ISSN 1432-4334 JAHRGANG 29 HEFT 4 August 2020
FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE
JOURNAL OF PHARMACOLOGY AND THERAPY
Sauna gegen SARS-CoV-2: Vielfältig wirksam und besonders sicher Transfusionsabhängige Anämie: Erythrozyten-Reifungs-Aktivator Luspatercept senkt den Bedarf an Erythrozytenkonzentraten Endogenes Cushing-Syndrom: Cortisol-Synthesehemmer Osilodrostat eröffnet neue Therapiemöglichkeiten Metastasiertes HER2-positives Mammakarzinom: „Antibody Engineering“ und Antikörper-Wirkstoff-Konjugate für neue Therapieoptionen Cemiplimab beim fortgeschrittenen kutanen Plattenepithelkarzinom: Studien-Update bestätigt dauerhaftes Ansprechen und hohe Vollremissionsraten Akute myeloische Leukämie: Hedgehog-Signalweg-Inhibitor Glasdegib kann Überleben „unfitter“ AML-Patienten verlängern Risankizumab überzeugt bei der Therapie der Plaque-Psoriasis
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Mit wegweisenden Therapien komplexen Erkrankungen begegnen.
2002_AUB_B – GZDE.AUBA.20.03.185
Zuversichtlich nach vorne blicken
EDITORIAL
„Bakterien, Bakterien – Tun sich oft stark vermehrien“. Formal ist dieser Zweizeiler ein Reim, ein Synonym für das dazu gehörende Verbum reimen ist dichten. Bin ich mit dem Verfassen eines Reims zum Dichter geworden? Natürlich nicht! Bestenfalls habe ich für einen Moment die Tätigkeit des Dichtens ausgeübt. Dafür sieht die deutsche Grammatik das Partizip Präsens Aktiv vor: Ich war also eine Zeitlang ein das Dichten Ausübender, also ein Dichtender. Wenn ich einkaufe, dann bin ich ein Einkaufender, wenn ich etwas anpinsele ein Malender. Wieso also der in letzter Zeit zunehmend ausufernde Gebrauch einer grammatikalischen Form, die grammatikalisch ganz eindeutig eine temporäre Tätigkeit ohne irgendwelche Vorbedingungen, Voraussetzungen, Verantwortlichkeiten beschreibt? Weil die deutsche Grammatik für viele der Begriffe, die die dauerhafte, professionelle, kompetente oder begnadete Ausübung, die Identifikation mit einer Tätigkeit signalisieren, in der Form des (grammatikalisch!) männlichen Geschlechts daherkommt, wenn es sich nicht wie oben um Tätigkeiten, sondern um Persönlichkeits-, Kompetenz- oder Wesensmerkmale handelt: ein Dichter, ein Einkäufer, ein Maler … Ich habe 6 Jahre studiert und dieses Studium nachweislich erfolgreich abgeschlossen und deshalb die ärztliche Approbation bekommen, eine Lizenz weit über die fallweise Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit („Verarztender“) hinaus, zur jahrzehntelangen kontinuierlichen Ausübung eines Berufs. Ich habe viele weitere Jahre harte Arbeit in die wissenschaftliche Qualifizierung investiert. Der erfolgreiche Abschluss der Habilitation ging einher mit der Venia legendi, der Lehrbefugnis. Ich habe seither das mir Angeeignete weiterentwickelt und übe seit Jahrzehnten meinen Beruf im Bereich der Wissenschaft und Forschung aus. Wir alle, die diesen langen Weg gegangen sind, mögen im Supermarkt einkaufen gehen, als Einkaufende (ohne besondere Qualifikation), in der Badewanne singen (ohne besondere Qualifikation) oder bei einem
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Genderwahn: Von Labernden und Laberern Radrennen zuschauen (ohne besondere Qualifikation). Ja, wir mögen Einkaufende sein, Singende oder Zuschauende, aber nein, wir sind keine Verarztenden, sondern Ärzte, keine Lehrenden, sondern Lehrer, keine Wissenschaftelnden, sondern Wissenschaftler und keine Forschenden, sondern Forscher. Qualifikation hat kein Geschlecht! Qualifikation hat auch keine Hautfarbe oder Haarfarbe und keine Landsmannschaft. Darum ist es auch keine Lösung, konsistent den Sprach- oder Lesefluss zu torpedieren, nur um redundant und penetrant immer dann, wenn es um eine bestimmte Qualifikation geht, für diese willkürlich die grammatikalische Form für zwei ausgewählte Arten von Merkmalsträgern zu verwenden, nämlich Merkmalsträger des weiblichen bzw. des männlichen Geschlechts, wie es z.B. die Helmholtzgesellschaft auf ihren Internetseiten zu tun pflegt. Wo bleiben da die Diversen, wo die Ethnien, wo die Landsmannschaft? Wäre etwas gewonnen, wenn wir dafür z.B. weitere Zeichen verwenden würden, etwa t für divers, | für die Gesamtheit aller Ethnien und ¤ für alle West-, Nord-, Ost- und Süddeutschen zusammen? Wenn wir also von ForscherÜt|¤innen, LehrerÜt|¤innen oder ÄrztÜt|¤ innen sprechen würden? Als ich vor über 50 Jahren in einem oberbayerischen Gymnasium die Schulbank drückte, gab es eine klare und überschaubare Zweiklassengesellschaft in der Klasse: Bayern und Preußen, wobei Preußen damals ein Sammelbegriff und Synonym für Nichteingeborene allgemein und insbesondere für Norddeutsche war. Heute erlebe ich, dass es so belanglos geworden ist, ob ein Mitmensch aus Köln oder Hamburg (oder tatsächlich aus Berlin) kommt, dass die beschriebene vormalige Bayern-
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Prof. Dr. med. K.-L. Resch, Bad Elster
Preußen-Dichotomie sich höchstens noch in zweitklassiger Folklore wiederfindet. Insofern lassen sich die aktuellen, immer krampfhafteren Bemühungen der praktischen Implementierung des §3(3) unseres Grundgesetzes („Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“) durch Menschen mit einem bestimmten Merkmal gemäß §3(3) wie z.B. Feministinnen und Feministen (oder etwa Feministende) wohl am ehesten als Resultat der Tatsache interpretieren, dass das Grundgesetz offensichtlich in den Köpfen und Herzen dieser Menschen in Deutschland nicht richtig angekommen ist. Auch in der deutschen Sprache gibt es genügend Beispiele dafür, dass wir für die Beschreibung von wesentlichen grundlegenden Eigenschaften Begriffe verwenden, bei denen das © VERLAG PERFUSION GMBH
INHALT
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grammatikalische Geschlecht des Substantivs ohne Bedeutung für das Geschlecht der Merkmalsträger ist: Der Mensch braucht keine Menschin, damit die Würde aller Geschlechter unantastbar ist (Grundgesetz, Artikel 1), der Gast braucht keine Gästin, damit Gastfreundschaft für alle Menschen gleich ist. Die Person braucht keinen „Personerich“, damit nicht nur Frauen gemeint sind. Und vor allem braucht es keine Menschenden, keine Gästenden und keine Personenden. Was es braucht, ist ein ideologiefreies Gefühl für unsere Sprache, die bestens ohne eine Spezifizierung verschiedener Subspezies von Trägern eines Merkmals auskommt, wenn man nur frühzeitig den richtigen Gebrauch der Sprache trainiert. Arzt ist eben kein Begriff, der nur Merkmalsträger eines bestimmten Geschlechts beschreibt, Arzt ist eine Fähigkeit, die jeder Patient als Mensch mit einem konkreten Anliegen erwarten darf und muss, unabhängig vom Geschlecht des Arztes oder Patienten. Wir sollten uns deshalb ideologiefrei (bewusste Wiederholung einer essenziellen Wesenseigenschaft) als Menschen emanzipieren. Wir würden damit unser Zusammenleben positiv revolutionieren und ein elementares Stück kommunikativer Ausdruckskraft und -präzision zurückgewinnen, die eigentlich der deutschen Sprache innewohnen. Warum sollte, was im Englischen so gut funktioniert (singing = singt gerade, singer = Sänger ohne Festlegung auf das Geschlecht, die Hautfarbe, die sexuelle Orientierung, den Glauben und alle anderen spezifischen Merkmale eines konkreten Merkmalsträgers), nicht auch bei uns funktionieren? Wäre ich heute Student, würde ich darum kämpfen, nicht als „Studierender“ marginalisiert zu werden. Denn: Alle Studenten sind Studierende, aber längst nicht alle Studierenden sind Studenten! Umgekehrt: Labernde sind wir wohl alle irgendwann einmal, aber hoffentlich nie Laberer! Karl-Ludwig Resch, Bad Elster
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS Transfusionsabhängige Anämie: Erythrozyten-Reifungs-Aktivator Luspatercept senkt den Bedarf an Erythrozytenkonzentraten
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Endogenes Cushing-Syndrom: Cortisol-Synthesehemmer Osilodrostat eröffnet neue Therapiemöglichkeiten
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL Metastasiertes HER2-positives Mammakarzinom: „Antibody Engineering“ und Antikörper-WirkstoffKonjugate für neue Therapieoptionen
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Cemiplimab beim fortgeschrittenen kutanen Plattenepithelkarzinom: Studien-Update bestätigt dauerhaftes Ansprechen und hohe Vollremissionsraten 125 Akute myeloische Leukämie: Hedgehog-SignalwegInhibitor Glasdegib kann Überleben „unfitter“ AML-Patienten verlängern
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Risankizumab überzeugt bei der Therapie der Plaque-Psoriasis 130
RUBRIKEN Wissenswertes 114, 122, 136 Kongresse 131
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ZUSAMMENFASSUNG Das typische Klima in einem Saunaraum (Temperaturbereich 80 – 90 °C) bewirkt eine schnelle und zuverlässige Inaktivierung von COVID-19 auslösenden Viren in der wichtigsten Region ihrer Manifestation, dem NasenRachen-Raum, und verbessert die lokalen Bedingungen für die spontane Aktivität des angeborenen Immunsystems. Auch in der Raumluft (Aerosole) und auf Oberflächen (infektiöse Tröpfchen) werden in der Sauna eventuell vorhandene Viren viel schneller inaktiviert als in jedem anderen Raum, in dem sich Menschen aufhalten. Regelmäßiges Saunieren trainiert überdies unterschiedliche Anteile des Immunsystems und kann deshalb wohl das individuelle Risiko, an COVID-19 zu erkranken, spürbar senken. Schlüsselwörter: COVID-19, Coronavirus, SARS-CoV-2, Inaktivierung, Sauna, Immunsystem, Prävention
Sauna gegen SARS-CoV-2: Vielfältig wirksam und besonders sicher Karl-Ludwig Resch Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Bad Elster
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eit Anfang 2020 breitet sich ein neuartiges Coronavirus über die ganze Welt aus und die COVID-19-Pandemie bestimmt spätestens seit März in teilweise dramatischem Ausmaß alle Bereiche des Lebens. Die „neuen Coronaviren“ (SARS-CoV-2) sind den Viren, die im Jahr 2003 eine Epidemie ausgelöst haben (SARSCoV-1) , mit ca. 80 % Übereinstimmung im „Bauplan“ sehr ähnlich [1]. Deshalb orientieren sich viele Empfehlungen aktuell vor allem an Erkenntnissen, die mit SARSCoV-1 gemacht wurden. Täglich mehrt sich aber das Wissen um SARS-CoV-2, täglich publizieren Wissenschaftler Erkenntnisse, die sie direkt im Rahmen der Behandlung aktueller Corona-Patienten gemacht haben bzw. aus den weltweiten, immer engmaschiger werdenden Beobachtungen ableiten können. Die derzeit weltweit wichtigste Strategie ist es, darauf hinzuwirken, dass sich so wenige Menschen wie möglich anstecken, vor allem, damit nicht zu viele Menschen gleichzeitig krank werden und die Behandlungskapazitäten nicht mehr ausreichen, aber auch, weil uns jeder Tag einen Tag näher an eine die Viren direkt erfolgreich bekämpfende Therapie bzw. eine wirksame Schutzimpfung bringt. Zu Hause bleiben bzw. in der Öf-
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fentlichkeit gehörigen Abstand zu anderen Menschen einhalten soll verhindern, dass man Viren einatmet und sich so mit der Krankheit ansteckt. Ergänzend soll das Desinfizieren von Flächen und gründliches Händewaschen bewirken, dass man im Falle eines Kontaktes die Anzahl der Viren möglichst stark reduziert, um die Chancen zu vergrößern, dass der Körper und dessen Immunsystem mit den dann eventuell noch übrig gebliebenen restlichen Viren klar kommt. Als zentrales Instrument der Minimierung von Kontakten wurden im Frühjahr dieses Jahres Einzelhandelsgeschäfte, Schulen, Behörden und viele andere Einrichtungen temporär geschlossen (sog. „Lockdown“), darunter auch öffentliche Bäder und Saunen. Dabei blieben Überlegungen zu deren bekannten und anerkannten gesundheitsfördernden Effekten bis heute außen vor. Im Folgenden soll näher beleuchtet werden, inwieweit die Schließungen insbesondere von öffentlichen Saunen und die seither fortbestehenden Restriktionen im Betrieb wissenschaftlich gerechtfertigt sind. Das Hauptaugenmerk gilt dabei einerseits dem unmittelbaren Risiko einer Ansteckung bei einem Besuch und andererseits den möglichen Potenzialen, die mit regelmäßigem Saunieren assoziiert sind. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Ganzkörperhyperthermie und COVID-19
Widerstandsfähigkeit (Tenazität) von SARS-CoV-2
Das Leben auf unserem Planeten hat zwei offensichtliche Quantensprünge der Evolution vollzogen, nämlich die Eroberung des Landes und die Entwicklung der Homöothermie, also die Aufrechterhaltung einer konstanten Körpertemperatur. Sogenannte Warmblüter können einerseits in weiten Grenzen unabhängig von der aktuellen Außentemperatur konstant schnell auf äußere Einflüsse wie z.B. Bedrohungen reagieren und haben andererseits im Vergleich zu wechselwarmen Lebensformen einen ungleich effizienteren Stoffwechsel, der wesentlich durch Enzyme mit einer auf die Körpertemperatur der jeweiligen Spezies optimierten Reaktionstemperatur bestimmt wird [2]. Die Bedeutung der Homöothermie wird auch dadurch nachvollziehbar, dass es sich bei der Thermoregulation wohl um einen der vielschichtigsten und komplexesten autoregulativen Regelkreise im Körper handelt [3]. Durch geringe Erhöhungen dieser Regeltemperatur („Fieber“) können viele metabolische Prozesse zudem massiv beschleunigt werden bei gleichzeitigem Anstieg der Durchblutung, womit der Körper z.B. gegenüber eindringenden Pathogenen einen zusätzlichen Vorteil realisieren kann. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus nachvollziehbar, dass bereits im Frühjahr dieses Jahres bei Überlegungen zur Vorsorge und Therapie von COVID-19 der mögliche Nutzen eines thermotherapeutischen Ansatzes ins Spiel gebracht wurde [4]. Der dabei am nächsten liegende Aspekt ist sicherlich die Temperaturempfindlichkeit der Viren selbst.
Zunächst ist zu bedenken, dass ein Großteil der aktuellen Untersuchungen keine Rückschlüsse auf die Infektiosität bzw. Tenazität der SARS-CoV-2-Viren ziehen lässt. Im zentralen Dokument des Robert-Koch-Instituts (RKI), dem „SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)“ [5], findet sich zwar an mehreren Stellen der Hinweis, dass für einen Rückschluss auf das Vorhandensein tatsächlich infektiöser Viren kaum aussagekräftige Studien vorliegen (vgl. z.B.: „In mehreren Untersuchungen wurde SARS-CoV-2-RNA auf verschiedenen Flächen in der Umgebung von COVID-19-Patienten gefunden. In keinem Fall gelang bisher die Anzucht des Virus, sodass nicht geklärt ist, ob das Virus von diesen realen Flächen übertragen werden kann“), doch geht das, da nicht wirklich nachvollziehbar erklärt, wohl regelhaft unter. Tatsache ist, dass Analyseverfahren zum Nachweis von SARS-CoV-2 erst seit Anfang 2020 entwickelt werden konnten [6]. Das derzeit mit Abstand am häufigsten angewendete Verfahren, die ReverseTranskriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR), verdoppelt mit jedem Schritt die Menge von für SARS-CoV-2 spezifischen RNAFragmenten und wird als positiv interpretiert, wenn nach weniger als einer vorgegebenen Anzahl von Verdoppelungen, typischerweise z.B. Ct (threshold cycle) <24 ein Farbumschlag das Vorhandensein von Virus-RNA anzeigt [7, 8]. Das Verfahren erfordert im Rahmen der Vorbereitung der Proben u.a. einen thermischen Aufschluss der Viren, also die Zerstörung von Hülle und infektiösen Spikes, und
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SUMMARY The typical climate of a sauna with temperatures in the range of 80° to 90 °Celsius is responsible for a rapid and reliable inactivation of viruses causing COVID-19 in the most important area of manifestation, the nose and throat, and an instantaneous improvement of local conditions for the innate immune system to fight the virus. In addition, in case of viable viruses being present in aerosols or on fomites, inactivation will happen faster than in any other indoor environment where persons may stay. Eventually, sauna bathing on a regular basis has been shown to train various components of the immune system and may thus significantly lower the individual risk of getting COVID-19. Keywords: COVID-19, coronavirus, SARS-CoV-2, inactivation, sauna bathing, immune system, prevention
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lässt deshalb einen Rückschluss auf das Vorhandensein infektiöser Viren nicht zu. Bei Abstrichen aus Nase und Rachen kann immerhin logisch gefolgert werden, dass identifizierte RNA-Fragmente mit großer Wahrscheinlichkeit von infektiösen Viren stammen müssten, da sich Virusfragmente bzw. RNAFragmente dort nur sehr kurz würden halten können. Außerhalb des menschlichen Körpers setzt der Nachweis infektiöser Viren die Anzucht derselben in einer spezifisch dafür geeigneten Zellkultur voraus. Entsprechende Zellkulturen sind zwar inzwischen entwickelt worden, der Test kann aber nur von wenigen Speziallabors durchgeführt werden. Ein wenig weiter hilft eine Studie, die schon im März dieses Jahres veröffentlicht wurde [9] und in der gezeigt wurde, dass die Tenazität von SARS-CoV-2 ziemlich ähnlich der von SARS-CoV-1 ist, für die es eine Reihe von entsprechenden Untersuchungen gibt. Demnach können infektiöse SARS-CoV-2-Viren außerhalb des Körpers in Aerosolen bis zu 3 Stunden, auf Kupfer bis zu 4 Stunden, auf Karton bis zu 24 Stunden und auf Kunststoff und Edelstahl bis zu 2 – 3 Tage nachgewiesen werden [10]. Sie verhielten sich in diesen Untersuchungen sehr ähnlich wie SARS-CoV-1-Viren, die laut WHO sehr widerstandsfähig gegen kühle Temperaturen sind, da sie bei +4 °C genauso wie bei –80 °C noch nach 3 Wochen nahezu unverändert nachweisbar waren [11]. Andere Untersuchungen ergaben, dass getrocknete SARSCoV-1-Viren bei Raumtemperatur wenigstens 2 Wochen, in einer Flüssigkeit sogar 3 Wochen überleben können [12]. Erheblich weniger stabil sind SARS-Viren gegenüber Wärme [12]. Es reichen schon 38 °C, dass
die Viren innerhalb von Stunden massiv weniger infektiös werden, insbesondere bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit, und schon 15 Minuten bei 56 °C machen ihnen zuverlässig den Garaus [12]. Eine aktuelle, umfassende Analyse wohl aller existierenden Studien zur Hitzestabilität von SARS-CoV-Viren weist eine Verringerung um 4 log10 (das entspricht 99,99 %) der ursprünglich vorhandenen Viruspartikel bei einer Expositionstemperatur von 60 °C für 30 Minuten, 65 °C für 15 Minuten bzw. 80 °C für 1 Minute [13] aus. Eine weitere, soeben publizierte experimentelle Studie zur Thermosensitivität auf Oberflächen bestätigt diese Erkenntnis voll umfänglich, wenn man die dortigen Untersuchungsansätze auf 65 °C bzw. 80 °C extrapoliert [14]. Diese Thermosensitivität könnte man sich zu Nutze machen, um sich vor den Viren zu schützen bzw. ihnen die Vermehrung im Körper möglichst schwer zu machen. Wärme als „Desinfektionsmittel“
Oftmals wäre das Inaktivieren von Viren durch Wärme wesentlich schonender für den Anwender, die Umwelt, aber auch das möglicherweise kontaminierte Material als die Desinfektion mit chemischen Mitteln. Glücklich, wer zu Hause dafür ein geeignetes Gerät hat – eine Sauna: Textilien und alle Gegenstände, die möglicherweise (z.B. beim Einkaufen, Spazieren gehen etc.) mit Viren in Berührung gekommen sein könnten, lassen sich in einer mäßig warmen Sauna (z.B. bei 60 – 70 °C) innerhalb etwa einer Stunde zuverlässig komplett virenfrei machen [15]. Noch viel schneller sinkt die Virenkonzentra-
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tion um einen Faktor von 1000 bis 10000 [13], was die Gefahr einer Infektion bereits massiv verringert. Diese Überlegungen gelten natürlich auch für das Saunieren selbst. Dabei ist grundsätzlich eine Übertragung durch einen infektiösen Saunagänger denkbar, sei es durch Tröpfchen (definiert als Partikel mit einer Größe von mindestens 5 – 10 µm, typischerweise aber eher größer als 50 µm) oder durch Aerosole (definiert als Partikel mit einer Größe von unter 5 µm, typischerweise um 1 µm oder kleiner). Ein Vergleich mit den Viren selbst (Größe ca. 0,1 µm) macht klar, dass Aerosolpartikel im Gegensatz zu Tröpfchen ggf. eher wenige Viren enthalten können. Umgekehrt sinken schon Tröpfchen mit mittlerer Größe in unmittelbarer Nähe des Emittenten innerhalb von 1 – 2 Sekunden zu Boden [16], während Aerosolpartikel wohl über Stunden in der Luft schweben [17, 18] und sich deshalb in geschlossenen Räumen sukzessive anreichern können (vgl. Abb. 1) [19]. Daraus lässt sich übrigens auch ableiten, warum im Juni mehr als 200 Wissenschaftler in einem Appell an die WHO forderten, dass die Aerosolproblematik gegenüber dem Tröpfcheninfektion nicht weiter sträflich vernachlässigt werden sollte [20]. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die typischen großen Tröpfchen (abgesehen von lautem Sprechen oder Singen, was gerade in der Sauna mehr als unüblich ist) vornehmlich beim Husten und Niesen, also nur bei Menschen mit deutlichen Symptomen in Nase und/oder Rachen entstehen. In Anbetracht der inzwischen zunehmend verlässlichen Evidenz, dass auf einen infektiösen Menschen mit deutlichen Symptomen 5 – 10 (oder sogar noch mehr) asymptomatische Virusträger kommen [21, © VERLAG PERFUSION GMBH
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besteht als etwa in Bussen und Bahnen oder bei den inzwischen sukzessive wieder zugelassenen (kulturellen) Veranstaltungen in geschlossenen Räumen. Wärme gegen SARS-CoV-2 in Nase und Rachen Virenhaltige Tröpfchen: groß
klein
Abbildung 1: In geschlossenen Räumen sinken größere virenhaltige Tröpfchen nahe am Emissionspunkt zu Boden (Tröpfchenübertragung), während kleinere virenhaltige Partikel mehrere Meter lange Strecken in der Luft zurücklegen können (Aerosolübertragung) [19].
