ISSN 1432-4334 JAHRGANG 24 HEFT 1 Januar 2015
FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE
JOURNAL OF PHARMACOLOGY AND THERAPY
Local treatment-accompanying care for Herpes zoster with an active substance-containing lotion (propolis special extract GH2002)
MS-Therapie mit Fingolimod: Beim Sprint gut durchstarten und die lange Strecke bewältigen Chronische myeloische Leukämie: Längere Progressionsfreiheit unter Nilotinib
COPD: Signifikanter Nutzen einer Substitutionstherapie bei Alpha-1-Antitrypsinmangel Fortschritte in der Behandlung der Myelofibrose mit Ruxolitinib Alltagstaugliche Gelenkschmerztherapie mit Etoricoxib
Piripedil verbessert Motorik und Vigilanz bei Morbus Parkinson
Teduglutid – das erste Medikament zur Behandlung des Kurzdarmsyndroms
Fortgeschrittenes NSCLC: Nintedanib als neue Therapieoption für Patienten mit Adenokarzinom nach Versagen einer Erstlinien-Chemotherapie Sofosbuvir bei Hepatitis C: Die meisten Patienten können geheilt werden Ataluren zur Behandlung der Duchenne-Muskeldystrophie mit Nonsense-Mutation
Antivirale Therapie mit Dolutegravir – ein neuer Maßstab in der HIVBehandlung
VERLAG
PERFUSION
EDITORIAL
1
Verteidigen wir das Grundgesetz! Am 27. Januar jährte sich der Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz zum 70. Mal. Als mich am Morgen dieses Tages eine entsprechende Meldung im Radio an dieses Ereignis erinnerte, kam mir bei dem Wort Befreiung spontan die Assoziation zu einem Satz, der mir im Gedächtnis haften geblieben war, seit ich ihn zum ersten Mal vernommen hatte: „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung.“ Der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker hatte diese Feststellung am 8. Mai 1985 im Bundestag vorgetragen anlässlich einer Gedenkfeier zum 40. Jahrestag des offiziellen Endes des Zweiten Weltkriegs. „Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ war der darauf folgende Satz, der diese Befreiung näher untersetzte. Was mir damals unendlich imponierte, waren die Courage und die Konsequenz zu einer klaren Position, wo andere aus Ambivalenz oder Opportunismus schwiegen. Nun ist diese Stimme endgültig verstummt. Dabei hätten wir sie doch gerade in diesen Tagen so dringend gebraucht! Auch, und das macht mich betreten, um immer und immer wieder die Augen zu öffnen, dass wir zwar das „menschenverachtende System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ überwunden, aber offensichtlich nicht wirklich aus der Geschichte gelernt haben. Mit einem zeitlichen Abstand eines Lebensalters ist es inzwischen ziemlich einfach, Mitgefühl zu empfinden für die Opfer von damals – es kostet ja nichts und verpflichtet zu nichts. Wie aber ist es, wenn wir mitten drin stehen, wenn wir eigentlich Stellung beziehen müssten?
Ich frage mich, ob Allah ein schlechterer Gott ist als der alttestamentarische Jahwe oder der Gott der Christen. Ich frage mich, ob wir zusehen dürfen, wenn ein moderner Kreuzzug gegen einen Glauben angezettelt wird („Islamisierung des Abendlandes“). Oder hat die ganze aktuelle unsägliche Kampagne gar nichts mit einem Glaubenskrieg zu tun, geht es schlichtweg um die Diskriminierung des Andersartigen? Dann müssten wir erst recht aufstehen und zeigen, dass wir tatsächlich aus der Vergangenheit gelernt haben. Dabei sehen wir möglichst unauffällig weg, wenn gegenwärtig ein „menschenverachtenden System der islamistischen (?) Gewaltherrschaft“ Menschen abschlachtet, wenn Millionen Menschen verzweifelt ihr Leben zu retten versuchen. Wir überlassen sie dem organisierten Verbrechen und sind froh über jeden Seelenverkäufer im Mittelmeer, auf dessen Existenz uns keiner aufmerksam macht. Wenn ich bei diesen Gedanken von „wir“ gesprochen habe, meine ich ganz konkret uns als Ärzte. Wir haben eine besondere Verantwortung dem Leben gegenüber. Und das nicht erst, seit einige der entsetzlichen Greueltaten („medizinische Versuche“) in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern ruchbar geworden sind, sondern schon seit der Eid des Hippokrates die Basis der Berufsehre unseres Standes ist. Und da ist es schlichtweg ein Skandal, dass eine Suche im Archiv des Deutschen Ärzteblatts mit dem Stichwort PEGIDA auch am Todestag von Richard von Weizsäcker immer noch keinen einzigen Treffer zu Tage fördert.
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Prof. Dr. med. K.-L. Resch, Bad Elster
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es im Artikel 1 unseres Grundgesetzes, und weiter im Artikel 3: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat, und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ In drei Monaten steht wieder eine Gedenkfeier an. Dann wird sich auch der 8. Mai und damit der „Tag der Befreiung von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ zum 70. Mal jähren. Richard von Weizsäcker können wir dann nicht mehr vorschicken. Aber seinem Beispiel können wir folgen. Zeigen wir als Ärzte Courage und die Konsequenz zu einer klaren Position, wo andere aus Ambivalenz oder Opportunismus schweigen. Verteidigen wir das Grundgesetz! Karl-Ludwig Resch, Bad Elster © VERLAG PERFUSION GMBH
INHALT
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ORIGINALARBEIT Local treatment-accompanying care for Herpes zoster with an active substance-containing lotion (propolis special extract GH2002) Simona Holcová, Marie Hladikova
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS MS-Therapie mit Fingolimod: Beim Sprint gut durchstarten und die lange Strecke bewältigen
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Chronische myeloische Leukämie: Längere Progressionsfreiheit unter Nilotinib
10
Signifikanter Nutzen einer Substitutionstherapie bei Alpha-1-Antitrypsinmangel
13
Fortschritte in der Behandlung der Myelofibrose mit Ruxolitinib
14
Alltagstaugliche Gelenkschmerztherapie mit Etoricoxib
16
NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL Piripedil verbessert Motorik und Vigilanz bei Morbus Parkinson
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Teduglutid – das erste Medikament zur Behandlung des Kurzdarmsyndroms
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Fortgeschrittenes NSCLC: Nintedanib als neue Therapieoption für Patienten mit Adenokarzinom nach Versagen einer Erstlinien-Chemotherapie
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Sofosbuvir bei Hepatitis C: Die meisten Patienten können geheilt werden
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Ataluren zur Behandlung der Duchenne-Muskeldystrophie mit Nonsense-Mutation
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Antivirale Therapie mit Dolutegravir – ein neuer Maßstab in der HIV-Behandlung
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RUBRIKEN Kongresse 33 Wissenswertes 7, 16, 23, 40 JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 1/2015 · 24. JAHRGANG
© VERLAG PERFUSION GMBH
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ORIGINAL PAPER
Local treatmentaccompanying care for herpes zoster with an active substance-containing lotion (propolis special extract GH2002) SUMMARY The aim of this open, observational study in 60 patients was to test a lotion containing a hypoallergenic propolis special extract (GH 2002) at a concentration of 0.5 % for its potential to improve the treatment of herpes zoster. The lotion was applied 2–3 times daily on the inflicted skin areas as a supportive measure to the intake of oral aciclovir (200–400 mg). The course of the herpes infection was assessed after 3–4 days and 1, 2 and 4 weeks. Parameters for the evaluation were the assessment of pain on a visual analogue scale and the clinical observation of the stage of the infection. Patients reported an early onset of pain relief, with 30 % reduction on the VAS after 3–4 days (p<0.001), and 87 % after 4 weeks (p<0.0001). In 55.0 % of patients the lesions were already fully encrusted or even healed after 1 week of application of the lotion, and in 91.7 % after 2 weeks. Tolerability was excellent, with no reports of skin irritation or adverse effects. The study results indicate potent antiviral and anti-inflammatory effects of propolis special extract, and provide the foundation for the planning of a controlled clinical trial.
1 2
Simona Holcová1, Marie Hladikova2 Dermatological Outpatient Clinic, Brünn, Czech Republic Department for Medical Informatics, 2nd Medical Faculty of Charles University of Prague, Czech Republic
I
n the past years an increase in herpes zoster occurrence has been observed in dermatological practice. It results from the generally higher life expectancy with an accompanying weakening of the immune system, oncological diseases and also an increase in physical and emotional stress [1]. Herpes zoster is caused by the varicella-zoster virus, which in childhood causes chickenpox. Its structure is almost identical to the herpes simplex virus, the two virus bodies cannot be distinguished by electron microscopy [1]. After the primary infection, varicella-zoster viruses remain latent in the body. Via an endogenous activation due to various causes, an acute herpes zoster infection is induced especially in immunocompromised patients. The classical systemic therapy is carried out with oral virostatic agents, e.g., nucleoside analogues such as aciclovir or brivudin [2–6]. Increasing attention is being given to the concomitant cutaneous treatment of herpes zoster along with oral treatment with virostatic agents. Above all the herpes zoster pain [7–9] and the distressing
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symptoms like itching and inflammation as well as broken skin [10] may require oral analgesics as well as obligatory local measures to alleviate pain, inflammation and itching and prevent secondary infections [11]. According to experience in our routine daily dermatological practice, the recommended desiccative lotions (zinc oxide suspensions, lotio alba aquosa) and antiseptic external agents are not sufficient to locally control the distressing symptoms. Especially pain reduction by locally applied preparations is an important goal of treatment-accompanying local care methods. It could be reached by preparations containing propolis, which has antiviral, antimicrobial and antiphlogistic effects [12, 13, 14]. In our practice, we had already successfully investigated the efficacy and tolerance of propolis special extract GH2002 as an active constituent of a lip balm used in the treatment of herpes labialis [15, 16]. We now wanted to verify whether similar effects can be obtained with the use of the propolis special extract GH2002 in the form © VERLAG PERFUSION GMBH
ORIGINAL PAPER
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Keywords: propolis special extract GH2002, herpes zoster, local treatment ZUSAMMENFASSUNG Ziel dieser offenen Beobachtungsstudie war es, das Potenzial einer Lotion mit 0,5 % eines hypoal lergenen Propolis-Spezialextrakts (GH 2002) an 60 Patienten hinsichtlich der Verbesserung der Behandlung von Herpes zoster zu prüfen. Die Lotion wurde als supportive Maßnahme zur oralen Anwendung von Aciclovir (200– 400 mg) 2–3-mal täglich auf den betroffenen Hautstellen aufgetragen. Der Verlauf der Herpesinfektion wurde nach 3–4 Tagen sowie nach 2 und 4 Wochen beurteilt. Parameter für die Bewertung waren die Einstufung von Schmerzen auf einer visuellen Analogskala und die klinische Einstufung des Infektionsstadiums. Die Patienten berichteten über ein frühes Einsetzen einer Schmerzlinderung, mit einem 30%igen Rückgang der VAS-Werte nach 3–4 Tagen (p<0,001) und 87 % nach 4 Wochen (p<0,001). Bei 55 % der Patienten waren die Läsionen 1 Woche nach Beginn des Auftragens der Lotion vollständig verkrustet oder sogar abgeheilt, nach 2 Wochen hatten 91,7 % dieses Stadium erreicht. Die Verträglichkeit war ausgezeichnet, Hautreizungen oder Nebenwirkungen traten in keinem Fall auf. Die Studienergebnisse deuten auf potente antivirale und antientzündliche Effekte von PropolisSpezialextrakt hin und bieten die Grundlage für die Planung einer kontrollierten klinischen Studie. Schlüsselwörter: Propolis-Spezial extrakt GH2002, Herpes zoster, Lokalbehandlung
of a lotion (oil/water emulsion) used in the treatment of herpes zoster. The same extract has been tested in vitro for its antiviral effect against varicella-zoster virus (VZV) in primary human fibroblasts. In this preliminary pilot study, the replication of VZV was inhibited by up to 88 %. The inhibition seemed to occur mainly during the adsorption phase (Schnitzler P. and Fickenscher H., unpublished study report, 2008). Material and methods
Propolis special extract GH2002 The active substance, propolis special extract GH2002, was prepared by Gehrlicher Pharmazeutische Extrakte (Eurasburg, Germany). It is manufactured from crude propolis (natural product) following a special procedure, in which the propolis is freed from ineffective components like waxes, resin and pollen, and has lost allergizing properties. The extract is incorporated into a lotion (oil-in-wateremulsion) at a concentration of 0.5% m/m. The lotion also contains care-providing active substances like vitamin E, bisabolol, panthenol and evening primrose oil. Further components according to the INCI-declaration are: aqua, propylene glycol, Oenenthera biennis oil, sodium PCA, cetearyl alcohol, octyldodecanol, ceteareth 30, stearic acid, phenoxyethanol, carbomer, sodium hydroxide, citric acid. Study design The study was designed as an open, observational trial, with an intended number of 60 partici-
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pants. After the general medical examination and diagnosis the patient was informed about the local treatment of his/her herpes zoster disease and received instructions on the use of the lotion and avoiding other topical agents that could affect the course of the herpes zoster infection. The patients were informed that the lotion was to be applied 2–3 times daily on the affected skin area. The patients also received, after appropriate explanation, an oral antiviral treatment with 200 or 400 mg aciclovir in the form of tablets. Follow-up examinations for the evaluation of the course of herpes zoster infection were carried out on day 3/4 (Visit 2), day 7±1 (Visit 3), day 14±2 (Visit 4), and day 28±2 (Visit 5). Major assessment parameters were pain, measured on a visual analogue scale (VAS; 0–100 mm), next to an assessment of the healing of the herpes zoster infection via the well-known course of the prodromal, erythematous, vesicular, erosive and incrustation phases. Local tolerance was also addressed. Adverse events were documented at each visit. The treatment effect was rated by the physicians on a 4-step verbal rating scale (poor – moderate – good – very good). Results and discussion
60 patients of both genders (60 % female) were examined and treated (ITT-population; Table 1). The average age was 45±12.4 years (min. 18.8 years, max. 68.4 years). n
%
Female
36
60
Male
24
40
Table 1: Gender distribution of patients in the ITT population (n=60) © VERLAG PERFUSION GMBH
5
ORIGINAL PAPER
95% confidence interval of the mean
Mean
SE
Median
SD
Min.
Max.
Lower limit
Upper limit
Visit 1 (day 0)
62.13
2.01
58.11
66.16
63.5
15.59
12
84
Visit 2 (day 3 or 4)
37.87
2.42
33.02
42.71
32
18.76
10
77
Visit 3 (day 7±1)
24.62
2.11
20.39
28.85
19
16.37
3
75
Visit 4 (day 14±2)
16.63
1.61
13.41
19.86
12
12.47
4
63
Visit 5 (day 28±2)
12.62
1.39
9.84
15.40
8
10.77
2
40
Table 2: Pain (mm VAS 0–100); SE = standard error, SD = standard deviation
Stages of herpes zoster
Pain (mm VAS 0-100) absoute values 90 80
Mean ± SD
70
62.13
60 50 40
37.87
30
24.62
20
16.63
10
12.62
0 V 1 (Day 0) V 2 (Day 3 or 4) V 3 (Day 7±1) V 4 (Day 14±2) V 5 (Day 28±2)
Figure 1: Pain, absolute values (mm VAS 0–100)
6 patients terminated the trial prematurely, each with healed herpes zoster: one after Visit 2, one after Visit 3, and four after Visit 4. A per-protocol population (PP) of 54 patients resulted. Localization of the herpes zoster 48 patients suffered from herpes zoster in the thorax region; the neck, the lumbar region and the sacral region were afflicted in 5, 6 and 1 patients, respectively. The course of disease was documented in detail (Case Report Form, CRF) and this therefore allowed the exact monitoring of the herpes zoster disorder.
Primary efficacy parameter: pain (mm VAS 0-100) Pain was highly significantly reduced between visits 1 and 5 (ANOVA, p<0.0001). Significance was already reached at visit 2 (p<0.0001). Patients reported a distinct pain reduction a few hours after the first application. After 3–4 days, a reduction of pain by approximately 30 % was achieved, which further improved to almost 90 % after 4 weeks (Table 2, Figure 1). Historical controls did not show the same, clear alleviation of pain. The application of zinc suspension had, in comparison, no pain-alleviating effects.
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Results of the observations of the healing process are presented for n=60 patients in Table 3 and Figure 2. Special attention was given to the time point when no more vesicles were visible, and the lesions were incrusted or the crusts had already fallen off. After approximately 1 week, the herpes zoster manifestations were reduced by half. After approximately 2 weeks, 91 % of the herpes zoster lesions were completely encrusted or healed. Patients specifically and frequently mentioned a reduction of pain and inflammation after the local application of the lotion. We observed no postherpetic neuralgias. Assessment of the therapeutic effects by the physician The assessment of the treatment effects by the physician followed the observation of pain reduction and the progress in healing (Figure 3). The changes noted for Visits 2–5 were highly significant (Friedman test, p<0.0001). Local tolerance/side effects No local skin irritation, intolerance reaction or adverse effect was observed in the 60 patients © VERLAG PERFUSION GMBH
ORIGINAL PAPER
6
n
%
Cumulative %
Conclusions
Visit 2 (day 3 or 4)
5
8.33
8.33
Visit 3 (day 7±1)
28
46.67
55.00
Visit 4 (day 14±2)
22
36.67
91.67
Visit 5 (day 28±2)
5
8.33
100
Total
60
100
In this dermatological study we assessed 60 herpes zoster patients treated with a lotion containing 0.5 % of the propolis special extract GH2002, next to conventional treatment with oral aciclovir. Based on the observation of the clinical course of the herpes zoster infection, the cutaneous effect of the tested lotion resulted in a rapid and significant pain reduction within 3–4 days, and a complete healing/incrustation of the herpes zoster area within 4 weeks. Already after 2 weeks, 90 % of the herpes zoster manifestations were incrusted or completely healed. The study design without a reference group not treated by application of the lotion does not allow drawing conclusions on the acceleration of the treatment success by the concomitantly used oral virostatics. Comparison with published data does, however, suggest such an acceleration. The design of this study with respect to study parameters was oriented at clinical trials with oral antiviral agents, especially the observation of the time taken for full crusting of the lesion, complete healing and loss of pain. In a recent trial involving oral therapy of herpes zoster with aciclovir versus famotidine, the mean number of days taken for full crusting, complete healing of lesions and acute loss of pain was 9.1 days, 20.4 days and 22.6 days in the famotidine group, and 10 days, 21 days and 23 days in the aciclovir group [17]. In our study, 91.7 % of lesions were fully crusted or healed after 14 days. As there was no interim visit between visit 4 at 14 days and visit 5 at 28 days, the average time to full healing of lesions cannot be calculated for comparisons with published data.
Table 3: Visits at which vesicles are no longer visible, but incrusted or the crusts have fallen off
90
100
80
91.67
70 60 50 55.00
40 30 20 10 0
8.33 Visit 2 (Day 3 or 4)
Visit 3 (Day 7±1)
Visit 4 (Day 14±2)
Visit 5 (Day 28±2)
Figure 2: Percent of patients with all lesions completely incrusted or crust/s fallen off at the time of the visit
100%
Very good
10 38.33
80%
61.67
60%
Good 66.67
66.67 Moderate 46.67
40%
20%
0%
28.33
5
5
V 4
V5
21.67 15 V 2
V 3
Poor
33.33
Very poor =0%
Figure 3: Global assessment of the clinical effect by the physician (ITT-Population, n=60)
during the 4-week local treatment with the propolis extract-containing lotion. The product is characterized by an excellent skin tolerance. Hypersensitivity, a potential adverse reaction to propolis, was not observed with test lotion. The lack of adverse
skin reactions may be due to the special manufacturing method and the removal of potential hypersensitivity-related fractions such as wax, resin and pollen. From the dermatological point of view, the product must be classified as hypoallergenic.
