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ISSN 1432-4334 JAHRGANG 23 HEFT 3 Juli 2014

FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE

JOURNAL OF PHARMACOLOGY AND THERAPY

Bortezomib bei multiplem Myelom: Breites Einsatzspektrum von der Induktionsbis zur Rezidivtherapie Idiopathische Lungenfibrose: Handlungsbedarf bei Diagnose und Therapie Morbus Hunter – eine seltene lysosomale Speicherkrankheit NASH-Zirrhose und hepatische Enzephalopathie – ein häufiges Problem mit großem Einfluss auf die Lebensqualität Zu schnell, zu schlaff – sexuelle Funktionsstörungen als Herausforderung im Praxisalltag Prostatakarzinom: Strategien für mehr Osteoprotektion Gezielt gegen Knochenmetastasen mit Radium-223-dichlorid Glatirameracetat: Neue Sicht auf eine bewährte Therapieoption Intraartikuläre Hyaluronsäure-Therapie: Eine neue Generation tritt an Simeprevir – eine neue Ära in der Hepatitis-C-Therapie Octreotid LAR – ein Meilenstein in der Behandlung der Akromegalie Tocilizumab subkutan – die neue Alternative in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis Loyon® – ein innovatives Wirkprinzip gegen Schuppen und Krusten der Haut

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Referenzen: 1. Garces S et al. The immunogenicity of anti-TNF therapy in immune-mediated inflammatory diseases: a systematic review of the literature with a meta-analysis Ann Rheum Dis. 2013 72(12): 1947–55 2. ME Weinblatt et al.: Safety and Efficacy of Etanercept Beyond 10 Years of Therapy in North American Patients With Early and Longstanding Rheumatoid Arthritis. Arthritis Care Res. 2011 Mar; 63(3): 373–82 3. Strangfeld A et al. Comparative effectiveness of tumour necrosis factor a inhibitors in combination with either methotrexate of leflunomide. Ann Rheum Dis 2009;68:1856–1862; Hetland ML et al. Direct comparison of treatment responses, remission rates, and drug adherence in patients with rheumatoid arthritis treated with adalimumab, etanercept, or infliximab: results from eight years of surveillance of clinical practice in the nationwide Danish DANBIO registry. Arthritis Rheum 2010;62:22–32; Marchesoni A et al. TNF-α antagonist survival rate in a cohort of rheumatoid arhtritis patients observed under conditions of standart clinical practice. Ann NY Acad Sci 2009;1173:837–846 4. Enbrel Fachinformation 5. J.M. Bathon, M.C. Genovese: The Early Rheumatoide Arthritis (ERA) Trial comparing the efficacy and safety of ethanercept and methotrexate. Clin Exp Rheumatol. 2003; 21 (Suppl. 31): S195–7 Zusammensetzung: Enbrel 10 mg, -25 mg: 1 Durchstechfl. m. Plv. enth.: 10 mg bzw. 25 mg Etanercept. Sonst. Bestandt.: Pulver: Mannitol, Sucrose, Trometamol. 1 Fertigspritze m. Lsg.-mittel enth. Wasser f. Inj.-Zwecke. Enbrel 25 mg/-50mg Inj.-Lsg. in Fertigspr. u. Enbrel 50 mg Inj.-Lsg. im Fertigpen (MYCLIC): 1 Fertigspr. enth.: Etanercept 25 mg bzw. 50 mg, 1 Fertigpen enth. Etanercept 50 mg. Sonst. Bestandt.: Sucrose, Natriumchlorid, Argininhydrochlorid, Natriumdihydrogenphosphat-Dihydrat, Natriummonohydrogenphosphat-Dihydrat, Wasser f. Inj.-Zwecke. Etanercept wird gentechn. aus der Eierstockzelllinie d. Chinesischen Hamsters hergestellt. Anwendungsgebiete: Enbrel 25 mg u. 50 mg: Rheumatoide Arthritis: Enbrel ist in Komb. m. Methotrexat (MTX) zur Behandl. d. mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis (RA) bei Erw. indiziert, wenn Ansprechen auf Basis¬therapeutika (einschl. MTX - sofern nicht kontraind.) unzureichend ist. Enbrel kann im Falle einer Unverträglichk. gegenüber MTX od. wenn eine Forts. d. Behandl. m. MTX nicht mögl. ist, als Monother. angewendet werden. Behandl. der schweren, aktiven u. progressiven rheumatoiden Arthritis bei Erw., die zuvor nicht m. MTX behandelt worden sind. Enbrel reduziert als Monother. od. in Komb. m. MTX d. Fortschreiten d. radiolog. nachweisbaren strukturellen Gelenkschädig. u. verbessert d. körperl. Funktionsfähigk. Psoriasis-Arthritis (Arthritis psoriatica): Behandl. d. aktiven u. progressiven Psoriasis-Arthritis bei Erw., wenn Ansprechen auf vorhergehende Basisther. unzureichend ist. Enbrel verbessert d. körperl. Funktionsfähigk. bei Pat. m. Psoriasis-Arthritis u. reduziert d. Fortschreiten d. radiolog. nachweisbaren strukturellen Schädig. peripherer Gelenke b. Pat. m. polyartikulären symmetrischen Subtypen d. Erkrank. Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans): Behandl. d. schweren aktiven Morbus Bechterew bei Erw., die unzureichend auf konventionelle Behandl. angesprochen haben. Plaque-Psoriasis: Behandl. Erwachsener m. mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis, die auf eine andere syst. Ther. wie Ciclosporin, MTX od. Psoralen u. UVA-Licht (PUVA) nicht angesprochen haben od. bei denen eine Kontraind. od. Unverträglichk. einer solchen Ther. vorliegt. Enbrel 10 mg sowie zusätzl. f. Enbrel 25 mg u. 50 mg: Juvenile idiopathische Arthritis (JIA): Behandl. d. Polyarthritis (Rheumafaktor-positiv od. –negativ) u. d. erweiterten (extended) Oligoarthritis bei Kindern u. Jugendl. ab 2 J., die unzureichend auf MTX-Behandl. angesprochen haben od. MTX-Behandl. nicht vertragen. Behandl. d. Psoriasis-Arthritis (Arthritis psoriatica) bei Jugendl. ab 12 J., die unzureichend auf MTX-Behandl. angesprochen haben od. MTX-Behandl. nicht vertragen. Behandl. d. Enthesitis-assoziierten Arthritis bei Jugendl. ab 12 J., die unzureichend auf eine konventionelle Ther. angesprochen haben od. eine konventionelle Ther. nicht vertragen. Plaque-Psoriasis bei Kindern u. Jugendl.: Behandl. d. chron. schweren Plaque-Psoriasis bei Kindern u. Jugendl. ab 6 J., die unzureichend auf eine and. system. Ther. od. Lichtther. angesprochen haben od. sie nicht vertragen. Gegenanzeigen: Überempfindlichk. gegen den Wirkstoff od. einen d. sonst. Bestandteile. Nicht anw. bei Sepsis od. Risiko einer Sepsis (cave: mögl. Erhöhung d. Mortalität bei bestehender Sepsis). Ther.-Beginn nicht bei aktiven Infekt., einschl. chron. od. lokalisierter Infekt. od. bei Pat. m. aktiver Tuberkulose. Pat. m. inaktiver Tuberkulose nur nach entspr. Anti-Tuberkulose-Ther. u. sehr sorgf. Nutzen/Risiko-Abwägung. Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Pat. vor, währ. u. nach Enbrel-Behandl. auf Infekt. hin untersuchen. Vorsicht walten lassen bei Pat. m. wiederkehrenden od. chron. Infekt. i. d. Vorgeschichte od. m. Begleiterkrank., die Infekt. begünstigen können (z. B. fortgeschrittener oder schlecht eingestellter Diabetes), sowie bei neuentwickelten Infekt. Unter Anw. v. Enbrel wurden schwerw. Infekt., Sepsis, Tuberkulose (Tb) u. opportunistische Infekt., einschl. invasiver Pilzinfekt., Listeriose u. Legionellose beobachtet (in einigen Fällen m. Todesfolge durch Nichterkennung u. verzögerte Behandl.). Pat.-Risiko für relevante opportunist. Infekt. berücksichtigen. Ther.-abbruch bei Entwickl. v. schwerer Infekt., sowie bei Auftreten schwerw. allerg. od. anaphylakt. Reakt. Vor Behandlungsbeginn alle Pat. auf aktive u. inaktive (latente) Tb hin untersuchen. Pat. anweisen, bei Tb-Sympt. ärztl. Rat einzuholen. Reaktivierung d. Hepatitis B Erkrank. wurde bei Pat. berichtet, die zuvor mit HBV infiz. waren u. gleichz. TNF Antagonisten, einschl. Enbrel, erhielten. Pat. m. posit. HBV-Test sollten währ. d. Ther. u. mehrere Wochen danach auf Sympt. einer aktiven HBV Infekt. hin überw. werden. Wenn eine HBV-Infektion auftritt, sollte Enbrel abgesetzt u. eine antivirale Ther. mit geeign. unterstütz. Behandl. eingeleitet werden. Besondere Vors. bei Pat. m. Blutdyskrasie in d. Anamnese, bei Auftreten v. Sympt. eindringl. Abklärung; bei nachweisl. Blutdyskrasie Enbrel absetzen. Bei starker Exposition gegenüber Varizella-Viren Behandl. vorübergehend abbrechen, ggf. Prophylaxe m. Varizella-zoster-Immunglobulinen. Regelm. Hautuntersuch. empf., da unter Behandl. m. TNF-Antagonisten, einschl. Enbrel, über Melanome und nicht-melanozytären Hautkrebs (NMSC) berichtet wurde. Besondere Vors. bei Pat. m. Herzinsuffizienz; Pat. m. Hepatitis C i.d. Anamnese wg. mögl. Verschlecht.; Enbrel nicht zur Behandl. v. Alkohol-Hepatitis anw.; Vorsicht b. Pat., die auch an mittelschw. bis schwerer Alkohol-Hepatitis leiden. Komb. Anw. v. Enbrel m. Anakinra oder Abatacept sowie Anw. v. Enbrel bei Wegener´schen Granulomatose wird nicht empf..; bei gleichz. medikamentöser Diabetes-Behandl. Fälle v. Hypoglykämie (ggf. Dosisred. v. Antidiabetika notw.); Vorsicht b. älteren Pat., insb. auf mögl. Infekt. achten. Keine gesicherten Erkenntnisse über Langzeitsicherheit v. Enbrel bei gleichzeitiger Gabe m. anderen antirheumatischen Basistherapeutika (DMARD). Anw. in Schwangerschaft u. Stillzeit nicht empf. Mögl. Risiko f. die Entwickl. v. Lymphomen, Leukämie od. and. hämatopoetischen malignen Erkrank. od. soliden Tumoren kann derzeit bei Ther. m. TNF-Antagonisten nicht ausgeschlossen werden; deshalb Behandl. abwägen bei Pat. m. maligner Erkrank. i.d. Anamnese od. Entwickl. v. maligner Erkrank.; Sicherheit u. Wirksamk. v. Enbrel bei Pat. m. Immunsuppression od. chron. Infekt. wurden bisher nicht untersucht. Lebendimpfstoffe sollten nicht gleichzeitig verabreicht werden. Sorgf. Nutzen-RisikoAnalyse, einschl. neurolog. Untersuchung, bei bestehender od. jüngst neu aufgetretener Entmarkungskrankheit od. evtl. erhöhtem Risiko f. Entwickl. einer Entmarkungskrankheit. Anw. v. Enbrel in Komb. m. anderen syst. Ther. od. Lichtther. zur Behandl. v. Psoriasis wurde nicht untersucht. Nur für Enbrel 25 mg / 50 mg Fertigspritze u. Enbrel 50 mg Fertigpen: Kanülenkappe d. Fertigspritze bzw. d. Fertigpens enth. Latex (Trockenkautschuk), das Überempfindlichkeitsreakt. verursachen kann. Nebenwirkungen: Basierend auf Beobachtungen aus klin. Studien bei Erw. u. Berichten n. Markteinf.: Sehr häufig: Reakt. an d. Inj.-stelle, ggf. passagere „Recall“-Reakt. an d. Inj.-stelle, Infekt. (einschl. Infekt. d. oberen Atemwege, Bronchitis, Zystitis, Hautinfekt.). Häufig: Allerg. Reakt., Fieber, Bildung v. Autoantikörpern, Pruritus. Gelegentl.: Schwere Infekt. (einschl. Pneumonie, Erysipel, sept. Arthritis, Sepsis, parasitäre Infekt.), nicht-melanozytärer Hautkrebs, Thrombozytopenie, systemische Vaskulitis, Uveitis, Skleritis, interstitielle Lungenerkrank. (einschl. pulmonale Fibrose u. Pneumonitis, z.T. letal), Angioödem, Urtikaria, Hautausschlag, psoriasisartiger Hautausschlag, Psoriasis (einschl. Erstmanifestationen od. Verschlecht. u. pustulöse Formen, primär Handflächen u. Fußsohlen). Selten: Tuberkulose (inkl. Miliartuberkulose u. extrapulmonärer Tuberkulose), opportunist. Infekt. (einschl. invasive Pilz-, Protozoen-, Bakterien-, u. atypische Mycobakterien-Infekt. u. Legionellose), Lymphom, Melanom, Anämie, Leukozytopenie, Neutropenie, Panzytopenie, schwere allerg./anaphylakt. Reakt. (einschl. Angioödem, Bronchospasmus), Sarkoidose, Anfälle, ZNS-entmyelinisierende Ereign. m. Verdacht auf multiple Sklerose od. lokalisierte entmyelinisierende Zustände wie Neuritis nervi optici u. Querschnittsmyelitis; Verschlecht. v. Herzinsuff., erhöhte Leberenzyme, autoimmune Hepatitis, kutane Vaskulitis (einschl. leukozyto¬klastische Vaskulitis), Stevens-Johnson-Syndrom, Erythema multiforme, subakuter kutaner od. diskoider Lupus erythematodes, Lupus-ähnl. Syndrom, entmyelinisierende Erkrank. d. ZNS. Sehr selten: Aplastische Anämie, toxische epidermale Nekrolyse, periphere demyelinisierende Ereignisse (einschl. Guillain-Barré-Syndr., chron.-entzündl. demyelinisierende Polyneuropathie, demyelinisierende Polyneuropathie u. multifokale motorische Neuropathie). Häufigkeit nicht bekannt: Listeriose, Hepatitis B-Virus-Reaktivierung, Leukämie, Merkelzell-Karzinom, Makrophagen-Aktivierungs-Syndrom, Verschlecht. einer Dermatomyositis. In Studien zur RA m. (Dauer bis zu 48 Mon.) wurden schwerw. Infekt. beobachtet einschl.: Abszess, Bakteriämie, Bronchitis, Bursitis, Erysipel, Cholezystitis, Diarrhoe, Divertikulitis, Endokarditis (vermutet), Gastroenteritis, Hepatitis B (Reaktivierung b. chron. HBV-Trägern), Herpes zoster, Unterschenkel¬geschwür, Mundinfekt., Osteomyelitis, Otitis, Peritonitis, Pneumonie, Pyelonephritis, Sepsis, septische Arthritis, Sinusitis, Hautinfekt., Hautgeschwür, Harnwegsinfekt., Vaskulitis, Wundinfekt.; Nach Markteinf. wurde über versch. Malignome (einschl. Brust- u. Lungenkarzinom sowie Lymphom) berichtet. Bei Komb. v. Enbrel m. MTX (Studie): Raten d. schwerw. Infekt. waren gegenüber d. Monother. ähnl., jedoch ist ein Anstieg d. Infektionsrate bei Kombi-Therapie mögl. In Studien zur Plaque-Psoriasis: Schwere Infekt. wie Erysipel, Gastroenteritis, Pneumonie, Cholezystitis, Osteomyelitis, Gastritis, Appendizitis, Streptokokken-Fasziitis, Myositis, sept. Schock, Divertikulitis u. Abszess. Bei gleichz. Anw. v. Enbrel u. Anakinra wurde bei erw. Pat. ein erhöhtes Risiko f. schwerw. Infekt. u. Neutropenie beobachtet. Nebenwirk. bei Kdrn. u. Jugendl.: Diese waren i. A. denen d. Erw. ähnl. Nebenwirk. bei Kdrn. u. Jugendl. m. JIA: Häufiger als bei Erw. waren: Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen u. Unterleibsschmerzen. Es gab Berichte über chron.-entzündl. Darmerkrank.; Schwerw. NW umfassten: Varizellen-Infektion m. Zeichen u. Sympt. v. aseptischer Meningitis (ohne Folgeschäden), Blinddarmentz., Gastroenteritis, Depression/Persönlichkeitsstör., Hautgeschwür, Ösophagitis, Gastritis, sept. Schock, Typ I Diabetes mellitus, Weichteilinfekt. u. postoperative Wundinfekt. Weitere Informationen siehe Fach- u. Gebrauchsinformation. Abgabestatus: Verschreibungspflichtig. Inhaber der Zulassung: Pfizer Limited, Ramsgate Road, Sandwich, Kent CT13 9 NJ, Vereinigtes Königreich. Repräsentant in Deutschland: PFIZER PHARMA GmbH, 10785 Berlin. Stand: Oktober 2013 www.pfizer.de


EDITORIAL

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Präventiv rund gesund Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Mit der Gesundheit ist das wohl nicht anders. Deshalb gibt es auch kaum jemanden, der öffentlich etwas Schlechtes sagen würde über die Prävention. Das Wort Prävention stammt aus dem Lateinischen und bedeutet zuvorkommen, d.h. schneller sein. Auch in der Medizin steht das Konzept der Prävention für das Bemühen, schneller zu sein. Schneller als was? Schneller als Krankheiten natürlich. Und da beginnt das Dilemma schon. Wir kennen das alle aus dem täglichen Leben, z.B. wenn uns der Herr Kaiser unseres Vertrauens wohlmeinend und fürsorgend zum Abschluss einer weiteren Versicherung rät. Auch hier gilt das Prinzip, schneller zu sein. Schneller als die tennisballgroßen Hagelkörner, die es möglicherweise auf die ESG-Glasscheiben unseres kleinen Gewächshauses hinterm Haus abgesehen haben? Schneller als Robby Longfingers, der möglicherweise unser neues E-Bike schon im Visier hat? Oder schneller als Stammhalter René-Fabian, der z.B. durch einen Blinddarmdurchbruch zum perfekt falschen Zeitpunkt die lange geplante Safari auf den Kilimandscharo zunichte machen könnte und die damit verbundene Investition gleich mit? Wo das Problem liegt? Nun, es ist einfach verdammt schwer vorherzusagen, ob Herrn Kaisers Gefahrenszenario jemals eintritt, und falls doch, ob es dann wenigstens genau eine von den Katastrophen sein wird, in die wir uns versicherungstechnisch zu investieren entschlossen haben. Womit wir wieder bei der medizinischen Prävention wären. Da ist es nämlich genauso. Man kann ja schlecht allen denkbaren Krankheiten zuvorkommen, weil das weder zeitlich noch finanztechnisch machbar ist. Ganz zu schweigen, dass so ein Leben auch keinen Spaß machen würde: Was bliebe noch, was man guten Gewissens essen oder trinken dürfte und wie oft und wie viel? Zudem ist es am Ende genauso ge-

fährlich, im Bett liegen zu bleiben (Bewegungsmangel), wie den Körper joggend zu trainieren (Straßenverkehr, Blitzschlag, Bänderriss). Zu allem Überfluss geraten in jüngster Zeit auch noch zentrale Dogmen der Prävention gehörig ins Wanken. Die Antioxidanzien ACE denken offensichtlich im richtigen Leben gar nicht daran, den bösen freien Radikalen wie im Reagenzglas den Garaus zu machen, sie scheinen vielmehr irgendwie in die Entstehung maligner Erkrankungen verwickelt zu sein. Fünf kleine Mahlzeiten („mäßig, aber regelmäßig“), schön über den Tag verteilt, strapazieren zwar den Magen nicht, offensichtlich aber unser Hormonsystem, konkret den Insulinspiegel. Der wird dadurch zuverlässig und kontinuierlich in Höhen gehalten, vor denen unsere Gefäße irgendwann kapitulieren. Wie zum Hohn scheint es dabei gar ziemlich Wurst, ob wir eine solche verfrühstücken oder Äpfel und Birnen … Nun stellt sich zu allem Überfluss auch noch heraus, dass über Generationen Menschen, die sich vom Kreuzzug gegen das Übergewicht beeindrucken ließen, gar nicht so gut beraten waren. Daten von fast 3 Millionen Menschen mit 270.000 dokumentierten Todesfällen aus 97 Studien [1] führten zu Erkenntnissen, die inzwischen ziemlich kleinlaut als „Obesity-Paradox“ tituliert werden (aktuell fast 350 Fundstellen in Medline!). Kein Zufallsbefund, wie vergleichbare Analysen europäischer Daten nahelegen [2]. Jetzt zerdeppern amerikanische Wissenschaftler auch noch den Mythos von der Sekundärprävention [3]: Eine soeben vorab online erschienene Metaanalyse von 10.000 Patienten, deren Koronarstenosen per Dilatation oder Bypass „repariert“ wurden, ergab, dass die Wiederverschlussrate bei schlanken Patienten höher war als bei Übergewichtigen (und Adipösen!). Wie passt das (und noch mehr) denn nun alles zusammen? Da darf bis auf Weiteres wild spekuliert werden. Und

