Journal 05-2020

Page 1

ISSN 1432-4334 JAHRGANG 29 HEFT 5 November 2020

FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE

JOURNAL OF PHARMACOLOGY AND THERAPY

ADHS bei Erwachsenen Fortgeschrittenes kleinzelliges Lungenzellkarzinom: Durvalumab verbessert (Über-)Lebensperspektiven Malignes Melanom: Patienten profitieren auch langfristig von der zielgerichteten Encorafenib/Binimetinib-Kombinationstherapie Arthroseschmerzen: Vorteile einer Fixkombination aus Naproxen plus Esomeprazol Langzeittherapie der Multiplen Sklerose – mehr Sicherheit und Adhärenz mit Glatirameracetat Symptom Husten: Paradigmenwechsel in der Selbstmedikation? Schneller gesund mit pflanzlichem Antiinfektivum – so gewinnt die Abwehr gegen Atemwegsviren Isatuximab – eine neue Behandlungsoption für das rezidivierte und refraktäre multiple Myelom Reisediarrhö: Rifamycin SV-MMX® wirkt gezielt im Dickdarm Kaftrio® plus Kalydeco® – eine neue Kombination zur Behandlung der Cystischen Fibrose

VERLAG

PERFUSION


Bei erwachsenen Patienten mit nicht-resezierbarem oder metastasiertem Melanom mit einer BRAF-V600-Mutation.a

DIE DIE

KRAFT ÜBER ÜBER SICH SICH HINAUSZUWACHSEN HINAUSZUWACHSEN IN DER ZIELGERICHTETEN BRAF + MEK THERAPIE IN DER ZIELGERICHTETEN BRAF + MEK THERAPIE

BRAFTOVI® + MEKTOVI® vs. Vemurafenib1-4 BRAFTOVI® MEKTOVI® vs. Vemurafenib1-4 medianes PFS+von 14,9 Monaten

• gegenüber 7,3 Monaten PFS von 14,9 Monaten • medianes gegenüber 7,3 Monaten OS von 33,6 Monaten • medianes gegenüberOS Monaten medianes von 33,6 Monaten • gegenüber 16,9 16,9 Monaten ein günstiges Sicherheitsprofil • bieten gegenüber Vemurafenib. ein günstiges Sicherheitsprofil • bieten gegenüber Vemurafenib. (HR 0,54 [95 % KI 0,41-0,71], p < 0,0001)

(HR 0,54 [95 % KI 0,41-0,71], p < 0,0001)

(HR 0,61 [95 % KI 0,47-0,79], nominellesb p < 0,0001)

(HR 0,61 [95 % KI 0,47-0,79], nominellesb p < 0,0001)

a  1 3

BRAFTOVI® und MEKTOVI® sind nur in Kombination miteinander zugelassen. b Deskriptive Analyse aufgrund hierarchischer Testung. Fachinformation BRAFTOVI®, Pierre Fabre Médicament, 06/2020. 2 Fachinformation MEKTOVI®, Pierre Fabre Médicament, 11/2018. Dummer R et al., Lancet Oncol. 2018;19(5):603-15. 4 Dummer R et al., Lancet Oncol. 2018;19(10):1315-27.

MEL-190123-a-DE

Braftovi® 50 mg/75 mg Hartkapseln. Wirkstoff: Encorafenib. Zus.: 1 Hartkapsel enth. 50 mg/75 mg Encorafenib. Sonst. Bestandt.: Kapselinhalt: Copovidon (E 1208), Poloxamer 188, mikrokristall. Cellulose (E 460i), Bernsteinsäure (E363), Crospovidon (E1202), hochdisperses Siliciumdioxid (E551), Magnesiumstearat (E470b). Kapselhülle: Gelatine (E441), Titandioxid (E171), Eisen(III)-oxid (E172), Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172), Eisen(II,III)-oxid (E172). Druckertinte: Schellack (E 904), Eisen(II,III)-oxid (E 172), Propylenglykol (E 1520). Anw.: Encorafenib in Kombin. m. Binimetinib zur Behandl. von Erw. m. nicht-resezierbarem od. metastasiertem Melanom mit BRAF-V600-Mutation. Encorafenib in Kombin. m. Cetuximab zur Behandl. von Erw. m. metastasiertem Kolorektalkarzinom mit einer BRAF-V600E-Mutation, die eine syst. Vortherapie erhalten haben. Gegenanz.: Überempfindlichk. gg. d. Wirkstoff od. einen d. sonst. Bestandt. Nebenw. bei gleichztg. Anw. von Braftovi und Binimetinib zur Beh. des Melanoms: Sehr häufig: Anämie, periph. Neuropathie, Schwindelgefühl, Kopfschm., Sehstörungen, Ablösung retinales Pigmentepithel, Blutungen, Hypertonie, Abdominalschm., Diarrhoe, Erbrechen, Übelkeit, Obstipation, Hyperkeratose, Hautausschlag, trock. Haut, Pruritus, Alopezie, Arthralgie, Muskelerkrankungen/Myalgie, Rückenschm., Schm. in d. Extremitäten, Pyrexie, periph. Ödem, Fatigue, Anstieg Kreatinkinase im Blut, Anstieg Transaminasen, Anstieg Gamma-Glutamyl-Transferase. Häufig: Plattenepithelkarzinom d. Haut, Basalzellkarzinom, Papillom d. Haut, Überempfindlichk., Geschmacksstörung, Uveitis, linksventrikul. Dysfunktion, venöse Thromboembolie, Kolitis, akneiforme Dermatitis, palmar-plantares Erythrodysästhesiesyndrom, Erythem, Pannikulitis, Photosensitivität, Nierenversagen, Anstieg von: Kreatinin im Blut, alkal. Phosphatase im Blut, Amylase, Lipase. Gelegentl.: Gesichtslähmung, Pankreatitis, Rhabdomyolyse. Bei alleiniger Anw. v. Braftovi im Rahmen von klin. Studien mit Melanom-Pat.: Sehr häufig: Papillom d. Haut, melanozytärer Nävus, vermind. Appetit, Schlaflosigk., Kopfschm., periph. Neuropathie, Geschmacksstörung, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, palmar-plantares Erythrodysästhesie-Syndrom, Hyperkeratose, Hautausschlag, trock. Haut, Pruritus, Alopezie, Erythem, Hyperpigment. d. Haut, Arthralgie, Myalgie, Schm. in d. Extremitäten, Rückenschm., Fatigue, Pyrexie, Anstieg Gamma-Glutamyl-Transferase. Häufig: Plattenepithelkarzinom d. Haut, neues prim. Melanom, Überempfindlichk., Gesichtslähmung, supraventrikul. Tachykardie, akneiforme Dermatitis, Exfoliation der Haut, Photosensitivität, Arthritis, Nierenversagen, Anstieg von: Transaminasen, Kreatinin im Blut, Lipase. Gelegentl.: Basalzellkarzinom, Uveitis, Pankreatitis, Anstieg Amylase. Nebenw. bei gleichztg. Anw. von Braftovi und Cetuximab zur Beh. des Kolorektalkarzinoms: Sehr häufig: Melanozytärer Nävus, vermind. Appetit, Schlaflosigk., periph. Neuropathie, Kopfschm., Blutungen, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Abdominalschm., Diarrhoe, akneiforme Dermatitis, Hautausschlag, trock. Haut, Pruritus, Arthralgie/muskuloskelettale Schm., Myopathie/Muskelerkrankungen, Schm. in d. Extremitäten, Rückenschm., Fatigue, Pyrexie. Häufig: Plattenepithelkarzinom d. Haut, Papillom d. Haut, neues prim. Melanom, Überempfindlichk., Schwindelgefühl, Geschmackstörung, supraventrikul. Tachykardie, Hyperpigment. d. Haut, palmar-plantares Erythrodysästhesie-Syndrom, Hyperkeratose, Alopezie, Erythem, Nierenversagen, Anstieg Kreatinin im Blut, Anstieg Transaminasen. Gelegentlich: Basalzellkarzinom, Pankreatitis, Exfoliation der Haut, Anstieg Amylase, Anstieg Lipase. Nicht über 30° C lagern. Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Verschreibungspflichtig. Weitere Hinweise: siehe Fachinformation. Stand: 06/2020. Pierre Fabre Pharma GmbH, Jechtinger Str. 13, 79111 Freiburg. Mektovi® 15 mg Filmtabletten. Wirkstoff: Binimetinib. Zus.: 1 Filmtablette enth. 15 mg Binimetinib. Sonst. Bestandt.: Tablettenkern: Lactose-Monohydrat, mikrokristall. Cellulose (E460i), hochdisperses Siliciumdioxid (E551), Croscarmellose-Natrium (E468), Magnesiumstearat (E470b). Überzug: Poly(vinylalkohol) (E1203), Macrogol 3350 (E1521), Titandioxid (E171), Talkum (E533b), Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172), Eisen(II,III)-oxid (E172). Anw.: Binimetinib in Kombin. m. Encorafenib zur Behandl. von Erw. m. nicht-resezierbarem o. metastasiertem Melanom mit BRAF V600 Mutation. Gegenanz.: Überempfindlichk. gg. d. Wirkstoff oder einen der sonst. Bestandt. Nebenw.: Sehr häufig: Anämie, periph. Neuropathie, Schwindelgefühl, Kopfschm., Sehstörungen, Ablösung retinales Pigmentepithel, Blutungen, Hypertonie, Abdominalschm., Diarrhoe, Erbrechen, Übelkeit, Obstipation, Hyperkeratose, Hautausschlag, trock. Haut, Pruritus, Alopezie, Arthralgie, Muskelerkrankungen/Myalgie, Rückenschm., Schm. in d. Extremitäten, Pyrexie, periph. Ödem, Fatigue, Anstieg Kreatinkinase im Blut, Anstieg Transaminasen, Anstieg Gamma-Glutamyl-Transferase. Häufig: Plattenepithelkarzinom d. Haut, Basalzellkarzinom, Papillom d. Haut, Überempfindlichk., Geschmacksstörung, Uveitis, linksventrikul. Dysfunktion, venöse Thromboembolie, Kolitis, akneiforme Dermatitis, palmar-plantares Erythrodysästhesiesyndrom, Erythem, Pannikulitis, Photosensitivität, Nierenversagen, Anstieg von: Kreatinin im Blut, alkal. Phosphatase im Blut, Amylase, Lipase. Gelegentl.: Gesichtslähmung, Pankreatitis, Rhabdomyolyse. Enthält Lactose. Packungsbeilage beachten. Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Verschreibungspflichtig. Weitere Hinweise: siehe Fachinformation. Stand: 11/2018. Pierre Fabre Pharma GmbH, Jechtinger Str. 13, 79111 Freiburg.


EDITORIAL

Nachdem es über die Sommermonate schon fast so ausgesehen hat, als wären wir in Sachen SARSCoV-2 über den Berg, steigen die Zahlen seit Ende August wieder an, im November trotz Teil-Shutdown numerisch über den Peak der ersten Welle im Frühjahr. Bei diesem „Vergleich“ ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Teststrategie im Frühjahr eine grundlegend andere war, sodass der Vergleich nur mit adjustierten Zahlen Sinn macht (eine grobe Annäherung dürfte die Gleichung „Herbstzahlen geteilt durch 3 = Frühjahrszahlen“ bieten). Eine weitere Adjustierung ist erforderlich, wenn man die Anzahl der zu einem Zeitpunkt infektiösen Personen benennen möchte. Das Robert Koch-Institut schätzt den sog. Manifestationsindex, also den Anteil der Infizierten, die auch tatsächlich erkrankt sind, in seinem Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19 (Stand 13.11.2020) unter Berufung auf insgesamt 3 systematische Reviews auf 55 – 85 %. Dem stehen Zahlen aus einer Vielzahl von Studien gegenüber, die eine erheblich höhere Dunkelziffer annehmen lassen. Die soeben veröffentlichten Ergebnisse der KoCo19-Studie, einer (ziemlich) repräsentativen, großen Stichprobe der Münchener Bevölkerung, ergab für das Frühjahr 2020 ein Verhältnis von 4 nicht dokumentierten Personen pro 1 positiv getesteten. Andere Antikörperstudien liegen noch deutlich darüber. Müßig, Haare zu spalten, welcher Anteil dieser Personen die Infektion ohne jeden Hauch eines Symptoms durchmachte. Ganz offensichtlich haben sehr viele Infizierte so blande und/oder unspezifische Symptome entwickelt, dass sie diese wohl eher mit einer gewöhnlichen Erkältung erklärt haben als mit COVID-19 und deshalb auch einen Test nicht für geboten hielten. Nur logisch und plausibel, dass solchermaßen „oligosymptomatische“ Personen sich wohl kaum aus freien Stücken für 14 Tage eine strikte Quarantäne auferlegt haben dürften … Warum das wichtig ist? Erstens, weil sie grundsätzlich als „Infektionsherde“ infrage kommen, und zweitens,

137

Mund-Nase-Bedeckungen: Augen zu und durch? weil sie eben kaum oder nicht von den typischen Symptomen Husten und Niesen geplagt waren, die mit der massenhaften Absonderung infektiöser (ballistischer) Tröpfchen assoziiert sind. Nur die aber werden durch die allenthalben getragenen und aktuell vielerorts verpflichtend zu tragenden Mund-NaseBedeckungen quantitativ in hohen Anteilen relevant zurückgehalten. Ansonsten sucht sich die Atemluft beim Ein- wie beim Ausatmen den Weg des geringsten Widerstands, also an den oft weit abstehenden seitlichen Bereichen und neben den Nasenflügeln sowie durch oft imponierend stylische, aber eben auch häufig aus ungeeigneten durchlässigen Materialien gefertigte „Alltagsmasken“. Gäbe es einen „MaskenTÜV“ mit kombinierter Bewertung des Materials, der Passform und der Anwendung (= korrektes Tragen), dann lassen wohl 90 % eine gewisse zurückhaltende Wirkung beim Husten und Niesen, aber wohl höchstens 10 % beim normalen Atmen erwarten (Schätzung aus dem Bauch heraus, aber vor dem Hintergrund inzwischen monatelanger Beobachtungen im eigenen Umfeld). Dieser Unterschied wird geflissentlich nicht berücksichtigt beim politischen „ceterum censeo“, dass Masken wirksam seien. Der übliche Verweis auf den im Auftrag der WHO erstellten, Ende Juni im Lancet publizierten systematischen Review [1] ist aus 3 Gründen fragwürdig: Erstens konnten nur 7 Studien mit insgesamt weniger als 500 Personen zu SARS-CoV-2 einbezogen werden (die meisten Studien/Fälle berichteten über SARS-CoV-1), zweitens wurden die meisten Studien in Gesundheitseinrichtungen und nicht „community based“ durchgeführt und drittens stammen die meisten Studien aus asiatischen Ländern, in

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

Prof. Dr. med. K.-L. Resch, Bad Elster

denen das Tragen von Masken seit Langem und mit hoher Compliance üblich ist. Das Robert Koch-Institut bietet zu ihrer diesbezüglichen Behauptung „eine Maske (MundNasen-Schutz oder Mund-NasenBedeckung) kann das Risiko einer Übertragung durch Partikel jeglicher Größe im unmittelbaren Umfeld um eine infizierte Person reduzieren“ bezeichnenderweise gar keine Referenz an. Vor diesem Hintergrund muss die Relevanz dieser in der deutschen Corona-Strategie prominent im Zentrum stehenden verhaltenspräventiven Maßnahme ernsthaft bezweifelt werden – zumindest in der praktizierten Form. Wenn die Tröpfcheninfektion aber möglicherweise gar nicht der Hauptübertragungsweg ist, sondern Aerosole, wie sie beim banalen, kontinuierlichen Ausatmen freigesetzt werden, dann sind auch die beiden anderen Maßnahmen der „AHA-Regel“ in ihrer Bedeutung zu hinterfragen, nämlich 1,5 m Abstand halten und Handhygiene. Dann müsste sich © VERLAG PERFUSION GMBH


INHALT

138

alle Aufmerksamkeit auf das „social distancing“, die Anzahl der Kontakte überhaupt, fokussieren. „Jeder Kontakt ist einer zu viel“, stellte der österreichische Kanzler Kurz in einer Pressekonferenz am 14.11. fest. Wem das zu weit geht, der muss zu einer Schutzmaske greifen, die den Namen auch verdient und die gleichermaßen den Träger wie sein Umfeld schützt: FFP 2-Masken mit gültiger CE-Nummer! Ergänzend müsste der Schwerpunkt am Ende vielleicht auf verhältnispräventive statt verhaltenspräventive Maßnahmen gesetzt werden. Das L für Lüften in der zaghaft auf „AHA+L“ erweiterten Regel ist grundsätzlich geeignet, vor allem in Räumen, in denen sich viele Menschen und damit auch potenzielle Spreader aufhalten, die Virenlast niedrig zu halten. Etablierte Technik wie die Erhöhung des Frischluftanteils und damit des Luftaustauschs durch bestehende Lüftungsanlagen sowie das Nachrüsten mit HEPAFiltern und/oder UVC-Einheiten können hier zuverlässig und wirksam das Infektionsrisiko erheblich senken. In kleineren Räumen können mobile Filtergeräte und/oder UVC-Geräte aufgestellt werden. Und nicht zuletzt könnte eine für die nächsten Wochen und Monate systematisch realisierte „gleitende Arbeitszeit“ (auch für Schüler!) der Überfüllung in öffentlichen Transportmitteln entgegenwirken – alles Maßnahmen, die nicht von der verzweifelten Hoffnung genährt sind, dass irgendetwas irgendwo vorne im Gesicht zumindest als Placebo wirkt und den Träger permanent an SARS-CoV-2 erinnert. Karl-Ludwig Resch, Bad Elster

Quelle 1 Chu DK et al., COVID-19 Systematic Urgent Review Group Effort (SURGE) study authors. Physical distancing, face masks, and eye protection to prevent person-to-person transmission of SARS-CoV-2 and COVID-19: a system­ atic review and meta-analysis. Lancet 2020;395:1973-1987

ÜBERSICHTSARBEIT ADHS bei Erwachsenen Brigitte Söllner

140

AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS Fortgeschrittenes kleinzelliges Lungenzellkarzinom: Durvalumab verbessert (Über-)Lebensperspektiven

148

Malignes Melanom: Patienten profitieren auch langfristig von der zielgerichteten Encorafenib/BinimetinibKombinationstherapie 152 Arthroseschmerzen: Vorteile einer Fixkombination aus Naproxen plus Esomeprazol

154

Langzeittherapie der Multiplen Sklerose – mehr Sicherheit und Adhärenz mit Glatirameracetat

155

Symptom Husten: Paradigmenwechsel in der Selbst­ medikation? 158 Schneller gesund mit pflanzlichem Antiinfektivum – so gewinnt die Abwehr gegen Atemwegsviren

159

NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL Isatuximab – eine neue Behandlungsoption für das rezidivierte und refraktäre multiple Myelom

162

Reisediarrhö: Rifamycin SV-MMX® wirkt gezielt im Dickdarm 164 Kaftrio® plus Kalydeco® – eine neue Kombination zur Behandlung der Cystischen Fibrose

167

RUBRIKEN Wissenswertes 150, 172 Kongresse 169

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

© VERLAG PERFUSION GMBH


Medikinet® adult: • 7 Wirkstärken von 5 – 60 mg • Bei Bedarf auch für die Zweimal­ gabe zugelassen • Optimierte Bioverfügbarkeit dank patentierter Galenik

1

Meistbenes verschrie nt e Medikam 2 ADHS bei adulter

Häßler, F. Die Psychiatrie 2007, 4(4): 266 – 275. 2 Nr. 1 der MPH­Präparate für Erwachsene nach Absatz. INSIGHT Health MAT 06/2019.