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ORIGINAL PAPER
In any case would the quick relief of pain (60.4 % of starting values within one week) be considered clinically important. Of note: there were no therapeutic failures observed in our study. A general medical assessment of the overall course of the herpes zoster infection very positively supplemented the result. In addition, skin tolerance was excellent: No adverse effects and no local skin irritations were observed. Our results characterize the lotion with propolis special extract as a non-irritating and efficacious topical treatment option for herpes zoster, in combination with oral virostatics. The results encourage the performance of a double-blind study in herpes zoster patients under treatment with oral virostatics, with one patient group concomitantly receiving the propolis-extract containing lotion, and one group receiving an active substance-free lotion. Acknowledgements
S.H. and M.H. declare that they have no conflict of interests. The study was financially supported by Gehrlicher Pharmazeutische Extrakte, Germany. The sponsor also provided the test preparation. The authors alone were, however, responsible for the performance of the study, the evaluation and the publication of the results. References 1 Braun-Falco O, Plewig G, Wolf HH, Burgdorf WHC, Landthaler M. Dermatologie und Venerologie. Heidelberg: Springer; 2005 2 Gross G, Doerr HW. Herpes zoster guidelines of the German Dermatological Society. J Clin Virol 2003;27:308-309 3 Gross G, Schofer H, Wassilew S et al. Herpes zoster guideline of the German Derma-
tology Society (DDG). J Clin Virol 2003;26:277-289; discussion 91-93 4 Kempf W, Lautenschläger S. Infektionen mit dem Varizella zoster Virus. Hautarzt 2001;52:359-376 5 Mahler V, Schuler G. Therapie von Varizella zoster- und Herpes simplex-Virus-bedingten Erkrankungen. Teil 2: Hinweise zur Durchführung und Indikation zur virustatischen Therapie. Hautarzt. 2001;52: 554-573 6 Tyring S, Belanger R, Bezwoda W et al. A randomized, double-blind trial of famciclovir versus acyclovir for the treatment of localized dermatomal herpes zoster in immunocompromised patients. Cancer Invest 2001;19:13-22 7 Gross G. Zoster und Zosterschmerzen. Aus der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Infektiologie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. JDDG 2003;1:398407 8 Fritsch P. Dermatologie. Berlin, Heidelberg: Springer; 1983 9 Wassilew S. Management of pain in herpes zoster. Semin Dermatol 1984;3:116-119 10 Hornstein OP, Nürnberg E. Externe Therapie von Hautkrankheiten. Stuttgart: Thie me; 1985: pp 398-400 11 Riopelle J, Lopez-Anaya A, Cork RC et al. Treatment of the cutaneous pain of acute herpes zoster with 9% lidocaine (base) in petrolatum/paraffin ointment. J Am Acad Dermatol 1994;30:757-767 12 Schnitzler P, Neuner A, Nolkemper S et al. Antiviral activity and mode of action of propolis extracts and selected compounds. Phytother Res 2010;24(Suppl 1):S20-S28 13 Nolkemper S, Reichling J, Sensch KH et al. Mechanism of herpes simplex virus type 2 suppression by propolis extracts. Phytomedicine 2010;17:132-138 14 Astani A, Zimmermann S, Hassan E et al. Antimicrobial activity of propolis special extract GH 2002 against multidrug-resistant clinical isolates. Pharmazie 2013; 68:695-701 15 Holcová S, Hladiková M. Efficacy and tolerability of propolis special extract GH 2002 as a lip balm against herpes labialis: a randomized, double-blind three-arm dose finding study. Health 2011;3:49-56 16 Holcová S, Hladiková M. Inhibierung der Entwicklung von Lippenbläschen durch frühzeitige Anwendung eines pflegenden Lippenbalsams mit dem Wirkstoff Propolis Spezialextrakt GH 2002 im Vergleich mit Aciclovir-Creme 5%. Kosmetische Med 2012;33:100-104 17 Gopal MG, Shannoma, Kumar BCS et al. A comparative study to evaluate the efficacy and safety of acyclovir and famciclovir in the management of herpes zoster. J Clin Diag Res 2013;7:2904-2907
Address for correspondence: Mag. Marie Hladikova Department for Medical Informatics 2nd Medical Faculty of Charles University of Prague V Úvalu 84, CZ-15006 Praha 5 E-mail: statistika.hladikova@seznam.cz
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Regorafenib zur Behandlung von GIST zugelassen Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) sind aufgrund der frühen Metastasierung oftmals nicht heilbar, daher stehen bei der Behandlung Überlebenszeitgewinn und Symptomlinderung im Vordergrund. Viele Tumoren entwickeln jedoch auf die bisherigen Standardtherapien Imatinib und Sunitinib innerhalb weniger Jahre Resistenzen, sodass ein dringender Bedarf an weiteren Behandlungsoptionen besteht. Der orale Multi-KinaseInhibitor Regorafenib (Stivarga®) schließt diese Therapielücke, da er auch nach Versagen von Imatinib und Sunitinib noch effektiv ist. Regorafenib wurde daher in dieser Indikation in Europa zugelassen. Grundlage für die Zulassung war die randomisierte, doppelblinde Phase-III-Studie GRID, in der Regorafenib in Kombination mit der bestmöglichen Supportivtherapie (BSC) eine Verlängerung des medianen progressionsfreien Überlebens (PFS) um 3,9 Monate (4,8 vs. 0,9 Monate unter Placebo plus BSC) erreichte. Das Risiko für Progression oder Tod wurde signifikant um 73 % gesenkt (HR: 0,27; p<0,0001). Daneben zeigten sich signifikante Vorteile in der Krankheitskontrollrate (52,6 vs. 9,1 %; p<0,0001). Die Regorafenib-Therapie beeinträchtigte die Lebensqualität nicht und es zeigten sich keine neuen Sicherheitsaspekte. Regorafenib wird in den aktuellen ESMO-Leitlinien bereits als Therapiestandard nach Versagen von Imatinib und Sunitinib empfohlen. B. S. © VERLAG PERFUSION GMBH
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
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K
ennen Sie das vom Sport? Kurz vor dem Ziel geht Ihnen die Puste aus, weil Sie sich Ihre Kräfte nicht optimal eingeteilt haben. Oder Sie schaffen es entspannt ins Ziel, sind aber so langsam gestartet, dass Sie am Ende auf den hintersten Rängen landen? So oder so ähnlich passiert es manchmal in der Therapie der Multiplen Sklerose (MS): Manche Behandlungsoptionen eignen sich für die kurze Distanz, langfristig bergen sie jedoch hohe Risiken. Daneben gibt es Langzeittherapien, die sehr langsam starten und damit für Patienten mit hoher Krankheitsaktivität nicht infrage kommen. Deshalb brauchen Patienten mit schubförmig-remittierender Multipler Sklerose (RRMS), die trotz Basistherapie Schübe oder initial eine hohe Krankheitsaktivität haben, eine MS-Therapie, die beides kann: Marathon und Sprint. Für Fingolimod (Gilenya®) belegen aktuelle Daten, dass es langfristig die 4 Schlüsselparameter für die Krankheitsaktivität, nämlich Schübe, MRT-Aktivität, Behinderungsprogression und Hirnatrophie, reduziert. Zudem wurde der Vorteil der rechtzeitigen Umstellung auf Fingolimod in zahlreichen Studien aus Klinik und Praxis nachgewiesen. Aus diesem Grund ist die Entscheidung EMA zu begrüßen, die Zulassung von Fingolimod zu erweitern: RRMS-Patienten mit unzureichender Behandlung können nun von jeder verlaufsmodifizierenden Vortherapie auf Fingolimod umgestellt werden [1]. Auf die lange Distanz: Fingolimod adressiert alle 4 Schlüsselparameter
Die MS-Therapie begleitet Patienten in der Regel ihr ganzes Leben
MS-Therapie mit Fingolimod: Beim Sprint gut durchstarten und die lange Strecke bewältigen lang. Deshalb ist es wichtig, dass Ärzte und Patienten eine Therapie finden, die den Krankheitsverlauf dauerhaft positiv beeinflusst. Die Schlüsselparameter, auf die eine MS-Therapie langfristig Einfluss nehmen sollte, sind Schubrate, Läsionslast in der Magnetresonanztomographie (MRT), Behinderungsprogression und Verlust von Gehirnvolumen (Hirnatrophie). Fingolimod reduzierte die Schubrate bei hochaktiven Patienten im Vergleich zu Interferon beta-1a i.m. innerhalb eines Jahres um 61 % (p<0,001), wie eine Subgruppenanalyse der Phase-IIIStudie TRANSFORMS ergab [2]. Die Daten zeigen zudem, dass Fingolimod die Bildung neuer T2-Läsionen um 69 % (p<0,001), den Hirnvolumenverlust um 46 % (p<0,001) und die nach 6 Monaten bestätigte Behinderungsprogression um 45 % (p=0,016) verringerte [3]. Eine Post-hoc-Analyse bestätigt außerdem die Wirkung von Fingolimod auf den Erhalt des Gehirnvolumens: Unter Fingolimod blieb die Rate der Hirnatrophie bei deutlich mehr Patienten auf dem Niveau von Gesunden als unter Placebo (37,2 % vs. 26,7 %) [4]. Dass diese günstigen Effekte dauerhaft erhalten bleiben, belegen Daten aus einer Phase-II-Extensionsstudie über einen Zeitraum von mehr als 7 Jahren [5].
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Rechtzeitig umstellen und beim Sprint gut durchstarten
Den Marathon durchzuhalten ist die eine Sache – doch viele Patienten erwarten, dass ihre Behandlung gleich zu Beginn möglichst effektiv wirkt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie unter einer initial hohen Krankheitsaktivität leiden oder wenn die verfügbaren Basistherapien nicht anschlagen. Wie die Ergebnisse der Extensionsphasen der Studie FREEDOMS über 4,5 Jahre zeigen, profitieren Patienten nachweislich von einer rechtzeitigen Therapie mit Fingolimod [6, 7]. Patienten, die bereits von Studienbeginn an Fingolimod erhalten haben, hatten im Vergleich zu einer 2 Jahre späteren Umstellung eine niedrigere Schubrate (0,19 vs. 0,36, p<0,001) und eine um 27,6 % reduzierte Hirnatrophie (p≤0,05). Außerdem war der Anteil der Patienten ohne MRT-Aktivität (69,3 % vs. 55,1 %, p<0,001) und ohne Behinderungsprogression (26 % vs. 34 %, p≤0,017) bei den kontinuierlich mit Fingolimod behandelten Patienten signifikant höher [6, 7]. Dem Gedanken, krankheitsaktive Patienten direkt einzustellen oder Patienten mit unzureichender Vorbehandlung rechtzeitig auf eine hochwirksame Therapie umzustellen, kommt die aktuelle © VERLAG PERFUSION GMBH
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Fingolimod Fingolimod (Gilenya®) reduziert als erster Vertreter der Wirkstoffklasse der Sphingosin-1-Phosphat (S1P)-Rezeptor-Modulatoren Fingolimod die Zahl der autoaggressiven Lymphozyten im Blut. Es führt zu einer Umverteilung der im Blut zirkulierenden Lymphozyten in die Lymphknoten.
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PANGAEA-Zwischenauswertung, dass über 97 % der Patienten und der behandelnden Ärzte die Verträglichkeit von Fingolimod als „sehr gut“ oder „gut“ beurteilten. Mehr als 90 % bescheinigten Fingolimod einen guten oder sehr guten Therapieerfolg. Dies spiegelt sich auch in der Adhärenz wider: Nach einem Jahr Behandlungsdauer blieben 83 % der Patienten in der Studie [8]. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur
Gilenya® wird einmal täglich als Kapsel oral eingenommen.
Zulassungserweiterung der EMA für Fingolimod entgegen. Angesichts des überzeugenden NutzenRisiko-Profils von Fingolimod hat die Behörde eine erweiterte Zulassung erteilt: RRMS-Patienten, die trotz Behandlung mit mindestens einer der verlaufsmodifizierenden Vortherapien eine hohe Krankheitsaktivität haben, können auf Fingolimod umgestellt werden [1]. Damit steht in der Zweitlinientherapie erstmals eine hochwirksame Option zur Verfügung, die eine Umstellung von allen Vortherapien ermöglicht und auch alle kürzlich zugelassenen Optionen einschließt. Auch die Ergebnisse einer Zwischenauswertung der PANGAEARegisterstudie zeigen, dass nach einer Umstellung auf Fingolimod die jährliche Zahl der Schübe sank [8]: Unabhängig von der Vorbehandlung kam es innerhalb eines Jahres einen Rückgang um 72 %
von 1,5 auf 0,42 (p<0,001). Selbst Patienten, die vorher Natalizumab bekommen hatten, profitierten unter Fingolimod von einer um 30 % (0,9 vs. 0,6) niedrigeren Schubrate. Der EDSS (bestätigt nach 6 Monaten) blieb bei mehr als 80 % der PANGAEA-Patienten stabil, bei immerhin 10 % verbesserte sich der Wert sogar innerhalb der ersten 18 Monate [8]. Vertrauen schaffen: Erfahrungen mit mehr als 91.500 behandelten MS-Patienten
Diese kurz- und langfristigen Effekte von Fingolimod kommen den Bedürfnissen der Patienten nach einer hochwirksamen Langzeittherapie entgegen. Beim Durchhalten dieser Behandlung hilft eine gute Verträglichkeit. Diesbezüglich zeigen die aktuellen Ergebnisse der
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1 http://ec.europa.eu/health/documents/community-register/html/h677.htm 2 Havrdová E et al. Clinical and magnetic resonance imaging outcomes in subgroups of patients with highly active relapsing-remitting multiple sclerosis treated with fingolimod (FTY720): results from the FREEDOMS and TRANSFORMS phase III studies. Poster presented at ECTRIMS 2011, Amsterdam, the Netherlands. Poster P473 3 Bergvall et al. Efficacy of fingolimod in pre-treated patients with disease activity: pooled analyses of FREEDOMS and FREEDOMS II. Poster presented at AAN 2014, Philadelphia, Pennsylvania. Poster P03.174 4 De Stefano N et al. Proportion of patients with BVL comparable to healthy adults in fingolimod phase 3 MS studies. Abstract presented at AAN 2014; Philadelphia, Pennsylvania. Oral session S13:006 5 Antel J et al. Long-term (7-year) data from a phase 2 extension study of fingolimod in relapsing multiple sclerosis. Poster presented at AAN 2012; New Orleans, LA. Poster P01.129 6 Kappos L et al. Phase 3 FREEDOMS study extension: fingolimod (FTY720) efficacy in patients with relapsing-remitting multiple sclerosis receiving continuous or placebo-fingolimod switched therapy for up to 4 years. Poster presented at ECTRIMS 2012; Lyon, France. Poster P979 7 Khatri B et al. Long-term efficacy data from the extension of the phase III TRANSFORMS study of fingolimod versus interferon beta-1a in relapsing-remitting multiple sclerosis: 4.5 year follow-up. Presented at ENS 2012, Prague, Czech Republic. Abstract 0219 and Presentation 8 Ziemssen T et al. 24-month interim results of PANGAEA: A 5-year registry study evaluating long-term safety, efficacy and pharmacoeconomic data of German multiple sclerosis patients on fingolimod therapy. Poster presented at AAN 2014, Philadelphia. Poster P3.152
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iel der Behandlung von Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie (CML) in der chronischen Phase ist es, eine Progression zu verhindern, eine möglichst tiefe molekulare Remission der Erkrankung zu erreichen und diese beizubehalten. Die Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) hat die Lebenserwartung der Betroffenen in den letzten Jahren deutlich verbessert, die Mehrzahl der CML-Patienten erreicht heute ein normales Alter [1]. Das Hauptrisiko für neu diagnostizierte CML-Patienten ist die Progression in die akzelerierte Phase und Blastenkrise. Dieses Risiko ist in den ersten 3 Jahren unter Therapie am höchsten. Die Hälfte der Patienten mit progredienter CML ist nach 10,5 Monaten verstorben, nach 2 Jahren sind 70 % nicht mehr am Leben [2]. Daher gilt es, eine Progression unbedingt zu verhindern. Überlegenheit gegenüber Imatinib
Im 5-Jahres-Vergleich zwischen Nilotinib (Tasigna®) und Imatinib (Glivec®) zeigte sich, dass das Progressionsrisiko unter Nilotinib deutlich gesenkt werden konnte (ENESTnd-Studie [3]). Die Progressionsrate war in beiden Dosierungen (800 mg/d und 600 mg/d) mit 2,1 % und 3,5 % signifikant niedriger als in der Imatinib-Vergleichsgruppe mit 7,4 % (p=0,0028 bzw. p=0,0403; ITT; Abb. 1). Die Auswertung zeigt eine deutliche Überlegenheit von Nilotinib im Vergleich zu Imatinib, obwohl hier auch Progressionen nach Wechsel der Studienmedikation eingeflossen sind. Unter Core-Therapie fiel das Ergebnis noch überzeugender aus: Bei Behandlung mit Nilotinib 800 mg/d zeigte sich eine Progre-
Chronische myeloische Leukämie: Längere Progressionsfreiheit unter Nilotinib dienz lediglich bei 3 (p=0,0185), unter der 600 mg/d Dosierung sogar nur bei 2 Patienten (p=0,0059; Abb. 1). Unter Imatinib waren es 12 Patienten. Mit Nilotinib behandelte Patienten treten demnach 4bis 6-mal seltener in die akzelerierte Phase und Blastenkrise über [3]. Geringere Progressionsrate heißt weniger CML-bedingte Sterbefälle
Analog zur signifikant geringeren Progressionsrate war auch das Gesamtüberleben bei den Patienten, die Nilotinib in der Erstlinientherapie erhielten, besser als im Imatinib-Arm [3]. Ausschlagge25 20 Patienten, n
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bend für eine gute Prognose ist ein frühes molekulares Ansprechen auf die TKI-Therapie [4]. Dieses ist definiert als BCR-ABL-Transkriptlevel ≤10 %IS 3 Monate nach Therapiebeginn (Early Molecular Response). Wurde dieser Meilenstein erreicht, lag das Gesamtüberleben nach 5 Jahren bei ≥95 %; wurde er nicht erreicht, betrug die Überlebenschance nur noch rund 80 % [5]. Die aktuelle 5-Jahres-Auswertung der ENESTnd-Studie zeigte darüber hinaus, dass sogar die Zahl der CML-bedingten Sterbefälle signifikant niedriger war: Während unter Imatinib-Therapie 16 Todesfälle auftraten, waren es unter Nilotinib bei 600 mg/d nur 6 und bei p=0,0028 p=0,0403 21 2
p=0,0185 p=0,0059
Neue Ereignisse im Jahr 5
12 10 1
10
6 5 0
4,2%
2 0,7%
3 1,1%
Progressionen on Core-Treatment Imatinib 400 mg/d (n=283)
7,4%
3,5%
2,1%
Progressionen in der Studie (ITT)
Nilotinib 600 mg/d (n=282)
Nilotinib 800 mg/d (n=281)
Abbildung 1: Progressionen zur akzelerierten Phase und Blastenkrise nach 5-jähriger Laufzeit der ENESTnd-Studie (Evaluating Nilotinib Efficacy and Safety in clinical Trials – Newly Diagnosed patients [3]). Das Progressionsrisiko konnte unter Nilotinib vs. Imatinib signifikant gesenkt werden: in der ITT-Gruppe um mehr als die Hälfte, unter Core-Therapie dosisabhängig sogar bis um das Sechsfache
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Todesfälle bei Patienten mit fortgeschrittener CML 25
p=0,01
p=0,03
20 16 15 10 6 4
5 0 Imatinib 400 mg/d
Nilotinib 600 mg/d
Nilotinib 800 mg/d
Abbildung 2: In der ENESTnd-Studie traten unter Nilotinib signifikant weniger CML-bedingte Todesfälle auf als unter Imatinib [3] 100% [IRIS Baseline] MR4 (≥4 log Reduktion; ≤0,01%IS)
10% 1% 0,1% [IRIS MMR]
MR4,5 (≥4,5 log Reduktion; ≤0,0032%IS)
0,01% MR5 (≥5 log Reduktion; ≤0,001%IS)
0,001% BCR-ABL nicht nachweisbar
Log Reduktion = Reduktion zur IRIS Basline
International Scale
Anteil der Patienten mit MR4,5 (%)
Abbildung 3: Definitionen der tiefen molekularen Remission (Cross et al,. Leukemia 2012;26: 2172-2175)
Zeit seit Randomisierung (Jahre)
Abbildung 4: In der ENESTnd-Studie erreichten zu jedem Zeitpunkt mehr Patienten unter Nilotinib ein tiefes molekulares Ansprechen MR4,5 als unter Imatinib [3]. Damit erfüllen unter Nilotinib auch mehr Patienten die Voraussetzung für die Teilnahme an Absetzkonzepten JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 1/2015 · 24. JAHRGANG
800 mg/d lediglich 4 (Abb. 2), und zwar EMR-unabhängig [6]. Fazit: Nilotinib-Patienten versterben abhängig von der Behandlungsdosis bis zu 4-mal seltener an ML als unter der Vergleichstherapie mit Imatinib. Damit ist die Überlebenschance für CMLPatienten, die mit Nilotinib behandelt werden, deutlich besser als für Imatinib-Patienten. Auch in Bezug auf den prognostischen 3-Monats-Meilenstein zeigte sich in der ENESTnd-Studie eine deutliche Überlegenheit des Zweitgenerationen-TKIs Nilotinib gegenüber Imatinib: Fast alle mit Nilotinib behandelten Patienten (91 %) erreichten binnen 3 Monaten einen BCR-ABL-Spiegel ≤10 %IS. In der Imatinib-Gruppe fiel der Wert mit 67 % deutlich geringer aus. Diese Diskrepanz spiegelte sich 5 Jahre später auch im Ergebnis der molekularen Remissionsraten (Definition vgl. Abb. 3) wider: Unter Nilotinib erreichten 54 % (600 mg/d) bzw. 52 % (800 mg/d) eine MR4,5, unter Imatinib lag die Rate lediglich bei 31 % (p<0,0001) (Abb. 4) [3]. Nilotinib im klinischen Alltag erfolgreich
Das Ansprechen neu diagnostizierter CML-Patienten in der chronischen Phase auf Nilotinib im klinischen Alltag wird derzeit in der MOMENT-II-Studie untersucht. An der prospektiven nicht interventionellen Untersuchung beteiligen sich 86 Zentren in Deutschland. 188 Patienten sind bereits eingeschlossen. Primärer Endpunkt ist die Häufigkeit der MMR (Major Molecular Response, BCRABL-Konzentration ≤0,1 %IS) gemessen nach 12 Monaten, was dem 12-Monatsmeilenstein nach aktu© VERLAG PERFUSION GMBH
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Nilotinib Nilotinib (Tasigna®) ist ein Tyrosinkinase-Inhibitor der zweiten Generation, der BCR-ABL selektiv hemmt und fester als Imatinib an die BCR-ABL-Bindungstasche bindet [8].