22, 23], bekommen Überlegungen zum Risiko, das von Aerosolen ausgeht, die beim ganz normalen Atmen entstehen und infektiöse Virus partikel enthalten, zunehmend Bedeutung. Während in „normalen“ Räumen die Dynamik der Veränderungen von Aerosolpartikeln und Tröpfchen hoch komplex ist (Anlagerung und Kondensation einerseits und Schrumpfen durch Austrocknung andererseits), gibt es insbesondere in der trocken-heißen finnischen Sauna nur eine Richtung: schnelle Inaktivierung von Tröpfchen wie von Aerosolen durch die hohen Temperaturen – wesentlich schneller als in irgendeinem anderen „geschlossenen“ Raum, in dem Menschen sich aufhalten. Zudem ist die Aufenthaltsdauer regelhaft auf etwa 10 bis maximal 15 Minuten begrenzt, sodass sich sowohl für die Emittierung von infektiösen Partikeln wie auch für deren Aufnahme wesentlich weniger günstige Bedingungen ergeben als in anderen geschlossenen Räumen. Eine Zeitspanne von 15 Minuten potenzieller Exposition ist übrigens u.a. in der Funktion der Corona-App als unteres Limit einer möglichen Gefährdung (in einem beliebigen Umfeld) festgelegt [24].
Möglichen Bedenken gegen Aufgüsse in der Sauna ist entgegenzuhalten, dass es in der Literatur kein einziges nachvollziehbares Gegenargument und weder direkte noch mittelbare evidenzbasierte Fakten für ein relevantes zusätzliches Risiko gibt. Abgesehen davon, dass im Rahmen eines Aufgusses Wasserdampf mit über 100 °C produziert wird und dadurch im Aufgussmedium eventuell enthaltene Viren (wofür sich selbst keine einigermaßen logische Erklärung finden lässt) wohl augenblicklich nicht nur inaktiviert, sondern zerstört würden, gibt es auch kein sachlich begründetes Argument gegen das übliche konsekutive „Verwedeln“ des heißen Wasserdampfs. Steriler Wasserdampf selbst kann durch Verwedeln grundsätzlich nicht infektiös werden, und die permanent hohe Temperatur sorgt, wofür es eine ganze Reihe von seriösen experimentellen Belegen gibt, selbst für den Fall der Anwesenheit einer infektiösen Person für eine schnelle Inaktivierung der Viren sowohl in der Luft (Aerosol) als auch auf den Oberflächen. Damit ist davon auszugehen, dass selbst bei Aufgüssen mit konsekutivem Verwedeln ein deutlich bis erheblich geringeres Infektionsrisiko
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Im Laufe der Evolution haben sich zwei Mechanismen herausgebildet, die dafür sorgen, dass kleine und kleinste Fremdkörper beim Einatmen daran gehindert werden, tief in die Lungen einzudringen. Zum einen produzieren Becherzellen eine ca. 50 µm starke Schleimschicht, in der solche Teilchen gefangen werden, zum anderen sorgen Zilien dafür, dass dieser Schleim kontinuierlich in Richtung Rachen transportiert und von dort aus durch Husten, Niesen oder Verschlucken unschädlich gemacht wird [25]. Größere Teilchen, z.B. kondensierende Tropfen, in der Atemluft werden bereits von den Härchen in der Nase abgefangen. Zellen des angeborenen Immunsystems agieren als eine erste, unspezifische Immunbarriere. Warme und feuchte Luft unterstützt diese Funktionen [26, 27, 28]. SARS-CoV-2-Viren vermehren sich – wie Grippeviren auch – vornehmlich im Rachen und Halsbereich [29]. Dort dringen sie in die Zellen der Schleimhaut ein und zwingen diese dazu, massenhaft neue Viren zu bilden und freizusetzen. Untersuchungen aus China zeigen, dass bei Menschen mit besonders schwerem Krankheitsverlauf die Virenkonzentration in den ersten Abstrichen gut 50-mal höher war als bei Menschen, die nur leicht erkrankten und bei denen das Virus auch für einen wesentlich kürzeren Zeitraum im Test nachgewiesen werden konnte [30]. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Die wärmeempfindlichen Viren lassen sich deshalb gerade in den Bereichen der Atemwege besonders gut und effektiv bekämpfen, die man mit äußerlich zugeführter Wärme noch gut erreichen kann: die oberen Atemwege. Schon 2006 wurde in einer finnischen Übersichtsarbeit darauf hingewiesen, dass „keine Gefahr besteht, infektiöse Mikroorganismen zu inhalieren“, wenn die Temperatur in der Sauna hoch genug ist (80°– 90 °C) [31]. Diese allgemein gehaltene Aussage schließt definitiv Coronaviren ein, die zu den am wenigsten widerstandsfähigen „Mikroorganismen“ zählen (vgl. Abb. 2), weil Viren im Gegensatz zu Bakterien grundsätzlich nicht fähig zur Selbstreparatur sind und weil Coronaviren als behüllte Viren eine besonders wenig robuste Lipidmembran besitzen [32], die komplexe dreidimensionale Struktur der Spikes schon durch relativ wenig aggressive physikalische und chemische Einwirkungen verändert wird [33] und auch die viralen Nukleokapsidproteine auffällig wenig stabil sind [34]. Neben Heißgetränken wie Tee (insbesondere mit ätherischen Ölen und anderen antiviral wirksamen Substanzen pflanzlichen Ursprungs), Kaffee, Suppe etc. ist hier vor allem die Sauna eine echte Geheimwaffe. Die Logik des gezielten Einsatzes von erwärmter Luft als therapeutischem Ansatz gegen COVID-19 hat bemerkenswerterweise Wissenschaftler der Klinik für orthopädische Chirurgie einer amerikanischen Universität inspiriert, einen Prototyp einer „Micro-Sauna“ zu entwickeln, der „auf 80 – 90 °C erhitzte Luft in einer sicheren und verträglichen Weise abgibt“ [35]. Für die Sauna gilt: Die Wärmeexposition sollte möglichst häu-
Prionen Bakteriensporen Protozoen-Dauerstadien/-Oozysten
Mykobakterien, unbehüllte Viren
Pilze
Vegetative Bakterien Viren mit Lipidhüllen
Abbildung 2: Abnehmende Resistenz von Mikroorganismen gegenüber Desinfektionsmitteln [36].
fig und möglichst lange erfolgen. Letzteres gelingt am besten, wenn die Temperatur relativ niedrig eingestellt wird, da dann die Überwärmung langsamer verläuft. Es genügen wohl schon 60 – 70 °C. Mit zunehmender Temperatur reicht die Wirkung weiter in die oberen Atemwege hinein, allerdings verringert sich dann die gut zu ertragende Zeitdauer der Exposition. Besonders vorsichtig sollte allerdings sein, wer bereits Symptome eines Atemwegsinfekts verspürt oder gar (leichtes) Fieber hat, denn da tut sich der Körper möglicherweise schwer mit einer „gesunden“ Gegenregulation, insbesondere wenn er nicht durch regelmäßiges Saunieren bereits gelernt hat, mit hohen Temperaturen positiv umzugehen. Prolongateffekte regelmäßiger thermischer Stimuli
Es ist schon lange empirisch bekannt [37, 38] und durch Studien belegt [39], dass regelmäßiges Saunieren mit einer deutlichen Abnahme der Häufigkeit von Atem-
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wegs- und grippalen Infekten assoziiert ist [40]. Der Effekt wird bereits nach etwa 2 – 3 Monaten sichtbar, nach 6 Monaten ist die Inzidenz halbiert [41, 42]. Dabei lässt sich bei einer Ganzkörperexposition gegenüber thermischen Reizen, Kälte wie Wärme, als Immediateffekt eine Zunahme freier Radikale im Blut beobachten [43], was bei regelmäßiger Exposition jedoch zu einer Stärkung antioxidativer Mechanismen und damit zu einer besseren Bewältigung von Radikalen führt [44]. Der thermische Stress führt offensichtlich darüber, aber auch über eine ganze Reihe weiterer komplexer endokriner Adaptationsvorgänge [31], dazu, dass verschiedene Teile des Immunsystems schneller und besser auf potenziell pathogene Reize reagieren [45, 46]. Als Reaktion insbesondere auf wechselwarme Stimuli (forciertes Abkühlen nach dem Saunagang) lässt sich z.B. auch eine Erhöhung der Konzentration an Beta-Endorphinen im Blut feststellen, was wiederum antiinflammatorische Wirkungen verstärkt [47].
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Fazit
Derzeit sind viele Aspekte der Corona-Pandemie wissenschaftlich erst in Ansätzen erforscht. Solange es noch kein direkt auf das Virus wirkendes Arzneimittel oder einen Impfstoff gibt, sind alle therapeutischen Ansätze darauf beschränkt, das körpereigene Immunsystem zu unterstützen und zu hoffen, dass es mit dem Angreifer irgendwie fertig wird. Hier hilft eine Erkenntnis, die beileibe nicht neu und bestens wissenschaftlich abgesichert ist [31]: Regelmäßiges Saunieren ist ein hocheffizientes Training für das körpereigene Immunsystem [41, 48]. Das kann die Chancen möglicherweise deutlich erhöhen, dass der Körper eine Infektion abwehren kann (zumindest wenn die Virendosis, die man abbekommen hat, nicht zu groß ist). Sollte es zur Infektion kommen, dürfte diese zumindest milder und kürzer verlaufen. Und dann schmeckt Saunieren, anders als viele Medikamente, weder bitter noch hat es unerwünschte Nebenwirkungen. Es stimuliert vielmehr Körper, Geist und Seele, schenkt dem Saunierer eine wohltuende Auszeit und kurbelt den inneren Stoffwechsel an. Jeder Saunagang kann durch einen klug gewählten Aufguss mit einer spezifisch wirksamen Substanz zusätzliche gesundheitspositive bzw. vorbeugende Wirkungen entfalten. Literatur 1 Lu R, Zhao X, Li J et al. Genomic characterisation and epidemiology of 2019 novel coronavirus: implications for virus origins and receptor binding. Lancet 2020;395:565-574 2 Koch J. Thermoregulation des Menschen. In: Leonhardt S, Walter M (Hrsg.). Medizintechnische Systeme. Berlin, Heidelberg: Springer Vieweg 2016: 283-317
3 Persson P. Energie- und Wärmehaushalt, Thermoregulation. In: Brandes R, Lang F, Schmidt RF (Hrsg.). Physiologie des Menschen. Berlin, Heidelberg: Springer 2019: 535-550 4 Seheult R. Coronavirus pandemic update 46: Can hot/cold therapy boost immunity? Im Internet: https://www.medcram. com/courses/take/coronavirus-outbreaksymptoms-treatment/lessons/11460295update-46-can-hot-cold-therapy-thermalregulation-boost-immunity-more-on-hydroxychloroquine) 5 RKI. SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Stand 21.8.2020. Im Internet: https:// www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html 6 Schlenger RL. PCR-Tests auf SARSCoV-2: Ergebnisse richtig interpretieren. Dtsch Arztebl 2020;117:A-1194 / B-1010 7 Chang MC, Hur J, Park D. Interpreting the COVID-19 test results: a guide for physiatrists. Am J Phys Med Rehabil 2020;99:583-585 8 Jefferson T, Heneghan C. COVID-19: Clinical utility of cycle threshold values. Im Internet: https://www.cebm.net/study/ covid-19-clinical-utility-of-cyclethreshold-values/ 9 van Doremale N, Bushmaker T, Morris DH et al. Aerosol and surface stability of HCoV-19 (SARS-CoV-2) compared to SARS-CoV-1. N Engl J Med 2020;382: 1564-1567 10 Kampf G, Todt D, Pfaender S et al. Persistence of coronaviruses on inanimate surfaces and their inactivation with biocidal agents. J Hosp Infect 2020;104:246-251 11 WHO. First data on stability and resistance of SARS coronavirus compiled by members of WHO laboratory network. Im Internet: https://www.who.int/csr/sars/ survival_2003_05_04/en/ 12 Chan KH, Peiris JS, Lam SY et al. The effects of temperature and relative humidity on the viability of the SARS coronavirus. Adv Virol 2011;2011:734690. doi: 10.1155/2011/734690 13 Kampf G, Voss A, Scheithauer S. Inactivation of coronaviruses by heat. J Hosp Infect 2020;105:348-349 14 Biryukov J, Boydston JA, Dunning RA et al. Increasing temperature and relative humidity accelerates inactivation of SARS-CoV-2 on surfaces. mSphere 2020;5:e00441-20 15 Rabenau HF, Cinatl J, Morgenstern B et al. Stability and inactivation of SARS coronavirus. Med Microbiol Immunol 2005; 194:1-6 16 Morawska L, Cao J. Airborne transmission of SARS-CoV-2: The world should face the reality. Environ Int 2020; 139:105730 17 Lednicky JA, Lauzardo M, Fan ZH et al. Viable SARS-CoV-2 in the air of a hospital room with COVID-19 patients. med-
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air delivery by micro-sauna: an experimental treatment prototype concept for coronavirus disease 2019. Cureus 2020; 12:e8162 36 Australian Government. https://www.environment.gov.au/system/files/pages/ 8c8789d3-aa60-4063-bfb5-4fdabfe186eb/ files/disinfectants.pdf 37 Hartmann A Die „Asiatische“ Grippe 1957 – die Sauna als Prophylaktikum. Hippokrates 1958;29:153-154 38 Schaffranek L. Auswirkung der Sauna auf die Häufigkeit der Erkältungskrankheiten und die Arbeitsunfähigkeitsdauer. Sauna-Arch 1968;6:23-25 39 Hussain J, Cohen M. Clinical effects of regular dry sauna bathing: a systematic review. Evid Based Complement Alternat Med 2018;2018:1857413 40 Eisermann P. Langzeitstudie zum regelmäßigen Saunabaden einer Kindergruppe hinsichtlich thermischer Konditionierung. Dissertation. Berlin: Humboldt-Universität; 1985
MS-Therapie mit INF-β auch in der Schwangerschaft und Stillzeit möglich Kinderwunsch ist für viele Frauen mit Multipler Sklerose (MS) ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung für oder gegen eine Therapie. Da Frauen im gebärfähigen Alter bisher empfohlen wurde, wegen möglicher Risiken für das Kind während der Behandlung mit Interferon-beta (INF-β) effektive Verhütungsmaßnahmen anzuwenden, verzichtete mehr als ein Drittel der MS-Patientinnen auf Kinder oder verschob die Planung einer Schwangerschaft. Seit der Zulassungsänderung für INF-βPräparate (z.B. Rebif®) im Oktober 2019, wonach die bisherige Kontraindikation gegen den Behandlungsbeginn während der Schwangerschaft entfällt, ist das nicht mehr nötig – heute können auch schwangere und stillende MSPatientinnen mit INF-β behandelt werden, wenn dies klinisch indiziert ist. Basis für die Zulassungs-
41 Ernst E, Pecho E, Wirz P et al. Regular sauna bathing and the incidence of common colds. Ann Med 1990;22:225-227 42 Conradi E, Brenke R, Philipp S. Häufigkeit akuter respiratorischer Erkrankungen und sekretorisches Immunglobulin A im Speichel unter dem Einfluss regelmäßigen Saunabadens von Kindern. Z Phys Med Balneol Med Klimatol 1992;2:19-21 43 Conradi E, Brenke R, Grune T et al. Beeinflussung des Radikalstoffwechsels durch Sauna und kurzzeitige Abkühlung. Int Sauna-Arch 1994;11:55 44 Brenke R, Siems W. Reduktion prooxidativer und Stärkung antioxidativer Prozesse – ein verbindendes Element der Kneipp’schen Therapie. Schweiz Z Ganzheitsmed 2013;25:41-50 45 Brenke R. Neuere immunologische Befunde zur Erklärung der abhärtenden Wirkung der Sauna. Int Sauna Arch 1992;9:129-135 46 Evans SS, Repasky EA, Fisher DT. Fever and the thermal regulation of immunity.