Medikinet® adult 5 mg, 10 mg, 20 mg, 30 mg, 40 mg, 50 mg, 60 mg. Wirkst.: Methylphenidathydrochlorid. Zus.setzg.: 1 Hartkps. enthält Methylphenidathydrochlorid 5 mg/10 mg/20 mg/30 mg/40 mg/50 mg/60 mg. Sonst. Best.teile: Kps.inhalt: Sucrose, Maisstärke, Methacrylsäure-Ethylacrylat-Copolymer, Talkum, Triethylcitrat, Poly(vinylalkohol), Macrogol 3350, Polysorbat 80, Na-hydroxid, Na-dodecylsulf., Simeticon, hochdispers. Si-dioxid, Methylcellul., Sorbinsäure, Indigocarmin-Al-hydroxid. Kps.hülle: Gelatine, Ti-dioxid, Na-dodecylsulfat, Ger. Wasser; zusätzl. b. 10 mg u. 20 mg: Erythrosin, Patentblau V; zusätzl. bei 30 mg, 40 mg, 50 mg u. 60 mg: Erythrosin, Fe(II, III)-oxid, Indigocarmin. Anw.: Im Rahmen einer therap. Ges.strategie zur Behandl. einer seit Kindesalter fortbest. Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Erw. ab 18 J., wenn sich and. therap. Maßn. allein als unzureich. erwiesen haben. Die Behandl. muss unter Aufsicht e. Spezialisten f. Verh.störungen durchgef. werden. Die Diagn. sollte anhand der gültigen DSM-Krit. o. Richt. in ICD-10 gestellt werden u. basiert auf e. vollst. Anamn. u. Unters. d. Pat. Diese schließen ein strukturiertes Interview inkl. SB-Skalen zur Erfassung d. akt. Sympt. d. Pat. ein. Die retrosp. Erf. d. Vorbest. e. ADHS im Kindesalt. muss anhand val. Instr. erfolgen. Die Diagn. darf sich nicht allein auf das Vorhandens. eines o. mehrerer Sympt. stützen. Gegenanz.: Überempfindlichkeit gg. den Wirkstoff o. einen der sonst. Bestandt.; Glaukom; Phäochromozytom; während od. inn. v. mind. 14 Tagen n. Einn. v. MAO-Hemmern; Hyperthyreose o. Thyreotoxikose; Diagn. o. Anamn. v. schw. Depr.; Anorexia nerv./anorekt. Störg.; Suizidneig.; psychot. Sympt.; schw. affekt. Störg.; Manie; Schizophr.; psychopath./Borderline-Pers.k.störg.; Diagn. o. Anamn. v. schw. u. episod. (Typ I) bipol. affekt. Störg.; vorbest. Herz-Kreislauf-Erkr. einschl. schw. Hypertonie, Herzinsuffizienz, art. Verschlusskrankh., Angina pec., hämodyn. signifik. angeb. Herzfehler, Kardiomyopathien, Myokardinf., Arrhythmien u. Kanalopathien; vorbest. zerebrovaskul. Erkrank.; bek. ausgepr. Anazidität d. Magens mit pH-Wert > 5,5, bei H2-Rezeptorenblocker- o. Antazidatherapie, Protonenp.-Inhibit. Nebenw.: Sehr häufig: Schlaflosigk., Nervos., Kopfschm. Häufig: Nasopharyng.; Anorexie, verm. Appetit, mäßig verr. Gewichts- u. Größenzunahme b. längerer Anw. b. Kindern; Affektlab., Aggression, Unruhe, Angst, Depression, Reizbark., anorm. Verh., Bruxismus, Panikattack., Stress; Schwindel, Dyskinesie, psychomot. Hyperakt., Schläfrigkeit; Arrhythmie, Tachykardie, Palpitationen; Hypertonie; Husten, Rachen- u. Kehlkopfschm.; Bauchschm., Durchfall, Übelkeit, Magenbeschw. u. Erbrechen; Mundtrockenh., Dyspepsie, Zahnschm.; Haarausfall, Pruritus, Hautausschl., Urtikaria; Hyperhidrosis; Arthralgie; Durst; Fieber; Veränd. v. Blutdr. u. Herzfreq. Gelegentlich: Gastroenteritis; Überempf. keitsreakt., wie z. B. angioneurot. Ödem, anaphylakt. Reakt., Ohrschwellung, bullöse u. exfol. Hauterkrank., Juckreiz, Eruptionen; psychot. Störg.; akust., opt. u. takt. Halluzinationen; Wut, Suizidgedank., Stimmungsänd. u. -schwankungen, Rastlosigk., Weinerlichk.; Tics, Verschlecht. best. Tics o. Tourette-Syndrom, erh. Wachheit, Schlafstörg., Anspannung; Sedierung, Tremor; Diplopie, verschw. Sehen; Brustschm.; Dyspnoe; Verstopfung; Anstieg v. Leberenzym.; Myalgie, Muskelzucken, Muskelverspann.; Hämaturie; Müdigk.; Herzgeräusch. Selten: Manie, Desorientierth., Libidostörg., Probl. b. d. Augenakkommodat., Mydriasis, Sehstörg., Angina pec., makul. Hautausschl., Erythem; Gynäkomastie. Sehr selten: Anämie, Leukopenie, Thrombozytopenie, thrombozytop. Purpura; Suizidvers. (einschl. vollend. Suizid), vorüberg. depr. Verstimmung, anorm. Denken, Apathie, stereotype Verh.weisen, Überfokussierung; Krampfanf., choreoathetoide Beweg., revers. ischäm. neurol. Defizit, NMS (schwach dokumentiert); Herzstillst., Myokardinf.; zerebr. Arteriitis u./o. Hirngef.verschl.; periphere Kälte, Raynaud- Phänom.; gestört. Leberfunkt. einschl. hepat. Koma; Erythema multif., exfoliat. Dermatitis, fix. AM-Exanthem; Muskelkrämpfe, plötzl. Herztod; erhöhte alkal. Phosphatase u. erh. Bilirubin im Blut; red. Thromboz.zahl, anorm. Zahl d. weißen Blutkörp. Nicht bekannt: Panzytopenie, Wahnvorstell., Denkstörungen, Verwirrtheitszust., Logorrhoe, zerebrovask. Erkrank. (einschl. Vaskulitis, Hirnblutungen, Schlaganf., zerebr. Arteriitis, Hirngefäßverschluss), Grand-Mal-Anfälle, GEMEINSAM Migräne, Dysphemie, supraventrikul. Tachykardie, Bradykardie, ventrikul. Extrasystolen, Extrasystolen, Trismus, Inkontinenz, Menstruationsstörungen, erektile Dysfunktion, Priapismus, verstärkte Erektion und Dauererektion, Thoraxbeschw., Hyperpyrexie. Hinw.: Es wurden Fälle v. Missbrauch u. Abhängigk. beschrieben, öfter b. sofort freisetzenden Darreichungsformen. Warnhinw.: Enth. Sucrose. Verschreibungspflichtig. Weitere Hinw. s. Fachinfo. Stand: 08/2020. BEGEGNEN MEDICE Pharma GmbH & Co. KG, Kuhloweg 37, 58638 Iserlohn. www.adhs-infoportal.de ► Eine Anleitung zur Verschreibung sowie Hilfsmaterialien zur ärztlichen Überwachung der Therapie finden Sie unter: http://www.methylphenidate-guide.eu/landing


ÜBERSICHTSARBEIT

140

ZUSAMMENFASSUNG Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) wird heute als eine Erkrankung aufgefasst, die sich in der Kindheit manifestiert und bei bis zu 80 % der Betroffenen im Erwachsenenalter persistiert. Dabei unterliegen die Kernsymptome Aufmerksamkeitsstörung, Hyperaktivität und Impulsivität meist altersabhängigen Veränderungen. Hinzu kommen in bis zu 85 % der Fälle Komorbiditäten, wie Suchterkrankungen, Persönlichkeits-, Angst- und affektive Störungen, die die ADHS maskieren und verschlimmern können. Daher stellt der Nachweis einer isolierten ADHS in der Praxis eine Ausnahme dar. Die Diagnose wird klinisch nach den Kriterien des DSM-5 oder ICD-10 gestellt. Neben der aktuellen Symptomatik des Erwachsenen ist der retrospektive Nachweis von ADHS-Symptomen im Kindesalter für die Diagnosestellung erforderlich. Eine Therapie sollte eingeleitet werden, wenn starke Beeinträchtigungen in einem Lebensbereich oder leichte Beeinträchtigungen in mindestens 2 Lebensbereichen auftreten, und sowohl die ADHS-Kernsymptomatik als auch komorbide Störungen berücksichtigen. Daher sollte die Behandlung multimodal erfolgen, d.h. unter Nutzung der verfügbaren Therapiebausteine Psychoedukation, Psychotherapie und Pharmakotherapie. Goldstandard für die medikamentöse Therapie ist auch bei Erwachsenen Methylphenidat. Schlüsselwörter: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Komorbiditäten, Differenzial­diagnosen, Diagnoseinstrumente, multimodales Therapiekonzept, Methylphenidat

ADHS bei Erwachsenen Brigitte Söllner, Erlangen

B

ei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) handelt es sich nicht, wie früher angenommen, um ein rein pädiatrisches Krankheitsbild, das sich bis zum Erwachsenenalter auswächst. Dieses frühere Verständnis der Erkrankung wird in Europa bislang auch durch die Diagnoserichtlinien der International Classification of Diseases (ICD) reflektiert, die der Hyperaktivität als Leitsymptom von ADHS einen besonderen Stellenwert beimessen [1]. Erst seit etwa 15 Jahren setzt sich in Europa die Einschätzung durch, dass eine bei älteren Jugendlichen und Erwachsenen beobachtete Reduktion oder Modifikation dieser im Kindesalter oft auffälligsten Symptomatik nicht generell als Remission der Erkrankung interpretiert werden darf. Wenn während der Kindheit und Adoleszenz die Diagnose ADHS nicht gestellt wurde, war die Wahrscheinlichkeit einer Diagnosestellung im Erwachsenenalter bislang gering. Hier besteht bei therapiebedürftigen Erwachsenen ein großer Nachholbedarf. Es ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Anteil der von ADHS betroffenen Erwachsenen eine psychiatrische (Ausweich-)Diagnose erhalten hat oder dass ausschließlich eine komorbide psychiatrische Störung diagnostiziert wurde. Dem erweiterten Kenntnisstand zur ADHS trägt die aktuelle deutsche S3-Leitlinie „Aufmerksam­

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

keitsde­fi­zit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter“ Rechnung [2]. Symptomausprägung wandelt sich im Verlauf

Für erwachsene ADHS-Patienten gelten die gleichen Diagnosekriterien wie im Kindes- und Jugendalter. Bei der Diagnostik sollten altersspezifische Besonderheiten der Symptomatik in unterschiedlichen Altersgruppen Berücksichtigung finden. Dabei ist zu beachten, dass die Kernsymptome Aufmerksamkeitsstörung, Hyperaktivität und Impulsivität meist altersabhängigen Veränderungen unterliegen (Abb. 1 und 2) [3]. So zeigt sich eine im Kindesalter klinisch auffällige Hyperaktivität bei Erwachsenen meist unauffälliger bzw. modifiziert, beispielsweise als nervöses Fußwippen oder Fingertrommeln in Phasen erzwungener Inaktivität. Viele Betroffene erleben solche Situationen (z.B. bei Langstreckenflügen, Theaterbesuchen) aufgrund der Bewegungseinschränkung mit hoher innerer Anspannung und versuchen sie im Alltag zu vermeiden. Ein starker Bewegungsdrang wird klinischen Beobachtungen zufolge verschiedentlich in Extremausdauersportarten ausgelebt (z.B. Marathonlauf); nicht selten besteht eine Neigung zu Risikosportarten (z.B. Drachenfliegen). © VERLAG PERFUSION GMBH


141

ÜBERSICHTSARBEIT

Abbildung 1: ADHS-Symptome nach ICD-10/DSM-5 [1, 19].

Abbildung 2: Änderung der Leitsymptome und Komorbiditäten mit dem Lebensalter (mod. nach [4]).

Ablenkbarkeit und Konzentra­ tionsschwächen sind häufig

Störungsbedingte Einschränkungen von Aufmerksamkeit und Konzentration werden oft deutlich, wenn betroffene Erwachsene Probleme im (Berufs-)Alltag schildern. Aufgrund einer hohen Ablenkbarkeit und einer niedrigen Reizschwelle können Schwierigkeiten mit der Organisation, Planung und Gliederung von Aufgaben bestehen. Dementsprechend ist das Arbeitsverhalten insgesamt nicht selten durch Ineffizienz, ein schlechtes Zeitmanagement oder

Konzentrationsprobleme gekennzeichnet. Auch eine mangelnde Impulskontrolle kann Betroffenen am Arbeitsplatz – wie auch in Partnerschaft, Familie und sozialem Umfeld – Probleme bereiten. Ein typisches Verhalten ist hier das ungefragte Einmischen in Gespräche und eine Tendenz zu impulsiven Handlungen [5, 6, 7]. Chronische Störung mit hoher Persistenzneigung

Nach Einschätzungen einer deutschen Expertengruppe bestehen

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

bei bis zu 80 % der von ADHS Betroffenen einige oder alle Symptome der Störung im Erwachsenenalter weiter fort [8]. In Verlaufsbeobachtungen erfüllten 40 % der untersuchten Jugendlichen mit ADHS auch im Alter von 20 Jahren die DSM-Kriterien für eine ADHS [9]. Außerdem waren bei fast allen Studienteilnehmern funktionelle Einschränkungen im Berufsleben und/oder in der Familie nachweisbar. Andere Untersucher folgerten auf der Basis von Resultaten einer Metaanalyse, dass im Alter von 25 Jahren bei etwa 65 % der ADHS-Patienten eine teilweise Remission eingetreten war, wobei auch hier zum Teil ausgeprägte klinische Beeinträchtigungen weiterbestanden haben. Aus diesen Befunden wird deutlich, dass das Ausmaß der Persistenz einer ADHS durch die Definition der Störung im Erwachsenenalter wesentlich mitbestimmt wird [10]. Insgesamt weisen Längsschnittbetrachtungen nach, dass etwa ein Drittel der Kinder und Jugendlichen auch im Erwachsenenalter die Symptomkriterien für eine ADHS erfüllt. Bildlich formuliert lassen sich in diesen Fällen die Auswirkungen der ADHS als „Roter Faden“ in der Lebensgeschichte des Patienten verfolgen. Vielfach dominiert durch eine Komorbidität

Eine ADHS tritt in der erwachsenenpsychiatrischen Praxis selten als isolierte Störung auf, sondern wird bei bis zu 85 % der erwachsenen ADHS-Patienten von Komorbiditäten begleitet [2]. Dies kann bedeuten, dass eine Komorbidität der ADHS, nicht aber die ADHS selbst diagnostiziert wird. © VERLAG PERFUSION GMBH


ÜBERSICHTSARBEIT

142

Schätzungen zufolge liegt bei 40 % der erwachsenen Patienten neben der ADHS eine affektive Störung vor (Dysthymie und Major Depression). Eine Angststörung wird bei 20 % der Betroffenen als Komorbidität vermutet, eine Persönlichkeitsstörung (u.a. vom emotional-instabilen Typ; Borderline-Störung) bei 35 %, Abhängigkeitserkrankungen und ein Gebrauch schädlicher Substanz sogar bei 60 % der Betroffenen (Abb. 3) [11]. Der genaue ätiologische Zusammenhang zwischen der ADHS und diesen Komorbiditäten ist nicht bekannt. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass sich die ADHS als pädiatrische Erkrankung im Regelfall zeitlich vor der komorbiden Störung manifestiert. Eine psychische Komorbidität könnte sich dann sekundär, z.B. als Folge langjähriger, durch ADHS mitverursachter negativer Erfahrungen und Frustrationen ausprägen. Klinisch relevant ist, dass diese sekundären Störungen im Verlauf eine Dynamik entwickeln und das klinische Bild insgesamt dominieren können [12]. Vor diesem Hintergrund wird die ADHS als relevanter Risikofaktor für die Entwicklung von psychischen Komorbiditäten gesehen. Anzustreben ist daher eine möglichst frühzeitige Diagnose mit einer sich anschließenden adäquaten Therapie. Dies ist auch insofern bedeutsam, als die Betroffenen durch die psychischen und sozialen Beeinträchtigungen eine niedrigere Lebensqualität aufweisen [2], denn die Auswirkungen einer ADHS und der damit assoziierten Komorbidität betreffen potenziell alle Lebensbereiche der Betroffenen, d.h. Ausbildung und Beruf, Partnerschaft und Familie sowie Interaktionen im sozialen Umfeld.

Abbildung 3: Komorbide Störungen der ADHS [11].

Instrumente zur Diagnosestellung

Die Diagnose einer ADHS wird klinisch nach den Kriterien des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen (DSM-5) [13] oder nach dem Klassifikationssystem der WHO (ICD10) gestellt [1]. Unterstützung bei der Beurteilung der aktuellen Symptomatik bieten standardisierte und validierte psychometrische Instrumente, wie z.B. die Selbstbeurteilungsskala zur Diagnostik der ADHS im Erwachsenenalter (ADHS-SB) sowie die ConnersSkalen für Erwachsene (CAARS) [24] und die für Erwachsene modifizierte, DSM-basierte Diagnostische Checkliste zur ADHS (ADHS-DC) [15], u.a. enthalten in den Homburger ADHS-Skalen für Erwachsene (HASE) [16]. Spezifische Manifestationen der ADHS im Erwachsenenalter werden durch die Wender-Utah-Kriterien [17] besser berücksichtigt als durch ICD-10 bzw. DSM-5. Neben den Kernsymptomen Aufmerksamkeitsstörung, Hyperaktivität

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

und Impulsivität sind darin zusätzliche, häufig vorhandene Symptome berücksichtigt wie Affektlabilität, desorganisiertes Verhalten im Alltag, gestörte Affektkontrolle, Impulsivität und emotionale Hyperreagibilität auf Belastung. Mittels des Wender-ReimherrInterviews (WRI) lassen sich diese Aspekte strukturiert erfassen. Verbindlich für die Diagnose sind allerdings die Kriterien nach ICD10/DSM-5. Praxisorientierte Diagnose mit IDA-R Ein neueres Instrument, das ebenfalls alle notwendigen Diagnoseschritte (Abb. 4) in einem Leitfaden kompakt zusammenfasst, ist IDA-R (Integrierte Diagnose der ADHS im Erwachsenenalter, revidierte Version) [18]. Das Diagnostik-Set IDA-R beinhaltet alle relevanten Selbst- und Fremdbeurteilungsinstrumente nach aktuellstem DSM-Standard. Durch Anwendung von IDA-R erfolgt gleichzeitig eine Dokumentation, © VERLAG PERFUSION GMBH


senenalter zurückbildet. Bei etwa 60% der Betroffenen persistiert die ADHS im Erwachsenenalter vollständig oder als Teilsyndrom. Typischerweise treten im Erwachsenenalter zur ADHS-Kernsymptomatik noch weitere psychopathologische Phänomene im Sinne einer affektiven Dysregulation hinzu. Außerdem sind zusätzliche psychiatrische Erkrankungen bei Erwachsenen außerordentlich häufig zu beobachten. Hieraus entstehen oftmals beträchtliche Auswirkungen auf die Alltagsfunktionen und die Lebensqualität der Betroffenen.

ÜBERSICHTSARBEIT

8.3503.301.112

Screening-Test (ASRS-V1.1) POSITIV

2.

B – D

Diagnose in der Kindheit gestellt?

POSITIV

3.

E

F

NEGATIV

Symptomkriterien nicht erfüllt

Kindliche ADHSNEGATIV Symptome beurteilen

POSITIV

Aktuell gültige DSM-Kriterien beurteilen POSITIV

4.

NEGATIV

A

Diagnosekriterien ADHS erfüllt

NEGATIV

WURS-k gemäß Arzneimittelrichtlinien verpflichtend

Abbildung 4: Diagnoseschema nach IDA-R (mod. nach [18]).

Schulzeit naturgemäß lückenhaft sein können, wird empfohlen, zur Symptombeurteilung möglichst zusätzlich Fremdbeurteilungen (Eltern und enge Bezugspersonen) und Dokumente (Zeugnisse mit Kopfnoten) zu nutzen. Vor dem Hintergrund einer verschiedentlich unzuverlässigen Erinnerung bei den Betroffenen selbst wurde im neuen DSM-5 eine Anpassung des Alterskriteriums vorgenommen: Die Altersgrenze, bis zu der Symptome einer ADHS aufgetreten sein müssen, wurde auf 12 Jahre angehoben. Ein geeignetes Instrument für den retrospektiven Nachweis von ADHS-Symptomen in der Kindheit ist die Wender-Utah-RatingSkala. Dabei handelt es sich um eine Selbstbeurteilungsskala, die in einer validierten deutschen (Kurz-)Version zur Verfügung steht (WURS-k) [19]. Ein Verdacht auf eine ADHS im Kindesalter wird hier durch das Erreichen eines Summenscores von ≥30 Punkten begründet.

durch verschiedene neurologische und internistische Grunderkrankungen ausgelöst werden. Dies ist differenzialdiagnostisch zu berücksichtigen [2]. Anamnestisch ist auf das Vorhandensein einer Schilddrüsenerkrankung zu achten sowie auf Anfallsleiden, ein früheres Schädel-Hirn-Trauma und schlafbezogene Erkrankungen (Narkolepsie, Schlafapnoe- und Restless-Legs-Syndrom). Dabei ist zu beachten, dass alle diese Differenzialdiagnosen auch als komorbide Störungen der ADHS vorkommen können. ADHS-ähnliche Symptome können darüber hinaus – in einem klar abgrenzbaren zeitlichen Rahmen – vorübergehend auch bei bipolaren, psychotischen oder Substanzkonsumstörungen auftreten. Psychiatrische Differenzialdiagnosen sind affektive Störungen (z.B. Depressionen oder bipolare Erkrankungen) und Persönlichkeitsstörungen (dissozial, emotional instabil, ängstlich/selbstunsicher). Die Abgrenzung dieser Störungsbilder sollte in der Praxis am individuellen psychopathologischen Muster orientiert werden. Überlappende Symptome verschiedener Erkrankungen können die Zuordnung jedoch erschweren [20]. So

Medikinet® adult

Medikinet

ADHS wird als eine Entwicklungsstörung aufgefasst, die sich im Kindesalter erstmals manifestiert. Daher erfordert die Diagnosestellung im Erwachsenenalter den Nachweis, dass Symptome der ADHS schon in der Kindheit bestanden haben. Liegt aus dieser Zeit eine fachärztliche Diagnose vor, kann dieser Nachweis unkompliziert erfolgen. Wurde jedoch zuvor keine ADHS-Diagnose gestellt, ist dieser Nachweis rückwirkend zu führen. Da die Erinnerungen an die frühe

1.

Retrospektive Diagnostik anhand der WURS-k

143

4 Schritte zur Diagnose

Im DSM-5 werden zur Diagnose einer ADHS bei Erwachsenen nicht mehr 6, sondern 5 von 9 Kriterien in den Merkmalsbereichen Aufmerksamkeitsstörung und bei Hyperaktivität sowie Impulsivität gefordert. Unverändert bleibt, dass die Symptome seit mindestens 6 Monaten bestanden haben und in mindestens 2 Lebensbereichen aufgetreten sein müssen.

Die revidierte Version der „Integrierte Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter“ (IDA-R) führt in standardisierter Form durch die erforderlichen diagnostischen Schritte und ermöglicht eine zeitlich ökonomische, reliable und valide Diagnosestellung und Dokumentation des diagnostischen Prozesses.

die eine solide Grundlage für die Verlaufsbeurteilung darstellt, wobei auch die Anforderungen des Praxisalltags (zeitökonomische Anwendung bei hoher Validität und Reliabilität) Berücksichtigung finden. Im IDA-R-Set enthalten sind: • der ADHS-Screener der WHO (ASRS-V1.1): Stellen der Verdachtsdiagnose ADHS, • eine validierte Kurzform der Wender-Utah-Rating-Skala (WURS-k): retrospektives Erfassen von ADHS-Symptomen im Kindesalter und • ein diagnostisches Interview auf der Basis von DSM-5: Beurteilung der aktuellen Symptomatik.

psychopathologische Veränderungen der Symptomatik sind dabei zu berücksichtigen. Im Rahmen des diagnostischen Prozesses empfiehlt sich ein strukturiertes Vorgehen mithilfe standardisierter Instrumente.