Imatinib in der BCR-ABL-Bindungstasche
Nilotinib in der BCR-ABL-Bindungstasche
Die Tyrosinkinase BCR-ABL löst die unkontrollierte Zellproliferation der Granulozyten bei Ph+ CML und Ph+ akuter lymphatischer Leukämie (Ph+ ALL) aus. Sie kann bei 95 % der CML-Patienten und 20–30% der Ph+ ALL-Patienten nachgewiesen werden und ist der wichtigste Angriffspunkt für die medikamentöse Therapie dieser Leukämiearten. Nilotinib wird seit mehr als 7 Jahren erfolgreich zur Therapie der CML eingesetzt. Die empfohlene Dosierung beträgt • 2 × 2 150-mg-Kapseln täglich (600 mg/d) bei Patienten mit neu diagnostizierter CML in der chronischen Phase • 2 × 2 200-mg-Kapseln täglich (800 mg/d) bei Patienten mit CML in der chronischen oder akzelerierten Phase mit Resistenz oder Unverträglichkeit gegenüber einer Vorbehandlung.
eller ELN 2013 Recommendation entspricht. Die aktuelle Interimsanalyse der MOMENT-II-Studie wurde auf dem DGHO in Hamburg vorgestellt [7]. Über die Hälfte der Patienten erreichten den primären Endpunkt bereits nach weniger als einem halben Jahr (Median 180 Tage, n=118). Für den klinischen Alltag ist das Erreichen der Meilensteine für das optimale Ansprechen nach ELN-Empfehlungen von Bedeutung. Im Hinblick auf die Teilnahme an Absetzkonzepten im Rahmen von klinischen Studien ist das sehr tiefe molekulare Ansprechen MR4/MR4,5 eine wichtige Voraussetzung.
Absetzkonzepte prüfen Potenzial für ein therapiefreies Leben
Die heutigen Behandlungserfolge haben dazu geführt, dass Absetzkonzepte immer mehr an Bedeutung gewinnen. In ihnen wird geprüft, ob und wie lange Patienten mit einer stabilen tiefen molekularen Remission eines Tages ohne TKI-Therapie leben und krankheitsfrei bleiben können. Angesichts der aktuellen Datenlage scheint das Potenzial von Nilotinib für eine therapiefreie Remission größer zu sein als das von Imatinib; dies wird in einem umfangreichen Studienprogramm untersucht. Eine davon ist die
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TIGER-Studie, für die derzeit noch rekrutiert wird. In der zweiarmigen Studie wird geprüft, ob CML-Patienten, die in der Induktionsphase entweder Nilotinib (600 mg/d) oder Nilotinib (600 mg/d) plus pegyliertes Interferon-α2b erhalten, nach einer anschließenden einjährigen Erhaltungsphase mit Nilotinib (600 mg/d) oder pegyliertem Interferon-α2b, ihre Therapie absetzen können und trotzdem in einer anhaltenden molekularen Remission verbleiben. Bedingung für das Absetzen ist eine bestätigte MR4 nach mindestens 12 Monaten. Wenn die Ergebnisse der Konzepte positiv ausfallen, kann vielleicht in ein paar Jahren von einer Art funktioneller Heilung der CML gesprochen werden. Fabian Sandner, Nürnberg Literatur 1 Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe e.V. (DLH). Chronische Myeloische Leukämie, Ratgeber für Patienten, 4. Aufl., 2012 2 Novartis IRIS data on file 3 Hughes TP et al. ENESTnd 5-year followup: Continued benefit of frontline nilotinib compared with imatinib in patients with chronic myeloid leukemia in chronic phase. EHA 2014, Abstr. #S677 4 Hanfstein B et al. Early molecular and cytogenetic response is predictive for longterm progression-free and overall survival in chronic myeloid leukemia (CML). Leukemia 2012;26:2096-2102 5 Saglio G et al. Impact of early molecular response to nilotinib or imatinib on longterm outcomes of patients with newly diagnosed chronic myeloid leukemia in chronic phase (CML-CP): landmark analysis of 4-year data from ENESTnd. ASH 2013, Abstr. #7054 6 Larson RA et al. ENESTnd 5-year update: Long-term outcomes of patients with chronic myeloid leukemia in chronic phase (CML-CP) treated with frontline nilotinib versus imatinib. ASCO 2014, Abstr. #7073 7 Lathan B et al. Results of an interim analysis of the non-interventional MOMENT IIstudy for determining efficacy and safety of Nilotinib in newly diagnosed Ph+ CML patients in chronic phase. DGHO 2014, Abstract 8 Weisberg E et al. Characterization of AMN107, a selective inhibitor of native and mutant BCR-ABL. Cancer Cell 2005;7:129-141
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COPD: Signifikanter Nutzen einer Substitutionstherapie bei Alpha-1Antitrypsinmangel
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nter COPD-Patienten gibt es eine häufig übersehene Minderheit: Patienten mit Alpha-1-Antitrypsinmangel (A1AT-Mangel, auch Alpha-1-Proteinase-Inhibitormangel). Im Un terschied zu anderen COPDBetroffenen wird bei ihnen typischerweise das Lungengewebe früher und schneller fortschreitend irreversibel zerstört [1]. Ursache ist ein genetischer Defekt, der zu einem Mangel an einem für die Lunge essenziellen Inhibitorprotein führt. In Deutschland wird zwar therapeutisch substituiert, bisher aber ohne überzeugende Evidenz. Die RAPID-Studie konnte nun erstmals zeigen, dass mit der Substitutionstherapie der Lungenstrukturverlust signifikant langsamer voranschreitet als unter Placebo [2]. Der Nutzenbeleg gelang mit einem besonders reinen Alpha-1-Antitrypsin-Präparat von CSL Behring, das in den USA seit 2003 als Zemaira® zugelassen ist. COPD-Patienten auf A1-AT-Mangel testen
Symptomatisch sind Patienten mit A1-AT-Mangel von solchen mit COPD kaum zu unterscheiden. Bei A1-AT-Mangel kommt es aber schon bei relativ jungen Patienten zu außergewöhnlich schweren
Krankheitsverläufen. Daher sollte bei allen COPD-Patienten – gemäß Leitlinie [3] – der A1-AT-Serumspiegel bestimmt werden. Unter 100 COPD-Patienten finden sich etwa 1–2 mit einem homozygoten Alpha-1-Antitrypsinmangel. Oft vergehen zwischen den ersten Symptomen und genauer Diagnose 5–10 Jahre [1]. Alpha-1-Antitrypsin: Bedeutendster Inhibitor der neutrophilen Elastase
Alpha-1-Antitrypsinmangel ist eine seltene Erkrankung (Prävalenz in Deutschland etwa 1:5.000). Charakteristisch sind reduzierte (<50 mg/dl) A1-AT-Serumwerte [4]. A1-AT ist der bedeutendste Inhibitor neutrophiler Elastase im Serum. Durch eine Genmutation wird A1-AT nicht mehr ausreichend ins Plasma sezerniert und die neutrophile Elastase kann nach Ausschüttung infolge von externen Noxen ungehindert das Lungengewebe zerstören. PiZZ ist der häufigste Genotyp, der zu einem schweren Mangel führt [5]. In etwa 2 Drittel der Fälle entwickeln die Patienten, insbesondere bei chronischem Tabakkonsum, frühzeitig ein progressives, schweres Lungenemphysem, etwa zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr [1].
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Wegweisende Ergebnisse der RAPID-Studie
Dass Menschen mit Alpha-1-Anti trypsinmangel von einer Substitutionstherapie profitieren, wurde mit der RAPID-Studie nachgewiesen. In diese placebokontrollierte, doppelblind randomisierte Phase-III/IV-Studie konnten trotz der Seltenheit des Gendefekts 180 Patienten einbezogen werden. Neben dem A1-AT-Mangel bestand bei allen Studienteilnehmern ein klinisch manifestes Lungenemphysem. Sie erhielten 24 Monate lang wöchentlich eine Infusion von 60 mg/kg Körpergewicht des Alpha-1-Antitrypsin-Präparates oder Placebo. Studienendpunkt war die mittels CT-Scan gemessene Lungendichte. Die CT-Messung ist, verglichen mit den spirometrischen Parametern wie dem FEV1-Wert (Einsekundenkapazität), ein spezifischerer und sensitiverer Marker, um den Verlust an Lungengewebe zu verfolgen. Über den Studienzeitraum von 2 Jahren nahm die Lungendichte unter der Verum-Behandlung weniger schnell ab als unter Placebo, im Mittel signifikant um 34 % (p=0,017; jährlicher Rückgang unter Verum 1,45 g/l, unter Placebo 2,19 g/l, gemessen bei Total Lung Capacity) [2]. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Die Deutsche Atemwegsliga empfiehlt die Substitutionstherapie bei Patienten mit homozygotem A1-AT-Mangel und mittelgradig eingeschränkter Lungenfunktion, d.h. 30 % Soll < FEV1 < 65 % Soll [3]. Angesichts des klaren Wirksamkeitsbelegs von RAPID könnte es aus wissenschaftlicher und ärztlicher Sicht vernünftig sein, schon möglichst früh mit der Substitutionstherapie zu beginnen, wie es in den USA üblich ist. Elisabeth Wilhelmi, München
Literatur 1 Brode SK et al. Alpha-1 antitrypsin deficiency: a commonly overlooked cause of lung disease. CMAJ 2012;184:1365-1371 2 „Asthma, COPD oder doch etwas anderes?”, Symposium von CSL Behring anlässlich des 55. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, 26. März 2014, Bremen 3 Vogelmeier C et al. Leitlinie der Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD). Pneumologie 2007;61:e1-e40 4 Ferrarotti I et al. Serum levels and genotype distribution of alpha1-antitrypsin in the general population. Thorax 2012;67:669674 5 Dickens JA, Lomas DA. Why has it been so difficult to prove the efficacy of alpha1-antitrypsin replacement therapy? Insights from the study of disease pathogenesis. Drug Design, Development and Therapy 2011;5:391-405
Fortschritte in der Behandlung der Myelofibrose mit Ruxolitinib
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n Deutschland erkranken jährlich 216–800 Patienten neu an einer Myelofibrose. Betroffen sind vor allem Menschen im Alter von 50 bis 80 Jahren [1]. Ursache dieser seltenen Bluterkrankung ist eine Fehlfunktion der hämatopoetischen Stammzellen im Knochenmark. Durch eine übermäßige Bildung an Kollagen- und Retikulinfasern kommt es zu einer Vernarbung (Fibrose) des Knochenmarks (Myelon) und als Folge zu Blutbildveränderungen, wie etwa einer Anämie, Thrombozytopenie und Leukozytopenie. Da die Blutbildung ausgelagert wird, vergrößert sich die Milz und möglicherweise auch die Leber. Die Prognose ist schlecht, das mediane Überleben nach Diagnosestellung liegt zwischen 2 und 11 Jahren [2]. Bis 2012 stand für MyelofibrosePatienten keine zugelassene medikamentöse Behandlungsoption zur Verfügung. Einzig eine allogene Stammzelltransplantation stellte einen kurativen Therapieansatz dar. Diese ist allerdings mit einer hohen Sterberate von bis zu 30 % und einem 5-Jahres-Überleben von lediglich 50 % assoziiert [3]. Wie man heute weiß, ist bei Myelofibrose der JAK (Januskinasen)/ STAT*-Signalweg dysreguliert, was zu einer vermehrten Zell proliferation und -differenzierung
sowie zu einer erhöhten Zytokinproduktion führt [4, 5]. Die aufgrund der Dysregulation konstitutiv überaktivierten Januskinasen sind somit ein potenzielles Target für eine zielgerichtete medikamentöse Therapie. Für Ruxolitinib (Jakavi®), einen selektiven, oralen Inhibitor der beiden Januskinasen JAK1 und JAK2, liegen mittlerweile vielversprechende Ergebnisse aus klinischen Studien vor.
* S TAT: Signaltransduktoren und Aktivatoren der Transkription
** J UMP: JAK Inhibitor Ruxolitinib In Myelofibrosis Patients
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Milzvolumen und Symptomlast deutlich reduziert
Aktuelle Daten einer Interimsanalyse der JUMP**-Studie mit dem bislang größten Kollektiv Ruxolitinib-behandelter MyelofibrosePatienten wurden auf der 56. Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) in San Francisco vorgestellt [6]. JUMP ist eine einarmige, offene, multizentrische Phase-IIIb-Studie in Ländern, in denen Patienten außerhalb von Studien keinen Zugang zu Ruxolitinib haben. Bis September 2014 wurden bereits 2138 Patienten in mehr als 200 Zentren in 25 Ländern in die Studie eingeschlossen. Ausgewertet wurden nun die Daten der ersten 1144 Patienten, die abhängig von der Thrombozytenzahl eine Anfangsdosis von 5 mg,
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Ruxolitinib Ruxolitinib (Jakavi®) ist ein selektiver, oraler Inhibitor der beiden Januskinasen JAK1 und JAK2. Er wird zurzeit in klinischen Studien bei Myelofibrose (Phase-III-Studien COMFORT-I und -II) sowie bei Patienten mit Polycythaemia vera (Phase-III-Studie RESPONSE) untersucht. Ruxolitinib wurde als erste medikamentöse Therapie zur Behandlung krankheitsbedingter Splenomegalie oder für Symptome bei Erwachsenen mit primärer Myelofibrose (auch bekannt als chronische idiopathische Myelofibrose), Post-Polycythaemia-veraMyelofibrose oder Post-essenzieller-Thrombozythämie-Myelofibrose zugelassen. Ruxolitinib wird zweimal täglich unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen [14]. Sowohl die Europäische Arzneimittelagentur EMA als auch die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA haben Ruxolitinib den Orphan-Drug-Status in der Indikation Myelofibrose erteilt.
15 mg oder 20 mg Ruxolitinib zweimal täglich erhielten. Primärer Endpunkt war die Bewertung von Sicherheit und Verträglichkeit von Ruxolitinib. Zusätzlich wurden die Veränderungen der Milzgröße und der Myelofibrose-assoziierten Symptome über den Zeitverlauf gemessen. Die jetzt präsentierten Interimsdaten zur Sicherheit und Wirksamkeit des JAK-Hemmers untermauern die bereits in den Phase-III-Studien COMFORT***-I und -II gewonnenen Ergebnisse [7–11]. Bei 55 % aller Patienten hatte sich die Milzgröße nach 24 Wochen um mindestens 50 % reduziert, nach 48 Wochen sogar bei 61 % der Patienten. Weitere 23 % (nach 24 Wochen) bzw. 18 % (nach 48 Wochen) der Teilnehmer profitierten von einem um 25–50 % verringerten Milzvolumen. Schon nach 4 Wochen wurde eine klinisch bedeutsame Symptomverbesserung (um durchschnittlich 11,0 Punkte) mit dem FACT-Lymphoma Total Score gemessen, die dauerhaft bis zu Woche 48 anhielt (9,4 Punkte). Ein Ausgleich zwischen *** C OMFORT: Controlled Myelofibrosis Study With Oral JAK Inhibitor Therapy
größtmöglicher Wirksamkeit von Ruxolitinib und beherrschbaren Nebenwirkungen ist durch Dosis anpassungen gut zu erreichen. Wie beim Wirkmechanismus von Ruxolitinib zu erwarten, traten als häufigste Nebenwirkungen Anämien (33,0 %) und Thrombozytopenien (12,5 %) auf. Diese führten jedoch nur selten zum Therapieabbruch (bei 2,6 % bzw. 3,2 % der Patienten) [6]. MPN Landmark Survey: Verbesserung von Symptomlast und Lebensqualität hat große Bedeutung
Erstmals vorgestellt wurden auf dem ASH auch Ergebnisse einer großen Umfrage (MPN Landmark Survey, durchgeführt von Incyte Corporation) unter Ärzten und Patienten mit Myeloproliferativen Neoplasien, zu denen unter anderem auch die Myelofibrose zählt. Wichtigstes Ergebnis der OnlineUmfrage: Die Therapie sollte hauptsächlich darauf abzielen, die Symptomlast zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern [12, 13]. 81 % der 813 befragten Myelofibrose-Patienten
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gaben an, aufgrund der krankheitsassoziierten Symptome unter einer eingeschränkten Lebensqualität zu leiden. Sie nannten Fatigue als häufigste und schwerwiegende Nebenwirkung. Den befragten Ärzten zufolge mindern Fatigue, Bauchbeschwerden und Schmerzen die Lebensqualität ihrer Patienten am stärksten. Fatigue ist für Ärzte wie Patienten gleichermaßen das Symptom, das am dringendsten gelindert werden sollte. Elisabeth Wilhelmi, München
Literatur 1 Leukemia & Lymphoma Society’s (LLS). Online unter: http://www.lls.org/#/diseaseinformation/myeloproliferativediseases/ incidence/ 2 Cervantes F, Dupriez B, Pereira A et al. New prognostic scoring system for primary myelofibrosis based on study of the International Working Group for Myelofibrosis Research and Treatment. Blood 2009;113:2895-2901 3 Tefferi A. Allogeneic hematopoietic cell transplantation versus drugs in myelofibrosis: the risk-benefit balancing act. Bone Marrow Transplant 2010;45:419-421 4 Quintás-Cardama A, Vaddi K, Liu P et al. Preclinical characterization of the selective JAK1/2 inhibitor INCB018424: therapeutic implications for the treatment of myeloproliferative neoplasms. Blood 2010; 115:3109-3117 5 Verstovsek S. Janus-activated kinase 2 inhibitors: a new era of targeted therapies providing significant clinical benefit for Philadelphia chromosome-negative myeloproliferative neoplasms. Clin Cancer Res 2010;16:1988-1996 6 Martino B, Coutre P, Grießhammer M et al. Safety and efficacy of ruxolitinib in an open-label, multicenter, single-arm, expanded-access study in patients with myelofibrosis (MF): an 1144-patient update. Abstract #3197. 2014 American Society of Hematology (ASH) Annual Meeting, San Francisco, CA 7 Verstovsek S, Mesa RA, Gotlib J et al. A double-blind, placebo-controlled trial of ruxolitinib for myelofibrosis. N Engl J Med 2012;366:799-807 8 Verstovsek S, Mesa RA, Gotlib J et al. Efficacy, safety and survival with ruxolitinib in patients with myelofibrosis: results of a median 2-year follow-up of COMFORT-I. Haematologica 2013;98:1865-1871
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9 Verstovsek S, Mesa RA, Gotlib J et al. Long-term outcomes of ruxolitinib therapy in patients with myelofibrosis: 3-year update from COMFORT-I. In: Proceedings from the American Society of Hematology – 55th Annual Meeting; December 7–10, 2013; New Orleans, LA, Abstract #396 10 Cervantes F, Vannucchi AM, Kiladjian JJ, et al. Three-year efficacy, safety, and survival findings from COMFORT-II, a phase 3 study comparing ruxolitinib with best available therapy for myelofibrosis. Blood 2013;122:4047-4053 11 Harrison C et al. Results from a 3.5 year update of COMFORT-II, a phase 3 study comparing ruxolitinib with best available therapy for the treatment of myelofibrosis. 19th EHA 2014: Abstract #P403 12 Mesa R, Miller C, Thyne M et al. Gaps in perception between patients and physicians regarding symptomatology and treatment attitudes for myeloproliferative neoplasms: MPN LANDMARK SURVEY. Abstract #4827. 2014 American Society of Hematology (ASH) Annual Meeting, San Francisco, CA 13 Mesa R, Miller C, Thyne M et al. Impact of myeloproliferative neoplasms on patients’ overall health and productivity: results from the MPN LANDMARK SURVEY in the United States. Abstract #3183. 2014 American Society of Hematology (ASH) Annual Meeting, San Francisco, CA 14 Fachinformation Jakavi®,Stand Juli 2014
Neue App unterstützt Ärzte bei Diagnose und Therapie der Myelofibrose Einen schnellen Überblick zu Krankheitsbild, Diagnose und Therapie bietet Ärzten jetzt die neue Jakavi®-App von Novartis Oncolo-
gy. Kompakt aufbereitet für die tägliche Praxis hält die App nützliche Informationen zu häufigen Symptomen wie Fatigue, Nachtschweiß oder Juckreiz bereit und nennt die Kriterien für Diagnose und Prognoseabschätzung. Über die einfache Menüführung lässt sich das Wichtigste zur innovativen Therapie mit Ruxolitinib (Jakavi®) abrufen. Die App fasst den Wirkmechanismus des Januskinase (JAK)1/2-Inhibitors zusammen und informiert darüber, wie in den großen Zulassungsstudien COMFORT-I und -II unter anderem die Splenomegalie und Symptomlast der Patienten signifikant reduziert werden konnten. Ziel ist es, Ärzte während des gesamten Therapieverlaufs zu unterstützen: So können sie rasch nachschlagen, wie Ruxolitinib richtig zu dosieren ist, wie sich die Dosis gegebenenfalls anpassen lässt, welche Wechselwirkungen zu beachten und wann Kontrolluntersuchungen angezeigt sind. Dazu geben Experten hilfreiche Tipps aus ihrer Erfahrung. Als zusätzliches Tool bietet die App die Jakavi®-Fachinformation mit automatischem Update und weiteres Servicematerial in der Mediathek an – darunter eine Dosiskarte zum Download. Die App ist kostenlos im App-Store für iOS sowie im Google Play Store für Android erhältlich. F. S. Zum Download im Google Play Store:
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im App-Store für iOS:
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aut einer Umfrage haben oder hatten mindestens 24 % der Frauen und 14 % der Männer in Deutschland eine Arthrose als Diagnose [1]. Arthrose ist ein komplexes Geschehen, viele Risikofaktoren wie das Alter, Gelenkverletzungen, Veränderungen der Biomechanik und Übergewicht können dabei eine Rolle spielen. Die gemeinsame Endstrecke – das Entzündungsgeschehen – ist wesentlich verantwortlich für die typischen Arthrose-Veränderungen und die Schmerzen. Neben Basismaßnahmen wie körperlicher Aktivität und Gewichtsabnahme hat die medikamentöse Linderung entzündlicher Gelenkbeschwerden eine zentrale Bedeutung. Ob dabei traditionelle nicht steroidale Antirheumatika (tNSAR) oder selektive COX-2-Hemmer zum Einsatz kommen, muss patientenindividuell und risikostratifiziert entschieden werden. Zu berücksichtigen sind auch mögliche Neben- und Wechselwirkungen. COX-2-Hemmer von Fachgesellschaft empfohlen
Ziel der Arthrosetherapie ist es, den Schmerz und die eingeschränkte Beweglichkeit soweit in den Griff zu bekommen, dass Alltags- und Freizeitaktivitäten (wieder) möglich sind. Die dafür eingesetzten Medikamente sollten stark wirken, die Schmerzen schnell lindern und gut verträglich sein. COX-2-Inhibitoren zählen in der neuen Leitlinie zum konservativen Management der Kniegelenksarthrose bei 3 von 4 Patiententypen mit Arthrose (Kniearthrose mit Komorbiditäten, Polyarthrose mit bzw. ohne Komorbiditäten) zu den von der Osteoarthritis Research Society International (OARSI) empfohlenen Therapieoptionen [2]. © VERLAG PERFUSION GMBH
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
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Alltagstaugliche Gelenkschmerztherapie mit Etoricoxib Von den in Deutschland verfügbaren COX-2-Hemmern hat Etoricoxib (Arcoxia®) das breiteste Indikationsspektrum. Etoricoxib bietet die Vorteile einer frühen sowie starken Wirksamkeit und einer über ca. 24 Stunden anhaltenden Wirkung (Akkumulationshalbwertszeit 22 Stunden) bei nur einmal täglicher Gabe [3] – alles beste Voraussetzungen für eine gute Compliance. Früher Wirkeintritt und gutes GI-Verträglichkeitsprofil
Eine Vergleichsstudie zwischen Etoricoxib (60 mg/d) und Diclofenac (150 mg/d) untersuchte die frühe Wirksamkeit an den Tagen 1 und 2 jeweils 4 Stunden nach der ersten Dosis. Grundlage der Wirksamkeitsbeurteilung waren eine Frage des WOMAC-Arthrose-Index („Schmerzen beim Gehen auf einer ebenen Fläche“) und die Angabe des Beginns des Therapieansprechens durch den Patienten. Die Auswertung ergab, dass der Behandlungseffekt unter Etoricoxib deutlich früher auftrat (p=0,007) [4]. Eine Metaanalyse von 7 randomisierten Studien mit 3554 ArthrosePatienten zeigte, dass Etoricoxib bei der Behandlung entzündlicher Gelenkschmerzen eine starke Wirkung hatte: Um bei einem Patienten nach 2 Wochen eine Schmerzreduktion von mindestens 50 % auf der WOMAC-Schmerzskala zu erreichen, mussten nur 3,7 Patienten
mit 60 mg Etoricoxib behandelt werden (Number Needed to Treat, NNT = 3,7). Für die 30-mg-Dosis der Substanz ergab die Datenanalyse eine NNT von 4,6. Dagegen wurde für Ibuprofen (2400 mg/d) eine NNT von 6,5 ermittelt [5]. Bei der gastrointestinalen (GI) Verträglichkeit zeigen Coxibe Vorteile gegenüber tNSAR [2]. In einer mehrmonatigen Studie mit 7111 Arthrose-Patienten waren Therapieabbrüche wegen GI-Beschwerden unter Etoricoxib (1 × 90 mg) seltener als unter Diclofenac (3 × 50 mg) [6]. Primärer Endpunkt dieser Untersuchung war die kumulative Abbruchrate aufgrund klinischer oder laborchemisch festgestellter GI-Ereignisse. Fällt die Therapieentscheidung auf ein tNSAR, wird häufig parallel ein PPI als Magenschutz verord-
net. Hier ist zu beachten, dass PPI die Wirkung einer OsteoporoseTherapie mit oralen Bisphosphonaten beeinträchtigen können [7]. Es gibt auch Hinweise, dass das tNSAR Ibuprofen die thrombozytenaggregationshemmende Wirkung von ASS herabsetzt [8]. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur 1 Robert Koch-Institut. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Heft 54, Juni 2013 2 McAlindon TE et al. Osteoarthr Cartilage 2014;22:363-388 3 Fachinformation Arcoxia®, Stand 06/2014 4 Zacher J et al. Curr Med Res Opin 2003; 19:725-736 5 Moore et al. Ann Rheum Dis 2010;69:374379 6 Baraf HS et al. J Rheumatol 2007;34:408420 7 Abrahamsen B et al. Arch Intern Med 2011;171:998-1004 8 Catella-Lawson F et al. N Engl J Med 2001;345:1809-1817
Etoricoxib Etoricoxib (Arcoxia®) ist ein oraler, selektiver Cyclooxygenase2-Hemmer. Die Cyclooxygenase ist verantwortlich für die Prostaglandinbildung. Es wurden 2 Isoformen, COX-1 und COX-2, identifiziert. Die COX-2 ist diejenige Isoform des Enzyms, für die eine Induktion durch proinflammatorische Stimuli gezeigt wurde. Es wird postuliert, dass sie in erster Linie für die Synthese prostanerger Mediatoren im Rahmen von Schmerz, Entzündung und Fieber verantwortlich ist. In den klinischen Pharmakologiestudien zeigte sich unter Etoricoxib in Dosen bis zu 150 mg täglich eine dosisabhängige Hemmung der COX-2 ohne Hemmung der COX-1. Die empfohlenen Maximaldosen pro Tag von 60 mg Etoricoxib bei Arthrose, 90 mg bei rheumatoider Arthritis, ankylosierender Spondylitis und 120 mg bei akuter Gichtarthritis sollten nicht überschritten werden. Da das kardiovaskuläre Risiko mit Dosis und Behandlungsdauer ansteigen kann, sollten Coxibe generell in der niedrigsten wirksamen Dosis über einen möglichst kurzen Zeitraum verabreicht werden.