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Prof. Dr. med. K.-L. Resch, Bad Elster

deshalb erlaube ich mir, mich daran zu beteiligen, nicht ohne Zuflucht zu einer (plausiblen) Erklärung zu suchen: Allen oben genannten Beispielen liegt ein streng Descartsches Verständnis von mechanistischen Ursachen-Wirkungs-Beziehungen zugrunde, wonach freie Radikale, Blutfette und vieles mehr autonome, gerne auch noch lineare Dosis-Wirkungs-Beziehungen entwickeln, wie wir das aus der Technik sattsam kennen: Die Abnutzung von Autoreifen ist eine Funktion der gefahrenen Kilometer, wobei jede Asymmetrie Folge einer falsch eingestellten Spur oder ähnlicher Störfaktoren ist. Klar ist auch, dass man ein Auto nicht trainieren kann, weder dass es mehr Leistung bringt, noch weniger Sprit verbraucht, noch sich an ein billiges Motoröl gewöhnt. Wohl aber lebende Systeme wie den Menschen, beispielsweise das Immunsystem (Grundprinzip aller Impfungen) oder die (aerobe) Energiegewinnung. Letzteres war (neben Jogis taktischen Geniestreichen bei der Fußball-WM) ein nicht unwesentlicher Schlüssel zum Erfolg bei unseren Jungs. Und wie schnell da was geht, zeigte eindrucksvoll Mittelfeld-Wizard Bastian Schweinsteiger. © VERLAG PERFUSION GMBH


INHALT

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Nicht unwahrscheinlich, dass freie Radikale die körpereigene Abwehr auf Trapp halten und unregelmäßiges Essen ein wirksames Intervalltraining für Bauchspeicheldrüse und Gefäße darstellt. Nicht unlogisch auch, dass ein höheres Körpergewicht ein zuverlässiger Indikator für regelmäßige und ausgeprägtere vagotone Phasen sein könnte, Zeiten des gemütlichen Genießens, in denen der Körper bekanntermaßen vermehrt vielfältig protektive Glückshormone ausschüttet und die Produktion von (adrenergen) Stresshormonen nach unten fährt. Sollte sich diese Erklärung irgendwann einmal als falsch herausstellen, hat sie dennoch möglicherweise grundsätzlich Positives bewirkt, nämlich ein lustbegleitetes Zuvorkommen, eine lebensbejahende Prävention. Und falls sich an der Datenlage perspektivisch nichts Fundamentales mehr ändert, dann war vielleicht die Erklärung falsch, die Konsequenz aber richtig … Karl-Ludwig Resch, Bad Elster

ÜBERSICHTSARBEIT Bortezomib bei multiplem Myelom: Breites Einsatz­ spektrum von der Induktions- bis zur Rezidivtherapie F. Sandner

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS Idiopathische Lungenfibrose: Handlungsbedarf bei Diagnose und Therapie

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Morbus Hunter – eine seltene lysosomale Speicherkrankheit 82 NASH-Zirrhose und hepatische Enzephalopathie – ein häufiges Problem mit großem Einfluss auf die Lebensqualität 84 Zu schnell, zu schlaff – sexuelle Funktionsstörungen als Herausforderung im Praxisalltag

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Prostatakarzinom: Strategien für mehr Osteoprotektion 89 Gezielt gegen Knochenmetastasen mit Radium-223-dichlorid 90

NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL Quellen 1 F legal KM, Kit BK, Orpana H et al. Association of all-cause mortality with overweight and obesity using standard body mass index categories: a systematic review and meta-analysis. J Am Med Ass 2013;309:71-82 2 Lenz M, Richter T, Mühlhauser I. Morbidität und Mortalität bei Übergewicht und Adipositas im Erwachsenenalter: Eine systematische Übersicht. Dtsch Ärztebl 2009;106:641-648 3 Sharma A, Vallakati A, Einstein AJ et al. Relationship of body mass index with total mortality, cardiovascular mortality, and myocardial infarction after coronary revascularization: evidence from a meta-analysis. Mayo Clin Proc August 2014. [Epub ahead of print: http://www.mayoclinicproceedings. org/article/S0025-6196(14)00384-X/ pdf]

Glatirameracetat: Neue Sicht auf eine bewährte Therapieoption 92 Intraartikuläre Hyaluronsäure-Therapie: Eine neue Generation tritt an

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Simeprevir – eine neue Ära in der Hepatitis-C-Therapie 95 Octreotid LAR – ein Meilenstein in der Behandlung der Akromegalie

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Tocilizumab subkutan – die neue Alternative in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis

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Loyon® – ein innovatives Wirkprinzip gegen Schuppen und Krusten der Haut

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RUBRIKEN Wissenswertes 102 Kongresse 103

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ÜBERSICHTSARBEIT

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ortezomib (Velcade®) ist der erste Vertreter eines innovativen antitumoralen Wirkprinzips, der Proteasom-Inhibition. Klinische Studien zeigen, dass mit Bortezomib bei Patienten mit multiplem Myelom in der Induktions-, Primär-, wie auch der Rezidivtherapie höhere Ansprechraten als mit der jeweiligen Vergleichstherapie erreicht werden können [1–4]. Besonders hervorzuheben ist der nachhaltige Überlebensvorteil, der durch eine Primärtherapie mit Bortezomib in Kombination mit Melphalan und Prednison erzielt werden kann. Die Therapie mit dem Proteasom-Inhibitor bietet Patienten darüber hinaus lange Behandlungspausen und damit eine Steigerung der Lebensqualität [4]. Seit 10 Jahren erfolgreich in der Therapie des multiplen Myeloms

Bortezomib (V) ist sowohl für die Induktions-, Primär- als auch die Rezidivtherapie des multiplen Myeloms zugelassen (Abb. 1). Die Zulassung für die Induktionstherapie erfolgte im Juli 2013 für die Kombination mit Dexamethason (VD) oder mit Dexamethason und Thalidomid (VTD) vor einer HochdosisChemotherapie mit hämatopoetischer Stammzelltransplantation bei erwachsenen Patienten mit bisher unbehandeltem multiplem Myelom. In der Primärtherapie ist es indiziert in Kombination mit Melphalan und Prednison (VMP) für die Behandlung von erwachsenen Patienten, die für eine HochdosisChemotherapie mit hämatopoetischer Stammzelltransplantation nicht geeignet sind. Im Dezember 2013 erfolgte die Zulassung von VD zur Rezidivtherapie für die Behandlung erwachsener Patienten, die mindestens eine vorangehende

Bortezomib bei multiplem Myelom: Breites Einsatzspektrum von der Induktions- bis zur Rezidivtherapie Fabian Sandner, Nürnberg Therapie durchlaufen haben und die sich bereits einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation unterzogen haben oder für diese nicht geeignet sind. In einer retrospektiven Matched-Pairs-Analyse konnten Wirksamkeitsvorteile bei gleicher Toxizität von VD gegenüber einer Monotherapie mit V aufgezeigt werden [5]. Seit 2004 war Bortezomib bereits zur Monotherapie bei Patienten mit progressivem multiplem Myelom zugelassen. Bortezomib kann sowohl intravenös als auch subkutan verabreicht

werden. Die subkutane Gabe bietet gegenüber der intravenösen Verabreichung eine bessere Verträglichkeit bei bewährter Wirksamkeit [6]. Bortezomib-basierte Induktionstherapien mit VD und VTD

Mit Bortezomib-basierten Induktionstherapien können höhere Remissionsraten erzielt werden als bei Regimen, die nicht Bortezo-

Abbildung 1: Segmente der Myelomtherapie, Zulassungsstatus von Bortezomib (Velcade®). V = Bortezomib, VD = Bortezomib + Dexamethason, VDT = Bortezomib + Dexamethason + Thalidomid, VMP = Bortezomib + Melphalan + Prednison, PLD = pegyliertes liposomales Doxorubicin.

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ÜBERSICHTSARBEIT

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VMP in der Primärtherapie: Überlebensvorteil gegenüber MP

Ein primäres Ziel der MyelomTherapie ist eine maximale Lebensverlängerung. Das Gesamtüberleben war Endpunkt mehrerer klinischer Studien mit Bortezomib. Die 5-Jahres-Nachbeobachtung der Zulassungsstudie VISTA bestätigte, dass Patienten, die eine Kombination aus Bortezomib, Melphalan und Prednison (VMP)

100 Patientenüberleben [%]

mib-basiert sind. Dies konnte in 2 Phase-III-Studien gezeigt werden [1, 2]. In den Studien wurden die Kombinationen VD gegenüber Vincristin, Doxorubicin und Dexamethason (VAD) sowie Bortezomib, Thalidomid und Dexamethason (VTD) gegenüber Thalidomid und Dexamethason (TD) getestet. VD zeigte gegenüber dem VADArm hinsichtlich des medianen progressionsfreien Überlebens und des medianen 3-Jahres-Überlebens eine positive Tendenz (PFS 36,0 vs. 29,7 Monate, p=0,06; 3-Jahres-Überleben 81,4 % vs. 77,4 %, p=0,51). Die Ansprechraten nach der Induktionstherapie lagen unter VD signifikant höher als unter VAD (CR/nCR 14,8 % vs. 6,4 %; p=0,004). Dies galt auch für das Gesamtansprechen (78,5  % vs. 62,8 %, p<0,001) [2]. Im VTD-Arm lag das progressionsfreien Überleben nach einem medianen Follow-up von 35,2 Monaten bei 56,2 Monaten und war somit signifikant länger als unter TD (28,2 Monate, p=0,01). Die Hinzunahme von Bortezomib zu TD erhöhte auch die Rate der Komplettremissionen nach Induktionstherapie (35,0 % vs. 14,0 %, p=0,001) bzw. autologer Stammzelltransplantation (46,0  % vs. 24,0 %, p=0,004) signifikant [1].

80 60 40 20 0

0 6 12 18 24 30 36 42 48 54 60 66 72 78 Zeit [Monate]

Abbildung 2: Das mediane Gesamtüberleben nach 5 Jahren Nachbeobachtung betrug unter der Primärtherapie mit Bortezomib (Velcade®) in Kombination mit Melphalan und Prednison (VMP) 56,4 Monate vs. 43,1 Monate unter Melphalan und Prednison alleine (MP) [4].

Abbildung 3: Die Primärtherapie mit Bortezomib (Velcade®) in Kombination mit Melphalan und Prednison (VMP) führte zu einer signifikant (p<0,001) höheren Rate kompletter Remissio­ nen (CR) und zu einer längeren Remissionsdauer als die Therapie mit Melphalan und Prednison (MP) alleine [4].

in der Primärtherapie erhalten hatten, einen deutlichen Überlebensvorteil gegenüber den Patienten aufwiesen, die nur Melphalan und Prednison (MP) erhalten hatten. Das mediane Gesamtüberleben in der 5-Jahres-Nachbeobachtung betrug im VMP-Regime 56,4 Monate gegenüber 43,1 Monate im MP-Arm (Abb. 2). Dieser Unterschied ist umso relevanter, da die Hälfte der MP-Patienten nachfolgend noch eine Therapie mit Bortezomib erhalten hatten [4]. Der Überlebensvorteil einer primären Behandlung mit Bortezomib kann

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also durch eine spätere Gabe nicht mehr aufgeholt werden [7]. Bedeutung der Qualität des Ansprechens für den Therapieerfolg

Die Qualität des Ansprechens einer Tumortherapie ist ein entscheidender prognostischer Faktor für ein längeres progressionsfreies Überleben und ein längeres Gesamtüberleben [8]. Unter VMP wurden in der VISTA-Studie signifikant bessere Ansprechraten (p<0,001) und eine © VERLAG PERFUSION GMBH


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ÜBERSICHTSARBEIT

37,8

25,2

Abbildung 4: Patienten, die mit einer kompletten Remission (CR) auf die Behandlung mit Bortezomib (Velcade®) in Kombination mit Melphalan und Prednison (VMP) angesprochen hatten, erreichten eine längere Zeit bis zur nächsten Therapie (TNT) und eine längere therapiefreie Zeit (TFZ) als Patienten mit partieller Remission (PR) [9].

Abbildung 5: Eine lange Therapie mit Bortezomib (Velcade®) in Kombination mit Melphalan und Prednison mit bis zu 9 Zyklen (gemäß Fachinformation [6]), hilft den Patienten dabei ihr bestes Ansprechen zu erreichen [9]. CR = komplette Remission, PR = partielle Remission.

längere Remissionsdauer als unter MP festgestellt. Von den mit VMP behandelten Patienten erreichten 30,0 % eine komplette Remission, unter MP waren es nur 4,0 %. Dabei wurde die komplette Remission unter VMP nach median 4,2 Monaten, unter MP nach median 5,3 Monaten erreicht. Gleichzeitig folgte der kompletten Remission unter VMP eine deutlich längere Remissionsdauer von median 24,0 Monaten gegenüber median 12,8 Monaten unter MP (Abb. 3) [4]. Eine längere therapiefreie Zeit bedeutet für Patienten mit multiplem Myelom einen deutlichen Gewinn an Lebensqualität. Die Primärtherapie mit VMP bietet Pa-

tienten im Vergleich zu MP nicht nur eine Verlängerung der Zeit bis zur Tumorprogression von median 20,5 Monate auf 30,7 Monate [4], sondern vor allem eine doppelt so lange therapiefreie Zeit (VMP: median 17,6 Monate, MP: median 8,4 Monate). 42,7 % der mit VMP behandelten Patienten hatte eine therapiefreie Zeit von mehr als 2 Jahren [7]. VMP-Patienten mit einer kompletten Remission erfuhren eine verlängerte therapiefreie Zeit von median 29,0 Monaten gegenüber median 13,9 Monaten bei Patienten mit einer partiellen Remission (Abb. 4) [9]. Eine möglichst hohe Zahl von Behandlungszyklen (bis zu 9 Zyklen

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VMP gemäß Fachinformation [6]) erhöht die Chance auf eine komplette Remission (Abb. 5). Denn 28,0 % aller kompletten Remissionen unter VMP wurden nach der 24. Behandlungswoche erzielt. Der Zeitpunkt des Ansprechens hatte dabei keine Auswirkungen auf die Dauer der Remissionen [9]. Dauer der Behandlung kann Überleben verlängern

Unter einer langen Behandlung (bis zu 9 Zyklen VMP gemäß Fachinformation [6]) mit hoher kumulierter Bortezomib-Dosis (≥39 mg/m²) lebten Patienten signifikant länger als Patienten, die im Median kürzer behandelt worden waren und damit eine geringere kumulierte Dosis (<39 mg/ m²) erhalten hatten (median 50,3 vs. 60,4 Monate, HR 0,709; p=0,0372). Dies ging aus einer Analyse zweier Subgruppen der 5-Jahres-Daten der VISTA-Studie hervor [10]. 102 Patienten erreichten eine komplette Remission (CR). Von diesen 102 Patienten erreichten diejenigen, die eine längere VMP-Behandlung >2 Zyklen post-CR erhalten hatten, ein tendenziell, wenn auch nicht signifikantes, längeres medianes Gesamtüberleben. Patienten mit ≤2 Zyklen VMP post-CR lebten im Median 55,5 Monate vs. 64,6 Monate bei >2 Zyklen postCR (HR 0,71; p=0,25) [10]. Eine längere Bortezomib-Exposition ist also mit einem positiven Outcome assoziiert. Es gibt Hinweise für ein verlängertes Gesamtüberleben bei einer Therapiedauer über die Komplettremission hinaus, was die Erkenntnisse zur Bedeutung des Ansprechens unterstreicht. Die besten Ergebnisse können erzielt werden, wenn VMP über eine möglichst © VERLAG PERFUSION GMBH


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ÜBERSICHTSARBEIT

lange Therapiedauer mit bis zu 9 Zyklen gemäß Fachinformation gegeben wird [9].

Nebenwirkungsprofil von Bortezomib

Retreatment mit Bortezomib

Die Therapieentscheidung insbesondere bei der Primärbehandlung des multiplen Myeloms hängt auch davon ab, welche Therapieoptionen für die Rezidivbehandlung offen bleiben. Patienten der VISTA-Studie, die erfolgreich in der Primärtherapie mit VMP behandelt worden sind, sprachen zu 47,0 % im Retreatment wieder auf Bortezomib an, wobei 6,0 % der Patienten eine komplette Remission erzielten [7]. Eine Studie mit stark vorbehandelten Patienten zeigte, dass bei Patienten, die unter einer vorherigen Rezidivtherapie mit Bortezomib eine Komplettremission erreicht hatten, die Ansprechrate im Re­ treatment sogar bei 75,0  % lag [11]. Bortezomib plus Dexamethason in der Rezidivtherapie

In einer retrospektiven MatchedPairs-Analyse wurden die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Kombination aus Bortezomib und Dexamethason (VD) und einer Bortezomib-Monotherapie (V) verglichen. Es konnte gezeigt werden, dass Patienten unter VD ein signifikant verbessertes Gesamtansprechen erreichten als unter V (73,0 % vs. 46,0 %, p<0,001). Auch die Zeit bis zur Tumorprogression (12,9 Monate vs. 6,4 Monate, p=0,001) sowie das mediane progressionsfreie Überleben (10,7 Monate vs. 6,2 Monate, p=0,008) waren unter dem Kombinationsregime signifikant länger als unter der Bortezomib-Monotherapie [5].

Die Sicherheit und Verträglichkeit von Bortezomib sowohl als Mono- als auch als Kombinationstherapie wurden in mehreren klinischen Studien untersucht. Zu den häufigsten Nebenwirkungen einer Bortezomib-Therapie gehörten Erkrankungen des Blutes (z.B. Neutropenie, Thrombozytopenie, Anämie), des Gastrointestinaltrakts (z.B. Übelkeit, Diarrhö, Erbrechen, Obstipation), des Nervensystems (z.B. periphere Neuropathie, Neuralgie, Parästhesie) sowie Symptome, die das Allgemeinempfinden betrafen (z.B. Müdigkeit, Kraftlosigkeit, Fieber) [6]. 79,0 % der peripheren Neuropathien unter VMP in der Primärtherapie besserten sich oder waren komplett reversibel (innerhalb von im Mittel 1,9 Monaten), innerhalb von 5,7 Monaten bildeten sich 60,0 % der peripheren Neuropathien vollständig zurück [9]. Durch die subkutane Gabe von Bortezomib kann die Rate der Nebenwirkungen deutlich gesenkt werden, ohne Einbußen in der Wirksamkeit hinnehmen zu müssen. Insgesamt reduzierte sich in einer Phase-III-Studie bei Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem multiplem Myelom der Anteil der Patienten mit ≥ Grad3-Nebenwirkungen bei subkutaner Darreichung auf 57,0 % vs. 70,0 % bei intravenöser Darreichung. Die Rate aller peripheren Neuropathien sank durch die subkutane Gabe auf 38,0 % gegenüber 53,0 % bei intravenöser Gabe (p=0,044). Unter Bortezomib s.c. traten nur noch bei 6,0 % der Patienten ≥ Grad3-periphere Neuropathien auf (vs. 16,0 % unter Bortezomib i.v., p=0,026). Auch der Anteil der Therapieabbrüche aufgrund schwerer

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Nebenwirkungen konnte reduziert werden (22,0 % vs. 27,0 %) [12]. Nutzen der Bortezomib-Therapie für ältere Patienten

Das mediane Alter der Patienten in der VISTA-Studie lag bei 71 Jahren. 30,0 % waren älter als 75 Jahre [4]. Eine Subgruppenanalyse dieser Patienten zeigte, dass Bortezomib auch für Patienten ab 75 Jahren eine gut wirksame und gut verträgliche Option darstellt [13]. 26,0 % der Patienten über 75 Jahre im VMP-Arm erreichten eine komplette Remission. Unter MP waren es nur 3 %. Auch hinsichtlich des Gesamtüberlebens zeigte sich der Nutzen einer Behandlung mit Bortezomib in dieser Patientengruppe: Das mediane Gesamtüberleben war unter VMP deutlich höher als unter MP (50,7 vs. 32,9 Monate) [9]. Der Wert für die mediane Zeit bis zur Progression wurde unter VMP noch nicht erreicht, während er im MP-Arm bei 16,4 Monaten lag. Die Nebenwirkungen der Behandlung mit VMP waren bei Patienten über 75 Jahre mit denen jüngerer Patienten vergleichbar [13]. Positive Wirkung auf den Knochenstoffwechsel bei Patienten mit multiplem Myelom

Der krankheitsbedingte gestörte Knochenstoffwechsel bei Menschen mit multiplem Myelom führt häufig zu Knochenschmerzen bis hin zu pathologischen Frakturen. Auch kann es durch den gesteigerten Knochenabbau zu Hyperkalzämie mit entsprechenden Symptomen kommen [14]. Der Proteasom-Inhibitor Bortezomib kann den gestörten Knochenstoffwechsel regulieren, indem er sowohl die Aktivität © VERLAG PERFUSION GMBH


ÜBERSICHTSARBEIT

knochenabbauender Osteoklasten hemmt [15, 16, 17] als auch die Differenzierung und Aktivität der knochenaufbauenden Osteoblasten steigert [18, 19, 20]. Histomorphologische Analysen zeigen, dass im Ergebnis sowohl das Knochenvolumen als auch die trabekuläre Vernetzung unter Bortezomib zunehmen können [19]. Einsatz von Bortezomib bei gleichzeitiger Niereninsuffizienz

Niereninsuffizienz liegt bei rund 16  % aller neu diagnostizierten Myelom-Patienten vor. Diese Patienten haben im Allgemeinen eine schlechtere Prognose und sind oft schwierig zu behandeln. Hinzu kommt, dass die Niereninsuffizienz eine häufige Myelomassoziierte Komplikation darstellt [21]. Bortezomib kann unter engmaschiger Beobachtung sowohl bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion als auch bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz eingesetzt werden [7]. In der VISTA-Studie erreichten 31 % der niereninsuffizienten Patienten (Baseline-Kreatinin-Clearance <50 ml/min) unter VMP eine komplette Remission [4]. Von besonderer Bedeutung ist, dass unter VMP der Anteil der Patienten mit einer Erholung der Nierenfunktion (entspricht einer Verbesserung der Werte auf GFR ≥60,0 ml/min unter Behandlung) höher war als unter MP (44,0 % vs. 34,0 % bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance <50 ml/min) [22]. Fabian Sandner, Nürnberg

