalen­ Antiphlogistikum­ (NSAID),­ haben­ sich­ zur­ symptomatischen­ Behandlung­ von­Schmerzen­und­Reizungen­im­ Mund-­ und­ Rachenraum­ bewährt.­ Für­ Benzydamin­ wurden­ lokale­ anästhetische,­ schmerzstillende,­ antipyretische­und­antimikrobielle­ Eigenschaften­ beschrieben.­ Darüber­ hinaus­ entfaltet­ Benzydamin­ offensichtlich­ entzündungshemmende­ Effekte.­ Klinische­ Daten­ zeigten­für­die­gezielte­lokale­Anwendung­von­Benzydamin-Lutschtabletten­eine­deutliche­Reduktion­ von­ Entzündungssymptomen­ und­ Schluckbeschwerden­ bei­ exzellenter­ Verträglichkeit.­ Pharmakokinetische­ Daten­ dokumentierten­ eine­ sehr­ gute­ Penetration­ des­ Wirkstoffs­ in­ Haut­ und­ Schleimhaut­ sowie­ eine­ Anreicherung­ im­ entzündlich­ veränderten­ Gewebe.­ Unerwünschte­ systemische­ Wirkungen­ werden­ nicht­ ausgelöst.­ Insbesondere­ hemmt­ Benzydamin­ im­ Gegensatz­ zu­ anderen­ NSAID­ weder­die­Zyklo-­noch­die­Lipoxygenase.­Daher­wird­in­den­klinisch­ verwendeten­ Konzentrationen­ die­ Prostaglandinsynthese­nicht­beein© VERLAG PERFUSION GMBH


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In-vitro-Untersuchung zur antiinflammatorischen Wirkung von BenzydaminLutschtabletten flusst­ und­ es­ besteht­ kein­ Risiko­ für­die­typischen­NSAID-induzierten­ gastrointestinalen­ Nebenwirkungen. Der antientzündlichen Wirkung auf der Spur

Pharmakologische­ Daten­ sprechen­dafür,­dass­diese­lokalen­antientzündlichen­ Wirkungen­ von­ Benzydamin­ auf­ eine­ Reduktion­ der­ Spiegel­ proinflammatorischer­ Zytokine­ zurückzuführen­ sind.­ Benzydamin­ adressiert­ damit­ einen­ zentralen­ Mechanismus­ im­ Netzwerk­der­akuten­Entzündung,­ denn­ die­ überschießende­ Ausschüttung­ inflammatorischer­ Mediatoren­ wie­ Tumornekrosefaktor­ α­(TNF-α)­sowie­diverser­weiterer­ Interleukine­und­Chemokine­stellt­ ein­zentrales­Charakteristikum­der­ Entzündungsreaktion­dar.­Die­Aktivierung­immunkompetenter­Zellen­ und­ die­ lokale­ Sekretion­ von­ Zytokinen­ induzieren­ dann­ die­ nachfolgende­ systemische­ Entzündungsreaktion. Die­ lokale­ Freisetzung­ proinflammatorischer­ Zytokine­ als­ Reaktion­auf­einen­Entzündungsreiz,­ z.B.­ Krankheitserreger,­ und­ damit­ auch­ die­ Entzündungskaskade­ können­ durch­ verschiedene­ Substanzen­ beeinflusst­ werden.­ Um­ die­Modulation­der­Zytokinfreisetzung­ zu­ untersuchen,­ haben­ sich­ In-vitro-Testsysteme­ mit­ primären­

humanen­ Monozyten­ bewährt,­ da­ sie­ die­ In-vivo-Situation­ sehr­ gut­ widerspiegeln.­ In­ einer­ neuen­ In-vitro-Studie­ wurden­ die­ von­ gesunden­ Blutspendern­gewonnenen­Monozyten­ mit­ Lipopolysacchariden­ (LPS)­ stimuliert­ und­ anschließend­ ansteigenden­ Konzentrationen­ von­ Lösungen­des­Prüfpräparates­neoangin®­ Benzydamin­ gegen­ akute­ Halsschmerzen­ Lutschtabletten­ ausgesetzt.­ Mittels­ ELISA­ wurde­ die­ Freisetzung­ von­ Interleukin-6­ (IL-6),­ Interleukin-1beta­ (IL-1β),­ TNF-α­und­des­Chemokins­MCP1­(Monocyte­Chemoattractant­Protein-1)­gemessen. IL-6­kommt­eine­besonders­wichtige­ Rolle­ bei­ der­ angeborenen,­ unspezifischen­ Immunantwort­ zu.­ Zudem­ ist­ IL-6­ ein­ wichtiger­ Vermittler­ zwischen­ der­ unspezifischen­ und­ der­ spezifischen­ Immunreaktion­in­Bezug­auf­Entzündungsprozesse.­ IL-1β­ ist­ von­ Bedeutung­für­die­Apoptose,­Zellproliferation­und­-differenzierung­ sowie­ für­ die­ Chronifizierung­ von­ Entzündungsprozessen.­ Das­ hauptsächlich­ von­ Makrophagen­ ausgeschüttete­ TNF-α­ ist­ an­ der­ Regulation­ lokaler­ und­ systemischer­Entzündungen­beteiligt.­Seine­wichtigste­Funktion­ist­es,­die­ Aktivität­ verschiedener­ Immunzellen­ zu­ regeln.­ Chemokine­ wie­ MCP-1­ sind­ u.a.­ relevant­ für­ die­ Rekrutierung­ von­ Entzündungszellen­am­Ort­des­Geschehens.

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Benzydamin-Lutschtabletten­ zeigten­in­den­untersuchten­Konzentrationen­ keine­ zytotoxischen­ Effekte.­ Bereits­ in­ Konzentrationen­ ab­ 0,5­%­ (1­%­ entsprechend­ 6µg/ml­ Benzydamin)­ wurde­ die­ Freisetzung­ von­ IL-6­ inhibiert.­ In­ höheren­ Konzentrationen­ kam­ es­ auch­ zu­ einer­ Hemmung­ der­ LPS-induzierten­ Freisetzung­ von­ TNF-α­ und­ MCP-1.­ Die­ LPS-induzierte­ Freisetzung­von­IL-1β­wurde­nicht­ beeinflusst. Fazit für die Praxis

Die­ aktuelle­ In-vitro-Studie­ bestätigt­ die­ inhibitorische­ Wirkung­ von­ neo-angin®­ Benzydamin­ gegen­ akute­ Halsschmerzen­ Lutschtabletten­ auf­ die­ Freisetzung­ proinflammatorischer­ Zytokine­ aus­ humanen­ primären­ Monozyten.­ Dieser­ Effekt­ leistet­ mit­ hoher­ Wahrscheinlichkeit­einen­wesentlichen­Beitrag­zu­der­im­Praxisalltag­ beobachteten­ antientzündlichen­ Wirkung­von­Benzydamin-Lutschtabletten.­ Im­ Gegensatz­ zu­ anderen­ lokal­ wirksamen­ NSAIDS­ hat­ Benzydamin­in­klinisch­relevanten­Konzentrationen­ keinen­ Einfluss­ auf­ die­ Prostaglandinsynthese,­ was­ die­ exzellente­ gastrointestinale­ Verträglichkeit­ von­ BenzydaminLutschtabletten­erklärt.­ Dr. Kirsten Westphal, Kirchheim © VERLAG PERFUSION GMBH


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Obeticholsäure zur Behandlung der primär biliären Cholangitis zugelassen

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in­ rund­ 20-jähriger­ Innovationsstau­ hat­ sein­ Ende­ gefunden:­ Ende­ 2016­ wurde­ Obeticholsäure­ (Ocaliva®)­ zur­ Behandlung­ der­ primär­ biliären­ Cholangitis­ (PBC)­ in­ der­ EU­ zugelassen,­ sodass­ in­ dieser­ Indikation­nun­eine­neue­Therapieoption­ zur­Verfügung­steht.­In­der­PhaseIII-Studie­ POISE­ erzielte­ Obeticholsäure­ bei­ Patienten,­ die­ auf­ Ursodesoxycholsäure­(UDCA)­unzureichend­ ansprachen­ oder­ diese­ nicht­tolerierten,­signifikant­bessere­Ansprechraten­als­auf­UDCA­alleine­bzw.­UDCA­mit­Placebo­[1].­ Damit­ schließt­ das­ Medikament­ eine­ therapeutische­ Lücke.­ Denn­ bisher­ gab­ es­ für­ PBC-Patienten,­ die­ mit­ UDCA­ nicht­ adäquat­ behandelt­ werden­ konnten,­ keine­ weitere­zugelassene­Option. Progressiver, unbehandelt tödlicher Verlauf

Die­ primär­ biliäre­ Cholangitis­ ist­ eine­ autoimmun­ vermittelte­ Lebererkrankung,­bei­der­es­zu­einer­ Entzündung­ der­ intrahepatischen­ Gallenwege­ und­ nachfolgend­ zu­ einer­ Cholestase­ kommt.­ Unbehandelt­droht­ein­fibrotischer­Umbau­ des­ Lebergewebes­ bis­ hin­ zu­ Leberzirrhose,­Transplantationsbedarf­ und­ leberbedingtem­ Tod­ [2].­ In­ Deutschland­ sind­ schätzungsweise­ zwischen­ 4.000­ und­ 12.000­

Menschen­an­einer­PBC­erkrankt,­ wobei­ in­ 90­%­ aller­ Fälle­ Frauen­ betroffen­sind­[3]. Die­ Standardbehandlung­ bestand­ bislang­aus­der­Gabe­von­UDCA.­ Sie­ verbessert­ die­ klinische­ Symptomatik,­ verlangsamt­ die­ Progredienz­ und­ erhöht­ die­ Überlebenswahrscheinlichkeit­ [2,­ 4].­ Allerdings­ sprechen­ bis­ zu­ 40­%­ der­ Patienten­ nicht­ adäquat­ auf­ UDCA­ an­ [5],­ andere­ tolerieren­ das­ Medikament­ nicht.­ Da­ es­ bis­ vor­ Kurzem­ keine­ zugelassene­ Alternative­gab,­hatten­diese­Pati-

enten­ ein­ erhöhtes­ Risiko­ für­ ein­ Fortschreiten­ der­ Erkrankung,­ für­ Leberzirrhose­und­vorzeitigen­Tod­ [4].­ Mit­ Ocaliva®­ steht­ nun­ eine­ wirksame­ und­ verträgliche­ neue­ Substanz­zur­Verfügung. Obeticholsäure signifikant besser als Placebo

Obeticholsäure­ist­ein­Agonist­des­ nukleären­ Farnesoid-X-Rezeptors­ (FXR),­ der­ primär­ in­ Leber­ und­ Darmtrakt­ gebildet­ wird.­ Eine­

Primär biliäre Cholangitis Die PBC geht bei vielen Patienten mit einem hohen Leidensdruck einher, klinische Symptome sind unter anderem Pruritus, Fatigue, Hypercholesterinämie und eine Reduktion der Knochendichte. Unbehandelte Patienten zeigen eine erhöhte Mortalität im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung, die 10-Jahres-Überlebensrate beträgt bei asymptomatischen Patienten 50–70 %, symptomatische Patienten überleben median noch 5–8 Jahre nach dem Auftreten der Symptome [4]. Die meisten PBC-Patienten haben erhöhte Leberwerte (AP, ALT, AST) und bei bis zu 95 % lassen sich antimitochondriale Antikörper (AMA) nachweisen. Eine PBC wird primär auf Basis von 2 Biomarkern im Blut diagnostiziert [4]: • Anstieg der alkalischen Phosphatase (AP) über den oberen Normwert hinaus • Vorhandensein antimitochondrialer Antikörper (AMA) Heute weisen die meisten PBC-Patienten bei der Diagnose keine Zirrhose auf, sodass seit 2015 nicht mehr von primär biliärer Zirrhose, sondern von primär biliärer Cholangitis gesprochen wird. Diese Umbenennung ist ein wichtiger Beitrag gegen die Verunsicherung der Betroffenen und trägt wesentlich zur Entstigmatisierung der Erkrankung bei.

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Obeticholsäure Die oral zu verabreichende Obeticholsäure (Ocaliva®) ist ein ein selektiver und potenter Agonist für den nukleären Farnesoid-XRezeptor (FXR), der der in hohen Konzentrationen in Leber und Darm gebildet wird und eine Schlüsselrolle in der Regulation des Gallensäurenstoffwechsels, bei Entzündungsprozessen sowie bei der Fibrosierung und anderen Stoffwechselvorgängen spielt [7]. Die FXR-Aktivierung senkt die intra zellularen Hepatozytenkonzentrationen der Gallensäuren durch Unterdrückung der De-novoSynthese aus Cholesterin sowie durch Erhöhung des Transports von Gallensäuren aus den Hepatozyten. Diese Mechanismen begrenzen die Gesamtgröße des zirkulierenden Gallensäure-Pools und fördern gleichzeitig die Cholerese, wodurch die Leberexposition gegenüber Gallensäuren in toxischen Konzentrationen reduziert wird [6]. Der Nutzen von Ocaliva® besteht darin, die Spiegel von alkalischer Phosphatase (AP) und Bilirubin bei Erwachsenen mit primär biliärer Cholangitis zu senken, was voraussichtlich eine Verbesserung der klinischen Symptomatik der Patienten zur Folge hat, wie z.B. eine verzögerte Entwicklung zur Leberfibrose, Zirrhose, Lebertransplantation oder Tod.

Aktivierung­ des­ Signalwegs­ führt­ dazu,­ dass­ Gallensäuren­ vermindert­ synthetisiert­ und­ verstärkt­ sezerniert­ werden­ [1].­ Dadurch­ schützt­ Obeticholsäure­ die­ Hepatozyten­vor­dem­toxischen­Einfluss­ der­ Gallensäuren.­ Darüber­ hinaus­ führt­ eine­ Aktivierung­ des­ FXRSignalwegs­ vermutlich­ zu­ antiinflammatorischen­ und­ antifibrotischen­Effekten­[1]. In­ der­ randomisierten­ und­ doppelblinden­Phase-III-Studie­POISE­ wurde­ Obeticholsäure­ bei­ PBCPatienten­ geprüft,­ die­ auf­ UDCA­ nicht­ ausreichend­ angesprochen­ hatten­ (n­=­200)­ oder­ das­ Medikament­nicht­tolerierten­(n­=­16).­Sie­ erhielten­entweder­Obeticholsäure­ in­ einer­ individuell­ titrierten­ Dosierung­ von­ einmal­ täglich­ 5­ auf­ 10­mg,­ in­ einer­ festen­ Dosierung­ von­einmal­täglich­10­mg­oder­Placebo.­ Alle­ Patienten,­ bis­ auf­ die,­ die­UDCA­nicht­tolerierten,­erhielten­Obeticholsäure­in­Kombination­ mit­UDCA.­Die­Behandlungsdauer­ betrug­12­Monate.