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arkinson-Patienten, vor allem wenn sie noch berufstätig sind oder im Rentenalter einen aktiven Lebensstil pflegen, ist der Erhalt der Vigilanz besonders wichtig. Mit Piribedil (Clarium®) steht ein Dopaminagonist zur Verfügung, der sich nicht nur positiv auf die Motorik, sondern auch auf die Vigilanz auswirken kann. Dies trägt erheblich zur Lebensqualität der Betroffenen bei. Studie bestätigt anhaltenden Effekt auf die motorischen Symptome
Im Rahmen einer kürzlich publizierten prospektiven Beobachtungsstudie wurde die langfristige Wirksamkeit von Piribedil beim idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPS) unter Praxisbedingungen überprüft [1]. Eingeschlossen wurden bundesweit 862 erwachsene IPS-Patienten in 59 neurologischen Fachpraxen. Sie erhielten Piribedil als Mono- oder Kombinationstherapie, wobei es sich teils um eine Erstbehandlung, teils um eine Umstellung von einem anderen Dopaminagonisten handelte. Die mittlere Piribedil-Tagesdosis betrug 170 mg. Die kompletten Datensätze über 2 Jahre konnten bislang bei 320 Patienten ausgewertet werden (mittleres Alter 69 Jahre, überwiegend Stadium I–III nach Hoehn & Yahr). Die Ergebnisse bestätigen das überzeugende Profil von Piribedil, dem einzigen Dopamin agonisten mit noradrenerger Wirkkomponente: Nach 6 Monaten hatte sich der UPDRS-III-Wert als Maß für die Motorik unter Piribedil um durchschnittlich 5,8 Punkte gebessert und nach 2 Jahren lag er – trotz fortschreitender Erkrankung – immer noch im Mittel 2,9
Piripedil verbessert Motorik und Vigilanz bei Morbus Parkinson Punkte unter dem Ausgangswert. Gleichzeitig gingen auch depressive Verstimmungen als häufiges Begleitsymptom zurück, die Stimmungslage verbesserte um 10,2 bzw. 18,5 Punkte im Beck Depressions Inventar (BDI). Darüber hinaus erreichten die Patienten, die bei Gabe anderer Dopaminagonisten unter starker Tagesmüdigkeit litten, unter der Piribedil-Behandlung wieder normale Vigilanzwerte (der ESS-Wert* nahm von im Mittel 13,8 Punkte auf 9,3 Punkte ab). Bei neu eingestellten Patienten blieb mit Piribedil die Vigilanz erhalten (ESS-Mittelwert <7). Die günstigen Therapieeffekte zeigten sich auch in einem Zuwachs an Lebensqualität. Diese stieg um knapp einen Punkt auf einer siebenstufigen Analogskala, wobei dieser Effekt während der gesamten Studiendauer erhalten blieb. Vollständige Wiederherstellung der Vigilanz nach Wechsel auf Piribedil
Die Langzeitdaten der Beobachtungsstudie bestätigen die Resultate aus der ebenfalls aktuell publizierten randomisierten Phase-III-Studie PiViCog** [2], die den Einfluss von Piribedil auf die Vigilanz bei Parkinson-Patienten * **
Epworth Sleepiness Scale iribedil effects on Vigilance and CogniP tion in Parkinson’s Disease
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mit ausgeprägter Tagesmüdigkeit im Vergleich mit anderen Dopaminagonisten in 11 Zentren der deutschen Parkinson Study Group untersuchte. Dabei zeigte sich, dass nach einem Wechsel von Pramipexol oder Ropinirol auf Piribedil der therapeutische Effekt auf die Motorik aufrechterhalten wurde, die Patienten gleichzeitig aber deutlich vigilanter waren. Der ESS-Wert der Patienten, die auf Piribedil umgestellt wurden, ging nach 11 Wochen von 14 auf 10 Punkte zurück. Damit wurde die Vigilanz der Patienten vollständig wiederhergestellt. In der nicht umgestellten Vergleichsgruppe nahm der ESS-Wert nur um 2 Punkte ab. Im klinischen Gesamteindruck (Clinical Global Impression, CGI) zeigten die mit Piribedil behandelten Patienten zudem einen größeren therapeutischen Effekt und eine stärkere Verbesserung des Gesamteindrucks. Ebenso verbesserte sich die Kommunikationsleistung der Patienten. Fazit für die Praxis
Bei der Therapie des idiopathischen Parkinson-Syndroms stand lange die Einstellung der Motorik im Vordergrund. In den letzten Jahren rücken die Bedürfnisse der Patienten immer stärker in den Fokus. Medikamente, die die Vigilanz beeinträchtigen, finden © VERLAG PERFUSION GMBH
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eine geringe Akzeptanz, weil sie die Aktivitäten des privaten und beruflichen Lebens beeinträchtigen. Daher werden sie häufig nur unregelmäßig oder gar nicht eingenommen. Parkinson-Patienten, die unter einer ausgeprägten Tagesmüdigkeit leiden, können von einer Umstellung auf Piribedil (Clarium®) profitieren. Denn der potente Dopaminagonist, der über das Noradrenalin- und Dopamin-System wirkt, verbessert nicht nur die Motorik, sondern hat auch positive Effekte auf die Vigilanz und kann damit gerade jüngeren und jung gebliebenen Patienten eine bessere Lebensqualität ermöglichen. Diese Vorteile legen nahe, Piribedil auch bei der Ersteinstellung von aktiven, berufstätigen Patienten in Erwägung zu ziehen. Brigitte Söllner, Erlangen
Literatur 1 Ehret R, Lohmüller K. Langzeitwirkung von Piribedil auf Motorik und Vigilanz. Ergebnisse iner nichtinterventionellen Studie über 2 Jahre. Psychopharmakother 2014;21:150-152 2 Eggert K, Öhlwein C, Kassubek J et al. Influence of the nonergot dopamine agonist piribedil on vigilance in patients with Parkinson disease and excessive daytime sleepiness (PiViCog-PD): an 11-week randomized comparison trial against pramipe xole and ropinirole. Clin Neuropharmacol 2014;37:116-122
Wie bewährt sich Piribedil in der Langzeitanwendung?
Beim idiopathischen Parkinson-Syndrom stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Mittel der ersten Wahl, insbesondere bei einem frühen Erkrankungsbeginn, sind Non-Ergot-Dopaminagonisten. Seit 2007 steht aus dieser Gruppe ein Wirkstoff mit einem einzigartigen Rezeptorprofil und Wirkspektrum zur Verfügung: Piribedil (Clarium®). Im Rahmen einer nicht interventionellen Studie wurden die Langzeitwirkung und die Verträglichkeit von Piribedil im Praxisalltag unter- Dr. med. Reinhard Ehret, Schwerpunktpraxis Parsucht. Die 2-Jahres-Daten von 320 Parkinson- kinson, Berlin Patienten zeigen eine Verbesserung der Motorik und den Erhalt der Vigilanz. Über diese Ergebnisse sprachen wir mit Dr. med. Reinhard Ehret, niedergelassener Neurologe, Schwerpunktpraxis Parkinson, Berlin. Herr Dr. Ehret, was ist das Besondere an Piribedil? Dr. Ehret: Piribedil ist ein Dopaminagonist, der sich von den anderen Agonisten durch sein Rezeptorprofil deutlich unterscheidet, da es der einzige Dopaminagonist ist, der eine dopaminerge und noradrenerge Wirkung hat. Seit 2007 ist Piribedil zur Behandlung von Morbus Parkinson zugelassen. Wie bewährt sich Piribedil im Praxisalltag? Dr. Ehret: Kurz und knapp gesagt: gut. Anfangs war ich dem neuen Dopaminagonisten gegenüber sehr skeptisch eingestellt, da er zusätzlich zu den altbekannten und schon sehr bewährten Präparaten auf den Markt kam. Doch nach relativ kurzer Zeit bin auch ich überzeugt worden: Die motorische Wirkung ist für den Patienten gleichwertig wie unter den gängigen Dopaminagonisten – im Einzelfall vielleicht sogar besser. Und die deutlich verminderte Tagesmüdigkeit wirkt sich für den Patienten in der Tat sehr positiv aus.
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Sind diese Wirkungen auch von Dauer? Dr. Ehret: Ja, das sind sie. Durch die Erfahrung und vor allem durch eine jetzt publizierte Studie unter Praxisbedingungen hat sich gezeigt, dass diese Wirkungen lange Zeit anhalten: Parkinson-Patienten unter 2-jähriger Piribedil-Therapie profitieren motorisch davon – die Wirkung bleibt über 2 Jahre über dem Ausgangswert erhalten – und sind auch deutlich weniger tagesmüde als andere. Wie wirkte sich hier Piribedil genau auf die Tagesmüdigkeit aus? Dr. Ehret: Die Tagesmüdigkeit ging relativ schnell zurück und war deutlich vermindert. Im Durchschnitt verringerte sich die Tagesmüdigkeit um 4 Punkte auf der ESS-Skala bei den betroffenen Patienten. Das heißt, wenn die Tagesmüdigkeit beispielsweise zuvor bei einem Wert von 14 im ESS lag, ging der Wert auf unter 10 zurück. Das wiederum bedeutet, dass für den Patienten keine Tagesmüdigkeit mehr spürbar ist.
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Was bedeutet das für neu eingestellte Patienten? Dr. Ehret: Bei Neueinstellungen auf Piribedil besteht bei den Patienten ein deutlich geringeres Risiko, eine Tagesmüdigkeit überhaupt erst zu entwickeln. Hatte Piribedil weitere positive Effekte? Dr. Ehret: Der Effekt auf die Tagesmüdigkeit, die sich unter Piribedil reduziert oder gar nicht erst einstellt, ist für uns Ärzte besonders beeindruckend und für die Lebensqualität der Patienten sehr wichtig. Aber auch depressive Verstimmungen sowie weitere nicht motorische ParkinsonSymptome verbessern sich unter Piribedil. Was raten Sie Ärzten: Welche Patienten profitieren besonders? Dr. Ehret: Aus meiner Sicht ergeben sich aus den Studienergebnissen mindestens zwei Empfehlungen. Erstens: Patienten, die unter den bisher zugelassenen Dopaminagonisten mit Tagesmüdigkeit reagiert haben, sind potenziell Kandidaten, die von einer Umstellung auf Piribedil profitieren können. Und zweitens: Auch bei Patienten, die bisher noch keine Dopaminagonisten-Therapie haben, aber berufstätig und in ihrer Freizeit aktiv sind und Nebenwirkungen wie Tagesmüdigkeit möglichst vermeiden wollen, sollte man Piribedil als erste Wahl ansehen. Herr Dr. Ehret, herzlichen Dank für das Gespräch.
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Teduglutid – das erste Medikament zur Behandlung des Kurzdarmsyndroms
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as Kurzdarmsyndrom (KDS) ist eine seltene und potenziell lebensbedrohliche Erkrankung, bei der durch operative Entfernung oder Funktionsverlust wichtiger Abschnitte des Dünndarms die Absorptionsfähigkeit des Darms verringert ist. Um dennoch eine ausreichende Versorgung mit Flüssigkeiten und Nährstoffen zu erhalten, müssen viele Betroffene parenteral ernährt werden. Dies geht mit hohen Belastungen einher und kann die Patienten in ihrem Alltag stark einschränken. Schlafstörungen durch nächtliche Infusionen, eingeschränkte Bewegungsfreiheit und soziale Isolierung durch Angst vor Inkontinenz oder Durchfall sind häufige Begleiterscheinungen. Zusätzlich zu den psychischen Belastungen kann eine parenterale Ernährung mit schweren Komplikationen wie Infektionen, Lebererkrankungen oder Atrophie der Darmschleimhaut verbunden sein [1]. Effizient und verträglich: So wirkt Teduglutid
Mit Teduglutid (Revestive®) ist jetzt das erste Medikament zur Behandlung des Kurzdarmsyndroms (KDS) in Deutschland verfügbar. Das GLP-2-Analogon erhöht die Absorptionsfähigkeit
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des Darms so gut, dass sich bei der Mehrzahl der Patienten die benötigte Menge an parenteraler Ernährung signifikant verringert und in der Langzeittherapie noch weiter abnimmt. Nach 24–30 Monaten benötigten einige Patienten keine parenterale Ernährung mehr [2]. Da diese Ernährungsform im Alltag belastend und sozial einschränkend ist sowie zu schweren Komplikationen führen kann, ist Revestive® eine wichtige Option für KDS-Patienten [3]. Das Medikament ist in Europa zur Behandlung Erwachsener mit KDS zugelassen und wird einmal täglich subkutan injiziert. Es steigert die Darmzottenhöhe und die Kryptentiefe der Darmmukosa und verbessert so die Aufnahme von Nährstoffen und Flüssigkeiten. Teduglutid zeigte in der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten klinischen Studie STEPS ein gutes Wirksamkeitsund Sicherheitsprofil. In dieser Phase-III-Studie über einen Beobachtungszeitraum von 24 Wochen konnten insgesamt 54 % der Patienten mindestens einen Tag pro Woche weniger parenteral ernährt werden gegenüber 23 % in der Placebo-Gruppe (p≤0,005). Dabei war das durchschnittliche Infusionsvolumen im Vergleich zur Placebo-Gabe signifikant verringert (4,4 l/Woche vs. 2,3 l/Wo© VERLAG PERFUSION GMBH
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Teduglutid Teduglutid (Revestive®) ist ein Analog des natürlich vorkommenden humanen Glucagon-like Peptid-2 (GLP-2), das von den intestinalen L-Zellen sezerniert wird. GLP-2 ist dafür bekannt, den intestinalen und den portalen Blutfluss zu erhöhen, die Sekretion der Magensäure zu hemmen und die Darmaktivität zu senken. In einigen präklinischen Studien zeigte sich, dass Teduglutid die Unversehrtheit der Schleimhaut erhält, indem es die Wiederherstellung des normalen Wachstums fördert. Dem liegt eine Zunahme der Darmzottenhöhe und der Darmkryptentiefe zugrunde, wodurch sich die Aufnahme von Nährstoffen und Flüssigkeiten verbessert.