Interferon beta-1a Interferon beta-1a (Rebif®) ist ein krankheitsmodifizierendes Medikament zur Behandlung der schubförmigen Multiplen Sklerose. Es ähnelt dem körpereigenen Interferon-betaProtein. Man nimmt an, dass Interferon beta an der Verringerung von Entzündungen beteiligt ist. Rebif® reduziert nachweislich die Krankheitsprogression, Schubrate sowie Ausdehnung und Aktivität der mittels Magnetresonanztomografie sichtbaren Läsionen. Rebif® kann mit dem elektronischen Autoinjektor Rebi Smart® oder dem Einweg-Pen RebiDose® einfach und sicher injiziert werden.
änderung war die Auswertung von über 4000 in Registern oder nicht interventionellen Studien erfassten Schwangerschaftsausgängen (z.B. European INF-β Pregnancy
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The immune system feels the heat. Nat Rev Immunol 2015;15:335-349 47 Kukkonen-Harjula K, Kauppinen K. How the sauna affects the endocrine system. Ann Clin Res 1988;20:262-266 48 Kunutsor SK, Laukkanen T, Laukkanen JA. Longitudinal associations of sauna bathing with inflammation and oxidative stress: the KIHD prospective cohort study. Ann Med 2018;50:437-442
Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH Kirchstraße 8 08645 Bad Elster E-Mail: info@d-i-g.org
Registry), die keinen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für spontane Fehlgeburten oder angeborene Fehlbildungen infolge einer INFβ-Behandlung vor der Empfängnis oder während des ersten Schwangerschaftsdrittels ergab. Die Zulassungsänderung ermöglicht nicht nur eine Therapie zu Beginn und während der Schwangerschaft, sondern auch die fortgesetzte Anwendung von INF-β während der Stillzeit, da die in die Muttermilch abgegebenen INFβ-Konzentrationen aufgrund der Größe der Moleküle zu vernachlässigen sind. Dies gibt den Müttern die Chance, uneingeschränkt zu stillen, ein rasches Abstillen nach 4 – 6 Monaten ist daher nicht mehr notwendig. Die Option, INF-β auch während der Stillzeit anzuwenden, ist auch deswegen wichtig, weil bei vielen Patientinnen in den ersten 3 Monaten nach der Geburt ein Krankheitsschub auftritt und sich die Schubrate erhöhen kann. S. M. © VERLAG PERFUSION GMBH
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JAK-Inhibitor Tofacitinib zeigt langfristige Wirksamkeit und Sicherheit bei Patienten mit PsoriasisArthritis Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) können auch langfristig von einer Therapie mit dem oralen Januskinase-Inhibitor Tofacitinib (Xeljanz®) profitieren. Dies zeigen Daten der dritten Interimsanalyse der noch laufenden offenen Langzeitextensionsstudie OPAL Balance*. Tofacitinib ist seit Juli 2018 zur Behandlung der aktiven PsA bei erwachsenen Patienten in Kombination mit Methotrexat (MTX) in der EU zugelassen. Ziele der Langzeitextensionsstudie OPAL Balance
In die Langzeitextensionsstudie OPAL Balance wurden 686 Pa tienten mit PsA aus den beiden Phase-III-Zulassungsstudien für Tofacitinib eingeschlossen (363 aus OPAL Broaden bei Tumornekrosefaktor-naiven Patienten und 323 aus OPAL Beyond bei Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf mindestens einen Tumornekrosefaktor). Die Patienten hatten die jeweilige Phase-III-Studie höchstens 3 Monate vor Eintritt in die OPAL-Balance-Studie abgeschlossen oder diese aufgrund unerwünschter Ereignisse (UE), die nicht mit der Studienmedikati* Nash P, Coates LC, Kivitz AJ et al. Safety and efficacy of tofacitinib in patients with active psoriatic arthritis: interim analysis of OPAL Balance, an open-label, longterm extension study. Rheumatol Ther 2020, published online: 06. Juni 2020: https://doi.org/10.1007/s40744-02000209-4
on in Zusammenhang standen, abgebrochen. 680 Patienten wurden zu Studienbeginn mit Tofacitinib 2 × 5 mg täglich behandelt. Die gesamte Tofacitinib-Behandlungsdauer in dieser Gruppe umfasst 686,9 Patientenjahre. Primäres Studienziel der offenen Verlängerungsstudie ist die Bewertung der langfristigen Sicherheit und Verträglichkeit von Tofacitinib bei PsA-Patienten im Erwachsenenalter. Die primären Endpunkte umfassen Inzidenz und Schweregrad von UE, die Inzidenz von Labor-Auffälligkeiten und die Veränderungen von Laborparametern vom Ausgangwert unter der Behandlung. UE und Labor-Auffälligkeiten werden bis zum Monat 36 berichtet, Veränderungen von Laborparametern vom Ausgangswert bis Monat 30. Das sekundäre Studienziel betrifft die langfristige Wirksamkeit (klinische Ergebnisse/von Patienten berichtete Ergebnisse) des Januskinase-Inhibitors. Daten zur Wirksamkeit wurden bis Monat 30 erhoben, da über diesen Zeitpunkt hinaus die Fallzahlen für eine Analyse zu gering sind (n ≤ 50). Sicherheitsdaten bis Monat 36 bestätigen die Ergebnisse aus den Zulassungsstudien
Die Sicherheitsdaten aus der Interimsanalyse sind mit den Ergebnissen aus den Phase-III-Studien vergleichbar. Die Inzidenzrate pro 100 Patientenjahre für schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (SUE) bis Monat 36 betrug 7,3 (95% KI: 5,4 – 9,7). Für UE, die zum Abbruch der Tofacitinib-Therapie führten, lag sie bei 4,2 (2,8 – 6,0). Die Inzidenzrate für Herpes zoster (schwerwiegend und nicht schwerwiegend) betrug 1,3 (0,6 – 2,5), für schwerwiegende Infektionen und für ma-
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ligne Erkrankungen außer nicht melanozytärem Hautkrebs jeweils 0,9 (0,3 – 1,9) sowie für gravierende kardiovaskuläre Ereignisse 0,3 (0,0 – 1,0). In dieser Gruppe trat bei einem Patienten eine Lungenembolie auf, kein Patient hatte eine tiefe Venenthrombose, 2 Patienten erlitten eine arterielle Thromboembolie. Bei den Laborparametern Alanin-Aminotransferase (ALT) und Aspartat-Aminotransferase (AST) kam es bis Monat 27 zu einem leichten Anstieg. Ab Monat 30 gingen die Werte wieder leicht zurück. Anhaltende Wirksamkeit bei rheumatologischen und dermatologischen Endpunkten
Zur Beurteilung der Gelenksymptomatik wurden die Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) sowie die Psoriasis Arthritis Response Criteria (PsARC) herangezogen. Bei den mit Tofacitinib behandelten Patienten mit Ansprechen im ACR20/50/70 und nach PsARC konnte die Wirksamkeit bis Monat 30 aufrechterhalten werden. Auch bei den dermatologischen Endpunkten – Psoriasis Area and Severity Index 75 (PASI75) sowie in der allgemeinen ärztlichen Beurteilung der Psoriasis (PGA-PsO) – wurden Verbesserungen erzielt und über den Beobachtungszeitraum aufrechterhalten. Gleiches galt für den Leeds Enthesitis Index (LEI) und den Dactylitis Severity Score (DSS). Auch bei den zusammengesetzten Endpunkten Minimal Disease Activity (MDA) und Dis ease Activity in Psoriatic Arthritis (DAPSA) blieben die Verbesserungen vom Ausgangswert bis Monat 30 erhalten. Überdies ergab die Auswertung klinischer und Patienten-berichteter Ergebnisse (u.a. mittels Health Assessment Questi© VERLAG PERFUSION GMBH
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Tofacitinib Tofacitinib (Xeljanz®) ist ein selektiver Inhibitor von Enzymen der Januskinase(JAK)Familie, die aus den Enzymen JAK1, JAK2, JAK3 und TYK2 besteht. Januskinasen bilden in menschlichen Zellen Homooder Heterodimere und sind mit Rezeptoren assoziiert, die von diversen Zytokinen aktiviert werden können. Eine Aktivierung des JAK-Dimers führt über die nachgeschalteten STAT-Proteine (Signaltransduzierer und Aktivator der Transkription) zu einer Modulation der DNA-Ablesung im Zellkern. Tofacitinib hemmt bevorzugt heterodimere Rezeptoren, an denen JAK1 und/ oder JAK3 beteiligt sind. Dadurch dämpft es die Signalübertragung der Interleukine 2, 4, 6, 7, 9, 15 und 21 sowie von Typ-I- und Typ-II-Interferonen, was eine Drosselung der bei PsA überaktiven Immunund Entzündungsreaktion zur Folge hat. Tofacitinib ist in Kombination mit Methotrexat (MTX) indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis (RA) sowie der aktiven Psoriasis-Arthritis (PsA) bei erwachsenen Patienten, die auf eine vorangegangene krankheitsmodifizierende antirheumatische Therapie unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben.
onnaire-Disability Index, Functional Assessment of Chronic Illness Therapy-Fatigue sowie Patient Assessment of Arthritis Pain), dass die durch die Tofacitinib-Therapie erzielten Verbesserungen bis Monat 30 aufrechterhalten wurden. S. M.
Antimykotikum Bifonazol hat auch antiphlogistische Effekte Das von Bayer entwickelte Breitspektrum-Antimykotikum Canesten® EXTRA mit Bifonazol ist bei der Behandlung von Pilzinfektionen der Haut etabliert. Es erfasst Dermatophyten, Hefen, Schimmelpilze und andere Pilze. Dabei hemmt Bifonazol zwei verschiedene Teilschritte der ErgosterolBiosynthesekette gleichzeitig – ein doppelter Wirkansatz, der für fungizide Effekte sorgt und Bifonazol von anderen Antimykotika unterscheidet. Antientzündliche Eigenschaften von Bifonazol mit Hydrokortison vergleichbar
Bereits 2005 konnte klinisch nachgewiesen werden, dass Bifonazol neben seiner antimykotischen Wirkung auch antiphlogistische Effekte aufweist: Tronnier et al. zeigten, dass eine 1%ige Bifonazol-Creme (Canesten® EXTRA) über einen vergleichbaren antientzündlichen Effekt verfügt wie eine 1%ige Hydrokortison-Creme. Diese antientzündliche Wirkung trägt zu einem raschen Rückgang der Leitsymptome der Mykose – Juckreiz, Brennen und Rötung – bei. Diese Ergebnisse konnten in einer aktuellen Studie am 3D-Hautmodell bestätigt werden. Durch UVBestrahlung bzw. durch Zugabe von Histamin wurde bei einem Hautmodell, das weitgehend den anatomischen und physiologischen Eigenschaften menschlicher Haut entspricht, eine Entzündungsreaktion ausgelöst und die Haut dann mit Bifonazol behandelt. Vergleichbar mit dem Effekt in der klinischen Studie kam es auch am
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Hautmodell zu einem erkennbar schnelleren Rückgang der Entzündung unter Bifonazol im Vergleich zu Placebo. Diese Beobachtungen stehen außerdem im Einklang mit einer Genexpressionsanalyse. Diese konnte nachweisen, dass unter dem Einfluss von Bifonazol Gene hochreguliert werden, die antimikrobielle Peptide sowie Differenzierungsmarker kodieren, und gleichzeitig Gene herunterreguliert werden, die mit Matrixmetalloproteinen oder der Immunantwort assoziiert sind. Antiphlogistische Wirkung eröffnet zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten
Aus diesen Erkenntnissen lässt sich ableiten, dass Bifonazol auch bei weiteren Erkrankungen, die mit einem Pilzbefall einhergehen, eingesetzt werden kann, so etwa beim seborrhoischen Ekzem, das mit einer Besiedelung der Haut mit Malassezia-Hefen einhergeht. Ein weiteres Beispiel ist die Neurodermitis mit Kopf-Hals-Schulter-betonten Effloreszenzen. Zwar steht bei einer Neurodermitis die Kolonisierung mit Staphylococcus aureus im Vordergrund, bei einer Kopf-Hals-Schulter-betonten Neurodermitis können aber auch Malassezia-Hefen für die Symptome verantwortlich sein. Entsprechend kann gemäß der deutschen und europäischen Leitlinie zur Therapie der Neurodermitis bei betroffenen Patienten eine topische antimykotische Therapie sinnvoll sein. Dafür steht unter anderem Canesten® EXTRA als Creme oder Spray zur Verfügung. Beide Darreichungsformen müssen nur einmal täglich angewendet werden. S. M. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Neue Hoffnung für Alzheimer-Patienten: Positive Signale für den Einsatz von Nilotinib Die Behandlung der AlzheimerErkrankung stagniert trotz des großen Wissenszuwachses der letzten Jahre und der Entwicklung neuer Medikamente. Hoffnungsvolle Therapieansätze enttäuschten in der klinischen Prüfung. Eine Phase-II-Studie gibt nun ein positives Signal für den Einsatz von Nilotinib, eigentlich ein Krebsmedikament, zur Behandlung der Alzheimer-Erkrankung. Reduktion von Amyloid-Plaques und Tau-Protein
Bei der Alzheimer-Erkrankung kommt es zur Produktion von fehlerhaften bzw. fehlgefalteten Proteinen (Beta-Amyloid, Tau-Protein), die sich im Gehirn der Betroffenen in Form von Plaques oder als faserartige Fibrillen ablagern. Im Alzheimer-Tiermodell reduzierte Nilotinib die Proteinablagerungen und fördert deren Abbau. In einer klinischen Phase-II-Studie wurden nun randomisiert, doppelblind und placebokontrolliert die Sicherheit und Verträglichkeit der Substanz sowie ihre Pharmakokinetik bzw. die Wirkung auf verschiedene Alzheimer-Biomarker untersucht. 37 Patienten (davon 27 Frauen) zwischen 50 und 85 Jahren (im Mittel 70,7 ± 6,48 Jahre) mit leicht bis mittelgradiger Alzheimer-Demenz wurden zunächst für mindestens einen Monat stabil auf eine einheitliche medikamentöse Therapie eingestellt (Acetylcholinesterase-Hemmer, Galantamin, Rivastigmin oder Donepezil). Es erfolgten Ausgangsuntersuchungen des Ge-
hirns (PET und MRT) sowie der Rückenmarksflüssigkeit (Liquor). Die Patienten wurden dann 1 : 1 in 2 Gruppen randomisiert und erhielten über 26 Wochen entweder einmal täglich oral 150 mg Nilotinib, gefolgt von 300 mg täglich für weitere 26 Wochen – oder Placebo. Im Ergebnis zeigte die PET-Bildgebung, dass in der NilotinibGruppe die Amyloid-Plaques im Frontallappen des Gehirns gegenüber der Placebogruppe signifikant zurückgegangen waren. Im Liquor waren relevante Konzentrationen von Nilotinib nachweisbar; außerdem sank die Konzentration von Beta-Amyloid-40 bereits nach 6 Monaten und von Beta-Amyloid-42 nach 12 Monaten deutlich ab. Auch die Tau-Protein-Menge („Phospho-Tau-181“) war nach 6 und 12 Monaten rückläufig und der Volumenverlust des Hippocampus, einer Hirnregion, die für das Gedächtnis wichtig ist, war im MRT-Bild nach 12 Monaten um 27 % geringer ausgeprägt als in der Placebogruppe. Nilotinib wurde gut vertragen, unter 300 mg gab es mehr Nebenwirkungen (besonders Stimmungsschwankungen) als unter 150 mg. Zu schweren unerwünschten Ereignissen kam es in der NilotinibGruppe nicht, in der Placebogruppe traten bei 3 Patienten insgesamt 5 Ereignisse auf (Rhabdomyolyse, Bronchitis, Hypotonie, Schwindelattacke). Schwere kardiale Nebenwirkungen (wie sie in der Onkologie unter 600 mg/d Nilotinib beschrieben sind) wurden nicht beobachtet. Orientierende klinische Tests wie der MMST (Mini-MentalStatus-Test) und ADAS-Cog (Alzheimer’s Disease Assessment Scale) zur Objektivierung kognitiver Fähigkeiten (Orientierung, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit/
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Rechenfähigkeit, Sprache) zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen, jedoch eine Tendenz zu besseren Werten in der Nilotinib-Gruppe. Fazit
„Diese relativ kleine Studie hat zunächst in erster Linie Sicherheit, Verträglichkeit und Effekte von Nilotinib auf Alzheimer-Biomarker untersucht – und das erfolgreich“, so Professor Richard Dodel, Geriater und Neurologe an der Universität Duisburg-Essen. „Die Studie umfasste jedoch zu wenige Patienten bzw. war gar nicht dazu konzipiert, um eine Verlaufsbeurteilung der Demenz zu ermöglichen. Dennoch hoffen wir darauf, dass sich der positive Trend hinsichtlich der kognitiven Tests künftig in großen klinischen Studien bestätigen lässt. Möglicherweise muss man die Patienten auch in noch früheren Erkrankungsstadien behandeln, um langfristig krankheitsmodifizierende Vorteile zu sehen.“ Und Professor Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, ergänzt: „Nach dem negativen Ausgang von Studien zu verschiedenen, zunächst sehr hoffnungsvollen Therapieansätzen ist diese Studie ein positives Signal für die AlzheimerForschung. Angesichts der steigenden Zahlen der Betroffenen stehen wir im Wettlauf mit der Zeit. Eine wirksame Therapie, die die Progression der Erkrankung aufhält, wäre ein Segen für die gesamte Menschheit.“ DGN Quelle: Turner RS, Hebron ML, Lawler A et al. Nilotinib effects on safety, tolerability, and biomarkers in Alzheimer’s Disease. Ann Neurol 2020;88:183-194
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n der EU werden jedes Jahr 25 Millionen ErythrozytenTransfusionen durchgeführt. Ein gewisser Anteil davon wird von Patienten mit einer Anämie infolge hämatologischer Erkrankungen wie dem myelodysplastischen Syndrom (MDS) und der Beta-Thalassämie benötigt [1]. Bei Menschen mit MDS, einer Gruppe von hämatopoetischen Stammzellerkrankungen, produziert der Körper zu wenig funktionstüchtige Erythrozyten, Leukozyten und/ oder Thrombozyten. Die Folgen sind meist eine Anämie sowie vermehrte Infektionen oder Blutungen, aber auch der Übergang in eine akute myeloische Leukämie ist möglich. Etwa 80 – 90 % der meist älteren Patienten (medianes Erkrankungsalter ca. 75 Jahre) sind auf regelmäßige Transfusionen von Erythrozytenkonzentraten (EK) angewiesen. Diese können auf Dauer die Symptome jedoch nicht entscheidend verbessern und sind außerdem mit einem erhöhten Risiko für eine Eisenüberladung und Organschädigungen verbunden [1]. Eine Alternative zur Transfusion gab es aber bislang kaum. Das Gleiche gilt auch für Patienten mit Beta-Thalassämie, einer seltenen vererbbaren Blutkrankheit, die durch einen genetischen Defekt im Beta-Globin-Gen verursacht wird und ebenfalls zu einer schweren Anämie führt [2]. Mit der am 25. Juni 2020 erfolgten Zulassung von Luspatercept (Reblozyl®) durch die Europäische Kommission steht für Patienten mit MDS oder Beta-Thalassämie eine neue, dringend benötigte Behandlungsoption zur Verfügung, mit der die Abhängigkeit der Patienten von EK-Transfusionen verringert oder sogar behoben und die Transfusionslast reduziert werden kann [3].