Literatur 1 Rosiñol L, Oriol A, Teruel AI et al. Superiority of bortezomib, thalidomide, and dexamethasone (VTD) as induction pretransplantation therapy in multiple myeloma: a randomized phase 3 PETHEMA/ GEM study. Blood 2012; 120:1589-1596 2 Harousseau JL, Attal M, Avet-Loiseau H et al. Bortezomib plus dexamethasone is superior to vincristine plus doxorubicin plus dexamethasone as induction treatment prior to autologous stem-cell transplantation in newly diagnosed multiple myeloma: results of the IFM 2005-01 phase III trial. J Clin Oncol 2010;28: 4621-4629 3 Richardson PG, Barlogie B, Berenson J et al. Extended follow-up of a phase II trial in relapsed, refractory multiple myeloma:: final time-to-event results from the SUMMIT trial. Cancer 2006;106:13161319 4 San Miguel JF, Schlag R, Khuageva NK et al. Persistent overall survival benefit and no increased risk of second malignancies with bortezomib-melphalan-prednisone versus melphalan-prednisone in pa­ tients with previously untreated multiple myeloma. J Clin Oncol 2013;31:448-455 5 Dimopolous MA, Orlowski R, Facon T et al. Retrospective matched-pair analysis of the efficacy and safety of bortezomib plus dexamethasone versus bortezomib monotherapy in patients with relapsed multiple myeloma. ASH 2013, Abstract 3177 (Poster Presentation) 6 Fachinformation Velcade®, Stand Januar 2014 7 Mateos MV, Richardson PG, Schlag R et al. Bortezomib plus melphalan and prednisone compared with melphalan and prednisone in previously untreated multiple myeloma: updated follow-up and impact of subsequent therapy in the phase III VISTA trial. J Clin Oncol 2010; 28:2259-2266 8 Gay F, Larocca A, Wijermans P et al. Complete response correlates with longterm progression-free and overall survival in elderly myeloma treated with novel agents: analysis of 1175 patients. Blood 2011;117:3025-3031 9 Harrousseau JL, Palumbo A, Richardson PG et al. Superior outcomes associated with complete response in newly diagnosed multiple myeloma patients treated with nonintensive therapy: analysis of the phase 3 VISTA study of bortezomib plus melphalan-prednisone versus melphalan-prednisone. Blood 2010;116:3743-3750

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10 Mateos MV, Richardson PG, Shi H et al. Higher cumulative bortezomib dose results in better overall survival in patients with previously untreated multiple myeloma receiving bortezomib-melphalan-prednisone (VMP) in the phase 3 VISTA study. ASH 2013, Abstract 1968 (Poster Presentation) 11 Hrusovsky I, Emmerich B, von Rohr A et al., Bortezomib retreatment in relapsed multiple myeloma – results from a retro­ spective multicentre survey in Germany and Switzerland. Oncology 2010;79:247-254 12 Moreau P, Pylypenko H, Grosicki S et al. Subcutaneous versus intravenous administration of bortezomib in patients with relapsed multiple myeloma: a randomised, phase 3, non-inferiority study. Lancet Oncol 2011;12:431-440 13 Kropff M et al. XII International Myeloma Workshop 2009; Poster 084 14 DGHO-Leitlinie Multiples Myelom, Stand: September 2013: http://www.dgho-onkope dia.de/de/onkopedia/leitlinien/multiplesmyelom 15 von Metzler I, Krebbel H, Hecht M et al. Bortezomib inhibits human osteoclastogenesis. Leukemia 2007;21:2025-2034 16 Terpos E, Heath DJ, Rahemtulla A et al. Bortezomib reduces serum dickkopf-1 and receptor activator of nuclear factor-kappaB ligand concentrations and normalises indices of bone remodelling in patients with relapsed multiple myeloma. Br J Haematol 2006;135:688-692 17 Boissy P et al., Blood 2006;108:1000a, Abstract 2508 18 Pennisi A, Li X, Ling W et al. The proteasome inhibitor, bortezomib suppresses primary myeloma and stimulates bone formation in myelomatous and nonmyelomatous bones in vivo. Am J Hematol 2009; 84:6-14 19 Giuliani D, Morandi F, Tagliaferri S et al. The proteasome inhibitor bortezomib affects osteoblast differentiation in vitro and in vivo in multiple myeloma patients. Blood 2007;110:334-338 20 Zangari M, Esseltine D, Lee CK et al. Response to bortezomib is associated to osteoblastic activation in patients with multiple myeloma. Br J Haematol 2005;131: 71-73 21 Knauff W et al. DGHO 2009, Abstract P489 22 Dimopoulos MA, Richardson PG, Schlag R et al. VMP (Bortezomib, Melphalan, and Prednisone) is active and well tolerat­ed in newly diagnosed patients with multiple myeloma with moderately impaired renal function, and results in reversal of renal impairment: cohort analysis of the phase III VISTA study. J Clin Oncol 2009;27: 6086-6093

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

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ie zu den seltenen Erkrankungen zählende idiopathische Lungenfibrose (IPF) ist eine schwerwiegende Erkrankung, die mit einer hohen Sterblichkeit einhergeht. In Deutschland sind schätzungsweise bis zu 20.000 Menschen davon betroffen [1]. Das 5-Jahres-Überleben dieser Patienten ist meist schlechter als bei den meisten Tumorerkrankungen: Etwa 50 % der Patienten sterben innerhalb von 3–4 Jahren nach Diagnose infolge der fortschreitenden Vernarbung des Lungengewebes und dem damit verbundenen Verlust der Lungenfunktion [2]. Eine Heilung ist bis dato nicht möglich. Inspiratorisches Knisterrasseln als wegweisendes Symptom

Bislang ist die IPF unterdiagnostiziert, was Patienten die Chancen einer frühzeitigen Behandlung verwehren kann. Ein Symptom, das bei der frühen Diagnose von IPF hilft, ist das inspiratorische Knisterrasseln (Sklerosiphonie) bei der Auskultation, das sich wie das langsame Öffnen eines Klettverschlusses anhört. Auf der Webseite www. soundsofipf.de können interessierte Ärzte anhand von Aufnahmen verschiedener Lungengeräusche von Patienten mit IPF das Erkennen dieses Geräusches trainieren und in dem interaktiven Test „Testen Sie Ihr Diagnoseohr“ überprüfen. Schon bei der Erstvorstellung weisen rund 80 % der Betroffenen dieses charakteristische Lungengeräusch auf [3]. Über 80 % der Patienten leiden an Dyspnoe, zunächst nur unter Belastung, 70 % an trockenem Husten. Bei etwa 30 % besteht eine Zyanose. Außerdem zeigen einige Patienten Uhrglasnägel und/oder Trommelschlegelfinger als klinische Zeichen einer Hypox-

Idiopathische Lungenfibrose: Handlungsbedarf bei Diagnose und Therapie ämie (ca. 20 %), manche Patienten leiden auch an Müdigkeit und Erschöpfung [1, 2]. Sichere Diagnose durch multidisziplinäres Konsil

Die sichere klinische Diagnose beruht auf klinischen, radiologischen und teilweise auch auf histopathologischen Befunden, die eine enge interdisziplinäre Kooperation zwischen Pneumologen, Radiologen und Pathologen erfordert. Sie kann mit entsprechenden bildgebenden Verfahren gesichert werden. Insbesondere lassen sich mittels der High Resolution Computertomografie (HRCT) oder der hochauflösenden Multislice-CT für IFP charakteristische Befunde wie Honigwabenbildung in Kombination mit Traktionsbronchiektasen erkennen. Die S2K-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der IPF empfiehlt bei unklarem HRCTBefund eine chirurgische Lungenbiospie [1]. Exazerbationen verschlechtern die Prognose

Der klinische Verlauf der IPF ist heterogen und kann bei einigen Patienten rasch, bei anderen langsam voranschreiten. Eine Progression der Erkrankung lässt sich am Abfall des Lungenvolumens (forcierte exspiratorische Vitalka-

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pazität, FVC) erkennen. Bei IPFPatienten nimmt die FVC etwa um 150–200 ml pro Jahr ab [4], bei Gesunden hingegen nur um etwa 35–60 ml pro Jahr [5]. Bei IPF muss eine Abnahme der FVC um 5–10 % bereits als prognostisch relevante Progression gewertet werden; bei einem Abfall der FVC um mehr als 10 % innerhalb von 6 Monaten ist das Risiko, in den nächsten 12 Monaten zu sterben, um mehr als das 4-Fache erhöht [6]. Bei einigen Patienten kommt es zu einer Exazerbation der IPF, einem akuten Krankheitsschub, der sich für den Patienten als starke Zunahme der Atemnot bemerkbar macht [7]. Die Mortalität in dieser Situation ist hoch: In Studien wurde gezeigt, dass nach einer IPF-Exazerbation ca. 50 % der Patienten im Krankenhaus versterben [8]. Nicht zuletzt aufgrund dieser individuellen Verläufe ist eine effiziente Patientenbetreuung essenziell. Nicht pharmakologische Behandlungsoptionen können helfen

Die therapeutischen Maßnahmen richten sich nach der Schwere der Erkrankung, z.B. nach Lungenfunktion, Symptomen, Risiken (Exazerbationen, familiäre Vorbelastung) und nach den Komorbiditäten [1]. Das Symptommanagement sollte Husten, Luftnot, Müdigkeit, De© VERLAG PERFUSION GMBH


AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Nintedanib Nintedanib ist ein zur Behandlung der IPF in der klinischen Prüfung befindlicher niedermolekularer Tyrosinkinase-Inhibitor, der unter anderem die Rezeptoren der Wachstumsfaktoren Vascular Endothelial Growth Factor (VEGFR), Fibroblast Growth Factor (FGFR) sowie Platelet-derived Growth Factor (PDGFR) inhibiert. Durch Blockade dieser Rezeptoren werden Signalwege gehemmt, die an Pathomechanismen der idiopathischen Lungenfibrose beteiligt sind [10]. Im Juni wurde die Zulassung für Nintedanib bei der European Medicine Agency (EMA) beantragt.

pression und den Verlust der Lebensqualität mit einbeziehen. Eine nicht pharmakologische Therapie wie die pulmonale Rehabilitation kann das Befinden des Patienten verbessern. Nach Ausschöpfung therapeutischer Alternativen kommt für Patienten mit klinisch und funktionell fortgeschrittener Erkrankung und reduzierter Lebenserwartung nur noch eine Lungentransplantation in Betracht. Ein Blick in die Zukunft: vielversprechende Ergebnisse mit Nintedanib

Mit einer medikamentösen Therapie kann die Progression der Erkrankung verzögert, bislang aber nicht dauerhaft gestoppt werden. Ziel ist das Verlangsamen der Krankheitsprogression und damit einhergehend eine mögliche Verlängerung der Überlebenszeit sowie die Verhütung von Exazerbationen. Wie erste Ergebnisse mit dem derzeit in der klinischen Entwicklung befindlichen niedermolekularen Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib nahelegen, lässt sich dieses Ziel in naher Zukunft erreichen. Denn in den zulassungsrelevanten placebokontrollierten Phase-III-Studien INPULSIS-1 und INPULSIS-2 reduzierte Nintedanib die jährliche Abnahme der

forcierten Vitalkapazität (FVC, primärer Studienendpunkt) um etwa 50 % gegenüber Placebo, und das wiederholt und konsistent in beiden Studien mit identischem Design [9]. Die jährliche Abnahme der FVC betrug (jeweils Nintedanib vs. Placebo): • in INPULSIS-1: –114,7 vs. –239,9  ml (95%-KI 77,7– 172,8; p<0,001) • in INPULSIS-2: –113,6 vs. –207,3  ml (95%-KI 44,8– 142,7; p<0,001) INPULSIS-2 hat darüber hinaus die beiden wichtigen sekundären Studienendpunkte erreicht: Zum einen war das Risiko für eine erste akute IPF-Exazerbation bei Patienten, die Nintedanib einnahmen, gegenüber Placebo signifikant reduziert. Zum anderen war bei Patienten unter Nintedanib die Lebensqualität (gemessen mithilfe des Patientenfragebogens St. George’s Respiratory Questionnaire) weniger beeinträchtigt als bei Patienten unter Placebo [9]. Zwar waren die INPULSIS-Studien nicht darauf ausgelegt, einen Einfluss auf die Mortalität zu zeigen, jedoch war der Anteil der verstorbenen Patienten im Nintedanib-Arm numerisch um etwa 30 % geringer als unter Placebo. Die häufigste Nebenwirkung von Nintedanib war Diarrhö: 62  %

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(Nintedanib) vs. 19 % (Placebo) in INPULSIS-1 und 63 % vs. 18 % in INPULSIS-2. Sie war meist von milder bis moderater Intensität und in der Regel gut beherrschbar. Mehr als 95 % der Patienten mit Durchfall setzten die Studienteilnahme fort. Der Anteil der Patienten mit schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen war in allen Gruppen vergleichbar. Über 90 % der Patienten haben sich dazu entschlossen, die Therapie mit Nintedanib im Rahmen der unverblindeten Anschluss-Studie fortzusetzen. Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1 Behr J, Günther A, Ammenwerth W et al. S2K-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der idiopathischen Lungenfibrose. Pneumologie 2013;67:81-111 2 Behr J. The diagnosis and treatment of idiopathic pulmonary fibrosis. Dtsch Ärztebl Int 2013;110:875-881 3 Borchers AT, Chang C, Keen CL et al. Idio­pathic pulmonary fibrosis—an epidemiological and pathological review. Clin Rev Allergy Immunol 2011;40:117-134 4 Ley B et al. Clinical course and prediction of survival in idiopathic pulmonary fibrosis. Am J Respir Crit Care Med. 2011; 183:431-440 5 Brändli O et al. Lung function in healthy never smoking adults: reference values and lower limits of normal of a Swiss population. Thorax 1996; 51:277-283 6 Du Bois RM Weycker D, Albera C et al. Forced vital capacity in patients with idiopathic pulmonary fibrosis: test properties and minimal clinically important differ­ ence. Am J Respir Crit Care Med 2011; 184:1382-1389 7 Collard HR et al. Acute exacerbations of idiopathic pulmonary fibrosis Am J Respir Crit Care Med 2007;176:636-643 8 Song JW, Hong SB, Lim CM et al. Acute exacerbation of idiopathic pulmonary fibrosis: incidence, risk factors, and outcome. Eur Respir J 2011;37:356-363 9 Richeldi L, du Bois RM, Raghu G et al. Efficacy and safety of nintedanib in idiopathic pulmonary fibrosis. N Engl J Med 2014;370:2071-2082 10 Hilberg F, Roth GJ, Krssak M et al. BIBF 1120: triple angiokinase inhibitor with sustained receptor blockade and good antitumor efficacy. Cancer Res 2008;68:47744782

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

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Morbus Hunter – eine seltene lysosomale Speicherkrankheit

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ie progrediente und lebensbegrenzende Stoffwechsel­ erkrankung Morbus Hunter (Mukopolysaccharidose Typ II) wird durch eine ungenügende oder fehlende Aktivität des lysosomalen Enzyms Iduronat-2-Sulfatase (I2S) verursacht. Aufgrund des Xchromosomalen Erbgangs sind fast nur Jungen betroffen, die Inzidenz beträgt 1 von 162.000 männlichen Neugeborenen. Durch den Enzymdefekt kommt es zu einer Ansammlung der Glykosaminoglykane Dermatan- und Heparansulfat in den Lysosomen der Zellen, wodurch zahlreiche Organe, vor allem Atemorgane, muskuloskelettales System, Herz und Nerven geschädigt werden kön-

nen. Aufgrund der unspezifischen und individuell sehr unterschiedlichen Symptome vergehen oft mehrere Jahre bis zur Diagnose – und das ist für die Betroffenen fatal, zumal mit Idursulfase (Elaprase®) eine Enzymersatztherapie zur Verfügung steht, die bei frühzeitigem Einsatz die somatischen Symptome deutlich verbessert. Frühe Manifestation im HNO-Bereich

Augenfällige klinische Symptome dieser Multisystemerkrankung wie vergröberte Gesichtszüge, eine breite Nase, hervorstehende Backenknochen, buschige Augen-

brauen und struppige Haare, außerdem häufige HNO-Infektionen, Nabel- und/oder Leistenhernien sowie Gelenksteife treten zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahr auf (Abb. 1) [1]. Die ersten Anzeichen sind jedoch oft sehr unspezifisch und isoliert betrachtet nicht außergewöhnlich, sodass sie meist nicht mit einem Morbus Hunter in Verbindung gebracht werden. Da sich die Stoffwechselkrankheit anfangs häufig im HNO-Bereich manifestiert, kommt dem HNO-Arzt eine wichtige Rolle bei der Diagnose zu. Treten mehrere Symptome wie Mittelohrentzündungen, rezidivierende Atemwegsinfekte, chronischer Schnupfen, Obstruktion der

Medianalter bei Beginn (in Jahren) Merkmal / Prävalenz (%)

0 1 2 3 4 5 6 7

Herzklappenerkrankung / 57% Kyphose / Skoliose / 39% Gelenksteife / 84% Vergrößerte Zunge / 70% Vergrößerte Mandeln / Polypen / 68% Vergrößerte Leber / Milz / 89% Veränderte Gesichtszüge/ 95% Nasale Obstruktion / 34% Hernie / 78% Otitis / 74%

Durchschnittliches Alter bei Diagnose (Deutschland)

Abbildung 1: Prävalenz und Medianalter bei ersten Anzeichen für die wichtigsten Symptome des Morbus Hunter [1].

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Ohren

Rachen und Zähne

Wiederkehrende Mittelohrentzündung Hörverlust

Vergrößerte Zunge Vergrößerte Polypen und Mandeln Tracheomalazie Auseinanderstehende Zähne

Atemwege

Sonstige

Entfernung von Mandeln/Polypen aufgrund von Infekten Wiederkehrende Atemwegsinfekte Chronischer Schnupfen Obstruktion der oberen Atemwege Obstruktive Schlafapnoe Restriktive Lungenerkrankung Restriktive Atemwegserkrankung

Nabel-/Leistenhernien Entwicklungsverzögerung Sprachverzögerung Makrozephalus Grobe Gesichtszüge Verdicktes, buschiges Haar und Augenbrauen Steife Gelenke

Tabelle 1: Häufige Symptome bei Morbus Hunter (Fokus HNO).

oberen Atemwege und Hörverlust gleichzeitig auf, sollte der Arzt hellhörig werden (Tab. 1). Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Auswertung verschiedener Datenquellen [2–7], die zu folgendem Ergebnis kommt: Müssen bei Jungen unter 6 Jahren die Mandeln oder Polypen infolge chronischer Infekte entfernt werden und liegt gleichzeitig eine Nabel- oder Leistenhernien vor, so erhöht sich die Inzidenz des Morbus Hunter von 1:162.000 auf 1:55. Bei Verdacht auf das Vorliegen eines Morbus Hunter sollte die Konzentration von Heparan- und Dermatansulfat im Urin bestimmt werden. Bei erhöhten Werten lässt sich die Diagnose durch die Bestimmung der Iduronat-Sulfatase entweder im Serum, in Leukozyten oder in Fibroblasten einer Haut­ biopsie sichern.

Lebenslange Therapie verbessert Symptomatik

Die frühe Diagnose ist für HunterPatienten sehr wichtig, da es eine spezielle Behandlung, die Enzymersatztherapie mit Iduronat2-Sulfatase (Elaprase®), für sie gibt. Diese ist umso wirksamer, je früher sie einsetzt. Studien konnten zeigen, dass sich unter der wöchentlichen Infusion von Elaprase® somatische Symptome wie Ausdauer und Lungenfunktion verbesserten, die Volumina von Milz und Leber sanken und sich die Ausscheidung von Glykosaminoglykanen normalisierte [8, 9]. Neben der ERT können weitere symptomorientierte Maßnahmen beim Morbus Hunter sinnvoll sein: Durch Physiotherapie lässt sich die Gelenkbeweglichkeit erhalten und Gelenkschmerzen werden re-

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duziert. Paukenröhrcheneinlagen oder ggf. auch Hörgeräte können zu einer verbesserten Hörfähigkeit beitragen. Bei einem obstruktiven Schlafapnoesyndrom können durch eine nächtliche CPAP-Beatmung (Continuous Positive Airway Pressure) Erfolge erzielt und kardiale Symptomen mit Beta-Blockern oder ACE-Hemmern behandelt werden. Bei einem möglichen Hydrozephalus wird ein ventrikulärer Shunt eingesetzt. Hernien oder Gelenkkontrakturen lassen sich ebenfalls operativ behandeln. Fabian Sandner, Nürnberg Literatur 1 Wraith JE et al. Gen in Med 2008;10:1-9 2 Meikle PJ et al. J Am Med Ass 1999;281: 249-254 3 Mendelsohn NJ et al. Genet Med 2010;12: 816-822 4 Population Division. U.S. Census Bureau. Annual Estimates of the Resident Population by Single Year of Age and Sex for the United States: April 1, 2010 to July 1, 2011. May 2012.http://factfinder2.census. gov 5 Primatesta P et al. Int J Epidemiol 1996; 25:835-839 6 Cullen KA et al. National Health Statistics Reports 2009;11:1-28 7 Bhattacharyya N et al. Otolaryngol Head Neck Surg 2010;143:680-684 8 Muenzer J et al. Genet Med 2006;8:465473 9 Lampe CH et al. J Inherit Metab Dis 2014; published online 05 March 2014 Quelle: „Meet the expert“ der Shire Deutschland GmbH, 85. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde: HNO-Symptome als Indiz für Morbus Hunter – Trotz auffälliger Symptome wird Krankheit oft erst spät erkannt. Dortmund, 30. Mai 2014

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

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NASH-Zirrhose und hepatische Enzephalopathie – ein häufiges Problem mit großem Einfluss auf die Lebensqualität

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ass Alkohol immer die Ursache für eine Leberzirrhose ist, die der hepatischen Enzephalopathie (HE) den Weg bahnt, ist ein Irrtum. In etwa jeder fünften Fettleber kommt es zur nicht alkoholischen Steatohepatitis (NASH). Bis zu 26 % der NASHPatienten entwickeln eine Zirrhose mit erhöhtem Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom, Aszites und eine HE. Weil in vielen Fällen eine HE allerdings zu spät erkannt wird und bereits eine minimale HE die Lebensqualität des Patienten reduziert und das Risiko von Verkehrsunfällen erhöht, sollte dieser schwerwiegenden Funktionsstörung des Gehirns bei der Versorgung von Patienten mit Leberzirrhose mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Ein wichtiges Therapieziel bei der Behandlung der HE ist es, den infolge der eingeschränkten Leberleistung erhöhten Ammoniakspiegel zu senken. NASH – eine neue Epidemie

In Deutschland leiden etwa 3,5–5 Millionen Menschen an einer chronischen Lebererkrankung, etwa 1 Million davon haben eine Zirrhose. Bei 20–70 % dieser Patienten tritt in unterschiedlicher Ausprägung eine HE auf. Umgerechnet

auf die Anzahl der Hausarztpraxen in Deutschland bedeutet dies, dass auf eine Praxis im Durchschnitt 10 Patienten mit einer manifesten oder latenten HE entfallen. Schätzungen zufolge wird die Zahl der HE-Patienten in den nächsten Jahren weiter ansteigen, und zwar infolge einer zunehmenden Zahl von Menschen mit Übergewicht, metabolischem Syndrom und Diabetes mellitus, auf deren Boden sich eine NASH-induzierte Leberzirrhose entwickeln und in eine HE münden kann. Bereits heute zählt die NASH zu den am häufigsten diagnostizierten hepatischen Erkrankungen mit steigender Inzidenz sowie erhöhtem Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko. Therapeutisch stehen die Umstellung der Lebens- und Ernährungsgewohnheiten mit dem Ziel der Gewichtsreduktion sowie eine optimale Therapie der Begleiterkrankungen im Vordergrund. Eine NASH-Therapie zielt daher in der Regel auf eine Verbesserung des Lipidprofils und der Insulinresistenz. Medikamentöse Ansätze, für die ein gewisser Nutzen gezeigt werden konnte, sind derzeit Metformin, Sartane, Statine sowie Omega-3-Fettsäuren und Vitamin E. Zudem sollten eine regelmäßige hepatologische Begutachtung und Verlaufskontrolle erfolgen.