Das Medikament ist in Europa zur Behandlung Erwachsener mit Kurzdarmsyndrom zugelassen und wird einmal täglich subkutan injiziert [5].
che in Woche 24, p≤0,001). Ein klinisches Ansprechen, d.h. eine Reduktion des benötigten parenteralen Ernährungsvolumens von mindestens 20 %, erreichten 63 % der Teduglutid-Patienten (Placebo: 30,2 %, p≤0,002) [4]. Weniger parenterale Ernährung, mehr Unabhängigkeit für die Patienten
97 % der mit Teduglutid behandelten Patienten, die die placebo-
kontrollierte Studie abgeschlossen hatten, wurden in die offene Verlängerungsstudie STEPS-2 überführt, bei der alle Patienten 0,05 mg/kg Teduglutid täglich für weitere 2 Jahre erhielten. Insgesamt nahmen 88 Patienten an dieser Studie teil. Die Anzahl der Patienten, die komplett ohne Infusionsernährung auskamen oder infusionsfreie Tage pro Woche gewinnen konnten, stieg im zweiten Jahr stetig weiter an; die mittlere Reduktion des Infusionsvolumens lag bei 7,6 l/Woche. Bei Abschluss von STEPS-2 benötig-
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ten 13 Patienten (von ursprünglich 88 eingeschlossenen) keine weitere parenterale Unterstützung. 93 % der Patienten, die mit Teduglutid behandelt wurden, zeigten ein klinisches Ansprechen. In der Langzeitbehandlung mit Teduglutid kam es nicht zu neuen, unerwarteten unerwünschten Arzneimittelwirkungen; auftretende gastrointestinale Beschwerden sind unmittelbar mit dem Wirkmechanismus oder dem zugrunde liegenden KDS verbunden [2]. Fabian Sandner, Nürnberg
Literatur 1 Jeppesen PB, Langholz E, Mortensen PB. Quality of life in patients receiving home parenteral nutrition. Gut 1999;44:844-852 2 Schwarz L, O’Keefe S, Jeppessen PB et al. Long-term safety and efficacy of teduglutide for the treatment of intestinal failure associated with short bowel syndrome: Final results of the STEPS-2 study, a 2-year, multicenter, open-label clinical trial. Poster presented at the American College of Gastroenterology 2013 Annual Scientific Meeting, October 11-16, 2013; San Diego, CA 3 Hofstetter S, Stern L, Willet J. Key issues in addressing the clinical and humanistic burden of short bowel syndrome in the U.S. Curr Med Res Opin 2013;29:495-504 4 Jeppesen PB, Pertkiewicz M, Messing B et al. Teduglutide reduces need for parenteral support among patients with short bowel syndrome with intestinal failure. Gastroenterology 2012;143:1473-1481 5 Fachinformation Revestive®, Stand 05/ 2014
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Fortgeschrittenes NSCLC: Nintedanib als neue Therapieoption für Patienten mit Adenokarzinom nach Versagen einer ErstlinienChemotherapie
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ie Therapie des nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) richtet sich nach histologischen und molekularbiologischen Kriterien. Daher ist die Mutationstestung von grundlegender Bedeutung für die Prognose. Für Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem NSCLC und EGFR-Mutation steht seit etwa einem Jahr mir dem irreversiblen ErbB-Family-Blocker Afatinib (Giotrif®) eine wirksame Therapieoption zur Verfügung, die das progressionsfreie Überleben gegenüber der Standard-Chemotherapie signifikant verbessert [1, 2]. Beim NSCLC mit Adenokarzinom beträgt der Anteil der Patienten mit therapierbaren Mutationen nur etwa 15 %, sodass noch ein hoher Bedarf an neuen effektiven Therapien für Patienten mit EGFR- oder ALKWildtyp oder bei unbekanntem Mutationsstatus besteht [3, 4, 5]. Dies trifft insbesondere auf Patienten zu, die unter einer Erstlinien-Chemotherapie einen Progress erleiden und einer Zweitlinientherapie zugeführt werden müssen. Da sie neben der Krebserkrankung meist auch kumulative Komorbiditäten aufweisen, steht hier neben der Verlängerung des Gesamtüber-
lebens auch der Erhalt der Lebensqualität im Vordergrund. Für diese Patienten gibt es mit dem Ende November 2014 in der EU zugelassenen Nintedanib (Vargatef®) eine neue Behandlungsoption. Der 3-fach zielgerichtete Angiokinase-Inhibitor konnte in Kombination mit Docetaxel im Vergleich zur Docetaxel-Monotherapie bei Patienten mit Adenokarzinom-Histologie einen signifikanten Überlebensvorteil (sekundärer Endpunkt) zeigen [6]. Anders als andere antiangiogene Wirkstoffe richtet sich Nintedanib nicht nur gegen den VEGF-vermittelten Signalweg, sondern gleichermaßen gegen zwei weitere Wachstumsfaktorrezeptoren (fibroblast growth factor receptor, FGFR, und platelet-derived growth factor receptors, PDGFR). Diese sind maßgeblich an der Steuerung von Angiogenese und Tumorwachstum beim NSCLC beteiligt [7]. Signifikanter Gesamtüberlebensvorteil
Basis für die Zulassung von Nintedanib ist die Phase-III-Studie LUME-Lung 1 [6]. Beim primären Endpunkt progressionsfreies Über-
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leben (PFS) führte die Kombination von Nintedanib plus Docetaxel bei allen NSCLC-Patienten unabhängig von der Tumorhistologie zu einer signifikanten Verlängerung von 2,7 Monaten auf 3,4 Monate (p=0,0019). Zudem verlängerte die Hinzunahme von Nintedanib zu Docetaxel bei der präspezifizierten Subgruppe der Patienten mit einem Adenokarzinom das Gesamtüberleben (sekundärer Endpunkt) im Median von 10,3 Monaten auf 12,6 Monate verglichen mit Docetaxel allein (p=0,0359; Abb. 1). Nintedanib in Kombination mit Docetaxel zeigte erstmals seit nahezu 10 Jahren in der Zweitlinientherapie bei NSCLC-Patienten mit fortgeschrittenem Adenokarzinom einen signifikanten Gesamtüberlebensvorteil. Keine Beeinträchtigung der Lebensqualität
Zu den Nebenwirkungen, die unter der Kombinationstherapie, bedingt durch Nintedanib, im Vergleich zur Docetaxel-Monotherapie am häufigsten erhöht waren, gehörten gastrointestinale Beschwerden und reversible Leberenzym-Erhöhungen. Diese ließen sich durch supporti© VERLAG PERFUSION GMBH
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Insgesamt stellt Nintedanib eine wichtige Erweiterung des bislang limitierten Therapiespektrums bei Patienten mit einem Progress nach Erstlinientherapie dar. Besonders wichtig dabei ist, dass der Überlebensvorteil ohne zusätzliche Beeinträchtigung der Lebensqualität erreicht wird. Fabian Sandner, Nürnberg Literatur
Abbildung 1: Durch die Kombinationstherapie von Nintedanib/Docetaxel gegenüber Docetaxel allein hatten NSCLC-Patienten mit Adenokarzinom nach Versagen einer Erstlinien-Chemotherapie einen signifikanten Überlebensvorteil (sekundärer Endpunkt) [6]
ve Therapien/Dosisreduktion gut handhaben. Hinsichtlich klassenspezifischer Nebenwirkungen, wie sie für antiangiogene Therapien bekannt sind (Hypertonie, Blutungen,
Thrombosen vom Schweregrad 3), zeigten sich kaum Unterschiede. Die Zahl der Studienabbrüche war in beiden Behandlungsarmen ebenfalls vergleichbar [6].
Simponi® Autoinjektor jetzt mit größerer Auflagefläche und modifiziertem Design Patienten, die mit dem TNF-αInhibitor Simponi® (Golimumab) behandelt werden, erhalten das Medikament künftig mit einem weiterentwickelten Autoinjektor. Als wichtigste Änderung wurde bei dem neuen Modell die Auflagefläche vergrößert. Dadurch lässt sich der Injektor stabiler und einfacher auf der Haut positionieren. Er ist dabei während der Injektion noch besser vor einem Verrutschen gesichert. Anwender erkennen die Modifikation sofort an der grünen statt an der grauen Schutzhülse. Golimumab ist in Kombination mit Methotrexat indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schwe-
Der vorgefüllte Autoinjektor SmartJect® ist mit 50 mg oder 100 mg Simponi® erhältlich (Quelle: MSD Sharp & Dohme GmbH)
ren aktiven rheumatoiden Arthritis (RA), wenn eine Vortherapie unzureichend gewesen ist, und zur Behandlung der schweren, aktiven und progredienten RA. Außerdem ist es zur Therapie der aktiven und fortschreitenden Psoriasis-Arthritis (PsA) sowie der schweren ankylosierenden Spondylitits (AS) bei nicht ausreichendem Ansprechen einer vorhergehenden Therapie angezeigt. Simponi®50 mg wird bei den rheumatologischen Indika
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1 Sequist LV et al. J Clin Oncol 2013;31 (27):3327-3334 2 Wu Y et al. Lancet Oncol 2014;15:213-222 3 Cancer Research UK. http://info.cancerresearchuk.org/cancerstats/types/lung/incidence/ 4 Robert Koch-Institut und Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V.. Krebs in Deutschland 2009/2010, 9. Ausgabe. Berlin, 2013 5 Goeckenjan G et al. Pneumologie 2010;64 (Suppl 2):e1-e164 6 Reck M et al. Lancet Oncol 2014;15:143155 7 Hilberg F et al. Cancer Res 2008;68:47744782
tionen einmal im Monat, und zwar jeweils am selben Tag des Monats, verabreicht. Bei Patienten mit einem Körpergewicht von mehr als 100 kg, die nach 3 oder 4 Dosen kein ausreichendes klinisches Ansprechen erzielen, ist eine Erhöhung der Dosis auf 100 mg einmal monatlich abzuwägen. Bei der Colitis ulcerosa ist Golimumab zur Behandlung von Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiven Colitis ulcerosa indiziert, die auf eine konventionelle Therapie unzureichend angesprochen haben. Simponi® wird hier mit einer initialen Dosis von 200 mg verabreicht, gefolgt von 100 mg nach 2 Wochen und einer anschließenden Erhaltungsdosis von 50 mg (bei Patienten <80 kg) oder 100 mg (bei Patienten ≥80 kg) alle 4 Wochen. S. M.
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iedrige Diagnoseraten sowie belastende und eingeschränkt wirksame Therapien ließen bislang vielen Menschen mit chronischer HCV-Infektion keine Chance auf Heilung. Das kann jetzt anders werden. Sofosbuvir-haltige Kombinationen werden als Durchbruch in der HepatitisC-Behandlung gesehen, die vielen Patienten die Rückkehr zu einem normalen Leben ermöglichen. Darüber hinaus ließe sich mit derart effektiven Therapien auch der drohende Inzidenzgipfel bei der HCVbedingten Morbidität und Mortalität abwenden. Anhaltende SVR12-Raten über 90 %
Eine kurze Behandlungsdauer zwischen 12 und 24 Wochen, anhaltende virologische Ansprechraten (SVR12) von 90 % und mehr bei nicht vorbehandelten Patienten aller Genotypen, niedrige Abbruchraten zwischen 0 und 2,4 % sowie die Möglichkeit einer Interferonfreien Therapie (Tab. 1) – mit diesen Optionen und Studienergebnissen hat Sofosbuvir (Sovaldi®, SOF) einen neuen Standard in der Behandlung der chronischen Hepatitis C gesetzt [1]. Nun untermauern aktuelle klinische Daten die Ergebnisse aus den Zulassungsstudien und zeigen den Patientennutzen von SOF. In der Phase-III-Studie NEUTRINO [2] erreichte Sofosbuvir bei 90 % der nicht vorbehandelten Patienten mit den Genotypen 1, 4, 5 und 6 eine Heilung (Abb. 1). Subanalysen zum Einfluss des Fibrosegrades auf die SVR12-Raten ergaben, dass eine Therapie in früheren Fibrosestadien mit noch höheren Ansprechraten assoziiert war [3]. So führte die Behandlung
Sofosbuvir bei Hepatitis C: Die meisten Patienten können geheilt werden
bei Patienten mit den Fibrosegraden 0 und 1 praktisch immer zum Erfolg (Abb. 2). Ein frühzeitiger Therapiestart könnte demnach die Heilungschancen zusätzlich verbessern. Darüber hinaus zeigte eine aktuelle Auswertung mit 868 Patienten der Genotypen 1, 2 oder 3, dass SOF-haltige Therapien auch bei Vorhandensein negativer Verlaufsprädiktoren gut wirken [4]. Berücksichtigt wurden männliches Geschlecht, Körpergewicht ≥75 kg, IL28B non-CC-Genotyp, Zirrhose, hohe initiale HCV-RNASpiegel (≥800.000 IU/ml) und eine erfolglose Vorbehandlung. Von den Patienten, bei denen bis zu 3 Patientengruppe
dieser Faktoren gleichzeitig vorlagen, erreichten genotypabhängig 93–100 % ein anhaltendes virologisches Ansprechen. Auch die Interimsanalyse einer Langzeitnachbeobachtung der Phase-III-Studien (FISSON, POSITRON, FUSION und NEUTRINO) bestätigt den sehr guten und vor allem anhaltenden antiviralen Effekt von SOF. Von den insgesamt 487 eingeschlossenen Patienten jeglichen Genotyps mit anhaltendem virologischem Ansprechen zu Woche 12 nach Therapieende (SVR12) hatten bisher 91 % (n=435) und 19 % (n=90) auch nach 48 bzw. 72 Wochen noch keine nachweisbaren HCV-RNA-
Behandlung
Zeitraum
Patienten mit CHC Sofosbuvir + RBV + peg-IFN vom Genotyp 1, 4, 5 (für vorbehandelte Patienten mit einer HCVGenotyp-1-Infektion liegen keine Daten für diese oder 6 Kombination vor) Sofosbuvir + RBV (nur zur Anwendung bei Patienten, die für eine Therapie mit peg-IFN ungeeignet sind oder eine Unverträglichkeit gegen peg-IFN haben) Patienten mit CHC Sofosbuvir + RBV vom Genotyp 2 Patienten mit CHC Sofosbuvir + RBV + peg-IFN vom Genotyp 3 Sofosbuvir + RBV Sofosbuvir + RBV Patienten mit CHC, die auf eine Lebertransplantation warten
12 Wochen
24 Wochen
12 Wochen 12 Wochen 24 Wochen
48 Wochen oder bis zur Lebertransplantation
Tabelle 1: Sofosbuvir (Sovaldi®) wird in Kombination mit anderen antiviralen Arzneimitteln zur Behandlung der chronischen Hepatitis C (CHC) vom Genotyp 1, 2, 3, 4, 5 und 6 bei Erwachsenen angewendet. Die Therapiekombination und -dauer sind abhängig vom viralen Genotyp wie auch von der Patientengruppe [1]. RBV = Ribavirin, peg-IFN = Peginterferon alfa
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
Patienten mit HCVRNA-Spiegeln < LLOQ (%)
100
90
89
Spiegel (Abb. 3) [5]. Diese Ergebnisse zeigen zudem, dass SVR12 ein valider Surrogatmarker ist.
100
96
80 60
Sehr gute Verträglichkeit
40 20 295/327
0
261/292
Gesamt
27/28
GT 1
7/7
GT4
GT 5,6
Abbildung 1: In der Zulassungsstudie NEUTRINO bei therapienaiven Patienten zeigte Sofosbuvir (Sovaldi®) kombiniert mit peg-INF/RBV eine konsistente Wirksamkeit bei allen Genotypen (GT) [2]. LLOQ = Lower Limit of Quantification (untere Nachweisgrenze)
SVR12-Raten unterschiedlicher Fibrosestadien durch Biopsie ermittelt (n = 232)
SVR12-Raten unterschiedlicher Fibrosestadien durch FibroTest ermittelt (n = 323)
100% 91%
100
100
89% 78%
80
60
40
40
0
n/N= 16/16
n/N= 124/137
n/N= 34/38
n/N= 32/41
96%
85%
79%
80
60
20
97%
20 0
n/N= 76/78
n/N= 101/105
n/N= 46/54
• FO • F1 - 2 • F3 • F4
n/N= 68/86
Abbildung 2: Wie eine Subanalyse der NEUTRINO-Studie zum Einfluss des Fibrosegrades auf die SVR12-Raten zeigt, ist die Behandlung mit Sofosbuvir (Sovaldi®) kombiniert mit peg-INF/ RBV in früheren Fibrosestadien mit einem höheren Ansprechen assoziiert [3]
Eine gepoolte Analyse von 5 Phase-III-Studien mit 1.639 Patienten aller Genotypen belegt, dass die 12-wöchige Therapie von SOF mit pegyliertem Interferon (pegIFN) und Ribavirin (RBV) oder mit RBV allein verträglicher ist und weit seltener zum Abbruch der Therapie führt als die Kombination peg-IFN/RBV mit einer Therapiedauer von 24 Wochen. Dabei wird das Sicherheitsprofil von SOF von seinen jeweiligen Kombinationspartnern (RBV bzw. peg-INF/RBV) bestimmt. In dieser Analyse hatte SOF keinen Einfluss auf das erwartungsgemäße Sicherheitsprofil von RBV bzw. peg-INF/ RBV und es gab keine Hinweise auf Therapiedauer-abhängige Toxizitäten. Insgesamt zeichnen sich SOF-haltige Therapieregime durch niedrige Abbruchraten und eine sehr gute Verträglichkeit aus [6]. Fazit und Ausblick
SVR48
Dauerhafte SVR (%)
100
SVR72
100
100
100
100
100
78/78
52/52
88/88
37/37
84/84
100
100
185/185
1/1
80 60 40 20 0
NA
FISSION (n=85) POSITRON (n=94) FUSION (n=91) NEUTRINO (n=210)
Abbildung 3: Das Langzeit-Follow-up der 4 Phase-III-Studien zu Sofosbuvir (Sovaldi®) zeigt die Beständigkeit einer SVR12 im zeitlichen Verlauf (mittlere Follow-up Zeit: 170 Tage nach SVR24; verfügbare Daten von 435 (91 %) Patienten 48 Wochen nach Behandlung und 90 (19 %) Patienten 72 Wochen nach Behandlung [5]
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Mit Sofosbuvir-haltigen Therapien haben die meisten Patienten mit chronischer Hepatitis C unabhängig vom Genotyp Aussicht auf eine Heilung. Die Behandlungsdauer ist kurz, die Therapie im Vergleich zu bisherigen Kombinationen mit Proteasehemmern unkompliziert und gut verträglich und sie lässt sich daher auch mit einer Berufstätigkeit vereinbaren. Alles in allem ist für viele Betroffene heute eine Rückkehr in ein normales Leben möglich. Effektive Therapien wie die mit Sofosbuvir haben über den einzel© VERLAG PERFUSION GMBH
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
Sofosbuvir Sofosbuvir (Sovaldi®) ist ein nukleotidischer, pangenotypischer Hemmer der RNA-abhängige RNA-Polymerase des HCV, die für die Virusreplikation erforderlich ist. Sofosbuvir ist ein Nukleotid-Prodrug, das intrazellulärer zum pharmakologisch wirksamen UridinAnalogon-Triphosphat metabolisiert wird. Dieses wird mittels der NS5B-Polymerase in die HCV-RNA eingebaut und führt zum Kettenabbruch, wodurch die virale Replikation unterdrückt wird. Sofosbuvir ist zur Therapie der chronischen Hepatitis vom Genotyp 1, 2, 3, 4, 5 und 6 bei erwachsenen Patienten zugelassen. Die empfohlene Dosis von Sofosbuvir beträgt 400 mg und wird einmal täglich in Form einer Tablette mit einer Mahlzeit eingenommen. Sofosbuvir ist nur in Kombination mit anderen antiviralen Arzneimitteln anzuwenden (Tab. 1), eine Monotherapie wird nicht empfohlen.
nen Patienten hinaus aber auch eine gesamtgesellschaftliche Relevanz. Als Folge der hohen HCV-Infektionsraten in den 1960er bis 1980er Jahren werden die Fälle von Leberzirrhosen, Leberkrebs sowie Lebertransplantationen künftig deutlich zunehmen. In Deutschland ist mit einem Inzidenzgipfel zu Beginn der 2020er Jahre zu rechnen [7] – es sei denn, es kommen nun wirksame Therapien zum Einsatz, die zu einem anhaltenden virologischen Ansprechen führen. Nicht zu vernachlässigen ist auch die Besserung von extrahepatischen Manifestationen unter der Behandlung, die sehr belastend sein können. Eine aktuelle Studie hierzu zeigt, dass zirrhotische Patienten nach Erreichen eines SVR ähnliche Verbesserungen bei Lebensqualität, Fatigue, Arbeitsproduktivität und Aktivität erzielten wie nicht zirrho tische [8]. Zusammen mit einer erhöhten Therapierate ließe sich der Inzidenzgipfel der HepatitisC-bedingten Morbidität und Mortalität daher erheblich abflachen [9]. Dazu müssten allerdings mehr
Patienten als bisher diagnostiziert und mit effektiven Medikamenten behandelt werden. Brigitte Söllner, Erlangen
Literatur 1 Fachinformation Sovaldi®, Stand Januar 2014 2 Lawitz E et al. N Engl J Med 2013;368: 1878-1887 3 Patel K et al. AASLD 2013, Washington, USA; Abstract 1093 4 Foster GR et al. EASL 2014, O66 5 Cheng W et al. EASL 2014, P1112 6 Gordon S et al. EASL 2014, P1171 7 Razavi H et al. J Viral Hepatitis 2014; 21(Suppl 1):34-59 8 Younossi ZM et al. EASL 2014, P1114 9 Wedemeyer H et al. J Viral Hepatitis 2014; 21(Suppl 1):60-89
Quelle: Post-EASL-Pressegespräch „Innovation im Einsatz – 110 Tage HCV-Therapie mit Sovaldi®“, Veranstaler: Gilead Sciences GmbH.
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D
ie Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) ist eine fortschreitende Muskelerkrankung, bei der das Muskelprotein Dystrophin fehlerhaft gebildet wird bzw. fehlt. Ursache ist bei ca. 13 % der Patienten eine NonsenseMutation. Da Dystrophin für die strukturelle Stabilität der Skelett-, Zwerchfell- und Herzmuskulatur entscheidend ist, verlieren die Betroffenen schon im Kindesalter ihre Gehfähigkeit und versterben aufgrund von Lungen- und Herzkomplikationen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Erste zugelassene Therapie für nmDMD
Die Krankheit konnte bisher nicht kausal behandelt werden. Die etablierte Therapie umfasst Pharmakotherapie (Glukokortikoide), Physiotherapie und Maßnahmen zur Vermeidung von Kontrakturen oder Deformitäten. Mit Ataluren (Translarna™) steht nun erstmals ein Medikament zur Verfügung, das direkt in die gestörte Dystrophinbildung bei der Duchenne-Muskeldystrophie mit Nonsense-Mutation (nmDMD) eingreift und dadurch die Progression verlangsamen kann (Abb. 1). Translarna™ wurde im September 2014 für die Behandlung von gehfähigen Patienten im Alter von mindestens 5 Jahren zugelassen. Die Zulassung beruht auf den Sicherheits- und Wirksamkeitsergebnissen einer randomisierten, doppelblinden, multizentrischen, 48-wöchigen Studie mit 174 nmDMD-Patienten sowie zusätzlichen retrospektiven Analysen von Studiendaten. Primärer Studien endpunkt war die Wirkung von Ataluren auf die Gehfähigkeit: Beurteilt wurde die Veränderung © VERLAG PERFUSION GMBH
NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
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Ataluren zur Behandlung der Duchenne-Muskeldystrophie mit Nonsense-Mutation der zurückgelegten Gehstrecke mittels der 6-Minuten-Gehstrecke. Bei Patienten, die Ataluren dreimal täglich in einer Dosierung von 40 mg/kg/d erhielten, nahm die durchschnittliche Gehstrecke nach 48 Wochen gegenüber dem Ausgangswert nur um 12,8 Meter ab – im Vergleich zu einer durchschnittlichen Verschlechterung der Gehstrecke um 44,1 Meter bei den Patienten mit Placeboeinnahme (Unterschied 31,3 m, p=0,056).