Wichtige Differenzialdiagnosen zu ADHS

Symptome, die einer ADHS ähneln, können bei Erwachsenen

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

© VERLAG PERFUSION GMBH


ÜBERSICHTSARBEIT

144

können beispielsweise Schlafstörungen, innere Unruhe, Motivationsprobleme und emotionale Dysregulation sowohl bei einer ADHS als auch bei einer depressiven Störung ausgeprägt sein. Klinisch bedeutsam ist das Erkennen einer ADHS hinter der Depression, da eine isolierte Behandlung zu unbefriedigenden Ergebnissen führt. Die ausbleibende Besserung einer depressiven Symptomatik oder einer Persönlichkeitsstörung trotz adäquater Therapie sollte daher zum Anlass genommen werden, die gestellte Diagnose zu überprüfen und ggf. eine zusätzliche ADHS-spezifische Diagnostik einzuleiten. Indikationen zur Therapie

Eine Therapie sollte eingeleitet werden, wenn durch die ADHS starke Beeinträchtigungen in einem Lebensbereich oder leichte Beeinträchtigungen in mindestens 2 Lebensbereichen auftreten (Tab. 1) [5]. Die Behandlung sollte sowohl die ADHS-Kernsymptomatik als auch das Vorhandensein komorbider Störungen berücksichtigen und deshalb multimodal erfolgen, d.h. unter Nutzung der verfügbaren Therapiebausteine Psychoedukation, Psychotherapie und Pharmakotherapie [2]. Initial sollte diejenige Störung (ADHS oder Komorbiditäten) vorrangig behandelt werden, die das klinische Bild dominiert bzw. die stärkere Belastung für den Patienten darstellt. Eine erfolgreiche Therapie der Grunderkrankung kann jedoch helfen, über eine Verbesserung der Kernsymptome auch die Komorbiditäten zu verbessern [21, 22].

Indikationen zur Therapie • D rohender Verlust des Arbeitsplatzes (häufig aufgrund von Unvermögen, kontinuierliche Leistungen zu erbringen) • Starke innere Unruhe, Dysphorie bei Notwendigkeit, ruhig zu sitzen • Deutliche emotionale Dysregulation (z.B. starke innere Anspannung, Wutausbrüche, Irritabilität) • Ständig gespannte Ärgerlichkeit, die zu gesellschaftlicher Isolation führt (z.B. Mangel an Geduld bei Müttern) • Dauerhafte, starke motorische Unruhe • Übermäßiger Alkohol- und/oder Nikotinkonsum als dysfunktionale Coping-Strategie zur Entspannung • Deutliche Einschränkung der Fähigkeit, das Alltagsleben zu organisieren • Das Gefühl, allen Geräuschen ausgeliefert zu sein und keine Ruhe finden zu können • „Sensation-seeking behavior“ einhergehend mit Selbstgefährdung (z.B. Brückensprünge, Speeding) • Permanente Angst, den Durchblick zu verlieren oder unter abruptem Verlust der Konzentration zu leiden (z.B. Gelesenes nicht im Gedächtnis behalten und deshalb eine Aufgabe nicht bewältigen zu können) Tabelle 1: Beispiele für Beeinträchtigungen bei ADHS, die Anlass für das Einleiten einer Therapie sein sollten [5].

Aufklärung und Psychoedukation

Die Psychoedukation als Basistherapiemaßnahme hat das Ziel, über die Erkrankung aufzuklären, mögliche Therapieverfahren zu erläutern und damit die Betroffenen bei der Auseinandersetzung mit Krankheitsfolgen zu unterstützen. Das Verstehen der eigenen Erkrankung führt häufig schon zu einer Entlastung der Patienten [23]. Verfügbare manualisierte Konzepte geben Betroffenen und Angehörigen Informationen u.a. zum Krankheitsbild, zu Entstehungsmodellen der Störung sowie zu unterschiedlichen Möglichkeiten der Therapie [24]. So kann durch die Verbesserung von Selbstmanagement und Selbstregulation eine Verminderung der ADHSSymptome und in der Folge eine Zunahme der Lebenszufriedenheit erreicht werden. Psychotherapeutische Verfahren

Bei Erwachsenen mit ADHS kommen Psychotherapieverfahren zum Einsatz, die sowohl die Kernsymp­

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

tomatik als auch komorbide Störungen im Zusammenhang mit einer ADHS (z.B. Depressionen, Substanzmissbrauch) reduzieren sollen [25]. Günstige Erfahrungen hierzu wurden insbesondere mit der kognitiven Verhaltenstherapie (CBT) gemacht. Diese legt Therapieschwerpunkte in die Bereiche Organisation und Planung, Ablenkbarkeit und kognitive Umstrukturierung, mit dem Ziel, dem Patienten ein positives Selbstwertgefühl zu vermitteln [26]. Medikamentöse Therapie

Eine medikamentöse Behandlung im Erwachsenenalter ist indiziert, wenn sich die Basismaßnahmen als nicht ausreichend erwiesen haben und die Patienten weiterhin von einem hohen Leidensdruck berichten. Meist ist die Pharmakotherapie auch deswegen notwendig, weil auf diese Weise eine neurobiologische Grundlage geschaffen wird, die den Patienten den Zugang zu weiteren Therapiemaßnahmen, wie z.B. einer Verhaltenstherapie, erst ermöglicht. © VERLAG PERFUSION GMBH


ÜBERSICHTSARBEIT

Wirkmodelle für MPH Nach aktuellen Hypothesen zur Wirkweise von MPH bei ADHS interagiert die Substanz mit Dopamintransportern, die störungsbedingt z.B. in Bereichen des Striatums zu stark exprimiert werden. Die Interaktion erfolgt im Sinne einer Blockade des Transportermoleküls, und zwar so, dass eine Wiederaufnahme von Dopamin in die Präsynapse unterbunden wird. Damit wird die extrazelluläre Dopaminverfügbarkeit erhöht und das im synaptischen Spalt verbleibende Dopamin kann eine längere Wirkung an Rezeptoren der Postsynapse induzieren. MPH bewirkt in dem klinisch eingesetzten Dosisbereich über den Mechanismus einer reversiblen Dopamintransporter (DAT)Blockade primär eine Erhöhung der synaptischen KatecholaminVerfügbarkeit zum einen subkortikal im Striatum (Dopamin) und zum anderen im präfrontalen Kortex (Dopamin und Noradrenalin). Diese Erhöhung ist ursächlich und ausschlaggebend für die spezifische Wirkung der Stimulanzien auf die ADHS-Symptomatik, d.h., sie führt u.a. zu einer Besserung der Aufmerksamkeit und der exekutiven Funktionen sowie zu einer Minderung von Ablenkbarkeit, Impulsivität und motorischer Hyperaktivität. Die relative Bedeutung dieser beiden Gehirnregionen bei der Reduktion der ADHS-Symptome sowie die genauen neurophysiologischen Prozesse sind gegenwärtig noch nicht vollständig aufgeklärt. Eventuell wirkt MPH zusätzlich als indirekter Noradrenalinagonist [37, 38].

Wie die unabhängig durchgeführte, prospektive, randomisierte, multizentrische COMPAS-Studie gezeigt hat, wirkt sich zudem ein pharmakotherapeutischer Behandlungsansatz effektiver auf die ADHS-Symptomatik aus als ein rein psychotherapeutischer: Die Methylphenidat (MPH)-Medikation war einer ADHS-Gruppentherapie überlegen, außerdem konnte eine Gruppentherapie die positiven Effekte der alleinigen MPH-Gabe nicht verstärken [27]. Zur Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter sind derzeit folgende Substanzen verordnungsfähig: die Stimulanzien Methylphenidat und Lisdexamfetamin sowie der selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Atomoxetin [2]. Für Patienten, die keine relevanten Komorbiditäten haben, wird eine

initiale Behandlung mit Stimulanzien empfohlen, beispielsweise mit Methylphenidat. Bei Patienten mit Tic- oder Angststörung oder einem hohen Risiko für Substanzmissbrauch kann als Alternative auch Atomoxetin in Erwägung gezogen werden [2]. Methylphenidat als Mittel der Wahl Aufgrund der Datenlage und der gesicherten Evidenz gilt Methylphenidat (MPH) als ErstlinienTherapie auch bei erwachsenen ADHS-Patienten [28]. Mit einer Effektstärke von ca. 0,8 ist MPH bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gut wirksam [29]. Die aktuelle deutsche S3-Leitlinie zur Behandlung der ADHS im Kindes-, Jugend- und Erwachsenen-

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

145

alter folgt der NICE-Referenzleitlinie [30] und empfiehlt die Gabe von MPH (Empfehlungsgrad A: starke Empfehlung) [2]. Als erstes MPH-Präparat wurde Medikinet® adult im April 2011 zur Behandlung von erwachsenen ADHSPatienten zugelassen. Grundlage dieser Zulassung sind mehrere randomisierte klinische Doppelblindstudien, welche die Wirksamkeit und Verträglichkeit des Wirkstoffs in einer retardierten Zubereitung gezeigt haben [28, 31, 32]. Titration und MPH-Höchstdosis Erfahrungsgemäß kann das Ansprechen auf MPH bei verschiedenen Patienten stark variieren. Daher erfordert eine Neueinstellung bei erwachsenen Patienten immer eine individuelle Dosistitration (Abb. 5). Bereits voreingestellte junge Erwachsene können jedoch beim Übergang vom jugendpsychiatrischen in den erwachsenenpsychiatrischen Bereich mit der gleichen MPH-Dosis weiterbehandelt werden. Eine Umstellung von Medikinet® retard auf Medikinet® adult ist hier problemlos möglich. Medikinet® adult ist eine anteilsgleiche (50 : 50) Formulierung mit einem sofort und verzögert freigesetzten Wirkstoff. Durch die 2-Phasen-Galenik kommt es durch die kurz wirksame Komponente zu einem raschen Wirkungseintritt nach etwa 30 Minuten. Infolge der verzögerten Wirkstofffreisetzung aus magensaftresistenten Pellets beträgt die gesamte Wirkungsdauer etwa 8 Stunden. Die Tagesgesamtdosis sollte auf 2 Einnahmezeitpunkte verteilt werden, z.B. morgens und mittags, jeweils zu oder nach den Mahlzeiten [33]. Dabei ist Medikinet® adult das einzige MPH-Präparat, das für die © VERLAG PERFUSION GMBH


ÜBERSICHTSARBEIT

146

Mögliche Titration mit 1 x Gabe am Vormittag

Mögliche Titration mit direkter 2 x Gabe

max.

80 mg 70 mg

Tagesdosis (mg)

Tagesdosis (mg)

30 mg

|

20 10 mg

|

20 mg

3

4

5

6

7

8

9

Wochen

|

20 20 mg

30 mg

0

1

vormittags

10 10 mg

| nachmittags

|

10 mg 2

|

30 20 mg

40 mg

10 mg 1

|

40 20 mg

50 mg

20 mg

0

|

50 20 mg

60 mg

60 mg

40 mg

60 20 mg

70 mg

10 + 60 mg

50 mg

|

80 mg

40 + 40 mg

5 5 mg

2

3

4

5

6

7

8

9

Wochen

® Wöchentliche Steigerung bis zur individuellen Abbildung 5: Mögliches Titrationsschema von Medikinet adult [33].Tagesdosis mit optimaler Symptomreduktion

Neueinstellung

Erhöhung zweimal tägliche der Tagesdosis

Initialdosis 10 mg

Initialdosis 10 mg: 1 x 5 mg vormittags, 1 x 5 mg nachmittags

Verabreichung Rahmenbedingungen diesen Fällen ist der Buchstabe zugelassen ist. der Verordnung „N“ zu markieren. Anschließend Nach optimaler Einstellung des Vormittags ist bei Da bei der Nachmittagsgabe auf einen Restwirkspiegel aufgebaut Die individuell geeignete Tagesdoein mit gekennzeichnetes wird, kann die zweiteist Einnahme auch „N“ mit einer anderen Wirkstärke Zweite Einnahme Bedarf eine zweite Einnahme mit oder nach dem Mittagessen Abdeckung des Nachmittags sehr gute Ergebnisse BtM-Rezept bringen. wirdzurübsis von Medikinet® adult Obwohl es sichmöglich. bei Methylpheniin der Apotheke nachDie Dosis darf 1 mg/kg Körpergewicht nicht nicht überschreiten, vom Körpergewicht licherweise in einem Dosisbereich dat pharmakologisch um ein unabhängig zureichen. Tageshöchstdosis sollten 80 mg Methylphenidat nicht überschritten werden. bis maximal 80 mg ermittelt. Zur Betäubungsmittel, sondern um ein 6 Dosisfindung wird üblicherwei- Psychostimulans handelt, sind bei se eine Initial­ dosis von 10 mg in einer Verordnung die Vorgaben Individuelle Literatur Dosisfi ndung wöchentlichen Abständen und in der Betäubungsmittel-Verschrei10-mg-Schritten gesteigert, bis kei- bungsverordnung (BtMVV) zu 1 World Health Organisation: ICD-10: International Statistical Classification of ne zusätzlichen positiven Effekte zu berücksichtigen [35]. Das hierfür Diseases and related Health Problems, beobachten sind. Zeigt sich ab einer erforderliche Betäubungsmittel 10th revision, second edition. Geneva: World Health Organisation; 2004 Dosisstufe keine weitere Symptom- (BtM)-Rezept kann jeder appro„Aufmerksamkeitsdefizit-/ reduktion oder treten nicht tolerier- bierte Arzt bei der Bundesopium- 2 S3-Leitlinie Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kinbare Nebenwirkungen auf, erfolgt stelle des Bundesinstituts für Arzdes-, Jugend- und Erwachsenenalter“ (2018), AWMF-Registernummer 028– eine Reduktion der Tagesdosis auf neimittel und Medizinprodukte die vorherige, wirksame und ver- (BfArM) anfordern. Für den soge- 3 045 Schmidt S, Petermann F. Entwicklungsträgliche Dosisstufe. Zu achten ist nannten Erstbezug ist ein Antrag psychopathologie der ADHS. Z Psychiatr Psychol Psychother 2008;56:265-274 hier etwa auf erhöhten Blutdruck einzusenden, der auf der Website 4 Ströhlein B, Groß V, Philipsen A. Transiund Puls, das Gewicht und den des BfArM verfügbar ist [36]. tion bei ADHS: Kritische EntwicklungsAppetit. Studien belegen, dass die BtM-Rezepte sind patientenbezoaufgaben und ihre Bewältigung. NeuroTransmitter 2016;27:8-12 Behandlungseffizienz mit der Do- gen auszustellen und in einer öf5 Krause J, Krause KH. ADHS im Erwachsierung steigt und optimale Thera- fentlichen Apotheke einzulösen. senenalter, 4. Aufl. Stuttgart: Schattauer; pieeffekte meist bei 0,9 mg MPH/kg Die Höchstverordnungsmenge für 2014 Körpergewicht erreicht werden [34]. MPH beträgt in 30 Tagen 2.400 mg. 6 Groß S, Figge C, Matthies S et al. ADHS im Erwachsenenalter. Nervenarzt 2015; Tagesdosen von mehr als 80 mg Im Einzelfall kann eine höhere 86:1171-11809 können im Einzelfall angezeigt Menge verordnet werden. Dazu 7 Medice: Patientenratgeber ADHS im Erwachsenenalter sein, wenn bei Patienten mit ho- ist auf dem Rezept die Kennzeich8 Barbaresi WJ, Colligan RC, Weaver AL hem Körpergewicht kein zufrie- nung „A“ (Ausnahmeverschreiet al. Mortality, ADHD, and psychosocial denstellender Behandlungseffekt bung) einzutragen. Die ausnahmsadversity in adults with childhood ADHD: a prospective study. Pediatrics erzielt werden kann. Die binden- weise Verschreibung auf einem 2013;131:637-644 de Tageshöchstdosis beträgt 1 mg normalen Rezeptformular ist als 9 Biederman J, Mick E, Faraone SV. AgeMPH/kg Körpergewicht. Notfallverschreibung möglich. In dependent decline of symptoms of attenIn wöchentlichen Schritten um 10 mg, bis: 1. keine zusätzliche Symptomreduktion festgestellt wird oder 2. nicht tolerierbare Nebenwirkungen aufgetreten sind.

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

© VERLAG PERFUSION GMBH


147

ÜBERSICHTSARBEIT

tion deficit hyperactivity disorder: impact of remission definition and symptom type. Am J Psychiatry 2000;157:816-818 10 Banaschewski T, Zuddas A, Asherson P et al. ADHD and hyperkinetic disorder. Oxford University Press; 2009 11 Rösler M, Retz W. Diagnose, Differenzialdiagnose und komorbide Leiden der ADHS. Psychotherapie 2008;13:175-183 12 Barkley RA. Attention-deficit hyperactivity disorder. A handbook for diagnosis and treatment, 3rd ed. New York: Guilford Press; 2006 13 American Psychiatric Association. Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th ed. DSM-5, 2013 14 Conners CK, Erhardt D, Sparrow E. Conners’ Adult ADHD Rating Scales (CAARS). North Tonawanda, NY: MultiHealth Systems; 1999 15 Rösler M, W. Retz W, Retz-Junginger P et al. Instrumente zur Diagnostik der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Erwachsenenalter: Selbstbeurteilungsskala (ADHS-SB) und Diagnosecheckliste (ADHS-DC). Nervenarzt 2004;75:888-895 16 Rösler M, Retz-Junginger P, Retz W, et al. HASE – Homburger ADHS-Skalen für Erwachsene. Göttingen: Hogrefe; 2008 17 Wender PH. Attention-deficit hyperactivity disorder in adults. New York, Oxford: Oxford University Press; 1995 18 Retz W. Retz-Junginger P, Rösler M. Die Diagnose der ADHS im Erwachsenenalter in der allgemeinpsychiatrischen Praxis. Universitätsklinikum des Saarlandes – Neurozentrum, Homburg/Saar, 2012 19 Retz-Junginger P, Retz W, Blocher D et al. Wender Utah Rating Scale (WURS-k) Die deutsche Kurzform zur retrospektiven Erfassung des hyperkinetischen Syndroms bei Erwachsenen. Nervenarzt 2002;73:830–838 20 Debbelt P, Prüser W. Facharzt-Leitfaden Depression und ADHS. Medice; 2014 21 Torgersen T, Gjervan B, Rasmussen K. ADHD in adults: a study of clinical characteristics, impairment and comorbidity. Nord J Psychiatry 2006;60:38-43 22 Rostain AL. Attention-deficit/hyperactivity disorder in adults: evidence-based recommendations for management. Postgrad Med 2008;120:27-38 23 Kooij SJJ, Bejerot S, Blackwell A et al. European consensus statement on diagnosis and treatment of adult ADHD: The European Network Adult ADHD. BMC Psychiatry 2010;10:67

24 D’Amelio R, Retz W, Philipsen A et al. (Hrsg.). Psychoedukation und Coaching, ADHS im Erwachsenenalter. Manual zur Leitung von Patienten- und Angehörigengruppen. München: Urban & Fischer/Elsevier; 2008 25 Rösler M, Retz W, Yaqoobi K et al. Attention deficit/hyperactivity disorder in female offenders: prevalence, psychiatric co-morbidity and psychosocial implications. Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci 2009;259:98-105 26 Safren SA, Otto MW, Sprich S et al. Cognitive-behavioural therapy for ADHD in medication-treated adults with continued symptoms. Behav Res Ther 2005;43:831842 27 Philipsen A, Jans T, Graf E et al. Effects of group psychotherapy, individual counseling, methylphenidate, and placebo in the treatment of adult ADHD: a randomized clinical trial. JAMA Psychiatry 2015; 72:1199-1210 28 Retz W, Rösler M, Ose C et al. Multiscale assessment of treatment efficacy in adults with ADHD: A randomized placebo-controlled, multi-centre study with extendedrelease methylphenidate. World J Biol Psychiatry 2012;13:48-59 29 Spencer T, Biederman J, Wilens T et al. A large, double-blind, randomized clinical trial of methylphenidate in the treatment of adults with attention-deficit/hyperactivity disorder. Biol Psychiatry 2005; 57:456-463 30 National Institute for Health and Care Excellence (NICE). Attention deficit hyperactivity disorder: diagnosis and management of ADHD in children, young People and adults. National Clinical Practice Guideline Number 72; 2009 31 Rösler M, Fischer R, Ammer R et al. A randomised, placebo-controlled, 24week, study of low-dose extended-release methylphenidate in adults with attentiondeficit/hyperactivity disorder. Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci 2009;259:120129 32 Rösler M, Retz W, Fischer R et al. Twenty-four-week treatment with extended release methylphenidate improves emotional symptoms in adult ADHD. World J Biol Psychiatry 2010;11:709-718 33 Produktmonographie Medikinet® adult, Medice, Stand 2014 34 Castells X, Ramos-Quiroga JA, Rigau D et al. Efficacy of methylphenidate for adults with attention-deficit hyperactivity disorder: a meta-regression analysis. CNS Drugs 2011;25:157-169

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

35 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz – BtMG). Im Internet: http:// www.gesetze-im-internet.de/btmg_1981/ BJNR106810981.html 36 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Bundesopiumstelle Formulare-Betäubungsmittel. Im Internet: http://www.bfarm.de/DE/Service/Formulare/functions/Bundesopiumstelle/BtM/_ node.html 37 Berridge CW, Devilbiss DM, Andrzejewski ME et al. Methylphenidate preferentially increases catecholamine neurotransmission within the prefrontal cortex at low doses that enhance cognitive function. Biological Psychiatry 2006;60:11111120 38 Devilbiss DM, Berridge CW. Low-dose methylphenidate actions on tonic and phasic locus coeruleus discharge. J Pharmacol Exp Ther 2006;319:1327-1335

Anschrift der Verfasserin: Brigitte Söllner Medizinjournalistin und Wissenschaftliche Lektorin Lärchenweg 10 91058 Erlangen E-Mail; brigitte.soellner@online.de

© VERLAG PERFUSION GMBH


148

AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

D

as kleinzellige Lungenkarzinom (SCLC) gehört zu den aggressivsten Malignomen und ist mit einer schlechten Prognose assoziiert [1, 2], zumal der überwiegende Anteil der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosesicherung in einem weit fortgeschrittenen Stadium und damit nicht mehr kurativ behandelbar ist. Über Jahrzehnte waren die Therapieoptionen bei dieser Patientengruppe limitiert. Erst aktuelle Ansätze zur Therapie mit Immun-CheckpointInhibitoren gaben neue Impulse in der Behandlung von SCLC-Patienten im fortgeschrittenen Stadium (Extensive Disease, ED). Mit der Zulassungserweiterung von Durvalumab (Imfinzi®) plus Chemotherapie (Etoposid und entweder Carboplatin oder Cisplatin, EP) für die Erstlinientherapie von erwachsenen Patienten mit ED-SCLC ist seit 27. August 2020 eine neue Immuntherapie verfügbar, die einen signifikanten Vorteil im medianen Gesamtüberleben bietet (12,9 vs. 10,5 Monate) und erstmals über 24 Monate einen nachgewiesenen Vorteil im progressionsfreien Überleben (11 % vs. 2,9 %) in der Erhaltung zeigen konnte [3, 4].