Der­ primäre­ Endpunkt­ der­ Studie­ war­erreicht,­wenn­der­AlkalischePhosphatase(AP)-Spiegel­ unter­ das­1,67-Fache­des­oberen­Grenzwerts­fiel,­zusätzlich­der­AP-Spiegel­um­≥15­%­gegenüber­dem­Ausgangswert­ abnahm­ und­ sich­ der­ Bilirubinspiegel­ normalisierte­ [1].­ Diese­Biomarker­wurden­gewählt,­ weil­ sie­ verlässliche­ Prädiktoren­ für­ den­ Verlauf­ der­ Erkrankung,­ insbesondere­für­das­transplantationsfreie­Überleben­sind­[5]. Der­ primäre­ Endpunkt­ wurde­ in­ beiden­ Verum-Gruppen­ signifikant­ häufiger­ erreicht­ als­ in­ der­ Placebo-Gruppe­ (46­%­ bzw.­ 47­%­ unter­ 5–10­mg­ bzw.­ 10­mg­ Obeticholsäure­versus­10­%­unter­Placebo;­ p­ jeweils­ <0,001).­ Außerdem­ erzielten­ signifikant­ mehr­ Patienten­ unter­ der­ Prüfsubstanz­ eine­ AP-Reduktion­von­≥15­%­als­Patienten­unter­Placebo­(jeweils­77­%­ versus­29­%;­p­jeweils­<0,001)­und­ die­Bilirubin-Spiegel­stabilisierten­ sich­unter­Verum,­während­sie­unter­ Placebo­ anstiegen­ (Obetichol-

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säure­ in­ beiden­ Dosierungen­ versus­Placebo­p­<­0,001)­[1]. Pruritus­ war­ das­ häufigste­ unerwünschte­Ereignis­in­allen­3­Gruppen­ und­ trat­ unter­ dem­ Wirkstoff­ öfter­ auf­ als­ unter­ Placebo.­ Die­ initial­ erhöhte­ Pruritus-Belastung­ unter­Verum­ging­aber­im­Verlauf­ zurück­und­glich­nach­12­Monaten­ der­unter­Placebo­[1]. Unerwünschte­ Ereignisse,­ die­ bei­ mindestens­ 10­%­ in­ irgendeiner­ der­Gruppen­auftraten,­waren­insbesondere­Nasopharyngitis,­Kopfschmerz,­ Fatigue,­ Übelkeit­ und­ Durchfall,­ schwere­ unerwünschte­ Ereignisse­ traten­ in­ den­ VerumGruppen­ bei­ 16­%­ bzw.­ 11­%­ (5–10­mg­ bzw.­ 10­mg)­ auf,­ in­ der­ Placebo-Gruppe­bei­4­%­[1]. Therapieansprechen hält mindestens 2 Jahre lang an

97­%­der­Patienten­traten­nach­der­ Doppelblindphase­ (12­ Monate)­ in­ die­ fünfjährige­ offene­ Verlängerung­der­Studie­ein.­Die­Verbesserungen­der­AP-­und­Bilirubinspiegel­blieben­dabei­über­den­bislang­ auswertbaren­Zeitraum­von­2­Jahren­erhalten.­Patienten­der­ehemaligen­ Placebo-Gruppe­ erreichten­ unter­ Obeticholsäure­ vergleichbare­Effekte­wie­die­Patienten­der­initialen­Verum-Gruppen­[1]. Das­ Sicherheits-­ und­ Verträglichkeitsprofil­ des­ Wirkstoffs­ in­ der­ Verlängerungsphase­ glich­ dem­ in­ der­ Doppelblind-Phase,­ zusätzliche­ sicherheitsrelevante­ Signale­ wurden­nicht­beobachtet­[1]. Aufgrund­ der­ Ergebnisse­ der­ POISE-Studie­ –­ dass­ eine­ 12-monatige­ Behandlung­ der­ PBC­ mit­ Obeticholsäure­ zusätzlich­ zu­ UDCA­der­Gabe­von­UDCA­alleine­bzw.­Placebo­überlegen­ist­und­ die­ Verbesserungen­ bei­ biochemischen­ Krankheitsmarkern­ über­ © VERLAG PERFUSION GMBH


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2­ Jahre­ anhalten­ –­ wurde­ Obeticholsäure­zur­Behandlung­Erwachsener­ mit­ PBC­ zugelassen­ [5].­ Patienten,­ die­ unzureichend­ auf­ UDCA­ ansprechen,­ sollen­ Obeticholsäure­ kombiniert­ mit­ UDCA­ erhalten­ –­ Patienten,­ die­ UDCA­ nicht­tolerieren,­als­Monotherapie.­ Die­ Anfangsdosis­ beträgt­ einmal­ täglich­5­mg.­Nach­6­Monaten­soll­ die­ Verträglichkeit­ evaluiert­ und­ die­ Dosierung­ in­ Abhängigkeit­ davon­ auf­ 10­mg­ täglich­ erhöht­ werden.­In­der­POISE-Studie­hatte­ sich­gezeigt,­dass­sich­durch­dieses­ Vorgehen­ unter­ Erhaltung­ der­ Effektivität­die­Abbruchrate­auf­1­%­ reduzieren­ließ­[1].­ Fabian Sandner, Nürnberg

Literatur 1­ Nevens­F,­Andreone­P,­Mazzella­G­et­al.­A­ placebo-controlled­trial­of­obeticholic­acid­ in­ primary­ biliary­ cholangitis.­ N­ Engl­ J­ Med­2016;375:631-643 2­ Poupon­ R.­ Primary­ biliary­ cirrhosis:­ a­ 2010­update.­J­Hepatol­2010;52:745-758 3­ http://www.leberhilfe.org/pbc.html 4­ Lindor­KD,­Gershwin­ME,­Poupon­R­et­al.­ Primary­ biliary­ cirrhosis.­ Hepatology­ 2009;50:291-308 5­ Lammers­WJ,­van­Buuren­HR,­Hirschfield­ GM­ et­ al.­ Levels­ of­ alkaline­ phosphatase­ and­ bilirubin­ are­ surrogate­ end­ points­ of­ outcomes­ of­ patients­ with­ primary­ biliary­ cirrhosis:­an­international­follow-up­study.­ Gastroenterology­2014;147:1338-1349 6­ Fachinformation­ Ocaliva®;­ Stand­ Dezember­2016 7­ Soeiro­ Teodoro­ J,­ Pinto­ Rolo­A,­ Marques­ Palmeira­C.­Hepatic­FXR:­key­regulator­of­ whole-body­ energy­ metabolism.­Trends­ in­ Endocrinology­ &­ Metabolism­ 2011;22:­ 458-466

Quelle: Launch-Pressekonferenz „Ocaliva® − eine neue Behandlungs-Perspektive für Patienten mit primär biliärer Cholangitis“; 23.01.2017; Veranstalter: Intercept Pharma Deutschland GmbH

Neue individualisierte Immunglobulin-Therapie bietet Patienten mehr Flexibilität im Alltag

S

chätzungen­von­Experten­zufolge­ leiden­ in­ Deutschland­ etwa­ 100.000­ Menschen­ an­ einem­ angeborenen­ Immundefekt­ (PID),­aber­nur­rund­3.500­Patienten­ wurden­ bisher­ diagnostiziert.­ Nicht­ selten­ erfolgt­ die­ Diagnose­ erst­nach­mehreren­Besuchen­verschiedener­ Ärzte­ [1].­ Für­ die­ Betroffenen­kann­dies­lebensbedrohlich­ sein,­ etwa­ wenn­ Infektionen­ einen­ schweren­ Verlauf­ nehmen­ oder­sich­bereits­Langzeitschäden­ manifestiert­haben.­Eine­frühzeitige­ Diagnose­ ist­ daher­ essenziell,­ um­ die­ Patienten­ einer­ adäquaten­ Behandlung,­ vorwiegend­ mit­ Immunglobulinen,­zuzuführen.­

Für­ Kinder­ und­ Erwachsene­ mit­ primären­ und­ bestimmten­ sekundären­ Immundefekten­ steht­ mit­ dem­humanen­Immunglobulin­Cuvitru®­seit­Mai­2017­eine­neue­individualisierte­ und­ maßgeschneiderte­ Antikörper-Ersatztherapie­ zur­ Verfügung.­ Mit­ der­ hochkonzentrierten­ 20%-igen­ Infusionslösung­ zur­ subkutanen­ Anwendung­ sind­ höhere­ Infusionsvolumina­ und­ Infusionsraten­ möglich­ als­ bei­ den­ bisher­am­ Markt­ befindlichen­ konventionellen­ subkutanen­ Immunglobulin-Behandlungsoptionen­(SCIg).­ Die­Gabe­ist­in­einer­Frequenz­von­ täglich­ bis­ zu­ zweiwöchentlich­

Cuvitru® Cuvitru® 200-mg/ml-Lösung für die subkutane Injektion ist im Rahmen einer Antikörper-Ersatztherapie bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen (0–18 Jahre) bei den folgenden Krankheiten indiziert [4]: • Primäre Immunmangelsyndrome mit unzureichender Antikörperbildung • Hypogammaglobulinämie und rezidivierende bakterielle Infekte bei Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL), bei denen die prophylaktische Antibiotikatherapie gescheitert oder kontraindiziert ist • Hypogammaglobulinämie und rezidivierende bakterielle Infektionen bei Patienten mit multiplem Myelom (MM) • Hypogammaglobulinämie bei Patienten vor und nach allogener hämatopoetischer Stammzellentransplantation (HSCT)

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möglich­ und­ lässt­ einen­ flexiblen­ Behandlungsplan­zu­[2,­3].

Patienten profitieren von individuellen Behandlungsplänen

Belegte Wirksamkeit und Verträglichkeit bei kurzer Infusionsdauer

Die­ klinischen­ Studien­ [2,­ 3]­ zeigen,­ dass­ aufgrund­ der­ höheren­ Volumina­ und­ Infusionsraten­ weniger­Infusionsstellen­und­kürzere­ Infusionszeiten­ möglich­ sind.­ Die­ Behandlung­kann­daher­flexibel­in­ einer­ Frequenz­ von­ täglich­ bis­ zu­ zweiwöchentlich­an­bis­zu­4­Infusionsstellen­ gleichzeitig­ erfolgen,­ um­ die­ angemessene­ kumulative­ Monatsdosis­ zu­ erzielen.­ Die­ Patienten­ können­ daher­ ihre­ Infusionspläne­ über­ die­ Infusionsrate,­ Anzahl­ der­ Infusionsstellen­ und­ Infusionsfrequenz­optimal­auf­ihre­ persönlichen­Bedürfnisse­und­Präferenzen­zuschneiden.­Ein­auf­die­ individuellen­ Patientenbedürfnisse­abgestimmter­Behandlungsplan­ bietet­mehr­Freiheit­und­Unabhängigkeit­im­Alltag­und­eine­verbesserte­Lebensqualität.­Die­neue­Behandlungsoption­eignet­sich­daher­ besonders­ für­ Patienten,­ die­ eine­ möglichst­ kurze­ Anwendungszeit­ und­eine­geringe­Zahl­an­Infusionsstellen­bevorzugen.­ Brigitte Söllner, Erlangen

Die­ Zulassung­ der­ 20%-igen­ Immunglobulin-Lösung­ in­ Deutschland­ basierte­ auf­ den­ Ergebnissen­ einer­ Phase­ 2/3-Studie­ in­ Europa­ mit­ 49­ PID-Patienten­ und­ einer­ medianen­ Behandlungsdauer­ von­ 358­ Tagen­ [2].­ Im­ Rahmen­ der­ Studie­ wurde­ Cuvitru®­ mit­ bis­ zu­ 60­ml­pro­Stunde­appliziert.­41,6­%­ der Patienten erreichten eine maximale­ Infusionsrate­ von­ 48­ml/h/ Stelle.­87­%­der­Infusionen­wurden­ an­≤2­Infusionsstellen­verabreicht.­ Dabei­betrug­die­durchschnittliche­ Infusionsdauer­ weniger­ als­ eine­ Stunde­ (0,95­Std.).­ Die­ Rate­ bestätigter­ akuter,­ schwerwiegender­ bakterieller­ Infektionen­ (VASBI)­ pro­Jahr­während­der­Behandlung­ lag­signifikant­unter­eins­und­belief­ sich­ auf­ 0,022­VASBI­ pro­ Patientenjahr­(p­<­0,0001).­Die­allgemeine­ Infektionsrate­ betrug­ 4,38­ pro­ Patientenjahr.­ Fast­ alle­ Infusionen­ (99,8­%)­ wurden­ ohne­ Reduzierung,­Unterbrechung­oder­Abbruch­ aufgrund­ von­ Verträglichkeitsbedenken­ oder­ unerwünschten­ Ereignissen­verabreicht,­was­die­gute­ generelle­Verträglichkeit­beweist. Trotz­ der­ höheren­ Geschwindigkeit­und­des­größeren­infundierten­ Volumens­wurden­nur­selten­lokale­und­systemische­Nebenwirkungen­ beobachtet­ (0,069/Infusion­ bzw.­0,032/Infusion).­Bei­2­von­3­ Patienten traten keine lokalen Nebenwirkungen­ auf.­ Zudem­ zeigte­ die­ Studie,­ dass­ es­ keine­ Korrelation­ zwischen­ der­ Infusionsrate­ oder­ höherem­ Infusionsvolumen­ pro­ Infusionsstelle­ und­ der­ Inzidenz­ von­ lokalen­ Nebenwirkungen­gibt­[2].