Transfusionsabhängige Anämie: Erythrozyten-ReifungsAktivator Luspatercept senkt den Bedarf an Erythrozytenkonzentraten Ligandenfalle Luspatercept
Ursache der chronischen Anämie bei MDS und Beta-Thalassämie ist ein sog. erythroider Ausreifungsdefekt. Zwar werden im Knochenmark der betroffenen Patienten myeloplastische Vorläuferzellen gebildet, doch vor allem die erythroiden Vorläuferzellen (Normoblasten) reifen nicht aus. Die ineffiziente Erythropoese wird u.a. durch die Überexpression bestimmter Proteine der TGF-β-Superfamilie bedingt, die in der späten Phase der Erythropoese die Differenzierung hemmen. Während bei gesunden Menschen die TGF-βLiganden kontinuierlich abgebaut werden, ist ihr Level bei Patienten mit MDS und Beta-Thalassämie sehr hoch. Hier setzt die neuartige Wirkstrategie von Luspatercept an: Es bindet quasi als „Ligandenfalle“ überexprimierte TGF-β-Liganden, die über SMAD2- und SMAD3abhängige Signalwege die Erythropoese unterdrücken, und hebt deren hemmenden Effekt auf die Erythrozyten-Differenzierung auf. Chemisch handelt es sich bei dem auch als Erythrozyten-Reife-Aktivator bezeichneten Wirkstoff um ein rekombinantes Fusionsprotein, bestehend aus einer modifizier-
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ten extrazellulären Domäne des Activin-Rezeptor Typ IIB, der zur TGF-β-Rezeptorfamilie gehört, und dem Fc-Fragment des humanen IgG1 [3]. Klinische Studien liefern überzeugende Daten für die Wirksamkeit
Die für die Zulassung relevanten Daten stammen aus den beiden Phase-III-Studien MEDALIST [4] und BELIEVE [5], die das Potenzial von Luspatercept zur sicheren und wirksamen Behandlung einer Anämie im Zusammenhang mit einer MDS- bzw. Beta-ThalassämieErkrankung untersuchten. Ergebnisse der MEDALIST-Studie Die doppelblinde placebokontrollierte Phase-III-Studie MEDALIST [4] verglich Luspatercept und Placebo (jeweils in Kombination mit Best Supportive Care, BSC) bei MDS-Patienten mit sehr niedrigem bis intermediärem Risiko. Die Teilnehmer hatten entweder ≥15 % Ringsideroblasten oder ≥5 % Ringsideroblasten, wenn gleichzeitig eine SF3B1-Mutation © VERLAG PERFUSION GMBH
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Luspatercept Luspatercept (Reblozyl®), ist der erste und einzige in der EU zugelassene Vertreter der neuen Wirkstoffklasse Erythrozyten-Reifungs-Aktivator. Das Medikament ist indiziert: • zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit transfusionsabhängiger Anämie aufgrund von myelodysplastischen Syndromen (MDS) mit Ringsideroblasten, mit sehr niedrigem, niedrigem oder intermediärem Risiko, die auf eine Erythropoetin-basierte Therapie nicht zufriedenstellend angesprochen haben oder dafür nicht geeignet sind, sowie • zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit transfusionsabhängiger Anämie, die mit einer Beta-Thalassämie verbunden ist. Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 1,0 mg/kg, subkutan verabreicht einmal alle 3 Wochen [3].
vorlag, und sie hatten <5 % Blasten im Knochenmark. Alle Patienten waren während der letzten 16 Wochen vor Randomisierung abhängig von EK-Transfusionen (≥2 EK in 8 Wochen) und entweder refraktär gegen eine frühere Therapie mit Erythropoesestimulierenden Agenzien (ESA), haben diese nicht vertragen oder waren ESA-naiv mit einem endogenen Serum-Erythropoetin ≥200 U/l und hatten keine frühere Behandlung mit krankheitsmodifizierenden Wirkstoffen erhalten. Patienten mit 5q-Syndrom (MDS del(5q)) waren von der Studie ausgeschlossen. Die 229 Studienteilnehmer wurden 2 : 1 randomisiert auf Luspatercept 1,0 mg/kg subkutan alle 3 Wochen (n = 153) oder Placebo (n = 76). Wirksamkeitsendpunkte waren die Transfusionsunabhängigkeit für mindestens 8 Wochen in den ersten 24 Wochen (primärer Endpunkt) und für mindestens 12 Wochen nach 24 und 48 Wochen (sekundärer Endpunkt). Unter Luspatercept wurden 37,9 % der Patienten für ≥8 Wochen transfusionsfrei, in der Placebogruppe nur 13,2 % (p < 0,001). Signifikante Differenzen gab es auch beim
Prozentsatz der Teilnehmer, die mindestens 12 von 24 Wochen keine EK benötigten (28,1 % vs. 7,9 %) und für mindestens 12 von 48 Wochen (33,3 % vs. 11,8 %) [4]. Luspatercept erwies sich als gut verträglich: Nur 2 % der Patienten der Verumgruppe brachen die Therapie wegen unerwünschter Wirkungen ab. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Fatigue (bei 27 %), Diarrhöe (bei 22 %), Asthenie (bei 20 %) und Übelkeit (bei 20 %) [4]. Ergebnisse der BELIEVE-Studie In der randomisierten, doppelblinde Phase-III-Studie BELIEVE [5] wurde Luspatercept in Kombination mit BSC mit Placebo plus BSC bei erwachsenen Beta-Thalassämie-Patienten verglichen, die regelmäßige EK-Transfusionen benötigten (6 – 20 EK-Einheiten pro 24 Wochen, wobei in diesem Zeitraum die transfusionsfreie Zeit nie länger als 35 Tage dauerte). Die 336 Studienteilnehmer erhielten 2 : 1 randomisiert entweder Luspatercept 1,0 mg/kg (n = 224) oder Placebo (n = 112) subkutan alle 3 Wochen über einen Zeitraum
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von mindestens 48 und bis zu 96 Wochen. Den primären Wirksamkeitsendpunkt, eine Reduktion der EKTransfusionslast um mindestens 33 % gegenüber dem 12-wöchigen Intervall vor der Behandlung in Woche 13 – 24, erreichten 21,4 % der mit Luspatercept behandelten Patienten gegenüber 4,5 % unter Placebo (OR: 5,79; 95%-KI: 2,24 – 14,97, p < 0,001). Auch in einem explorativen Endpunkt überzeugte Luspatercept: Bei 70,5 % der Patienten in der Luspatercept-Gruppe konnte die Belastung durch EK-Transfusionen um mindestens 2 Einheiten für beliebige 12 aufeinanderfolgende Wochen im Vergleich zu dem 12-wöchigen Zeitraum vor der Behandlung um mindestens 33 % verringert werden. Im Gegensatz dazu erreichten nur 29,5 % der Patienten unter Placebo diesen Endpunkt (OR: 5,69; 95%-KI: 3,46 – 9,35). Die am häufigsten in dieser Studie berichteten Nebenwirkungen unter Luspatercept waren Kopfschmerzen, Knochenschmerzen und Arthralgie. 2,6 % der Patienten brachen die Behandlung aufgrund einer Nebenwirkung ab [5]. Brigitte Söllner, Erlangen
Literatur 1 Onkopedia-Leitlinie Myelodysplastische Syndrome (MDS). Stand: Februar 2020. Im Internet: https://www.onkopedia.com/ de/onkopedia/guidelines/myelodysplastische-syndrome-mds/@@guideline/html/ index.html 2 Suragani RNVS, Cawley SM, Li R et al. Blood 2014;123:3864-3872 3 Fachinformation Reblozyl®; Stand: Juni 2020 4 Fenaux P, Platzbecker U, Mufti GJ et al. N Engl J Med 2020;382:140-151 5 Cappellini MD, Viprakasit V, Taheret AT al. N Engl J Med 2020;382: 1219-1231 © VERLAG PERFUSION GMBH
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er Morbus Cushing, die häufigste Form des endogenen Cushing-Syndroms, geht mit einer hohen Morbidität und Krankheitslast einher, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen [1]. Als Folge der exzessiv erhöhten Cortisolspiegel ist die Erkrankung mit einer Vielzahl von Begleiterkrankungen assoziiert, so vor allem einem metabolischen Syndrom sowie Schlafstörungen, Osteoporose, erhöhter Infektanfälligkeit und/ oder neuropsychiatrischen Störungen wie Depressionen und Angst. Ohne geeignete Maßnahmen zur Normalisierung des Cortisolspiegels ist aufgrund kardiovaskulärer Komplikationen das Mortalitätsrisiko bei Patienten mit Morbus Cushing bis zu fünfmal höher als in der Allgemeinbevölkerung. Außerdem gibt es Hinweise dafür, dass negative physische und psychosoziale Folgen des chronischen Hypercortisolismus selbst noch lange Zeit nach einer Remission persistieren können [1]. Angesichts dieser potenziell lebensbedrohlichen Risiken sind eine rasche und gezielte Diagnostik und Behandlung notwendig [2]. Multidisziplinäre Behandlung mit Optimierungsbedarf
Die Behandlung des endogenen Cushing-Syndroms erfordert ein erfahrenes und multidisziplinäres Team. Therapieziele sind die Normalisierung des Cortisolspiegels, die Verbesserung der klinischen Symptomatik und der Lebensqualität sowie die Senkung der Risiken aufgrund von Begleiterkrankungen [3, 4]. Die primäre Behandlung des Morbus Cushing besteht in der chirurgischen Resektion des für die Erkrankung ursächlichen Hy-
Endogenes Cushing-Syndrom: Cortisol-Synthesehemmer Osilodrostat eröffnet neue Therapiemöglichkeiten pophysentumors. Etwa ein Drittel der Patienten erreicht dadurch jedoch keine Remission oder erleidet langfristig ein Rezidiv und benötigt daher eine weitere Therapie. Mögliche Optionen sind eine erneute Resektion, Radiotherapie, bilaterale Adrenalektomie oder medikamentöse Behandlungen. Letztere wirken entweder zentral an der Hypophyse oder peripher an der Nebenniere durch Hemmung der Steroidsynthese. Sie werden auch zur Überbrückung bis zur Operation oder Radiotherapie bzw. deren Wirkungseintritt eingesetzt oder wenn eine chirurgische Behandlung nicht infrage kommt [1–4]. Diese Therapieverfahren sind allerdings begrenzt einsetzbar und/oder können mit gravierenden Nachteilen und Risiken verbunden sein. So erreichen bis zu 50 % der Patienten mit Cushing-Syndrom keine Normalisierung des Cortisolspiegels mit den aktuell verfügbaren medizinischen Behandlungen, was in bis zu 28 % der Fälle eine Dosisanpassung erfordert oder zum Therapieabbruch führt [5]. Daher gibt es einen bislang unerfüllten Bedarf an besser wirksamen Therapieoptionen [1, 3, 5]. Vor diesem Hintergrund eröffnet die Einführung von Osilodrostat (Isturisa®) neue therapeutische Möglichkeiten. Der oral verabreichbare Cortisol-Synthesehem-
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mer wurde am 9. Januar 2020 von der Europäischen Kommission zugelassen und steht seit dem 15. Juli 2020 in Deutschland zur Behandlung von Erwachsenen mit endogenem Cushing-Syndrom zur Verfügung [6]. Die Daten aus prospektiven Studien mit gut geplantem Design weisen darauf hin, dass es sich bei diesem Wirkstoff um eine vielversprechende, hoch wirksame Therapieoption mit guter Verträglichkeit handelt [7, 8]. Rasche und anhaltende Senkung des Cortisolspiegels
Die Zulassung von Osilodrostat basiert auf den Ergebnissen der pivotalen Phase-III-Studie LINC3, in der die Wirksamkeit und Sicherheit von Osilodrostat bei 137 Patienten mit persistierendem oder rezidivierendem Morbus Cushing untersucht wurden [7]. Die Studie setzte sich zusammen aus einer 12-wöchigen OpenLabel-Dosistitrationsperiode und einer 12-wöchigen Aufrechterhaltungsperiode, gefolgt von einer 8-wöchigen doppelblinden, randomisierten Entzugsphase, in der die Patienten randomisiert Osilodrostat oder Placebo im Verhältnis 1 : 1 erhielten, gefolgt von einer weiteren 14-wöchigen offenen Phase mit Osilodrostat. Als primä© VERLAG PERFUSION GMBH
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rer Endpunkt wurde der Anteil der Patienten definiert, die am Ende der 8-wöchigen randomisierten Entzugsperiode (Woche 34) eine vollständige Remission (mittleres freies Cortisol im Urin [mUFC] ≤ oberer Normwert [ONW], ohne Dosiserhöhung über dem Niveau in Woche 26) aufrechterhielten. Der wichtigste sekundäre Endpunkt war der Anteil der Patienten mit normalem mUFC in Woche 24 und ohne Dosiserhöhung über dem in Woche 12 festgelegten Wert. Der primäre Studienendpunkt wurde erreicht: Am Ende der 8-wöchigen randomisierten Entzugsphase (Woche 34) hatten 86 % der mit Osilodrostat behandelten Patienten im Vergleich zu 29 % in der Placebo-Gruppe das normale mUFC beibehalten (p < 0,001). Mehr als die Hälfte der Patienten (53 %) erreichten den wichtigsten sekundären Endpunkt, d.h. einen normalen mUFC-Wert nach den ersten 24 Wochen offener Therapie mit Osilodrostat, ohne Dosiserhöhung nach Woche 12. Zwei Drittel (66 %) der Patienten wiesen ein normales mUFC am Ende der 48-wöchigen Studie auf [7]. Die Reduktion der Cortisolspiegel ging mit Verbesserungen bei kardiovaskulären und metabolischen Parametern (Körpergewicht, Taillenumfang, HbA1c, Blutdruck) einher (Tab. 1). 86 % der Patienten, für die Daten vorlagen, zeigten in Woche 48 eine Verbesserung bei mindestens einem körperlichen Merkmal des Morbus Cushing [7].
Cushing-Syndrom Das Cushing-Syndrom (CS) wird durch einen chronisch erhöhten Cortisolspiegel verursacht, der endogen oder exogen (d.h. durch Medikamente) bedingt sein kann. Ursache des endogenen CS ist entweder eine übermäßige Cortisolsekretion durch einen Nebennierentumor (bei ca. 15 %) oder durch eine autonome überschießende Produktion des adrenokortikotropen Hormons (ACTH) aufgrund eines Tumors der Hypophyse (Mobus Cushing, ca. 70 %) oder anderen (ektopen) Ursprungs (ca. 15 %) [1, 9, 10]. Mit einer Prävalenz von 40 Fällen pro Million Einwohner und einer Inzidenz von 1,2 – 2,4 pro Million pro Jahr ist der Morbus Cushing eine seltene Erkrankung [1, 10]. Frauen sind etwa dreimal häufiger betroffen als Männer [11]. Der Altersgipfel liegt zwischen der 4. und 6. Lebensdekade [10]. Das Krankheitsbild ist geprägt durch die vielfältigen langfristigen Einflüsse von Glukokortikoiden in Organen und Geweben und kann daher sehr heterogen sein. Klinische Symptome umfassen unter anderem Dehnungsstreifen der Haut (Striae rubrae), Stammfettsucht, Atrophie der Extremitätenmuskulatur, Vollmondgesicht, allgemeine Schwäche, Osteoporose, Glukoseintoleranz, arterielle Hypertonie, Wundheilungsstörungen sowie verstärkte Blutungsneigung und thromboembolische Komplikationen. Viele Symptome sind jedoch unspezifisch und treten auch bei verbreiteten Erkrankungen wie etwa Alkoholsucht, Adipositas oder (schlecht eingestelltem) Diabetes mellitus auf. Aufgrund der teils unspezifischen Symptomatik wird ein CS häufig erst spät im Krankheitsverlauf diagnostiziert [2, 9]. Ein chronisch erhöhter Cortisolspiegel führt zu teils schwerwiegenden Komplikationen und Komorbiditäten, starker Beeinträchtigung der Lebensqualität und erhöhter Sterblichkeit [1, 2]. Deshalb ist die Normalisierung des Cortisolspiegels das Haupttherapieziel [3, 4]. Bei den meisten Formen des CS ist die operative Resektion des verursachenden Tumors primäre Behandlungsoption. Bei Resttumor oder Rezidiv ist eine Bestrahlung möglich. Eine Rückbildung der Symptome erfolgt jedoch mit zeitlicher Verzögerung von mehreren Monaten bis Jahren. Medikamentöse Therapien werden zur Überbrückung bis zur Operation oder bis zum Wirkungseintritt der Radiotherapie sowie bei fehlender Remission durch diese Verfahren eingesetzt. Man unterscheidet zwischen SteroidsyntheseHemmern, die primär an der Nebenniere wirken, und Substanzen, deren Wirkung zentral an der Hypophyse ansetzt [3, 2].
Systolischer Blutdruck (mmHg)
Diastolischer Blutdruck (mmHg) Körpergewicht (kg)
Taillenumfang (cm) HbA1c (%)
Studienbeginn
Woche 24
Woche 48
132,2
124,9 (–4,1 %)
121,7 (–6,8 %)
80,8
77,3 (–3,0 %)
75,5 (–4,6 %)
85,3
103,4
6,0
81,0 (–3,8 %)
78,9 (–6,6 %)
99,1 (–2,6 %)
97,4 (–4,2 %)
5,6 (–4,6 %)
5,6(–5,4 %)
Tabelle 1: Verbesserung kardiovaskulärer und metabolischer Parameter unter der Therapie mit Osilodrostat (Isturisa ) in der LINC-3-Studie [6, 7]. ®
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Osilodrostat Osilodrostat (Isturisa®) ist ein starker oraler Hemmstoff der 11β-Hydroxylase (CYP11B1), des Enzyms, das für den letzten Schritt der Cortisolsynthese in der Nebenniere verantwortlich ist. Indiziert ist Osilodrostat zur Behandlung des endogenen Cushing-Syndroms bei Erwachsenen. Es wird zweimal täglich eingenommen und ist als Filmtablette in einer Dosierung von 1 mg, 5 mg und 10 mg erhältlich [6].
Osilodrostat wurde gut vertragen. Die in LINC-3 am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen waren Übelkeit (42 %), Kopfschmerzen (34 %), Fatigue (44 %) und Nebenniereninsuffizienz (51 %) [7]. Fazit
Das Hauptziel bei der Behandlung von Patienten mit endogenem Cushing-Syndrom ist die Kontrol-
Omalizumab zur Behandlung der schweren chronischen Rhinosinusitis mit Nasenpolypen zugelassen Als erstes Anti-Immunglobulin E (IgE)-Biologikum hat die Europäische Kommission Omalizumab (Xolair®) als Zusatztherapie zu intranasalen Kortikosteroiden (INCS) für die Behandlung von Erwachsenen ab 18 Jahren mit schwerer chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen (CRSwNP), bei denen durch eine Therapie mit INCS keine ausreichende Krankheitskontrolle erzielt wird, zugelassen. Menschen mit einer CRSwNP leiden unter stark beeinträchtigenden Symptomen wie verstopfter Nase,
le des Cortisolspiegels, dies wurde von 86 % der in LINC-3 mit dem Cortisol-Synthesehemmer Osilodrostat behandelten Patienten erreicht [7]. Darüber hinaus führte Osilodrostat zu einer schnellen und anhaltenden Senkung des mittleren Spiegels an freiem Cortisol im Urin, der während der Nachbeobachtungszeit aufrechterhalten wurde. Dies ging einher mit Verbesserungen der klinischen Symptome,
Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns, Gesichtsschmerzen sowie Schlafstörungen. Dank Omalizumab als zusätzlicher Behandlungsoption können die Symptome gelindert und damit auch die Lebensqualität der Patienten verbessert werden, wie die beiden zulassungsrelevanten Studien POLYP 1 und POLYP 2 bestätigen*: Unter der 24-wöchigen Therapie mit Omalizumab verbesserte sich im Vergleich zu Placebo der mittlere NasenpolypenScore (NPS) signifikant (POLYP 1: –1,08, p < 0,0001; POLYP 2: –0,90, p = 0,014). Auch der mittlere tägliche Score für nasale Kongestion (NCS) nahm signifikant ab (POLYP 1: –0,89, p = 0,0004; POLYP 2: –0,70, p = 0,0017).