Fortgeschrittenes kleinzelliges Lungenzellkarzinom: Durvalumab verbessert (Über-)Lebensperspektiven ermöglicht werden. Der Überlebensvorteil war bei allen präspezifizierten Subgruppen und allen

wichtigen sekundären Wirksamkeitsendpunkten zu beobachten. Da keine signifikante Interakti-

Abbildung 1: Ergebnis der CASPIAN-Studie für den primären Endpunkt: Unter der Therapie mit Durvalumab (Imfinzi®) plus Etoposid und entweder Carboplatin oder Cisplatin (EP) zeigte sich im Vergleich zu EP allein ein signifikanter und anhaltender Vorteil beim Gesamtüberleben [4].

Signifikanter Überlebensvorteil und nah an Versorgungsrealität

In der zulassungsrelevanten PhaseIII-Studie CASPIAN ergab sich für die Kombination des PD-L1Inhibitors Durvalumab plus EP im Vergleich zu EP alleine ein signifikanter und anhaltender Vorteil beim Gesamtüberleben (primärer Endpunkt): Nach 24 Monaten Therapiedauer war noch annähernd jeder 4. Patient am Leben (22,2 % vs. 14,4 %) (Abb. 1) [4]. Damit konnte eine beim ED-SCLC bislang nicht erreichte Überlebenszeit

Abbildung 2: Ergebnis der Caspian-Studie für den sekundären Endpunkt: Unter der Behandlung mit Durvalumab (Imfinzi®) plus Etoposid und entweder Carboplatin oder Cisplatin (EP) waren nach 24 Monaten fast viermal so viele Patienten progressionsfrei wie unter EP alleine [4].

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

© VERLAG PERFUSION GMBH


AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Durvalumab Durvalumab (Imfinzi®) ist ein gegen PD-L1 gerichteter, vollständig humaner monoklonaler Immunglobulin-G1-kappa-Antikörper aus der Gruppe der Checkpoint-Inhibitoren, der selektiv die Interaktion von PD-L1 mit PD-1 und CD80 auf T-Zellen blockiert. Dadurch wird die T-Zellaktivierung erhöht und die antitumorale Immunantwort verbessert [5]. Der Rezeptor PD-1 kann sowohl mit PD-L1 als auch mit einem weiteren Liganden, genannt PD-L2, interagieren. PD-L2 wird auf Makrophagen und Antigen-präsentierenden Zellen exprimiert und ist wichtig, um Entzündungsprozesse in nicht befallenem Lungengewebe zu kontrollieren. Durvalumab blockiert ausschließlich die Bindung zwischen PD-L1 und PD-1 und hält somit die Interaktion zwischen PD-1 und PD-L2 aufrecht. Gegenüber einer direkten Blockade von PD-1 könnte die Inhibition von PD-L1 daher mit einer verminderten pulmonalen Toxizität assoziiert sein.

149

sprechens betrug nach 24 Monaten 13,5 % unter Durvalumab plus EP gegenüber 3,9 % unter EP alleine. Damit sprachen im Vergleich zum Kontrollarm dreimal mehr Patienten nach 24 Monaten noch auf Durvalumab an [4]. Hervorzuheben ist auch das Studiendesign der CASPIAN-Studie, das sich an der Versorgungsrealität orientiert und eine auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten zugeschnittene Therapie ermöglicht. So konnten die behandelnden Ärzten entscheiden, ob sie für die platinbasierten Chemotherapie Carboplatin oder Cisplatin einsetzen wollten, und auch der Einschluss von Patienten mit sowohl stabilen behandelten als auch asymptomatischen unbehandelten Hirnmetastasen war möglich [4]. Gute Verträglichkeit und einfaches Therapiemanagement

Wirkmechanismus von Durvalumab. APC = antigen presenting cell, PD-1 = programmed death-1, PD-L1 = programmed death ligand-1 (© AstraZeneca).

Durch die Bindung an PD-L1 stimuliert Durvalumab die Aktivierung und Proliferation von zytotoxischen T-Zellen, was zur Verstärkung bzw. Reaktivierung der gegen den Tumor gerichteten Immunantwort führt. Gleichzeitig induziert die initial zusammen mit Durvalumab verabreichte Chemotherapie unter anderem den immunogenen Zelltod, moduliert die Immunogenität von Tumorzellen und verstärkt die Tumorantigen-Präsentation. In der anschließenden Erhaltungstherapie kann die PD-L1-Blockade durch Durvalumab mittels anhaltender Wiederherstellung der tumorspezifischen T-Zell-Immunität eine tiefere und dauerhaftere Immunantwort bewirken, um die Progression des ED-SCLC zu verzögern [5].

on des Gesamtüberlebens mit der PD-L1-Expression (als kontinuierliche Variable: TC, p = 0,54; IC, p = 0,23) beobachtet wurde, ist beim SCLC eine PD-L1-Testung nicht indiziert. Auch hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens

erwies sich die Durvalumab-Therapie überlegen: Nach 24 Monaten waren unter Durvalumab plus Chemotherapie fast viermal mehr Patienten progressionsfrei als unter EP allein (11 % vs. 2,9 %; Abb. 2) [4]. Die Rate für die Dauer des An-

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

Die Durvalumab-basierte Kombinationstherapie wurde insgesamt gut vertragen. Sicherheit und Verträglichkeit entsprachen dem bisher bekannten Profil dieser Arzneimittelklasse. Trotz der Hinzunahme von Durvalumab zur Chemotherapie waren die Verträglichkeit und die Abbruchrate unter der Kombinationstherapie vergleichbar mit dem EP-Arm. Dies spiegelt sich auch in der Compliance der Patienten wider, die in der Studie bei über 60 % (gut bis akzeptabel) für bis zu 84 Wochen unter Durvalumab plus EP und für bis zu 20 Wochen unter EP allein lag. Als Vorteil hat sich dabei erwiesen, dass die 4-wöchentliche Gabe während der Erhaltung den Patienten mehr Abstand vom Therapiealltag lässt. Zudem wird Durvalumab als 1.500-mg-Fixdosis initial in Kom© VERLAG PERFUSION GMBH


150

AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

bination mit der Chemotherapie und anschließend in der Erhaltung als Monotherapie appliziert, was das Therapiemanagement deutlich vereinfacht (Abb. 3). Fabian Sandner, Nürnberg Literatur

Abbildung 3: Die Anwendung des PD-L1-Inhibitors Durvalumab ist unkompliziert und lässt dem Arzt einen großen Behandlungsspielraum.

1 Kraywinkel K, Barnes B. Onkologe 2017;23:334-339 2 National Cancer Institute. Small Cell Lung Cancer Treatment (PDQ®) – Health Professional Version 3 https://www.cancer.gov/types/lung/hp/ small-cell-lung-treatment-pdq 4 Paz-Ares et al. J Clin Oncol 2020;38 (Suppl):#Abstract9002 5 Fachinformation Imfinzi®; Stand: August 2020

oder Placebo plus Fulvestrant. Dabei führte die Verum-Kombination in der Gesamtgruppe nicht nur zu einer signifikanten Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (PFS) um 7,1 Monate (16,4 vs. 9,3 Monate p < 0,001), sondern auch des Gesamtüberlebens (OS) um 9,4 Monate (46,7 vs. 37,3 Monate, p = 0,0137). In der Subgruppe der postmenopausalen Patientinnen, für die der G-BA nun einen Zusatznutzen anerkannte, betrugen die jeweiligen signifikanten Vorteile beim PFS 9,3 Monate (16,1 vs. 6,8 Monate; p < 0,001) und beim OS 14,0 Monate (48,8 vs. 34,8 Monate; p = 0,0365). Darüber hinaus flossen auch die Ergebnisse zur Lebensqualität in die Bewertung des G-BA ein. Hierbei zeigte die Auswertung des EORTC QLQ-C30-Fragebogens bei den postmenopausalen Frauen hinsichtlich der Symptome größtenteils keine wesentlichen Unterschiede zum Kontrollarm, jedoch signifikant bessere Ergeb-

nisse im Hinblick auf Übelkeit/Erbrechen (p = 0,011) und Schmerz (p = 0,004). Weitere signifikante Vorteile im EORTC QLQ-C30 für diese Gruppe ergaben sich zudem in den Domänen „Globaler Gesundheitsstatus“ (p = 0,049) „körperliche Funktion“(p = 0,021) und „emotionale Funktion“ (p = 0,005). Die Anerkennung eines Zusatznutzens für Verzenios® bei postmenopausalen Frauen mit fortgeschrittenem HR+, HER2Mammakarzinoms unterstreicht die Bedeutung von Abemaciclib hinsichtlich der Verlängerung des Gesamtüberlebens bei möglichst guter Lebensqualität – die häufigsten Wünsche, die Frauen in dieser Situation haben. Hierzu tragen neben der Wirksamkeit des CDK4 & 6 Inhibitors auch bei prognostisch ungünstigen Tumoren sein in der Regel gut beherrschbares Nebenwirkungsprofil und die einfache Anwendung mit kontinuierlicher Gabe bei. E. W.

G-BA bestätigt Zusatznutzen für Abemaciclib in der Zweitlinientherapie des fortgeschrittenen HR+, HER2-Mammakarzinoms Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat Abemaciclib (Verzenios®) in Kombination mit Fulvestrant einen geringen Zusatznutzen nach vorangegangener endokriner Therapie des fortgeschrittenen Hormonrezeptor-positiven (HR+); HER-2-negativen (HER2-) Mammakarzinoms bei postmenopausalen Frauen zuerkannt. Entscheidend hierfür waren Daten der Zulassungsstudie MONARCH 2. In dieser randomisierten, kontrollierten Phase-III-Studie erhielten 669 prä-, peri- oder postmenopausale Frauen mit fortgeschrittenem HR+, HER2- Mammakarzinom nach dem Versagen einer (neo-)adjuvanten oder in der Erstlinie eingesetzten Hormontherapie entweder Abemaciclib plus Fulvestrant

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

© VERLAG PERFUSION GMBH


151

Zusatznutzen vom G-BA bestätigt1,*

Verzenios® Eine Entscheidung für das Leben Ihrer Patientinnen Konsistente PFS-Vorteile:2 » In Kombination mit einem Aromatase-Inhibitor oder Fulvestrant » In 1st- und 2nd-Line » Auch bei Patientinnen mit viszeraler Erkrankung oder frühem Rezidiv

* Zusatznutzen basierend auf MONARCH 2: Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen von Abemaciclib in Kombination mit Fulvestrant gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie Fulvestrant bei postmenopausalen Frauen mit HR-positivem, HER2-negativem lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs mit vorangegangener endokriner Therapie. # Die empfohlene Dosis beträgt 150 mg 2 x tgl. Verzenios® sollte kontinuierlich eingenommen werden, sofern keine Krankheitsprogression oder inakzeptable Toxizität auftritt. Bestimmte Nebenwirkungen können eine Dosisunterbrechung und/oder -reduktion erforderlich machen. Weitere Informationen entnehmen Sie der Fachinformation (aktueller Stand). 1. Gemeinsamer Bundesausschuss. Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage XII - Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V Abemaciclib (Neubewertung nach Fristablauf Mammakarzinom, HR+, HER2-, Kombination mit Fulvestrant) 2020 [updated 03.09.2020] online verfügbar unter: https://www.g-ba.de/ downloads/39-261-4443/2020-09-03_AM-RL-XII_Abemaciclib_D-531.pdf (Letzter Zugriff: September 2020). 2. Verzenios® Fachinformation (aktueller Stand). Verzenios® 50 mg/100 mg/150 mg Filmtabletten. Wirkstoff: Abemaciclib. Zusammensetzung: Jede Filmtablette enthält entsprechend der Bezeichnung 50 mg, 100 mg bzw. 150 mg Abemaciclib; Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Croscarmellose-Natrium, Lactose-Monohydrat, Mikrokristalline Cellulose, Siliciumdioxid-Hydrat, Natriumstearylfumarat; Filmüberzug: Poly(vinylalkohol) (E1203), Titandioxid (E171), Macrogol (E1521), Talkum (E553b), Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172) [nur bei 50 mg und 150 mg Tabletten], Eisen(III)-oxid (E172) [nur bei 50 mg Tabletten]. Anwendungsgebiete: zur Behandlung von Frauen mit Hormonrezeptor (HR)-positivem, humanem epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (HER2)-negativem lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs in Kombination mit einem Aromatasehemmer oder Fulvestrant als initiale endokrine Therapie oder bei Frauen mit vorangegangener endokriner Therapie. Bei prä- oder perimenopausalen Frauen sollte die endokrine Therapie mit einem LHRH-Agonisten (LHRH = Luteinising Hormone-Releasing Hormone) kombiniert werden. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: sehr häufig (≥ 1/10): Diarrhö, Infektionen, Neutropenie, Anämie, Fatigue, Übelkeit, Erbrechen und verminderter Appetit, Leukopenie, Thrombozytopenie, Dysgeusie, Schwindel, Alopezie, Pruritus, Ausschlag, Pyrexie, ALT- und AST- Erhöhung; häufig (≥ 1/100, < 1/10): Lymphopenie, erhöhter Tränenfluss, venöse Thromboembolie, trockene Haut, Muskelschwäche, interstitielle Lungenerkrankung (ILD)/ Pneumonitis; Gelegentlich (≥ 1/1.000, < 1/100): febrile Neutropenie. Warnhinweise: Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Enthält Lactose. Weitere Hinweise: Siehe Fachinformation. Verschreibungspflichtig. Pharm. Unternehmer: Eli Lilly Nederland B.V.; Papendorpseweg 83; 3528 BJ Utrecht; Niederlande. Vertrieb: Lilly Deutschland GmbH, Werner-Reimers-Straße 2-4, 61352 Bad Homburg, Deutschland. Stand der Information: Jan. 2020

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

www.verzenios.de | www.play.lilly.com

© VERLAG PERFUSION GMBH

PP-AL-DE-0698 September 2020

Der erste & einzige CDK4 & 6 Inhibitor mit kontinuierlicher Gabe#


152

AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

S

eit knapp 2 Jahren hat sich für Patienten mit einem nicht resezierbaren oder metastasierten BRAFV600-mutierten Melanom die Kombination aus Encorafenib (Braftovi®) plus Binimetinib (Mektovi®) als effektive Therapieoption etabliert [1, 2]. Eine aktuelle, auf dem ASCO 2020 vorgestellte Analyse der COLUMBUS-Studie* zeigt, dass Patienten nach 4 Jahren (mediane Nachbeobachtung 60,6 Monate) weiterhin hinsichtlich Gesamtüberleben (OS) und progressionsfreiem Überleben (PFS) von der zielgerichteten Kombinationstherapie profitieren [3]: Im Kombinationsarm mit Encorafenib plus Binimetinib wurde ein medianes OS von 33,6 Monaten erreicht (95%-KI: 24,4 – 39,2), während es im Encorafenib-Arm 23,5 Monate (95%-KI: 19,6 – 33,6) und im Vemurafenib-Arm 16,9 Mona-

Malignes Melanom: Patienten profitieren auch langfristig von der zielgerichteten Encorafenib/BinimetinibKombinationstherapie te betrug (95%-KI: 14,0 – 24,5). Damit hatten die Patienten unter der Kombinationstherapie im Vergleich zu Vemurafenib ein um 39  % verringertes Sterberisiko (HR: 0,61; 95%-KI: 0,48 – 0,78). Auch hinsichtlich des PFS war die Encorafenib/Binimetinib-The-

rapie überlegen: Nach 4 Jahren Therapie zeigten im Kombinationsarm 26 % der Patienten (95%KI: 19  –  33) keinen Progress gegenüber 22 % im EncorafenibArm (95%-KI: 15 – 29) und 12 % im Vemurafenib-Arm (95%-KI: 6–20) (Abb. 1).

Abbildung 1: 4-Jahres-Analyse des progressionsfreien Überlebens (PFS) in der COLUMBUS-Studie unter der Behandlung mit Encorafenib + Binimetinib (COMBO) versus Vemurafenib (VEM) und Encorafinib (ENCO) (mod. nach [3]). JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

© VERLAG PERFUSION GMBH


AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

TAVIE Skin: Neue Therapie-App ab Herbst verfügbar

© Pierre Fabre

Auf dem 10. European Post-Chicago Melanoma/Skin Cancer Meeting 2020 wurde erstmalig die TAVIE Skin App vorgestellt. Damit stehen Patienten unter oraler Melanom-Therapie künftig virtuelle Coaches zur Seite, die sie bei Belangen rund um die Behandlung unterstützen. In mehreren Videokursen lernen die Patienten, ihre Erkrankung besser zu verstehen und mit potenziellen Nebenwirkungen der Therapie umzugehen. Über 100 verschiedene Fachtermini können im fundierten Krebs-Wörterbuch schnell nachgeschlagen werden. Die Erinnerungsfunktion unterstützt Patienten in der Vorbereitung auf den nächsten Arzttermin, wobei nur der Behandler auf Patienten-Wunsch Einblick in die Daten erhält. Im Herbst dieses Jahres wird TAVIE Skin für alle Melanom-Patienten unter oraler Therapie kostenfrei im AppStore und bei GooglePlay auf Deutsch zur Verfügung stehen.

Lang andauernde Wirksamkeit, keine neuen Sicherheitssignale

Dass die Encorafenib/BinimetinibKombinationstherapie auch langfristig wirksam ist, verdeutlicht die 4-Jahres-Überlebensrate von 39 % in diesem Therapiearm (95%-KI: 32 – 46); unter den Monotherapien mit Encorafenib und Vemurafenib betrug sie 37 % (95%-KI: 30 – 44) bzw. 26 % (95%-KI: 19 – 32). Auch die Gesamtansprechrate wurde gegenüber den bisherigen Auswertungen bestätigt [4, 5, 6].

Die Autoren folgern, dass die Encorafenib/Binimetinib-Kombinationstherapie damit erneut Maßstäbe in der zielgerichteten Behandlung des fortgeschrittenen Melanoms setzen kann. Dies auch, weil die beobachteten Nebenwirkungen dem bereits bekannten Profil entsprachen. Die Nebenwirkungen sind gut handhabbar, potenziell einschränkende Ereignisse unter der Therapie mit Encorafenib plus Binimetinib wie Fieber (20 %) oder Phototoxizität (4 %) wurden nur mit geringer Frequenz beobachtet.

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

153

Die häufigsten unerwünschten Ereignisse (≥25 %; alle Grade) unter der Kombinationstherapie waren: Übelkeit (44 %), Durchfall (39 %), Erbrechen (32 %), Fatigue (30 %), Arthralgie (29 %), CK-Erhöhung (27 %), Kopfschmerzen (26 %) und Obstipation (25 %) [3]. Brigitte Söllner, Erlangen Literatur 1 Fachinformation Braftovi®; Stand: Juni 2020 2 Fachinformation Mektovi® ; Stand; November 2018 3 Gogas H et al. ASCO2020: Abstract #10012 und Poster #361 4 Dummer R et al. Lancet Oncol 2018;19: 603-615 5 Dummer R et al. Lancet Oncol 2018;19: 1315-1327 6 Ascierto PA et al. Eur J Cancer 2020; 126:33-44 * T eil 1 der aktiv kontrollierten Phase-IIIStudie COLUMBUS [4] verglich die Wirksamkeit und Sicherheit der Kombinationstherapie mit Encorafenib plus Binimetinib mit den BRAF-Inhibitor-Monotherapien Vemurafenib bzw. Encorafenib bei 577 Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem malignem Melanom mit BRAFV600-Mutation (Subtyp V600 E oder K). Die Randomisierung erfolgte im Verhältnis 1 : 1 :1 in die folgenden Therapiearme: Encorafenib 450 mg einmal täglich + Binimetinib 45 mg zweimal täglich, Encorafenib 300 mg einmal täglich oder Vemurafenib 960 mg zweimal täglich. Das progressionsfreie Überleben (PFS) betrug unter der Kombinationsthe­ rapie im Vergleich zur Monotherapie mit Vemurafenib 14,9 vs. 7,3 Monate (HR: 0,54; 95%-KI: 0,41 – 0,71; p < 0,0001), das PFS unter der Kombinationstherapie im Vergleich zur Encorafenib-Monotherapie 14,9 vs. 9,6 Monate (HR 0,75; 95%KI: 0,56 – 1,00; p = 0,051).