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Hepatische Enzephalopathie – eine Herausforderung für die Praxis

Die HE ist eine schwerwiegende Komplikation jeder chronischen Lebererkrankung. Häufig tritt diese metabolisch bedingte Funktionsstörung des Zentralnervensystems im Rahmen einer Leberzirrhose z.B. aufgrund einer chronischen Virushepatitis oder einer nicht alkoholischen Steatohepatitis (NASH) auf. Der Beginn einer HE ist schwierig zu erkennen, da die neuropsychiatrischen Auffälligkeiten im Anfangsstadium meist unbemerkt bleiben. Bei der Diagnosestellung können fremdanamnestische Angaben, z.B. von Angehörigen, sowie psychomotorische Tests hilfreich sein. Charakteristisch sind kognitive, motorische und neuropsychiatrische Beeinträchtigungen, die sich unbehandelt zunehmend verstärken und die Lebensdauer sowie die Lebensqualität der Patienten stark beeinträchtigen. Nach den WestHaven-Kriterien werden 5 Stadien unterschieden (Tab. 1). Wichtigster pathogenetischer Faktor der HE ist eine Überladung des Blutkreislaufs und der Zerebrospinalflüssigkeit mit toxischen Substanzen, vor allem mit Ammoniak. Aufgrund der verminder© VERLAG PERFUSION GMBH


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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

HE-Grad

Bewusstseinslage/Intellekt

Verhalten

Neuromuskuläre Symptome

Latent, minimal, subklinisch I

Klinisch unauffällig, aber pathologische psychometrische Tests Verminderte Konzentration und Reaktionsgeschwindigkeit, Schlafstörungen, Müdigkeit (Vigilanzminderung) Verlangsamung, Lethargie

Klinisch unauffällig, aber pathologische psychometrische Tests Persönlichkeitsveränderungen

Gestörte Feinmotorik

II III IV

Desorientiertheit, Somnolenz, Stupor Koma

Auffällige Persönlichkeits veränderungen, zeitlich desorientiert Bizarres Verhalten, Wahnvorstellungen erloschen

Gestörte Feinmotorik

Asterixis, verwaschene Sprache Hyper- und Hyporeflexe, Asterixis, Krämpfe Areflexie, Tonusverlust

Tabelle 1: Schweregrade der hepatischen Enzaphalopathie: Einstufung des mentalen Zustands nach den West-Haven-Kriterien.

ten hepatischen Entgiftungsleistung akkumuliert das Neurotoxin Ammoniak gebunden als Glutamin in den Astrozyten. Die steigende Glutaminkonzentration führt aufgrund ihrer osmotischen Wirkung zum Anschwellen dieser Gliazellen. Als Folge dieses geringgradigen Hirnödems kommt es zu Störungen in der Neurotransmission, die sich als Verschlechterung in psychometrischen Tests bemerkbar machen. Das vorrangige Behandlungsziel ist daher, den erhöhten Ammoniakspiegel im Blut zu senken. Therapeutisch gibt es hierfür verschiedene Wege. Zum einen wird versucht, die Entstehung von Ammoniak im Darm zu verhindern; hier wirken z.B. nicht resorbierbare Disaccharide wie Lactulose oder Lactitol und darmselektive Antibiotika wie Rifaximin. Eine weitere, gut verträgliche Option ist die Stimulation der extraintestinalen Ammoniakentgiftung mit L-Ornithin-L-Aspartat (Hepa-Merz®). Dabei werden zwei Stoffwechselwege aktiviert: der Harnstoffzyklus in den periportalen und die Glutaminsynthese in den perivenösen Hepatozyten sowie in der Muskulatur [1]. Den Stellenwert von L-OrnithinL-Aspartat als evidenzbasierte Therapieoption bei HE wurde in umfassenden placebokontrollierten Doppelblindstudien belegt und

Abbildung 1: Verbesserung des mentalen Status von HE-Patienten unter L-Ornithin-L-Aspartat (Hepa-Merz®) [2]. KI = Konfidenzintervall, M.-H. = Mantel-Haenszel-Methode.

die Wirksamkeit dieser etablierten Behandlung bei oraler (bis zu 3 x 6 g/d) wie intravenöser Gabe (bis zu 20 g/d) erneut in einer aktuellen Metaanalyse bestätigt (Abb. 1) [2]. Mit L-Ornithin-L-Aspartat lässt sich die Hyperammonämie durch Aktivierung der Harnstoffund Glutaminsynthese effektiv reduzieren. Durch diesen dualen Wirkansatz wird die Ammoniakentgiftung in Leber, Gehirn und Muskulatur angeregt und somit die HE-Graduierung und die kognitive wie psychomotorische Leitungsfähigkeit des Patienten nachweislich verbessert [2]. Elisabeth Wilhelmi, München

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Literatur 1 Fachinformation Hepa-Merz® Granulat 3000, Stand Januar 2011 2 Bai M, Yang Z, Qi X, Fan D, Han G. L-ornithine-l-aspartate for hepatic encephalopathy in patients with cirrhosis: a metaanalysis of randomized controlled trials. J Gastroenterol Hepatol 2013;28:783-792

Quelle: Symposium „Hepatische Enzephalopathie und Lebererkrankungen“ anlässlich des 120. Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM), am 26. April 2014 in Wiesbaden, Veranstalter: Merz Pharmaceuticals GmbH

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Zu schnell, zu schlaff – sexuelle Funktionsstörungen als Herausforderung im Praxisalltag

N

och immer fällt es vielen Männern schwer, ihre sexuelle Funktionsstörung in der ärztlichen Praxis anzusprechen. Daher bleibt ein Großteil der Betroffenen trotz guter Therapie­ optionen unbehandelt. Dabei sind sexuelle Funktionsstörungen nicht selten: Der vorzeitige Samenerguss ist bei Männern unter 60 Jahren die häufigste sexuelle Funktionsstörung und tritt unabhängig vom Alter auf. Anders ist es bei der erektilen Dysfunktion: Ihre Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter an. Zahlen für Deutschland zeigen, dass etwa 20 % der Männer zwischen 30 und 80 Jahren davon betroffen sind [1].

den „Sexual Complaints Screener Men“ der ISSM, der mit 8 Fragen auch für die hausärztliche Praxis gut geeignet ist [2], kann die Hemmschwelle für den betroffenen Mann minimiert werden. Wie in vielen anderen Fällen hilft auch hier ein offenes Gespräch zwischen den Partnern und mit dem behandelnden Arzt. Avanafil bei erektiler Dysfunktion: schneller Wirkeintritt bei guter Verträglichkeit

PDE-5-Hemmer sind heute die medikamentöse Erstlinien-Therapie

bei erektiler Dysfunktion (ED) [3], dennoch setzen mehr als die Hälfte der Patienten die Behandlung nicht fort [4]. Häufig begründen Patienten den Abbruch mit einer nicht ausreichenden Wirksamkeit oder unerwünschten Begleiterscheinungen. Aber auch unzureichende Anweisungen durch den Arzt, fehlende Wiedereinbestellung oder eine nicht hinreichende Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse können zu einem Therapieabbruch führen. Obwohl sexuelle Aktivitäten bei Paaren mit ED signifikant seltener werden, wollen die Betroffenen die Spontanität beim Sex beibehalten und

Avanafil Patienten wünschen sich Ansprache sexueller Themen durch den Arzt

Sexuelle Störungen betreffen beide Partner gleichermaßen und belasten somit viele Ehen und Partnerschaften erheblich. Unsicherheit, Nervosität und Frustration über die sexuelle Unzufriedenheit setzen der Beziehung zu und verstärken zusätzlich die Probleme. Viele Patienten sind bereit, über sexuelle Probleme zu sprechen, allerdings wünschen sie sich eine aktive Ansprache durch den Arzt. Über einen Anamnesebogen im Wartezimmer, wie beispielsweise

Avanafil (Spedra®) ist ein hochselektiver reversibler Inhibitor der Zyklo-Guanosinmonophosphat(cGMP)-spezifischen Phosphodiesterase 5 (PDE-5). Führt eine sexuelle Stimulation zu einer lokalen Freisetzung von Stickstoffmonoxid (NO), bewirkt Avanafil eine Hemmung der PDE-5 und damit eine erhöhte Konzentration von cGMP im Schwellkörper des Penis. Dies führt zu einer Entspannung der glatten Muskulatur des Schwellkörpers und einem Bluteinstrom in das Penisgewebe, wodurch es zu einer Erektion kommt. Bei fehlender sexueller Stimulation hat Avanafil keine Wirkung. Die Standarddosierung beträgt 100 mg und kann je nach individueller Verträglichkeit auf maximal 200 mg erhöht oder 50 mg reduziert werden. Avanafil sollte bei Bedarf etwa 30 Minuten vor der sexuellen Aktivität eingenommen werden (maximal 1 Tablette/ 24 h). Der Wirkstoff wird aufgrund der besonderen Galenik der Tablette und der besonderen Molekülstruktur schnell resorbiert und hat einen raschen Wirkeintritt. Daher kann bereits 10 Minuten nach Einnahme ein erfolgreicher Geschlechtsverkehr möglich sein.

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* SEP = Sexual Encounter Profile; SEP 2 = Prozentsatz der Versuche, die zu einer erfolgreichen vaginaler Penetration führten; SEP 3 = Prozentsatz der Versuche, die zu einem erfolgreichen Geschlechtsverkehr führten; IIEF-EF = International Index of Erectile Function – Erectile Function Domain

35 Erfolgreicher Geschlechtsverkehr in % (SEP-3)

diesen nicht vorher planen müssen. Insbesondere diese Patienten können von dem neuen PDE-5-Hemmer Avanafil (Spedra®) profitieren, der seit März 2014 verfügbar ist. Er zeichnet sich durch einen raschen Wirkeintritt sowie eine hohe Selektivität und gute Verträglichkeit aus [5–7]. Aktuellen Daten einer multizentrischen, doppelblinden Phase-IV-Studie zufolge kann Avanafil schon 10 Minuten nach der Einnahme wirken (Abb. 1) [8]. Bereits in 3 Phase-III-Studien des REVIVE-Programms (Research EValuating an InVestigational medication for Erectile dysfunction) mit insgesamt 1.334 erwachsenen Betroffenen hatte Avanafil u.a. einen schnellen Wirkeintritt gezeigt. Zudem verbesserten sich in diesen Studien alle co-primären Endpunkte (SEP 2, SEP 3, IIEFEF)* im Vergleich zu Placebo [5–7]. Der Anteil der erfolgreichen Geschlechtsverkehrversuche, die Männer bereits innerhalb von 15 Minuten nach Einnahme durchführten, war mit 67  % (100  mg Avanafil) bzw. 71 % (200 mg Avanafil) größer als in der Placebogruppe (27 %) [5]. Die Ergebnisse zweier REVIVE-Studien wiesen zudem darauf hin, dass Avanafil mehr als 6 Stunden nach Einnahme wirken kann [6, 7]. Auch Männer mit Diabetes oder nach radikaler Prostatektomie können von Avanafil hinsichtlich ED signifikant profitieren. Seine besondere Galenik und Molekülstruktur, die Avanafil von Sildenafil, Vardenafil und Tadalafil unterscheidet, führt zu einer schnellen Resorption und spezifischen Bin-

Placebo (n = 136) Avanafil 100 mg (n = 139) Avanafil 200 mg (n = 139)

30 25 20 15 10 5 0

0

1

2

3 4

5 6

7

8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Zeit (Minuten)

Abbildung 1: Die Wirkung des neuen PDE-5-Hemmers Avanafil (Spedra®) kann bereits 10 Minuten nach Einnahme einsetzen, wie eine aktuelle Doppelblindstudie mit 8-wöchiger Behandlungsperiode belegt [8]. * p<0,05 vs. Placebo; ** p<0,001 vs. Placebo.

dung an die PDE-5 [9, 10]. Die gute Verträglichkeit von Avanafil wird auf die hohe Selektivität des Wirkstoffs zurückgeführt [10]. Ejaculatio praecox – Differenzierung zwischen lebenslanger und erworbener Form wichtig

Beim vorzeitigen Samenerguss (Ejaculatio praecox, EP) werden die lebenslange (primäre) und die erworbene (sekundäre) Form unterschieden. Etwa 65 % der betroffenen Männer leiden unter der primären Form, die bereits mit Beginn der sexuellen Aktivität auftritt [11]. Im Unterschied zur lebenslangen EP tritt der erworbene vorzeitige Samenerguss häufig erst nach vielen Jahren auf. Für diese Form charakteristisch ist ein vorangegangenes normales Ejakulationsverhalten. Die häufigste Ursache der sekundären Form ist die erektile Dysfunktion, diese muss daher vorrangig therapiert werden**.

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Während immer mehr Betroffene aktiv eine Therapie für ihre erektile Dysfunktion suchen, ist der vorzeitige Samenerguss häufig noch ein Tabu. Zudem wissen viele der Betroffenen nicht, dass diese sexuelle Funktionsstörung gut therapierbar ist. Dapoxetin verlängert die Zeit bis zum Samenerguss signifikant

Das bislang einzige zugelassene Medikament zur Behandlung der EP ist der kurzwirksame Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Dapoxetin (Priligy®). Seine Wirksamkeit und Verträglichkeit wurden in 5 klinischen Phase-III-Studien mit über 6.000 Patienten umfassend bestätigt [12–15]. Eingeschlossen waren ≥18-jährige Männer, die unter primärer oder sekundärer EP litten und seit mindestens 6 Monaten in einer monogamen heterosexuellen Partnerschaft lebten. Über einen Zeitraum von 9–24 Wochen ** Eine Kombination von Dapoxetin mit PDE-5-Hemmern ist nicht zulässig.

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erhielten die Studienteilnehmer im Verumarm entweder 30 mg oder 60 mg Dapoxetin bei Bedarf bzw. 60 mg täglich. Um die Therapiewirksamkeit von Dapoxetin zu bestimmen, wurde in den PhaseIII-Studien die IELT – die Zeit von der Penetration bis zum Samenerguss – von den Partnerinnen der Betroffenen mittels Stoppuhr erfasst. Wie die zusammenfassende Auswertung der Phase-III-Studien mit Dapoxetin zeigt, lag die durchschnittliche IELT der Betroffenen zu Beginn der Studien bei 0,9 Minuten. Bereits nach der ersten Einnahme von Dapoxetin verlängerte sich die mittlere IELT signifikant. Im weiteren Therapieverlauf erhöhte sich dieser Wert noch und betrug nach 12 Wochen mehr als das Dreifache des Ausgangswertes (Abb. 2). Therapie mit Dapoxetin im Praxisalltag erfolgreich

Die Verträglichkeit der Therapie mit Dapoxetin im Behandlungsalltag wurde im Rahmen der nicht interventionellen PAUSEStudie (Premature Ejaculation – Actual Use Safety and Effectiveness Study) untersucht [16]. Von 10.028 eingeschlossenen Patienten entschieden sich rund 67 % der Teilnehmer für die Therapie mit Dapoxetin (30 mg, 60 mg). Rund 33 % der Patienten zogen eine alternative Therapie (z.B. einen anderen SSRI [off-label], topische Therapien [off-label], Kondome und Sexualtherapie) vor. 69,2 % der Patienten der Dapoxetin-Gruppe waren mit der Initialdosis von 30 mg zufrieden, da sie die Therapie auch nach dem Studienzeitraum von 12 Wochen mit

Mittlere IELT in Minuten (SD) 4 2,7* (3,74)

3

2,3* (3,70)

2

1,5 (1,96)

3,1* (3,36)

2,6* (3,25) 1,7 (1,83)

3,5* (3,58)

3,0* (3,67)

3,8* (3,91) 3,2* (3,97)

3,1* (3,91)

2,0 (2,52)

1,9 (2,34)

3,6* (3,85)

1,9 (2,43)

3,5* (3,80) 3,1* (4,88)

1,9 (2,89)

0,9 0,9 0,9 (0,48)(0,49)(0,49)

1

0 zu Studien- 1. Dosis Woche 4 Woche 8 Woche 12 beginn Placebo (n ~ 1468)

Dapoxetin (30 mg) (n ~ 1497)

Woche 12 Woche 24 (LPOCF) (LPOCF)

Dapoxetin (60 mg) (n ~ 1449)

Abbildung 2: Behandlung der Ejaculatio praecox mit Dapoxetin (Priligy®). Wie die Auswertung von 5 Phase-III-Studien zeigt, trat bereits mit der ersten Einnahme von Dapoxetin meist eine signifikante Verbesserung der intravaginalen Ejakulationslatenzzeit (IELT) ein (mod. nach [15]). * p<0,001 vs. Placebo; LPOFC = last post-baseline observation carried forward.

Dapoxetin Dapoxetin (Priligy®) ist ein kurzwirksamer Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), indiziert für die Behandlung der Ejaculatio praecox bei Männern zwischen 18 und 64 Jahren. Dapoxetin unterscheidet sich von herkömmlichen SSRI besonders hinsichtlich seiner pharmakokinetischen Eigenschaften. Es wird nach oraler Einnahme schnell absorbiert und erreicht innerhalb von 60–80 Minuten seinen höchsten Plasmaspiegel. Der Wirkstoff hat eine kurze initiale Halbwertszeit von ca. 90 Minuten und wird rasch vom Körper eliminiert. Durch die schnelle Resorption und Elimination eignet sich Dapoxetin als Bedarfsmedikation (maximal 1 Tablette/24 h). Eine Akkumulation von Dapoxetin erfolgt bei dieser Form der Wirkstoffgabe nicht – im Gegensatz zu herkömmlichen SSRI.

30 mg Dapoxetin fortsetzten. Bei 19 % der Gruppe wurde die Dosis auf 60 mg Dapoxetin im Rahmen des Beobachtungszeitraumes von 12 Wochen erhöht (bei 2 % von 60 mg auf 30 mg Dapoxetin reduziert). Im Rahmen der PAUSEStudie fanden 3 Follow-up-Termine statt. Diese ermöglichten das Feedbackgespräch mit dem Patienten und ggf. eine Therapieanpassung. Es zeigte sich, dass ein regelmäßiges Follow-up die Therapieadhärenz erhöhen kann.

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In der Dapoxetingruppe wurde am häufigsten über Übelkeit (3,1 %), Kopfschmerzen (2,6 %) und Schwindel (1,0 %) berichtet. Synkopen traten in der Dapoxetin-Gruppe gar nicht und in der Gruppe mit alternativen Therapieansätzen einmal auf [16]. In den Zulassungsstudien wiesen diese Nebenwirkungen zum Teil andere Häufigkeiten auf (siehe auch Fachinformation Dapoxetin). Fabian Sandner, Nürnberg

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Prostatakarzinom: Strategien für mehr Osteoprotektion

Literatur 1 Braun M et al. Int J Impot Res 2000; 2:305-311 2 Hatzichristou D et al J Sex Med 2010;7: 337-348 3 Wespes E et al. EAU Guidelines 2013. http://www.uroweb.org/gls/pdf/14_ Male%20Sexual%20Dysfunction_LR.pdf 4 Hatzimouratidis K, Hatzichristou DG. Curr Pharm Des 2009;15:3476-3485 5 Goldstein I et al. J Sexual Med. 2012;9: 1122-1133 6 Goldstein I et al. Mayo Clin Proc 2012; 87:843-852 7 Mulhall JP et al. J Urol 2013;189:22292236 8 Goldstein I et al. Presented at the 19th Annual Fall Scientific Meeting of SMSMA, Nov 21–4, 2013, New Orleans, LA, USA. Poster 125 9 Kedia GT et al. Ther Adv Urol 2013;5:3541 10 Wang R et al. J Sex Med 2012;9:21222129 11 McMahon CG et al. J Sex Med 2011,8: 524-539 12 Pryor J et al. Lancet 2006;368:929-937 13 Buvat J et al. Eur Urol 2009;55:957-967 14 Kaufman J et al. BJU Int 2009;103:651658 15 McMahon CG et al. J Sex Med 2010;7: 256-268 16 Mirone V et al. Eur Urol 2014,65:733-739

P

atienten mit fortgeschrittenen Tumoren entwickeln häufig Knochenmetastasen. Besonders häufig sind Patienten mit hormonabhängigen Tumoren wie dem metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) davon betroffen. Die mit der Metastasierung einhergehenden, meist sehr belastenden skelettbezogenen Komplikationen (skeletal related events, SRE) wie pathologische Frakturen, Bestrahlung des Knochens, Rückenmarkkompression oder tumorbedingte orthopädische Eingriffe verschlechtern nicht nur die Lebensqualität, sondern wirken sich auch negativ auf das Gesamtüberleben aus. Daher muss es das Primärziel einer effizienten Supportivtherapie sein, das Auftreten von Knochenkomplikationen zu verzögern.