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der Komorbidität und der Lebensqualität. Brigitte Söllner, Erlangen Literatur 1 Pivonello R et al. Endocrine 2017;56:1018 2 Petersen S. Diagnostik und Therapie des Cushing-Syndroms. In: Endokrinologie Informationen; Sonderheft März 2017: 38-43 3 Nieman LK et al. J Clin Endocrinol Metab 2015;100:2807-2831 4 Broersen LHA et al. Pituitary 2018;21: 631-641 5 Feelders RA et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2019;7:300-312 6 Fachinformation Isturisa®; Stand: Mai 2020 7 Biller BMK et al. J Endocrine Soc 2019;3(Suppl. 1): OR16-2 8 Ferriere A, Tabarin A. Best Pract Res Clin Endocrinol Metab 2020;34:101381 9 Nieman LK et al. Am J Med 2005;118: 1340-1346 10 Pivonello R et al. Endocrine Reviews 2015;36:385-486 11 Lacroix A et al. Lancet 2015;386:913927
Verbesserungen wurden ebenfalls bei den sekundären Endpunkten – der gesundheitsbezogenen Bewertung der Lebensqualität, dem nasalen Gesamtsymptomscore sowie beim Geruchssinn – erzielt. Darüber hinaus kam es unter der Omalizumab-Therapie zu einer Verringerung der postnasalen Sekretion (posteriore Rhinorrhö) und der laufenden Nase (anteriore Rhinorrhö). In den Studie zeigte Omalizumab ein gutes Sicherheitsprofil, das mit Ergebnissen aus früheren Studien übereinstimmt.
B. S.
* Gevaert P et al. J Allergy and Clin Immunol 2020; DOI:https://doi.org/10.1016/j. jaci.2020.05.032 © VERLAG PERFUSION GMBH
NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
E
twa eine von fünf Brustkrebserkrankungen ist HER2-positiv [1]. Für die Patientinnen mit fortgeschrittenem HER-2-positivem Mammakarzinom besteht nach wie vor ein hoher medizinischer Bedarf für neue Therapiekonzepte – insbesondere bei Patientinnen, die auf eine Erst- und Zweitlinientherapie nicht oder nicht ausreichend ansprechen und daher als nicht mehr kurativ behandelbar gelten [2]. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Proteine und Rezeptoren auf der Oberfläche von Brustkrebszellen entdeckt, die mit dem Wachstum maligner Zellen assoziiert sind. HER2 ist ein solcher Tyrosinkinase-Rezeptor, der nach Aktivierung das Wachstum der Brustkrebszellen fördert. Aktuell sind 4 effektive, gegen HER2 gerichtete Wirkstoffe für metastasierte Patientinnen zugelassen: Trastuzumab (seit 1998), Lapatinib (2007), Pertuzumab (2012) und Trastuzumab Emtansin (T-DM1, 2013) [3]. Konsens nur bis zur Zweitlinientherapie
Der heute allgemein akzeptierte Therapiealgorithmus beim HER2-positiven metastasierten Brustkrebs sieht in der Erstlinie ein Taxan plus Trastuzumab plus Pertuzumab („duale HER2-Blockade“) vor und als Alternative T-DM1, wenn das Trastuzumabfreie Intervall kürzer als 6 Monate ist [2]. In der Zweitlinientherapie kommt T-DM1 und ggf. eine duale Blockade zum Einsatz, falls diese nicht bereits in der Erstlinientherapie Anwendung fand. Schreitet die Erkrankung trotz Erst- und Zweitlinientherapie fort, stehen keine etablierten oder konsentier-
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Metastasiertes HER2-positives Mammakarzinom: „Antibody Engineering“ und Antikörper-WirkstoffKonjugate für neue Therapieoptionen ten Therapiestrategien mehr zur Verfügung. Vielmehr werden die unterschiedlichsten Kombinationen eingesetzt, wie z.B. Capecitabin plus Lapatinib, Chemotherapie plus Trastuzumab oder Lapatinib plus Trastuzumab [2]. Ein Grund für die heute bestehende Unsicherheit in der Drittlinientherapie ist, dass die Vorbehandlungen von Patientinnen in der Praxis häufig nicht mehr denen der Studienpatientinnen entsprechen und dass sich der Therapiealgorithmus geändert hat – es fehlen also ausreichende Daten für dieses Setting, weshalb neue Therapieansätze für (neo-) adjuvant mit Trastuzumab/Pertuzumab und T-DM1 vorbehandelte Patientinnen notwendig sind. Ein weiteres Feld therapeutischer Unsicherheit stellen HER2-positive Mammakarzinom-Patientinnen mit Hirnmetastasen dar, da diese Patientenpopulation meist aus Studien ausgeschlossen wird. Dem gegenüber stehen der ZNS-Tropismus des HER2 positiven Brustkrebses und die eingeschränkte Blut-Hirn-Schranken-Permeabilität von gegen HER2 gerichteten Substanzen [2]. In diesen Situationen besteht heute ein klarer medizinischer Bedarf an zusätzlichen medikamentösen zielgerichteten Therapien, um das klinische Out-
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come von Patientinnen mit HER2positivem metastasiertem Mammakarzinom weiter zu verbessern und die heutigen Therapiestandards zu modifizieren. Bessere Effektivität und weniger Nebenwirkungen durch „Antibody Engineering“
Die Therapie mit humanisierten monoklonalen Antikörpern, die zielgerichtet an Zelloberflächenproteine binden, ist heute gang und gäbe. Auch wenn die bereits verfügbaren Wirkstoffe effektiv sind, besteht dennoch Bedarf an einer weiteren Optimierung dieser Therapien. Durch gezieltes „Antibody Engineering“ können die natürlichen Effektorfunktionen von Antikörpern weiter erhöht werden [4]. Dies kann z.B. durch ein Fc-Engineering erfolgen, bei dem das FcFragment des Antikörpers modifiziert wird, durch die Verwendung von bispezifischen Antikörpern, die ein Recruitment distinkter Effektorzellpopulationen wie z.B. T-Zellen ermöglicht, sowie durch den Einsatz von Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten (ADC). ADC sind zielgerichtete Krebsmedikamente, die eine zytotoxische Chemotherapie (Payload) gezielt © VERLAG PERFUSION GMBH
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in die Krebszellen einbringen. Die chemotherapeutische „Ladung“ ist dabei über einen Linker an einen monoklonalen Antikörper gebunden, der an spezifische Zellstrukturen (Rezeptoren) auf der Oberfläche von Krebszellen bindet [4]. Trastuzumab Deruxtecan stellt ein speziell für die Therapie von HER2-positiven Tumoren entwickeltes ADC dar. Der HER2Antikörper ist bei Trastuzumab Deruxtecan über einen neuartigen, enzymatisch abbaubaren Linker an einen neuen Topoisomerase-I-Inhibitor (Exatecan-Derivat) gebunden. Der Antikörper-Teil bindet an die HER2-positive Zielzelle, das Chemotherapeutikum wird in die Zelle eingeschleust, der Linker abgebaut und das Chemotherapeutikum kann in der Zielzelle seine Wirkung entfalten [4]. Das Wirkstoff-Antikörper-Verhältnis (Drug Antibody Ratio, DAR) von Trastuzumab Deruxtecan ist mit 7 – 8 dabei höher als bei vielen anderen ADC (z.B. 3,5 bei T-DM1). Zudem wirkt das ADC Trastuzumab Deruxtecan nicht nur in der HER2-positiven Krebszelle, sondern kann durch den sogenannten „Bystander-Killing-Effekt“ auch auf benachbarte HER2-niedrig-exprimierende („HER2 low“) oder HER2-negative Zellen Einfluss nehmen. Hintergrund hierfür ist die hohe Zellmembranpermeabilität des aktiven Payloads von Trastuzumab Deruxtecan, die es ermöglicht, dass das Chemotherapeutikum auch ohne eine Bindung an HER2 ins Zellinnere der Krebszelle gelangen kann. Zudem trägt das hohe Wirkstoff-Antikörper-Verhältnis zu diesem Effekt bei. Diese Tatsache macht den Einsatz von Trastuzumab Deruxtecan möglicherweise auch für Patientinnen interessant, die HER2 nur in geringem Maße oder sehr
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inhomogen in ihrem Tumor exprimieren [4]. Im Blutkreislauf der Patientin ist das Payload über den Linker stabil mit dem Antikörper verbunden und wird erst durch in Tumorzellen vermehrt vorkommende Enzyme abgespalten, sodass es hier im Vergleich zu klassischen Chemotherapien zu einer geringeren systemischen Toxizität kommt [4]. 60,9 % Ansprechen nach intensiver Vorbehandlung
Wirksamkeit und Sicherheit des ADC Trastuzumab Deruxtecan wurden in der offenen multizentrischen Phase-II-Studie DESTINY-Breast01 an Patientinnen mit intensiv vorbehandeltem HER2positivem metastasiertem und/ oder inoperablem Mammakarzinom untersucht [5]. Alle Patientinnen hatten zuvor Trastuzumab und/ oder T-DM1 erhalten, 65,8 % Pertuzumab, 54,3 % eine andere AntiHER2-Therapie, 48,9 % Hormontherapien und fast alle (99,5 %) andere systemische Therapien – im Median 6 vorherige Therapielinien. Unter diesen Vorbehandlungen waren die Patientinnen progredient oder vertrugen diese nicht. Die Studienteilnehmerinnen erhielten in der Dosisfindungsphase entweder 5,4 oder 6,4 mg/kg Trastuzumab Deruxtecan und im Fortführungsteil dann die empfohlene Dosis von 5,4 mg/kg. Zum Zeitpunkt des Daten-Cut-off befanden sich noch 42,9 % der Patientinnen in der Studie. Die durch ein unabhängiges zentrales Review-Komitee bestätigte objektive Ansprechrate (ORR) lag bei 60,9 % (95%-KI: 53,4 – 68,0). Die Krankheitskontrollrate betrug 97,3 % (95%-KI: 93,8 – 99,1), die Dauer des Ansprechens im Median
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14,8 Monate (95%-KI: 13,8 – 16,9) und die mediane Zeit bis zum Ansprechen 1,6 Monate (95%-KI: 1,4 – 2,6). Das progressionsfreie Überleben lag bei 16,4 Monaten (95%-KI: 12,7 – nicht erreicht), und das Gesamtüberleben war im Median noch nicht erreicht. 11 Patientinnen zeigten ein komplettes Ansprechen [5]. Neben den zu erwartenden therapiebedingten unerwünschten Ereignissen kam es bei 13,6 % der Patientinnen zu einer interstitiellen Lungenerkrankung (ILD), wobei lediglich 0,5 % einen Schweregrad 3 oder 4 aufwiesen. In der Praxis sollten behandelnde Ärzte auf die Symptome einer ILD achten und ggf. die Therapie mit Trastuzumab Deruxtecan stoppen und eine Kortikosteroid-Gabe beginnen [6]. Zu Herzinsuffizienz mit einer Reduktion der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) kam es bei keiner Patientin [5]. Das DESTINY-Breast-Studienprogramm wird mit den PhaseIII-Studien DESTINY-Breast02, -03 und -04 aktuell auch in Deutschland fortgeführt und hierbei Trastuzumab Deruxtecan bei HER2-positiven Patientinnen versus „Standard of Care“ mit unterschiedlichen Second-Line-Therapien nach T-DM1, versus T-DM1 nach Trastuzumab-Taxan-Vorbehandlung und bei Patientinnen mit einer niedrigen HER2-Expression versus Chemotherapie untersucht [6]. Neue Leitlinie der AGO
Am 29. Februar 2020 stellte die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V. (AGO) im Rahmen ihres „State of the Art Meeting Mammakarzinom“ die neuen Empfehlungen zur Diag© VERLAG PERFUSION GMBH
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nostik und Therapie des frühen und fortgeschrittenen Mammakarzinoms vor. Erstmals wird darin Trastuzumab Deruxtecan als Empfehlung mit Evidenzgrad 2b als weitere Therapielinie nach Versagen einer Second-Line-Therapie beim HER2-positiven metastasierten Mammakarzinom genannt. Laut Frau Professor Diana Lüftner, Mitglied der AGO, weist Trastuzumab Deruxtecan für Patientinnen einen hohen Benefit auf. Es gebe fast keine Therapieversager, wie es aus dem „unfassbar guten“ Waterfall-Plot der Studie ersichtlich sei [7]. Elisabeth Wilhelmi, München
Literatur 1 Sledge G et al. Past, present, and future challenges in breast cancer treatment. J Clin Oncol 2014;32:1979-1986 2 National Comprehensive Cancer Network (NCCN). NCCN Guidelines. Breast Cancer. Version 02.2020. Im Internet: https:// nccn.org 3 Fehm T. Präsentation auf dem Symposium „Das metastasierte HER2+ Mammakarzinom: Innovationen vorantreiben – neue Chancen ergreifen“ im Rahmen des Deutschen Krebskongresses 2020, Veranstalter Daiichi Sankyo und AstraZeneca, 20.02.2020, Berlin 4 Peipp M. Präsentation auf dem Symposium „Das metastasierte HER2+ Mammakarzinom: Innovationen vorantreiben – neue Chancen ergreifen“ im Rahmen des Deutschen Krebskongresses 2020, Veranstalter Daiichi Sankyo und AstraZeneca, 20.02.2020, Berlin 5 Modi S, Saura C, Yamashita T et al. Trastuzumab deruxtecan in previously treated HER2-positive breast cancer. N Engl J Med 2020;382:610-621 6 Harbeck N. Präsentation auf dem Symposium „Das metastasierte HER2+ Mammakarzinom: Innovationen vorantreiben – neue Chancen ergreifen“ im Rahmen des Deutschen Krebskongresses 2020, Veranstalter Daiichi Sankyo und AstraZeneca, 20.02.2020, Berlin 7 AGO 2020: Chemotherapie und zielgerichtete Substanzen beim metastasierten Mammakarzinom. Interview mit Prof. Diana Lüftner. Im Internet: https://brustkrebsdeutschland.de/
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Cemiplimab beim fortgeschrittenen kutanen Plattenepithelkarzinom: Studien-Update bestätigt dauerhaftes Ansprechen und hohe Vollremissionsraten
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as kutane Plattenepithelkarzinom (Cutaneous Squamous-Cell Carcinoma, CSCC) ist die weltweit zweithäufigste Art von Hautkrebs und macht etwa 20 % aller Hautkrebserkrankungen aus. Während bei frühzeitig diagnostizierten kutanen Plattenepithelkarzinomen die Prognose gut ist, kann sich eine wirksame Behandlung bei metastasierten oder lokal fortgeschrittenen Karzinomen als besonders schwierig erweisen. Eine neue Option für Patienten, bei denen eine kurative Operation oder Strahlentherapie
nicht in Betracht kommt, ist Cemiplimab (Libtayo®). Der humane monoklonale Antikörper ist die erste und einzige Immuntherapie, die in den USA, der EU und anderen Ländern für diese Indikation zugelassen ist [1]. Auf der virtuellen Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) 2020 wurden Langzeitergebnisse präsentiert, die sowohl eine längere Dauer des Behandlungserfolgs als auch höhere Vollremissionsraten als in den zulassungsrelevanten Studien belegen [2].
Cemiplimab Cemiplimab (Libtayo®) ist ein humaner Immunglobulin-G4 (IgG4) monoklonaler Antikörper, der gegen den Immun-Checkpoint-Rezeptor „Programmiertes Zelltod-Protein-1“ (PD-1) auf T-Zellen gerichtet ist. Durch die Bindung an PD-1 hindert Cemiplimab die Tumorzellen daran, über den PD-1-Signalweg eine T-Zellaktivierung zu unterdrücken, d.h. T-Zell-Funktionen wie z.B. Proliferation, Zytokinausschüttung und zytotoxische Aktivität zu unterbinden. Dadurch verstärkt Cemiplimab die T-Zell-Antwort, einschließlich der Anti-Tumor-Antwort. Libtayo® wird alle 3 Wochen mit einer Dosis von 350 mg durch intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 30 Minuten verabreicht. Die Behandlung kann bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder bis zum Auftreten einer nicht mehr akzeptablen Toxizität fortgesetzt werden [1].
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Vielversprechende Daten aus den Zulassungsstudien
Relevant für die Zulassung von Cemiplimab waren die Ergebnisse der offenen, multizentrischen, nicht randomisierten einarmigen Phase-II-Studie EMPOWERCSCC-1 (Studie 1540), in die 193 Patienten mit lokal fortgeschrittenem (lfCSCC; n = 78) oder metastasiertem kutanem Plattenepithelkarzinom (mCSCC; n =115) eingeschlossen wurden, bei denen eine kurative Operation oder Strahlentherapie nicht in Betracht kam [3]. Die initiale primäre Analyse der Studiendaten für die mCSCCKohorte, die alle 2 Wochen 3 mg/ kg Cemiplimab erhielt, bildete zusammen mit den Ergebnissen einer Phase-I-Studie (Studie 1423) die Grundlage für die bedingte Marktzulassung von Cemiplimab durch die Europäische Kommission am 1. Juli 2019. In der EMPOWER-CSCC-1-Studie wurden 59 mCSCC-Patienten bis zu 96 Wochen (im Mittel 7,9 Monate) lang mit Cemiplimab 3 mg/kg alle 2 Wochen behandelt. Der Antikörper erzielte eine Ansprechrate von 47 %, wobei die Dauer bis zum Ansprechen durchschnittlich 2 Monate betrug. Eine dauerhafte Krankheitskontrolle, definiert als der Anteil der Patienten, die mindestens 105 Tage lang nicht progredient waren, konnte bei 61 % erreicht werden. Vergleichbare Ergebnisse ergaben sich bei den insgesamt 26 Patienten in der Phase-I-Studie [3]. 3-Jahres-Nachbeobachtungsdaten belegen eine signifikante Langzeitwirkung
Mittlerweile konnten die Patienten aus der Phase-II-Zulassungsstudie
bis zu 3 Jahre lang nachbeobachtet werden. Die auf dem ASCO 2020 vorgestellten Ergebnisse [2] zeigen, dass sich bei 46 % aller 193 Patienten (95%-KI: 39 – 53) nach der Behandlung mit Cemiplimab der Tumor verkleinerte, wobei die mediane Zeit bis zum Ansprechen 2 Monate betrug (Quartilsabstand: 2 – 4 Monate) (Tab. 1). Darüber hinaus bildete sich über die Zeit der Tumor bei mehr Patienten (16 %) komplett zurück als in früheren Analysen (Tab. 1). Bei den Patienten mit metastasiertem Tumor, die bisher am längsten nachbeobachtet wurden, kam es nun bei 20 % zur Vollremission, während es in der primären Analyse aus dem Jahr 2017 noch 7 % waren (Tab. 2). Über alle Gruppen gerechnet, betrug die Zeit bis zur Vollremission im Median 11 Monate (Quartilsabstand: 7 – 15 Monate). Das mediane Gesamtüberleben und die mediane Ansprechdauer wurden bislang in keiner Behandlungsgruppe erreicht. Nach 2 Jahren lebten noch 73,3 % der Patienten – das ist das bisher längste in dieser Patientengruppe beobachtete Gesamtüberleben [2]. Gutes Verträglichkeitsprofil bestätigt
Auch nach 3 Jahren wurden keine neuen Sicherheitssignale identifiziert. Die häufigsten unter der Behandlung auftretenden unerwünschten Ereignisse (UE) waren Ermüdung (35 %), Durchfall (28 %) und Übelkeit (24 %). Die häufigsten behandlungsbedingten UE von Grad 3 oder höher waren Pneumonitis (3 %), autoimmune Hepatitis (2 %), Anämie, Kolitis und Durchfall (jeweils 1 %). 9,8 % der Patienten brachen die Therapie wegen Nebenwirkungen ab [2].