Noch deutlicher war der Unterschied bei stärker betroffenen Patienten, deren Baseline-Gehstrecke weniger als 350 Meter betrug: In der Ataluren-Gruppe verloren diese Patienten nach der 48-wöchigen Behandlung durchschnittlich 68 Meter weniger Gehstrecke als die Placebogruppe. Bei den AtalurenPatienten zeigte sich außerdem eine langsamere Verschlechterungsrate beim Gehen und sie schnitten auch bei den sekundä
ren Studienendpunkten wie ZeitFunktionstests zum Hinauf- und Hinabsteigen von Treppen besser ab als die Kontrollgruppe. Zusammenfassend befand der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur, dass die Datenlage einen ausreichenden Nachweis erbracht hat, dass Ataluren die Progression bei nmDMDPatienten verlangsamen kann. Fabian Sandner, Nürnberg
Abbildung 1: Ataluren ermöglicht es den Ribosomen, das irrtümliche (verfrühte) Stopp-Codon zu überlesen und somit die Proteinsynthese ordnungsgemäß durchzuführen. Dem Stopp-Codon wird gewissermaßen eine Art „Tarnkappe“ aufgesetzt JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 1/2015 · 24. JAHRGANG
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Antivirale Therapie mit Dolutegravir – ein neuer Maßstab in der HIVBehandlung
M
it Dolutegravir (Tivicay®) wurde 2014 ein neues Medikament zur antiviralen Kombinationstherapie bei der HIV-Infektion zugelassen. Der Integrase-Inhibitor zeigte in 3 Studien im Vergleich zu 3 gängigen, modernen antiretroviralen Substanzen eine statistisch überlegene Wirksamkeit. Er ist gut verträglich, einfach anzuwenden und besitzt eine hohe Resistenzbarriere. Damit hat Dolutegravir das Potenzial, die HIV-Therapie entscheidend zu verbessern und neue Maßstäbe zu setzen.
selwirkungen (4 %). Weitere Therapiedefizite ergaben sich durch die Entwicklung von Resistenzen gegenüber den bisher verfügbaren antiretroviralen Medikamenten. Der neue Integrase-Hemmer Dolutegravir wurde mit dem Ziel entwickelt, die Therapie der HIVInfektion nicht nur wirksamer,
sondern auch einfacher und verträglicher zu machen (Tab. 1). Wie die Ergebnisse der zulassungsrelevanten 4 Phase-III-Studien mit insgesamt 2.543 Erwachsenen [4–7] sowie eine fünfte Studie mit Jugendlichen im Alter ab 12 Jahren [9] zeigen, ist dies gelungen (Tab.2).
Anforderungen an ein modernes antiretrovirales Medikament zur Behandlung der HIV-Infektion • Hohe Potenz (>80 % VL < Nachweisgrenze nach 24–48 Wochen)
• Gute Verträglichkeit (<5 % Abbrüche aufgrund von Nebenwirkungen)
• Anhaltende Wirksamkeit (>70 % VL < Nachweisgrenze bis Woche 96)
• Wenig Resistenzentwicklung bei virologischem Versagen (hohe Resistenzbarriere)
• Handhabung (i.d.R. Einmalgabe, gute Adhärenz, nahrungsmittelunabhängig, flexibel)
Dringender Bedarf an einfachen und verträglichen Therapieoptionen
Dank hochaktiver antiretroviraler Medikamente erkranken HIV-infizierte Menschen heute immer seltener an AIDS. Ihre Lebenserwartung reicht allmählich an die von nicht infizierten Menschen heran [1]. Allerdings sind die Therapieregime oft komplex und gehen mit Nebenwirkungen einher. So mussten z.B. in einer Kohorte von HIVinfizierten Patienten 12 % innerhalb von 18 Monaten die Therapie umstellen [2]. Gründe waren die Toxizität der Regime (49 %), die Komplexität (15 %), virologisches Nichtansprechen (8 %) oder Wech-
• W enig Interaktionen (PPIs, Tuberkulostatika, Hepatitis-DAAs, Antiepileptika, Statine, Antidepressiva/Neuroleptika, Methadon) • Breites Einsatzspektrum (Frauen [CBP], IVDU, ältere Patienten, Koinfektionen [Hepatitis, Tb] sowie kardiale, renale, hepatische Risikofaktoren, hohe Baseline-Viruslast/ Late Presenter, fortgeschrittene Immundefizienz, antiretroviral nicht vorbehandelte und vorbehandelte Patienten …) Tabelle 1
Dolutegravir Dolutegravir (Tivicay®) hemmt das virale Enzym Integrase bei humanen Immunschwächeviren vom Typ 1 (HIV-1). Durch Anbindung an das aktive Zentrum der Integrase wird die Integration der viralen DNA in die Wirtszell‐DNA – der sog. Strangtransfer – blockiert und somit die Virus‐DNA daran gehindert, ein neues Virus zu bilden [3]. Dolutegravir benötigt keine zusätzliche pharmakokinetische Boosterung und wird in Kombination mit anderen antiretroviralen Medikamenten zur Behandlung von Infektionen mit dem humanen Immundefizienz-Virus bei Erwachsenen und bei Jugendlichen im Alter von über 12 Jahren eingesetzt.
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
Studie
Patienten
Behandlungsregime
SINGLE [4] (Nichtunterlegenheitsstudie, randomisiert, doppel-dummy mit Parallelgruppen)
Nicht vorbehandelte Patienten (n=833)
FLAMINGO [5] (Nichtunterlegenheitsstudie, randomisiert, offen)
Nicht vorbehandelte Patienten (n=484)
SPRING-2 [6] (Nichtunterlegenheitsstudie, randomisiert, doppel-dummy mit Parallelgruppen)
Nicht vorbehandelte Patienten (n=822)
Dolutegravir (Tivicay®) 50 mg 1x tägl. plus Abacavir/Lamivudin versus Efavirenz/Tenofovir/Emtricitabin (als Einzeltablette, Atripla®) Dolutegravir (Tivicay®) 50 mg 1x tägl. plus 2 NRTIs (Tenovir/Emtricitabin oder Abacavir/Lamivudin) versus Darunavir 800 mg 1x tägl., geboostert mit Ritonavir 100 mg plus 2 NRTIs (Tenovir/Emtricitabin oder Abacavir/Lamivudin) Dolutegravir (Tivicay®) 50 mg 1x tägl. plus 2 NRTIs (Tenovir/Emtricitabin oder Abacavir/Lamivudin) versus Raltegravir 400 mg 2x tägl. plus 2 NRTIs (Tenovir/Emtricitabin oder Abacavir/Lamivudin) Dolutegravir (Tivicay®) 50 mg 1x tägl. plus OBR versus Raltegravir 400 mg 2x tägl. plus OBR
SAILING [7] (Nichtunterlegenheitsstudie, randomisiert, doppelblind mit Parallelgruppen) VIKING‐3 [8] (einarmige Studie)
Vorbehandelte, nicht mit INI vorbehandelte Patienten (n=719) Stark vorbehandelte Patienten mit INI‐Resistenzen (n=183)
Dolutegravir (Tivicay®) 50 mg 2x tägl. plus OBR INI
Tabelle 2: Phase-III-Studien mit Dolutegravir (Tivicay®) bei Erwachsenen. NRTI = nukleosidischer Reverse-Transkriptase-Inhibitor, OBR = optimiertes Hintergrund-Regime, ART = antiretrovirale Behandlung, INI = Integrase-Inhibitor
Nicht vorbehandelte Patienten: Überlegenheit gegenüber Atripla® und geboostertem Darunavir
Bei nicht vorbehandelten Patienten zeigte Dolutegravir gegenüber den Vergleichsregimen eine statistisch überlegene oder vergleichbare Wirksamkeit. In der SINGLE-Studie wurde einmal täglich 50 mg Dolutegravir plus Abacavir/Lamivudin mit einmal täglich Efavirenz/Tenofovir/Emtricitabin als Einzeltablette (Atripla®) verglichen [4]. Nach 48 Wochen war der Anteil der Patienten mit einer Virussuppression unter die Nachweisgrenze (HIV-1-RNA <50 Kopien/ml, primärer Endpunkt) im Dolutegravir-Arm signifikant höher als im Vergleichsarm (88 % vs. 81 %, p=0,003; Abb. 1). Der Vorteil war in erster Linie auf die geringere Inzidenz von nebenwirkungsbedingten Therapieabbrüchen im Dolutegravir-Arm zurückzuführen
(2 % vs. 10 % unter Atripla®). Außerdem erreichten die mit Dolutegravir behandelten Patienten einen signifikant höheren medianen Anstieg der CD4+ T-Zellen gegenüber dem Behandlungsbeginn (267 vs. 208 Zellen/μl, p<0,001). In der offenen, randomisierten Phase IIIb/IV-Studie FLAMINGO
war einmal täglich 50 mg Dolutegravir wirksamer als einmal täglich 800 mg Darunavir geboostert mit 100 mg Ritonavir [5]. Beide Wirkstoffe wurden entweder mit Abacavir/Lamivudin oder mit Tenofovir/Emtricitabin kombiniert. Nach 48 Wochen war der Anteil der Patienten mit einer Virussup-
Abbildung 1: Ergebnis der SINGLE-Studie: Nicht vorbehandelte HIV-1-infizierte Patienten erreichten unter Dolutegravir (DTG) schneller eine virologische Suppression als unter Atripla® (28 vs. 84 Tage, p<0,001) [4]
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pression <50 Kopien/ml (primärer Endpunkt) im Dolutegravir-Arm höher als im Vergleichsarm und zeigte einen signifikanten Vorteil zugunsten von Dolutegravir (90 % vs. 83 %, p=0,03). Therapieabbrüche aufgrund von unerwünschten Ereignissen waren unter dem Dolutegravir-Regime seltener (2 % vs. 4 %). In der SPRING-2-Studie wurde schließlich die Nichtunterlegenheit von einmal täglich 50 mg Dolutegravir gegenüber zweimal täglich 400 mg Raltegravir – jeweils in Kombination mit zwei nukleosidischen Reverse-TranskriptaseInhibitoren – belegt [6]. Die Virussuppression unter 50 Kopien/ml (primärer Endpunkt) zu Woche 48 betrug im Dolutegravir-Arm 88 %, gegenüber 85 % im RaltegravirArm. Zum Ende der randomisierten Phase in Woche 96 wurde der Endpunkt bei 81 % bzw. 76 % der Patienten erreicht [10]. Das Ver-
träglichkeitsprofil der beiden Regime war vergleichbar, die Rate an Therapieabbrüchen aufgrund von Nebenwirkungen betrug in beiden Armen 2 %. Vorbehandelte Patienten: Wirksamkeit auch bei HI-Viren mit Resistenz gegenüber anderen Integrase-Inhibitoren
Auch bei vorbehandelten, nicht mit Integrase-Inhibitoren vorthe rapierten Patienten, die bei Einschluss eine Viruslast von mindestens 400 Kopien/ml aufwiesen, wurde die Viruslast durch Dolutegravir supprimiert. In die Phase-III-Studie SAILING waren 719 Patienten eingeschlossen, die auf eine Vortherapie nicht ausreichend angesprochen hatten, aber noch nie mit einem Integrase‐Inhibitor behandelt worden waren [7]. Sie erhielten entweder einmal
HIV-1-RNA <50 Kopien/ml • Kein virologisches Ansprechen* • Keine virologischen Daten in Woche 48**
täglich 50 mg Dolutegravir oder zweimal täglich 400 mg Raltegravir, jeweils in Kombination mit einem optimierten BackgroundRegime. Nach 48 Wochen war der Anteil der Patienten mit einer Virussuppression im DolutegravirArm höher als im Vergleichsarm (71 % vs. 64 %, primärer Endpunkt, p=0,03; Tab. 3). 1 % der Patienten im Dolutegravir‐Arm und 3 % der Patienten im Vergleichsarm setzten die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab. In der offenen, einarmigen Phase-III‐Studie VIKING-3 wurde Dolutegravir schließlich bei 183 Patienten geprüft, deren HI‐Viren unter anderem gegen die Integrase‐ Inhibitoren Raltegravir und/oder Elvitegravir resistent waren (HIV1-RNA ≥500 Kopien/ml, Screening oder dokumentierte historische Resistenz gegen Raltegravir und/oder Elvitegravir und Resis-
DTG 50 mg 1x tägl. (n=354)
RAL 400 mg 2x tägl. (n=361)
251 (71 %) 71 (20 %) 32 (9 %)
230 (64 %) 100 (28 %) 31 (9 %)
Per Protokoll, HIV-1-RNA <50 Kopien/ml
238/325 (73 %)
Virologisches Ansprechen (<50 Kopien/ml) nach Baseline HIV-1-RNA • ≤50.000 Kopien/ml • >50.000 Kopien/ml
186/249 (75 %) 65/105 (62 %)
180/254 (71 %) 50/107 (47 %)
70/104 (67 %) 181/250 (72 %)
61/94 (65 %) 169/267 (63 %)
50/72 (69 %) 201/282 (71 %)
54/77 (70 %) 176/284 (62 %)
Adjustierte Differenz (95%-KI)
Virologisches Ansprechen (<50 Kopien/ml) nach Hintergrund-Regime, phänotypischer Susceptibility Score*** • <2 • 2
Einnahme von DRV ohne primäre PI-Mutationen • ja • nein
7,5% (0,6–14,3)
225/340 (66 %)
* HIV-1-RNA nicht <50 Kopien/ml, Therapieabbruch wegen fehlender Wirksamkeit; Therapieabbruch aus anderen Gründen, da <50 Kopien/ml; Änderung der ARV Therapie ** Therapieabbruch aufgrund von Nebenwirkungen, Tod oder anderen Gründen, die nicht mit der Sicherheit in Verbindung stehen; fehlende Daten, jedoch weiterhin in der Studie *** 2 Studienteilnehmer mit phänotypischem Susceptibility Score = 3 wurden in die Score = 2 Kategorie eingeteilt Tabelle 3: Ergebnis der SAILING-Studie bei vorbehandelten HIV-Patienten: In Woche 48 war im Dolutegravir-Arm (DTG) eine besseres virologisches Ansprechen zu beobachten als im Raltegravir-Arm (RAL) [7].
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HIV-Therapie – neue Maßstäbe setzen Die Therapie der HIV-Infektion ist eine Erfolgsgeschichte. Deutlich mehr als 20 Substanzen stehen heute zur Behandlung der Patienten zur Verfügung. Integrase-Hemmer sind eine relativ neue Substanzklasse, Dolutegravir (Tivicay®) ist der dritte Kandidat. Brauchen wir als Kliniker in der täglichen Praxis diesen neuen Kandidaten? Die kurze Antwort heißt: Ja. Ja, weil die Substanz auch noch eingesetzt werden kann, wenn bereits Resistenzen gegen andere Integrase-Inhibitoren vorliegen. Ja, weil die Substanz in den Studien gegenüber Vergleichssub stanzen mindestens ebenbürtig, in manchen Fällen auch überlegen war. Ja, weil die Verträglichkeit besser und die möglichen Interaktionen mit anderen Substanzen kleiner sind als bei vielen anderen HIV-Medikamenten. Dr. med. Hans Jäger, München In der eigenen Praxis am MVZ Karlsplatz haben wir Dolutegravir auch bei Patienten mit sehr fortgeschrittener Erkrankung eingesetzt, die gegen eine Vielzahl der übrigen Substanzen resistent waren. Wir haben in internationalen Studien gesehen, dass unsere Patienten damit sehr einfach und sehr wirksam zu behandeln waren. Außerdem haben wir, seitdem Dolutegravir (Tivicay®) zugelassen ist – seit Anfang 2014 – mehrere Patienten mit akuter HIV-Infektion, d.h. einer sehr hohen Viruslast, damit behandelt. Das wichtigste Forschungsziel in der HIV-Behandlung ist heute die Heilung. Darüber wird auch oft in Fachkongressen am intensivsten (und am liebsten) diskutiert. Eine sehr frühe Behandlung kann ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung sein. Seit 2 Jahren sehen wir eine Gruppe von Patienten, meist sind es homosexuelle junge Männer, die offensiver und klarer mit ihrer Erkrankung umgehen, als dies früher zu beobachten war. Sie möchten so schnell wie möglich behandelt werden, um aus Ihrer Sicht zwei Ziele zu erreichen: Das Immunsystem soll nicht weiter geschädigt werden und sie möchten selbst nicht mehr ansteckend sein. Beide Ziele können heute in fast allen Fällen erreicht werden. Auch dazu trägt Dolutegravir bei. Dr. med. Hans Jäger, MVZ Karlsplatz, HIV-Schwerpunktpraxis, München
tenz gegen ≥ 2 Klassen antiviraler Therapeutika außer Integrase-Inhibitoren) [8]. Sie erhielten zu einer optimierten Background-Therapie zweimal täglich 50 mg Dolutegravir. Primärer Wirksamkeitsendpunkt war die Veränderung der HIV-1-RNA unter Dolutegravir vom Ausgangswert an Tag 8 sowie der Anteil an Patienten mit HIV-1RNA <50 Kopien/ml in Woche 24. Er wurde von 69 % (126/183) der Patienten erreicht. Auch bei zweimal täglicher Gabe war Dolutegravir gut verträglich, bis Woche 48 (Interimsanalyse aus 114 Patienten) brachen 4 % der Patienten die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab.
Hohe Resistenzbarriere
Zusätzlich zu den überlegenen Wirksamkeitsdaten zeigt Dolutegravir – anders als bisherige Integrase-Inhibitoren – eine hohe Resistenzbarriere. In den Studien mit nicht vorbehandelten Patienten von bis zu 96 Wochen Dauer (SPRING-2) traten bislang keine neuen Therapie‐assoziierten Resistenzmutationen auf [6]. Auch in der SAILING‐Studie mit vorbehandelten, noch nicht mit Integrase-Inhibitoren therapierten Patienten wurden unter Dolutegravir deutlich weniger virologisches Versagen (Dolutegravir 6 % vs. Raltegravir 12 %) sowie Integra-
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se-Inhibitor-Resistenzmutationen (Dolutegravir 1 % vs. Raltegravir 5 %) nachgewiesen als unter der Vergleichstherapie mit Raltegravir [7]. Die bislang unter Dolutegravir beobachteten Integrase-Inhibitor‐ Mutationen gingen nicht mit einer verminderten Empfindlichkeit gegenüber Dolutegravir einher. Generell trat keine komplette Kreuzresistenz gegenüber Raltegravir oder Elvitagravir auf, jedoch zeigte die VIKING-3‐Studie, dass sich die Ansprechrate auf Dolutegravir mit zunehmender Anzahl von Integrase-Inhibitor-Mutationen (speziell einer Q148 in Kombination mit mindestens 2 anderen Integrase‐Inhibitor‐Mutationen) vermindert [8]. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Grade 2–4 medikamenten assoziierte Nebenwirkungen Abbrüche aufgrund von Nebenwirkungen Medikamenten assoziierte schwere Nebenwirkungen
SPRING-2 [6] (nicht vorbehandelte Patienten)
SAILING [7] (vorbehandelte Patienten)
DTG 1x tägl. 50 mg (n=411)
RAL 2x tägl. 400 mg (n=411)
DTG 1x tägl. 50 mg (n=354)
RAL 2x tägl. 400 mg (n=361)
6 %
7 %
8 %
2 %
2 %
<1 %
<1 %
SINGLE [4] (nicht vorbehandelte Patienten)
FLAMINGO [5] (nicht vorbehandelte Patienten)
Atripla® 1x tägl. (n=419)
DTG 1x tägl. 50 mg (n=242)
DRV/r 1x tägl. 800/100 mg (n=242
9 %
DTG 1x tägl. 50 mg + ABC/3TC (n=414) 13 %
27 %
10 %
12 %
1 %
3 %
2 %
10 %
2
4
1 %
1 %
<1 %
2 %
<1
0
Tabelle 4: Bei nicht vorbehandelten und vorbehandelten Patienten zeigte Dolutegravir (DTG) eine gute Verträglichkeit: Es war ähnlich gut verträglich wie Raltegravir (RAL), in Kombination mit Abacavir/Lamivudin (ABC/3TC) besser verträglich und mit weniger Therapieabbrüchen als Atripla® (ATR) und mit geringeren Diarrhöe-Raten assoziiert als Darunavir, geboostert mit Ritonavir (DRV/r)
Gute Verträglichkeit und einfache Handhabung
In den klinischen Studien lagen die Abbruchraten konsistent niedrig zwischen 1 % und 3 % (Tab. 4). Die häufigsten unter Behandlung aufgetretenen Nebenwirkungen (vorwiegend mit niedrigem Schweregrad) waren Übelkeit (15 %), Diarrhö (16 %) und Kopfschmerzen (14 %). Die schwerste Nebenwirkung bei einem Patienten beinhaltete eine Hypersensitivitätsreaktion und schwere Leber‐Effekte. Dolutegravir weist ein geringes Interaktionsrisiko mit anderen häufig verwendeten Medikamenten auf und vereinfacht so die Therapiemodalitäten. Die Dosierung beträgt 50 mg einmal täglich und erfolgt unabhängig von den Mahlzeiten*. Zudem muss Dolutegravir nicht geboostert werden. Fabian Sandner, Nürnberg
Literatur 1 Fantauzzi A, Turriziani O, Mezzaroma I. Potential benefit of dolutegravir once daily: efficacy and safety. HIV AIDS (Auckl). 2013;5:29‐40 2 Boyle A, Sonecha S, Mandalia S et al. An investigation into frequency and reasons why patients switch antiretroviral therapy and which antiretrovirals are commonly implicated in toxicity. J Intern AIDS Society 2012; 15 (Suppl 4):18121 3 Fachinformation Tivicay®, Stand Januar 2014 4 Walmsley S, Antela A, Clumeck N et al. Dolutegravir plus abacavir/lamivudine for the initial treatment of HIV-1 infection. N Engl J Med 2013;369:1807‐1818 5 Clotet B et al. Once‐daily dolutegravir versus darunavir/ritonavir in antiretroviral naive subjects: 48 week subgroup analyses from FLAMINGO. European AIDS Clinical Society (EACS), Brussels, 17 Oct 2013 6 Raffi F, Rachlis A, Stellbrink H‐J et al. for the SPRING‐2 Study Group. Once‐daily dolutegravir versus raltegravir in antiretroviral-naive adults with HIV-1 infection: 48 week results from the randomised, double‐ blind, non‐inferiority SPRING-2 study. Lancet 2013;381:735‐743
7 Cahn P, Pozniak AL, Mingrone H et al. for the extended SAILING Study Team. Dolutegravir versus raltegravir in antiretroviral-experienced, integrase‐inhibitor‐naive adults with HIV: week 48 results from the randomised, double-blind, non-inferiority SAILING study. Lancet 2013;382:700‐ 708 8 Eron JJ, Clotet B, Durant J et al. for the VIKING Study Group Safety and efficacy of dolutegravir in treatment-experienced subjects with raltegravir‐resistant HIV type 1 infection: 24‐week results of the VIKING study. J Infect Dis 2013;207: 740‐748 9 Hazra R, Viani R, Acosta E et al. Pharmacokinetics, safety and efficacy of dolutegravir (DTG; S/GSK1349572) in HIV‐1‐ positive adolescents: preliminary analysis from IMPAACT P1093. 19th International AIDS Conference (IAC), 2013. Abstract TUAB0203. 10 Raffi F, Jaeger H, Quiros‐Roldan E et al. for the SPRING‐2 Study Group. Once‐daily dolutegravir versus twice‐daily raltegravir in antiretroviral‐naive adults with HIV1 infection (SPRING-2 study): 96 week results from a randomised, double‐blind, non‐inferiority trial. Lancet Infect Dis 2013;13:927‐935
* Bei Patienten mit nachgewiesener oder klinisch vermuteter Resistenz auf Integrase‐Inhibitoren ist die empfohlene Dosierung eine 50-mg‐Tablette 2x täglich. In diesem Fall sollte Tivicay® zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen werden, um die Exposition zu erhöhen (insbesondere bei HIV-Patienten mit einer Q148-Mutation).