Literatur 1­ www.dsai.de­ /­ Website­ der­ Deutschen­ Selbsthilfe­Angeborene­Immundefekte­e.V.­ (DSAI) 2­ Borte­M,­Krivan­G,­Derfalvi­B­et­al.­Efficacy,­ safety,­ tolerability­ and­ pharmacokinetics­ of­ a­ novel­ human­ immune­ globulin­ subcutaneous,­ 20­%:­ a­ Phase­ 2/3­ study­ in­ Europe­ in­ patients­ with­ primary­ immunodeficiencies.­ Clin­ Exp­ Immunol­ 2017;­ 187:146-159 3­ Suez­ D,­ Stein­ M,­ Gupta­ S­ et­ al.­ Efficacy,­ safety,­ and­ pharmacokinetics­ of­ a­ novel­ human­ immune­ globulin­ subcutaneous,­ 20­%­in­patients­with­primary­immunodeficiency­ diseases­ in­ North­ America.­ J­ Clin­ Immunol­2016;36:700-712 4­ Fachinformation­ Cuvitru®,­ Stand:­ Juli­ 2016

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CoaguChek® INRange unterstützt bei GerinnungsSelbstmanagement Gegenwärtig­ stehen­ in­ Deutschland­ etwa­ eine­ Million­ Menschen­ aufgrund­ von­ künstlichen­ Herzklappen,­ Vorhofflimmern­ oder­ Thrombophilie­ unter­ dauerhafter­ oraler­ Antikoagulation­ mit­ Vitamin-K-Antagonisten­ (VKA).­ Diese­ Therapieform­ bedingt­ ein­ regelmäßiges­Monitoring­der­Prothrombinzeit­ (PT)­ durch­ Messung­ des­INR-/Quickwerts.­Bereits­über­ 200.000­ VKA-Patienten­ bestimmen­ ihren­ INR-/Quickwert­ zuhause­selbst.­Ein­Tropfen­Blut­aus­ der­Fingerbeere­reicht­aus,­um­ein­ Messergebnis­ mit­ sehr­ guter­ Vergleichbarkeit­ mit­ der­ Labormessung­zu­erzielen. Medikation selbstständig anpassen

Das­ CoaguChek®­ INRange­ Gerät­ zeigt­Patienten­schnell­und­zuverlässig­an,­ob­die­gemessenen­Werte­ in­ihrem­individuellen­Zielbereich­ sind.­ Mit­ den­ CoaguChek®­ Messgeräten­für­das­Gerinnungs-Selbstmanagement­ sind­ Patienten­ nach­ einer­ Schulung­ in­ der­ Lage,­ ihre­ Medikation­selbstständig­anzupassen­ –­ sie­ werden­ so­ zu­ Managern­ ihrer­Therapie.­ Video zur Durchführung der INR-Selbstkontrolle

Damit­ die­ Patienten­ noch­ sicherer­ im­ Umgang­ mit­ dem­ System­ werden­ und­ auch­ nach­ der­ Schulung­ eine­ visuelle­ Gedankenstütze­ haben,­ gibt­ es­ ein­ neues­ © VERLAG PERFUSION GMBH


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Messung­vorbereiten:­Code-Chip­einlegen

Teststreifen­einführen

Handhabungsvideo.­ Dieses­ steht­ ab­ sofort­ auf­ der­ Website­ www. coaguchek.de­ bereit.­ Das­ achtminütige­ Video­ zur­ INR-Selbstkontrolle­ stellt­ das­ Gerät­ ausführlich­ vor­und­beschreibt­die­wichtigsten­ Grundfunktionen,­ wie­ die­ erste­ Inbetriebnahme,­ Einstellung­ des­ persönlichen­ Zielbereichs,­ Durchführung­ einer­ Messung­ sowie­ das­ Abrufen­ der­ gespeicherten­ Messergebnisse. Der­Film­ersetzt­aber­nicht­die­intensive­Schulung­zum­GerinnungsSelbstmanagement­ in­ einer­ der­ bundesweit­ 1200­ Schulungseinrichtungen,­ sondern­ ist­ eine­ sinnvolle­Ergänzung­zur­Vertiefung­des­ Erlernten.­ Neueinsteiger­ haben­ so­ die­Möglichkeit,­sich­noch­einmal­ Schritt­ für­ Schritt­ die­ Bedienung­ des­ CoaguChek®­ INRange­ anzusehen.­ Patienten,­ die­ sich­ für­ das­ Gerinnungs-Selbstmanagement­ interessieren,­ können­ anhand­ des­ Films­ einen­ ersten­ Eindruck­ über­ die­ Bedienung­ des­ CoaguChek® INRange­erhalten.­ F. S.

Apixaban: Besser verträglich als VKA

Ereignis

Schwere­Blutung GI-Blutung Jegliche­Blutung

Ergebnis­anzeigen

sondere­in­Bezug­auf­hämorrhagische­Infarkte.­Auch­das­Risiko­für­ schwere­Blutungen­war­signifikant­ Das­ nicht-Vitamin-K-abhängige­ geringer­(HR­0,45;­p­<­0,001. orale­ Antikoagulans­ Apixaban­ (Eliquis®)­ ist­ im­ klinischen­ VerVorteile gegenüber sorgungsalltag­ besser­ verträglich­ als­ die­ Vitamin-K-Antagonisten­ Phenprocoumon (VKA)­Warfarin­und­Phenprocoumon.­ Das­ zeigen­ aktuelle­ Versor- Mit­ der­ retrospektiven­ Analygungsstudien­ aus­ den­ USA­ und­ se­ CARBOS­ [2]­ gibt­ es­ erstmals­ auch­ eine­ Auswertung­ aus­ dem­ Deutschland. deutschen­ Versorgungsalltag,­ in­ Geringeres Risiko als unter der­ unter­ anderem­ ein­ Vergleich­ von­Apixaban­vs.­Phenprocoumon­ Warfarin vorgenommen­ wurde.­ Sie­ basiert­ In­einer­retrospektiven­Analyse­aus­ auf­ anonymisierten­ Krankenverdem­ US-amerikanischen­ Versor- sicherungsdaten­ von­ Patienten­ gungsalltag­[1]­wurden­Daten­von­ mit­ nicht­ valvulärem­ VHF.­ DemPatienten­ mit­ nicht­ ­ valvulärem­ nach­ könnte­ eine­ Behandlung­ mit­ Vorhofflimmern­ (VHF)­ ausgewer- Apixaban­ (n­=­3.633)­ gegenüber­ tet.­ Die­Analyse­ von­ über­ 15.000­ Phenprocoumon­ (n­=­16.179)­ mit­ Patienten­ der­ Vergleichskohorte­ einem­ niedrigeren­ Blutungsrisiko­ „Apixaban­ vs.­ Warfarin“­ zeigte,­ assoziiert­sein­(Tab.­1).­ E. W. dass­ unter­ Apixaban­ ein­ signifikant­ geringeres­ Risiko­ für­ einen­ Quellen Schlaganfall­oder­eine­systemische­ 1­­­Yao­ X­ et­ al.­ J­ Am­ Heart­ Assoc­ 2016;5:­ e003725 Embolie­im­Vergleich­zu­Warfarin­ 2­­­Hohnloser­ SH­ et­ al.­ ESC-Kongress­ 2016,­ Poster­2608 bestand­(HR­0,67;­p­=­0,04),­insbeEreignisrate pro 100 Patienten-Jahre (nicht adjustiert) Apixaban 2,4 2,1 11,2

Phenprocoumon 3,2 3,5 12,6

Hazard Ratio (adjustiert)

p-Wert

0,68­(0,51–0,91) 0,53­(0,39–0,72) 0,80­(0,70–0,92)

0,008 <0,001 0,002

Tabelle­1:­Ergebnissse­des­CARBOS-Registers­[2].

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NEU

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Die neue RA-Therapie*

WIRKSAM: SCHNELL & DAUERHAFT

1–8

In Kombinations- und Monotherapie zugelassen 8*

> 90.000 Patienten weltweit nach Zulassung behandelt 9

> 8 Jahre Erfahrungen aus klinischen Studien an über 6000 Patienten 7

*XELJANZ ist in Kombination mit Methotrexat (MTX) indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis (RA) bei erwachsenen Patienten, die auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende antirheumatische Arzneimittel unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. XELJANZ kann als Monotherapie gegeben werden, wenn MTX nicht vertragen wird, oder wenn eine Behandlung mit MTX ungeeignet ist. 8 Bereits nach Versagen eines ersten herkömmlichen DMARDs, wie z. B. MTX, wird XELJANZ in den EULAR-Empfehlungen 2016 als Behandlungsoption empfohlen (bei prognostisch ungünstigen Faktoren).10

XELJANZ® 5 mg Filmtabletten; Wirkstoff: Tofacitinib; Zusammensetzung: Wirkstoff: 1 Filmtablette enth. 5 mg Tofacitinib. Sonst. Bestandteile: Tablettenkern: Mikrokristalline Cellulose, Lactose-Monohydrat, CroscarmelloseNatrium, Magnesiumstearat (Ph. Eur.). Filmüberzug: Hypromellose 6cP (E 464), Titandioxid (E 171), Lactose-Monohydrat, Macrogol 3350, Triacetin (E 1518). Anwendungsgebiete: In Komb. m. Methotrexat (MTX) zur Behandl. d. mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis (RA) b. erw. Pat., d. auf e. od. mehrere krankheitsmodifiz. antirheum. AM. unzureichend angespr. od. diese nicht vertragen haben. Anw. als Monotherapie, wenn MTX nicht vertragen wird od. wenn e. Behandl. m. MTX ungeeignet ist. Gegenanzeigen: Überempfindlichk. gg. d. Wirkstoff od. e. d. sonst. Bestandt. Aktive Tuberkulose (TB), schwere Infekt. w. z. B. Sepsis od. opportunist. Infekt., schwere Leberfunkt.-stör., Schwangersch. u. Stillzeit. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Nasopharyngitis. Häufig: Pneumonie, Influenza, Herpes Zoster, Harnwegsinfekt, Sinusitis, Bronchitis, Pharyngitis; Leukopenie, Anämie; Dyslipidämie, Hyperlipidämie; Insomnie; Kopfschmerzen; Hypertonie; Dyspnoe, Husten; Bauchschmerzen, Erbr., Diarrhö, Übelk., Gastritis, Dyspepsie; Ausschlag; Skelettmuskelschmerzen, Arthralgie; Pyrexie, peripheres Ödem, Fatigue; erhöhte Leberenzymwerte, erhöhter Blutcholesterinspiegel, Gewichtszunahme, erhöhte Kreatinphosphokinase i. Blut. Gelegentlich: Sepsis, Tuberkulose, Pneumokokken-Pneumonie, bakterielle Pneumonie, Divertikulitis, Pyelonephritis, Cellulitis, bakterielle Arthritis, Herpes simplex, virale Gastroenteritis, Virusinfekt.; nicht-melanozytärer Hautkrebs; Lymphopenie, Neutropenie; Dehydrierung; Parästhesie; verstopfte Nebenhöhlen; Lebersteatose; Erythem, Pruritus; Gelenkschwell., Tendinitis; Erhöh. d. Transaminasen, anomaler Leberfunkt.-test, erhöhter Gamma-Glutamyltransferasewert, erhöhter Blut-Kreatininspiegel, erhöhter Lipoprotein-Cholesterinwert niedriger Dichte; Bänderdehn., Muskelzerr.. Selten: Tuberkulose d. Zentralnervensystems, Kryptokokken-Meningitis, Urosepsis, disseminierte Tuberkulose, nekrotisierende Fasziitis, Bakteriämie, Staphylokokken-Bakteriämie, Pneumocystis jirovecii-Pneumonie, Enzephalitis, atypische mykobakterielle Infekt., Mycobakterium-avium-Komplex-Infekt., Zytomegalovirus-Infekt. Warnhinweise: Enthält Lactose. Weitere Informationen s. Fach- u. Gebrauchsinformation. Abgabestatus: Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Pfizer Limited, Sandwich, Kent CT13 9NJ, Vereinigtes Königreich. Repräsentant in Deutschland: PFIZER PHARMA GmbH, Linkstr. 10, 10785 Berlin. Stand: März 2017

b-7v1xj-ft-5

Lantarel® 2,5 mg/7,5 mg/10 mg; Tabletten; Lantarel® FS 7,5 mg/10 mg/15 mg/20 mg/25 mg; Fertigspritze; Injektionslösung i.m./i.v./s.c.; Wirkstoff: Methotrexat-Dinatrium; Zusammensetzung: Wirkstoff: Tbl.: 1 Tbl. enth. 2,74 mg/8,22 mg/10,96 mg Methotrexat-Dinatrium (entspr. 2,5 mg/7,5 mg/10 mg Methotrexat). Inj.-lsg.: 1 Fertigspritze mit 0,3 ml/0,4 ml/0,6 ml/0,8 ml/1ml Inj.-lsg. enth. 8,22 mg/10,96 mg/16,44 mg/21,92 mg/27,41 mg Methotrexat-Dinatrium (entspr. 7,5 mg/10 mg/15 mg/20 mg/25 mg Methotrexat). Sonst. Bestandteile: Tbl.: Lactose-Monohydrat, vorverkleisterte Stärke (Mais), Magnesiumstearat. Inj-lsg.: Natriumchlorid, Natriumhydroxid (zur pH-Wert-Einstellung), Wasser f. Inj.-zwecke. Anwendungsgebiete: Schwere Formen der aktiven rheumatoiden Arthritis (chron. Polyarthritis), wenn Ther. mit anderen Basistherapeutika od. NSAIDs nicht ausreichend wirksam ist od. nicht vertragen wird, od. bei primär besonders aggressiv verlaufenden („malignen“) Formen der rheumatoiden Arthritis (chron. Polyarthritis). Polyarthritische Formen der schweren aktiven juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) ab dem 3. Lebensj. bei mangelndem Ansprechen auf NSAIDs. Schwere Formen der Psoriasis vulgaris, insb. vom Plaque-Typ, u. der Psoriasis arthropathica, die mit einer konventionellen Ther. nicht ausreichend behandelbar sind. Gegenanzeigen: Bekannte Überempfindlichk. gegen MTX od. einen der sonst. Bestandteile. Nierenfunktionsstör. (Kreatinin-Clearance < 60 ml/min). Leberschäden (alkoholbedingte. od. and. chron. Lebererkrank.). Vorbestehende Erkrank. des blutbild. Systems. Erhöhter Alkoholkonsum. Immundefizienz. Schwere od. bestehende Infektionen. Ulzera des Magen-Darm-Trakts. Schwangerschaft, Stillzeit. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschm., Entzünd. u. Ulzerationen d. Mund- u. Rachenschleimhaut; Anstieg d. Leberenzyme (ALAT [GPT], ASAT [GOT], alkal. Phosphatase u. Bilirubin. Häufig: Leukozytopenie, Thrombozytopenie, Anämie; Diarrhoe; Lungenkomplikat. auf Grundlage einer interstit. Alveolitis/Pneumonitis (auch Todesfälle); Exantheme, Erytheme, Juckreiz; Kopfschm., Müdigkeit, Benommenheit, Parästhesie. Gelegentl.: Herpes zoster; maligne Lymphome (z. T. reversibel); Panzytopenie, Agranulozytose, Stör. d. Hämatopoese; schw. allerg. Reakt. bis zum anaphylakt. Schock; diabet. Stoffwechsellage; gastrointest. Ulzerationen u. Blutungen, Pankreatitis; Zystitis m. Ulzerationen (evtl. m. Hämaturie), Dysurie; Leberverfettung, chron. Leberfibrose u. -zirrhose, Abfall des Serumalbumins; Lungenfibrose, Pleuraerguss; Urtikaria, Photosensibilität, verstärkte Pigmentierung d. Haut, Haarausfall, Nodulosis, schmerzhafte Erosionen v. psoriat. Plaque; als schwere tox. Erschein.: herpetiforme Hauteruptionen, Stevens-Johnson-Syndr., tox. epidermale Nekrolyse (Lyell-Syndr.); Vaskulitis (als schw. tox. Erscheinung); Depressionen; Hemiparese, Schwindel, Verwirrtheit, Krampfanfälle, Leukenzephalopathie/Enzephalopathie (bei parenteraler Anw.); fetale Missbildungen; vaginale Entzünd. u. Ulzerationen; Arthralgie, Myalgie, Osteoporose. Selten: Sepsis; megaloblastäre Anämie; Enteritis, Meläna, Gingivitis Azotämie; akute Hepatitis u. Hepatotox.; Pharyngitis, Atemstillstand; verstärkte Pigmentierung d. Nägel, Akne, Petechien, Ekchymosen, Erythema multiforme, erythematöse Hautausschläge; thromboembol. Ereignisse (einschl. arterieller u. zerebraler Thrombose, Thrombophlebitis, tiefe Venenthrombose, Retinavenenthrombose, Lungenembolie); Stimmungsschwank., vorübergehende Wahrnehmungsstör.; Parese, Sprachstör. einschl. Dysarthrie u. Aphasie; Sehstör. (verschwommenes Sehen, Schleiersehen), schwerwieg. Sehstör. v. unbek. Ätiologie; Hypotonie; Abort; Oligiospermie, Menstruationsstör. (reversibel); Belastungsfraktur. Sehr selten: Herpes-simplex-Hepatitis; schwere Verläufe von Knochenmarkdepression, aplastische Anämie; Hypogammaglobulinämie; Hämatemesis; akute Lebernekrose; Pneumocystis carinii-Pneumonie, Luftnot, Asthma bronchiale, chron. obstruktive Lungenerkrank.; akute Paronychie, Furunkulose, Teleangiektasie; Muskelschwäche, Schmerzen i. d. Extremitäten, Geschmacksveränd. (metallischer Geschmack), Meningismus (Lähmungen, Erbrechen), akute asept. Meningitis; Konjunktivitis; Perikarditis, Perikardtamponade, Perikarderguss; fetaler Tod; gestörte Ovogenese, Spermatogenese, Libidoverlust, Impotenz, Unfruchtbarkeit, Scheidenausfluss. Häufigkeit nicht bekannt: opportunist. Infekt. (teilw. letal), tödl. verlaufende Sepsis, Nokardiose, Histoplasma- u. Cryptococcus-Mykosen, disseminierter Herpes simplex u. durch Zytomegalievirus hervorgerufene Infekt. einschl. Pneumonie, Reaktivierung v. Hepatitis-B-Infekt., Verschlecht. v. Hepatitis-C-Infekt.; Lymphadenopathie, lymphoproliferative Erkrank., z.T. reversibel, Eosinophilie u. Neutropenie; allerg. Vaskulitis, Fieber (bedarf Abklärung gegenüber bakterieller od. mykot. Septikämie), Immunsuppr.; nichtinfektiöse Peritonitis; Proteinurie; Herpes-simplex-Hepatitis, Leberinsuff.; Wundheilungsstör. Zusätzl. NW, die bei der i. d. R. höher dosierten onkolog. Anw. beobachtet wurden: Gelegentl. schwere Nephropathie, Nierenversagen; sehr selten ungewöhnl. kraniale Sinneswahrnehm., vorübergehende Erblindung/Sehverlust. Zusätzl. NW Fertigspr.: An d. Inj.-Stelle (i.m. Anw.) lokale Nebenw. (brennendes Gefühl) od. Gewebeschäden (sterile Abszessbildung, Untergang v. Fettgewebe). Bei s.c. Anw. milde lokale Hautreakt. Warnhinweise: Die Einnahme bzw. Injektion v. Lantarel erfolgt 1x wöchentlich! Lantarel FS: Enth. Natrium < 1 mmol (23 mg) pro FS. Lantarel Tbl.: Enth. Lactose. Weitere Informationen s. Fach- u. Gebrauchsinformation. Abgabestatus: Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: PFIZER PHARMA PFE GmbH, Linkstr. 10, 10785 Berlin. Stand: Juni 2016. www.pfizermed.de