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Verbesserung der Lebensqualität, anhaltende Schmerzreduktion
Zusätzlich zur Aktualisierung der Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten wurde erstmals eine separate Post-hoc-Analyse der Daten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität (Health-Related Quality of Life, HRQoL,) aus der PhaseII-Studie präsentiert. Die große Mehrheit (83 %) der Patienten berichtete innerhalb der ersten 4 Behandlungsmonate eine verbesserte oder stabile allgemeine HRQoL. Bei 43 % war es in diesem Zeitraum zu einer klinisch bedeutsamen Schmerzreduktion gekommen. Die Analyse basierte auf den Antworten der Patienten in einem speziell für Krebspatienten entwickelten 30 Fragen umfassenden Fragebogen zur HRQoL der European Platform of Cancer Research (QLQ-C30-Fragebogen) [2]. Fazit
Wie das Studien-Update belegt, können Patienten mit fortgeschrittenem kutanem Plattenepithelkarzinom, bei denen eine Operation oder Bestrahlung nicht möglich ist, langfristig von der systemischen Therapie mit Cemiplimab profitieren: 51 % der Patienten mit metastasiertem CSCC sprachen auf Cemiplimab an und jeder Fünfte erreichte eine Vollremission. Bei 69,4 % aller Studienteilnehmer war das Ansprechen anhaltend. Die unter der Cemiplimab-Therapie erzielte Ansprechrate, Ansprechdauer und das Gesamtüberleben wurden bislang noch mit keiner anderen systemischen Therapie erzielt [2]. Unter Berücksichtigung dieser Daten empfiehlt die European Association of Dermato Oncology (EADO) in ihren © VERLAG PERFUSION GMBH
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Mediane Nachbeobachtung (von bis)
Objektive Ansprechrate (95%-KI) Vollremissionen (n)
Teilremissionen (n)
Mediane beobachtete Zeit bis zum Ansprechen (Quartilsabstand)*
Mediane beobachtete Zeit bis zur Vollremission (Quartilsabstand)
Mediane Ansprechdauer (95%-KI)*
Medianes Gesamtüberleben
Gruppe 1: mCSCC Cemiplimab 3 mg/kg alle 2 Wochen (n = 59)
Gruppe 2: lfCSCC Cemiplimab 3 mg/kg alle 2 Wochen (n = 78)
Gruppe 3: mCSCC Cemiplimab 350 mg alle 3 Wochen (n = 56)
51 % (38–64 %)
45 % (34 – 57 %)
43 % (30–57 %)
31 % (18)
32 % (25)
19 Monate (1–36)
16 Monate (1–36)
20 % (12)
13 % (10)
Gesamt (n = 193)
17 Monate (1–26)
16 Monate (1–36)
16 % (9)
16 % (31)
46 % (39–53 %)
27 % (15)
30 % (58)
2 Monate (2–2)
2 Monate (2–4)
2 Monate (2–4)
2 Monate (2–4)
11 Monate (7–18)
10 Monate (7–13)
12 Monate (8–17)
11 Monate (7–15)
Nicht erreicht (21; n.a.)
Nicht erreicht (18; n.a.)
Nicht erreicht (n.a.; n.a.)
Nicht erreicht (29; n.a.)
Nicht erreicht
Nicht erreicht
Nicht erreicht
Nicht erreicht
Tabelle 1: Ergebnisse in den 3 Behandlungsgruppen der Phase-II-Zulassungsstudie von Cemiplimab (Libtayo®) nach einer Nachbeobachtungszeit von bis zu 3 Jahren [2]. mCSCC = metastasiertes kutanes Plattenepithelkarzinom, lfCSCC = lokal fortgeschrittenes kutanes Plattenepithelkarzinom, n.a. = nicht auswertbar. * auf Grundlage der Anzahl von Patienten mit bestätigter Vollremission oder Teilremission sowie Kaplan-Meier-Schätzungen.
Gruppe 1: mCSCC Cemiplimab 3 mg/kg alle 2 Wochen
Gruppe 2*: lfCSCC Cemiplimab 3 mg/kg alle 2 Wochen
Gruppe 3: mCSCC Cemiplimab 350 mg alle 3 Wochen
17 % (10)
13 % (10)
16 % (9)
7 % (4)
Primäre Analyse, Vollremissionen (n)
Nach ca. 1-jähriger Nachbeobachtung, Vollremissionen (n)
20 % (12)
Nach ca. 2-jähriger Nachbeobachtung, Vollremissionen (n)
13 % (10)
n.a.
5% (3)
n.a.
Tabelle 2: Raten der Vollremissionen in den 3 Behandlungsgruppen der Phase-II-Zulassungsstudie von Cemiplimab (Libtayo®) bei den zu verschiedenen Zeitpunkten durchgeführten Interimsanalysen [2]. mCSCC = metastasiertes kutanes Plattenepithelkarzinom, lfCSCC = lokal fortgeschrittenes kutanes Plattenepithelkarzinom, n.a. = nicht auswertbar. * Unter 23 Patienten mit lfCSCC, die in die präspezifizierte Interimanalyse von Gruppe 2 eingeschlossen wurden, gab es keine Vollremissionen.
kürzlich aktualisierten Leitlinien Cemiplimab für Patienten mit metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem CSCC als systemische Erstlinientherapie (Empfehlungsgrad A) [4]. Brigitte Söllner, Erlangen
Literatur 1 Fachinformation Libtayo®; Stand: April 2020 2 Rischin D, Khushalani NI, Schmults CD et al. Phase II study of cemiplimab in patients (pts) with advanced cutaneous squamous cell carcinoma (CSCC): Longer follow-up. J Clin Oncol 2020;38 (Suppl.): Abstract 10018
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3 Migden MR, Rischin D, Schmults CD et al. PD-1 blockade with cemiplimab in advanced cutaneous squamous-cell carcinoma. N Engl J Med 2018;379:341-351 4 Stratigos AJ, Garbe C, Dessinioti C et al. European interdisciplinary guideline on invasive squamous cell carcinoma of the skin: Part 2. Treatment. Eur J Cancer 2020;128:83-102 © VERLAG PERFUSION GMBH
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ie akute myeloische Leukämie (AML) ist mit über 80 % die häufigste Form akuter Leukämien bei Erwachsenen [1]. Unbehandelt führt sie bei den meisten Patienten innerhalb eines Jahres zum Tod [2]. Die Inzidenz steigt mit dem Alter stark an: Bei Patienten, die 70 Jahre und älter sind, liegt die jährliche Inzidenz bei 100 Betroffenen pro 100.000 Menschen [2]. Allerdings kommen gerade AMLPatienten im höheren Alter (>75 Jahre) und/oder mit signifikanten Komorbiditäten oft für eine intensive Chemotherapie nicht infrage. Für diese „unfitten“ Patienten mit neu diagnostizierter De-novo- oder sekundärer AML steht mit Glasdegib (Daurismo®) in Kombination mit niedrig dosiertem Cytarabin (LDAC) jetzt eine neue Therapieoption zur Verfügung [3]. Ziel der Behandlung bei diesen „unfitten“ Patienten sollte eine Lebensverlängerung bei möglichst hoher Lebensqualität sein [2]. Dass dies mit Glasdegib in Kombination mit LDAC erreicht werden kann, wurde in der zulassungsrelevanten BRIGHT-1003-Studie gezeigt [4, 5]. Nahezu verdoppeltes Gesamtüberleben dank neuem Wirkmechanismus
Glasdegib erweitert die AML-Therapielandschaft um einen neuen Wirkmechanismus. Angriffspunkt für Glasdegib ist der HedgehogSignalweg. Dieser ist bei Erwachsenen normalerweise inaktiv [6]. Kommt es zu einer Aktivierung des Signalweges, können hämatologische Erkrankungen entstehen, außerdem werden das Überleben und das Wachstum von leukämischen Stammzellen beeinflusst [7, 8, 9].
Akute myeloische Leukämie: Hedgehog-SignalwegInhibitor Glasdegib kann Überleben „unfitter“ AML-Patienten verlängern Glasdegib hemmt den HedgehogSignalweg, indem es an das Transmembranprotein Smoothened (SMO) bindet. Dadurch wird die Expression des Gliom-assoziierten Onkogen (GLI)-Transkriptionsfaktors, eines entscheidenden Regulators für leukämische Stammzellen, reduziert. Dies wiederum führt zu einer Verminderung der Signaltransduktion und letztendlich zu einer Reduktion der GLI1Konzentration in AML-Zellen sowie zu einer Senkung des leukämischen Initiationspotenzials von AML-Zellen [10, 11]. Die Inhibition des Hedgehog-Signalwegs erhöht die Sensitivität gegenüber einer Chemotherapie [12]. Dies zeigen auch die Ergebnisse der für die Zulassung maßgeblichen BRIGHT-1003-Studie [4, 5], die die Wirksamkeit von Glasdegib in Kombination mit niedrig dosiertem LDAC bei der Behandlung von erwachsenen Patienten mit AML oder Hochrisiko-MDS, für die eine Standard-Chemotherapie nicht angezeigt war, im Vergleich zu LDAC allein untersuchte. Eingeschlossen in die AML-Population waren 116 „unfitte“ erwachsene Patienten mit zuvor unbehandelter (De-novo- oder sekundärer) AML. Sie erhielten im Verhältnis 2 : 1 randomisiert entweder
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• 1 × täglich 100 mg Glasdegib und an Tag 1 bis Tag 10 eines 28-Tage-Zyklus 2 × täglich 20 mg LDAC als subkutane Injektion (n = 78) oder • nur 2 × täglich LDAC 20 mg s.c. an Tag 1 bis Tag 10 eines 28-Tage-Zyklus (n = 38). Primärer Endpunkt war das mediane Gesamtüberleben (mOS). Die wichtigsten sekundären Studien endpunkte waren das Gesamtansprechen (ORR), die Sicherheit sowie Daten zur Pharmakokinetik [4, 5]. Im Median überlebten die AMLPatienten, die Glasdegib plus LDAC erhielten, signifikant länger als die AML-Patienten, die nur mit LDAC behandelt wurden: Das mediane Gesamtüberleben (OS) war etwa doppelt so lang (8,3 Monate vs. 4,3 Monate) (Abb. 1). Dabei wurde durch die Kombinationstherapie das Risiko zu versterben nahezu halbiert (OS-HR = 0,53; p = 0,002). Die Ansprechrate war bei den Patienten im Glasdegib/ LDAC-Arm mehr als fünfmal so hoch wie im Vergleichsarm (26,9 % vs. 5,3 %) [5]. Im Glasdegib/LDAC-Arm erreichten 19,2 % der Patienten eine komplette Remission (CR) und 5,1 % eine CR mit unvollständiger hämatologischer Erholung (CRi). 2,6 % der © VERLAG PERFUSION GMBH
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Abbildung 1: Ergebnis der BRIGHT-1003-Studie für den primären Endpunkt. Das mediane Gesamtüberleben (mOS) der mit Glasdegib (Daurismo®) plus LDAC behandelten AML-Patienten war etwa doppelt so lang wie das der Patienten, die nur LDAC erhielten [5] (Quelle: Pfizer).
Patienten unter Glasdegib plus LDAC waren morphologisch leukämiefrei. Gute Verträglichkeit, einfache Anwendung
Neben dem signifikanten Überlebensvorteil zeichnet sich Glasdegib auch durch ein gutes Verträglichkeitsprofil aus, was für die „unfitten“ Patienten besonders wichtig ist. Die häufigsten Nebenwirkungen vom Schweregrad ≥3 unter Glasdegib plus LDAC waren Anämie (41,6 %), febrile Neutropenie (35,7 %), Thrombozytope nie (30,9 %), Pneumonie (23,8 %), verminderte Thrombozytenzahl (16,6 %) und Fatigue (14,2 %). Dabei war die Häufigkeit jedweder Nebenwirkungen unter Glasdegib plus LDAC langfristig (nach 90
Tagen) niedriger als innerhalb der ersten 90 Tage. Ein Vorteil für die Patienten ist, dass die Therapie ambulant durchgeführt werden kann, sodass sie von den Patienten als weniger einschränkend empfunden wird. Brigitte Söllner, Erlangen
Literatur 1 Gökbuget N. Informationszentrum im Kompetenznetz „Akute und chronische Leukämien“. Im Internet: https://www. kompetenznetz-leukaemie.de/content/aerzte/aml/ 2 Röllig C et al. Onkopedia. Akute myeloische Leukämie (AML). Im Internet: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/ guidelines/akute-myeloische-leukaemieaml/@@guideline/html/index.html
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3 Fachinformation Daurismo® 100 mg; Stand: Juli 2020 4 Cortes JE et al. Leukemia 2019;33:379389 5 Heuser M et al. Poster EP545, EHA25 Virtual, 11.–14. Juni 2020 6 Gao J et al. Cell Stem Cell 2009;4:548558 7 Irvine DA et al. Blood 2012;119:21962204 8 Heidel FH et al. Clin Cancer Res 2015; 21:240-248 9 Wellbrock J et al. Clin Cancer Res 2015; 21:2388-2398 10 Sadarangani A et al. J Transl Med 2015; 13:98 11 Fukushima N et al. Cancer Sci 2016;107: 1422-1429 12 Queiroz KC et al. Oncogene 2010;29: 6314-6322
Quelle: Virtuelle Pressekonferenz „Akute myeloische Leukämie (AML): Neues zu Behandlungsoptionen für PatientInnen, die nicht für eine intensive Chemotherapie infrage kommen“; 14. Juli 2020, Veranstalter: Pfizer.
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Risankizumab überzeugt bei der Therapie der Plaque-Psoriasis
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laque-Psoriasis bedeutet für viele Betroffene eine erhebliche körperliche, psychische und soziale Belastung. Trotz Verbesserungen in der Therapie verfehlen viele Psoriasis-Patienten ihre angestrebten Therapieziele oder verlieren mit der Zeit das Ansprechen auf ihre Behandlung. Neue Therapieoptionen sind daher wichtig, um Patienten erfolgreich und individuell behandeln zu können. Mit Risankizumab (Skyrizi™) steht seit etwa einem Jahr ein humanisierter monoklonaler IgG1-Antikörper zur Behandlung erwachsener Patienten mit mittelschwerer bis schwerer PlaquePsoriasis zur Verfügung, die für eine systemische Therapie infrage kommen. In den klinischen Phase-III-Studien, in denen Risankizumab gegen Ustekizumab und Adalimumab sowie Placebo getestet wurde, erreichten die Patienten nach 16 Wochen unter Risankizumab ein hohes Maß an komplett erscheinungsfreier Haut, das über die Studiendauer von bis zu 104 Wochen aufrecht erhalten werden konnte. Die Raten der unerwünschten Ereignisse zu Woche 16 unter Risankizumab waren niedrig und vergleichbar mit Placebo. Auch in der Langzeitbehandlung wurde, unter Berücksichtigung der Patientenexposition, keine Zunahme der Rate unerwünschter Ereignisse beobachtet.
Auf der virtuellen Jahrestagung der American Academy of Dermatology (AAD) wurden nun aktuelle Ergebnisse der offenen Phase-IIIbVergleichsstudie IMMerge präsentiert, die auch eine signifikante Überlegenheit gegenüber Secukinumab (Cosentyx®) belegen. Vollständige Erscheinungsfreiheit im Head-to-Head-Vergleich
Die randomisierte, offene, kontrollierte Phase-IIIb-Studie IMMerge untersuchte die Sicherheit und Wirksamkeit von Risankizumab im Vergleich zu Secukinumab bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer PlaquePsoriasis. Die Patienten wurden im Verhältnis 1 : 1 randomisiert und erhielten entweder Risankizumab 150 mg (n = 164), verabreicht als 2 subkutane 75-mg-Injektionen zu Studienbeginn, 4 Wochen später und danach alle 12 Wochen, oder
Secukinumab 300 mg (n = 163), verabreicht als 2 subkutane 150-mg-Injektionen zu Studienbeginn, in Woche 1, 2, 3 und 4 und danach alle 4 Wochen. Die Studie hat 2 primäre Endpunkte (Nichtunterlegenheit in Woche 16 sowie Überlegenheit in Woche 52, beide im Hinblick auf PASI90) und 3 gewichtete sekundäre Endpunkte (PASI100, sPGA 0/1 und PASI75 in Woche 52). Die Sicherheit wurde bei allen teilnehmenden Patienten beurteilt. Risankizumab erreichte beide primären Endpunkte zu PASI90: die Nichtunterlegenheit gegenüber Secukinumab in Woche 16 und die Überlegenheit gegenüber Secukinumab in Woche 52. In Woche 16 erreichten 74 % der Patienten unter Risankizumab PASI90, verglichen mit 66 % der Patienten, die mit Secukinumab behandelt wurden. Nach 52 Wochen waren es 87 % unter Risankizumab gegenüber 57 % unter Secukinumab (p < 0,001).
Risankizumab Risankizumab (Skyrizi™) ist ein humanisierter monoklonaler Immunglobulin G1 (IgG1)-Antikörper, der IL-23 selektiv hemmt, indem er spezifisch an dessen Untereinheit p19 bindet. IL-23 ist ein Regulatorzytokin, das früh in der Entzündungskaskade der Psoriasis eine Rolle spielt. Durch die Inhibition von IL-23 kann die Ausschüttung einer Vielzahl von proinflammatorischen Effektorzytokinen verhindert werden. Die zielgerichtete Hemmung bewahrt dabei im Körper das für die Immunabwehr förderliche Maß an IL-17 und beeinflusst nicht den Th1-Signalweg.
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Auch hinsichtlich der Raten erscheinungsfreier Haut war Risankizumab gegenüber Secukinumab überlegen: In Woche 52 hatten 66 % der Psoriasis-Patienten unter Risankizumab eine vollständig erscheinungsfreie Haut – definiert als Verbesserung des Psoriasis Area and Severity Index um 100 % (PASI100) – gegenüber 40 % unter Secukinumab (p < 0,001). Außerdem erreichte ein signifikant höherer Anteil der Patienten unter Risankizumab einen sPGA-Score (static Physician Global Assessment) von erscheinungsfrei oder nahezu erscheinungsfrei (sPGA 0/1) als unter Secukinumab (88 % vs. 58 %; p < 0,001). Das Sicherheitsprofil von Risankizumab entsprach nach den aktuell vorliegenden Sicherheitsdaten dem in vorangegangenen Studien und es wurden bis Woche 52 keine neuen Sicherheitssignale beobachtet. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren Nasopharyngitis, Infektion der oberen Atemwege, Kopfschmerzen, Arthralgie und Diarrhö. Die Rate der schwerwiegenden Nebenwirkungen betrug 5,5 % im Behandlungsarm mit Risankizumab und 3,7 % unter Secukinumab. Ereignisse, die zum Absetzen des Prüfpräparats führten, traten bei 1,2 % im RisankizumabArm und 4,9 % im SecukinumabArm auf. In beiden Gruppen gab es keine Todesfälle. Elisabeth Wilhelmi, München
Quelle: Warren RB et al. Risankizumab versus secukinumab in patients with moderateto-severe plaque psoriasis: a phase 3 trial. American Academy of Dermatology Annual Meeting 2020 (virtual).