Denosumab: Den Teufelskreis gezielt durchbrechen

Bei der Behandlung von Knochenmetastasen hat sich der RANKLigand-Inhibitor Denosumab (Xgeva®) mit seinem einzigartigen Wirkprinzip als besonders effektiv erwiesen. Durch seine Bindung an RANK-Ligand werden die Bildung, die Funktion und das Überleben knochenresorbierender Osteoklasten gehemmt und dem Knochenabbau auf molekularer Ebene entgegengewirkt. Auf diese Weise durchbricht Denosumab den Teufelskreis aus Knochenabbau, damit einhergehender Freisetzung tumorfördernder Wachstumsfaktoren sowie Tumorwachstum, sodass das Auftreten von Knochenkomplikationen verzögert werden kann [1].

Denosumab

Quelle: Industrie-Symposium „Sexualmedizin im Praxialltag“ im Rahmen der 120. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), Wiesbaden, 26. April 2014; Veranstalter: Berlin-Chemie AG

Denosumab (Xgeva®) ist ein vollhumaner monoklonaler IgG2-Antikörper, der in den RANK-Ligand-Signalweg eingreift, der eine zentrale Rolle bei der krebsinduzierten Knochendestruktion spielt. RANK (Receptor Activator of Nuclear Factor κB) ist ein Rezeptorprotein, das sich auf der Zelloberfläche von Osteoklasten befindet. Die Bindung des von Osteoblasten ausgeschütteten RANK-Liganden (RANKL) an diesen Rezeptor ist für die Reifung, die Funktion und das Überleben der Osteoklasten unerlässlich. Denosumab bindet RANKL mit hoher Affinität und verhindert so die Aktivierung des Rezeptors durch RANKL. Dadurch wird die knochenabbauende Aktivität der Osteoklasten inhibiert und die Zerstörung des Knochengewebes gebremst. Denosumab wird als subkutane Injektion verabreicht. Die empfohlene Dosis beträgt 120 mg einmal alle 4 Wochen. Ergänzend müssen alle Patienten täglich mindestens 500 mg Calcium und 400 IE Vitamin D erhalten, außer bei bestehender Hyperkalzämie [1].

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Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Denosumab wurde bei über 5.700 Patienten bestätigt. In einer zulassungsrelevanten PhaseIII-Studie an 1.901 Patienten mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom konnte gezeigt werden, dass das Risiko einer ersten und folgenden Knochenkomplikation bei Behandlung mit Denosumab gegenüber Zoledronsäure signifikant um 18 % sank (HR 0,82; 95%Cl 0,71–0,94) (Abb.1) [2]. Indikationsübergreifend konnte Denosumab die Zeit bis zum ersten Auftreten einer Knochenkomplikationen gegenüber dem Bisphosphonat Zoledronsäure signifikant um 8,2 Monate verlängern, wie eine integrierte Analyse der drei Zulassungsstudien zeigte [3]. Außerdem war die mediane Dauer bis zur Verschlimmerung von Schmerzen bei Patientinnen mit Mammakarzinom und keinen oder leichten Schmerzen zu Beginn bei Denosumab im Vergleich zu Zoledronsäure um 119 Tage verlängert [4]. Diese Verzögerung der Schmerzprogression verringert den Opioidbedarf und verbessert die Lebensqualität [5, 6]. Bei Patienten mit Lungenkarzinom verlängerte sich das Gesamtüberleben unter Denosumab-Gabe um durchschnittlich 1,2 Monate [11].

1,00 Anteil der Patienten ohne SRE

90

HR: 0,82 (95%-KI; 0,71-0,95) p = 0,008 (Überlegenheit) p = 0,0002 (Nichtunterlegenheit)

18% Risikoreduktion

0,75

3,5 Monate

0,50 Kaplan-Meier-Schätzer des Medians (Monate)

0,25

0

Denosumab Zoledronsäure 0

3

6

9

20,7 17,1 12 15 Monate

18

21

24

27

Abbildung 1: Ergebnis einer Phase-III-Studie, in der die Prävention von skelettbezogenen Komplikationen (SRE) mit Denosumab (Xgeva®) bei Männern mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom mit der Behandlung mit Zoledronsäure verglichen wurde. Denosumab erwies sich als signifikant überlegen, denn es konnte die Zeit bis zum Auftreten der ersten Knochenkomplikation um 3,5 Monate verlängern [2].

Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung eines frühzeitigen Einsatzes von Denosumab bereits ab dem erstmaligen Nachweis einer Knochenmetastasierung. Die dadurch erzielte Verzögerung von Knochenkomplikationen und Schmerzen ist ein entscheidender Aspekt für die Lebensqualität der Patienten. Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1 Fachinformation XGEVA® 120 mg Injektionslösung, Stand April 2013 2 Fizazi K et al. Lancet 2011;377:813-822 3 Lipton A et al. Ann Oncol 2010;21(Suppl 8): Abstract P1249 4 Stopeck A et al. J Clin Oncol. 2010;28(7s); Abstract 1024 5 Cleeland CS et al. Ann Oncol 2010;21 (Suppl 8):Viii379, Abstract 1248P 6 Fallowfield L et al. Posterpräsentation SABCS 2010, Abstract P1-13-05 7 Scagliotti GV et al. J Thorac Oncol 2012; 7:1823-1829 Quelle: MediaDialog „Knochenmetastasen beim Prostatakarzinom: Eine osteoonkologi­ sche Betrachtung“ im Rahmen der 5. Akademie Knochen & Krebs, München. Kooperationsveranstaltung der Unternehmen Amgen und Bayer Healthcare Deutschland

Gezielt gegen Knochenmetastasen mit Radium-223-dichlorid Osteoblastische Knochenmetastasen sind charakterisiert durch ständige und übermäßige Neubildung von Knochengewebe mit geringer Stabilität, was zu Brüchen in Knochen und Wirbelkörpern führen kann. Diese Art der knochenbildenden Metastasierung wird insbesondere bei

Prostatakrebs beschrieben. Über 90 % der Patienten mit metastasiertem kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) haben radiologisch nachweisbare Knochenmetastasen [1]. Hier setzt Radium-223-dichlorid (Xofigo®) an, das als Kalziummimetikum in das Hydroxylapa-

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titgitter von neu gebildetem Knochen eingebaut wird und mittels seiner Alpha-Strahlung vor allem zu Doppelstrangbrüchen in der Tumorzell-DNA führt. Durch den hohen linearen Energietransfer des Radionuklids (28  MeV emittierte Gesamtenergie) und die geringe

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Ein weiterer Vorteil ergibt sich durch den selektiv auf Knochenmetastasen ausgerichteten Wirkmechanismus der Therapie mit Radium-223-dichlorid: Die Rate der unerwünschten Ereignisse in der ALSYMPCAStudie war auf Placeboniveau (93  % unter Radium-223-dichlorid vs. 96 % unter Placebo, jeweils mit BSC). Die Inzidenz der schweren unerwünschten Ereignisse lag mit 47 % unter dem Placebowert von 60 % [3]. Abbildung 1: Wirkmechanismus von Radium-223-dichlorid (Xofigo®).

Signifikante Verzögerung skelettaler Ereignisse

Abbildung 2: Überlebensvorteil unter Radium-223-dichlorid (Xofigo®) in der ALSYMPCA-Studie [3].

Reichweite der Alpha-Strahlung (2–10 Zelldurchmesser), entsteht ein starker zytotoxischer Effekt (Abb. 1) [2]. Überlebensvorteil dank fokussierte Wirkung

Der Alpha-Strahler Radium223-dichlorid ist das erste und einzige Radionuklid, das bei Patienten mit CRPC und symptomatischen Knochenmetastasen (ohne bekannte viszerale Metastasen) einen signifikanten Überlebensvorteil gezeigt hat. In der Zulassungsstudie ALSYMPCA

(ALpharadin in SYMptomatic Prostate CAncer patients) ergab sich für die Behandlung mit Radium-223-dichlorid plus bestem Therapiestandard (BSC) ein signifikanter Vorteil gegenüber Placebo plus BSC von 3,6 Monaten (14,9 vs. 11,3 Monate), was einer Hazard Ratio von 0,70 (p<0,001), d.h. einer Reduktion des Mortalitätsrisikos um 30 % entspricht [3]. Der Überlebensvorteil zeigte sich in allen Subgruppen und war unabhängig von einer Docetaxel-Vorbehandlung oder der gleichzeitigen Gabe von Bisphosphonaten (Abb. 2).

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Ein wichtiger sekundärer Endpunkt der ALSYMPCA-Studie war die Zeit bis zum Auftreten des ersten symptomatischen Skelett-Ereignisses, definiert als externe Strahlentherapie zur Symptomlinderung, neu aufgetretene Knochenbrüche, Rückenmarkkompressionen oder tumorbezogene orthopädische Eingriffe. Durch die Therapie mit Radium-223-dichlorid kam es zu einer signifikanten medianen Verzögerung um 5,8 Monate (15,6 Monate unter Radium223-dichlorid plus BSC vs. 9,8 Monate unter Placebo und BSC; HR: 0,66, p<0,001). Zusätzlich traten Knochenschmerzen in der Verum-Gruppe seltener auf (50 % vs. 62 % unter Placebo), was ebenfalls für schwere Knochenschmerzen dokumentiert wurde. Literatur 1 Heidenreich A et al. Eur Urol 2014;65: 467-479 2 Fachinformation Xofigo® (Radium223-dichlorid) 1000 kBq/ml Injektionslösung, Stand November 2013 3 Parker C et al. N Engl J Med 2013;369: 213-223

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ktuelle Erkenntnisse zur Pathophysiologie der Multiplen Sklerose (MS) deuten auf zwei unterschiedliche und teilweise voneinander unabhängige zugrunde liegende Mechanismen hin: Traditionell wird MS als progressive, entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems gesehen, deren Marker Schübe und fokale Läsionen der weißen Substanz sind, die in der Bildgebung mittels konventioneller MRT zu sehen sind. Ursache sind Entzündungen, die durch periphere T-Zellen vermittelt werden [1]. Heute weiß man, dass es auch in der grauen Substanz zu Läsionen kommt und es außerdem diffuse Schäden in normal erscheinenden Bereichen der weißen Substanz gibt, die durch ZNS-residente Immunzellen, vor allem aktivierte Mikroglia und Astrozyten, ausgelöst werden (Abb. 1). Diese Veränderungen spielen eine Rolle bei der Entstehung von Hirnatrophie und Behinderungsprogression, sind aber im Gegensatz zu den fokalen Läsionen der weißen Substanz schwer nachweisbar [2, 3]. Welche Konsequenzen ergeben sich aus den neuen Erkenntnissen für die Therapie der MS? Auch

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Glatirameracetat: Neue Sicht auf eine bewährte Therapieoption

weiterhin werden Therapieansätze dazu tendieren, durch Modulation der peripheren Immunantwort die Entstehung weiterer fokaler Läsionen in der weißen Substanz zu verhindern und damit die Schubrate zu senken. Darüber hinaus werden aber auch Therapien benötigt, die die diffusen Prozesse beeinflussen, die eine Rolle bei der Behinderungsprogression spielen. Dualer Wirkmechanismus von Glatirameracetat beeinflusst auch diffuse neurodegenerative Prozesse

Das seit vielen Jahren etablierte Basistherapeutikum Glatiramer-

acetat (Copaxone®) erweist sich angesichts der neuen pathophysiologischen Erkenntnisse im Grunde als sehr „modern“, da es beide Pathomechanismen adressiert, die zur Neurodegeneration führen. Glatirameracetat wirkt peripher und indirekt auch zentral im ZNS: In der Peripherie wandelt es TH1Zellen in TH2-Zellen um. Diese passieren die Blut-Hirn-Schranke und wirken damit indirekt zentral. Im ZNS setzen sie Interleukin-4 und andere antiinflammatorische Botenstoffe frei. Gleichzeitig sorgen sie dafür, dass neurotrophe Faktoren wie z.B. der Brain Derived Neurotrophic Factor (BDNF) ausgeschüttet und weniger entzündungsfördernde Zytokine gebildet werden. Dadurch wird der Kreislauf der Astrozytenaktivierung, der letztendlich zum axonalen Schaden führt, unterbrochen. Zusätzlich kommt es zu einem Anstieg der T-Regulationszellen im Gehirn. Diese bewirken, dass auch die proinflammatorischen TH17Zellen minimiert werden [4]. Reduktion von Schubrate und Hirnatrophie

Abbildung 1: Pathomechanismen der Multiplen Sklerose: Inflammation und Degeneration.

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In klinischen Studien überzeugte der Immunmodulator Glatirameracetat nicht nur durch eine siginifikante Reduktion der Schubrate, © VERLAG PERFUSION GMBH


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Jahren immer noch einen EDSS unter 4. Fazit

Abbildung 2: In der Open-label-Phase der PreCISe-Studie wurde eine frühzeitige Behandlung mit Glatirameraceatat (Copaxone®) mit einer verzögerten Behandlung verglichen (zu Beginn waren die Teilnehmer im frühen Behandlungsarm im Median seit 1002 Tagen und im verzögerten Arm im Median seit 865 Tagen unter Medikation). Die frühzeitige Behandlung mit Glatirameracetat führte nach 5 Jahren zu einer um 28 % geringeren Abnahme des Hirnvolumens [6]. * LOV = last observed value.

sondern auch durch positive Effekte auf neurodegenerative Prozesse, d.h. den diffusen Gewebeverlust. Von Vorteil erweist sich dies vor allem bei einem frühen Therapiebeginn, wie die Ergebnisse der PreCISe-Studie belegen: Unter der Therapie mit Glatirameracetat sank das Risiko, einen zweiten Schub und damit eine klinisch gesicherte MS zu entwickeln, bereits nach 3–6 Monaten signifikant um 45 % gegenüber der PlaceboGruppe. Die Studie wurde wegen des Therapievorteils vorzeitig entblindet, um alle Patienten mit Glatirameracetat zu behandeln. In der an die dreijährige placebokontrollierten Phase anschließenden offenen Behandlung reduzierte sich das Ausmaß der Hirnatrophie nach insgesamt 5 Behandlungsjahren bei den frühzeitig mit Glatiramer­ a­ cetat behandelten Patienten um 28 % gegenüber den verzögert behandelten Kontrollen (Abb. 2) [5]. Dieser Befund ist insofern von Bedeutung, weil nachgewiesen werden konnte, dass die Hirnatrophie

stärker mit der Progression der Behinderung korreliert als entzündliche Ereignisse [6]. Langzeitdaten belegen hohen Nutzen

Für Glatirameracetat liegen mit über 2 Millionen Patientenjahren umfangreiche Erfahrungen in der klinischen Anwendung als Basistherapie vor. Aktuelle Daten einer Langzeit-Open-Label-Studie zur Monotherapie mit Glatirameracetat bei schubförmiger MS zeigen beeindruckende Ergebnisse: Auch nach 20 Jahren profitieren Patienten noch von der Therapie mit Glatirameracetat. Von den kontinuierlich behandelten Patienten verblieben 23,3 % schubfrei und weitere 47,3 % erlitten keinen zweiten Schub [7]. Die EDSS-Daten zeigen, dass ein Fortschreiten der Erkrankung bei diesen Patienten weitgehend verhindert werden kann, denn über 60 % der Patienten hatten nach 20

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Auch vor dem Hintergrund neuerer Therapieoptionen gilt Glatiramer­ acetat als Therapie der Wahl für die Basistherapie der Multiplen Sklerose [8]. Vor allem das gut dokumentierte Sicherheitsprofil und die gute Verträglichkeit (kaum grippeähnliche Nebenwirkungen, Reduktion der Fatigue) sprechen neben den Wirksamkeitsdaten für den Immunmodulator. Gut eingestellte Patienten sollten daher nicht ohne ersichtlichen Grund auf einen anderen Wirkstoff umgestellt werden, da jede Therapieumstellung immer Risiken mit sich bringt. Wenn ein Wechsel erforderlich ist, macht es in einigen Fällen durchaus Sinn, nicht direkt zu eskalieren, sondern innerhalb der Basistherapie zu wechseln. Brigitte Söllner, Erlangen Literatur 1 Charil A, Filippi M. J Neurol Sci 2007;2 59:7-15 2 Filippi M et al. Lancet Neurol 2012;11: 349-360 3 Markiewicz I et al. Acta Neurobiol Exp (Wars) 2006;66:343-358 4 Ruggieri M et al. CNS Drug Rev 200713:178–191 5 Bermel RA, Bakshi R. Lancet Neurol 2006; 5: 158-170 6 Comi G et al. Mult Scler 2013;19:10741083 7 Ford C et al. Mult Scler J 2013 ;19 (Suppl 1):74-558 (Abstracts ECTRIMS 2013) 8 S2e-Leitlinie zur Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose, DGN/KKNMS 08/2012

Quelle: Pressegespräch „ZNS im Fokus: Welche Rolle spielen die degenerativen Prozesse?“ 18. März 2014, Berlin. Veranstal­ ter: Teva Specialty Medicines

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Intraartikuläre Hyaluronsäure-Therapie: Eine neue Generation tritt an

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ber arthrosebedingte Verschleißerscheinungen im Kniegelenk klagen nicht nur Ältere, auch jüngere und sportlich aktive Menschen sind davon betroffen. Allen voran Spitzensportler, die täglich maximale Leistung bei starker Belastung erbringen müssen. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an eine zur intraartikulären Behandlung der arhthrosebedingten Gelenkschäden einsetzbare Hyaluronsäure speziell für Sportler und aktive Menschen. Hymovis®, ein neues, rein synthetisches Hyaluronsäure-Präparat, besticht durch seine hohe Viskosität und Elastizität. Dank seiner innovativen molekularen Struktur verbessert es die Gleitfunktion und Stoßdämpfung der Synovialflüssigkeit und schützt Gelenkknorpel sowie Weichgewebe vor mechanischen Verletzungen – auch bei dauerhaft hohen Gelenkbelastungen. Besonders formstabil durch Recovery-Effekt

Die ersten zur intraartikulären Injektion entwickelten Hyaluronsäuren waren niedermolekular und konnten den gewünschten biologischen (Langzeit-)Effekt (Inhibition inflammatorischer Zellen, Stimulation der Biosynthese von Hyaluronsäure, Proliferation von

Chondrozyten, antinozeptive Effekte) besser bedienen als die später entwickelten hochmolekularen und quervernetzten Hyaluronsäuren, die sich zwar durch einen besseren mechanischen Effekt (Stoßdämpfung, Gelenkschmierung) auszeichnen, aber auch bekannt für gelegentliche unerwünschte Ereignisse sind. Mit Hymovis® ist nun eine Hyaluronsäure der neuesten Generation auf dem Markt, die die bewährten viskoelastischen Eigenschaften aktueller Cross-Linked-Präparate mit den viskoinduktiven Eigenschaften niedermolekularer Produkte verbindet und so die Vorteile beider Ansätze vereint. Dies gelang durch eine chemische Modifizierung der Hyaluronsäure: Im Gegensatz zu den über starre kovalente Bindungen quervernetzten Hyaluronsäuren werden bei Hymovis® infolge der Anlagerung einer hydrophoben Seitenkette (Hexadecyclamat) die linearen Polysaccharidketten über hydrophile und hydrophobe

Wechselwirkungen dreidimensional vernetzt. Diese physikalischchemischen Interaktionen sind reversibel, sodass sich die 3-DGitterstruktur von Hymovis® auch nach wiederholter mechanischer Belastung, z.B. bei äußeren Zugoder Stoßbewegungen, wieder in ihre ursprüngliche Form ordnet (Recovery-Effekt) [1, 2]. Mit einem Molekulargewicht von 500–730 kDa gehört Hymovis® zwar zu den niedermolekularen Hyaluronsäuren, doch wirkt es durch die patentierte biochemische Modifikation der Molekülstruktur gleichzeitig wie ein hochmolekulares Präparat – der bessere mechanische Effekt bei Belastung wird also ohne eine mögliche Zunahme unerwünschter Ereignisse gewährleistet. Durch die chemische Modifizierung der Hyaluronsäure ist Hymovis® zudem auch resistenter gegenüber Depolymersisierungen durch die Hyaluronidase und erreicht mit bis zu 28 Tagen eine längere Verweildauer im Gelenk [3].

Anwendung von Hymovis® Ein Hymovis®-Behandlungszyklus besteht aus 2 intraartikulären Injektionen, die im Abstand von 3 Wochen appliziert werden sollten. Dank der guten Wirksamkeit bei Schmerzlinderung, der Reduktion des Knorpelabbaus sowie der Förderung des Knorpel­aufbaus ist nach den bisherigen Therapieerfahrungen häufig bereits ein Behandlungszyklus für die Dauer eines Jahres ausreichend.