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Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. Hinweise zur Meldung von Nebenwirkungen, siehe Abschnitt 4.8 der Fachinformation.

1. van Vollenhoven RF et al. N Engl J Med 2012; 367: 508–519. 2. van der Heijde D et al. Arthritis Rheum 2013; 65(3): 559–570. 3. Fleischmann R et al. N Engl J Med 2012; 267: 495–507. 4. Burmester GR et al. Lancet 2013; 381(9865): 451–460. 5. Kremer J, Li ZG,PHARMAKOL. Hall S, et al. Ann Intern Med. 2013;159(4):253–61. 6. Strand V et al. Arthritis Res Ther 2015; 17: 7. Wollenhaupt J et al. ACR 2016 Poster #1647 (Tofacitinib, oral JanusPERFUSION kinase inhibitor, in the treatment JOURNAL U. THER. 3/2017 · 26. JAHRGANG © an VERLAG GMBH of rheumatoid arthritis: Safety and efficacy in open-label, long-term extension studies over 8 years) 8. Xeljanz Fachinformation, Stand März 2017. 9. Pfizer Inc. data on file (Xeljanz real world experience, patients numbers worldwide). 10. Smolen JS, et al. Ann Rheum Dis 2017;0:1–18. doi:10.1136/annrheumdis-2016-210715


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JAK-Inhibitor Tofacitinib – eine neue Option zur Therapie der rheumatoiden Arthritis Seit­März­2017­ist­der­orale­JanusKinase(JAK)-Inhibitor­ Tofacitinib­ (Xeljanz®)­ zur­ Behandlung­ der­ rheumatoiden­Arthritis­ (RA)­ auch­ in­ Deutschland­ zugelassen.­ In­ umfangreichen­ klinischen­ Studien­–­teilweise­liegen­Daten­für­bis­ zu­ 8­ Jahre­ Behandlungsdauer­ vor­ –­erwies­sich­Tofacitinib­als­sicher­ und­gut­verträglich­sowie­langfristig­ wirksam.­Tofacitinib­ wird­ oral­ verabreicht­ und­ ist­ in­ einer­ Dosierung­ von­ zweimal­ täglich­ 5­mg­ in­ Kombination­ mit­ Methotrexat­ (MTX)­ zur­ Behandlung­ erwachsener­Patienten­mit­mittelschwerer­ bis­ schwerer­ aktiver­ RA­ indiziert,­ die­ auf­ ein­ oder­ mehrere­ krankheitsmodifizierende­ antirheumatische­ Arzneimittel­ (DMARDs)­ unzureichend­ angesprochen­ oder­ diese­ nicht­ vertragen­ haben.­ Tofacitinib­ kann­ als­ Monotherapie­ gegeben­werden,­wenn­MTX­nicht­ vertragen­wird­oder­wenn­eine­Behandlung­mit­MTX­ungeeignet­ist.­ Experten­begrüßen­das­neue­Wirkprinzip­ als­ wichtige­ Erweiterung­ der­Behandlungsoptionen,­wie­auf­ dem­ Launch-Pressegespräch­ in­ Berlin­deutlich­wurde.

sung­ in­ der­ Europäischen­ Union­ ist­Tofacitinib­nun­weltweit­in­über­ 80­Ländern­verfügbar.­„Die­Substanz,­ ein­ ‘small­ molecule’,­ wurde­ ab­Mitte­der­1990er­Jahre­von­Pfizer­entwickelt“,­berichtete­PD­Dr.­ med.­ Peter-Andreas­ Löschmann,­ Medizinischer­ Direktor­ bei­ Pfizer­ Deutschland.­ Ausgangspunkt­ war­ ein­ Kongress­ der­ FASEB­ (Federation­ of­ American­ Societies­ for­ Experimental­ Biology),­ auf­ dem­ über­ die­ physiologische­ Bedeutung­der­JAK-Inhibitoren­referiert­ wurde­ und­ an­ dem­ ein­ Forscher­ von­ Pfizer­ teilnahm.­ In­ der­ Folge­ entdeckte­ man­ die­ Hemmung­ der­ intrazellulären­ Signalkaskaden­ als­ therapeutisches­Target­ und­ die­ weltweite­ Entwicklung­ eines­ neuen­ Arzneimittels­ mit­ einem­ völlig­ neuen­ Wirkungsmechanismus­ wurde­ vorangetrieben.­ Die­ Wirksamkeit­und­Sicherheit­von­Tofacitinib­wurden­im­Studienprogramm­ ORAL­ (ORAL­ Rheumatoid­Arthritis­ Phase­ 3­ TriaLs)­ gezeigt,­ das­ 6­ abgeschlossene­ Phase-III-Studien­umfasst:­ORAL­Solo,­ORAL­ Sync,­ ORAL­ Scan,­ ORAL­ Standard,­ ORAL­ STEP,­ ORAL­ Start.­ „Aktuell­wird­die­Substanz­in­einer­ offenen­ Langzeitstudie-­ und­ Posthoc-Analysen­ weiter­ untersucht.­ Die­RA­bleibt­ein­Schwerpunkt­der­ Pfizer-Forschung“,­betonte­Löschmann. Orales Medikament schließt therapeutische Lücke

In über 80 Ländern zugelassen

Tofacitinib­ist­der­weltweit­erste­zur­ Therapie­der­RA­zugelassene­JAKInhibitor­ und­ bereits­ seit­ November­ 2012­ in­ den­ USA­ verfügbar.­ Nachfolgend­ wurde­ Tofacitinib­ in­ zahlreichen­ weiteren­ Ländern­ zugelassen­ und­ bei­ über­ 90.000­ Patienten­ eingesetzt.­ Mit­ Zulas-

Nach­ Einschätzung­ von­ Professor­ Torsten­ Witte,­ Hannover,­ hat­ Tofacitinib­ als­ neues­ orales­ Therapeutikum­ das­ Potenzial,­ eine­ therapeutische­ Lücke­ zu­ schließen.­ „Immer­noch­haben­wir­zahlreiche­ RA-Patienten,­ deren­ Erkrankung­ nicht­ adäquat­ unter­ Kontrolle­ ist.­ Beispielsweise­ sprechen­ 20–40­%­

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der­ Patienten,­ die­ einen­ TNFInhibitor­ erhalten­ haben,­ nicht­ auf­ die­ Behandlung­ an.­ Viele­ Patienten­ bevorzugen­ eine­ Tablette­ gegenüber­ der­ subkutanen­ Gabe.­ Ein­ häufiger­ geäußerter­ Wunsch­ ist­ es­ überdies,­ die­ Zahl­ der­ einzunehmenden­ Medikamente­ zu­ reduzieren“,­ erklärte­ Witte.­ Auch­ hier­ bietet­ Tofacitinib­ Vorteile:­ Patienten­ mit­ klinischer­ Remission­ oder­ geringer­ Krankheitsaktivität­ (LDA)­ können­ gelegentlich­ auf­ MTX­ oder­ Glukokortikoide­ (GC)­ ganz­ verzichten,­ ohne­ dass­ das­ zuvor­ erreichte­ Ansprechen­ auf­die­Therapie­mit­Tofacitinib­in­ Kombination­ mit­ einem­ DMARD­ beeinträchtigt­wird.­Das­zeigen­die­ Ergebnisse­einer­Post-hoc-Analyse­ von­LTE-Studien,­in­der­untersucht­ wurde,­ inwieweit­ sich­ das­ Absetzen­ von­ MTX­ oder­ GC­ auf­ den­ Erhalt­ der­ klinischen­ Wirksamkeit­ unter­ Tofacitinib­ auswirkte.­ Bei­ der­ 3-Jahres-Visite­ waren­ die­ Response-Raten­bei­Patienten,­die­ die­MTX-­und­GC-Therapie­beendet­hatten,­vergleichbar­mit­jenen,­ die­ diese­ Behandlung­ fortgeführt­ hatten.­Im­Mittel­wurden­die­GCs­ nach­1,5­Jahren­abgesetzt. Patienten profitieren von frühem Tofacitinib-Einsatz

Hinsichtlich­ des­ Zeitpunktes­ für­ den­ Einsatz­ der­ neuen­ Substanz­ erklärte­Witte:­„Offenkundig­lohnt­ es­ sich­ bei­ unzureichendem­ Ansprechen­ auf­ DMARDs,­ Tofacitinib­ bereits­ im­ frühen­ Stadium­ der­ Erkrankung­ einzusetzen.­ Dies­ kann­ zu­ einer­ besseren­ klinischen­ Wirkung­ führen­ und­ so­ die­ Zeitspanne­ der­ aktiven­ Erkrankung­ reduzieren.­ Gezeigt­ hat­ das­ eine­ Post-hoc-Analyse­ von­ 5­ Studien­ des­ ORAL-Studienprogramms.“­ Außerdem­ ist­ das­ frühe­ Anspre© VERLAG PERFUSION GMBH


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chen­auf­Tofacitinib­ein­wichtiger­ Prädiktor­ für­ den­ weiteren­ Therapieverlauf. Patienten­ mit­ aktiver­ RA­ und­ unzureichendem­ Ansprechen­ auf­ DMARDs­ konnten­ unter­ Tofacitinib-Monotherapie­ oder­ -Kombinationstherapie­ bereits­ nach­ 2­Wochen­hinsichtlich­Krankheitsaktivität,­ HAQ-DI­ und­ Schmerz­ bzw.­ nach­ 3­ Monaten­ bezüglich­ Fatigue­ klinisch­ bedeutende­ Verbesserungen­ erzielen.­ Diese­ Ergebnisse­ gegenüber­ Placebo­ blieben­ gemäß­ der­ jeweiligen­ Studie­ unter­der­Monotherapie­bis­Monat­ 3­und­unter­der­Kombinationstherapie­ bis­ Monat­ 6­ stabil­ oder­ verbesserten­sich­weiter.­ Positiv­wertete­Witte­auch­die­Ergebnisse­ aus­ Langzeitstudien­ mit­ dem­ JAK-Inhibitor.­ Zwei­ offene­ LTE-Studien­ mit­ 4867­ Patienten­ zeigten­ für­ Tofacitinib­ (als­ Monotherapie­ oder­ mit­ begleitender­ DMARD-Therapie)­bis­zu­8­Jahre­ (96­Monate)­lang­eine­gute­Sicherheit,­Verträglichkeit­und­Wirksamkeit.­ Bei­ einer­ Analyse­ der­ gepoolten­Daten­betrug­das­mediane­ „Drug­Survival“­–­ein­Surrogatparameter­für­eine­gute­Wirksamkeit­ und­ Verträglichkeit­ –­ 5­ Jahre.­ In­ weiteren­Analysen­ konnte­ gezeigt­ werden,­dass­das­klinische­Ansprechen,­auch­messbar­an­der­körperlichen­Funktion,­ bis­ zum­90.­Monat­stabil­blieb. Umfassende Datenanalyse zeigt langfristige Wirksamkeit und Sicherheit