© VERLAG PERFUSION GMBH


154

AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Arthroseschmerzen: Vorteile einer Fixkombination aus Naproxen plus Esomeprazol

O

rale nichtsteroidale Antirheumatika sind fester Bestandteil der Arthrosetherapie, da sie antihyperalgetisch und antipyretisch wirken und damit den Schmerzcharakter des Ar­ throseschmerzes adressieren. Sie sind unverzichtbar vor allem bei Knie- und Hüftarthrose und als Erstlinientherapie bei Spondylitis ankylosans, das heißt bei typischen Erkrankungen des höheren Lebensalters – 90 % der NSARVerschreibungen betreffen Patienten über 65 Jahre und viele dieser Patienten nehmen mindestens einmal pro Woche NSAR ein. Laut den aktuellen S2K-Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) sind orale NSAR nach Versagen topischer NSAR vorgesehen [1]. Gastrointestinale und kardiovaskuläre Risiken beachten

Bei der Entscheidung für eine NSAR-Therapie muss immer in Betracht gezogen werden, dass sie bei längerfristiger Einnahme gastrointestinale Nebenwirkungen, zum Beispiel ein erhöhtes Ulkus­risiko, und in unterschiedlichem Ausmaß auch kardiovaskuläre Risiken birgt. Hinzu kommt, dass auch das Alter der Patienten

per se einen Risikofaktor darstellt [2]. Patienten mit erhöhtem gastrointestinalem Risiko sollten laut Leitlinie daher grundsätzlich zusätzlich einen Protonenpumpeninhibitor (PPI) als Magenschutz erhalten. Bei erhöhtem kardiovaskulärem Risiko empfehlen die Fachgesellschaften, den Einsatz von Naproxen zu erwägen, das in einem systematischen Review mit Metaanalyse bei gleicher Wirksamkeit wie NSAR und Coxibe ein günstigeres kardiovaskuläres Verträglichkeitsprofil gezeigt hat [3]. Trotz besseren Wissens wird die PPI-Komedikation bei gastrointestinalem Risiko nach wie vor zu selten verordnet. So deckte ein systematisches Review aus Studien seit 2005 auf, dass die Leitlinienempfehlungen nur in knapp der Hälfte der Verschreibungen umgesetzt wurden [4]. Mögliche Gründe dafür auf Seiten der Ärzte sind unzureichendes Problembewusstsein, Unterschätzung der Risiken einer NSAR-Therapie, Kostendruck sowie der Wunsch, die Medikamentenzahl begrenzt zu halten. Auf Seiten der Patienten dürfte eine unzureichende Information über den Sinn eines prophylaktischen Magenschutzes eine Rolle spielen – aber auch mangelnde Compliance aufgrund der hohen Tablettenzahl. Wie eine Erhebung zu diesem Problem zeigt, lässt sich

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

die mit steigender Tablettenzahl sinkende Compliance aber durch den Einsatz von Kombinationspräparate steigern [5]. „Intelligente“ Fixkombination

Die Fixkombination aus Naproxen (500 mg) und dem PPI Esomeprazol (20 mg) in einer Tablette (Vimovo®) bietet gleich mehrere Vorteile: Mit Esomeprazol enthält sie einen der wirkstärksten PPIs [6], der den Anteil der Patienten mit NSAR-Dyspepsie signifikant versus Placebo reduziert [7]. Dank seiner innovativen Galenik wird zuerst Esomeprazol im Magen und dann Naproxen im Dünndarm freigesetzt. Die „intelligente“ Fixkombination ist deshalb besonders geeignet für Patienten mit gastrointestinalem Risiko und verbessert die Bereitschaft der Tabletteneinnahme. Dass die orale Gabe von Vimovo® nach einer 6-monatigen Behandlung im Vergleich zu einer Monotherapie mit 500 mg magensaftresistentem Naproxen (ohne Magenschutz jeglicher Art) das Auftreten gastrischer und duodenaler Ulzera um 76 % bzw. 87 % signifikant verringert, belegen 2 doppelblinde, randomisierte Studien [8]. Zwei prospektive Beobachtungsstudie zeigen darüber © VERLAG PERFUSION GMBH


AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

hinaus, dass Patienten, die von einer NSAR-Therapie (vorwiegend mit Coxiben) auf die Kombinationstablette aus Naproxen und Esomeprazol umgestellt worden waren, auch durch eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität (laut EQ-5D) von 0,72 ± 0,17 auf 0,79 ± 0,14 (p < 0,001) profitierten [9]. Fabian Sandner, Nürnberg

Langzeittherapie der Multiplen Sklerose – mehr Sicherheit und Adhärenz mit Glatirameracetat

W

eltweit sind ca. 2,5 Millionen Menschen von Multipler Sklerose (MS) betroffen. Häufig tritt die Erkrankung bereits zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf und begleitet die Betroffenen ihr Leben lang [1]. Um die MS-bedingten Einschränkungen im Langzeitverlauf positiv zu beeinflussen, sind ein frühzeitiger Therapiebeginn und eine auf den Patienten in jeder Lebensphase individuell zugeschnittene Therapie entscheidend.

Literatur 1 S2K Leitlinie Gonarthrose der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirugie (DGOOC), überarbeitete Fassung vom 24.01.2018, AWMF Registriernummer 033-004 2 Hernandez-Diaz S et al. Arch Intern Med 2000;160:2093-2099 3 McGettingen P et al. PLoS Med 2011;7: e1001098 4 Moore et al. Pain Practice 2014;14:378395 5 Bangalore et al. Am J Med 2007;120: 713-719 6 Kirchheiner et al. Eur J Clin Pharmacol 2009;65:19-31 7 Hawkey et al. Clin Drug Invest 2009; 29:677-687 8 Goldstein JL et al. Aliment Pharmacol Ther 2010;32:401-413 9 Park D et al. Clin Orthop Surg 2020; 12:86-93

155

Daten belegen Langzeitwirksamkeit von Glatirameracetat

Primäres Ziel der MS-Therapie ist es, die Behinderungsprogression zu verlangsamen und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Wenn ein Patient bei der Erstdiagnose erst Mitte 20 ist, ist davon auszugehen, dass er mit dieser Erkrankung noch ca. 50 – 60 Jahre leben wird. Grundsätzlich wird die Therapiewahl durch eine NutzenRisiko-Abwägung bestimmt, die unter einer langfristigen Perspektive erfolgen sollte. Für einen Patienten mit hochaktiver Erkrankung kann eine hochaktive Primärtherapie am besten geeignet sein, wäh-

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

rend bei einer nicht selten weniger aktiven Erkrankung auch unter längerfristiger Perspektive eine weniger stark wirksame, dafür besonders sichere Therapie die beste Option darstellen kann. Aufgrund ihres guten NutzenRisiko-Profils haben sich in der MS-Therapie die sogenannten „Injectables“ bewährt. Der zu injizierende Immunmodulator Glatirameracetat (Copaxone®) wird in Deutschland seit fast 20 Jahren bei Patienten mit schubförmig remittierender MS (RRMS) verlässlich angewendet – inzwischen liegen mit dem Wirkstoff Erfahrungen aus fast 2 Millionen Patientenjahren vor. Langzeitdaten bestätigen seine Wirksamkeit und Sicherheit auch noch nach vielen Jahren [2]. So dokumentiert eine prospektive Langzeitstudie Menschen mit MS mit einer Behandlungsdauer von bis zu 27 Jahren – in unterschiedlichen Phasen ihres Lebens – und einer Erkrankungsdauer von weit über 30 Jahren [3]. Über die Behandlungszeit hinweg lag die annualisierte Schubrate in der Patientengruppe, die von Anfang an mit Glatirameracetat behandelt wurden, bei insgesamt 0,3 Schüben pro Jahr. Die Patienten, die erst nach 36 Monaten Glatiramer­ acetat erhielten, wiesen eine nume© VERLAG PERFUSION GMBH


156

AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Glatirameracetat Der Immunmodulator Glatirameracetat (Copaxone®) ist ein synthetisches Polypeptid, das in der Zusammensetzung dem basischen Myelinprotein, einem wichtigen Bestandteil des Myelins, ähnlich ist. Die Wirkmechanismen von Glatirameracetat sind nicht vollständig geklärt. Man geht jedoch davon aus, dass es modifizierend in Immunprozesse eingreift, die für die Pathogenese von MS verantwortlich gemacht werden. Die Wirkung von Glatirameracetat beruht auf 2 Mechanismen [13]: • Zum einen bewirkt es eine Veränderung des Phänotyps der Glatirameracetat-spezifischen T-Zellen vom TH1 zum TH2/Treg-Phänotyp. Die Folge ist eine Veränderung der Zytokinsekretionsmuster von Immunzellen: TH1-Zellen setzen vorwiegend proinflammatorische Zytokine frei, während der Phänotyp TH2/TH3/Treg, der bei der Therapie mit Glatirameracetat vorherrscht, mit antiinflam­ matorischen Zytokinen assoziiert ist. • Zum anderen kann Glatirameracetat durch die im Tiermodell festgestellte Freisetzung neurotropher Faktoren vermutlich regenerative Prozesse im zentralen Nervensystem auslösen. Derzeit geht man davon aus, dass Glatirameracetat-reaktive TH2/TH3/ Treg-Zellen, die durch die Therapie induziert werden, nach Aktivierung aufgrund der täglichen Immunisierung mit Glatirameracetat die Blut-Hirn-Schranke passieren. Diese Glatirameracetatreaktiven T-Zellen erkennen lokale Abbauprodukte des Myelins und können so in der MS-Läsion einerseits die für sie als TH2/TH3/ Treg-Zellen charakteristischen antientzündlichen Zytokine und andererseits neurotrophe Faktoren freisetzen, die neuronale Reparaturvorgänge initiieren. Glatirameracetat ist indiziert zur Behandlung der schubförmigen Multiplen Sklerose. Die empfohlene Dosierung bei Erwachsenen beträgt 40 mg Glatirameracetat (entsprechend einer Fertigspritze oder einem Fertigpen), angewendet als dreimal wöchentliche subkutane Injektion im Abstand von mindestens 48 Stunden [4].

risch höhere Schubrate von 0,4 auf (RR: 0.79; 95%-KI: 0,586 – 1,069; p = 0,13). Die Ergebnisse bestätigen den effektiven Einsatz von Glatirameracetat bei Patienten mit RRMS und verdeutlichen die Bedeutung des frühzeitigen Einsatzes einer Langzeittherapie: Patienten, die früher mit Glatirameracetat therapiert wurden, zeigten auch nach einem langen Zeitraum noch eine geringere klinische Krankheitsaktivität im Vergleich zu den Patienten, die verzögert mit Glatirameracetat behandelt wurden [3].

Gute Verträglichkeit fördert Adhärenz

Für eine langfristige Wirksamkeit der Therapie spielt auch die Adhärenz der Patienten eine entscheidende Rolle. Neben den Wirksamkeitsdaten sprechen das gut dokumentierte Sicherheitsprofil und die gute Verträglichkeit (kaum grippeähnliche Nebenwirkungen, Reduktion der Fatigue) für Glatirameracetat [4]. Als häufigste Nebenwirkungen wurden in den Studien Reaktionen an der

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

Injektionsstelle beobachtet. Dabei werden die langjährigen, positiven Erfahrungen zur Verträglichkeit der 20  mg/ml-Dosierung durch die 40 mg/ml-Darreichung übertroffen: Etwa 60 % der subkutanen Injektionen (jährlich 208 Injektionen) werden eingespart [5] und injektionsbedingte Nebenwirkungen um 50 % reduziert [6]. Mehr„spritzfreie“ Zeit und die Verträglichkeit können sich positiv auf die Lebensqualität auswirken. So ist auch die Zufriedenheit der mit der 40 mg-Formulierung Behandelten im Vergleich höher, gemessen mit dem „Treatment Satisfaction Questionnaire for Medication“ (TSQM) [7] – ein nicht zu unterschätzender Aspekt im Hinblick auf die Adhärenz. Einbeziehen der individuellen Lebenssituation in die Therapie

Ausschlaggebend für eine erfolgreiche MS-Therapie ist auch die enge Zusammenarbeit von Arzt und Patient im Sinne eines „Shared Decision Making“-Prozesses, bei dem die Behandlung so gut wie möglich auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten abgestimmt wird. Ein wichtiges Thema dabei ist der Kinderwunsch – die Mehrheit der MS-Patienten sind Frauen im gebärfähigen Alter [8]. Kinderwunsch und Schwangerschaft führen nicht zwangsläufig dazu, dass eine MS-Therapie abgesetzt werden muss. Die Krankheitsaktivität der MS sowie deren Symptome sind eng gekoppelt mit hormonellen Veränderungen. Die Behandlung sollte daher auch an die verschiedenen reproduktiven Phasen angepasst werden. Während die Schubrate im dritten Trimester um 70 % reduziert ist, steigt sie nach der Geburt – im Vergleich © VERLAG PERFUSION GMBH


AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

zur Zeit vor der Schwangerschaft – auf ein höheres Niveau. Nach einigen Monaten normalisiert sich die Schubrate in der Regel wieder [9]. Da die Wahrscheinlichkeit einer postnatalen Erhöhung der Schubrate mutmaßlich durch den prägraviden Einsatz einer Disease Modifying Therapy (DMT) reduziert werden kann, empfiehlt es sich, Medikamente zu nutzen, die bis zur Konzeption eingesetzt werden können. Unter Glatirameracetat ist nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung des Arztes eine Schwangerschaft möglich [3]. Die Grundlage bilden Daten der weltweiten Glatirameracetat-Sicherheitsdatenbank mit über 8.000 Schwangerschaften, die im Vergleich zu gesunden Frauen nicht auf ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen beim Fötus oder für andere Schwangerschaftsparameter wie Fehlgeburten hindeuten [10, 11]. Auch Daten des Deutschen Multiple Sklerose und Kinderwunsch Registers (DMSKW) zeigen, dass Schwangerschaften unter Glatirameracetat im Vergleich zu Schwangerschaften ohne Glatirameracetat-Exposition nicht mit einer Zunahme von z.B. Fehlbildungen oder Frühgeburten assoziiert waren [12]. Pen schafft mehr Unabhängigkeit

Auch in hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit punktet Glatira-

meracetat: Seit mittlerweile über einem Jahr steht das Medikament als Copaxone Pen® zur Verfügung, der die dreimal wöchentliche subkutane Gabe von Glatirameracetat 40 mg/ml vereinfacht [4]. Die flexible Anwendung lässt sich gut in den Alltag integrieren und ermöglicht eine schnelle sowie einfache Durchführung der Selbstinjektion in allen Lebenssituationen.

157

leichtern, die Therapieadhärenz zu fördern und zur Zufriedenheit des Einzelnen beizutragen. Das „Aktiv mit MS“-Serviceteam steht den Patienten von Montag bis Samstag für jegliche Fragen und individuelle Beratungen telefonisch zur Verfügung. Mehr Informationen dazu finden Sie im Internet: www.aktivmit-ms.de. Brigitte Söllner, Erlangen

Betreuungsnetzwerk „Aktiv mit MS“

MS-Erkrankte, die mit Copaxone® behandelt werden, profitieren von einer umfangreichen Unterstützung durch das „Aktiv mit MS“-Netzwerk. Zusätzlich zur Betreuung durch den behandelnden Arzt unterstützt ein geschultes und erfahrenes Team die Patienten in allen Fragen rund um die Erkrankung und Behandlung – beispielsweise mit einem Injektionstraining durch MS-Schwestern vor Ort und kostenfreien Informationsmaterialien [13]. Aktuell betreut das „Aktiv mit MS“- Serviceteam mehr als13.000 Patienten. Somit vertraut ein Großteil der Copaxone®-Patienten in Deutschland dem individuellen Service. Insbesondere nach der Diagnose und zu Beginn einer MS-Behandlung kann eine solche intensive Therapiebegleitung dazu beitragen, den Umgang mit der Erkrankung und den Alltag zu er-

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

Literatur 1 Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e. V. Was ist Multiple Sklerose? Im Internet: https://www.dmsg. de/multiple-sklerose-infos/was-ist-ms 2 Ziemssen T et al. Expert Opin Drug Saf 2017;16:247-255 3 Ford C et al. ECTRIMS 2019; Poster P656 4 Fachinformation Copaxone® 40 mg Injektionslösung im Fertigpen; Stand: November 2019 5 Khan O et al. Ann Neurol 2013;73:705713 6 Wolinsky JS et al. Mult Scler Relat Disord 2015;4:370-376 7 Wynn D et al. AAN 2015. Poster P7.218 8 Amato MP et al. CNS Drugs 2015;29: 207-220 9 Confavreux et al. N Engl J Med 1998; 339:285-291 10 Neudorfer O et al. ECTRIMS 2015, Poster P1507 11 Neudorfer O et al. ECTRIMS 2016, Poster P1226 12 Herbstritt S et al. Mult Scler 2016;22: 810-816 13 Presseinformation Teva. Therapie der Multiplen Sklerose mit Glatirameracetat (Copaxone®). Webbasierte Pressekonferenz, 5. Juni 2020

© VERLAG PERFUSION GMBH


158

AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

H

usten ist ein wichtiges Leitsymptom verschiedener Atemwegserkrankungen und einer der häufigsten Gründe für Arztbesuche weltweit. Orientierungshilfe für eine zielgerichtete wirksame Therapie gibt die aktuelle Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten (DGP 2019) [1]. Dabei weist sie der Hustendauer eine entscheidende Rolle bei der Klassifizierung zu. Demnach wird der akute (<2 Wochen Dauer) vom subakuten (2–8 Wochen) und chronischen Husten (>8 Wochen) unterschieden. Die mit weitem Abstand häufigste Ursache für den akuten, aber auch subakuten Husten sind Infekte der Atemwege im Rahmen von Erkältungskrankheiten. Da diese in der Regel komplikationslos sind und z.B. mit Selbstmedikation erfolgreich behandelt werden können, ist die Abgrenzung des „banalen“ Erkältungshustens von ernsteren Infektionen im Alltag von großer Relevanz. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der weiterhin grassierenden COVID-19 Pandemie, wo trockener Husten zu den charakteristischen Leitsymptomen zählt. Bei sogenannten „Alarmsymptomen“ sollten Patienten daher unbedingt ärztliche Hilfe suchen. Diese sind z.B. hohes Fieber, Atemnot, Brustschmerzen oder blutiger Auswurf. Symptomatische Therapie unabhängig von der „Produktivität“ des Hustens

„Trocken oder verschleimt?“ Bisher orientierten sich Empfehlungen für Apothekenkunden im Rahmen der Selbstmedikation des

Symptom Husten: Paradigmenwechsel in der Selbstmedikation? akuten Hustens an dieser Frage. Die bisher geläufige Unterscheidung zwischen „trockenem“ Reiz­ husten und „produktivem“ Husten mit Auswurf muss laut der aktu­ ellen Leitlinie für die Behandlung des akuten Hustens nicht mehr zwingend gemacht werden. Bei der Behandlung von akuten Atem­wegs­erkrankungen wie einer akuten Bronchitis oder im Rahmen eines grippalen Infekts wird eine symptomorientierte Therapie empfohlen mit der Zielsetzung, die Erkrankungsdauer und die Intensität der Hustensymptome zu verringern. Dafür stehen entweder Wirkstoffe mit sekretfördernden („Expektoranzien“) oder hustenstillenden („Antitussiva“) Mechanismen zur Auswahl, wobei für viele Substanzen eine Überlappung der Wirkmechanismen beschrieben ist. Leitliniengerechte Therapie des akuten Hustens

Zur Therapie des akuten Hustens empfiehlt die aktuelle Leitlinie unterschiedliche Wirkstoffe als evidenzbasiert. Im Bereich der chemisch definierten Expektoranzien wurde im Rahmen der Neubewertung von Studiendaten die Empfehlung von Ambroxol (z.B. Mucosolvan®) bei akutem Erkältungshusten aufgenommen. Ambroxol setzt im Rahmen der symptomatischen Therapie bron-

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

chopulmonaler Erkrankungen an verschiedenen Stellen an. So vermindert es u.a. die Viskosität des Schleims und erleichtert dessen Abtransport, verbessert die mukoziliäre Clearance und fördert im Vergleich zu Placebo die schnellere Linderung der Symptome bei akuter Bronchitis [2]. Darüber hinaus hat Ambroxol zusätzliche lokalanästhetische und somit lokal schmerzlindernde sowie antiinflammatorische Eigenschaften und kann zudem die Konzentration von einigen Antibiotika im Bronchialschleim und Lungengewebe erhöhen. Deshalb profitieren die Patienten auch von einer zusätzlichen Empfehlung bei einer Antibiotikaverordnung im Rahmen einer sekundären bakteriellen Bronchitis [3, 4, 5]. Des Weiteren zeigt Ambroxol in vitro und im tierexperimentellen Modell hemmende Eigenschaften auf die Virusreplikation von Rhino- und Influenzaviren [6]. Leitliniengerechte Therapie des trocknen Hustens

Im Gegensatz zum produktiven Husten befindet sich beim trockenen Reizhusten kein festsitzender Schleim in den Atemwegen. Dem trockenen Husten fehlt daher die Reinigungsfunktion und er ist für den Betroffenen ohne Nutzen. Ganz im Gegenteil, er unterhält © VERLAG PERFUSION GMBH


AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

sich sogar selbst: Seine gewaltigen Stöße reizen und verletzen die bereits geschädigten Schleimhäute immer wieder. Noch heftigere Reizhustenattacken sind die Folge. Die Leitlinien-Autoren empfehlen in diesem Fall den Einsatz eines zentralen Antitussivums mit in randomisiert kontrollierten Studien nachgewiesener Wirksamkeit wie Dextromethorphan (z.B. in Silomat® DMP Lutschpastillen und Silomat® DMP Intensiv Kapseln). Dextromethorphan und Pentoxyverin sind die einzigen synthetisch-chemischen Wirkstoffe, die aufgrund ihrer guten Verträglichkeit rezeptfrei in der Apotheke erhältlich sind. Indem sie die Reiz-Reaktions-Spirale aus Husten – Hustenreiz – Husten schnell und effektiv durchbrechen, schützen sie die sensiblen Schleimhäute vor weiteren schädlichen Attacken und fördern die Selbstheilungskräfte. Liegt insbesondere nachts ein quälender Reizhusten vor, so empfiehlt die aktuelle Leitlinie erstmals auch die zeitlich versetzte Einnahme von Expektoranzien (tagsüber) und reinen Hustenstillern (nachts). Dadurch können die Erkältungsbeschwerden schneller abheilen, sodass sich der Krankheitsverlauf insgesamt verkürzt. Elisabeth Wilhelmi, München

159

Schneller gesund mit pflanzlichem Antiinfektivum – so gewinnt die Abwehr gegen Atemwegsviren

W

enn im Herbst die Blätter von den Bäumen fallen, schlagen auch wieder große Mengen an Viren auf unsere Atemwege und verursachen lästige Symptome wie Husten. Normalerweise kein Grund zur Aufregung – aber in diesem Jahr ist nichts normal. Bei jedem Infekt stellt sich jetzt die bange Frage: Ist das eine Erkältung oder vielleicht Covid-19? Weil neben den altbekannten Atemwegsviren das neue Coronavirus grassiert, ist es wichtiger denn je, grippale Infekte rasch und effektiv zu behandeln. So wird das Immunsystem entlastet und kann sich auf die Bekämpfung gefährlicher Viren wie SARS-CoV-2 konzentrieren.