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Aktualisierte S3-Leitlinie Prostatakarzinom:
Abirateronacetat in der Erstlinie des mCRPC empfohlen Auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie wurde die aktuelle Version der S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms vorgestellt. Zu den empfohlenen Erstlinienoptionen bei nicht oder mild symptomatischen Patienten mit meta stasiertem, kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC) gehört auch Abirateronacetat (Zytiga®). Nach der kürzlich präsentierten finalen Analyse der Zulassungsstudie COU-AA-302 kann der Androgenbiosynthese-Hemmer gegenüber Placebo das Überleben bei dieser Indikation signifikant verlängern. Neue Empfehlungen zur Behandlung des mCRPC
Die aktuelle Version der S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom rät mit Empfehlungsgrad B, dass einem nicht oder gering symptomatischen Patienten mit mCRPC, der sich gegen ein abwartendes Verhalten und für die Umstellung der Behandlung entschieden hat, als Erstlinientherapie Abirateron (aktiver Metabolit von Abirateronacetat) angeboten werden sollte. Zu Docetaxel und zu Sipuleucel-T, das nur bei fehlendem Nachweis viszeraler Metastasen empfohlen wird, gibt es eine „Kann“-Empfehlung mit Empfehlungsgrad 0 bei diesen Patienten. „Mit Abirateronacetat wurde jetzt in der S3-Leitlinie eine Erstlinien
therapie für mCRPC-Patienten aufgenommen, die in Deutschland seit Ende 2012 zugelassen ist. Neben den guten Ergebnissen aus der Zulassungsstudie COU-AA-302 ist dies eine weitere Bestätigung des Einsatzes von Abirateronacetat bei dieser Indikation“, betonte Professor Kurt Miller, Direktor der Klinik für Urologie der Berliner Charité. Signifikante Verlängerung des Überlebens
In der Phase-III-Studie COUAA-302 hatten 1088 nicht oder mild symptomatische mCRPCPatienten, bei denen eine Chemotherapie noch nicht indiziert war, Abirateronacetat (n=546) oder Placebo (n=542) – jeweils plus Prednison/Prednisolon – erhalten. Laut Miller lag das Gesamtüberleben in der finalen Analyse, die nach einem medianen Follow-up von 49,4 Monaten erfolgte, unter Abirateronacetat versus Placebo bei 34,7 versus 30,3 Monaten. Die Teilnehmer unter Abirateronacetat lebten somit im Median 4,4 Monate länger, das relative Risiko zu versterben wurde um 20 % reduziert, der Unterschied war signifikant (Hazard Ratio [HR] 0,80), p=0,0027, vorgegebenes Signifikanzniveau: p=0,0384). „Die Signifikanz wurde erreicht, obwohl 44 % der Patienten im Placebo-Arm – wie vom Protokoll vorgesehen, beispielsweise aufgrund eines Progresses – zu Abirateronacetat wechselten“, hob Miller hervor. Deutliche Überlegenheit bei weiteren Endpunkten
Zuvor, d.h. in der letzten geplanten, dritten Interimsanalyse, hatte Ab-
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irateronacetat bereits das radiologisch progressionsfreie Überleben – wie das Gesamtüberleben ein koprimärer Endpunkt – im Vergleich zu Placebo signifikant von im Median 8,2 auf 16,5 Monate (HR 0,52, p<0,0001) verlängert. Zudem war Abirateronacetat bei allen sekundären Endpunkten überlegen. So verzögerte es die mediane Zeit bis zum Beginn der Chemotherapie (p<0,0001), bis zum Beginn der Opiattherapie (p=0,0002), bis zum PSA-Progress (p<0,0001) und bis zur Verschlechterung des ECOGStatus (Eastern Cooperative Oncology Group) (p=0,005) signifikant. Das mediane Gesamtüberleben lag bei 35,3 (Abirateronacetat) bzw. 30,1 (Placebo) Monaten (HR 0,79, p=0,0151, Follow-up median 27,1 Monate). „Es zeigte sich ein starker Trend für eine Überlegenheit, doch hier erreichte der Unterschied das für diese Analyse vorgegebene Signifikanzniveau von p=0,0035 noch nicht“, erläuterte Miller. Früher Beginn der Abirateronacetat-Therapie?
Laut Miller profitieren die Patienten womöglich besonders, wenn sie Abirateronacetat früh im Rahmen der Indikation erhalten. Denn gemäß einer Post-hoc-Analyse der Daten aus der dritten Interimsanalyse konnte Abirateron gegenüber Placebo – anders als in der Gesamtgruppe in dieser Analyse – in der Günstige-Prognose-Gruppe, die aus 560 Patienten mit niedrigem PSA-Wert (≤114 ng/ml) und ohne tumorbedingte Schmerzen (Brief Pain Inventory Short Form, Frage 3: Score 0–1) bestand, die Sterblichkeit signifikant reduzieren (HR 0,608, p=0,0016). Nach Auswertung der Kaplan-Meier-Kurven lebten in dieser Gruppe nach 36 © VERLAG PERFUSION GMBH
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Monaten unter Abirateronacetat noch etwa 70 % der Männer. „Das könnte dafür sprechen, Abirateron acetat nach Versagen der Androgendeprivation bereits einzusetzen, wenn der Patient noch einen niedrigen bzw. mäßig erhöhten PSA-Wert und noch keine Schmerzen hat“, hob Miller hervor. Der Androgenbiosynthese-Hemmer hatte im Dezember 2012 basierend auf der Studie COU-AA-302 die Indikationserweiterung erhalten für die Behandlung in Kombination mit Prednison/Prednisolon von nicht oder mild symptomatischen mCRPC-Patienten, bei denen nach Versagen der Androgendeprivation eine Chemotherapie noch nicht klinisch indiziert ist. Fabian Sandner, Nürnberg Quelle: Pressekonferenz „Neue Daten zu Zytiga®, Aktualisierung der S3-Leitlinie“, Düsseldorf, 2.10.2014. Veranstalter: JanssenCilag
Grand-mal-Anfälle: Vielversprechende Daten zu Perampanel Auf der Jahrestagung der American Epilepsy Society (AES) präsentierte Eisai neue Phase-IIIDaten zu Perampanel (Fycompa®) als Zusatztherapie bei primär generalisierten tonisch-klonischen Anfällen, die auch als „Grandmal-Anfälle“ bezeichnet werden. Das Antiepileptikum ist bereits als Zusatztherapie bei fokalen Anfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Epilepsiepatienten ab 12 Jahren zugelassen. Perampanel ist das erste und einzige zugelassene Antiepileptikum, das selektiv an AMPA-Rezeptoren angreift, Proteine im Gehirn, die
bei der Ausbreitung von Anfällen eine entscheidende Rolle spielen. Dieser Wirkmechanismus unterscheidet sich von dem aller bisher verfügbaren Antiepileptika. Darüber hinaus besitzt Perampanel den Vorteil der bequemen, einmal täglichen Einnahme vor dem Schlafengehen. 30 % der Patienten wurden unter der Zusatzbehandlung mit Perampanel anfallsfrei
Die Ergebnisse der Studie 332 belegen für Perampanel im Vergleich zu Placebo signifikante Verbesserungen in Hinblick auf die beiden primären Endpunkte: Reduktion der Häufigkeit von primär generalisierten tonisch-klonischen Anfällen und Verbesserung der Responder-Rate (Reduktion der Anfallshäufigkeit pro 28 Tage um ≥50 %. In der Studie erreichten Patienten ab 12 Jahren mit idiopathischer generalisierter Epilepsie, die unter unzureichend kontrollierten primär generalisierten tonisch-klonischen Anfällen litten, mit Perampanel als Zusatztherapie eine signifikante Verbesserung der Anfallskontrolle. Darüber hinaus erzielte ein Anteil von 30,9 % der mit Perampanel behandelten Patienten Anfallsfreiheit.
Das Antiepileptikum war gut verträglich und zeigte in dieser Studie ein ähnliches Sicherheitsprofil wie bei refraktären, fokalen Anfällen. „Die Studie unterstreicht, welches Potenzial Perampanel für die Behandlung von Menschen mit primär generalisierten tonischklonischen Anfällen besitzt. Diese Daten, zusammen mit dem neuartigen Wirkmechanismus und der bequemen, einmal täglichen Einnahme vor dem Schlafengehen, weisen Perampanel als besonders vielversprechende Therapie für Menschen mit primär generalisierten tonisch-klonischen Anfällen aus“, kommentierte Professor Bernhard Steinhoff vom Epilepsiezentrum Kork. Die neuen, bei der AES vorgestellten Daten stützen den Antrag für die Erweiterung der EU-Zulassung von Perampanel als Zusatztherapie bei primär generalisierten tonischklonischen Anfällen, den Eisai im August 2014 gestellt hat. Elisabeth Wilhelmi, München Quelle: French J et al. Adjuctive perpampanel for treatment of drug-resistant primary generalised tonic-clonic seizures in patients with idiopathic generalised epilepsy: a double blind, randomised, placebo-controlled phase III trial. Presented at AES 2014. Abstract #2.389
Perampanel Perampanel (Fycompa®) ist ein hochselektiver, nicht-kompetitiver Antagonist des Glutamat-Rezeptor-Typs AMPA (alpha-Amino-3-hydroxy-5-methyl-4-isoxazolpropionsäure), der eine Wirksamkeit in der Reduktion von Anfällen in Studien der Phasen II und III gezeigt hat. AMPA-Rezeptoren, die weithin in fast allen exzitatorischen Neuronen vorhanden sind, übertragen Signale, die vom Neurotransmitter Glutamat im Gehirn vermittelt werden. Es wird davon ausgegangen, dass sie bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems, die sich durch übermäßige exzitatorische Signalübertragung auszeichnen (u.a. bei Epilepsie), eine Rolle spielen.
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27. Münchener Fachpresse-Workshop Onkologie
Neues zur Therapie von malignem Melanom, Nierenzell- und Pankreaskarzinom
Dank innovativer Anti-Tumortherapien haben sich die Überlebenswahrscheinlichkeiten von Krebspatienten in den letzten Jahren bei einer ganzen Reihe von Tumorentitäten erheblich verbessert. Auf dem 27. Münchener Fachpresse-Workshop berichteten Experten über neue Therapieoptionen insbesondere zur Behandlung des malignen Melanoms sowie des Nierenzell- und Pankreaskarzinoms. Fortschritte in der Immunonkologie beim malignen Melanom – PD-1-Antikörper
In Deutschland überleben nahezu 90 % der Melanompatienten in Stadium 1 wenigstens 5 Jahre. Mit Checkpoint-Inhibitoren wie dem Anti-PD-1-Antikörper Pembrolizumab rückt die Aussicht auf Langzeitüberleben auch für Patienten in fortgeschrittenen Stadien in greifbare Nähe. Wie Professor Axel Hauschild, Kiel, hervorhob, „ist die immunbiologische Therapie des malignen Melanoms eine andauernde Erfolgsgeschichte“: Auf dem Jahreskongress der ASCO 2012 wurde für Nivolumab in einer Phase-I-Studie eine herausragende Wirkung bei Patienten mit Melanom, Nieren- und Bronchialkarzinom gezeigt. Beim ASCO 2013 wurden dann eine Studie zu Pembrolizumab und eine erste Publikation zur Kombination von Nivolumab und Ipilimumab vorgestellt. 2014 wurden beim ASCO zu allen Studien Daten zum Gesamtüberleben präsentiert. Die
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Pembrolizumab Pembrolizumab ist ein selektiver, humanisierter monoklonaler Anti-PD-1-Antikörper, der die körpereigene, gegen den Tumor gerichtete Immunantwort reaktivieren soll. Pembrolizumab bindet spezifisch an den „Programmed-Death-1“-Rezeptor (PD-1) auf aktivierten T-Lymphozyten. PD-1 wird physiologisch von spezifischen Liganden (PD-L1 und PD-L2) aktiviert, die unter anderem auch von Tumorzellen exprimiert werden. Die Bindung der Liganden an den PD-1-Rezeptor führt zu einer Hemmung der aktivierten T-Zellen und wirkt dadurch einer Immunantwort entgegen. In den USA wurde Pembrolizumab (Handelsname Keytruda®) der Status einer Break Through Therapy für die Behandlung des inoperablen oder metastasierten malignen Melanoms mit Tumorprogression nach Anwendung von Ipilimumab erteilt; außerdem ist es zugelassen zur Behandlung des fortgeschrittenen nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC). In Deutschland wurde noch keine Zulassung erteilt. Derzeit wird Pembrolizumab als Mono- und Kombinationstherapie bei mehr als 30 Krebserkrankungen überprüft.
wichtigsten Ergebnisse fasste Hauschild in München zusammen. Der humanisierte PD-1-Antikörper Pembrolizumab wurde in der Phase-I-Studie KEYNOTE-001 bei 190 Ipilimumab-naiven und 221 Ipilimumab-vorbehandelten Patienten mit malignem Melanom in den Dosierungen 10 mg/kg 1× alle 2 Wochen (n=57), 10 mg/kg 1× alle 3 Wochen (n=192) oder 2 mg/kg 1× alle 3 Wochen (n=162) überprüft. Insgesamt waren 56 % der Tumoren im AJCC-Stadium M1c, 8 % der Patienten wiesen Hirnmetastasen auf, 32 % waren vortherapiert und 35 % hatten eine erhöhte Laktatdehydrogenase. Ein Ansprechen auf die Therapie nach RECIST-Kriterien zeigten 44 % der Ipilimumab-naiven und 28 % der Ipilimumab-vorbehandelten Patienten. Bemerkenswerte 88 % der Patienten waren zur Zeit der Zwischenauswertung in anhaltender Remission. Nach einem Jahr lebten noch 69 %, nach 18 Monaten 62 % der Patienten. Damit war das mediane Überleben noch nicht
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erreicht. Klinisch relevante Nebenwirkungen von Grad 3/4 traten lediglich bei 12 % der Patienten auf. Es wurden 6 Fälle von Autoimmunität, aber kein Todesfall beobachtet. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA hat Pembrolizumab aufgrund der hervorragenden Ergebnisse hinsichtlich der Tumor ansprechrate und der Dauer des Ansprechens in dieser Phase-IbStudie, die sehr viele Patienten einschloss, unter dem Handelsnamen Keytruda® im beschleunigten Verfahren die US-Zulassung erteilt. „Dies ist eine Novität, dass die FDA eine Zulassung auf Basis von Phase-I-Studien erteilt“, betonte Hauschild. Ein weiterer PD-1-Antikörper, Nivolumab, zeigte vergleichbare Ergebnisse mit Überlebensraten von 63 % nach einem Jahr, 48 % nach 2 Jahren und 41 % nach 3 Jahren. Damit ist für beide AntiPD-1-Strategien eine schnelle und gute Remission mit langer Dauer gezeigt worden, auch wenn die © VERLAG PERFUSION GMBH
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Nachbeobachtungszeiten noch relativ kurz sind. Hauschild erwartet mit großer Wahrscheinlichkeit deutliche Überlebensverlängerungen gegenüber den Standards, aber Ergebnisse der Phase-III-Studien zum Gesamtüberleben stehen noch aus. Mit der Doppel-Blockade von Ipilimumab und Nivolumab, also 2 T-Zell-inhibitorischen Molekülen gegen CTLA-4 bzw. PD-1, wurden zwar extrem gute Überlebensraten von ca. 80 % nach 1 und 2 Jahren, aber auch eine ausgeprägte Toxizität mit 62 % Grad 3/4-Nebenwirkungen und 23 % Therapieabbrüchen aufgrund der Toxizität beobachtet. Sollten sich die Daten in einer Phase-III-Studie bestätigen, so ist laut Hauschild zukünftig im individuellen Fall zwischen der hohen Toxizität der Kombination und einer hohen Effizienz abzuwägen. Wie die Sequenz oder Kombination von Immuntherapien, auch mit zielgerichteten Therapien, in der Behandlung des fernmetastasierten Melanoms optimal eingesetzt werden, ist wie vieles andere noch unklar. Hauschild stimmte Professor Dirk Schadendorf zu, der kürzlich in einem Interview bemerkt hatte, dass „die Immunonkologie die Therapie maligner Tumoren in den nächsten 5 Jahren revolutionieren werde“. SWITCH-1-Sequenztherapie beim mRCC – eine Frage des Alters?