Langfristig­ erhobene­ Daten­ mit­ Tofacitinib­ über­ bis­ zu­ 8,5­ Jahre,­ die­ Professor­ Jürgen­ Wollenhaupt,­ Hamburg,­ anhand­ einer­ integrierten­Analyse­ von­ 2­ PhaseI-,­9­Phase-II-,­6­Phase-III-­und­2­ LTE-Studien­ mit­ insgesamt­ 6194­

Patienten­ erläuterte,­ belegen­ neben­ der­ guten­ Wirksamkeit­ auch­ die­ Sicherheit­ von­ Tofacitinib.­ „Auf­ Basis­ dieser­ Daten­ können­ präzisere­Aussagen­ zur­ Sicherheit­ der­ Substanz­ getroffen­ werden.­ Insgesamt­ zeigte­ sich,­ dass­ unerwünschte­ Wirkungen­ nach­ längerer­ Einnahme­ nicht­ zunahmen­ und­ dass­ es­ keine­ neuen­ Sicherheitssignale­gab“,­so­Wollenhaupt.­ Die­ Inzidenzrate­ für­ schwere­ Infektionen­ wie­ Pneumonie,­ Herpes­ zoster­ oder­ Harnwegsinfektionen­ betrug­ 2,7­ pro­ 100­ Patientenjahre­ und­stieg­bei­längerer­TofacitinibExposition­nicht­an.­Die­Gabe­von­ Glukokortikoiden­ war­ mit­ einem­ höheren­ Risiko­ für­ schwere­ Infektionen­ assoziiert.­Auch­ zeigten­ sich­ regionale­ Unterschiede,­ beispielsweise­ war­ die­ Inzidenzrate­ für­ Herpes­ zoster­ in­Asien­ höher.­ Hinsichtlich­ der­ kardiovaskulären­ Sicherheit­ erklärte­ Wollenhaupt,­ dass­ die­ RA­ bekanntermaßen­ mit­ erhöhter­ kardiovaskulärer­ Morbidität­ und­ Mortalität­ assoziiert­ ist.­ „Untersuchungen­ haben­ gezeigt,­ dass­es­unter­Tofacitinib,­wie­auch­ unter­ anderen­ JAK-Inhibitoren,­ in­ den­ ersten­ Monaten­ zu­ erhöhten­ Lipidspiegeln­kommen­könnte,­die­ Werte­dann­aber­stabil­bleiben.­Ein­ Anstieg­ kardiovaskulärer­ Ereignisse­wurde­nicht­beobachtet“,­betonte­Wollenhaupt.­Im­Rahmen­der­ laufenden­ Postmarketing-Studie­ ORAL­Surveillance­mit­rund­4000­ Patienten­ wird­ die­ Sicherheit­ von­ Tofacitinib­im­Hinblick­auf­kardiovaskuläre­Ereignisse­sowie­maligne­Erkrankungen­über­5­Jahre­weiter­untersucht.

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viele­ der­ in­ der­ Rheumatologie­ eingesetzten­ Biologika­ nicht­ die­ extrazelluläre­ Kommunikation.­ Vielmehr­ wirkt­ dieses­ neue­ therapeutische­ Prinzip­ zielgerichtet­ gegen­ intrazelluläre­ Signalkaskaden,­ wie­ Professor­ Hendrik­ Schulze-Koops,­ München,­ erläuterte.­ Der­ Entzündungsprozess­ bei­ der­ RA­ kann­ als­ Circulus­ vitiosus­ betrachtet­ werden,­ da­ aktivierte­ Immunzellen­ proinflammatorische­ Zytokine­ synthetisieren­ und­ sezernieren,­ was­ wiederum­ zu­ einer­ Rekrutierung­ und­Aktivierung­ zusätzlicher­ Immunzellen­ führt.­ Durch­ die­ molekulare­ Hemmung­ der­ involvierten­ Kinasen­ werden­ die­zytokinbasierte­Kommunikation­ und­ letztlich­ der­ inflammatorische­ Kreislauf­ unterbrochen.­ Der­ JAK-Inhibitor­ Tofacitinib­ ist­ ein­ potenter­Inhibitor­von­Kinasen­der­ JAK-Familie. Andere­Kinasen­des­menschlichen­ Kinoms­ werden­ lediglich­ in­ sehr­ geringem­ Ausmaß­ gehemmt.­ Tofacitinib­ bindet­ auf­ Basis­ seiner­ Ähnlichkeit­ zu­ ATP­ reversibel­ an­ die­ ATP-Bindedomäne­ im­ katalytischen­ Zentrum­ der­ Kinase-Domäne.­ Infolge­ der­ Rezeptorhemmung­ unterbleibt­ die­ Aktivierung­ der­ JAK/STAT-Signalkaskade­ und­ im­ Ergebnis­ die­ Aktivierung­ von­ Genen­entzündlicher­Faktoren­auf­ transkriptioneller­ Ebene.­ „Die­ intrazelluläre­ Kommunikation­ und­ die­JAK-Inhibition­sind­ein­attraktives­ Ziel­ der­ RA-Therapie“,­ unterstrich­ Schulze-Koops­ abschließend.­ Elisabeth Wilhelmi, München

JAK-Inhibition als therapeutisches Target

Die­ Wirkstoffklasse­ der­ JAKInhibitoren­ blockiert­ anders­ als­

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Cannabinoidtherapie nach aktueller Gesetzesänderung Am­ 10.­ März­ 2017­ ist­ die­ vom­ Deutschen­ Bundestag­ verabschiedete­ Änderung­ des­ Betäubungsmittelgesetzes­ in­ Kraft­ getreten.­ Durch­ die­ viel­ diskutierte­ Gesetzesmodifikation­sind­medizinische­ Cannabisextrakte­ und­ getrocknete­ Cannabisblüten­nun­verkehrs-­und­ verschreibungsfähig­ und­ können­ im­Rahmen­der­gesetzlichen­Krankenversicherungen­ erstattet­ werden.­ Nach­ Meinung­ der­ Fachgesellschaften­ stellt­ die­ beschlossene­ Gesetzesänderung­ eine­ große­ Chance­für­die­bessere­Versorgung­ schwerkranker­ Patienten­ mit­ cannabinoidbasierten­ Arzneimitteln­ dar.­ Auf­ einem­ Pressegespräch­ sagte­ PD­ Dr.­ Michael­ Überall,­ Vizepräsident­ der­ Deutschen­ Gesellschaft­ für­ Schmerzmedizin­ e.V.:­ „Die­ Fachgesellschaften­ begrüßen­ die­ Gesetzesänderung­ und­ die­ zugrunde­ liegende­ Intention­ der­Bundesregierung­für­eine­bessere­ Versorgung­ Schwerkranker­ sowie­die­nun­gesetzlich­geregelte­ Kostenerstattung­ von­ CannabisBlüten,­ Cannabis-Extrakten­ und­ cannabinoidhaltigen­ Fertigarzneimitteln.“­ Die­ Gesetzesmodifikation­ novelliere­ die­ Möglichkeiten­ der­ Cannabinoidtherapie.­ „Die­ Entscheidung­ für­ eine­ bestimmte­ cannabinoidhaltige­ Arznei­ sollte­ dem­individuellen­Therapiefall­angemessen­ sein“,­ betonte­ Überall.­ Zudem­distanzieren­sich­die­Fachgesellschaften­ von­ einer­ bedenkenlosen­ Abgabe­ von­ getrocknetem­Medizinalhanf:­„Wir­sprechen­ uns­klar­für­den­bevorzugten­Einsatz­von­cannabinoidbasierten­Fertigarzneimitteln­ mit­ einem­ standardisierten­ Wirkstoffgehalt­ und­ definierten­ Dosierungen­ aus,­ um­ die­ Arzneimitteltherapiesicherheit­

Sativex®-Oromukosalspray Sativex® ist ein Endocannabinoidsystem-Modulator, bestehend aus 2 Wirkstoffen: Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Es ist das einzige therapeutisch eingesetzte, zugelassene Fertigarzneimittel auf THC:CBD-Basis. Die standardisierte Rezeptur garantiert einen konstanten Wirkstoffgehalt von 2,7 mg THC und 2,5 mg CBD pro Sprühstoß. Im Gegensatz zu gerauchtem oder verzehrtem Cannabis bietet das Oromukosalspray die Möglichkeit, die für den Patienten optimale Dosis anhand der Anzahl der Sprühstöße zu ermitteln. Während der zweiwöchigen Titrationsphase wird die Dosis ausgehend von einem Sprühstoß pro Tag um maximal einen Sprühstoß täglich erhöht, aufgeteilt auf Morgen- und Abenddosen. Durchschnittlich beträgt die optimale Dosis 8 Sprühstöße pro Tag. Nach Erreichen der bestmöglichen individuellen Dosis sollte diese längerfristig während einer Erhaltungsphase beibehalten werden, wobei der Patient im Falle auftretender Nebenwirkungen oder Verschlimmerung der Symptomatik die Dosis reduzieren bzw. auf bis zu 12 Sprühstöße pro Tag erhöhen kann. Sativex® ist seit Juni 2011 als Add-on-Therapeutikum für Patienten mit MS-induzierter Spastik zugelassen. An die Zulassung gebunden sind eine Verschreibungsfähigkeit auf BtM-Rezept sowie eine Erstattungsfähigkeit durch gesetzliche Krankenkassen.

zu­ gewährleisten.“­ Dabei­ dürften­ bereits­zugelassene­standardisierte­ cannabinoidbasierte­ Fertigarzneimittel­ mit­ belegter­ Wirksamkeit­ und­ Verträglichkeit­ nach­ der­ Gesetzesänderung­aufgrund­ihres­Zulassungsstatus­nicht­hinter­anderen­ cannabishaltigen­ Arzneiformen­ hinsichtlich­ einer­Anwendungsbeschränkung­zurückbleiben. Cannabinoidhaltige Fertigarzneimittel für eine sichere Therapie

Fertigarzneimittel­ auf­ Cannabisbasis­ weisen­ bestimmte­ Vorteile­ gegenüber­ Medizinalhanf­ oder­ anderen­ Cannabiszubereitungen­ auf.­ Professor­Thomas­Henze,­Facharzt­ für­Neurologie­und­Psychiatrie­und­ langjähriger­Ärztlicher­Direktor­des­ Reha-Zentrums­Nittenau,­erläuterte­ die­verschiedenen­Darreichungsop-

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tionen,­ bezog­ aber­ auch­ eine­ klare­ Stellung:­ „Im­ Praxisalltag­ sollte­ der­ behandelnde­ Arzt­ die­ Vorteile­ von­ Fertigarzneimitteln­ in­ standardisierter­pharmazeutischer­Qualität­ bei­ seiner­ Entscheidung­ für­ einen­ Therapieansatz­ berücksichtigen.­ So­stellt­beispielsweise­das­für­die­ Therapie­von­Spastik­bei­Multipler­ Sklerose­zugelassene­Sativex® eine sichere,­wirksame­und­verträgliche­ Option­dar.“­Der­Extrakt­auf­Basis­ der­ Cannabinoide­ THC­ und­ CBD­ in­ einer­ Fixkombination­ wird­ als­ Oromukosalspray­angewendet.­Der­ Einsatz­ von­ cannabinoidbasierten­ Medikamenten­ ist­ laut­ Henze­ für­ viele­Patienten­eine­wichtige­pharmakotherapeutische­ Alternative.­ Wissenschaftliche­ Studien­ belegten­ die­ positive­ Wirkung­ von­ cannabinoidhaltigen­Arzneimitteln­ auf­ den­ Krankheitsverlauf­ oder­ auf­ schwerwiegende­Symptome­in­verschiedenen­ Indikationsbereichen,­ © VERLAG PERFUSION GMBH


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darunter­ die­ durch­ Multiple­ Sklerose­induzierte­Spastik,­chronische­ Schmerzen­bei­Tumoren,­HIV­und­ rheumatoider­Arthritis­ oder­ Zytostatika-induzierte­Übelkeit. „Damit­die­therapeutische­Situation­tatsächlich­zukünftig­verbessert­ wird,­sollte­zudem­eine­einfachere­ Verschreibung­ sowie­ Budgetneutralität­für­Ärzte­gegeben­sein,­damit­cannabinoidbasierte­Therapien­ nicht­ nur­ rein­ formal­ verfügbar­ werden,­ sondern­ auch­ konkret­ im­ medizinischen­ Versorgungsalltag­ realisiert­ werden­ können,“­ forderte­ Überall.­ Insgesamt­ schaffe­ die­ Novellierung­ des­ Betäubungsmittelgesetzes­ einige­ wichtige­ Voraussetzungen­ für­ eine­ verbesserte­ Versorgung­ von­ schwerkranken­ Patienten­ mit­ cannabishaltigen­ Medikamenten­ in­ standardisierter­ pharmazeutischer­ Qualität,­ insbesondere­hinsichtlich­der­gesetzlich­ regulierten­Kostenerstattung. Neuregelungen im BtMG für die bessere Versorgung

Ermöglicht­ werden­ diese­ neuen­ Therapiemöglichkeiten­ durch­ die­ Aufnahme­von­Medizinalhanfprodukten­ in­ Anlage­ III­ des­ BtMG,­ wodurch­ Cannabisarzneien­ in­ Form­ von­ Extrakten­ in­ standardisierter­ Qualität­ und­ getrocknete­ Blüten­ formal­ verkehrsfähig­ werden.­Zudem­ermöglichen­Neuregelungen­im­Sozialgesetzbuch­(SGB­ V)­ die­ Therapiekostenerstattung­ durch­ die­ gesetzliche­ Krankenversicherung.­ Voraussetzung­ für­ die­ Übernahme­ der­ Therapiekosten­ sind­ allerdings­ weiterhin­ eine­ entsprechende­ ärztliche­ Diagnose­ sowie­ fehlende­ therapeutische­ Alternativen.­ Um­ die­ Versorgung­ mit­Cannabis­in­pharmazeutischer­ Qualität­ sicherzustellen,­ wird­ die­ Bundesregierung­ eine­ staatliche­

„Cannabis-Agentur“­ des­ Bundesinstituts­ für­Arzneimittel­ und­ Medizinprodukte­(BfArM)­etablieren.­ Zudem­ entfällt­ durch­ die­ Gesetzesänderung­die­bisher­nötige­Beantragung­ einer­ Ausnahmegenehmigung­für­Medizinalhanf­bei­der­ Bundesopiumstelle­ des­ BfArM.­ Stattdessen­ kann­ der­ behandelnde­ Arzt­ cannabinoidbasierte­ Fertigarzneimittel­ oder­ Cannabis­ in­ Form­ von­ Blüten­ und­ Extrakten­ auf­ Betäubungsmittelrezept­ bei­ entsprechender­ Indikationsstellung­ verordnen.­ Ein­ Eigenanbau­ bleibt­weiterhin­illegal.­ Fabian Sandner, Nürnberg Quelle: Pressegespräch „Cannabinoidtherapie nach aktueller Gesetzesänderung: Optionen und Ausblick“, 16. März 2017; Veranstalter: Almirall