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Rasche, dauerhafte Schmerzreduktion

Im arthrosegeschädigten Gelenk fördert Hymovis® dank seiner besonderen rheologischen Eigenschaften die Gleitfähigkeit und Beweglichkeit auch bei hohen einwirkenden Scherkräften [4]. Einhergehend mit dieser Funktionsverbesserung kommt es, wie die Ergebnisse einer placebokontrollierten Studie belegen, auch zu einer signifikanten Schmerzreduktion [4]. Diese Behandlungserfolge bestätigt auch PD Dr. med. Matthias Brem, Oberarzt an der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Klinikum Nürnberg und Teamarzt des 1. FC Nürnberg, der Hymovis® in der täglichen Praxis getestet hat. Sein Resümee: „Sowohl hinsichtlich der Schmerzreduktion als auch der Wirkdauer sind meine bisherigen Erfahrungen mit Hymovis® sehr gut. Zwar sind die Fallzahlen noch gering, da die Substanz noch nicht sehr lange auf dem deutschen Markt verfügbar ist, doch es ist zu erwarten, dass meine Patienten von den positiven Eigenschaften der modifizierten Hyaluronsäure profitieren werden.“ Brigitte Söllner, Erlangen Literatur 1 Finelli I et al. Macromol Biosci 2009; 9:646-653 2 Finelli I et al. Biorheology 2011;48:263275 3 Fidia. Data on file 4 Pavelka K, Niethard FU, Giordan N. Os­ teoarthritis Cartilage 2010;18(Suppl 2): S144, Abstract 326

Quelle: Pressebriefing „Intraartikuläre Hyaluronsäure-Therapie für Spitzensportler und aktive Menschen: Eine neue Generation tritt an“, 22. Mai 2014, Grundig Stadion, Nürnberg. Veranstalter: Fidia Pharma GmbH

Simeprevir – eine neue Ära in der Hepatitis-C-Therapie

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epatitis C gehört zu den weltweit häufigsten Infektionskrankheiten. Sie wird durch das per Blutkontakt übertragene Hepatitis-C-Virus (HCV) verursacht und kann bei chronischem Verlauf zu Leberzirrhose und Leberzellkarzinom führen. In den Industrieländern wird Hepatitis C als Todesursache mittlerweile häufiger registriert als Hepatitis B und HIV. Anders als für Hepatitis A und B ist bislang kein Impfstoff vorhanden, der vor einer Ansteckung schützen würde. Ziel einer Hepatitis-C-Therapie ist es, das Virus zu eliminieren und ein anhaltendes virologisches Ansprechen (sustained virological response, SVR) zu erreichen – das heißt, das Virus ist auch 24 Wochen nach Abschluss der Therapie nicht im Blut nachweisbar. Patienten mit SVR24 gelten als geheilt und sind nicht mehr ansteckend. Nach der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) stellt die chronische Hepatitis C grundsätzlich eine Indikation zur antiviralen Therapie dar, sofern keine Kontraindikationen gegen die verwendeten Medikamente vorliegen [1]. Bis vor etwa 3 Jahren erfolgte die Therapie bei chronischer Hepatitis C mit einer Kombination aus pegyliertem Interferon alfa und Ribavirin (PR). Diese PR-Kombi-

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nationstherapie ist für Infektionen mit dem HCV-Genotyp 1 (dem in Europa häufigsten von insgesamt 6 identifizierten Genotypen) nur begrenzt erfolgreich: Etwa die Hälfte der behandelten Patienten erreicht kein anhaltendes virologisches Ansprechen; bei den erfolglos Vorbehandelten sind es sogar mehr als 70 % [2]. Außerdem geht diese Behandlung regelhaft mit heftigen Nebenwirkungen einher, die die in der Regel 48-wöchige Therapie zu einer Belastungsprobe machen. Proteaseinhibitoren als neuer Therapiestandard

Durch die Einführung der Proteaseinhibitoren im Jahr 2011, die gezielt die HCV-Replikation unterbrechen, haben sich die Heilungschancen insbesondere für Patienten mit chronischer HCVGT1-Infektion signifikant verbessert. Die Proteaseinhibitoren der ersten Generation Telaprevir und Boceprevir werden in Kombination mit PR als Triple-Therapie verabreicht. Ein vereinfachtes Behandlungsregime ermöglichen die 2014 zugelassenen HCV-Therapeutika Sofosbuvir, ein nukleosidischer NSB5-Polymerasehemmer, und Simeprevir (Olysio®), ein neuer Proteaseinhibitor mit vereinfachter Dosierung und verbessertem Verträglichkeitsprofil. © VERLAG PERFUSION GMBH


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Simeprevir ist ein spezifischer Inhibitor der HCV-NS3/4A-Serinprotease, die für die virale Replikation essenziell ist. Es ist in Kombination mit anderen antiviralen Wirkstoffen außer für die Therapie der chronischen Hepatitis C des Genotyps 1 auch für die Behandlung von HCV-GT4Infektionen zugelassen. Neben der Behandlung in Kombination mit Peginterferon und Ribavirin steht für Patienten, bei denen Interferon nicht geeignet ist oder die es nicht vertragen und bei denen eine Behandlung dringend indiziert ist, ein interferonfreies Regime mit einer Kombination aus Simeprevir und Sofosbuvir zur Verfügung. Patienten mit chronischer HCV-Infektion GT1/4 können damit in nur 12 Wochen ohne Interferon oder Ribavirin mit hohen Heilungschancen behandelt werden [3]. Hohe Heilungschancen unter der Triple-Therapie mit Simeprevir plus PR

Die Zulassung von Simeprevir basiert auf positiven und konsistenten Ergebnissen aus 6 PhaseIII-Studien und einer Phase-IIbStudie, in denen die Wirksamkeit und Sicherheit der Triple-Therapie mit Simeprevir plus PR untersucht wurden. Darüber hinaus wurden die positiven Ergebnisse aus der Phase-IIa-Studie COSMOS berücksichtigt, die ein interferonfreies Regime mit Simeprevir in Kombination mit Sofosbuvir mit oder ohne Ribavirin untersuchte. Insgesamt haben 3.800 Patienten weltweit im Rahmen des Studienprogramms eine Therapie mit Simeprevir erhalten. Zentrale klinische Zulassungsstudien waren QUEST-1 und QUEST-2 mit insgesamt 785 nicht vorbehan-

Abbildung 1: In der gepoolten Auswertung der QUEST-Studien lag die SVR12-Rate bei den mit Simeprevir (Olysio®, 150 mg einmal täglich) behandelten Patienten bei 80,4 % gegenüber 50,0 % bei Therapie mit PR (p<0,001). Analysiert wurden darüber hinaus auch fokussiert die Daten aller in Europa eingeschlossener Patienten (418/735). Hier zeigten sich SVR12-Raten von 86,6 % im Simeprevir-Arm im Vergleich zu 52,8 % bei allein mit PR behandelten Patienten [4].

delten GT1-Patienten [4] sowie die PROMISE-Studie mit 393 GT1Relapsern, d.h. Patienten, bei denen eine vorherige Interferon-basierte Therapie gescheitert war [5]. In allen 3 Studien wurden die Wirksamkeit und Sicherheit von Simeprevir in Kombination mit PR im Vergleich zur dualen Therapie mit PR plus Placebo untersucht. Mit Simeprevir in Kombination mit PR behandelte Therapienaive hatten signifikant höhere Heilungschancen als unter dualer PR-Therapie (Abb. 1) [4]. Ein vergleichbares Ergebnis zeigte sich auch bei den Relapsern: Die SVR12-Rate lag bei der Triple-Therapie mit 79 % im Simeprevir-Arm signifikant über den Ansprechraten im PR-Arm mit 36 % [5]. Simeprevir wurde in der Kombinationstherapie mit PR im Allgemeinen gut vertragen. Die meisten unerwünschten Ereignisse entsprachen dem typischen Nebenwirkungsprofil von Interferon und Ribavirin und traten entsprechend in den Simepevir- und den Placebo-Armen vergleichbar häufig auf; grippale Symptome, Fatigue,

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Kopfschmerzen und Juckreiz wurden am häufigsten berichtet. Gute Verträglichkeit der interferonfreien Therapie über 12 Wochen

In der unverblindeten, randomisierten COSMOS-Studie wurden bei Patienten mit chronischer HCV-G1-Infektion die Wirksamkeit und Sicherheit einer Behandlung mit Simeprevir (150 mg einmal täglich) in Kombination mit Sofosbuvir (400  mg einmal täglich) mit oder ohne Ribavirin untersucht. Eingeschlossen waren vorherige Null-Responder mit geringer Leberfibrose (METAVIRFibrosestadien F0–F2; Kohorte 1 mit 80 Patienten) und therapienaive Patienten sowie vorherige NullResponder mit fortgeschrittener Leberfibrose oder Zirrhose (METAVIR-Fibrosestadien F3/F4 und kompensierter Lebererkrankung; Kohorte 2 mit 87 Patienten) [3]. Über beide Kohorten und alle Patiententypen erreichten 93 % (26/28) der Teilnehmer bei 12-wöchiger © VERLAG PERFUSION GMBH


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Abbildung 2: Ergebnisse der COSMOS-Studie, die die Wirksamkeit einer Behandlung mit Simeprevir plus Sofosbuvir mit oder ohne Ribavirin bei mit HCV-Genotyp 1 infizierten vorherigen Null-Respondern mit den METAVIR-Fibrosestadien F0–F2 (Kohorte 1) und sowie bei therapienaiven Patienten und vorherigen Null-Respondern mit den METAVIR-Fibrosestadien F3–F4 und kompensierter Lebererkrankung (Kohorte 2) untersuchte [3]. * Vortherapie mit Interferon (pegyliert oder nicht pegyliert) mit oder ohne Ribavirin.

Therapie mit Simeprevir plus Sofosbuvir ohne Ribavirin eine anhaltende Virusfreiheit 12 Wochen nach Therapieende. Der Vorbehandlungsstatus sowie die Anwendung von Ribavirin hatten keinen Einfluss auf das Behandlungsergebnis. Bei Zugabe von Ribavirin zur 12-wöchigen Therapie lag die SVR12-Rate bei 96 % (26/27 Patienten) in Kohorte 1 und bei 93 % (25/27) in Kohorte 2 (Abb. 2). Insgesamt war die Kombinationsbehandlung ohne Interferon und Ribavirin gut verträglich [3]. Gleiche Behandlungsregimes für G1/G4-Patienten

Im Vergleich zu früheren HCVTherapien haben sich die Behandlungsregimes deutlich vereinfacht. Die Behandlungsdauer von Therapienaiven und Relapsern bei einer Kombinationstherapie von Simeprevir mit PR beträgt immer

24 Wochen. In den ersten 12 Wochen erhalten die Patienten einmal täglich 150  mg Simeprevir und zweimal täglich Ribavirin. Interferon wird gemäß Fachinformation einmal wöchentlich subkutan verabreicht. Nach 12 Wochen endet die Therapie mit Simeprevir und die Behandlung wird für weitere 12 Wochen mit PR alleine fortgeführt. Bei Partial- und Null-Respondern sowie allen Patienten mit HIVKoinfektion und Zirrhose wird die Medikation nach der Triple-Therapie in den ersten 12 Wochen für 36 Wochen mit PR fortgesetzt. Die gesamte Behandlungsdauer beträgt demnach immer 48 Wochen. Bei Patienten mit inadäquatem virologischen Ansprechen wird ein Abbruch der Behandlung empfohlen: Wenn in Woche 4 die HCV-RNA ≥25 IU/ml oder wenn in Woche 12 oder 24 HCV-RNA nachweisbar ist, muss die gesamte Therapie beendet werden [3].

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Bei interferonfreier Therapie mit Simeprevir plus Sofosbuvir für Patienten, bei denen Interferon nicht geeignet ist oder die es nicht vertragen und die dringend behandelt werden müssen, beträgt die Therapiedauer immer 12 Wochen. Die Patienten nehmen einmal täglich 150 mg Simeprevir sowie 400 mg Sofosbuvir zusammen mit einer Mahlzeit ein. Basierend auf einer klinischen Bewertung jedes einzelnen Patienten kann Ribavirin hinzugefügt werden [3]. Elisabeth Wilhelmi, München

Literatur 1 Sarrazin C, Berg T, Ross RS et al. Update der S3-Leitlinie Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-C-Virus(HCV)Infektion, AWMF-Register-Nr: 021/012. Z Gastroenterol 2010;48:289-351 2 Mann MP et al. Treating viral hepatitis C: efficacy, side effects and complications. Gut 2006;55:1350-1359 3 Fachinformation OLYSIO® 150 mg Hartkapseln, Stand Juni 2014 4 Foster GR et al. Simeprevir (TMC435) with peginterferon/ribavirin for treatment of chronic HCV genotype 1 infection in treatment-naïve European patients in the QUEST-1 and QUEST-2 Phase III trials; EASL 2014, London; Poster P1127 5 Forns X et al. Simeprevir (TMC435) with peginterferon/ribavirin for treatment of chronic HCV Genotype 1 infection in European patients who relapsed after previous interforin-based therapy: the PROMISE trial; EASL 2014; http://www.natap. org/2014/EASL/EASL_64.htm [29.04.2014]

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Octreotid LAR – ein Meilenstein in der Behandlung der Akromegalie

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rsache der Akromegalie ist bei den meisten Patienten (>95  %) ein Adenom des Hypophysenvorderlappens, das vermehrt und unkontrolliert Wachstumshormon (growth hormone, GH) ausschüttet. Durch den GH-Exzess sowie indirekt über eine vermehrte Bildung von Insulin-like Growth Factor-1 (IGF-1) verändern sich zahlreiche Gewebsund Stoffwechselfunktionen. Folgen der GH-Überproduktion sind bei Kindern und Jugendlichen ein übermäßiges Längenwachstum (Gigantismus) und bei Erwachsenen eine vermehrte Bildung von Knochen- und Knorpelsubstanz. Eine Vergrößerung der Akren (z.B. Hände, Füße, Oberkiefer), Schweißneigung, häufige Kopfschmerzen, auffallende Prognathie, Osteoarthritis oder Gelenkschäden gehören ebenso zu den Symptomen einer Akromegalie wie Hypertonie, biventrikuläre Hypertrophie des Herzmuskels, Karpaltunnelsyndrom oder Schlafapnoe. Patienten, die nicht adäquat behandelt sind, weisen gegenüber Gesunden – vor allem kardiovaskulär bedingt – eine 1,7-fach erhöhte Mortalität auf. Die Akromegalie entwickelt sich schleichend und die Symptome werden – auch aufgrund der Seltenheit der Erkrankung – häufig fehlgedeutet [1].

Normalisierung der GH-Werte und IGF-1-Spiegel hat höchste Priorität

Zentrales Therapieziel bei Akromegalie-Patienten ist eine Normalisierung der GH-Werte und der IGF-1-Plasmaspiegel – beides Faktoren, die mit der Wiederherstellung einer normalen Lebenserwartung assoziiert sind [2]. Therapie der ersten Wahl ist die operative Beseitigung des Tumors. In der Regel wird hierzu ein transsphenoidaler Zugangsweg gewählt und der Tumor über einen Zugang durch die Nase entfernt. Der Erfolg ist abhängig von der Größe des Tumors – und damit auch von der rechtzeitigen Diagnose. Bei Vorliegen eines Mikroadenoms (Tumordurchmesser <1 cm) liegen die Heilungsaussichten bei 80 % und höher. Liegt jedoch ein Makroadenom vor (Tumordurchmesser >1 cm), sinkt die Heilungsrate unter 50 % [3]. Da 70–80 % der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose bereits ein Makroadenom entwickelt haben, ist eine operative Heilung nur bei weniger als der Hälfte aller Patienten zu erwarten [1]. Ist der Patient nicht operabel oder postoperativ das Therapieziel nicht erreicht, ist die medikamentöse Behandlung die Therapie der Wahl.

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Effektive Krankheitskontrolle mit Octreotid LAR

Seit über 25 Jahren ist Octreotid für die Therapie der Akromegalie zugelassen, das langwirksame Octreotid LAR (Sandostatin® LAR®Monatsdepot) ist seit 1997 verfügbar und nimmt seitdem sowohl als Primärtherapie als auch als Begleittherapie nach erfolgloser Operation eine zentrale Rolle ein. Octreotid ist ein synthetisches Octapeptid-Analogon des natürlichen Somatostatins mit qualitativ gleichartigen pharmakologischen Wirkungen. Wie Somatostatin hemmt Octreotid die Sekretion von Wachstumshormon, jedoch mit einer wesentlich längeren Wirkungsdauer. Octreotid LAR ist eine langwirksame Depotform, die in vierwöchigen Intervallen angewendet wird und konstant therapeutisch wirksame Octreotid-Plasmaspiegel liefert [4]. Dies führt bei 60–70 % der Patienten zu einer Normalisierung der GH- und IGF1-Plasmaspiegel. Bei den meisten Patienten verbessert Octreotid die klinischen Krankheitssymptome wie Kopfschmerzen, Hyperhidrose, Parästhesie, Müdigkeit, Arthralgie und Karpaltunnelsyndrom merklich, Akromegalie-bedingte Komorbiditäten können aufgehalten oder aufgehoben werden [5, 6]. © VERLAG PERFUSION GMBH


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Anwendungsgebiete von Octreotid LAR Octreotid LAR (Sandostatin® LAR®-Monatsdepot) ist zur Symptombehandlung und zur Senkung der GH- und IGF-1-Plasmaspiegel bei Patienten mit Akromegalie zugelassen, bei denen eine chirurgische Behandlung, Radiotherapie oder eine Behandlung mit einem Dopamin-Agonisten keinen Erfolg zeigte. Eine Behandlung mit Octreotid LAR ist außerdem bei akromegalen Patienten angezeigt, die nicht bereit oder in der Lage sind, sich einem chirurgischen Eingriff zu unterziehen, oder zur Überbrückung, bis die Radiotherapie ihre volle Wirkung zeigt. Sandostatin® LAR® wird einmal pro Monat tief intraglutäal appliziert. Die zugelassenen Dosierungen betragen 10 mg, 20 mg, 30 mg oder 40 mg. Die Depotform von Octreotid steht in Deutschland seit Juni 2012 mit einer dünneren Sicherheitsinjektionsnadel und vereinfachter Zubereitung als 10-, 20- und 30-mg-Spritze zur Verfügung [4].

Die Octreotid-Behandlung kann außerdem eine Volumenabnahme des Tumorgewebes bewirken [1]. Darüber hinaus zeigen Kurzzeitstudien, dass die präoperative Gabe von Octreotid zu einer Größenreduktion des Hypophysenadenoms führen kann [4]. Therapieoptimierung durch Dosissteigerung

GH- und IGF-1-Plasmaspiegel sowie die klinischen Symptome sollten regelmäßig kontrolliert werden; zur Dosisanpassung sollte dies alle 3 Monate, bei stabilen Patienten alle 6 Monate erfolgen [7]. Beträgt der GH-Plasmaspiegel nach 3 Monaten mehr als 2,5 μg/l, wird die Standarddosis von 20 mg Octreotid auf 30  mg gesteigert. Nach weiteren 3 Monaten ohne ausreichende Kontrolle kann die Dosis auf 40 mg erhöht werden [4].

Dosiserhöhungen auf bis zu 40 mg Octreotid LAR kontrollieren nicht nur besser GH und IGF-1, sondern verkleinern auch den Hypophysentumor und verbessern die Krankheitssymptome. In einer Schlüsselstudie [8] wurde bei 32/56 Patienten (57 %), die in Erstlinie Octreotid LAR erhielten, die Standarddosis von 20 mg auf mindestens 30 mg erhöht, um die Krankheit zu kontrollieren. Über die Hälfte dieser Patienten benötigte 40  mg Octreotid. Die Dosisoptimierungen ermöglichten bei den zuvor nicht kontrollierten Patienten eine weitere IGF-1- und GH-Senkung sowie eine Tumorschrumpfung. Nach 24-monatiger Behandlung wurde bei insgesamt 80 % der Studienteilnehmer eine Krankheitskontrolle erzielt. Besonders junge Menschen und Patienten mit größeren Tumoren profitierten von der Dosiserhöhung [8].

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Ausgezeichnete Langzeitverträglichkeit

Die langjährigen guten Erfahrungen mit Octreotid sowohl in klinischen Studien als auch im Praxisalltag zeigen, dass die Behandlung von den meisten Patienten gut vertragen wird und bei Bedarf viele Jahre sicher durchgeführt werden kann [5]. Die häufigsten Nebenwirkungen sind gastrointestinale Störungen wie Diarrhö, Bauchschmerzen oder Blähungen sowie Kopfschmerzen, Cholelithiasis, Hyperglykämie und Obstipation. Lokale Reaktionen an der Injektionsstelle wie Schmerzen, Kribbeln, Stechen oder Brennen mit Rötung und Schwellung dauern in der Regel nicht länger als 15 Minuten an [4]. Brigitte Söllner, Erlangen Literatur 1 Schopohl J et al. Akromegalie – Erkennen, Therapieren, Optimieren. Endokrinologie Informationen, Sonderheft 2013;4-7 2 Holdaway IM et al. Factors influencing mortality in acromegaly. J Clin Endocrinol Metab 2004;89:667-674 3 Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie e.V. Akromegalie. Online unter: www.endokrinologie.net/akromegalie.php 4 Fachinformation Sandostatin® LAR®Monatsdepot (Octreotid LAR) 10  mg/20 mg/- 30 mg, Stand Oktober 2012 5 Cozzi R, Attanasio R. Octreotide long-acting repeatable for acromegaly. Expert Rev Clin Pharmacol 2012;5:125-143 6 Lancranjan I et al. Results of a European multicentre study with Sandostatin LAR in acromegalic patients. Sandostatin LAR Group. Pituitary 1999;1:105-114 7 Melmed S et al. Guidelines for acromegaly management: an update. J Clin Endocrinol Metab 2009;94:1509-1517 8 Colao A et al. Beneficial effect of dose escalation of octreotide-LAR as first-line therapy in patients with acromegaly. Eur J Endocrinol 2007;157:579-587

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Tocilizumab subkutan – die neue Alternative in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis

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ür Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis (RA) steht seit mittlerweile 5 Jahren mit Tocilizumab (RoACTEMRA®) ein in der Praxis fest etabliertes Biologikum zur Verfügung. Neben der hohen Wirksamkeit und guten Verträglichkeit überzeugt der IL-6-Rezeptorblocker im klinischen Alltag durch ein besonders flexibles Therapiemanagement. Tocilizumab ist das einzige Biologikum, das ohne Wirkverlust auch ohne begleitende MTX-Therapie verabreicht werden kann. Seit Ende April 2014 ist eine neue subkutane Applikationsform von Tocilizumab zugelassen.