„Alemtuzumab bleibt uns als wichtige Therapieoption bei der Multiplen Sklerose erhalten“ Das Artikel-20-Verfahren zu Alemtuzumab (Lemtrada®) durch die European Medicines Agency ist abgeschlossen. In diesem Verfahren wurden die Wirksamkeit und Sicherheit des Wirkstoffs bei Patienten mit schubförmigremittierender Multipler Sklerose (RRMS) eingehend geprüft und bestätigt, wobei die Indikationen in einigen Punkten modifiziert wurden. Alemtuzumab ist laut EMA angezeigt zur krankheitsmodifizierenden Monotherapie bei • Patienten mit rasch fortschreitender schwerer hochaktiver RRMS – definiert durch 2 oder mehr Schübe mit Behinderungsprogression in einem Jahr und einer oder mehr Gadolinium-anreichernden Läsionen im MRT des Gehirns oder mit signifikanter Erhöhung der T2Läsionen im Vergleich zu einer kürzlich durchgeführten MRT sowie bei
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• Patienten mit hochaktiver RRMS trotz vollständiger und angemessener Behandlung mit mindestens einer krankheitsmodifizierenden Therapie (DMT). Die EMA hat weitere Gegenanzeigen in die Fachinformation aufgenommen. Alemtuzumab ist demnach kontraindiziert bei bestimmten Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Blutungsstörungen (vgl. Fachinformation Lemtrada®) sowie bei anderen Autoimmunerkrankungen außer MS. „Insgesamt aber ist uns der Wirkstoff als wichtige Therapieoption bei Patienten mit hochaktiver MS und mindestens einer Vortherapie sowie auch bei Patienten mit hochaktiver, rasch fortschreitender schwerere Multiplen Sklerose erhalten geblieben“, kommentierte Professor Sven Meuth, Münster, die aktuelle Situation auf einem Webcast-Presseworkshop von Sanofi Genzyme. „Wir können somit Patienten, die von einer Impulstherapie profitieren, weiterhin mit Alemtuzumab behandeln“. Immerhin wurden inzwischen weltweit mehr als 24.000 Patienten und in Deutschland mehr als 3.000 Patienten mit Alemtuzumab therapiert.
Alemtuzumab Alemtuzumab (Lemtrada®) ist ein monoklonaler Antikörper, der selektiv an CD52 bindet, ein Protein, das auf T- und B-Zellen in großer Menge vorkommt. Die Behandlung mit Alemtuzumab führt zu einer Depletion zirkulierender T- und B-Zellen, von denen man annimmt, dass sie für den schädigenden Entzündungsprozess bei MS verantwortlich sind. Alemtuzumab hat nur minimale Auswirkungen auf andere Immunzellen. Auf die akute antiinflammatorische Wirkung von Alemtuzumab folgt sofort eine in charakteristischem Muster ablaufende, anhaltende T- und B-Zell-Repopulation. Auf diese Weise kommt es zu einer Reorganisation des fehlgesteuerten Immunsystems, wodurch die MS-Krankheitsaktivität reduziert werden kann und eine nachhaltige Krankheitskontrolle ohne kontinuierliche MS-Dauermedikation ermöglicht wird.
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Immunologisch hochinteressantes Wirkprinzip
Bei Alemtuzumab handelt es sich nach Meuth um ein „immunologisch hochinteressantes Wirkprinzip“. Der monoklonale, gegen CD52 gerichtete Antikörper führt zu einer Depletion zirkulierender T-und B-Zellen mit anschließender Repopulation. „Dadurch kommt es zu einer Reorganisation des fehlgesteuerten Immunsystems“, erläuterte Meuth. Das Wirkprinzip erklärt die bei vielen Patienten zu beobachtende nachhaltige Wirksamkeit von Alemtuzumab. Die Patienten erhalten als Impulstherapie 2 Behandlungsphasen, wobei in der ersten Phase 5 Infusionen an aufeinanderfolgenden Tagen verabreicht werden und in der zweiten Phase nach 12 Monaten ohne spezifische MS-Therapie 3 Infusionen an aufeinanderfolgenden Tagen. Bei Bedarf sind 1 oder auch 2 zusätzliche Behandlungsphasen möglich. Therapieerfahrungen über nahezu 10 Jahre
Die Wirksamkeit und auch das Sicherheitsprofil von Alemtuzumab wurden in einem umfassenden Studienprogramm dokumentiert, wobei inzwischen 9-Jahres-Daten und damit Therapieerfahrungen über nahezu 10 Jahre vorliegen. Sie bestätigen ebenso wie die Ergebnisse der Real-World-Studie TREAT-MS die Resultate der Zulassungsstudien hinsichtlich der Wirksamkeit und des Sicherheitsprofils von Alemtuzumab. So wurden in der deutschen TREAT-MS-Studie 779 Patienten unter Real-World-Bedingungen mit Alemtuzumab behandelt, wobei zwischen Patienten mit
(81,4 %) und ohne vorangegangene DMT-Behandlung (14,8 %) differenziert wurde. Unabhängig von den Vortherapien zeigten die Patienten unter Alemtuzumab eine deutlich reduzierte Schubrate von zuvor im Mittel 1,6 auf nunmehr 0,2 Schübe pro Jahr. Stabiler oder sogar verbesserter EDSS
Wie Meuth ausführte, resultierte zudem ein stabiler und teilweise sogar langfristig verbesserter EDSS-Grad (Expanded Disability Status Scale). Diese Daten unterstützen die Ergebnisse der CARE MS-Zulassungsstudien im RealWorld-Setting. Das Sicherheitsprofil von Alemtuzumab war in der Studie TREATMS insgesamt vergleichbar mit dem der CARE MS-Studien, doch stieg die Inzidenz von Nebenwirkungen mit der Anzahl an Vortherapien tendenziell an. „Das unterstreicht die Bedeutung einer rechtzeitigen Behandlung mit dieser hocheffizienten Therapie bei Patienten mit entsprechender Indikation“, betonte Meuth. Dabei können auch Patienten mit Krankheitsaktivität unter anderen krankheitsmodifizierenden Therapien (DMT) wie beispielsweise Fingolimod oder Natalizumab bei einem Wechsel zu Alemtuzumab von der Wirksamkeit des monoklonalen Antikörpers profitieren. So kam es in einer Untersuchung nach dem Wechsel von Fingolimod auf Alemtuzumab auch bei Patienten mit langer MS-Erkrankung und anhaltender Krankheitsaktivität zu einer Stabilisierung und Verbesserung der klinischen MS-Aktivität sowie zu einer Reduktion der MRT-Aktivität. Bei 8 von 10 Patienten stabilisierte sich die Krank-
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heit durch den Wechsel von Natalizumab auf Alemtuzumab, obwohl die Therapie mit Natalizumab aufgrund eines erhöhten PML-Risikos oder Krankheitsaktivität beendet werden musste. Die Konversion zur SPMS verzögern
Für eine Behandlung mit Alemtuzumab sprechen laut Meuth weitere Befunde: Von den mit Alemtuzumab behandelten Patienten aus der CARE-MS II-Studie (vorbehandelte Patienten) erfüllten nach 6 Jahren nur 3,7 % die Kriterien einer sekundär progredienten MS (SPMS) nach Lorscheider. Bei Anwendung der Lorscheider-Kriterien auf die MSBase-Population konvertierten über einen Zeitraum von 5,8 Jahren hingegen 18 % der RRMSPatienten zu einer SPMS. Das ist, wie Meuth hervorhob, als klarer Hinweis auf eine Verzögerung der Konversion zur SPMS durch Alemtuzumab zu interpretieren. Positives Nutzen-Risiko-Profil
Mit Abschluss des Verfahrens nach Artikel 20 bestätigt die EMA das positive Nutzen-Risiko-Profil von Alemtuzumab. Die häufigsten Nebenwirkungen unter Alemtuzumab sind infusionsbedingte Reaktionen wie Ausschlag, Kopfschmerzen und Fieber sowie Infektionen von leichtem bis mittlerem Schweregrad. Es können sekundäre Autoimmunereignisse wie Schilddrüsenerkrankungen, eine idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP), Nephropathien und Zytopenien auftreten. Unerwünschte Ereignisse nahmen im klinischen Studienprogramm über die Zeit hinweg ab. Die Si© VERLAG PERFUSION GMBH
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cherheit und Zuverlässigkeit des monoklonalen Antikörpers werden durch ein effektives MonitoringProgramm dokumentiert, mit dem Nebenwirkungen frühzeitig erkenn- und behandelbar sind. Dieses ist zeitlich auf (mindestens) 48 Monate begrenzt – für die Patienten bietet Alemtuzumab somit die Chance, ihre MS-Krankheitsaktivität hinter sich zu lassen und symptomfrei, nach 2 Behandlungsphasen therapiefrei und nach 5 Jahren kontrolluntersuchungsfrei durchs Leben zu gehen. Elisabeth Wilhelmi, München
Getreideassoziierte Erkrankungen: Sind alte Weizenarten besser als glutenfreies Getreide? Können Patienten mit getreideassoziierten Erkrankungen von der breiteren Verwendung alter Weizenarten profitieren und welche ernährungstherapeutischen Interventionen sind bei den verschiedenen Krankheitsbildern erfolgversprechend? Diese und weitere Fragen beleuchteten Prof. Dr. Katharina Scherf, Karlsruhe, und Prof. Dr. med. Yurdagül Zopf, Erlangen, im Rahmen einer digitalen Meet the Expert-Veranstaltung von Dr. Schär. Anhand von Studienergebnissen wurde deutlich, dass sich alte und neue Weizenarten hinsichtlich ihrer Verträglichkeit kaum unterscheiden. Eine sorgfältige Diagnosestellung und eine individuell angepasste Ernährung unter Meidung auslösender Faktoren wie Gluten, ATI und FODMAPs stellen daher die wichtigsten Ansatzpunkte bei der Therapie dar.
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Dinkel, Hartweizen, Emmer und Einkorn haben einen hohen Glutengehalt
die Verträglichkeit beeinflussen“, so die Lebensmittelchemikerin.
Erkrankungen wie Zöliakie, Gluten-/Weizensensitivität (NCGS) und Weizenallergie, bei denen Weizen eine auslösende Rolle spielen, sind für Betroffene oft mit hohem Leidensdruck verbunden. Als verantwortlich für das Entstehen der Beschwerden gelten unter anderem die Weizenbestandteile Gluten und Alpha-Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI). Bei der Suche nach Beschwerdelinderung für die Patienten wurde häufig die Vermutung geäußert, dass alte Weizenarten wie beispielsweise Dinkel, Emmer und Einkorn aufgrund ihrer Zusammensetzung besser verträglich seien als moderner Brotweizen. In einer von Professor Scherf vorgestellten Studie wurden neben modernem Brotweizen auch die älteren Arten Dinkel, Hartweizen, Emmer und Einkorn mit jeweils 15 Sorten an verschiedenen Standorten in Süddeutschland angebaut. Die aus der Ernte gewonnenen Mehle wurden anschließend in Bezug auf ihre Inhaltsstoffe analysiert. Dabei zeigte sich, dass Dinkel, Hartweizen, Emmer und Einkorn im Mittel einen höheren Glutengehalt als der moderne Brotweizen aufwiesen. Der Gehalt an ATI war bei Dinkel und Emmer ebenfalls höher als beim Brotweizen, lediglich Einkorn wies im Vergleich zu den übrigen Arten einen deutlich geringeren ATI-Gehalt auf. „Keine der untersuchten Weizenarten ist für Zöliakie-Betroffene geeignet“, stellte Scherf klar. „Es gibt Unterschiede in der Verdaulichkeit des Glutens und in der Zusammensetzung der einzelnen Glutenproteine, aber hier ist noch nicht abschließend geklärt, inwieweit diese
Vergleichbare Verträglichkeit bei alten und modernen Brotweizensorten
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Eine zweite Studie ging der Frage nach, ob alte Sorten des Brotweizens vorteilhafter zusammengesetzt sind als die heute verwendeten Sorten. Dazu wurden in 3 Jahren 60 Sorten des Brotweizens angebaut, die in verschiedenen Jahren seit 1891 gebräuchlich waren. Bei der anschließenden Untersuchung der Mehle zeigte sich, dass es zwar Unterschiede hinsichtlich Glutengehalt und -zusammensetzung zwischen den einzelnen Erntejahren und Sorten gab, diese aber nicht spezifisch alten oder modernen Brotweizensorten zuzuordnen waren. „In den Analysen wurde kein Hinweis darauf gefunden, dass sich die Brotweizensorten in Bezug auf ihre Verträglichkeit im Laufe der Jahre verändert haben“, fasste Scherf die Ergebnisse zusammen. Alte Weizenarten und -sorten sind dennoch wichtig, da sie zu einer höheren Biodiversität beitragen und die Produktvielfalt für den Verbraucher erweitern können. „Für die Ernährungstherapie von getreideassoziierten Erkrankungen sollten jedoch glutenfreie Getreide wie Mais, Reis, Hirse und Buchweizen verwendet werden“, empfahl Scherf. Extraintestinale Beschwerden ernst nehmen
Professor Zopf wies in ihrem Vortrag darauf hin, bei der Behandlung von Patienten mit Getreideunverträglichkeiten zunächst die Ursache der Beschwerden zu ermitteln. Die © VERLAG PERFUSION GMBH
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Schwierigkeit sei dabei, dass diese Patienten nach Weizenkonsum häufig nicht nur intraintestinale Symptome wie Bauchschmerzen, Blähungen und Diarrhö aufweisen, sondern auch extraintestinale Beschwerden wie Müdigkeit, Kopf-, Muskel- oder Gelenkschmerzen haben können. „Welche Beschwerden im Vordergrund stehen, kann von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein. Dies kann die Anamnese häufig erschweren“, erklärte Zopf. Auch bei der Zöliakie können die eher untypischen extraintestinalen Symptome überwiegen, sodass es immer wieder vorkommt, dass Patienten über längere Zeit nicht korrekt diagnostiziert und behandelt werden, da sie u.a. fälschlicherweise als Reizdarmpatienten eingestuft werden. „Eine Blutanalyse zum Ausschluss der Zöliakie sollte immer Teil der Untersuchung sein, auch wenn überwiegend extraintestinale Symptome berichtet werden“, betonte Zopf. Wichtig ist, die Zöliakie-Testung abzuschließen, bevor ernährungstherapeutische Interventionen wie beispielsweise ein Glutenverzicht vorgenommen werden. Ist die Diagnose Zöliakie durch eine Gewebebiopsie abgesichert, ist ein lebenslanger Glutenverzicht für die Patienten unerlässlich. Anders ist die Situation bei Gluten-/ Weizensensitivität, bei der eine ähnliche Symptomatik wie bei Zöliakie vorliegen kann. Da es keine eindeutigen Marker gibt, müssen zunächst Zöliakie und eine Weizenallergie ausgeschlossen werden. Wenn sich bei einer anschließenden glutenfreien Ernährung, die über 6 – 8 Wochen durchgeführt werden sollte, eine spürbare Besserung einstellt, deutet dies auf eine Gluten-/Weizensensitivität hin. „Der Glutenverzicht muss von diesen Patienten nicht für immer beibehalten wer-
den“, erläuterte Zopf. Eine entzündete Darmschleimhaut kann sich infolge der Ernährungsumstellung oft wieder regenerieren, sodass die Patienten wieder gewisse Mengen Gluten vertragen. „Daher sollten nach der Karenzphase wieder geringe Mengen glutenhaltiger Nahrung bis zum individuellen Schwellenwert eingeführt werden“, so die Empfehlung der Gastroenterologin. Glutenverzicht zeigt auch beim Reizdarm Effekte
Auch das relativ häufig auftretende Reizdarmsyndrom kann in Zusammenhang mit Getreideverzehr stehen. Inwieweit ein Glutenverzicht den Patienten zu einer Besserung verhilft, ist individuell sehr unterschiedlich. Nach bisheriger Studienlage profitiert etwa die Hälfte der Patienten von einer glutenfreien Ernährung. Deutlicher belegt ist der Effekt eines Verzichts auf FODMAPs (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole), der daher auch von den Leitlinien als FirstlineTherapie empfohlen wird. Zu den FODMAPS gehören auch Fruktane, die als Speicherkohlenhydrate in Weizen enthalten sind. „Da eine Eliminierung der FODMAPs aus der Ernährung sehr komplex und mit einem Verzicht auf eine Vielzahl von Nahrungsmitteln verbunden ist, lohnt es sich, diejenigen Patienten zu identifizieren, die bereits durch eine relativ einfach durchzuführende Glutenkarenz beschwerdefrei werden“, empfahl Zopf. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass glutenfreie Getreide und glutenfreie Produkte aus dem Handel Untersuchungen zufolge meist einen reduzierten FODMAP-Gehalt aufweisen. Fabian Sandner, Nürnberg
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Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2020:
Erweiterte Optionen zur Migräneprophylaxe In die medikamentöse Behandlung von Patienten mit Migräne ist in den vergangenen Jahren Bewegung gekommen: Die CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide)-Antikörper zur Migräneprophylaxe haben die Behandlungsoptionen bei erfolglos vorbehandelten Patienten erweitert. Dies war ein Schwerpunktthema beim virtuellen Deutschen Schmerz- und Palliativtag 2020 der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS). Erste praktische Erfahrungen mit CGRP-Antikörpern bestätigen weitgehend Ergebnisse der klinischen Zulassungsstudien. Für ältere Menschen mit Migräne sind die Therapieoptionen allerdings noch eingeschränkt. „So wie die Triptane vor 2 Jahrzehnten die Qualität der Schmerztherapie im akuten Migräneanfall maßgeblich verbessert haben, erweitert die Einführung biologischer Hemmstoffe gegen CGRP zur Migräneprophylaxe die Behandlungsoptionen heute“, sagte Dr. Astrid Gendolla, Neurologin aus Essen und Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS). CGRP ist ein Schmerzbotenstoff (Neuropeptid), der während einer Migräneattacke freigesetzt wird und stark gefäßerweiternd wirkt. Zugelassen sind derzeit drei CGRP-Inhibitoren, die entweder direkt am Molekül oder am CGRPRezeptor angreifen. Klinische Erfahrungen mit diesen Substanzen jenseits der Zulassungsstudien wurden beim virtuellen Deutschen Schmerz- und Palliativtag 2020 diskutiert. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Nach drei Monaten Wirksamkeit beurteilen
Ein erstes Fazit: Bei einem großen Teil der multipel vorbehandelten Patienten nimmt unter der Therapie mit diesen neuen Substanzen die Attackenfrequenz ab, die Dauer der Attacken verkürzt sich und die Intensität der Kopfschmerzen ist reduziert. „Allerdings lässt sich nicht vorhersagen, welcher Migränepatient auf welche Substanz reagiert“, betonte Gendolla. Die Kopfschmerzspezialistin empfahl, Patienten mindestens 3 Monate mit ein und demselben Prophylaktikum zu behandeln, bevor das Ansprechen abschließend beurteilt wird. Sie wies außerdem darauf hin, dass die Substanzgruppe bislang nur dann angewendet werden darf, wenn alle bislang üblichen Therapieversuche zur Migräneprophylaxe erfolglos ausgeschöpft worden sind. Die Verträglichkeit der neuen Medikamente hat sich in klinischen Studien und in der bisherigen klinischen Praxis als gut erwiesen. Gendolla: „Zumindest aus Deutschland sind mir keine Berichte bekannt, wonach ein Patient aufgrund von Nebenwirkungen die Behandlung mit CGRP-Antikörpern abgebrochen hätte.“ Umgang mit Komorbiditäten bei Migräne
Ein Problem in der Migränetherapie stellen Komorbiditäten dar, vor allem bei älteren Menschen. So sind Triptane nur bis zum 65. Lebensjahr zugelassen, für ältere Migränepatienten gibt es kaum klinischen Daten. Beim Vorliegen kardiovaskulärer Erkrankungen sind Triptane kontraindiziert. CGRP-Antikörper sind bei ent-
sprechenden Vorerkrankungen ebenfalls nicht zugelassen. Zudem steigt im Alter die Häufigkeit von Kopfschmerzen anderer Ursache, auch bei Migränepatienten, zum Beispiel bei Bluthochdruck oder bei Vorliegen eines SchlafapnoeSyndroms. Dies muss in der Diagnostik berücksichtigt werden. Manchmal lassen sich zwei Probleme auf einmal lösen, etwa indem ein hoher Blutdruck mit Betablockern gesenkt wird, die zugleich migräneprophylaktisch wirken. Dennoch besteht weiterhin Bedarf an neuen Medikamenten für Migränepatienten, die keine Triptane einnehmen können. Solche Substanzen werden derzeit entwickelt. Pressemeldung der DSG
Experten-Roundtable:
Frauen im Fokus „Frauen machen sich vielerlei Gedanken um die Schwangerschaft und möchten ihrem Kind den bestmöglichen Start ins Leben ermöglichen. Sie sorgen sich beispielsweise um die Gesundheit ihres Kindes, oder ob sie bei Ernährung und Verhalten in der Schwangerschaft alles richtig machen. Dies steht im Einklang mit den Ergebnissen des Mama-Monitors“, erklärte der Gynäkologe Dr. Matthias Krick, Moers, im Rahmen eines Experten-Roundtables. Der „Mama-Monitor – von Wunsch bis Wunder“ ist eine im Jahr 2019 durchgeführte repräsentative Umfrage unter 2.000 Frauen mit Kinderwunsch, Schwangeren und stillenden Müttern in Deutschland. Die Auswertung zeigt, dass fast alle Frauen wissen, dass der Nährstoffbedarf in diesen Lebensphasen erhöht ist.