Neue Erkenntnisse zur Zweitlinientherapie des mCRC mit Aflibercept + FOLFIRI Bei­ Oxaliplatin-vorbehandelten­ Patienten­ mit­ metastasiertem­ Kolorektalkarzinom­(mCRC)­wurden­ in­ der­ Phase-III-Studie­ VELOUR­ mit­der­zusätzlichen­Gabe­von­Aflibercept­ (Zaltrap®)­ zu­ FOLFIRI­ eine­signifikante­Verlängerung­des­ Gesamtüberlebens­(OS)­von­median­12,1­auf­13,5­Monate,­des­progressionsfreien­ Überlebens­ (PFS)­ von­ 4,7­ auf­ 6,9­ Monate­ sowie­ signifikant­ häufiger­ ein­Ansprechen­ (ORR:­19,8­%­vs.­11,1­%)­erreicht.­ Eine­ retrospektive­ Analyse­ der­ Biomarker-Profile,­ die­ aktuell­ auf­ dem­ASCO­vorgestellt­wurde*,­bestätigte­ nun­ die­ Wirksamkeit­ und­ *­­­Wirapati­P­et­al.­VELOUR­trial­biomarkers­ update:­ Impact­ of­ RAS,­ BRAF,­ and­ sidedness­ on­ aflibercept­ activity.­ ASCO­ 2017,­ Poster,­Abstr.­#3538

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Sicherheit­ von­ Aflibercept­ unabhängig­ vom­ RAS-Status,­ BRAFStatus­und­der­Tumorlokalisation. Ergebnisse der retrospektive Biomarker-Analyse

In­ die­ VELOUR-Studie­ wurden­ 1.226­ mCRC-Patienten­ eingeschlossen,­von­denen­für­666­Patienten­ retrospektiv­ Gewebeproben­ gesammelt­ werden­ konnten.­ Die­ Proben­ von­ 482­ Patienten,­ also­ 39,3­%­ der­ ITT-Population,­ wiesen­ keine­ Lücken­ im­ NGS­ (nextgeneration­ sequencing)-Assay­ auf­ und­wurden­bezüglich­der­KRAS-,­ RAS-­und­BRAF-Status­ausgewertet.­ Die­ Lokalisation­ des­ Tumors­ wurde­den­pathologischen­Berichten­entnommen. Verglichen­ mit­ der­ ITT-Population­ zeigte­ die­ Biomarker-Subpopulation­ ein­ vergleichbares­ OS­ (HR­=­0,80,­ CI­ 0,65–0,99;­ ITT:­ HR­=­0,82,­ CI­ 0,71–0,93)­ und­ scheint­auch­in­Bezug­auf­die­Vorbehandlung­mit­Bevacizumab­und­ die­Patientencharakteristika­repräsentativ­ für­ das­ gesamte­ Studienkollektiv­zu­sein. Ansprechen ist unabhängig vom RAS-Status Für­ die­ spezifischen­ Subgruppen­ der­ RAS-mutierten­ und­ RASWildtyp-Patienten­ wurde­ im­ Interaktionstest­ kein­ signifikantes­ Ergebnis­erzielt,­was­darauf­schließen­lässt,­dass­Patienten­unabhängig­vom­RAS-Mutationsstatus­von­ der­ Aflibercept-Therapie­ profitieren.­ Um­ einen­Vergleich­ mit­ älteren­ Studien­ durchführen­ zu­ können,­wurde­auch­der­KRAS-Status­ untersucht.­ Der­ OS-Unterschied­ der­ Studienarme­ war­ mit­ einer­ Hazard­ Ratio­ von­ 0,9­ für­ KRASmutierte­ Patienten­ in­ der­ Zweit© VERLAG PERFUSION GMBH


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linientherapie­ vergleichbar­ mit­ anderen­ geprüften­ antiangiogenen­ Substanzen.­ EGFR-Antikörper­ sind­ bei­ RAS-mutierten­ Patienten­ nicht­indiziert. BRAF-mutierte Patienten scheinen besonders von Aflibercept zu profitieren BRAF-mutierte­Patienten­scheinen­ besonders­von­der­zusätzlichen­Aflibercept-Gabe­ zu­ profitieren­ (HR­ für­ OS­=­0,42,­ Interaktionstest­ positiv).­ Damit­ wäre­ die­ VELOURStudie­ die­ erste­ randomisierte­ Studie,­ in­ der­ BRAF­ das­ Potenzial­ zum­ prädiktiven­ Biomarker­ für­die­Gabe­einer­antiangiogenen­ Substanz­ aufweist.­ Da­ die­Anzahl­ der­Patienten­mit­BRAF-mutierten­ Tumoren­ klein­ ist,­ sollte­ dieses­ Ergebnis,­ wie­ in­ Subgruppenanalysen­ generell,­ als­ Hypothesengenerierender­ Hinweis­ verstanden­ werden. Die­ Biomarker-Daten­ zu­ Aflibercept­wurden­von­der­EMA­mit­der­ Aufnahme­in­die­Fachinformation­ als­relevante­Evidenz­bewertet. Keine unterschiedliche Wirksamkeit bezüglich der Tumorlokalisation Die­ Tumorlokalisation­ im­ rechts-­ oder­ linksseitigen­ Kolon­ wird­ derzeit­ intensiv­ diskutiert,­ da­ sowohl­ prognostische­ als­ auch­ mögliche­ prädiktive­ Unterschiede­ gesehen­ werden­und­die­Lokalisation­somit­ bereits­ ein­ Kriterium­ für­ die­ Therapieentscheidung­darstellt.­Für­die­ Therapie­ mit­ Aflibercept­ konnte­ keine­unterschiedliche­Wirksamkeit­ bezüglich­der­Lokalisation­des­Tumors­ festgestellt­ werden.­ Die­ Hazard­ Ratio­ für­ das­ OS­ betrug­ 0,86­ für­ linksseitig­ und­ 0,85­ für­ rechtsseitig­ lokalisierte­ Tumoren­ sowie­ 0,74­und­0,70­bezüglich­des­PFS.

Optimaler Einsatz von Aflibercept in der Zweitlinientherapie

Die­aktuell­beim­ASCO­präsentierten­Daten­bieten­zusätzliche­Informationen­ zum­ optimalen­ Einsatz­ von­Aflibercept­in­der­Zweitlinientherapie.­ In­ der­ VELOUR-Studie­ wurde­ eine­ signifikante­ Verbesserung­in­den­drei­Wirksamkeitsendpunkten­OS,­PFS­und­ORR­durch­ die­ zusätzliche­ Gabe­ von­Aflibercept­zu­FOLFIRI­gezeigt.­Bei­86­%­ der­Patienten­wurde­eine­Kontrolle­ der­Krankheit,­also­ein­Ansprechen­ oder­die­Stabilisierung­der­Erkrankung,­ erreicht.­ Bei­ den­ ca.­ 30­%­ der­ Studienteilnehmer,­ die­ mit­ Bevacizumab­ vorbehandelt­ waren­ und­ in­ der­ Zweitlinie­ Aflibercept­ erhielten,­ wurde­ ein­ Überlebensvorteil­ von­ median­ 2,1­ Monaten­ gesehen. Plasmadaten­ aus­ der­ VELOURStudie,­ die­ auf­ dem­ diesjährigen­ ASCO­ GI­ (American­ Society­ of­ Clinical­ Oncology­ Gastrointestinal)­gezeigt­wurden,­konnten­signifikante­Unterschiede­verschiedener­ Biomarkerlevel­bei­Bevacizumabvorbehandelten­ gegenüber­ Bevacizumab-naiven­ Patienten­ identifizieren**.­ Darunter­ auch­ die­ Plasmaspiegel­ von­ VEGF-A­ und­ PIGF,­die­nach­Bevacizumab-Vortherapie­ im­ Mittel­ um­ das­ 5-fache­ bzw.­um­das­Doppelte­erhöht­waren.­ Aflibercept­ bindet­ spezifisch­ an­ VEGF-A,­ VEGF-B­ und­ PlGF­ und­ kann­ damit­ möglicherweise­ eine­ durch­ Bevacizumab-Vorbehandlung­ erworbene­ Resistenz­ überwinden.­ Fabian Sandner, Nürnberg **­­Tabernero­ J­ et­ al.­ Placental­ growth­ factor­ and­ the­ angiogenic­ environment­ based­ on­ analysis­ of­ baseline­ plasma­ biomarkers­ from­ the­ VELOUR­ trial.­ASCO­ GI­ 2017,­ Abstr.­#592

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Nicht­tuberkulöse­Mykobakterien:

Hohe 5-Jahres-Gesamtmortalität bei pulmonaler Infektion mit MAC Über­ ein­Viertel­ der­ Patienten­ mit­ einer­ pulmonalen­ Infektion­ mit­ dem­ nicht­ tuberkulösen­ Mykobakterium­ Mycobacterium­ avium­ complex­ (MAC)­ starb­ binnen­ 5­ Jahren­ –­ so­ das­ Ergebnis­ der­ überwiegenden­ Zahl­ der­ Studien­ einer­ MEDLINE-basierten­ Literaturanalyse*,­die­auf­dem­58.­Kongress­ der­ Deutschen­ Gesellschaft­ für­ Pneumologie­ und­ Beatmungsmedizin­ (DGP)­ vorgestellt­ wurde.­ Die­Autoren­ schlossen­ 13­ Studien­ mit­ insgesamt­ 2.744­ Patienten­ in­ ihr­Review­ein:­In­10­davon­betrug­ die­ 5-Jahres-Gesamtmortalitätsrate­ im­Durchschnitt­über­25­%­(Range:­ 10–66­%).­ „Die­ Erkenntnisse­ sind­ besorgniserregend­ und­ unterstreichen­ erneut,­ dass­ die­ Erkrankung­ früh­erkannt­und­mit­einer­leitliniengerechten­ Dreifachkombination­ behandelt­werden­muss“,­kommentierte­ Professor­ Roland­ Diel­ von­ der­ Christian-Albrechts-Universität­zu­Kiel.­Besonders­hohe­Raten­ für­ die­ Gesamtmortalität­ fand­ die­ Übersichtsarbeit­ in­ Studien,­ bei­ denen­die­Patienten­eine­kavernöse­ MAC-Erkrankung­ der­ Lunge­ oder­ eine­Makrolid­resistenz­hatten. Steigende Inzidenz und Mortalität

Erkrankungen­durch­nicht­tuberkulöse­Mykobakterien­(NTM)­stellen­ eine­wachsende­diagnostische­und­ klinische­ Herausforderung­ dar.­ *­ V ­ an­ der­ Lahn­ R,­ Obradovic­ M.­ Mortality­ in­ patients­ with­ mycobacterium­ avium­ complex­ lung­ disease­ –­ a­ review­ of­ published­ literature.­ Poster­ auf­ dem­ 58.­ Kongress­der­Deutschen­Gesellschaft­für­Pneumologie­ und­ Beatmungsmedizin­ (DGP)­ 2017­in­Stuttgart

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KONGRESSE

Inzidenz,­ Prävalenz,­ Hospitalisierungsrate­ und­ Mortalität­ der­ pulmonalen­ NTM-Erkrankung­ haben­ weltweit­in­den­letzten­Jahrzehnten­ zugenommen.­ Zu­ den­ wichtigsten­ und­am­weitesten­verbreiteten­pulmonalen­ NTM­ gehört­ der­ MAC.­ Eine­MAC-Infektion­der­Lunge­ist­ bekanntermaßen­ schwierig­ zu­ behandeln:­ Die­ Erfolgsrate­ der­Therapie­ betrug­ in­ Studien­ 40–60­%.­ Bei­Patienten­mit­fibrokavernösen­ Veränderungen­ war­ der­ Behandlungserfolg­deutlich­schlechter­als­ bei­ einem­ nicht­ kavernösen­ Befund.­Zudem­kam­es­bei­30–50­%­ der­pulmonalen­MAC-Infektionen­ nach­ erfolgreicher­ antibiotischer­ Therapie­ zum­ erneuten­ mikrobiologischen­ Nachweis­ des­ Keims.­ Hinsichtlich­MAC­mit­kavernösen­ Veränderungen­plädierten­die­Studienautoren­ bereits­ 2012­ in­ einer­ Publikation­ für­ eine­ unverzügliche­ Behandlung­ solcher­ Patienten,­ um­ ihre­ Überlebenschancen­ zu­ verbessern.­ „Kavernen­ sind­ auch­ deswegen­ gefürchtet,­ weil­ die­ Keime­ dort­ schwerer­ für­ eine­ antibiotische­ Therapie­ zugänglich­ sind“,­erläuterte­Dr.­H.­Jost­Achenbach,­ Lungenklinik­ Lostau.­ Zudem­nennt­die­Übersichtsarbeit­ein­ fortgeschrittenes­ Alter,­ mehrere­ Komorbiditäten,­einen­niedrigeren­ Body-Mass-Index­ sowie­ männliches­ Geschlecht­ als­ Prädiktoren­ für­ die­ 5-Jahres-Mortalität,­ die­ in­ den­ analysierten­ Studien­ häufig­ genannt­wurden. Pulmonale NTM-Erkrankung wird oft verzögert diagnostiziert

NTM­ kommen­ ubiqitär­ vor­ und­ stellen­ein­Infektionsrisiko­für­suszeptible­Individuen­dar­–­das­sind­ häufig­ Patienten­ mit­ einer­ prädisponierenden­ chronischen­ Lungenerkrankung,­ wie­ z.B.­ COPD­

oder­ Bronchiektasen.­ Bei­ ihnen­ überschneidet­ sich­ die­ Symptomatik­ der­ Grunderkrankung­ mit­ den­ unspezifischen­ Symptomen­ einer­ pulmonalen­ NTM-Erkrankung­ (NTMPD).­ Daher­ wird­ die­ korrekte­ Diagnose­ (basierend­ auf­ klinischen,­radiologischen­und­mikrobiologischen­Kriterien)­oft­erst­ mit­ großer­ Verzögerung­ gestellt.­ Therapeutisch­ist­eine­NTMPD­anspruchsvoller­ als­ die­ Behandlung­ einer­ unkomplizierten­ Lungentuberkulose:­ Die­ Therapie­ ist­ in­ der­Regel­langwierig,­toxisch­und­ versagt­ häufig.­ Die­ höchste­ Erfolgschance­hat­die­Initialtherapie.­ Diese­ soll­ mit­ einem­ MultidrugRegime­ entsprechend­ den­ Empfehlungen­ des­ Deutschen­ Zentralkomitees­ zur­ Bekämpfung­ der­ Tuberkulose­(DZK)­und­der­Deutschen­ Gesellschaft­ für­ Pneumologie­und­Beatmungsmedizin­(DGP)­ bzw.­ des­ Statement­ der­American­ Thoracic­Society­(ATS)­und­der­Infectious­Diseases­Society­of­America­ (IDSA)­ durchgeführt­ werden.­ Bei­schweren­Verläufen­sowie­Infektionen­durch­seltene­NTM-Spezies­ werden­ ein­ interdisziplinäres­ Vorgehen­ sowie­ die­ Überweisung­ an­ein­Spezialzentrum­empfohlen. Bei­ Nichtbeachtung­ der­ Therapieempfehlungen,­wie­der­Behandlung­ mit einer Makrolid-Monotherapie oder­ einer­ reinen­ Zweifachtherapie­ (Makrolid­ und­ Quinolon­ ohne­ drittes­ Antibiotikum),­ besteht­ bei­ einer­ durch­ MAC­ verursachten­ Lungeninfektion­ das­ Risiko­ einer­ Makro­lidresistenz.­ Dieser­ Verlauf­ ist­gefürchtet:­Kommt­es­zur­Makrolidresistenz,­ist­sie­mit­einer­deutlich­erhöhten­Mortalität­verbunden.­ Das­ Fazit­ der­ Experten­ lautete­ daher:­Mit­Blick­auf­die­Zukunft­werden­dringend­spezifische­antimikrobiotische­Mittel­benötigt,­mit­denen­ eine­ einfachere,­ effizientere­ und­ nebenwirkungsärmere­Therapie­er-