Eine aktuelle Studie verdeutlicht: Wer beim akuten Atemwegsinfekt mit pflanzliche Arzneimitteln behandelt wird, ist schneller wieder gesund [1]. Den stärksten Effekt unter den untersuchten Extrakten zeigte der Spezialextrakt EPs® 7630 aus der Kap­land-Pelargonie (Abb. 1, Umcka­loabo®). Die Waffen des Immunsystems

Atemwegsinfekte werden fast immer von Viren verursacht. Sie schweben nicht nur in der Luft, sondern lauern auch auf Tastaturen, Türklinken, Toiletten. Befallen diese Erreger Nase oder Rachen, reagiert der Körper auf die

Literatur 1 Kardos P et al. Pneumologie 2019;73: 143-180 2 Matthys H et al. Arzneimittelforsch 2000; 50:700-711 3 Deretic V et al. Expert Opin Drug Metab Toxicol 2019;15:213–128 4 Fraschini F et al. Curr Ther Res 1988;43: 734-742 4 Gené R et al. Arzneimittelforsch 1987;37: 967-968 6 Plomer M et al. Pharm Ztg 2016; 161;3842

Abbildung 1: Der Wirkstoff von Umckaloabo® wird aus der Wurzel der in Südafrika beheimateten Kapland-Pelargonie (Pelargonium sidoides) (© Alamy_G67KKK).

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

© VERLAG PERFUSION GMBH


160

AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Umckaloabo® In vitro sind für Umckaloabo® folgende Effekte belegt [5]: Stimulation unspezifischer Abwehrmechanismen: – Stimulation der Schlagfrequenz des Flimmerepithels – Modulation der Synthese von Interferonen und proinflammatorischen Zytokinen, Stimulation der Aktivität von natürlichen Kil­ lerzellen – Stimulation von Phagozyten, Expression von Adhäsionsmolekülen, Chemotaxis Antimikrobielle Wirkungen: – Moderate direkte antibakterielle und antivirale Eigenschaften – Steigerung/Hemmung der Adhäsion von A-Streptokokken an abgeschilferten/lebenden Epithelzellen – Hemmung der β-Laktamase Zytoprotektive Eigenschaften: – Hemmung der humanen Leukozytenelastase – Antioxidative Eigenschaften

Infektion mit einer Entzündung: Innerhalb von 1 – 2 Tagen treten Schnupfen oder Halsschmerzen auf. Bei schweren Verläufen entwickelt sich hohes Fieber, oft kommen Husten, Müdigkeit und Schwächegefühl dazu. All diese Symptome sind Ausdruck einer heftigen Abwehrreaktion des Körpers. Um Krankheitserreger unschädlich zu machen, besitzt unser Organismus 2 Verteidigungsapparate: Neben dem angeborenen Immunsystem, zu dem u.a. die Makrophagen gehören, baut er über die Jahre eine „erlernte“ Abwehr auf, die sich bestimmte Erreger „merkt“ und sie im Fall eines erneuten Angriffs sofort gezielt attackiert – der Mensch ist gegen diese Keime immun. Bei Erkältungs- und Grippeviren funktioniert das jedoch oftmals nicht, denn sie verändern ständig ihr Gesicht und werden daher von der erlernten Abwehr schon bald

nicht mehr wiedererkannt. Um mit Atemwegsviren fertig zu werden, ist dann also allein die Schlagkraft des angeborenen Immunsystems entscheidend. Mit pflanzlichem Antiinfektivum die körpereigene Abwehr unterstützen

Wenn Viren die Bronchien befallen, kommt es darauf an, das Immunsystem schnell und gezielt zu unterstützen. Wird antiinfektiv mit dem pflanzlichen Arzneimittel Umckaloabo® behandelt, lässt sich der Atemwegsinfekt wirksam zurückdrängen. Dieser Extrakt aus der Kapland-Pelargonie zählt zu den am besten untersuchten pflanzlichen Wirkstoffen und seine Wirksamkeit wurde in vielen Studien belegt [2]. Aktuelle Labor­ untersuchungen zeigen, dass Umckaloabo® schon den ersten Schritt

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

einer Infektion ausbremsen kann, nämlich das Andocken von Atemwegsviren an den Schleimhautzellen [3]. Der Wirkstoff EPs® 7630 in Umckaloabo® hemmt außerdem die Vermehrung der Viren und damit den Befall von weiteren Zellen [4]. Diese unspezifischen Effekte gegen ein breites Spektrum von Atemwegsviren können die kürzere Krankheitsdauer erklären, wie sie in klinischen Studien mit Umckaloabo® nachgewiesen wurde [2]. Der Pflanzenextrakt kann zudem die übermäßige Ausschüttung von Entzündungsbotenstoffen hemmen und dadurch das Krankheitsgefühl reduzieren. So lindert Umckaloabo® die unangenehmen Begleitsymptome Müdigkeit, Erschöpfung und Antriebslosigkeit. Die Patienten fühlen sich schneller wieder besser und werden durchschnittlich 2 Tage eher gesund und arbeitsfähig [2]. Fabian Sandner, Nürnberg Literatur 1 Martin D et al. Reduced antibiotic use after initial treatment of acute respiratory infections with phytopharmaceuticals – a retrospective cohort study. Postgrad Med 2020;132:412-418 2 Matthys H et al. EPs 7630 in acute respiratory tract infections – a systematic review and meta-analysis of randomized clinical trials. J Lung Pulm Respir Res 2016;3:4-15 3 Roth M et al. Pelargonium sidoides radix extract EPs 7630 reduces rhinovirus infection through modulation of viral binding proteins on human bronchial epithelial cells. PLoS One 2019;14:e0210702 4 Michaelis M et al. Investigation of the influence of EPs® 7630, a herbal drug preparation from Pelargonium sidoides, on replication of a broad panel of respiratory viruses. Phytomedicine 2011;18:384-386 5 Fachinformation Umckaloabo®; Stand: Oktober 2016

© VERLAG PERFUSION GMBH


N E U ZU G E L A S S E N B E I M R R M M

SARCLISA® + PD BEIM REZIDIVIERTEN, REFRAKTÄREN MULTIPLEN MYELOM$

MEHR PATIENTEN* MEHR PERSPEKTIVEN+

+5 Monate medianes PFS 11,53 vs. 6,47 Monate #, 1, 2 ~4-facher Anstieg der ≥VGPR 31,8 % vs. 8,5 %#, 1, 2 Niedrigere Abbruchrate aufgrund von Nebenwirkungen in der Zulassungsstudie: 7,2 % vs. 12,8 %#, 3

SARC

ist akt LISA® ue nicht im ll noch M verfüg arkt bar

SARCLISA® ist in Kombination mit Pomalidomid und Dexamethason zur Behandlung des rezidivierten und refraktären Multiplen Myeloms (MM) bei Erwachsenen indiziert, die mindestens zwei vorausgegangene Therapien, darunter Lenalidomid und einen Proteasom-Inhibitor (PI), erhalten haben und unter der letzten Therapie eine Krankheitsprogression zeigten.1 * Die Studienpopulation schloss auch Hochrisiko-Gruppen und Patienten mit schlechter Prognose (z. B. Hochrisiko-Zytogenetik, eingeschränkte Nierenfunktion und COPD) ein.1, 2 + SARCLISA® ist ein neuer, multimodaler Anti-CD38-mAK, der in der Phase-3-Studie ICARIA-MM eine signifikante Verbesserung des PFS im Vgl. zu Pd allein zeigte (11,53 Monate mit SARCLISA® + Pd vs. 6,47 Monate mit Pd allein). Der PFS-Vorteil zeigte sich in allen Subgruppen; ebenso wurde eine deutliche Verbesserung der ORR gezeigt (60,4 % mit SARCLISA® + Pd vs. 35,3 % mit Pd allein).1, 2 # SARCLISA® + Pomalidomid und Dexamethason vs. Pomalidomid und Dexamethason. mAK = monoklonaler Antikörper; ORR = Gesamtansprechrate; PD = Pomalidomid und Dexamethason; PFS = progressionsfreies Überleben; RRMM = rezidiviertes und refraktäres Multiples Myelom; VGPR = sehr gutes partielles Ansprechen. 1. Produktinformation unter: https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/sarclisa-epar-product-information_de.pdf (zuletzt abgerufen am 01.10.2020). 2. Attal M, Richardson PG, Rajkumar SV, et al; on behalf of the ICARIA-MM study group. Isatuximab plus pomalidomide and low-dose dexamethasone versus pomalidomide and low-dose dexamethasone in patients with relapsed and refractory multiple myeloma (ICARIA-MM): a randomised, multicentre, open-label, phase 3 study. Lancet. 2019; 394(10214): 2096–2107. 3. Attal M, Richardson PG, Rajkumar SV, et al; on behalf of the ICARIA-MM study group. Isatuximab plus pomalidomide and low-dose dexamethasone versus pomalidomide and low-dose dexamethasone in patients with relapsed and refractory multiple myeloma (ICARIA-MM): a randomised, multicentre, open-label, phase 3 study. Lancet. 2019; 394(10214) (suppl): 2096–2107. Sarclisa® 20 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Wirkstoffe: Isatuximab. Zusammens.: Arzneil. wirks. Bestandt.: 1 Durchstechfl. m. 5/25 ml Konzentrat enth. 100/500 mg Isatuximab, entspr. 20 mg/ml. Sonst. Bestandt.: Sucrose, Histidinhydrochlorid-Monohydrat, Histidin, Polysorbat 80, Wasser f. Injektionszwecke. Anw.-geb.: In Kombination m. Pomalidomid u. Dexamethason z. Behandl. d. rezidivierten u. refraktären Multiplen Myeloms (MM) b. Erwachsenen, d. mind. 2 vorausgegangene Ther., darunter Lenalidomid u. e. Proteasen-Inhibitor (PI) erhalten haben u. unter d. letzten Ther. e. Krankheitsprogression zeigten. Gegenanz.: Überempfindlichk. ggü. d. Wirkstoff od. e. d. sonst. Bestandt. Warnhinw. u. Vorsichtsm.: Intravenöse Anwendung. Nur zur einmaligen Anwendung. Packungsbeilage beachten. Nicht schütteln. Nebenw.: Infekt. u. parasit. Erkr.: Sehr häufig Pneumonie, Infekt. d. ob. Atemw., Bronchitis. Gutart., bösart. u. unspez. Neubild.: Häufig Plattenepithel-Ca d. Haut. Blut u. Lymphsyst.: Sehr häufig Neutropenie, febrile Neutropenie. Stoffw. u. Ernähr.-stör.: Häufig vermind. Appetit. Herz: Häufig Vorhofflimmern. Atemw., Brustr., Mediast.: Sehr häufig Dyspnoe. GIT: Sehr häufig Diarrhö, Übelk., Erbrechen. Untersuchungen: Häufig Gewichtsabnahme. Verletz., Vergift. u. durch Eingriffe bedingte Komplikat.: Sehr häufig infusionsbedingte Reaktion. Verschreibungspflichtig. Sanofi-aventis groupe, 54 rue La Boétie, 75008 Paris, Frankreich. Stand der Information: Mai 2020 (MAT-DE-2000187v1.0) q Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden.

Mit wegweisenden Therapien komplexen Erkrankungen begegnen.

2002_ISA_B_ MAT-DE-2003261v1.0 – 10/2020

$


NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

162

M

Isatuximab – eine neue Behandlungsoption für das rezidivierte und refraktäre multiple Myelom

it weltweit mehr als 138.000 Neuerkrankungen pro Jahr ist das multiple Myelom das zweithäufigste hämatologische Malignom. In Europa wird jedes Jahr bei etwa 40.000 Patienten ein multiples Myelom diagnostiziert. Bei der großen Mehrzahl der Patienten ist PFS was im Isatuximab-Behandlungsarm wurden auch beobachtet bei Patienten dieserVerbesserungen Blutkrebs nichtbeim heilbar, ≥ 75 Jahre (HR = 0,479; 95-%-KI: eine hohe Krankheitslast verur- 0,242-0,946), mit einem ISS-Stadium von III bei Aufnahme in die sacht.Studie (HR = 0,635;2 95-%-KI: 0,363-1,110), mit einer anfänglichen Kreatinin-Clearance < 60 ml/min/1,73 m (HR = 0,502; 95-%-KI: 0,297-0,847), mit > 3 vorangegangenen Therapielinien Für die Versorgung von intensiv loms bei Erwachsenen zugelassen, Wirksamkeit und Sicherheit von (HR = 0,590; 95-%-KI: 0,356-0,977), bei Patienten, die in ihren vorausgehenden Therapien refraktär Isatuximab in Kombination mit die 95-%-KI: mindestens 2 vorausgegangene vorbehandelten Patienten, die(HR neue gegenüber Lenalidomid = 0,593; 0,431-0,816) oder einem Proteasom-Inhibitor (HR = Pomalidomid und Dexamethason Therapien, darunter Lenalidomid wirksame Therapien benötigen, 0,578; 95-%-KI: 0,405-0,824) waren und bei Patienten, die in der letzten Therapielinie vor Aufnahme im Vergleich zur alein Proteasom-Inhibitor, er- (POM-DEX) wennindas Malignom erneutLenalidomid auf- undrefraktär die Studie gegenüber waren (HR = 0,601; 95-%-KI: 0,436-0,828). leinigen Gabe von die POM-DEX bei halten haben und unter der letzten tritt oder gegenüber der vorheriEs liegen nur unzureichende Daten vor, um auf die Wirksamkeit von Isatuximab bei Patienten, Patienten untersuchte, bei denen Therapie eine Krankheitsprogresgen Therapie refraktär geworden zuvor mit Daratumumab behandelt wurden, zu schließen (1 Patient im Isatuximab-Arm und kein bereits mindestens 2 Vorbehandist, steht mitimdem monoklonalen sion zeigten. Patient Kontrollarm). lungen versagt hatten [1, 2]. Anti-CD38-Antikörper Isatuximab In beiden Gruppen wurde die Be(Sarclisa®) nun eine wichtige zuDie mediane Dauer bis zumzur ersten Ansprechen bei des Respondern betrug 35 Tage im Isatuximab-Arm im jeweils Verlängerung progressions­ sätzliche Behandlungsoption handlung in Zyklen von Vergleich 58 Tagen Kontrollarm. BeiÜberlebens einer medianen Verfügung. Im zu Juni hat dieimEuro28 Tagenvon durchgeführt, bis es zur freien um 5Nachbeobachtungszeit Monate 11,56 Monaten im Isatuximab-Arm und 11,73 Monaten im Kontrollarm wurde das mediane päische Kommission Isatuximab Krankheitsprogression oder zum Gesamtüberleben in beiden Behandlungsarmen nicht erreicht. Die Hazard Ratio für daseiner OS betrug in Kombination mit Pomalidomid Die Zulassung in der EU basiert Auftreten nicht akzeptablen (95-%-KI: 0,461-1,023, 0,0631).aus der randomisier- Toxizität kam. Im ersten Zyklus auf =Daten und 0,687 Dexamethason (POM-DEX)p-Wert zur Behandlung des rezidivierten ten, offenen, 2-armigen Phase- wurden 10 mg/kg Isatuximab jede Abbildung 1: Kaplan-Meier-Kurven des PFS – ITT-Population – ICARIA-MM (bewertet durch und refraktären multiplen Mye- III-Studie ICARIA-MM, die die Woche, danach alle 2 Wochen als das IRC)

1,0 0,9

PFS (Wahrscheinlichkeit)

0,8 0,7 0,6 0,5 Sarclisa-Behandlungsschema (IsaPd)

0,4 Kontrollarm Sarclisa (Pd) (Isa-Pd) [n = 153] [n = 154] Median (Monate) 11,53 6,47 Hazard Ratio (95-%-KI); vs. 0,596 (0,436 bis 0,814) Kontrollarm p = 0,001

0,3 0,2 0,1 0,0

Anzahl Risikopatienten Sarclisa-Behandlungsschema (Isa-Pd) Kontroll-Behandlungsschema (Pd)

Kontroll-Behandlungsschema (Pd)

Monate 154

129

106

89

81

52

30

14

1

153

105

80

63

51

33

17

5

0

Abbildung 1: Ergebnis der ICARIA-MM-Studie für den primären Endpunkt, das progressionsfreie Überleben unter der Behandlung mit Isatuximab (Sarclisa®) plus Pomalidomid und Dexamethason (Isa-Pd) versus Pomalidomid und Dexamethason alleine (Pd) [2, 3].

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

© VERLAG PERFUSION GMBH


163

NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

Isatuximab Isatuximab (Sarclisa®) ist ein monoklonaler Antikörper vom Typ IgG 1, der an ein spezifisches Epitop des CD38-Rezeptors bindet. CD38 wird auf den Zellen eines multiplen Myeloms durchgängig und in großen Mengen exprimiert und ist damit eine mögliche Zielstruktur für die Behandlung mit einem Antikörper wie Isatuximab. Der Wirkstoff soll den programmierten Tumorzelltod (Apoptose) und eine immunmodulierende Wirkung induzieren. Isatuximab wird intravenös in einer Dosis von 10 mg/kg Körpergewicht in Kombination mit Pomalidomid und Dexamethason verabreicht. In den ersten 4 Wochen erfolgen die Infusionen einmal wöchentlich, danach alle 2 Wochen, und zwar so lange, bis eine Krankheitsprogression oder eine nicht vertretbare Toxizität eintritt. Sofern die Infusionsgeschwindigkeit nicht aufgrund von infusionsbedingten Reaktionen angepasst werden muss, dauert die erste Infusion 3 – 4 Stunden und die zweite Infusion unter 2 Stunden. Ab der dritten Infusion können die Infusionen auf 75 Minuten verkürzt werden. Ein Behandlungszyklus dauert 28 Tage [3].

i.v. Infusion appliziert. In jedem 28-tägigen Zyklus erhielten die Patienten 4 mg Pomalidomid l × täglich von Tag 1 – 21 oral und Dexamethason in niedriger Dosis (40 mg; 20 mg bei Patienten ≥75 Jahre) an den Tagen 1, 8, 15 und 22 oral bzw. intravenös). Die mediane Behandlungsdauer betrug 41 Wochen im Isatuximab-Behandlungsarm und 24 Wochen im Kontrollarm. Als primärer Wirksamkeitsendpunkt wurde das progressionsfreie (PFS) definiert. Die Zugabe von Isatuximab zu POM-DEX (Isatuximab-Kombinationstherapie, n = 154) führte verglichen mit POM-DEX alleine (n = 153) zu einer statistisch signifikanten Verbesserung des PFS: Das mediane PFS betrug unter der

Isatuximab-Kombinationstherapie 11,53 Monate gegenüber 6,47 Monate unter POM-DEX alleine und war damit um fast 5 Monate länger (HR = 0,596; 95%-KI: 0,44 – 0,81; p = 0,001) (Abb. 1). Außerdem reduzierte die Isatuximab-Kombinationstherapie das Risiko für Krankheitsprogression oder Tod signifikant um 40 % gegenüber POM-DEX alleine und es sprachen signifikant mehr Patienten auf die Kombinationstherapie an: Gesamtansprechrate 60,4 % vs. 35,3 % (p < 0,0001). Der Behandlungsvorteil der Isatuximab-Kombinationstherapie zeigte sich in allen präspezifizierten Subgruppen, darunter Patienten mit Hochrisiko-Zytogenetik, einem Alter ≥75 Jahre, einer Nierenin-

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

suffizienz und einer LenalidomidRefraktärität – also Patienten, die typisch für den klinischen Alltag sind. Sicherheitsprofil

Der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels von Isatuximab zufolge sind die häufigsten unter Isatuximab beobachteten unerwünschten Nebenwirkungen (die bei 20 % oder mehr der Patienten auftraten) Neutropenie (46,7 %), infusionsbedingte Reaktionen (38,2 %), Pneumonie (30,9 %), Infektionen der oberen Atemwege (28,3 %), Diarrhö (25,7 %) und Bronchitis (23,7 %). Die häufigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen waren Pneumonie (9,9 %) und febrile Neutropenie (6,6 %) [3]. Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1 https://clinicaltrials.gov/ct2/show/ NCT02990338 2 Attal M, Richardson PG, Rajkumar SV et al.; ICARIA-MM study group. Isatuximab plus pomalidomide and low-dose dexamethasone versus pomalidomide and low-dose dexamethasone in patients with relapsed and refractory multiple myeloma (ICARIA-MM): a randomised, multicentre, open-label, phase 3 study. Lancet 2019;394:2096-2107 3 Fachinformation Sarclisa®. https://www. ema.europa.eu/en/documents/product-information/sarclisa-epar-product-information_de.pdf

© VERLAG PERFUSION GMBH


164

M

it dem neuen Präparat Relafalk® von Dr. Falk Pharma ist erstmals ein Antibiotikum verfügbar, das durch die MMX®-Technologie gezielt im terminalen Dünndarm und Dickdarm wirksam ist. Mittels eines innovativen Mechanismus, der eine pH-abhängige und verzögerte Freisetzung kombiniert, wird der Wirkstoff Rifamycin SV-MMX® selektiv im terminalen Ileum und Kolon freigesetzt (Abb. 1). Da Rifamycin SV-MMX® fast nicht resorbiert wird (<1 %), wirkt es somit gezielt am Ort der Erkrankung. Relafalk® ist seit dem 1. Dezember 2019 zur Behandlung einer Reisediarrhö ohne klinische Anzeichen einer invasiven Enteritis verfügbar. Auf Reisen ist keiner vor „Montezumas Rache“ gefeit

Jährlich erkranken mehr als 15 Millionen Reisende weltweit an einer Reisediarrhö, wobei über 80 % der Krankheitsfälle durch Bakterien – zumeist durch kontaminierte Lebensmittel oder Getränke – verursacht werden. Neben ungeformten Stühlen oder imperativem Stuhldrang geht eine Reisediarrhö üblicherweise mit Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, abdominalen Krämpfen oder Fieber einher. Montezumas Rache beeinträchtigt dabei nicht nur den Urlaub oder die Geschäftsreise, sondern kann auch langfristige gesundheitliche Folgen wie persistierenden Durchfall sowie die Entwicklung eines Reizdarmsyndroms, selten auch einer reaktiven Arthritis haben. Außerdem besteht das Risiko, dass die Betroffenen nach Rückkehr aus dem Urlaub multiresistente Krankheitserreger, insbesondere ESBL-PE (Extended-Spectrum

NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

Reisediarrhö: Rifamycin SV-MMX® wirkt gezielt im Dickdarm Beta-Lactamase-Producing Ente­ ro­bacteriaceae) verbreiten. Üblicherweise manifestiert sich eine Reisediarrhö mit plötzlich auftretendem, nicht blutigem, oft dünnflüssigem, wässrigem Durchfall. Unbehandelt hält die Diarrhö durchschnittlich 3 – 4 Tage an. Hauptursache sind Enterotoxinproduzierende E. coli (ETEC). Je nach Reiseland können auch weitere Erreger wie beispielsweise Salmonella enteritidis, Shigella nondysenteriae, Vibrio non-cholerae, Campylobacter, Aeromonas oder enteropathogene Viren eine Reise-

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

diarrhö hervorrufen. Die Infektion ist in aller Regel aber selbstlimitierend, weniger als 10 % der Betroffenen benötigen ärztliche Hilfe. Antibiotikatherapie bei mittelschwerem und schwerem Durchfall

Tritt während einer Reise Durchfall auf, ist zunächst zu differenzieren, ob eine leichte, mittelschwere oder schwere Reisediarrhö vorliegt. Von einer leichten Erkrankung ist auszugehen, wenn die Reisetaug-

Abbildung 1: Wirkstofffrei­ setzung von Relafalk®: Die Multimatrix-Galenik kombiniert ein Coating, das sich pH-Wert-gesteuert bei einem pH-Wert ≥7 auflöst, mit einer Retardierung durch hydrophile und lipophile Bestandteile der Matrix, die das Rifamycin SV-MMX® verzögert ab dem terminalen Ileum und während der Passage durch den Dickdarm abgibt.