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Gesunde Ernährung alleine reicht nicht aus
„Die meisten Frauen wissen außerdem, dass eine ausgewogene Ernährung die Entwicklung des Kindes positiv beeinflussen kann. Eine gesunde Ernährung alleine reicht jedoch nicht aus. So sind mehr als 80 % der Frauen schon vor Eintritt einer Schwangerschaft unzureichend mit Folsäure versorgt. Eine adäquate Versorgung mit Folaten ist aber insbesondere in den ersten Wochen der Schwangerschaft entscheidend für die Entwicklung des Kindes“, betonte Krick und ergänzte: „Daher wird Frauen mit Kinderwunsch empfohlen, schon vor der Empfängnis zusätzlich zu einer folatreichen Ernährung ein Folsäure-Supplement einzunehmen.“ Studien zufolge senkt die präkonzeptionelle Folsäure-Supplementierung das Risiko für Neuralrohrdefekte um 70 %. Elevit® – abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse in Schwangerschaft und Stillzeit
Eine gute Empfehlung zur Folsäure-Supplementierung bei Kinderwunsch und in der Schwangerschaft bis zum Ende des ersten Trimesters ist Elevit® 1, das pro Kapsel 800 μg Folat in Form von Folsäure und Metafolin® enthält und dazu beiträgt, rasch präventiv relevante Folatspiegel zu erreichen. Elevit® 1 enthält außerdem Zink, was besonders zu Beginn der Schwangerschaft bei der Eizellreifung eine bedeutende Funktion hat. Elevit® 2 unterstützt mit den Omega-3-Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA) die Entwicklung von Gehirn und Augen des Fötus ab der 13. Schwangerschaftswoche. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Elevit® 3 adressiert den besonderen Nährstoffbedarf von Mutter und Kind während der Stillzeit, beispielsweise unterstützen das darin enthaltene Zink und Vitamin C das Immunsystem. „Nährstoffsupplemente wie Elevit® können zu einer bedarfsgerechten Versorgung von Mutter und Kind wahrend der Phasen Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillzeit beitragen. Außerdem gibt die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln Frauen das gute Gefühl, umfangreich versorgt zu sein, unterstrich Krick. Vaginale Mykosen verursachen hohen Leidensdruck
Im zweiten Teil des ExpertenRoundtables stand die Vaginalmykose im Fokus – eine Infektion, von der jede Frau mindestens einmal im Leben betroffen ist. Wie der Mykologe Professor Hans-Jürgen Tietz, Berlin, erläuterte, gehen die mit einer vaginalen Pilzinfektion verbundenen Beschwerden wie Juckreiz, Rötung und Ausfluss mit einem hohen Leidensdruck der betroffenen Patientinnen einher. Häufigster Erreger einer Vaginalmykose ist Candida albicans, der für über 90 % der Erkrankungen verantwortlich ist.“ Zur Therapie von Vaginalmykosen empfehlen WHO und die Paul-Ehrlich-Gesellschaft das von Bayer entwickelte Antimykotikum Clotrimazol, enthalten z.B. in Canesten® Gyn Once und Canesten® Gyn 3-Tage-Kombi. Die WHO hat Clotrimazol sogar in ihre Liste der unverzichtbaren Medikamente aufgenommen.
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1-Tages- und 3-TageKombitherapie für die individuelle Empfehlung
Die 1-Tages- (Canesten® Gyn Once) sowie die 3-Tage-Kombitherapie haben sich in einer Studie* als vergleichbar wirksam und verträglich erwiesen. Gynäkologen können daher in der Praxis die aus ihrer Sicht individuell am besten geeignete Therapieform empfehlen. „Für die 1-Tages-Kombitherapie spricht der Wunsch nach einer unkomplizierten kurzen Behandlung oder einem besonders schnellen Rückgang der Symptome. Die 3-Tage-Kombitherapie kommt dem Wunsch nach einer längeren aktiven Behandlungsphase entgegen“, erläuterte Tietz. Höhere Löslichkeit und Bioverfügbarkeit durch Milchsäurezusatz
Die Vaginaltabletten sowohl der Canesten® Gyn 1-Tages- als auch der 3-Tage-Kombitherapie enthalten neben Clotrimazol auch einen Zusatz von Milchsäure. „Die Synergie einer solchen Kombination besteht in der schnellen und optimalen Freisetzung von Clotrimazol aus der Vaginaltablette. Sie entspricht der Biologie des Erregers, der bei einem sauren pH-Wert am empfindlichsten ist“, sagte Tietz. „Entsprechend gilt: Je saurer das therapeutische Milieu, desto wirksamer ist die Therapie.“ Elisabeth Wilhelmi, München * Tietz HJ, Becker NH. Gyne 2011;11:12-15
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Ivacaftor auch zur Behandlung der Cystischen Fibrose zugelassen Ursache der Cystischen Fibrose (CF, Mukoviszidose) ist ein defektes oder fehlendes CFTR-Protein als Folge von Mutationen im Cys tic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR)-Gen. Um an CF zu erkranken, muss ein Kind 2 defekte CFTR-Gene – von beiden Elternteilen jeweils eines – geerbt haben. Es sind etwa 2.000 Mutationen im CFTR-Gen bekannt. Die Mutationen werden mittels Gentests bzw. Genotypisierung nachgewiesen. Manche dieser Mutationen, als krankheitsauslösend bekannt sind derzeit 352, haben zur Folge, dass an der Zelloberfläche zu wenig oder ein dysfunktionales CFTR-Protein vorhanden ist. Da die CFTR-Kanäle das Ausströmen von Chloridionen und Wasser aus den Epithelzellen verschiedener Organe regulieren, werden bei Mutationen im CFTR-Gen Körpersekrete wie der Schleim in der Lunge dickflüssig und zäh und beeinträchtigen so die Funktionen lebenswichtiger Organe. In den Atemwegen kann der zähe Schleim chronische Lungeninfektionen und eine fortschreitende Schädigung der Lunge verursachen, die schließlich zum Tod führt. In Deutschland lag im Jahr 2018 das mittlere Sterbealter an Mukoviszidose erkrankter Menschen bei 34,5 Jahren.
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Ivacaftor wirkt als Potentiator des CFTR-Proteins
Am 10. Juni 2020 hat die Europäische Kommission die Zulassung für Ivacaftor (Kalydeco®) erweitert. Der CFTR-Modulator kann nun auch zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit CF im Alter ab 6 Monaten mit einem Körpergewicht von mehr als 5 kg angewendet werden, die eine R117H-Mutation im CFTR-Gen tragen. Ivacaftor ist in Europa bereits für die Behandlung von CF-
Patienten im Alter von mindestens 18 Jahren mit einer R117H-Mutation zugelassen; außerdem ist es indiziert für die Behandlung von CF-Patienten ab 6 Monaten mit einem Körpergewicht von mehr als 5 kg, die eine der 9 folgenden Mutationen des CFTR-Gens aufweisen: G551D, G1244E, G1349D, G178R, G551S, S1251N, S1255P, S549N oder S549R. R117H ist die häufigste CF verursachende Mutation, bei der das CFTR-Protein eine Restaktivität aufweist.
Als erstes Arzneimittel setzt Ivacaftor bei Menschen mit spezifischen Mutationen im CFTR-Gen durch Bindung an das CFTRProtein an dem der Erkrankung zugrunde liegenden Proteindefekt an. Der CFTR-Potentiator kann CFTR-Proteine an der Zelloberfläche länger offen halten und so den Transport von Salz und Wasser durch die Zellmembran verbessern. Das hilft, den Schleim in den Atemwegen zu verflüssigen und abzutransportieren. S. M.
Titelbild: Für Menschen, die an Zöliakie oder einer Gluten-Weizensensitivität leiden, sind Lebensmittel tabu, die Gluten enthalten, zum Beispiel Weizen, Gerste und Roggen, aber auch alte Getreidearten wie Dinkel, Hartweizen, Emmer und Einkorn. Für die Ernährungstherapie von getreideassoziierten Erkrankungen stehen heute viele Produkte aus glutenfreiem Getreide wie Mais, Reis, Hirse und Buchweizen zur Verfügung (Quelle: Dr. Schär). Herausgeber: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, Deutsches Institut für Gesundheits forschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Univ.-Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Leiter Bereich Kardiologie RZP Potsdam und Geschäftsführer BBGK e.V. Berlin Konstanzer Straße 61 10707 Berlin Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. M. Alexander, Infektiologie, Berlin Prof. Dr. L. Beck, Gynäkologie, Düsseldorf Prof. Dr. Berndt, Innere Medizin, Berlin Prof. Dr. H.-K. Breddin, Innere Medizin, Frankfurt/Main Prof. Dr. K. M. Einhäupl, Neurologie, Berlin Prof. Dr. E. Erdmann, Kardiologie, Köln Prof. Dr. Dr. med. E. Ernst, University of Exeter, UK Prof. Dr. K. Falke, Anästhesiologie, Berlin Prof. Dr. K. Federlin, Innere Medizin, Gießen Prof. Dr. E. Gerlach, Physiologie, München Prof. Dr. H. Helge, Kinderheilkunde, Berlin Prof. Dr. R. Herrmann, Onkologie, Basel Prof. Dr. W. Jonat, Gynäkologie, Hamburg Prof. Dr. H. Kewitz, Klin. Pharmakol. Berlin Prof. Dr. B. Lemmer, Pharmakologie, Mannheim/Heidelberg
Prof. Dr. med. R. Lorenz, Neurochirurgie, Frankfurt Prof Dr. J. Mann, Nephrologie, München Dr. med. Veselin Mitrovic, Kardiologie, Klinische Pharmakologie, Bad Nauheim Prof. Dr. R. Nagel, Urologie, Berlin Prof. Dr. E.-A. Noack, Pharmakologie, Düsseldorf Prof. Dr. P. Ostendorf, Hämatologie, Hamburg Prof. Dr. Th. Philipp, Innere Medizin, Essen Priv.-Doz. Dr. med. B. Richter, Ernährung – Stoffwechsel, Düsseldorf Prof. Dr. H. Rieger, Angiologie, Aachen Prof. Dr. H. Roskamm, Kardiologie, Bad Krozingen Prof. Dr. E. Rüther, Psychiatrie, Göttingen Prof. Dr. med. A. Schrey, Pharmakologie, Düsseldorf Dr. Dr. med. C. Sieger, Gesundheitspolitik u. Gesundheitsökonomie, München Prof. Dr. E. Standl, Innere Medizin, München Prof. Dr. W. T. Ulmer, Pulmologie, Bochum Schriftleitung: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, Deutsches Institut für Gesundheits forschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Telefon: 037437 557-0 Bibliothek: 037437 2214 [Library] E-Mail DIG: info@d-i-g.org E-Mail persönlich: k.l.resch@d-i-g.org
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Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. Hinweise zur Meldung von Nebenwirkungen, siehe Abschnitt 4.8 der Fachinformation.
Lantarel® 2,5 mg/7,5 mg/10 mg; Tabletten; Lantarel® FS 7,5 mg/10 mg/15 mg/20 mg/25 mg; Fertigspritze; Injektionslösung i.m./i.v./s.c.; Wirkstoff: Methotrexat-Dinatrium; Zusammensetzung: Wirkstoff: Tbl.: 1 Tbl. enth. 2,74 mg/8,22 mg/10,96 mg Methotrexat-Dinatrium (entspr. 2,5 mg/7,5 mg/10 mg Methotrexat). Inj.-lsg.: 1 Fertigspritze m. 0,3 ml/0,4 ml/0,6 ml/0,8 ml/1ml Inj.-lsg. enth. 8,22 mg/10,96 mg/16,44 mg/21,92 mg/27,41 mg Methotrexat-Dinatrium (entspr. 7,5 mg/10 mg/15 mg/20 mg/25 mg Methotrexat). Sonst. Bestandteile: Tbl.: Lactose-Monohydrat, vorverkleisterte Stärke (Mais), Magnesiumstearat. Inj-lsg.: Natriumchlorid, Natriumhydroxid (z. pH-Wert-Einstell.), Wasser f. Inj.-zwecke. Anwendungsgebiete: Schw. Formen d. akt. rheumatoiden Arthritis (RA) (chron. Polyarthritis), wenn Ther. mit and. Basistherapeutika od. NSAIDs nicht ausr. wirksam ist od. nicht vertragen wird, b. primär bes. aggr. verlaufenden („malignen“) Formen d. RA. Polyarthritische Formen der schw. akt. juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) ab dem 3. Lebensj. b. mangelndem Anspr. auf NSAIDs. Schw. Formen d. Psoriasis vulgaris, insb. vom Plaque-Typ, u. d. Psoriasis arthropathica, d. m. einer konv. Ther. nicht ausr. behandelbar sind. Gegenanzeigen: Überempfindlichk. gegen d. Wirkstoff od. e. d. sonst. Bestandt. Schw. u./ od. best. aktiv. Infekt. Stomatiden, Ulzera d. Magen-Darm-Trakts. Schw. Nierenfunkt.-stör. (KrCl <30 ml/min). Ausgeprägte Leberfunkt.-einschränk. Vorbestehende Erkrank. des blutbild. Systems. Immundefizienz. Erhöhter Alkoholkonsum, alkoholbed. Lebererkrank. od. a. chron. Lebererkrank. Schwangerschaft, Stillzeit kontraindiziert. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Thrombopenie, Leukopenie; Kopfschm, Schwindel; Husten; Appetitlosigk., Diarrhö, Bauchschm., Übelk., Erbr., Entzünd. u. Ulzerat. d. Mund- u. Rachenschleimh.; Anstieg d. Leberenzyme (ALAT, ASAT, AP) u. Bilirubins; Alopezie; erniedrigte KrCl; Asthenie, Erschöpf. u. Unwohlsein. Häufig: Herpes Zoster; Anämie, Panzytopenie, Knochenmarkdepress., Agranulozytose; Benommenh., Parästhesie; Konjunktivitis; Lungenkomplikat., interstit. Alveolitis/ Pneumonitis (auch Todesfälle); Exantheme, Erytheme, Juckreiz, Photosensibilität, Hautulzerat. Gelegentl.: opportunist. Infekt., d. tödl. verlaufen können; maligne Lymphome; allerg. Reakt. b. z. anaphylakt. Schock, Immunsuppress.; Diabetes mellitus; Depress.; Hemiparese, Verwirrth., Krampfanfälle, Leukenzephalopathie/ Enzephalopathie; Vaskulitis, allerg. Vaskulitis; Lungenfibrose, Pleuraerguss; gastrointest. Ulzerat. u. Blut., Pankreatitis; Hepatotox., hepat. Steatose, chron. Leberfibrose u. Leberzirrhose, Abfall d. Serumalbumins; als schw. tox. Erschein.: herpetiforme Hauterupt., SJS, TEN; Urtikaria, verstärkte Pigmenti. d. Haut, Nodulosis, schmerzh. Erosionen v. psoriat. Plaques, Wundheilungsstör.; Arthralgie, Myalgie, Osteoporose; Nephropathie, Nierenversagen, Zystitis m. Ulzerat. (evtl. m. Hämaturie), Blasenentleerungsstör., Dysurie, Oligurie, Anurie; fetale Missbild.; vaginale Ulzerat. u. Entzünd.; Pyrexie; Selten: Sepsis (einschl. tödl. verlauf.); megaloblast. Anämie; Stimmungsschwank., vorübergehende Wahrnehmungsstör.; Parese, Sprachstör. einschl. Dysarthrie u. Aphasie; Sehstör., z. T. schwerwieg., Retina-Venenthrombose; Hypotonie, thromboembolische Ereign. (einschl. arter. Thrombose, zerebr. Thrombose, Thrombophlebitis, tiefer Venenthrombose); Pharyngitis, Atemstillstand, Lungenembolie; Enteritis, Gingivitis, Meläna; akute Hepatitis; Akne, Petechien, Ekchymosen, Erythema multiforme; erythematöse Hautausschläge, verstärkte Pigmentier. d. Nägel, Onycholyse; Belast.-fraktur; Hyperurikämie, erhöhte Harnstoff- u. Kreatinin-Konz. i. Serum, Azotämie; Abort; vorübergeh. Oligospermie, vorübergeh. Menstruationsstör. Sehr selten: HSV-Hepatitis, Kryptokokkose, Histoplasmose, ZMV-Infekt. (einschl. Pneumonie), disseminierter HSV, Nokardiose, PjP; aplast. Anämie, Eosinophilie, Neutropenie, Lymphadenopathie (z. T. reversibel), lymphoproliferative Erkrank.; Hypogammaglobulinämie; Muskelschwäche u. Schm. i. d. Extremit., Dysgeusie (metall. Geschmack), akute asept. Meningitis, Meningismus (Lähm., Erbr.), Hirnnervensyndr.; periorbitale Ödeme, Blepharitis, Epiphora, Photophobie, vorüberg. Erblind., Sehverlust; Perikarditis, Perikardtamponade, Perikarderguss; chron. interstit. Lungenerkrank., Asthma bronchiale-ähnl. Reakt. m. Husten, Dyspnoe, patholog. Befund i. Lungenfunkt.-test; Hämatemesis; akut. Lebernekrose, akut. Leberzerfall, Leberversagen; Furunkulose, Teleangiektasie, akut. Paronychie; Hämaturie, Proteinurie; fetaler Tod; gestörte Oogenese/ Spermatogenese, Unfruchtbark., Zyklusstör., Libidoverlust, Impotenz, Scheidenausfluss, Gynäkomastie. Häufigkeit nicht bekannt: Pneumonie, Reaktivier. e. Hepatitis-B-Infekt., Verschlechter. e. Hepatitis-C-Infekt.; Hautkrebs; Krampfanfälle, Neurotoxizität, Arachnoiditis, Paraplegie, Stupor, Ataxie, Demenz, Druckerhöh. d. Liquor cerebrospinalis, Leukenzephalopathie/ Enzephalopathie; Retinopathie; Hypoxie, pulmonale alveoläre Blut.; nichtinfekt. Peritonitis, tox. Megakolon, Darmperforat., Glossitis; DRESS-Syndrom, Dermatitis; Osteonekrose, Osteonekrose d. Kiefers (sek. zu lymphoproliferativen Erkrank.); urogenitale Dysfunkt.; Brustschm., Schüttelfrost, Nekrose an d. Injektionsstelle. i.m.: gelegentl. lokale NW an d. Inj.-stelle (brennendes Gefühl) od. Gewebeschäden (Bild. steriler Abszesse, Untergang v. Fettgewebe), s.c.: mild ausgeprägte lokale Hautreakt. Warnhinweise: V. a. b. ält. Pat. wurden nach versehentl. tgl. Anw. d. Wo.-dos. Todesfälle gemeldet. Pat. ausdrücklich darauf hinw.: nur 1-mal wöchentl. an festgel. Wochentagen u. b. Auftreten v. Vergift.-erschein. unmittelbar d. Arzt aufsuchen. Lantarel FS: Enth. Natrium < 1 mmol (23 mg) pro FS. Lantarel Tbl.: Enth. Lactose. Weitere Informationen s. Fach- u. Gebrauchsinformation. Abgabestatus: Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: PFIZER PHARMA PFE GmbH, Linkstr. 10, 10785 Berlin. Stand: November 2019