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reicht­ werden­ kann.­ Entsprechend­ werden­die­Ergebnisse­der­von­Insmed­ Germany­ initiierten­ klinische­ Phase-III-Studie­ mit­ einem­ liposomalen­Amikacin­zur­Inhalation­bei­ pulmonalen­ NTM-Infektionen­ mit­ großem­Interesse­erwartet.­ Elisabeth Wilhelmi, München Quelle: Meet the Expert „Nichttuberkulöse Mykobakterien: Lunge in Gefahr – Leben in Gefahr? Aktuelle Daten zur Mortalität pulmonaler MAC-Infektionen“, 24.03.2017, Stuttgart, im Rahmen des DGP-Kongresses 2017. Veranstalter: Insmed Germany

Metastasiertes kolorektales Karzinom: RAS-Status bestimmt Therapienutzen Nach­ einem­ kurzeitigen­ und­ durchaus­ irritierenden­ Rückgang­ der­ (K)RAS-Testungsrate­ beim­ metastasierten­kolorektalen­Karzinom­ (mCRC),­ stieg­ diese­ im­ ersten­ Quartal­ 2017­ jedoch­ wieder­ an.­Derzeit­liegt­die­aktuelle­Abdeckung­über­80­%.­Laut­Dr.­Norbert­ Marschner,­ Freiburg,­ ist­ dies­ ein­ Zeichen­ dafür,­ dass­ das­ Konzept­ der­ notwendigen­ und­ sinnvollen­ RAS-Testung­ vor­ einer­ Anti-EGFR-Therapie­ in­ der­ „Peripherie“­ nahezu­ zu­ 100­%­ angekommen­ ist.­Die­RAS-Mutationsanalyse­ist­ Standard­ für­ die­ Behandlung­ von­ mCRC-Patienten,­ denn­ nur­ Karzinompatienten­ mit­ RAS-Wildtyp­ profitieren­ vom­ Einsatz­ eines­ anti-EGFR-Antikörpers.­ Auch­ hinsichtlich­ der­ Therapiesequenz­ ist­ der­ RAS-Status­ relevant:­ Wie­ die­ Ergebnisse­klinischer­Studien­zeigen,­ haben­ RAS-Wildtyp-Patienten,­ die­ in­ der­ Erstlinientherapie­ mit­ der­ Kombination­ aus­ einem­ EGFR-Inhibitor­ und­ Chemotherapie­behandelt­werden,­einen­klaren­ Überlebensvorteil­gegenüber­einer­ alleinigen­ Chemotherapie­ oder­ © VERLAG PERFUSION GMBH


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Abbildung­ 1:­Algorithmus­ zur­ Behandlung­ des­ metastasierten­ kolorektalen­ Karzinoms.­AIO:­Arbeitsgemeinschaft­ internistische­ Onkologie­ (http://www.aio-portal.de);­CT:­Chemotherapie.

der­ Kombination­ von­ Chemotherapie­ und­ VEGF-Inhibitoren.­ In­ den­ Therapieleitlinien­ ist­ dies­ berücksichtigt:­Als­Voraussetzung­für­ eine­personalisierte­Therapie­sollte­ erste­ ein­ RAS-Test­ erfolgen.­ Bei­ RAS-Wildtyp-Patienten­wird­dann­ zur­ EGFR-Antikörpertherapie­ geraten­(Abb.­1). Dass­ Patienten­ mit­ RAS-Wildtyp­ von­der­EGFR-Antikörpertherapie­ profitieren,­ zeigten­ die­ Ergebnisse­ der­ PRIME-Studie,­ erklärte­ Professor­ Stefan­ Kasper,­ Essen.­

Durch­Addition­von­Panitumumab­ (Vectibix®)­ zu­ einer­ FOLFOX4basierten­ Chemotherapie­ verlängerte­ sich­ das­ Gesamtüberleben­ der­Patienten­mit­mCRC­und­RASWildtyp­von­20,2­auf­26,0­Monate.­ Patienten­ mit­ RAS-Mutationstyp­ profitierten­hingegen­nicht­von­der­ EGFR-Inhibition.­ Dieser­ Effekt­ war­auch­deutlich­zu­sehen,­wenn­ nicht­ Placebo,­ sondern­ Bevacizumab,­ wie­ in­ der­ PEAK­ Studie,­ als­Vergleichssubstanz­verabreicht­ wurde.­Zwar­waren­Remissionsra-

ten­ und­ PFS­ in­ der­ Erstlinientherapie­ der­ RAS-Wildtyp-Patienten­ vergleichbar,­ es­ ergaben­ sich­ aber­ deutliche­ Unterschiede­ beim­ Gesamtüberleben­ mit­ klaren­ Überlebensvorteilen­der­Anti-EGFR-Therapie­mit­Panitumumab.­ Richard Kessing, Zeiskam

Fettstoffwechselstörungen­wirksam­ bekämpfen:­

lipidämien­liegt­in­Deutschland­für­ Frauen­bei­65,7%­und­für­Männer­ bei­ 64,5%.­ Neben­ arterieller­ Hypertonie,­ Diabetes­ mellitus­ und­ Nikotinkonsum­ zählen­ Fettstoffwechselstörungen­ zu­ den­ wichtigsten­ Risikofaktoren­ für­ kardiovaskuläre­ Erkrankungen.­ Für­ die­ koronare­ Herzkrankheit­ steht­ die­ Hypercholesterinämie­ sogar­ an­ erster­ Stelle.­ Eine­ Lebenszeitprävalenz­ der­ koronaren­ Herzkrankheit­ von­ 9,3%­ bei­ 40–79-Jährigen­ und­ eine­ Inzidenz­ von­ über­

200.000­ Herzinfarkten­ pro­ Jahr­ in­ Deutschland­ signalisieren­ die­ große­ Bedeutung­ einer­ möglichst­ lückenlosen­ Erfassung­ und­ adäquaten­Behandlung­von­Fettstoffwechselstörungen,­ im­ Speziellen­ der­Hypercholesterinämie. Trotz­der­Verfügbarkeit­einer­Vielzahl­ von­ effektiven­ und­ weitgehend­ gut­ verträglichen­ lipidsenkenden Medikamenten erreichen in Deutschland­ lediglich­ 5–10­%­ der­ kardiovaskulären­ Hochrisikopatienten die von den internationalen

Zertifizierung als LipidAmbulanz durch die DGFF (Lipid-Liga) Fettstoffwechselstörungen­ gehören­in­den­westlichen­Industrienationen­ zu­ den­ häufigsten­ Erkrankungen­ und­ stehen­ beim­ Ranking­ von­ Behandlungsindikationen­ in­ hausärztlichen­Praxen­mit­ca.­26­%­ nach­dem­Bluthochdruck­an­zweiter­Stelle.­Die­Prävalenz­von­Dys-

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Quelle:­ Amgen­ Presse-Talk­ „RAS-Status­ beim­mCRC:­Erst­testen­–­dann­therapieren“,­ Frankfurt,­ 9.­ Mai­ 2017;­ Veranstalter:­Amgen­ GmbH

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WISSENSWERTES

Fachgesellschaften­ empfohlenen­ LDL-Cholesterin-Zielwerte.­ Andererseits­ ist­ aus­ Meta-Analysen­ unter­ Einschluss­ von­ zwischenzeitlich­ mehreren­ hunderttausend­ Patienten­ bekannt,­ dass­ durch­ die­ Absenkung­ des­ LDL-CholesterinSpiegels­ um­ jeweils­ 10­mg/dl­ die­ Zahl­ nicht­ tödlicher­ und­ tödlicher­ koronarer­ Ereignisse­ um­ bis­ zu­ 7,2­%­gesenkt­werden­kann,­wenn­ Statine­ zum­ Einsatz­ kommen.­ Selbst­ bei­ Patienten­ mit­ medikamentös­nicht­adäquat­behandelbarer­Fettstoffwechselstörung­gelingt­ es,­ mithilfe­ der­ bereits­ seit­ Jahrzehnten­ etablierten­ LipoproteinApherese­ überhöhte­ LDL-Cholesterin-­ und­ Lipoprotein(a)-Werte­ um­60–80­%­zu­senken­und­damit­ die­Zahl­schwerwiegender­koronarer­und­vaskulärer­Ereignisse­langfristig­signifikant­zu­reduzieren. Insgesamt­ bietet­ die­ Lipidologie­ also­ ein­ großes­ therapeutisches­ Potenzial,­ das­ es­ flächendeckend­ und­ zum­ Nutzen­ möglichst­ vieler­ bedürftiger­ Patienten­ auszuschöpfen­ gilt.­ Ein­ wichtiger­ Schritt­ auf­ koordinierende­zentrale­Institution­ dem­ Weg­ zur­ Umsetzung­ dieses­ in­einem­lipidologischen­Netzwerk­ Vorhabens­ist­die­Etablierung­von­ von­ Partnern­ verschiedener­ Fachmedizinischen­ Netzwerken.­ Die­ disziplinen­einen­umfangreicheren­ Deutsche­ Gesellschaft­ zur­ Be- Anforderungskatalog­erfüllen.­Mit­ kämpfung­ von­ Fettstoffwechsel- der­ Zertifizierung­ wird­ die­ besonstörungen­ und­ ihren­ Folgeerkran- dere­ diagnostische­ und­ therapeukungen­ DGFF­ (Lipid-Liga)­ e.V.­ tische­ Qualifikation­ der­ geprüften­ bietet­ seit­ 2009­ die­ strukturierte­ Versorgungseinrichtungen­ ausgecurriculäre­ Fortbildung­ von­ Ärz- wiesen.­Ziel­ist­die­Sicherstellung­ ten­zu­Lipidologen­DGFF®­an.­Seit­ einer­ qualitativ­ hochwertigen­ BeMai­ 2017­ können­ sich­ Kliniken,­ treuung­ der­ von­ einer­ FettstoffAmbulanzen,­ Versorgungszentren­ wechselstörung­ betroffenen­ Menund­ Praxen,­ die­ schwerpunktmä- schen­in­Deutschland.­ ßig­auf­dem­Gebiet­der­Lipidologie­ Weitere­ Informationen­ zum­ Zertitätig­ sind,­ über­ eine­ ausreichende­ fizierungsprogramm,­ Anleitungen­ Infrastruktur­verfügen­und­bei­Dia- sowie­ Unterlagen­ zum­ Download­ gnostik­und­Therapie­die­Vorgaben­ können­Sie­im­Internet­unter­www. der­ DGFF­ (Lipid-Liga)­ erfüllen,­ lipid-liga.de­in­der­Rubrik­„Zertifials­ „Lipid-Ambulanz DGFF“ zierung“­abrufen.­­ F. S zertifizieren­ lassen.­ Ein­ „Lipidologisches Kompetenzzentrum und Netzwerk DGFF“­ soll­ als­ JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2017 · 26. JAHRGANG

Effektive Behandlung der transfusionsbedingten Eisenüberladung mit Deferasirox Bei­ polytransfundierten­ Patienten­ kann­sich­bereits­nach­einer­Gabe­ von­ etwa­ 20­ Erythrozytenkonzentraten­ (EK)­ eine­ Eisenüberladung­ entwickeln.­ Besonders­ häufig­ davon­ betroffen­ sind­ Patienten­ mit­ myelodysplastischem­ Syndrom­ (MDS).­ Mit­ jeder­Transfusion­ werden­ pro­ 2­EK­ca.­500­mg­Eisen­zugeführt.­ Aufgrund­ fehlender­ physiologischer­ Mechanismen­ zur­ Eliminierung­ des­ überschüssigen­ Eisens­ lagert­ sich­ dieses­ vorwiegend­ in­ Gefäßen­ und­ Organen­ ab.­ Die­ toxische­ Wirkung­ beruht­ dabei­ auf­ dem­ freien,­ ungebundenen­ Plasmaeisen­(labile­plasma­iron,­LPI),­ das­ die­ Bildung­ von­ Sauerstoffradikalen­unterstützt.­Daraus­können­ Schäden­ an­ Mitochondrien­ und­ DNA­ resultieren;­ gleichzeitig­ fördert­LPI­das­bakterielle­Wachstum.­ Die­ Eisenüberladung­ führt­ bei­ MDS-Patienten­ zu­ einer­ erhöhten­ Morbidität­und­hat­einen­negativen­ Einfluss­auf­das­Überleben. Überlebensvorteil durch Eisenchelation

Die­ Gabe­ von­ Chelatoren­ wie­ Deferasirox­ (Exjade®)­ erlaubt­ eine­ zielgerichtete­ und­ effektive­ Behandlung­ der­ Eisenüberladung.­ Diese­ binden­ freies­ Körpereisen­ und­ bilden­ damit­ einen­ Komplex,­ der­ anschließend­ ausgeschieden­ wird.­Der­Start­einer­Chelation­sollte­ ab­ einem­ Serumferritinwert­ von­ 1000­μg/l­ erfolgen.­ Deferasirox­ bewirkt­ bei­ MDS-Patienten­ nicht­ nur­ eine­ effektive­ Senkung­ des­ Serumferritins,­ sondern­ auch­ eine­ Verbesserung­ der­ Hämatopoese.­ © VERLAG PERFUSION GMBH


WISSENSWERTES

Mediane absolute Veränderung des Serumferritins am Studienenden [ng/ml]

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0 – 50 – 100 – 150

– 350 (– 14 %)

– 86 (– 4 %) EXJADE® Suspensionstabletten

– 200 – 250

EXJADE® Filmtabletten

– 300 – 350 – 400

Abbildung­1:­In­der­ECLIPSE-Studie­bewirkte­die­neue­Exjade®­Filmtablette­eine­effektivere­ Reduktion­des­Serumferritins­als­die­Exjade®­Suspensionstablette.