© VERLAG PERFUSION GMBH


165

NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

lichkeit nicht beeinträchtigt ist. Mittelschwer ist die Diarrhö bei Beeinträchtigung der Reisepläne und schwer bei der Unfähigkeit, das (Bade-)Zimmer zu verlassen. Eine Dysenterie hat zudem noch Begleitsymptome wie Fieber und/ oder massive Blutbeimischung im Stuhl. In leichten Fällen ist der Einsatz von Antibiotika gemäß internationalem Konsens nicht angebracht. In mittelschweren Fällen können Antibiotika (ggf. in Kombination mit Loperamid) als die Therapieoption, die eine Reisediarrhö ursächlich behandelt, eingesetzt werden. Bei schweren Fällen von Reisediarrhö ist eine Behandlung mit Antibiotika (ggf. in Kombination mit Loperamid) angezeigt, um eine rasche Heilung zu induzieren, schnell die Reisetauglichkeit wieder zu erlangen und auch um langfristig Komplikationen vorzubeugen.

gibt. Der Wirkstoff wird im Darm fast nicht resorbiert (<1 %) und wirkt daher nicht systemisch. Die physiologische Darmflora im oberen Magen-Darm-Trakt sollte deshalb weniger angegriffen werden, da die Freisetzung erst ab dem terminalen Ileum erfolgt. Wirksamkeit vergleichbar mit der von Ciprofloxacin

Die gute Wirksamkeit von Rela­ falk® wurde in einer klinischen Studie bei 264 Erwachsenen mit Reisediarrhö in Mexiko oder Guatemala gegenüber Placebo dokumentiert [1]. Nach dem Ergebnis einer zweiten Studie bei 835 Patienten in Indien und Lateinamerika ist Rifamycin SV-MMX® hinsichtlich der klinischen Wirksamkeit mit dem systemisch wirkenden Antibiotikum Ciprofloxacin verKlinische Heilung*

Lokal wirkendes Rifamycin SV mit patentierter MMX®Freisetzungstechnlogie

Kein erhöhtes Risiko für die Kolonisierung mit ESBL-PE

Eine Antibiotikagabe kann die Besiedelung des Darmes mit hoch-

Therapieversager

Notfalltherapie Rifamycin SV-MXX® Ciprofloxacin

100 90

p=0,942 85,0

84,8

80 Anteil Patienten (%)

Alternativ zu systemisch wirksamen Antibiotika wie z.B. Ciprofloxacin und Azithromycin wurde mit Relafalk® (Rifamycin SV-MMX®) nun erstmals ein Antibiotikum mit einem sehr breiten Wirkspektrum gegen aerobe und anaerobe grampositive sowie gram-negative Bakterien entwickelt, das den Wirkstoff mittels MMX®-Technologie selektiv im terminalen Dünndarm und Dickdarm freisetzt. Die Multimatrix-Galenik kombiniert ein Coating, das sich pH-Wert gesteuert bei einem pH-Wert ≥7 auflöst, mit einer Retardierung durch hydrophile und lipophile Bestandteile der Matrix, die das Rifamycin SV-MMX® verzögert während der Passage durch den Dickdarm ab-

gleichbar [2]: Das Intervall zwischen der Einnahme der ersten Tablette und dem letzten ungeformten Stuhlabgang betrug bei den mit Rifamycin SV-MMX® (2 × 400 mg/d) behandelten Patienten 42,8 Stunden und in der Ciprofloxacin-Gruppe (2 × 500 mg/d) 36,8 Stunden (p < 0,0035 für Nicht-Unterlegenheit). Auch bei den sekundären Endpunkten wie der klinischen Heilungsrate, dem Therapieversagen und der Notwendigkeit einer „Rescue-Therapie“ wurden in beiden Behandlungsgruppen vergleichbare, statistisch nicht unterschiedliche Ergebnisse gefunden (Abb. 2) [2].

70 60 50 40 30 20 10 0

p=0,865 14,8

15,2

p=0,072 2,6

1,0

Abbildung 2: In einer doppelblinden randomisierten Studie zeigte Rifamycin SV-MMX® (Relafalk®; 2 × 400 mg/d; n = 420) eine vergleichbare Wirksamkeit wie Ciprofloxacin (2 × 500 mg/d; n = 415). * Die klinische Heilung war definiert als 24 Stunden ohne klinische Symptome (außer leichten Blähungen), ohne Fieber, ohne wässrigen Stuhl und mit nicht mehr als 2 weichen Stühlen oder 48 Stunden ohne Stuhl oder mit nur geformtem Stuhl und ohne Fieber, mit oder ohne Zeichen einer enterischen Infektion. Die Behandlungsdauer betrug jeweils 3 Tage [2].

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

© VERLAG PERFUSION GMBH


NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

166

Gesamt ESBL-PE Kolonisation

Neukolonisation mit ESBL-PE (Patienten, die zu Studienbeginn negativ waren)

Patienen, positiv für ESBL-PE (%)

Vor der Therapie Nach der Therapie

20 15

p=1,00 15,9 15,6

OR 1,84 95% CI 1,10–3,07 p=0,02 17,4

p=0,03 21,1

25

14,2 10,3

10 5 0 Rifamycin SV-MXX®

Ciprofloxacin

Rifamycin SV-MXX®

Ciprofloxacin

Abbildung 3: Nach Gabe von Rifamycin SV-MMX® (2 × 400 mg/d) ergab sich im Gegensatz zu Ciprofloxacin (2 × 500 mg/d) kein erhöhtes Risiko für eine gesteigerte Kolonisation mit ESBLPE [2].

Unerwünschte Ereignisse bei ≥ 2 %

Rifamycin SV-MXX® Placebo

Diarrhö

10,0

Kopfschmerzen

Verstopfung

8,5 1,5

16,9

9,2

3,5

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Unerwünschte Ereignisse (%)

Abbildung 4: Im direkten Vergleich von Rifamycin SV-MMX® (Relafalk®; 2 × 400 mg/d; n = 199) mit Placebo (n = 65) zeigte sich eine vergleichbare Verträglichkeit [1].

resistenten Keimen wie vor allem den ESBL-PE begünstigen. In der Vergleichsstudie mit Ciprofloxacin war dies bei den mit Ciprofloxacin behandelten Patienten auch der Fall: Die Kolonisierungsrate stieg unter der Behandlung von anfänglich 14,2 auf 21,1 % an (p = 0,03), während sie in der Rifamycin SV-MMX®-Gruppe unwesentlich von 15,9 % auf 15,6 % sank (nicht signifikant). Bei den zu Studienbeginn ESBL-PE-freien

Patienten wurden am Studienende bei 10 % der mit Rifamycin SV behandelten Patienten resistente Keime nachgewiesen, in der Ciprofloxacin-Gruppe dagegen bei 17,4 % (Abb. 3) [2]. Sehr gute Verträglichkeit auf Placebo-Niveau

Rifamycin SV-MMX entfaltet seine antibiotische Wirkung selek-

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

®

tiv im Darmlumen. Da nur minimale Mengen des Antibiotikums resorbiert werden können, treten bei der Behandlung nicht mehr unerwünschte Nebenwirkungen auf als unter Placebo (Abb. 4) [1]. Fazit

Rifamycin SV-MMX® (Relafalk®) ist ein oral einzunehmendes (2 × täglich 2 Tabletten à 200 mg, Gesamtdosis 800 mg), minimal resorbierbares Breitbandantibiotikum mit einer hervorragenden Wirksamkeit gegen aerobe und anaerobe grampositive und gramnegative Bakterien, die mit der von Ciprofloxacin vergleichbar ist. Im Gegensatz zu diesem systemisch wirksamen Antibiotikum wirkt Rifamycin SV-MMX® selektiv im terminalen Ileum und Kolon, d.h. direkt am Ort des Geschehens, und zeichnet sich durch eine Verträglichkeit auf Placebo-Niveau sowie ein geringes Risiko für Antibiotika-Resistenzen aus. Daher kann Relafalk® für die Reiseapotheke zur (Selbst-)Behandlung einer Reisediarrhö bei Erwachsenen empfohlen werden. Nicht angewendet werden sollte das Präparat bei Zeichen einer invasiven Enteritis (Dysenterie), charakterisiert durch Fieber und/oder massiven Blutbeimengungen im Stuhl. Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1 DuPont HL et al. J Travel Med 2014;21: 369-376 2 Steffen R et al. J Travel Med 2018;25. doi: 10.1093/jtm/tay116 © VERLAG PERFUSION GMBH


167

NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

D

ie Cystische Fibrose (CF, Mukoviszidose) ist eine seltene, lebensverkürzende Erbkrankheit, die weltweit rund 75.000 Menschen betrifft, davon etwa 6.300 in Deutschland [1]. Kennzeichnend ist die Bildung von zähem, dickflüssigem Schleim in verschiedenen Organen, vor allem der Lunge und dem Verdauungstrakt, wodurch lebenswichtige Organe in ihrer Funktion beeinträchtigt werden [2] (Abb. 1). Ursache ist eine Mutation in dem Gen, das für den Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR) codiert. Diese als Inonenkanäle fungierenden CFTR-Proteine befinden sich in der Membran von Epithelzellen und regulieren das Ein- und Ausströmen von ChloridIonen und Wasser (Abb. 1). Ist die CFTR-Funktion infolge einer Mutation im CFTR-Gen gestört oder fehlt sie ganz, kommt es zu massiven Störungen des Salz-WasserHaushalts und Körpersekrete, wie z.B. der Schleim in der Lunge, werden dickflüssig und zäh. Um an CF zu erkranken, muss ein Kind zwei defekte CFTR-Gene – jeweils eines von beiden Elternteilen – geerbt haben. Die CF auslösenden Mutationen können mittels eines Gentests oder einer Genotypisierung nachgewiesen werden. Heute sind etwa 2000 Mutationen im CFTR-Gen bekannt, 352 davon sind krankheitsauslösend, d.h. haben zur Folge, dass zu wenige oder dysfunktionale CFTR-Ionenkanäle gebildet werden [3].

Kaftrio® plus Kalydeco® – eine neue Kombination zur Behandlung der Cystischen Fibrose

Abbildung 1: Durch Mutationen im CFTR-Gen bedingte Defekte des „Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator“-Proteins kommt es zu massiven Störungen des Salz-Wasser-Haushalts in lebenswichtigen Organen [2] (© Vertex Pharmaceuticals).

Neue Tripel-Kombinationstherapie adressiert Proteindefekt

Für CF-Patienten mit einer F508del-Mutation, der weltweit am weitesten verbreiteten CF-verursachenden Mutation, gibt es nun

Abbildung 2: Ursache der Cystischen Fibrose ist eine Mutation im CFTR-Gen, die die Funktion des CFTR-Proteins in der Zelloberfläche beeinträchtigt [2] (© Vertex Pharmaceuticals).

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

© VERLAG PERFUSION GMBH


NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

168

Studie bei Patienten ab 12 Jahren mit einer F508del-Mutation und einer Minimalfunktions-Mutation (MF) im CFTR-Gen; Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor und Ivacaftor (n = 200) wurde mit Placebo (n = 203) verglichen [5] Primärer Endpunkt

Sekundäre Endpunkte

Lungenfunktion:

Pulmonale Exazerbationen:

Schweißchlorid:

Lebensqualität:

Body Mass Index:

14,3% Verbesserung gegenüber Baseline bis Woche 24 vs. Placebo p<0,001 (95% KI: 12,7–15,8)

63% Risikoreduktion gegenüber Placebo bis Woche 24 p<0,001 (95%-KI: 0,25–0,55)

41,8 mmol/l Reduktion gegenüber Placebo bis Woche 24 p<0,001 (95% KI: -44,4 bis -39,3)

20,2 Punkte Verbesserung gegenüber Placebo bis Woche 24 p<0,001 (95% KI: 17,5–23,0)

1,0 kg/m2 Zunahme gegenüber Placebo in Woche 24 p<0,001 (95%-I: 0,85–1,23)

Studie bei Patienten ab 12 Jahren mit zwei F508del-Mutationen im CFTR-Gen; Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor und Ivacaftor (n = 55) wurde mit einer aktiven Vergleichstherapie Tezacaftor/Ivacaftor und Ivacaftor (n = 52) verglichen [6] Primärer Endpunkt

Sekundäre Endpunkte

Lungenfunktion:

Schweißchlorid:

Lebensqualität:

10,0% Verbesserung gegenüber der aktiven Vergleichstherapie in Woche 4 p<0,0001 (95%-KI: 7,4–12,6)

45,1 mmol/L Reduktion gegenüber der aktiven Vergleichstherapie in Woche 4 p<0,0001 (95%-KI: 50,1–40,1)

17,4 Punkte Verbesserung gegenüber der aktiven Vergleichstherapie in Woche 4 p<0,0001 (95%-KI: 11,8–23,0)

Tabelle 1: Die Wirksamkeit und Sicherheit von Kaftrio® (Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor) und Kalydeco® (Ivacaftor) wurde in 2 randomisierten kontrollierten Studien an CF-Patienten ab 12 Jahren untersucht. In beiden Studien kam es unter der Medikation zu statistisch signifikanten Verbesserungen im primären sowie in den sekundären Endpunkten gegenüber ihrer jeweiligen Vergleichsgruppe [5, 6].

Abbildung 3 Wirkmechanismus der Tripel-Kombination aus Ivacaftor, Tezacaftor und Elexacaftor (Kaftrio®) (© Vertex Pharmaceuticals).

erstmals eine Behandlung, die den der Cystischen Fibrose zugrunde liegenden Proteindefekt adressiert: Am 21. August 2020 hat die Europäische Kommission die Marktzulassung für den CFTR-Modulator (Ivacaftor/Tezacaftor/ Kaftrio® Elexacaftor) als Kombinationsbehandlung mit Kalydeco® (Ivacaftor) zur Behandlung der Cysti-

schen Fibrose bei Patienten ab 12 Jahren mit zwei F508del-Mutationen (F/F) oder einer F508del-Mutation und einer MinimalfunktionsMutation (F/MF) im CFTR-Gen erteilt. Damit steht erstmals auch für die 10.000 Patienten in Europa mit einer F508del-Mutation und einer Minimalfunktions-Mutation eine CFTR-Modulator-Therapie

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

zur Verfügung, die darauf abzielt, die Menge an funktionsfähigem F508del-CFTR-Protein an der Zelloberfläche zu erhöhen. In Deutschland kommen für diese Behandlung bis 70 % der CF-Patienten infrage. Tezacaftor und Elexacaftor sind CFTR-Korrektoren, die an verschiedene Stellen des CFTRProteins binden und die zelluläre Verarbeitung sowie den Transport von F508del-CFTR so modulieren, dass sich die Menge von CFTR-Protein an der Zelloberfläche im Vergleich zu jedem der beiden Wirkstoffe allein erhöht. Ivacaftor wirkt als CFTR-Potentiator, indem es die CFTR-Kanale länger offen hält. Die Behandlung mit Kaftrio® und Kalyeco® führt daher zu einer Zunahme der Menge und Funktion von F508del-CFTR an der Zelloberfläche, wodurch sich die CFTR-Aktivität erhöht und der Transport von Salz und Wasser durch die Zellmembran verbessert wird (Abb. 3) [4]. © VERLAG PERFUSION GMBH


NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL / KONGRESSE

Die empfohlene Dosis beträgt 2 Tabletten Kaftrio® (mit jeweils 75 mg Ivacaftor/50 mg Tezacaftor/100 mg Elexacaftor) morgens und eine Tablette Kalydeco® (Ivacaftor 150 mg) abends, die im Abstand von etwa 12 Stunden eingenommen werden [4]. Signifikante Verbesserung der Lungenfunktion

Die Zulassung erfolgte auf der Grundlage zweier internationaler Phase-III-Studien mit CF-Patienten ab 12 Jahren: einer 24-wöchigen Phase-III-Studie mit 403 CF-Patienten mit einer F508delMutation und einer Minimalfunktions-Mutation (F/MF) [5] sowie einer 4-wöchigen Phase-III-Studie mit 107 CF-Patienten mit zwei F508del-Mutationen (F/F) [6]. In beiden zulassungsrelevanten Studien wurde durch die TripelKombinationstherapie aus eine statistisch signifikante und klinisch bedeutsame Verbesserung der Lungenfunktion (ppFEV1, primärer Endpunkt) erreicht: • Bei den Patienten, die heterozygot für F508del mit einer MF-Mutation (F/MF) waren, führte die Behandlung mit Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor in Kombination mit Ivacaftor im Vergleich zu Placebo nach 24 Wochen zu einer statistisch signifikanten Verbesserung des ppFEV1 von 14,3 % (95-% KI: 12,7 – 15,8; p<0,0001) [4]. • In der zweiten Studie mit Patienten, die homozygot für die F508del-Mutation (F/F) waren, kam es in Woche 4 der doppelblinden Behandlung unter Ivacaftor/Tezacaftor/ Elexacaftor in Kombination mit Ivacaftor im Vergleich zum Tezacaftor/Ivacaftor- und

Ivacaftor-Behandlungsregime zu einer statistisch signifikanten Verbesserung des ppFEV1 um 10,0 % (95%-KI: 7,4 – 12,6; p<0,0001) [5]. Auch in allen wichtigen sekundären Endpunkten, z.B. Chloridgehalt im Schweiß und Lebensqualität gemessen anhand der respiratorischen Domäne des CFQ-R-Fragebogens, war die Tripel-Kombinationstherapie den Kontrollen überlegen (Tab. 1) [5, 6]. Die Therapie mit Kaftrio® und Kalydeco® wurde in beiden Studien im Allgemeinen gut vertragen. Die häufigsten Nebenwirkungen bei Patienten ab 12 Jahren, die Kaf­ trio® in Kombination mit Ivacaftor erhielten, waren Kopfschmerzen (17,3 %), Diarrhö (12,9 %) und eine Infektion der oberen Atemwege (11,9 %) [4]. Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1 Mukoviszidose e.V. Deutsches Mukoviszidose-Register. Im Internet: https://www. muko.info/fileadmin/user_upload/angebote/qualitaetsmanagement/register/berichtsbaende/berichtsband_2018.pdf 2 Cystic Fibrosis Foundation. Types Of CFTR Mutations. Online verfügbar unter: www.cff.org/What-is-CF/Genetics/Typesof-CFTR-Mutations 3 Ensinck M, De Keersmaecker L, Heylen L et al. Phenotyping of rare CFTR mutations reveals distinct trafficking and functional defects. Cells 2020;9:754 4 Fachinformation Kaftrio® 75 mg/50 mg/ 100 mg Filmtabletten; Stand: 21.08.2020 5 Middleton PG, Mall MA, Drevinek P et al. Elexacaftor-tezacaftor-ivacaftor for cystic fibrosis with a single Phe508del allele. N Engl J Med 2019;381:1809-1819 6 Heijerman HGM, McKone EF, Downey DG et al. Efficacy and safety of the elexa­caftor plus tezacaftor plus ivacaftor combination regimen in people with cystic fibrosis homozygous for the F508del mutation: a double-blind, randomised, phase 3 trial. Lancet 2019;394:1940-1948

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

169

Canesten® GYN hat eine 5x höhere fungizide In-vitroWirkung als ein Milchsäurefreies Vergleichspräparat Rund 75  % aller Frauen leiden mindestens einmal in ihrem Leben an einer vaginalen Pilzinfektion, 40 – 45 % sogar mindestens zweimal. Als Goldstandard in der Therapie gilt die topische Anwendung von Clotrimazol, einem Antimykotikum mit breitem Wirkspektrum, das von der Paul-Ehrlich-Gesellschaft als Mittel der Wahl angesehen wird und von der WHO 2005 in die Liste der unverzichtbaren Arzneimittel aufgenommen wurde. Clotrimazol plus Milchsäurezusatz: eine intelligente Synergie

Neben dem Wirkstoff ist für den Therapieerfolg eines Arzneimittels auch die Galenik mitentscheidend: Canesten® GYN Vaginaltabletten enthalten neben Clotrimazol einen Zusatz von Milchsäure, der für eine Absenkung des vaginalen pHWertes sorgt. „Die Säure ist die Achillesferse des mit Abstand häufigsten Erregers einer Vaginalmykose – Candida albicans. Im sauren Milieu wächst der Hefepilz exponentiell, was einerseits zu den typischen Beschwerden führt, ihn aber gleichzeitig therapeutisch angreifbar macht. In dieser Wachstumsphase bietet er reichlich Angriffspunkte für Clotrimazol“, erklärte Professor Hans-Jürgen Tietz, Berlin, auf einem von der Bayer Vital GmbH ausgerichteten Symposium im Rahmen des 63. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. © VERLAG PERFUSION GMBH