Nach 24 Wochen zeigte sich hinsichtlich des primären Endpunkts – dem Ansprechen nach ACR20 – kein klinisch relevanter Unterschied zwischen beiden Formulierungen (s.c.: 69,4 % bzw. i.v.: 73,4  %). Die weiteren zentralen Wirksamkeitsendpunkte – das Ansprechen nach ACR50 und ACR70 sowie die DAS28-Remissionsrate – bestätigen die vergleichbar hohe Wirksamkeit. Die Behandlung mit Tocilizumab s.c. erwies sich als sicher und gut verträglich. In beiden Therapiearmen bestätigte sich das bekannte Sicherheitsprofil des IL-6-Rezeptorblockers.

Vergleichbare Wirksamkeit – bewährte Sicherheit

Ein Plus an Flexibilität im Klinikalltag

Die neue subkutane Darreichungsform von Tocilizumab ist genauso wirksam und sicher wie die bisherige intravenöse Applikation – das belegen die Resultate der SUMMACTA-Studie [2]. Im Rahmen der randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studie erhielten 1.262 RA-Patienten, die auf eine vorherige Behandlung mit mindestens einem DMARD nur unzureichend angesprochen hatten, Tocilizumab jeweils in Kombination mit MTX entweder subkutan oder intravenös verabreicht.

Mit der Zulassung von Tocilizumab s.c. lässt sich die Behandlung mit dem IL-6-Rezeptorblo-

cker ab sofort noch flexibler an die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Patienten und die jeweilige Krankheitssituation anpassen. Denn das Medikament kann nicht nur subkutan oder intravenös, sondern gleichzeitig auch als Monotherapie oder in Kombination mit MTX eingesetzt werden – und dies bei jeweils vergleichbarer Wirksamkeit. Wie die Ergebnisse der ACT-RAY-Studie [3] belegen, erzielt Tocilizumab als Monotherapeutikum und in Kombination mit MTX als einziges Biologikum ein vergleichbar hohes klinisches und radiologisches Ansprechen. In der Head-to-Head-Studie ADACTA konnte zudem gezeigt werden, dass die Monotherapie mit Tocilizumab nach DMARDVersagen der alleinigen Behandlung mit dem TNF-Inhibitor Adalimumab hinsichtlich sämtlicher Wirksamkeitsendpunkte signifikant überlegen ist [4].

Tocilizumab subkutan Tocilizumab s.c. ist zugelassen für die Behandlung erwachsener Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis, die auf eine Vortherapie mit einem oder mehreren konventionellen DMARDs oder TNF-Inhibitoren nur unzureichend angesprochen haben bzw. eine MTX-Unverträglichkeit aufweisen. Subkutan wird Tocilizumab einmal wöchentlich in der vom Körpergewicht unabhängigen fixen Dosierung von 162 mg per Fertigspritze verabreicht. Nach initialer Einweisung durch den Arzt kann sich der Patient Tocilizumab s.c. einfach und schnell selbst spritzen [1].

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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

Erste Wahl für die Monotherapie

Aufgrund dieser überzeugenden Studiendaten wird Tocilizumab in der aktuellen S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) als einziges Biologikum für die Monotherapie empfohlen. Zur Monotherapie wird insbesondere dann geraten, wenn eine MTX-Unverträglichkeit vorliegt oder die Fortführung der MTX-Therapie aus anderen Gründen als nicht adäquat erachtet wird [5]. Für die klinische Praxis ist diese Empfehlung von hoher Relevanz, denn aus Registerdaten ist bekannt, dass gut ein Drittel der Biologika-Patienten kein begleitendes DMARD erhält – für diese Patienten gibt es mit Tocilizumab erstmals eine klare Therapieempfehlung. Elisabeth Wilhelmi, München

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Loyon® – ein innovatives Wirkprinzip gegen Schuppen und Krusten der Haut

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in neues Keratolytikum erweitert die Palette der Therapieoptionen bei Psoriasis: Loyon®, eine Kombination aus Cetiol® CC und Dimeticon, entfernt Hautschuppen nach einem innovativen, rein physikalischen Wirkprinzip. Die besonderen Kriech- und Spreiteigenschaften der Lösung sorgen für eine rasche und gut verträgliche Keratolyse. Das Medizinprodukt bietet sich daher als echte Alternative zu herkömmlichen Keratolytika an. Keratolyse als zentrales Element der Psoriasis-Therapie

Keratolyse ist bei Psoriasis meist unabdingbar: Sie entfernt lästige

Schuppen, verbessert die Hydratation der Haut und stellt die Hautbarriere wieder her. Juckreiz und Missempfindungen verschwinden. Sie ist aber auch Voraussetzung dafür, dass topisch applizierbare, antientzündliche Wirkstoffe besser resorbiert werden können und eine Therapie mit UV-Licht überhaupt wirken kann. Bislang werden für die Keratolyse vor allem Harnstoff und Salicylsäure eingesetzt. Doch sie haben ihre Tücken. Die Wirksamkeit von Harnstoff, häufig auch in Kosmetika verwendet, ist begrenzt. Hautirritationen und leichtes Brennen gehören zu den Nebenwirkungen. Bei Produkten mit höherer Harnstoffkonzentration ist die Stabilität der Zubereitungen nicht immer gewährleistet.

Literatur 1 Fachinformation RoACTEMRA® s.c. 2 Burmester G et al. Ann Rheum Dis 2014; 73:69-74 3 Dougados M et al. Ann Rheum Dis 2014; 73:803-809 4 Gabay C et al. Lancet 2013;381:1541-1550 5 Krüger K et al. Z Rheumatol 2012;71:592603

Abbildung 1: Effektive und gut verträgliche Entschuppung bei Psoriasis capitis durch das physikalische Wirkprinzip von Loyon®: Kopfhaut vor (22.10.2013, links) und nach (29.10.2013, rechts) siebentägiger Applikation von Loyon® einmal täglich abends.

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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL/WISSENSWERTES

Die Nachteile topischer Salicylsäurezubereitungen sind bekannt: Bei langfristiger Behandlung großflächiger Körperareale, insbesondere bei Kindern und bei Patienten mit eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion, drohen chronische oder akute systemische Intoxikationen. Hohe systemische Konzentrationen können hepato-, nephround neurotoxisch sein. Schonende physikalische Entfernung der Hautschuppen

Die neue Kombination aus Cetiol® CC plus Dimeticon in Loyon® läutet einen Paradigmenwechsel in der Keratolyse ein. Der Kniff ist das physikalische Wirkprinzip aufgrund der besonderen Kriech- und Spreiteigenschaften der Lösung, die eine nur sehr niedrige Oberflächenspannung hat. Sie fließt unter die Schuppen und Krusten der Haut, breitet sich zwischen den

Sorafenib erhält EUZulassung zur Behandlung des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms Die Europäische Kommission hat den oral wirksamen Multi-KinaseInhibitor Sorafenib (Nexavar®) zur Behandlung von Patienten mit progressivem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem, differenziertem (papillärem/follikulärem/ Hürthle-Zell-) Schilddrüsenkarzinom, das gegenüber radioaktivem Jod refraktär ist, zugelassen. Bereits im Vorfeld wurde Nexavar® zur Behandlung des follikulären und des papillären Schilddrüsenkarzinoms in der EU der „orphan

interzellularen Spalten der Korneozyten aus und löst sie von der darunterliegenden Hautschicht ab. Durch die schonende physikalische Entfernung werden die sonst bei der mechanischen Ablösung häufig auftretenden blutigen Abrisspunkte vermieden (Abb. 1). Das Medizinprodukt enthält keine pharmakologisch aktiven Inhaltsstoffe und Hilfsstoffe, das Allergiepotenzial ist entsprechend gering, die Verträglichkeit sehr hoch. Besonders angenehm für die Patienten: Loyon® klebt und fettet nicht – dies ist ein besonderer Vorteil, wenn eine Keratolyse wegen Kopfhaut-Psoriasis notwendig ist. Die Applikation auf die Haut ist einfach, per Pipette oder Sprühkopf. Vielversprechende erste klinische Daten

80 % der Patienten durch die regelmäßige Anwendung von Loyon® eine deutliche Besserung erreicht werden. Interimsdaten einer Proofof-Konzept-Studie zeigen eine effektive Entschuppung innerhalb weniger Tage bei Kopfhaut-Psoriasis mit einem Rückgang der sonografisch kontrollierten Dicke des Stratum corneum. Mit Spannung erwartet werden die Ergebnisse einer am Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf durchgeführten klinischen Studie im Parallelgruppendesign, die die Wirksamkeit und Sicherheit von Loyon® mit einer 10%igen salicylsäurehaltigen Formulierung bei Psoriasis vergleicht. Elisabeth Wilhelmi, München

Bei Kindern mit Milchschorf konnte in einer Pilotstudie bei

Quelle: „Keratolyse-Fachtag“, 4. April 2014, Mannheim.

drug”-Status erteilt. Nexavar® ist in Europa die einzige zugelassene Therapie für Patienten mit diesem seltenen, speziellen Schilddrüsenkrebs. Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen der klinischen PhaseIII-Studie DECISION, in die 417 Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem, differenziertem Schilddrüsenkarzinom des papillären, follikulären oder Hürthle-Zell-Typs eingeschlossen wurden. Aufnahmebedingung war, dass die Teilnehmer gegenüber einer Radiojod-Behandlung refraktär waren und keine vorherige Behandlung mit Chemotherapie, Tyrosinkinase-Inhibitoren, monoklonalen Antikörpern gegen VEGF oder den VEGF-Rezeptor oder anderen zielgerichteten The-

rapien gegen Schilddrüsenkrebs erhalten hatten. In dieser Studie verlängerte Sorafenib das progressionsfreie Überleben im Vergleich zu Placebo signifikant(10,8 vs. 5,8 Monate; 0,59; 95% CI 0,46–0,76; p<0,001). Das entspricht einem um 41 % verminderten Risiko für ein Fortschreiten der Krankheit oder den Tod der Patienten, die mit Sorafenib behandelt wurden, im Vergleich zu Patienten, die Placebo erhielten. Die Nebenwirkungen entsprachen dem bereits bekannten Profil von Sorafenib. Am häufigsten traten in der Sorafenib-Gruppe das HandFuß-Syndrom, Durchfall, Haarausfall, Gewichtsverlust, Müdigkeit, Bluthochdruck und Ausschlag/ Schuppung der Haut auf. E. W.

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Volumentherapie der schweren Sepsis: Human-Albumin kann deutliche Vorteile bringen Für die Volumentherapie bei schwerer Sepsis oder septischem Schock empfehlen die aktuellen Leitlinien der Surviving Sepsis Campaign initial die Verwendung von Kristalloiden. Patienten, die große Kristalloidmengen benötigen, sollten zusätzlich das physiologische Kolloid Human-Albumin erhalten. Trotz dieser Empfehlungen werden im klinischen Alltag bei Sepsis oftmals noch synthetische Kolloide wie Gelatine oder Hydroxyethylstärke (HES) verwendet. Im Rahmen eines von CSL-Behring veranstalteten Symposiums auf dem Kongress der DIVI in Leipzig stellten Experten die jeweiligen Vor- und Nachteile der verschiedenen Therapieoptionen vor. Hierbei zeigte sich, dass sowohl bei den eingesetzten Kristalloiden als auch Kolloiden teilweise gravierende Unterschiede in der Wirksamkeit sowie den Nebenwirkungen bestehen, die zu beachten sind. Zudem wurde klar, dass der Einsatz von Human-Albumin nicht nur bei Sepsis-Patienten, sondern auch in verschiedenen anderen Indikationen deutliche Vorteile mit sich bringt. Gepufferte kristalloide Lösungen sind sicherer als ungepufferte

Professor Josef Briegel, München, erläuterte einleitend, dass die heutzutage zur Volumentherapie bei Sepsis eingesetzte physiologische Kochsalzlösung ursprünglich Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde, um In-vitro-Untersuchun-

gen zur Hämolyse durchzuführen. „Erst die Entwicklung der gepufferten Ringer-Laktat-Lösung Mitte der 1930er Jahre durch Hartmann zielte auf den Einsatz zur Infusionstherapie ab“, so Briegel. Dass Ringer-Laktat gegenüber der „physiologischen“ Kochsalzlösung Vorteile bei der Volumentherapie besitzt, zeigen mittlerweile verschiedene Studien. Ihnen zufolge ist die schnelle Infusion physiologischer Kochsalzlösung nicht nur mit Hyperchlorämie und längerer Flüssigkeitsretention im Körper, sondern auch mit der Entwicklung einer metabolischen Azidose verbunden. Eine aktuelle CochraneAnalyse zur Kristalloidgabe während operativer Eingriffe zeigte, dass gepufferte Lösungen sicher seien und tendenziell weniger häufig zu metabolischen Störungen führten als ungepufferte Lösungen. Darüber hinaus zeigte sich bei kritisch Kranken ein Vorteil für eine chloridrestriktive Flüssigkeitsgabe gegenüber einem chloridliberalen Regime anhand eines signifikanten Rückgangs der Nierenschäden und des Einsatzes von Nierenersatzverfahren. „Gepufferte und nicht gepufferte kristalloide Lösungen besitzen somit deutlich unterschiedliche physiologische Wirkungen, was bei Patienten mit Sepsis in Betracht gezogen werden sollte“, erläuterte Briegel. „Die Sicherheit der Gabe großer Mengen physiologischer Kochsalzlösung im Vergleich zu balancierten Lösungen bei dieser Patientengruppe sollte daher in klinischen Studien genauer untersucht werden.“

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titution bei Sepsis-Patienten hat, wird sie hierfür immer noch eingesetzt, bemerkte Professor Michael Bauer, Jena. „Dies beruht auf der Annahme, dass dieses synthetische Kolloid nicht nur effektiver ist als Kristalloide, sondern auch die gleiche Wirksamkeit besitzt wie das physiologische Albumin.“ Jedoch ist der Volumeneffekt von Gelatine nur unwesentlich größer als der von Kristalloiden. Dies zeigt eine Auswertung von rund 1100 Sepsis-Patienten, die in Jena zwischen 2004 und 2010 entweder mit HES, Gelatine oder Kristalloiden behandelt wurden. Hierbei ergaben sich hinsichtlich der Verbesserung der hämodynamischen Funktion oder der Sauerstoffversorgung keine wesentlichen Unterschiede zwischen den 3 Behandlungsregimen. „Dies trifft auch auf die wenigen verfügbaren Daten zur Mortalität zu, die einer Cochrane-Analyse zufolge keinen Hinweis auf eine Überlegenheit von Gelatine gegenüber Kristalloiden geben“, erläuterte Bauer. Zudem zeigen eigene Daten von mehr als 6500 herzchirurgischen Patienten, dass Gelatine das Risiko für ein akutes Nierenversagen oder den Einsatz einer Nierenersatztherapie etwa im gleichen Maß erhöhe wie HES. „Umso unverständlicher ist es, dass Patienten nach wie vor außerhalb von klinischen Studien mit Gelatine behandelt werden, denn eines unserer primären Prinzipien sollte es sein, dass die Therapie dem Kranken keinen weiteren Schaden zufügt“, bilanzierte Bauer.

Volumeneffekt von Gelatine und Kristalloiden vergleichbar

Albumin mit Vorteilen bei septischem Schock und anderen Erkrankungen

Obwohl Gelatine keine Leitlinienempfehlung zur Volumensubs-

Wie Professor Christian Wiedermann, Bozen, ausführte, beruht

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die Empfehlung für den Einsatz von Human-Albumin bei schwerer Sepsis oder septischem Schock auf den Ergebnissen der SAFE-Studie sowie einer Metaanalyse, die einen signifikanten Überlebensvorteil im Vergleich zur Behandlung mit Kristalloiden nachweisen konnten. Unterstützt werden diese Ergebnisse nun von den Daten der ALBIOSStudie, in der Patienten mit schwerer Sepsis und septischem Schock zusätzlich zu einer Basistherapie mit Kristalloiden 20%iges HumanAlbumin erhielten, wobei ein Albumin-Wert von ≥30 g/l angestrebt wurde. In der Vergleichsgruppe wurden 907 Patienten ausschließlich mit Kristalloiden behandelt. In einer Post-hoc-Subgruppenanalyse der 1121 Patienten mit septischem Schock zeigte sich ein signifikanter Unterschied in der 90-TagesMortalität zwischen der Albuminund der Vergleichsgruppe (43,6 vs. 49,9 %; p=0,03). „Diese Daten sprechen dafür, dass wir bei Patienten mit septischem Schock nach dem Einsatz von Kristalloiden zusätzlich Human-Albumin geben sollten, falls der Albumin-Wert unter 30 g/l beträgt“, so Wiedermann. Für eine Albumin-Substitution sprechen Wiedermann zufolge auch mehrere Studien, nach denen das Vorliegen einer Hypoalbuminämie in verschiedenen Indikationen nicht mit gesteigerter Morbidität und insbesondere einem erhöhten Risiko für ein akutes Nierenversagen einhergeht. Auch bei Patienten mit schwerer Sepsis oder septischem Schock ist ein zu geringer Albuminspiegel ein unabhängiger Risikofaktor für die Mortalität. Human-Albumin ist aktuell das einzige Kolloid, das in den EASL-Leitlinien zur Behandlung von Folgekomplikationen einer schweren Leberzirrhose empfohlen wird. „Hierzu zählen die Vo-

lumensubstitution nach großvolumiger Aszites-Parazentese, der kombinierte Einsatz mit Antibiotika bei spontan bakterieller Peritonitis sowie die gemeinsame Gabe mit Terlipressin beim hepatorenalen Syndrom zur Verbesserung der Nierenfunktion“, erläuterte Wiedermann abschließend. Fabian Sandner, Nürnberg

Mikroskopische Kolitis: diagnostische und therapeutische Besonderheiten Die mikroskopische Kolitis mit den Formen kollagene und lymphozytäre Kolitis rückt zunehmend in das Interesse der Fachwelt. Denn diese zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) gerechnete Krankheitsentität hat mittlerweile nahezu vergleichbare Inzidenzraten erreicht wie die „klassischen“ CED Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Was es bei der Diagnostik der mikroskopischen Kolitis zu beachten gilt, welche diagnostischen Fallstricke bestehen, welche Therapiemöglichkeiten evidenzbasiert sind und welche Ursachen angenommen werden, darüber berichteten Experten während eines internationalen Symposiums der Falk Foundation e.V. in Kopenhagen. Abgrenzung zu anderen CED

Die mikroskopische Kolitis ist in der Regel gekennzeichnet durch chronische, nicht blutige Diarrhöen, die auch nachts auftreten, Stuhlinkontinenz, leichtem Gewichtsverlust und Bauchschmerzen, erläuterte Professor Jean-

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Frederic Colombel, New York. Was die Diagnose erschwert, ist der Umstand, dass bei vielen Patienten diese Symptome anfänglich als Reizdarmsyndrom fehlinterpretiert werden. Auch weist die mikroskopische Kolitis mit den anderen CED Ähnlichkeiten auf, aber auch bestimmte Unterschiede. Denn während bei den „klassischen“ CED die Diagnose meist in einem früheren Alter gestellt wird, ist dies bei der mikroskopischen Kolitis eher bei Patienten im mittleren Alter zwischen 50 und 60 Jahren der Fall. Außerdem fällt die Geschlechterverteilung auf: Während bei den anderen CED Männer und Frauen ungefähr das gleiche Risiko haben, beträgt bei der kollagenösen Kolitis das Geschlechterverhältnis Frauen : Männer = 4 : 1. Schwere Komplikationen treten bei der mikroskopischen Kolitis meist nicht auf, ein erhöhtes Karzinomrisiko besteht offensichtlich nicht. Die Routine-Laborwerte und die Koloskopie sind in der Regel unauffällig, so Colombel weiter. Die Koloskopie ergibt in 70 % einen normalen Befund, in zirka 30 % finden sich fleckförmige Läsionen wie Erytheme, Ödeme und kleinere Erosionen. Zur Entnahme von Gewebeproben sollte das gesamte Kolon komplett endoskopiert werden mit Biopsien auch aus unauffälligen Bereichen. Die Diagnose, ob eine lymphozytäre, kollagene oder eine inkomplette mikroskopische Kolitis vorliegt, wird anschließend histologisch gestellt (Abb. 1). Kontrollierte Studien belegen Effektivität von Budesonid

Da die Symptome der mikroskopischen Kolitis zu einer signifikanten © VERLAG PERFUSION GMBH


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Abbildung 1: Formen der mikroskopischen Kolitis.