Die­Ergebnisse­einer­Matched-PairAnalyse­ des­ Düsseldorfer­ MDSRegisters­ sowie­ die­ Daten­ einer­ kanadischen­ MDS-CAN-RegisterStudie­ unterstreichen,­ dass­ eine­ Chelation­ bei­ Niedrigrisiko-MDSPatienten­ mit­ einem­ deutlichen­ Überlebensvorteil­verbunden­ist. Deferasirox-Filmtabletten in neuer, gut verträglicher Formulierung

Seit­Oktober­2016­ist­der­bewährte­ Eisenchelator­ Exjade® in einer neuen­ Formulierung­ als­ Filmtablette­zur­Behandlung­der­transfusionsbedingten­ Eisenüberladung­ in­ Deutschland­ verfügbar.­ Aufgrund­ der­ langsamen­ Metabolisierung­ kann­bereits­mit­einer­einmal­täglichen­ Einnahme­ eine­ wirksame­ Chelation­erreicht­werden.­Die­gute­ Verträglichkeit­–­bedingt­durch­die­ Laktose-­und­Natriumlaurylsulfatfreie­ Formulierung­ –­ sowie­ eine­ verbesserte­ Bioverfügbarkeit­ und­ damit­reduzierte­Initialdosis­bieten­ den­Patienten­zusätzliche­Vorteile. In­ der­ randomisierten­ prospekti-

ven­ ECLIPSE-Studie­ wurden­ die­ Wirksamkeit­ und­ Sicherheit­ der­ neuen­ Deferasirox-Filmtablette­ mit­ der­ alten­ Suspensionstablette­ verglichen.­ Dabei­ zeigte­ sich­ mit­ der­ Filmtablette­ eine­ deutlich­ effektivere­ Senkung­ des­ Serumferritins­ bei­ einer­ gleichzeitig­ reduzierten­ Rate­ an­ gastrointestinalen­ Nebenwirkungen­(Abb.­1).­53­von­ 60­ Patienten,­ die­ mit­ der­ Filmtablette­ behandelt­ wurden,­ gaben­ zum­ Studienende­ an,­ diese­ Formulierung­ zu­ bevorzugen.­ Dieser­ Umstand­ spiegelte­ sich­ auch­ in­ einer­ höheren­ Therapieadhärenz­ im­Filmtabletten-Arm­während­der­ Studie­wider. Die­neue­Exjade®-Filmtablette­stellt­ eine­verbesserte­Therapieoption­für­ unbehandelte­ MDS-Patienten­ mit­ Eisenüberladung­dar,­ist­aber­ebenso­ für­ Patienten­ geeignet,­ die­ eine­ Chelation­ mit­ der­ alten­ Formulierung­ aufgrund­ von­ Unverträglichkeiten­abgebrochen­haben.­ B. S. Quelle:­Pressekonferenz­„Polycythaemia­vera­ und­ myelodysplastisches­ Syndrom:­ Ein­ Therapie-Update“,­ Hannover,­ 26.­ April­ 2017;­ Veranstalter:­Novartis­Oncology

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Protelos® (Strontiumranelat): Einstellung der Produktion ab August 2017 Das­ Unternehmen­ Servier­ stellt­ ab­ 31.­August­ 2017­ die­ Produktion­und­den­Vertrieb­von­Protelos® (Strontiumranelat­ 2­g)­ weltweit­ ein.­ Servier­ informiert­ Ärzte­ und­ Ansprechpartner­aus­dem­Gesundheitswesen­entsprechend­und­steht­ im­ Kontakt­ mit­ Beteiligten­ und­ Behörden. In­ Deutschland­ wird­ Protelos® über­August­2017­hinaus­noch­einige­Zeit­zur­Verfügung­stehen.­So­ haben­die­Ärzte­genügend­Zeit,­die­ mit­ Protelos®­ (Strontiumranelat­ 2g)­ behandelten­ Patienten­ auf­ andere­Medikamente­umzustellen. Die­ europäische­ ArzneimittelAgentur­ EMA­ (European­ Medicines­Agency)­wurde­am­10.­Februar­ 2017­über­die­Einstellung­der­Produktion­informiert.­ S. M.

Motivation zur Schlaganfallvollsorge Das­ persönliche­ Verhalten­ zum­ Wohle­ der­ eigenen­ Gesundheit­ dauerhaft­ umzustellen,­ setzt­ eine­ hohe­ Motivation­ und­ viel­ Durchhaltevermögen­ voraus.­ Für­ Menschen­mit­einem­erhöhten­Schlaganfallrisiko,­ z.B.­ aufgrund­ von­ Vorhofflimmern,­ Bluthochdruck­ oder­ Diabetes,­ ist­ eine­ dauerhafte­ Lebensstiländerung­ jedoch­ meist­ unerlässlich.­ Zur­ Unterstützung­ hat­ die­ Initiative­ Schlaganfallvorsorge­in­Zusammenarbeit­mit­dem­ Diplom-Psychologen­und­Motivationsexperten­ Rolf­ Schmiel­ eine­ Broschüre­ entwickelt,­ die­ 3­ verschiedene­ Motivationsstrategien­ beschreibt: © VERLAG PERFUSION GMBH


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WISSENSWERTES

1.­ Schnelltest:­ Ein­ Fragebogen­ hilft­dem­Leser­zunächst­dabei­ herauszufinden,­ welcher­ Persönlichkeitstyp­ er­ ist­ und­ wie­ er­ sich­ am­ besten­ motivieren­ kann.­ 2.­ Selbstmotivation:­Interessierte­ lernen­anhand­von­6­Schritten,­ die­ eigenen­ Beweggründe­ für­ eine­ Veränderung­ zu­ erkennen­ und­sich­so­selbst­zu­einem­anderen­Verhalten­zu­motivieren.­ 3.­ Motivation durch Verbündete: Wer­ besonders­ den­ Austausch­

mit­anderen­braucht,­um­sich­zu­ motivieren,­ der­ findet­ in­ dieser­ Passage­ interessante­ Tipps,­ um­ Veränderungen­ im­ Alltag­ gemeinsam­dauerhaft­zu­meistern. Zusätzlich­ werden­ die­ Motivationstipps­ in­ 5­ Kurzvideos­ anschaulich­ zusammengefasst.­ Die­ Broschüre­kann­über­die­Webseite­ https://www.schlaganfall-verhindern.de/service/downloadmaterial/­ heruntergeladen­bzw.­bestellt­werden.­ E. W.

Titelbild:­©­Fotolia.

Herausgeber: Prof.­Dr.­med.­Karl-Ludwig­Resch,­FBK­ Deutsches­Institut­für­Gesundheitsforschung­gGmbH,­Kirchstraße­8,­08645­ Bad­Elster Univ.-Prof.­Dr.­med.­Hermann­Eichstädt,­ Leiter­Bereich­Kardiologie­RZP­Potsdam­ und­Geschäftsführer­BBGK­e.V.­Berlin Konstanzer­Straße­61 10707­Berlin Wissenschaftlicher Beirat: Prof.­Dr.­M.­Alexander, Infektiologie,­Berlin Prof.­Dr.­L.­Beck, Gynäkologie,­Düsseldorf Prof.­Dr.­Berndt, Innere­Medizin,­Berlin Prof.­Dr.­H.-K.­Breddin, Innere­Medizin,­Frankfurt/Main Prof.­Dr.­K.­M.­Einhäupl, Neurologie,­Berlin Prof.­Dr.­E.­Erdmann, Kardiologie,­Köln Prof.­Dr.­Dr.­med.­E.­Ernst, University­of­Exeter,­UK Prof.­Dr.­K.­Falke, Anästhesiologie,­Berlin Prof.­Dr.­K.­Federlin, Innere­Medizin,­Gießen Prof.­Dr.­E.­Gerlach, Physiologie,­München Prof.­Dr.­H.­Helge, Kinderheilkunde,­Berlin Prof.­Dr.­R.­Herrmann, Onkologie,­Basel Prof.­Dr.­W.­Jonat, Gynäkologie,­Hamburg Prof.­Dr.­H.­Kewitz, Klin.­Pharmakol.­Berlin Prof.­Dr.­B.­Lemmer, Pharmakologie,­Mannheim/Heidelberg

Prof.­Dr.­med.­R.­Lorenz, Neurochirurgie,­Frankfurt Prof­Dr.­J.­Mann, Nephrologie,­München Dr.­med.­Veselin­Mitrovic, Kardiologie,­Klinische Pharmakologie,­Bad­Nauheim Prof.­Dr.­R.­Nagel, Urologie,­Berlin Prof.­Dr.­E.-A.­Noack, Pharmakologie,­Düsseldorf Prof.­Dr.­P.­Ostendorf, Hämatologie,­Hamburg Prof.­Dr.­Th.­Philipp, Innere­Medizin,­Essen Priv.-Doz.­Dr.­med.­B.­Richter, Ernährung­–­Stoffwechsel,­Düsseldorf Prof.­Dr.­H.­Rieger, Angiologie,­Aachen Prof.­Dr.­H.­Roskamm, Kardiologie,­Bad­Krozingen Prof.­Dr.­E.­Rüther, Psychiatrie,­Göttingen Prof.­Dr.­med.­A.­Schrey, Pharmakologie,­Düsseldorf Dr.­Dr.­med.­C.­Sieger, Gesundheitspolitik­u.­Gesundheitsökonomie,­München Prof.­Dr.­E.­Standl, Innere­Medizin,­München Prof.­Dr.­W.­T.­Ulmer, Pulmologie,­Bochum

Schriftleitung: Prof.­Dr.­med.­Karl-Ludwig­Resch,­FBK­ Deutsches­Institut­für­Gesundheitsforschung­gGmbH,­Kirchstraße­8,­ 08645­Bad­Elster Telefon:­037437­557-0 Bibliothek:­037437­2214­[Library] E-Mail­DIG:­info@d-i-g.org E-Mail­persönlich:­k.l.resch@d-i-g.org

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2017 · 26. JAHRGANG

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Langzeitprophylaxe der Hepatischen Enzephalopathie (HE)

Das HE-Risiko kennt keine Pause – auch nicht zu Hause Setzen Sie beim HE-Management einen neuen Standard XIFAXAN® 550 mg • reduziert effektiv das Auftreten wiederkehrender HE-Episoden #, 2 • verbessert die Alltagstauglichkeit * Ihrer Patienten und schützt vor zunehmender Verschlechterung der kognitiven Funktionen 3, 4 • ist gut verträglich, auch in der Langzeitanwendung – mit hoher Compliance #, §, 2, 5

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Stand 01 / 2017, DE/XIF5/1116/0808a

Û Health-related quality of life (HRQoL) / # Bass et al.: 91 % der Patienten in beiden Behandlungsarmen erhielten als Begleitmedikation Lactulose. / § Mullen et al.: 89,8 % der Patienten erhielten als Begleitmedikation Lactulose. / 1. XIFAXAN® 550 mg Fachinformation, Stand: Juli 2016. / 2. Bass NM, et al. N Engl J Med 2010; 362(12): 1071 – 1081. / 3. Sanyal A et al. Aliment Pharmacol Ther 2011; 34(8): 853 – 61. / 4. Sidhu S, et al. Am J Gastroenterol 2011; 106(2): 307 – 316. / 5. Mullen KD, et al. Clin Gastroenterol Hepatol 2014; 12(8): 1390 – 1397. XIFAXAN® 550 mg Filmtabletten. Zusammensetzung: Rifaximin 550 mg. Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Poly(O-carboxymethyl) stärke, Natriumsalz, Glyceroldistearat (Ph. Eur.), Hochdisperses Siliciumdioxid, Talkum, Mikrokristalline Cellulose, Filmüberzug Opadry OY-S-34907: Hypromellose, Titandioxid (E171), Natriumedetat (Ph. Eur.), Propylenglycol, Eisen(III)-oxid (E172). Anwendungsgebiete: Xifaxan 550 mg Filmtabletten sind zur Verminderung des Wiederauftretens von Episoden einer manifesten hepatischen Enzephalopathie bei Patienten ≥ 18 Jahren indiziert. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Rifaximin, Rifamycin-Derivate oder einen der sonstigen Bestandteile, intestinale Obstruktion. Nebenwirkungen: Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems: Anämie, Thrombozytopenie. Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts: Aszites, Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch, Bauchschmerzen, Ösophagusvarizenblutung, Mundtrockenheit, Magenbeschwerden, abdominale Aufblähung, Diarrhö, Obstipation. Infektionen und parasitäre Erkrankungen: Clostridien-Infektion, Harnwegsinfektion, Candidiasis, Pneumonie, Zellulitis, Infektionen der oberen Atemwege, Rhinitis. Stoffwechsel und Ernährungsstörungen: Anorexie, Hyperkaliämie, Dehydratation. Psychiatrische Erkrankungen: Depression, Verwirrtheitszustand, Angstgefühl, Hypersomnie, Insomnie. Erkrankungen des Nervensystems: Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, Gleichgewichtsstörungen, Amnesie, Konvulsion, Aufmerksamkeitsstörungen, Hypästhesie, Gedächtnisstörungen. Gefäßerkrankungen: Hitzewallungen, Hypertonie, Hypotonie, Präsynkope, Synkope. Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und des Mediastinums: Dyspnoe, Pleuraerguss, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung. Leber- und Gallenerkrankungen: Leberfunktionstests verändert. Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes: Ausschläge, Pruritus, Dermatitis, Ekzem. Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen: Muskelspasmen, Arthralgie, Myalgie, Rückenschmerz. Erkrankungen der Nieren und Harnwege: Dysurie, Pollakisurie, Proteinurie. Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort: Ödem peripher, Ödem, Pyrexie, Asthenie. Untersuchungen: INR-Wert verändert. Verletzung, Vergiftung und durch Eingriffe bedingte Komplikationen: Sturz, Kontusionen, Schmerzen während / nach Eingriffen. Handelsformen: Blisterpackungen aus PVC-PE-PVDC / Aluminiumfolie in Faltschachteln mit 28 oder 56 Filmtabletten. Verschreibungspflichtig. Stand: 07 / 2016 Produkt unter Lizenz von Alfa Wassermann S.p.A. XIFAXAN ist eine eingetragene Marke der Alfa Wassermann Unternehmensgruppe, lizenziert an die Norgine-Unternehmensgruppe. NORGINE und das Norgine-Segel sind eingetragene Marken der Norgine Unternehmensgruppe. Norgine GmbH, Postfach 1840, D-35007 Marburg, Telefon: 06421 / 98 52 0, Fax: 06421 / 98 52 30, Internet: www.norgine.de, E-Mail: info@norgine.de


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