Für die Erstlinientherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms (mRCC) sind mit Sorafenib, Sunitinib und Pazopanib inzwischen 3 Tyrosinkinaseinhibitoren (TKIs) zugelassen. Sorafenib (Nexavar®) ist zugelassen für Patienten, bei denen eine vorherige Interferon-
alpha- oder Interleukin-2-basierte Therapie versagt hat oder die für solch eine Therapie nicht geeignet sind. Welche der genannten Substanzen in welcher Situation oder bei welchem Patientenkollektiv bevorzugt eingesetzt werden sollte, wird derzeit in verschiedenen Studien untersucht. Aktuelle Daten dazu präsentierte Dr. Robert Tauber, München. Die SWITCH-Studie wurde 2008 initiiert, um die Frage der optimalen Therapiesequenz der damals zugelassenen TKIs Sorafenib und Sunitinib zu beantworten. 365 mRCC-Patienten erhielten in der Erstlinie entweder Sorafenib (400 mg 2× tägl.) oder Sunitinib (50 mg 1× tägl.) und nach Progress oder nicht tolerierbaren Nebenwirkungen wurde auf die jeweils andere Substanz als Zweitlinientherapie gewechselt. Der primäre Studienendpunkt war die Überlegenheit der Sequenz Sorafenib– Sunitinib (So–Su) gegenüber der von Sunitinib–Sorafenib (Su–So) in Bezug auf das gesamte progressionsfreie Überleben (Total-PSF) über beide Therapielinien hinweg. 97,3 % der in den So–Su-Arm und 96,2 % der in den Su–So-Arm randomisierten Patienten erhielten eine Erstlinientherapie. Eine protokollgemäße Zweitlinientherapie konnte bei 56,6 % der Patienten, die So–Su erhielten, gegenüber nur 41,5 % unter Su–So verabreicht werden. Das mediane PFS der mRCC-Patienten betrug in der Erstlinie 5,9 Monate unter So–Su versus 8,5 Monate unter Su–So (HR=1,19; p=0,92) und in der Zweitlinie 5,4 Monate versus 2,8 Monate (HR=0,55; p<0,001). Das TotalPFS der Sequenz So–Su war dem der Sequenz Su–So mit median 12,5 versus 14,9 Monaten
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(HR=1,01; p=0,54) nicht überlegen, das heißt, der primäre Endpunkt wurde nicht erreicht. Die Ergebnisse einer aktuellen Analyse zeigen ein medianes Gesamtüberleben (OS) von 30 Monaten für die Sequenz So–Su und von 27,4 Monaten für die Sequenz Su–So (HR=0,99; p=0,46). Eine Subgruppenanalyse bei älteren Patienten deutet auf einen größeren Therapievorteil der SorafenibErstlinientherapie für Patienten ≥65 Jahre hin: Mit einem medianen OS von 31,5 versus 19,8 Monaten profitierten Patienten über 65 Jahren anscheinend mehr von der Sequenz So–Su (p=0,04). Jüngere Patienten scheinen dagegen tendenziell einen Vorteil von der Sequenz Su–So zu haben (medianes OS: 25,8 vs. 43,5 Monate; p=0,07). Damit gibt die explorative, Hypothesen-generierende Post-hocAnalyse der Subgruppen (ohne Korrektur für multiples Testen) einen Hinweis auf die mögliche Therapieentscheidung zur Erstlinientherapie mit Sorafenib bei älteren Patienten, schlussfolgerte Tauber. Eine weitere Head-to-Head-Studie im Design der SWITCH-Studie, die prospektive Phase-III-Studie SWITCH-2, untersucht derzeit die Sequenz Sorafenib gefolgt von Pazopanib (So–Paz) versus Pazopanib gefolgt von Sorafenib (Paz–So). Der primäre Endpunkt ist die Nicht-Unterlegenheit der Sequenz So-Paz. In diese Studie ist ein translationales Forschungsprogramm mit Untersuchungen zu zirkulierenden Tumorzellen, Genveränderungen, Proteinbiomarkern und Prognosefaktoren integriert, von dem man sich spannende Erkenntnisse zur Tumorbiologie des Nierenzellkarzinoms verspricht. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Neue Optionen verlängern das Überleben beim fortgeschrittenen Pankreaskarzinom
Die Therapie des Adenokarzinoms des Pankreas ist nach wie vor eine interdisziplinäre therapeutische Herausforderung mit begrenzten Möglichkeiten, betonte PD Dr. Stefan Böck, München. Laut einer aktuellen Prognose des Pancreatic Cancer Action Network könnte sich die Anzahl der Todesfälle beim Pankreaskarzinom bis 2030 nahezu verdoppeln und das Pankreaskarzinom damit zur zweithäufigsten Todesursache nach dem Lungenkarzinom werden. Mehr als die Hälfte der Patienten werden im metastasierten Stadium diagnostiziert, in dem die Prognose bereits schlecht ist. In der Erstlinie stehen diesen Patienten heute entweder die Gemcitabin-Monotherapie, die Kombinationen Gemcitabin/Erlotinib, das FOLFIRINOX-Schema oder die Kombination aus NabPaclitaxel plus Gemcitabin zur Verfügung. Mit Nab-Paclitaxel (nanoparticle albumin bound paclitaxel, Abraxane®) wurde erstmals seit Zulassung des Tyrosinkinaseinhibitors Erlotinib für das Pankreaskarzinom im Jahr 2007 wieder eine neue Substanz für die Erstlinienbehandlung des metastasierten Pankreaskarzinoms sowohl von der FDA als auch der EMA zugelassen. Interessanterweise profitierten von dieser Kombination nicht nur Patienten mit günstigerer Prognose, sondern insbesondere auch Patienten mit ungünstigen Prognosefaktoren, hob Böck hervor. Die Phase-III-Studie MPACT (Metastatic Pancreatic Adenocarcinoma Clinical Trial) verglich die Kombination von Nab-Paclitaxel plus Gemcitabin mit der Gemcitabin-Monotherapie bei nicht vor-
Nab-Paclitaxel In Nab-Paclitaxel liegt der Wirkstoff Paclitaxel an Albumin-Nanopartikel einer mittleren Größe von 130 nm gebunden vor. Das als Lyophilisat formulierte Pulver (Handelsname Abraxane®) wird unmittelbar vor der Anwendung mit isotonischer Kochsalzlösung zu einer infundierbaren Suspension rekonstituiert. Nach intravenöser Verabreichung dissoziieren die Nanopartikel rasch zu löslichen, ca. 10 nm großen, an Albumin gebundenen Paclitaxel-Komplexen. Albumin vermittelt die kaveoläre Transzytose von Plasmakomponenten in die Endothelzellen und fördert die Wirkstoffanreicherung im Tumorgewebe. Nab-Paclitaxel ist in der EU in den Indikationen metastasiertes Mammakarzinom und metastasiertes Pankreaskarzinom zugelassen.
behandelten Patienten mit Pankreaskarzinom im Stadium IV und einem Karnofsky Performance Status (KPS) ≥70 %. Der primäre Endpunkt, die Verlängerung des Gesamtüberlebens (OS), wurde erreicht: Nach einem Update der OS-Daten überlebten Patienten im Kombinationsarm mit 8,7 Monaten im Median signifikant länger als unter der Gemcitabin-Monotherapie mit 6,6 Monaten. In Subgruppenanalysen bestätigte sich der Therapieerfolg der Kombinationstherapie für alle untersuchten Subgruppen. Besonders stark profitierten Patienten mit schlechter Prognose mit einem niedrigen KPS von 70–80 (HR=0,61), mit Lebermetastasierung (HR=0,69), mit >3 Metastasenlokalisationen (HR=0,50) und mit erhöhten Tumormarkerspiegeln (CA19-9 ≥59 x ULN) (HR=0,61). Diese guten Effektivitätsdaten in der Palliativsituation machen Hoffnung, dass die Kombination auch in der adjuvanten Situation signifikante Vorteile bringen könnte. In der adjuvanten Therapie nach R0/ R1-Resektion ist derzeit die Gabe von Gemcitabin über 6 Monate Standard. In der APACT-Studie soll die Kombination Nab-Paclita-
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xel plus Gemcitabin im adjuvanten Setting gegen Gemcitabin-Monotherapie bei 800 Patienten mit makroskopisch reseziertem Adenokarzinom geprüft werden. Wirksame Therapien allen Patienten zugänglich machen
Wie Böck abschließend ausführte, besteht die Herausforderung nicht nur in der Entwicklung einer effektiven Therapie, sondern auch darin, dass die Patienten diese auch tatsächlich erhalten. Wie eine dänische populationsbasierte Studie zeigte, wurden von 604 auswertbaren Patienten mit Pankreaskarzinom 11 % reseziert, 29 % erhielten eine palliative Chemotherapie und mehr als die Hälfte (56 %) wurden mit Best Supportive Care behandelt. In klinische Studien eingeschlossen wurden gerade einmal 3 % der Patienten. „Noch 10 Monate zu leben“ war der Titel der Publikation einer populationsbasierten Studie aus den Niederlanden. Diese analysierte 3099 Pankreaskarzinom-Patienten, die in den Jahren 1993–2010 in den Niederlanden behandelt wurden. 84 % der Patienten wurden © VERLAG PERFUSION GMBH
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im Stadium der metastasierten Erkrankung diagnostiziert. Nur 10 % der Patienten im Zeitraum von 1993 bis 1996 und 27 % im Zeitraum von 2009 bis 2010 erhielten eine palliative Chemotherapie. Das mediane Gesamtüberleben blieb unverändert bei 9–11 Wochen. „Wir müssen dafür sorgen, dass diese wirksamen Therapien, mit denen wir das Überleben der Patienten verlängern können, auch breite Anwendung finden“, resümierte Böck. Dr. Ine Schmale, Westerburg
Neue Option für die MSTherapie: Peginterferon beta-1a alle 2 Wochen s.c. Mit Peginterferon beta-1a (Plegridy®) ist seit Kurzem erstmals ein pegyliertes Interferon zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RRMS) zugelassen. Das Arzneimittel verbindet die bekannten Eigenschaften der Interferone in der MS-Therapie mit einer niedrigen Applikationsfrequenz: Peginterferon beta-1a wird alle 2 Wochen subkutan verabreicht – mit dem Plegridy® Fertigpen steht dafür ein komfortabler Autoinjektor zur Verfügung. Anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) präsentierten namhafte MS-Experten im Rahmen eines wissenschaftlichen Symposiums der Biogen Idec GmbH die Resultate der Zulassungsstudie ADVANCE und erläuterten den möglichen Stellenwert der Zulassung von Peginterferon beta-1a für die klinische Praxis.
Signifikante Reduktion von Schubrate und Behinderungsprogression
Die Zulassung von Peginterferon beta-1a s.c. alle 2 Wochen für RRMS-Patienten erfolgte auf Basis der Studiendaten aus ADVANCE, mit mehr als 1500 Patienten eine der bisher größten Studien zur Interferon-Therapie bei MS. In der randomisierten Phase-IIIStudie erwies sich die Behandlung mit dem pegylierten Interferon gegenüber Placebo hinsichtlich der zentralen Wirksamkeitsendpunkte nach einem Jahr als statistisch signifikant überlegen: So bewirkte Peginterferon beta-1a alle 2 Wochen im Vergleich zur PlaceboGruppe eine statistisch signifikante Reduktion der jährlichen Schubrate um 36 % (p=0,0007) und des Risikos einer nach 24 Wochen bestätigten Behinderungsprogression* um 54 % (p=0,0069). Darüber hinaus zeigte sich nach einem Jahr eine gute Wirksamkeit auf die kernspintomografisch nachweisbare Krankheitsaktivität: Gegenüber Placebo reduzierte Peginterferon beta-1a signifikant die durchschnittliche Anzahl der Gadolinium-anreichernden Läsionen (86 %; p<0,0001), neuer T1-Läsionen (53 %; p<0,0001) sowie neuer oder sich neu vergrößernder T2Läsionen (67 %; p<0,0001). Insgesamt blieben 34 % der Patienten unter der Behandlung mit Peginterferon beta-1a alle 2 Wochen im ersten Therapiejahr frei von messbarer Krankheitsaktivität** – und * Definiert als ein über 24 Wochen anhaltender Anstieg des EDSS-Scores um ≥1,0 Punkte (bei einem Baseline EDSS ≥1,0) bzw. um ≥1,5 Punkte (bei einem Baseline EDSS=0) ** Definiert als Freiheit von Schüben und Behinderungsprogression sowie keinen neuen Gd+-Läsionen oder neuen bzw. sich neu vergrößernden T2-Läsionen
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damit signifikant mehr Patienten als in der Placebo-Gruppe (15 %; p<0,0001). „Die Wirksamkeit, die Peginterferon beta-1a alle 2 Wochen nach nur einem Jahr gezeigt hat, ist insgesamt überzeugend“, so das Fazit von Professor Bernd C. Kieseier, Düsseldorf. „Die MRT-Daten, die uns als prognostische Faktoren einen Ausblick in die Zukunft erlauben, weisen zudem darauf hin, dass wir mit Peginterferon beta-1a den Erkrankungsverlauf unserer Patienten auch auf lange Sicht günstig beeinflussen können.“ Erste 2-Jahres-Daten der ADVANCE-Studie untermauern diese Vermutung: Im zweiten Therapiejahr bewirkte Peginterferon beta-1a alle 2 Wochen eine weitere Reduktion der Schubrate und der Anzahl neuer oder sich neu vergrößernder T2Läsionen. Günstiges Sicherheitsprofil
Die ADVANCE-Studie belegt zudem das günstige Sicherheitsprofil von Peginterferon beta-1a in der Behandlung von RRMS-Patienten. Die am häufigsten beobachtete Nebenwirkung waren Rötungen an der Injektionsstelle, die bei 62 % der Patienten zu beobachten waren. Die für Beta-Interferone typischen grippeähnlichen Symptome traten bei weniger als der Hälfte (47 %) der Patienten auf. Sie waren im Schweregrad überwiegend mild bis moderat und führten bei unter 1 % der Patienten zum Therapieabbruch. „Insgesamt bestätigt sich für Peginterferon beta-1a in ADVANCE das seit Jahren bekannte Sicherheitsprofil der BetaInterferone in der MS-Therapie“, resümierte Professor Ralf Linker, Erlangen. „Für die Praxis ist das ein wichtiger Aspekt, da wir die © VERLAG PERFUSION GMBH
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typischen Nebenwirkungen der Interferone seit Jahren kennen und gut managen können.“ Therapiebelastungen reduzieren – Patienten unterstützen
„Für den langfristigen Erfolg der MS-Basistherapie ist es entscheidend, dass die Patienten die Behandlung gut in ihren individuellen Alltag integrieren können“, betonte PD Dr. Til Menge, Düsseldorf. „Die Gabe alle 2 Wochen kann bei Patienten, die möglichst selten an die Therapie denken möchten, die Adhärenz fördern.“ Eine besondere Bedeutung haben in diesem Zusammenhang auch Therapiebegleitprogramme, die den Patienten bei der Therapie unterstützen und ihn zur regelmäßigen Anwendung motivieren. Für Patienten, die mit Peginterferon beta-1a behandelt werden, wurde daher mit PLEG2CARE ein spezielles Begleitprogramm entwickelt, das sich an den individuellen Lebensumständen und den bisherigen Therapieerfahrungen des Patienten orientiert. Fabian Sandner, Nürnberg
Therapeutisches Potenzial der Gallensäuren besser nutzen Diagnostik und Therapie von Lebererkrankungen sind oft eine medizinische Herausforderung. Das gilt für die Leberzirrhose und ebenso für durch Medikamente induzierte Leberschäden, wie bei einem Pressegespräch anlässlich der VII. Falk Gastro-Konferenz in Freiburg betont wurde. Neue Perspektiven für therapeutische Fortschritte eröffnen sich derzeit hin-
sichtlich der Gallensäuren. So ist mit der Nor-Ursodesoxycholsäure (norUDCA) eine Modifikation der herkömmlichen Ursodesoxycholsäure (UDCA) in klinischer Erprobung und lässt ersten Befunden zufolge eine verbesserte Wirksamkeit erwarten. Auch Wirkstoffe, die Kernrezeptoren für Gallensäuren stimulieren wie die Obeticholsäure, wurden diskutiert. PBC – normale Lebenserwartung dank Ursodesoxycholsäure
Die Gabe von Ursodesoxycholsäure ist die Standardtherapie bei cholestatischen Lebererkrankungen. Die hydrophile Gallensäure hat nicht nur choleretische, sondern auch zytoprotektive, antiapo ptotische und antifibrotische Wirkungen und wird therapeutisch bei der primär biliären Zirrhose (PBC), der primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) sowie der Schwangerschaftscholestase eingesetzt. Zudem werden eine Sepsis-induzierte Cholestase, die Graft-versus-Host-Disease und genetische Erkrankungen, die mit einer Cholestase einhergehen wie die zystischen Fibrose und das Alagille-Syndrom, mit UDCA behandelt. Ursodesoxycholsäure (z.B. Ursofalk®) ist in Deutschland aktuell bei PBC und zur Auflösung von cholesterinhaltigen Gallensteinen zugelassen. Besonders bedeutsam ist UDCA bei der PBC, wie Professor Michael Trauner, Wien, darlegte. Rund 2 Drittel der Patienten sprechen gut auf diese Gallensäure an und erreichen eine normale Lebenserwartung. Therapiefortschritte sind jedoch notwendig, um auch bei Non-Respondern eine Verbesserung des Therapieerfolges realisieren zu können.
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Hormonelle Wirkungen der Gallensäuren
Gallensäuren können zudem therapeutische Bedeutung über die cholestatischen Lebererkrankungen hinaus haben. „Wir wissen inzwischen, dass den Gallensäuren hormonelle Wirkungen zukommen, die sich wahrscheinlich therapeutisch nutzen lassen“, berichtete Trauner. Gallensäuren sind demnach nicht nur für die intestinale Fettemulgierung und Fettresorption bedeutsam, sondern spielen auch eine Rolle bei der Regulation des Fett- und Kohlenhydratstoffwechsels sowie der Energiehomöostase und des darmassoziierten Immunsystems. Sie haben direkt immunmodulierende Wirkungen und sind offenbar auch an der Kontrolle des Mikrobioms beteiligt. Damit können Gallensäuren Auswirkungen auf metabolische Erkrankungen wie die Fettleber, einen Diabetes und eine Adipositas und eventuell auf chronisch entzündliche Darmerkrankungen haben. „Die Gallensäureforschung erlebt daher zur Zeit eine Art Renaissance“, so Trauner. norUDCA als Hoffnungsträger
Hoffnungen werden in norUDCA gesetzt, eine Modifikation von UDCA, die im Tierexperiment ausgeprägte anticholestatische, antiinflammatorische und antifibrotische Effekte gezeigt hat. Die modifizierte Gallensäure unterliegt einem cholehepatischen Shunting, was zu einer hohen Anreicherung im Gallengangsepithel führt und die Bikarbonatsekretion zum Schutz der Leberzellen stimuliert. Aufgrund der positiven tierexperimentellen Daten wird norUDCA laut Trauner derzeit insbesondere © VERLAG PERFUSION GMBH
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zur Behandlung der PSC sowie der NAFLD (non-alcoholic fatty liver disease) entwickelt. In einer multizentrischen europäischen PhaseII-Studie wird bereits die therapeutische Bedeutung bei der PSC geprüft. Als weitere potenzielle neue Therapieoption nannte Trauner die Obeticholsäure, eine Modifikation der Chenodesoxycholsäure. Obeticholsäure bindet an den Kernrezeptor für Gallensäuren, den Farnsoid-X-Rezeptor (FXR), der an der Regulation der Gallensäuren beteiligt ist. Geprüft wird der mögliche Stellenwert der Substanz bei PBCPatienten, die nicht auf UDCA ansprechen, sowie bei Patienten mit NASH (non-alcoholic steatohepatitis) und solchen mit Leberzirrhose und portaler Hypertension. Erhöhte Leberwerte diagnostisch abklären
Auch bei der Behandlung der Leberzirrhose und entsprechender Komplikationen sind nach Professor Robert Thimme, Freiburg, dringend therapeutische Fortschritte notwendig. Dies gilt umso mehr, als derzeit das Dogma wankt, es handele sich bei der Leberzirrhose um eine irreversible Erkrankung. In diesem Zusammenhang plädierte der Mediziner dafür, erhöhte Leberwerte ernster zu nehmen, als dies bislang oft üblich ist, „denn die Leberzirrhose ist eine häufig vermeidbare Erkrankung.“ Ihrer Entwicklung lässt sich beispielsweise durch eine konsequente Therapie viraler Hepatitiden vorbeugen und, so Thimme weiter, auch durch das Trinken von Kaffee: „Wer täglich mehrere Tassen Kaffee trinkt, hat offenbar ein geringeres Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose.“
Akute Erhöhung der Leberwerte: An Medikamente als Ursache denken
Unbedingt ernst zu nehmen sind laut Professor Alexander L. Gerbes, München, potenzielle, durch Medikamente induzierte Leberschädigungen (drug induced liver injury, DILI). Dabei sind 2 Typen von DILI zu unterscheiden: • DILI durch eine dosisabhängige Toxizität des Arzneimittels, wie es beispielsweise bei Paracetamol der Fall ist, sowie • DILI mit weitgehend dosisunabhängiger, sogenannter idiosynkratischer Toxizität. Zu denken ist an solche Reaktionen bei einer akuten Erhöhung der Leberwerte mit einem Anstieg auf mehr als das Doppelte der Norm und fehlender Evidenz für andere Ursachen eines Leberversagens. Ist ein solcher Befund auffällig, muss anamnestisch genau geklärt werden, welche Arzneimittel der Betreffende eingenommen hat, wobei explizit auch nach pflanzlichen Wirkstoffen zu fragen ist. Gibt es Hinweise auf eine potenzielle DILI, sollte das Medikament, das mit hoher Wahrscheinlichkeit die Schädigung ausgelöst hat, abgesetzt werden. In speziellen Fällen wie etwa einer DILI als Folge einer Paracetamol-Einnahme besteht die Möglichkeit der Therapie mit einem Antioxidativum wie N-Acetylcystein. Davon abgesehen sollte beim Verdacht auf eine DILI wegen der oft schlechten Prognose der Patienten unbedingt Kontakt mit einem entsprechenden Zentrum aufgenommen werden. Elisabeth Wilhelmi, München
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Patienten mit Spannungskopfschmerzen profitieren von Flupirtin In einer nicht interventionellen Studie konnte gezeigt werden, dass der selektive neuronale Kaliumkanalöffner Flupirtin (Katadolon® S long) bei Patienten mit Spannungskopfschmerzen effektiv wirksam und gut verträglich ist. Abgefragt wurden dabei die Intensität und Dauer der Spannungskopfschmerzen sowie die durch Kopfschmerz bedingten Beeinträchtigungen der Patienten. Häufig litten die in die Studie eingeschlossenen Patienten zusätzlich zu den Spannungskopfschmerzen noch unter einer muskulär bedingten erhöhten Druckempfindlichkeit der perikraniellen Muskulatur. Diese Patienten profitierten besonders vom Einsatz des selektiven neuronalen Kaliumkanalblockers, denn bei ihnen kam die zusätzliche verspannungslösende Komponente von Flupirtin zum Tragen. Die durchschnittliche Anzahl der Kopfschmerzstunden wurde bei Patienten mit bzw. ohne Druckschmerzempfindlichkeit der perikraniellen Muskulatur von 11,3 Stunden auf 4,8 bzw. 6,4 Stunden (–59,4 %, p<0,001 bzw. –11,9 %) gesenkt und die mittlere Kopfschmerzintensität von Score 6,5 (NRS11) auf Score 2,7 bzw. 4,4 (–58,9 %, p<0,0001 bzw. –16,3 %) reduziert. Die einwöchige Behandlung mit Flupirtin wurde von allen Patienten gut vertragen, unerwünschte Arzneimittelwirkungen – insbesondere Leberwerterhöhungen – wurden keine beobachtet. F. S.
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1. Marchioli R et al. N Engl J Med 2013;368(1):22–33.