Verschlechterung der Lebensqualität führen, ist eine rasche Einleitung einer Therapie notwendig. „Das orale Glukokortikoid Budesonid ist derzeit bei der kollagenen Kolitis die einzige evidenzbasierte Therapie“, betonte Professor Stephan Mielke, Hamburg. Weder für Prednisolon, Mesalazin, Probiotika noch für Boswellia-serrataExtrakt wurde die Wirksamkeit evidenzbasiert belegt. Budesonid verfügt über eine hohe lokale und eine geringe systemische Aktivität und zeigte in vier randomisierten, placebokontrollierten Studien eine schnelle Wirksamkeit bei der Behandlung der aktiven kollagenen Kolitis. In diesen Studien wurden nach einer 4–6-wöchigen Behandlung mit Budesonid (Budenofalk® Uno 9 mg) pro Tag Remissionsraten von über 80 % erzielt (Placebo 12–38 %). Für die lymphozytäre Kolitis belegen zwei kleinere Untersuchungen ähnlich hohe Remissionsraten bei Nebenwirkungen im Placebobereich. Ein Problem der Therapie der kollagenen Kolitis besteht darin, dass 60–80 % der Patienten einen rezidivierenden Verlauf aufweisen. Dieser Umstand deutet darauf hin, dass ein großer Teil der Patienten eine Langzeittherapie benötigt. Drei Studien mit bis zu 12 Monaten Dauer zeigten, dass mit einer Gabe

von durchschnittlich 4,5 mg bzw. 6 mg Budesonid pro Tag eine klinische Remission bei zirka 75 % der Patienten erhalten werden konnte. Mittlerweile wurden Risikofaktoren für ein Rezidiv nach Beendigung einer erfolgreichen Budesonid-Therapie identifiziert, so Miehlke weiter. In einer multivariaten Analyse von 4 Studien waren eine Frequenz von über 5 Stühlen pro Tag bei Therapiebeginn und das Bestehen von Diarrhöen über 12 Monate unabhängige Risikofaktoren für ein Rezidiv. Bei dieser Patientengruppe sollte frühzeitig an eine remissionserhaltende Therapie gedacht werden. Assoziation zwischen Autoimmunerkrankungen und mikroskopischer Kolitis

„Viele Patienten mit mikroskopischer Kolitis werden immer noch übersehen, fehldiagnostiziert oder nicht zur Koloskopie mit Biopsien überwiesen“, merkte Miehlke an. „Diese erhalten dann nicht die adäquate Therapie. Deshalb ist es wichtig, dass Gastroenterologen, Pathologen und Allgemeinmediziner mehr auf diese Erkrankung aufmerksam werden.“ Mit zunehmender Anerkennung der Bedeutung der mikroskopi-

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schen Kolitis wird intensiv an der Pathophysiologie geforscht. Demnach scheint die Induktion einer Inflammation in der Lamina propria der Schlüsselfaktor zu sein, wie Dr. Marieke J. Pierik, Maastricht, erläuterte. Epidemiologische Studien zur Ursache weisen auf eine genetische Disposition, eine infektiöse Ursache, insbesondere aber auf eine Assoziation mit verschiedenen Medikamenten wie Protonenpumpeninhibitoren und nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) sowie Rauchen hin. Bemerkenswert ist außerdem die Tatsache, dass über 40 % der Patienten mit mikroskopischer Kolitis eine zusätzliche Autoimmunerkrankung aufweisen. Elisabeth Wilhelmi, München

Infliximab – seit über 10 Jahren bewährt bei ankylosierender Spondylitis TNF-α-Inhibitoren haben in der Behandlung schwerer, aktiver Formen der ankylosierenden Spondylitis (AS) heute einen bedeutenden Stellenwert. Infliximab als der am längsten in dieser Indikation zugelassene TNF-α-Blocker hat sich in mehr als 10 Jahren klinischer Anwendung auch langfristig bewährt. Langzeitdaten über 5 und 8 Jahre aus Verlängerungen der zulassungsrelevanten Studien zeigten eine anhaltend gute Wirksamkeit und Verträglichkeit bei den meisten Patienten. Anlässlich der 100. InfliximabInfusion einer seiner AS-Patienten berichtete Professor Herbert Kellner (München), der Infliximab seit vielen Jahren einsetzt, in einem Interview über seine Erfahrungen mit diesem Medikament. © VERLAG PERFUSION GMBH


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Gute und schnell einsetzende Wirksamkeit

Infliximab (Remicade®) ist in der EU seit 2003 zur Behandlung der schwerwiegenden, aktiven AS bei erwachsenen Patienten zugelassen, die auf eine konventionelle Therapie unzureichend angesprochen haben. Die Wirksamkeit und Sicherheit wurden in zwei doppelblinden, placebokontrollierten Multizenterstudien bei Patienten mit aktiver AS untersucht: der internationalen ASSERT-Studie (n=279) und einer deutschen Studie (n=69), an der auch Kellner im Rahmen seiner Tätigkeit an einem Münchener Studienzentrum beteiligt war. „Die Ergebnisse haben damals eindrücklich gezeigt, wie Patienten von der Therapie profitieren können. Ich kann mich noch erinnern, dass einige Teilnehmer Angst vor dem Ende der Studie hatten, weil sie eine bis dahin schon lange nicht mehr gekannte Lebensqualität erreicht hatten“, erzählte der Rheumatologe. In beiden Studien wurden bei der Mehrzahl der mit Infliximab behandelten Patienten bereits ab Woche 2 Verbesserungen der Symptomatik beobachtet. Zur Auswertung des primären Endpunkts nach 12 bzw. 24 Wochen kam es bei Patienten der Infliximab-Gruppe zu statistisch signifikanten Verbesserungen der Krankheitsaktivität, körperlichen Funktionseinschränkungen und Beweglichkeit, erfasst anhand der Bewertungskriterien BASDAI, BASFI bzw. BASMI (Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index / Functional Index / Metrology Index), der Kriterien der Assessment of SpondyloArthritis International Society (ASAS) sowie auch der Lebensqualität (physische Komponenten des SF [Short Form]-36).

Die Behandlung mit Infliximab wurde allgemein gut vertragen. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse (UE) in ASSERT waren Infektionen der oberen Atemwege (Infliximab 13,9 % vs. Placebo 14,7  %) und Infusionsreaktionen (10,9 % vs. 9,3 %). Die meisten UE waren von leichtem oder mäßigem Schweregrad. „Meiner Erfahrung nach wird Infliximab von der überwiegenden Mehrheit der Patienten gut toleriert. Mit Ausnahme von Infusionsreaktionen beobachten wir UE wie beispielsweise die etwas vermehrte Infektanfälligkeit mit vergleichbarer Häufigkeit auch bei anderen, vergleichbar wirkenden Medikamenten, die langfristig in der Rheumatologie eingesetzt werden“, erläuterte Kellner. In beiden Studien wurde die Behandlung nach der doppelblinden Phase offen fortgesetzt. Von den Patienten, die weiterhin mit Infliximab behandelt wurden (ASSERT: n=80; deutsche Studie: n=49), war bei der Mehrheit nach 2 Jahren nach wie vor ein Ansprechen feststellbar (89 % ASAS 20 bzw. 61 % BASDAI 50). Langzeitergebnisse zeigen zumeist anhaltendes Ansprechen

Mittlerweile wurden zu beiden Studien Langzeitdaten aus der offenen Verlängerung publiziert. Wirksamkeit und Verträglichkeit von Infliximab blieben bei AS meist auch langfristig erhalten. Die längste Behandlungsdauer wurde in der deutschen Studie dokumentiert. Von den ursprünglich randomisierten Patienten setzten nach der Open-Label-Phase ab Woche 12 fast die Hälfte (48 %) der Patienten die Infliximab-Therapie bis zum Ablauf von 8 Jahren fort. „Speziell bei der AS habe ich im-

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mer den Eindruck, dass der Anteil der Patienten, die treu und konstant bei der Infliximab-Therapie bleiben, besonders hoch ist“, kommentierte Kellner. Die häufigsten Gründe für einen Therapieabbruch waren UE (n=20), Weiterbehandlung durch Rheumatologen vor Ort (n=6), Kinderwunsch (n=5), NonCompliance (n=2) und fehlendes Ansprechen (n=3, alle innerhalb des ersten Studienjahres). Die Mittelwerte für BASDAI (2,6±1,9), BASFI (3,3±2,6) und BASMI (2,7±2,4) blieben auch nach 8 Jahren niedrig. Fast 90 % der Patienten befanden sich entweder in partieller Remission (n=8; 24 %) oder wiesen eine niedrige Krankheitsaktivität (BASDAI <3; n=21; 64 %) auf. Das schnelle, kurzfristige Therapieansprechen erwies sich als prädiktiv für den Krankheitsverlauf nach 8 Jahren. Insgesamt war Infliximab in der Regel auch langfristig gut verträglich. Innerhalb der letzten 3 Jahre traten in der Studie keine neuen schwerwiegenden UE auf. „Die Ergebnisse der deutschen Multizenterstudie und meine eigenen Erfahrungen zeigen mir, dass Infliximab in der Langzeittherapie der AS meist erfolgreich ist und ein günstiges Sicherheitsprofil aufweist“, bestätigte Kellner. „Wir wissen auch, dass Erkrankungen wie die AS langfristige Therapien erfordern, weil sie auch nach Jahren noch aktiv sind und die Lebensqualität der Patienten erheblich einschränken können.“ Breites Indikationsspektrum und langjährige Erfahrungen

Ein großer Vorteil von Infliximab ist nach Kellners Einschätzung das breite Anwendungsspektrum: „Infliximab hat derzeit die meis© VERLAG PERFUSION GMBH


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ten Indikationen unter den TNF-αHemmern.“ Es ist auch zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit aktiver rheumatoider Arthritis in Kombination mit Methotrexat, mit aktiver und fortschreitender Psoriasis-Arthritis, mittelschwerer bis schwerer Psoriasis sowie bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen mit schweren, aktiven Verlaufsformen des Morbus Crohn und der Colitis ulcerosa. Dies ist besonders bedeutsam, da wichtige chronisch-entzündliche Erkrankungen aus den Bereichen Rheumatologie, Gastroenterologie und Dermatologie, die auf eine Anti-TNF-α-Therapie gut ansprechen, häufig miteinander assoziiert sind und damit ggf. gleichzeitig behandelt werden können. Vorteilhaft ist laut Kellner auch die Möglichkeit, bei AS die Infusionsabstände zwischen 6 und 8 Wochen variieren zu können. „Infliximab ist ein langjährig erprobtes Medikament mit vielen Indikationen, therapeutischer Variabilität und einer in der Regel guten und zumeist schnell einsetzenden Wirksamkeit“, resümierte der Rheumatologe. Was vor Anwendung von Infliximab zu beachten ist

Um eine bestmögliche Wirksamkeit und Verträglichkeit von Infliximab zu erzielen, sollten die Patienten vor Einleitung der Behandlung im Hinblick auf eine aktive oder inaktive Tuberkulose, auf demyelinisierende Erkrankungen sowie auf Hepatitis B untersucht werden. Bei Patienten mit leichter Herzinsuffizienz ist Infliximab mit Vorsicht anzuwenden. F. S.

Asthma-Inhalationstherapie mit Fixkombinationen:

Der Trend führt weg von immer feineren Partikeln Die Größe der bei der AsthmaInhalationstherapie freigesetzten Partikel und ihre Bedeutung für den Behandlungserfolg stehen in Fachkreisen aktuell im Fokus der Diskussion. Bei einem von Mundipharma durchgeführten Symposium im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) wurde deutlich, dass der Trend inzwischen wegführt von immer feineren Partikeln. Erwünscht sind vielmehr ein möglichst hoher und konstanter Anteil lungengängiger Partikel sowie eine ausgewogene Partikelverteilung in der Lunge. Daten einer vorgestellten Studie zeigen, dass die Fixkombination flutiform® diesen Kriterien besonders nahe kommt. Die Experten mahnten zudem, andere wichtige Faktoren für den Therapieerfolg wie die richtige Wahl des Inhalators, die Schulung von Patienten und die Förderung der Adhärenz im Blick zu behalten. Hoher und atemfluss­ unabhängiger Anteil lungen­ gängiger Partikel gewünscht

Für eine erfolgreiche Behandlung von Asthma mit inhalativen Fixkombinationen aus langwirksamen Bronchodilatoren (LABA) und Kortikosteroiden (ICS) spielen aus Sicht von Dr. Peter Haidl, Schmallenberg, mehrere Faktoren eine Rolle. „Dies beginnt mit der Gesamtzahl der lungengängigen Teilchen, die ein Inhalationssystem liefert, und nachfolgend der Größenverteilung der Medikamentenpartikel“, erklärte der Pneumologe.

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Als lungengängig gelten dabei Partikel unter 5 µm, die auch als Feinpartikel bezeichnet werden. Ihr Anteil an allen freigesetzten Partikeln sollte so hoch wie möglich sein, damit möglichst viel Medikament die Lunge erreicht und dort wirksam werden kann. Besonders wichtig ist auch, dass der Anteil der respirablen Partikel unabhängig vom Inspirationsfluss des Patienten möglichst konstant bleibt. So wird sichergestellt, dass auch bei Patienten mit starker Obstruktion, bei der häufig der Atemfluss sinkt, eine gleichbleibend hohe Wirkstoffdosis für die Atemwege zur Verfügung steht. Für eine gute Verteilung der Medikamente in der Lunge ist zudem von Vorteil, wenn Partikel im Größenbereich von 3–5 µm, die in den zentralen Bereichen der Lunge deponieren, ebenso freigesetzt werden wie Partikel zwischen 1–3 µm, die bis in die Lungenperipherie vordringen können. So wird eine gleichmäßige Wirkstoffdeposition in den für die Bronchodilatation wie auch in den für den antiinflammatorischen Effekt relevanten Bereichen der Lunge gewährleistet. Noch kleinere Partikel sind bei der Inhalationstherapie wenig wünschenswert, da sie häufig wieder ausgeatmet werden und für die Wirkung keine Rolle spielen. Dass von besonders kleinen inhalierten Partikeln unter 1 µm sogar Gefahren ausgehen, zeigen Untersuchungen der partikulären Luftverschmutzung. „Diese allerfeinsten Partikel können physikalisch, aber auch chemisch nach Deposition in der Lunge mit dem Atemwegsepithel reagieren oder sogar systemisch verfügbar werden“, erklärte Prof. Dr. Jens Hohlfeld vom Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin in Hannover. Mögliche Folge sind © VERLAG PERFUSION GMBH


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Ein hoher Anteil lungengängiger Partikel, Konstanz des Feinpartikelanteils, keine allzu kleinen Partikel, gute Partikelgrößenverteilung – dass nicht alle Fixkombinationen die gesamte Bandbreite der gewünschten Kriterien gleichermaßen erfüllen, zeigt eine neuere Vergleichsstudie. Sie untersuchte 4 der verfügbaren Fixkombinationen (Fluticason/Formoterol MDI, Budesonid/Formoterol DPI, Fluticason/Salmeterol DPI und Beclomethason/Formoterol MDI) hinsichtlich der genannten Kriterien. Dabei zeigten sich Vorteile bei der Fixkombination Fluticason/ Formoterol (flutiform®). Denn flutiform® wies von allen untersuchten Präparaten den höchsten Anteil lungengängiger Feinpartikel sowohl bei der LABA- wie auch der ICS-Komponente auf – jeweils etwa 40 % (Abb. 1a und b). Außerdem blieb der Feinpartikelanteil bei dieser Fixkombination bei unterschiedlichen Atemflussraten gleichbleibend hoch, während er bei allen Vergleichspräparaten bei niedriger Flussrate deutlich abnahm. Auch das Partikelgrößenspektrum der Fluticason/Formoterol-Fixkombination erwies sich als ausgewogener: Bei einer Flussrate von 28 l/min war der Anteil von Partikeln in dem für den bronchialerweiternden Effekt wichtigen Größenbereich von 3–5 µm deutlich höher als beispielsweise bei

a)

Fluticason/ Formoterol

Fluticason/ Salmeterol

Budesonid/ Formoterol

Beclometason/ Formoterol

Fluticason/ Formoterol

Fluticason/ Salmeterol

Budesonid/ Formoterol

Beclometason/ Formoterol

Feinpartikelanteil (% der Nominaldosis)

flutiform®: höchster und konstanter Feinpartikelanteil

Feinpartikelanteil (% der Nominaldosis)

entzündliche Reaktionen in der Lunge. Der Experte forderte daher, der Vermeidung dieser feinsten Partikel mehr Beachtung zu schenken.

b)

Abbildung 1: Feinparikelanteil von Fixkombinationen im Vergleich. Von allen untersuchten Präparaten wies die Kombination Fluticason/Formoterol (flutiform®) den mit jeweils etwa 40 % höchsten Anteil lungengängiger Feinpartikel auf – sowohl bei der LABA- (a) wie auch der ICS-Komponente (b).

der Beclometason/Formoterol-Fixkombination. Partikel im Bereich von 1–2 µm, die bis in die Lungenperipherie vordringen, waren bei flutiform® ebenfalls vorhanden, während noch kleinere Partikel kaum vorkamen. „Die Studie zeigt, dass flutiform® die genannten Anforderungen im Vergleich zu anderen Inhalationssystemen in hohem Maß erfüllt“, bilanzierte Haidl.

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Risikokommunikation für bessere Adhärenz

Der Pneumologe gab zu bedenken, dass für den Therapieerfolg die Wahl des passenden Devices, eine wiederholte Schulung des Patienten und Maßnahmen zur Sicherung der Adhärenz weitere wesentliche Faktoren darstellen. Gerade die Adhärenz ist bei Asthmapatienten

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KONGRESSE

mit 30–70 % deutlich zu niedrig, wie Professor Wolfgang Gaissmaier, Konstanz, bestätigte. Ein wesentlicher Grund ist nach Ansicht des Psychologen, dass Nutzen und Risiken der Therapie von Patienten falsch eingeschätzt werden. Zum einen herrschen oft Ängste in Bezug auf die Risiken, z.B.

eine übersteigerte Kortisonangst. Gleichzeitig ist aber der Nutzen wie bei allen prophylaktischen Therapien schwer direkt erfahrbar. Eine gezielte Risikokommunikation könnte dabei helfen, Patienten ein realistisches Bild von erwartbarem Nutzen und möglichen Risiken verschiedener Therapien zu

vermitteln. So verstehen sie die Therapie besser und können sich aktiv an der Entscheidung über ihre Behandlung beteiligen. Studien zufolge wirkt sich dies positiv auf die Zufriedenheit mit der Behandlung und die Adhärenz aus. Elisabeth Wilhelmi, München

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Herausgeber: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, FBK Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Univ.-Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Leiter Bereich Kardiologie RZP Potsdam und Geschäftsführer BBGK e.V. Berlin Konstanzer Straße 61 10707 Berlin Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. M. Alexander, Infektiologie, Berlin Prof. Dr. L. Beck, Gynäkologie, Düsseldorf Prof. Dr. Berndt, Innere Medizin, Berlin Prof. Dr. H.-K. Breddin, Innere Medizin, Frankfurt/Main Prof. Dr. K. M. Einhäupl, Neurologie, Berlin Prof. Dr. E. Erdmann, Kardiologie, Köln Prof. Dr. Dr. med. E. Ernst, University of Exeter, UK Prof. Dr. K. Falke, Anästhesiologie, Berlin Prof. Dr. K. Federlin, Innere Medizin, Gießen Prof. Dr. E. Gerlach, Physiologie, München Prof. Dr. H. Helge, Kinderheilkunde, Berlin Prof. Dr. R. Herrmann, Onkologie, Basel Prof. Dr. W. Jonat, Gynäkologie, Hamburg Prof. Dr. H. Kewitz, Klin. Pharmakol. Berlin Prof. Dr. B. Lemmer, Pharmakologie, Mannheim/Heidelberg

Prof. Dr. med. R. Lorenz, Neurochirurgie, Frankfurt Prof Dr. J. Mann, Nephrologie, München Dr. med. Veselin Mitrovic, Kardiologie, Klinische Pharmakologie, Bad Nauheim Prof. Dr. R. Nagel, Urologie, Berlin Prof. Dr. E.-A. Noack, Pharmakologie, Düsseldorf Prof. Dr. P. Ostendorf, Hämatologie, Hamburg Prof. Dr. Th. Philipp, Innere Medizin, Essen Priv.-Doz. Dr. med. B. Richter, Ernährung – Stoffwechsel, Düsseldorf Prof. Dr. H. Rieger, Angiologie, Aachen Prof. Dr. H. Roskamm, Kardiologie, Bad Krozingen Prof. Dr. E. Rüther, Psychiatrie, Göttingen Prof. Dr. med. A. Schrey, Pharmakologie, Düsseldorf Dr. Dr. med. C. Sieger, Gesundheitspolitik u. Gesundheitsökonomie, München Prof. Dr. E. Standl, Innere Medizin, München Prof. Dr. W. T. Ulmer, Pulmologie, Bochum Schriftleitung: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, FBK Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Telefon: 037437 557-0 Bibliothek: 037437 2214 [Library] E-Mail DIG: info@d-i-g.org E-Mail persönlich: k.l.resch@d-i-g.org

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Migräne, Sprachstör., Synkope, Tremor, Diplopie, Funktionsstör. d. Augen, Funktionsstör. d. Ohren, Palpitationen, Tachykardie, Husten, saisonale Rhinitis, anorekt. Funktionsstör., Obstipation, Zahnkaries, Dyspepsie, Dysphagie, Darminkontinenz, Erbrechen, abnormer Leberfunktionstest, Ekchymose, Hyperhidrose, Pruritus, Stör. d. Haut, Urtikaria, Nackenschm., Harndrang, Pollakisurie, Harnretention, Schüttelfrost, Gesichtsödem, Atrophie a. d. Inj.stelle einschl. lokalisierter Lipodystrophie, lok. Reakt., peripheres Ödem, Ödem, Pyrexie. Gelegentl.: Abszess, Zellulitis, Furunkel, Herpes zoster, Pyelonephritis, Hautkrebs, Leukozytose, Leukopenie, Splenomegalie, Thrombozytopenie, abnorme Lymphozyten-Morphologie, Struma, Hyperthyreose, Alkoholintol., Gicht, Hyperlipidämie, erh. Blutnatrium, verr. Serumferritin, abnorme Träume, Verwirrth., Euphorie, Halluzinationen, Feindseligkeit, Manie, Persönlichkeitsstör., Suizidversuch, Karpaltunnelsyndrom, kognitive Stör., Konvulsion, Dysgraphie, Dyslexie, Dystonie, motor. Stör., Myoklonus, Neuritis, neuromusk. Blockade, Nystagmus, Lähmung, Peroneuslähmung, Stupor, Gesichtsfeldstör., Katarakt, Schädigung d. Hornhaut, trock. Auge, Augenblutung, Ptosis, Mydriasis, Optikusatrophie, Extrasystolen, Sinusbradykardie, paroxysmale Tachykardie, Krampfadern, Apnoe, Nasenbluten, Hyperventilation, Laryngospasmus, Funktionsstör. d. Lunge, Gefühl d. Erstickens, Kolitis, Dickdarmpolypen, Enterokolitis, Aufstoßen, ösophageales Geschwür, Parodon-

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