KONGRESSE

170

Die Absenkung des pH-Werts durch die Milchsäure-Formulierung verbessert außerdem die Löslichkeit von Clotrimazol und erhöht so dessen lokale Bioverfügbarkeit. Dementsprechend ist die fungizide Wirksamkeit des Antimykotikums im sauren Milieu erhöht. Quantitative In-vitroWirksamkeitsbestimmung zeigt Überlegenheit

Um diese schon länger experimentell belegte Aussage zu quantifizieren, unternahm Tietz eine In-vitroStudie: Zum Einsatz kam die zur quantitativen Wirksamkeitsbestimmung international etablierte Verdünnungstechnik mit Bestimmung von koloniebildenden Einheiten auf einem festen Medium. Untersucht wurden die milchsäurehaltigen Vaginaltabletten Canesten® GYN mit 200 mg Clotrimazol und ein kommerzielles Vergleichspräparat (KadeFungin® 3 Vaginaltabletten), bei dem die Vaginaltabletten ebenfalls 200 mg Clotrimazol enthielten, aber keinen Zusatz von Milchsäure. Beide Prüfpräparate zeigten erwartungsgemäß gegenüber der Negativkontrolle eine hohe antimykotische Wirksamkeit. Deutlich wurden aber auch die Unterschiede zwischen den beiden Präparaten: Berechnet man den Mittelwert aller Testansätze, so war die Vaginaltablette mit Milchsäure-Formulierung der Formulierung ohne Milchsäurezusatz beim fungiziden Effekt im Verhältnis von 4,8 : 1 überlegen. „Mithilfe der vorliegenden Arbeit konnte der schon zuvor gezeigte Vorteil von Vaginaltabletten mit Zusatz von Milchsäure gegenüber der klassischen Formulierung ohne Milchsäure eindrucksvoll bestätigt

werden. Darüber hinaus wurde der Wirkunterschied in vitro erstmals exakt beziffert“, kommentierte Tietz die Ergebnisse und ergänzte: „Insgesamt bedeutet dies: Im Sauren ist der Pilz am empfindlichsten und das Antimykotikum am wirksamsten. Je saurer das therapeutische Milieu, desto erfolgreicher ist die Behandlung.“ Federica Koller, Apothekerin, München, berichtete, dass sich die Ergebnisse der In-vitro-Vergleichsstudie mit ihren Erfahrungen in der Apotheke decken: „Von einer Vaginalmykose betroffene Frauen schildern oft, dass sie schon verschiedene Antimykotika zur vaginalen Anwendung ausprobiert haben. Mit Präparaten, die eine besondere Galenik aufweisen (Clotrimazol in einer MilchsäureFormulierung), haben wir die besten Rückmeldungen.“ Individuell empfehlen: 1-Tages- oder 3-TageKombitherapie

Canesten® GYN steht als 1-Tages- (Canesten® GYN Once) oder als 3-Tage-Kombitherapie zur Verfügung, die je nach individuellen Wünschen der Patientin empfohlen werden können. Die 1-TagesTherapie enthält eine Vaginaltablette zur einmaligen Applikation mit 500 mg Clotrimazol, die Vaginaltabletten der 3-Tage-Kombitherapie jeweils 200 mg Clotrimazol. „Bei der Entscheidung zwischen beiden Therapieformen müssen die Frauen keine Kompromisse bei der Wirksamkeit machen. Das zeigt eine nichtinterventionelle klinische Studie, die Canesten® GYN Once Kombi und die 3-Tage-Kombitherapie bei rund 1.000 Frauen verglich. Beide Präparate erwiesen sich als zuverlässig wirksam und

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

gut verträglich. Vorteil der 1-Tages-Therapie ist ein schnellerer Rückgang des Juckreizes“, erläuterte Dr. Tanju Yesilkaya, Medical Affairs, Bayer Vital. „Frauen, die in der Apotheke Canesten® GYN im Rahmen der Selbstmedikation oder als Verordnung auf einem grünen Rezept kaufen, sollten immer darauf hingewiesen werden, dass bis zur Linderung der Symptome 2 – 3 Tage vergehen können – auch bei der 1-Tages-Therapie. Bei beiden Therapieformen wird die Behandlung mit den Vaginaltabletten durch die äußere Anwendung der Clotrimazol-haltigen Creme ergänzt. Nach der antimykotischen Therapie kann die Anwendung fetthaltiger Cremes zur Pflege und Regeneration der postinfektiösen Vaginalhaut empfohlen werden“, so Koller abschließend. Elisabeth Wilhelmi, München

Immunsupprimierte jetzt gegen Grippe und Pneumokokken impfen Noch vor der kommenden Grippewelle sollten Immunsupprimierte gegen Influenza und Pneumokokken geimpft werden. Dazu gehören zum Beispiel Patienten mit rheumatoider Arthritis, Psoriasis, chronischer Niereninsuffizienz, Krebs oder einer HIV-Infektion, bei denen das Immunsystem durch die Grunderkrankung oder die zur Behandlung eingesetzten Medikamente geschwächt sein kann. Im Rahmen einer von Pfizer veranstalteten virtuellen Pressekonferenz unterstrichen Experten die Dringlichkeit der Impfungen zum Schutz dieser Hochrisikopatienten. Denn gerade vor dem Hintergrund © VERLAG PERFUSION GMBH


171

KONGRESSE

der COVID-19-Pandemie gilt es, vermeidbare Atemwegsinfekte zu verhindern, die eine Hospitalisierung und gegebenenfalls eine künstliche Beatmung erforderlich machen können. Hochrisikopatienten schützen und das Gesundheitssystem entlasten

Menschen mit Immunsuppression zählen nach derzeitigem Kenntnisstand nicht nur zur Hochrisikogruppe für COVID-19, auch Influenza- und PneumokokkenErkrankungen stellen für sie eine gesundheitliche Gefahr dar. Die Erkrankungen können schwerere Verläufe aufweisen bzw. mit einem höheren Risiko für Komplikationen einhergehen als bei gesunden Personen. Außerdem ist das Risiko einer Pneumokokken-Infektion bei Immunsupprimierten teilweise um das 5,4-Fache erhöht. „Influenza und Pneumokokken-Erkrankungen können die Kapazitäten des Gesundheitssystems beträchtlich belasten“, erklärte Professor Jörg Schelling, Martinsried. So erkranken jährlich allein in Deutschland über 660.000 Personen an einer ambulant erworbenen Pneumonie (CAP), bei der Pneumokokken die häufigsten Erreger sind. Im Jahr 2016 wurden über 250.000 Menschen aufgrund einer CAP hospitalisiert. Davon starben fast 13 %. Doch Influenza- und Pneumokokken-Erkrankungen sind in vielen Fällen impfpräventabel. „Besonders für Immunsupprimierte ist dieser Impfschutz unverzichtbar. Das Ziel sollte sein, dass möglichst viele Patienten vor der kommenden Grippewelle vor vermeidbaren Atemwegsinfektionen geschützt werden. Neben der Influenza- und PneumokokkenImpfung sollte deshalb auch der

Pertussis-Impfstatus überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden“, so Schelling. Sequenzielle Impfung gegen Pneumokokken mit GrippeImpfung kombinieren

Laut Empfehlung der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut sollen Immunsupprimierte die sequenzielle Impfung gegen Pneumokokken erhalten. Dafür wird zuerst der 13-valente Konjugatimpfstoff Prevenar 13® (PCV13) und 6 – 12 Monate später der 23-valente Polysacchari­d­ impfstoff PPSV23 verabreicht. Für Patienten unter immunsuppressiver Therapie besteht bei Totimpfstoffen – und damit auch bei der Pneumokokken-Impfung – kein erhöhtes Risiko für unerwünschte Wirkungen. Die Impfung mit Prevenar 13® kann zusammen mit dem saisonalen Influenza-Impfstoff verabreicht werden, um den Impfstatus der Patienten mit möglichst wenigen Patientenkontakten zu aktualisieren. Vor der COVID-19-Pandemie wurden lediglich 4,4 % der neu diagnostizierten Immunsupprimierten innerhalb von 2 Jahren gegen Pneumokokken geimpft. „Um die Impfquoten zu erhöhen, ist jetzt die enge Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure entscheidend“, betonte Professor Christina Rieger, Germering, und ergänzte: „Da Immunsupprimierte häufig sowohl beim Haus- als auch beim Facharzt in Behandlung sind, ist ein enger interdisziplinärer Austausch vonnöten.“ Für die fachübergreifende Kommunikation hat Pfizer zusammen mit Experten wie Professor Schelling einen Laufzettel entwickelt, auf dem der Facharzt Diagnose,

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

Medikation und Indikationsimpfungen eintragen und vormerken kann, ob diese vom Haus- oder Facharzt vorgenommen werden sollen. Der Laufzettel kann auf der Pfizer-Homepage kostenlos heruntergeladen werden. Gestiegenes Präventions­bewusstsein jetzt nutzen

Zu Beginn der COVID-19-Pandemie kam es zu einer stark gestiegenen Nachfrage nach Grippeund Pneumokokken-Impfungen. Pfizer hat dem deutschen Markt zusätzliche Impfdosen Prevenar 13® zur Verfügung gestellt, sodass der Pneumokokken-Impfstoff aktuell in allen Packungsgrößen vollumfänglich lieferbar ist. Auch für die kommende Wintersaison lässt sich ein erhöhter Bedarf erwarten, auf den sich Ärzte jetzt vorbereiten sollten. Denn das Präventionsbewusstsein ist in der Allgemeinbevölkerung im Zuge der Pandemie gestiegen. Das zeigt eine im Auftrag von Pfizer durchgeführte Umfrage des Meinungsforschungsunternehmens Civey. Demnach halten 44 % der Befragten Vorsorge jetzt für wichtiger als noch vor der Pandemie. Besonders die Impfungen gegen Grippe (42 %) und Pneumokokken (40 %) werden aktuell als wichtiger wahrgenommen. Für eine Vorsorgemaßnahme wie die Impfung würden 72 % der Befragten auch während der Pandemie zum Arzt gehen. Das gestiegene Präventionsbewusstsein gilt es jetzt zu nutzen, um möglichst viele Hochrisikopatienten vor vermeidbaren Atemwegsinfekten zu schützen. Elisabeth Wilhelmi, München © VERLAG PERFUSION GMBH


WISSENSWERTES

172

Nierenzellkarzinom: Langfristiger Überlebensvorteil unter Nivolumab plus Ipilimumab Auf der virtuellen Jahrestagung der European Society for Medical Oncology vorgestellte Ergebnisse der Phase-III-Studie CheckMate214 zeigen, dass nach 4 Jahren noch mehr als die Hälfte der mit der Kombination aus Nivolumab (Opdivo®) und Ipilimumab (Yervoy®) behandelten Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom lebten. Im längsten Follow-up einer Kombination aus Immuntherapien bei zuvor unbehandeltem fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom führte die sich ergänzende duale Checkpoint-Hemmung mit Nivolumab plus Ipilimumab zu einem überlegenen langfristigen Gesamtüberleben und dauerhaften Ansprechen im Vergleich zu Sunitinib. Diese anhaltenden Vorteile wurden sowohl in der primären Patientenpopulation (d.h. bei Patienten mit intermediären und ungünstigen prognostischen Faktoren) als auch in der Intentionto-treat-(ITT-)Population (d.h. bei allen randomisierten Patienten) beobachtet. Ergebnisse für Patienten mit intermediären oder ungünstigen Risikoprofilen

Bei dieser Studienpopulation (n = 847) hielten die Verbesserungen beim Gesamtüberleben (Overall Survival, OS) und bei der Gesamtansprechrate (Overall Response Rate, ORR) – 2 der coprimären Endpunkte der Studie – unter Nivolumab plus Ipilimumab an. Das Gleiche galt für explora-

torische Endpunkte wie das vollständige Ansprechen (Complete Response, CR) und die mediane Ansprechdauer (median Duration Of Response, mDOR): • Das mediane OS betrug 48,1 Monate für Patienten mit intermediärem und ungünstigem Risikoprofil, die mit Nivolumab plus Ipilimumab behandelt wurden, gegenüber 26,6 Monaten für Sunitinib (HR: 0,65; 95%-KI: 0,54 – 0,78). Die Kombination zweier Immuntherapien führte zu einer 4-Jahres-OS-Rate von 50,0 %, verglichen mit 35,8  % unter Sunitinib. • ORR: Unter Nivolumab plus Ipilimumab ergab sich im Vergleich zu Sunitinib weiter eine numerisch höhere ORR, bei höheren andauernden Ansprechraten (65 % vs. 50 %). • CR: In Übereinstimmung mit der Analyse nach 42 Monaten erreichten 10 % der mit Nivolumab plus Ipilimumab behandelten Patienten ein CR, verglichen mit 1 % der mit Sunitinib behandelten Patienten. • mDOR: Unter Nivolumab plus Ipilimumab wurde die mDOR bisher nicht erreicht, während sie unter Sunitinib 19,7 Monate betrug. Ergebnisse für alle behandelten Patienten

Die Analyse der ITT-Patientenpopulation (n = 1.096) mit einem Follow-up von 48 Monaten erbrachte folgende Resultate: • OS: Das mediane OS wurde für alle randomisierten Patienten im Arm mit Nivolumab plus Ipilimumab noch nicht erreicht, wohingegen es im SunitinibArm 38,4 Monaten betrug (HR: 0,69; 95%-KI: 0,59 – 0,81). Die

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

4-Jahres-OS-Raten betrugen 53,4 % bzw. 43,3 %. • ORR: Die Therapie mit Nivolumab plus Ipilimumab führte weiterhin zu einer numerisch höheren ORR bei höheren andauernden Ansprechraten verglichen mit Sunitinib (65 % vs. 52 %). • CR: 11 % der Patienten, die Nivolumab plus Ipilimumab erhielten, erreichten ein CR verglichen mit 3 % unter Sunitinib. • mDOR: Bei den mit Nivolumab plus Ipilimumab behandelten Patienten wurde die mDOR nicht erreicht, gegenüber 23,7 Monaten unter Sunitinib. Keine neuen Sicherheitssignale

Das Sicherheitsprofil von Nivolumab plus Ipilimumab war mit etablierten Behandlungsalgorithmen beherrschbar. Es traten keine neuen Sicherheitssignale bei der verlängerten Nachbeobachtungszeit auf. F. S.

Filgotinib – eine neue Option in der RA-Therapie Viele Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) erreichen unter den bisher verfügbaren Therapien nicht das entscheidende Behandlungsziel einer Remission. Mit der Marktzulassung von Filgotinib (Jyseleca®), einem präferenziellen und reversiblen Januskinase-1-Inhibitor, steht erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver RA, die auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben, in Kürze eine neue Therapieoption zur Verfügung. © VERLAG PERFUSION GMBH


WISSENSWERTES

Filgotinib war in der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie FINCH1, die Filgotinib 200 mg oder 100 mg mit Adalimumab 40 mg oder Placebo jeweils in Kombination mit MTX verglich, schon nach 2 Wochen im ACR20-Ansprechen signifikant wirksamer als Placebo. Ein ACR20-Ansprechen in Woche 12 erreichten unter Filgotinib 200 mg/d plus MTX 77 %, unter Adalimumab plus MTX 71 % und unter Placebo plus MTX 50 % der Patienten (p < 0,05 vs. Adalimumab, p < 0,001 vs. Placebo). Als überlegen erwies sich Filgoti-

nib 200 mg/d plus MTX auch hinsichtlich des Anteils der Patienten, die nach dem DAS28(CRP)-Score < 2,6 eine Remission erlangten: Dieser betrug am Studienende 54 % vs. 46 % unter Adalimumab (p < 0,05). Etwa 9 von 10 der mit Filgotinib plus MTX behandelten Patienten wiesen nach Woche 52 keine radiologische Progression auf. Die Therapie mit Filgotinib erwies sich bei allen im Rahmen des Phase-III-Studienprogramms untersuchten Patientengruppen als gut verträglich. Schwerwiegende

173

Infektionen, Herpes zoster und venöse Thromboembolien waren mit Inzidenzraten von 1,7, 1,7 bzw. 0,2 pro 100 Patientenjahre unter Filgotinib insgesamt selten und befanden sich auf vergleichbarem Niveau wie unter Adalimumab. Zusammen mit der oralen Anwendung und dem einfachen Monitoring ist Filgotinib eine attraktive Option, mehr RA-Patienten als bisher die Chance auf einen günstigen Langzeitverlauf zu ermöglichen. S. M.

Titelbild: Aus der Wurzel der Kapland-Pelargonie (Pelargonium sidoides) wird der Wirkstoff von Umckaloabo® gewonnen, das als Antiinfektivum zur Behandlung von Atemwegsinfekten eingesetzt wird (© Alamy_G67KKK). Herausgeber: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, Deutsches Institut für Gesundheits­ forschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Univ.-Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Leiter Bereich Kardiologie RZP Potsdam und Geschäftsführer BBGK e.V. Berlin Konstanzer Straße 61 10707 Berlin Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. M. Alexander, Infektiologie, Berlin Prof. Dr. L. Beck, Gynäkologie, Düsseldorf Prof. Dr. Berndt, Innere Medizin, Berlin Prof. Dr. H.-K. Breddin, Innere Medizin, Frankfurt/Main Prof. Dr. K. M. Einhäupl, Neurologie, Berlin Prof. Dr. E. Erdmann, Kardiologie, Köln Prof. Dr. Dr. med. E. Ernst, University of Exeter, UK Prof. Dr. K. Falke, Anästhesiologie, Berlin Prof. Dr. K. Federlin, Innere Medizin, Gießen Prof. Dr. E. Gerlach, Physiologie, München Prof. Dr. H. Helge, Kinderheilkunde, Berlin Prof. Dr. R. Herrmann, Onkologie, Basel Prof. Dr. W. Jonat, Gynäkologie, Hamburg Prof. Dr. H. Kewitz, Klin. Pharmakol. Berlin Prof. Dr. B. Lemmer, Pharmakologie, Mannheim/Heidelberg

Prof. Dr. med. R. Lorenz, Neurochirurgie, Frankfurt Prof Dr. J. Mann, Nephrologie, München Dr. med. Veselin Mitrovic, Kardiologie, Klinische Pharmakologie, Bad Nauheim Prof. Dr. R. Nagel, Urologie, Berlin Prof. Dr. E.-A. Noack, Pharmakologie, Düsseldorf Prof. Dr. P. Ostendorf, Hämatologie, Hamburg Prof. Dr. Th. Philipp, Innere Medizin, Essen Priv.-Doz. Dr. med. B. Richter, Ernährung – Stoffwechsel, Düsseldorf Prof. Dr. H. Rieger, Angiologie, Aachen Prof. Dr. H. Roskamm, Kardiologie, Bad Krozingen Prof. Dr. E. Rüther, Psychiatrie, Göttingen Prof. Dr. med. A. Schrey, Pharmakologie, Düsseldorf Dr. Dr. med. C. Sieger, Gesundheitspolitik u. Gesundheitsökonomie, München Prof. Dr. E. Standl, Innere Medizin, München Prof. Dr. W. T. Ulmer, Pulmologie, Bochum Schriftleitung: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, Deutsches Institut für Gesundheits­ forschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Telefon: 037437 557-0 Bibliothek: 037437 2214 [Library] E-Mail DIG: info@d-i-g.org E-Mail persönlich: k.l.resch@d-i-g.org

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2020 · 29. JAHRGANG

Die Zeitschrift erscheint 6mal im Jahr; Jahresabonnement € 66,00 inkl. MwSt. zzgl. Versandspesen. Einzelheft € 11,00 inkl. MwSt. zzgl. Versandspesen. Studenten-Abo zum halben Preis. Der Abonnementpreis ist im Voraus zahlbar. Stornierungen sind bis 6 Wochen vor Ablauf eines Kalenderjahres möglich. Abonnementbestellungen direkt beim Verlag. Geschäftsführerin: Sibylle Michna Anschrift wie Verlag

Erfüllungsort: Puschendorf Gerichtsstand: Fürth

Fälle höherer Gewalt, Streik, Aussperrung und dergleichen entbinden den Verlag von der Verpflichtung auf Erfüllung von Aufträgen und Leistungen von Schadensersatz.

Satz: HGS5 GmbH, Schwabacherstr. 117 90763 Fürth

Chefredaktion: Brigitte Söllner (verantwortlich) Anschrift wie Verlag

Druck und Verarbeitung: DRUCK_INFORM GmbH In der Büg 8 91330 Eggolsheim

Herstellung/Layout: HGS5 GmbH Schwabacherstr. 117 90763 Fürth Werbung, Beratung, Verkauf: Sibylle Michna Anschrift wie Verlag Die Annahme von Werbeanzeigen impliziert nicht die Empfehlung durch die Zeitschrift; die in den Beiträgen zum Ausdruck gebrachten Meinungen und Auffassungen drücken nicht unbedingt die der Herausgeber, des wissenschaftlichen Beirates oder des Verlages aus. Der Verlag behält sich alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung jeglicher Art, sowie die Übersetzung vor. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages.

VERLAG

PERFUSION Verlag PERFUSION GmbH Storchenweg 20 90617 Puschendorf Telefon: 09101/990 11 10 Fax: 09101/990 11 19 www.Verlag-Perfusion.de E-Mail: perfusion@t-online.de

Journal

© VERLAG PERFUSION GMBH


Vertex entwickelt innovative Medikamente, um Menschen mit schweren Erkrankungen ein normales, erfülltes Leben zu ermöglichen.

www.vrtx.de · www.cfsource.de · www.MukoStories.de ©2020 Vertex Pharmaceuticals Incorporated Vertex und das Vertex Triangle Logo sind eingetragene Warenzeichen von Vertex Pharmaceuticals Incorporated.

DE-20-2000109

Wir investieren in wissenschaftliche Forschung und zielen auf die Ursache schwerer Erkrankungen. Unsere Wissenschaftler sehen es als Ansporn, neue Wege zu finden, die zunächst unmöglich erscheinen.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.