ISSN 1432-4334 JAHRGANG 22 HEFT 5 Dezember 2013
FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE
JOURNAL OF PHARMACOLOGY AND THERAPY
Chronische Obstipation – eine Volkskrankheit?
Neue Impulse für die mCRPC-Therapie: Zwei Jahre Erfahrungen mit Abirateronacetat Neuroendokrine Neoplasien: Hoher Stellenwert von Octreotid LAR und Everolimus im Therapiealgorithmus Epilepsietherapie im Spannungsbereich zwischen Innovation und Kostendruck Hyaluronsäure lindert Hustenreiz und Halsschmerzen bei Schnarchern
Multiple Sklerose: Fingolimod verringert die Hirnatrophie als langfristigen Prognosefaktor InsuPad® verbessert die Insulinaufnahme in das Blutgefäßsystem
Akute Herzinsuffizienz: Neue Therapiestrategien dringend erforderlich Strontiumranelat: Effektive Osteoporose-Therapie mit Mehrwert Transkatheter-Aortenklappenersatz mit dem innovativen Lotus™-Klappensystem
Rituximab subkutan: Mehr Lebensqualität für Lymphom-Patienten
VERLAG
PERFUSION
Das erste melatonerge Antidepressivum
Zurück ins Leben. Effektive und anhaltende Wirkung 1, 2, 3 Sicher in der Anwendung 4, 5, 6, 7, 8 1x täglich beim Zubettgehen 6
1. Goodwin G. M. et al., 2013; Int Clin Psychopharmacol, 28 (1): 20–28 2. Kennedy S. H., 2009; CNS Drugs, 23 Suppl 2: 41–47 3. Kasper S. et al., 2009; World J Biol Psychiatry, 10 (2): 117–126 4. Benkert O., Hippius H., 2013, Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie, 9. Auflage, Springer Verlag, S. 62. 5. Bauer M. et al., 2008; Psychopharmakotherapie, 15: 239–264. 6. Fachinformation Valdoxan® 25 mg; Stand: April 2013. 7. Kennedy S. H., Rizvi S. J., 2010; CNS Drugs, 24: 479–499. 8. Schmauß M., Messer T., September 2012; Therapietabellen Neurologie/Psychiatrie, Nr. 52, 7. Auflage, Westermayer Verlag. Valdoxan® 25 mg Filmtabletten Wirkstoff: Agomelatin Zusammensetzung: 1 Filmtablette enthält 25 mg Agomelatin. Sonstige Bestandteile: Lactose-Monohydrat, Maisstärke, Povidon K30, Carboxymethylstärke-Natrium (Typ A), Stearinsäure, Magnesiumstearat, hochdisperses Siliciumdioxid, Hypromellose, Eisen(III)-hydroxid-oxid x H 2 O (E172), Glycerol, Macrogol 6000, Titandioxid (E171), Schellack, Propylenglycol und Indigocarmin, Aluminiumsalz (E132). Anwendungsgebiete: Behandlung von Episoden einer Major Depression. Valdoxan wird angewendet bei Erwachsenen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile; eingeschränkte Leberfunktion (d. h. Leberzirrhose oder aktive Lebererkrankung) oder erhöhte Transaminasenwerte um mehr als das 3-Fache des oberen Normbereichs; gleichzeitige Anwendung von starken CYP1A2-Inhibitoren (z. B. Fluvoxamin, Ciprofloxacin). Nebenwirkungen: Erkrankungen des Nervensystems: häufig: Kopfschmerzen, Schwindel, Schläfrigkeit, Schlaflosigkeit, Migräne; gelegentlich: Parästhesie, Restless leg Syndrom. Psychiatrische Erkrankungen: häufig: Angst; gelegentlich: Agitiertheit und damit verbundene Symptome (Gereiztheit, Unruhe), Aggression, Alpträume, ungewöhnliche Träume; selten: Manie/Hypomanie (können auch durch Grunderkrankung bedingt sein), Halluzinationen; m. nicht bekannter Häufigkeit: Suizidgedanken od. suizidales Verhalten. Augenerkrankungen: gelegentlich: verschwommenes Sehen. Erkrankungen des Ohrs und des Labyrinths: gelegentlich: Tinnitus. Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts: häufig: Übelkeit, Diarrhoe, Obstipation, Bauchschmerzen, Erbrechen. Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes: häufig: vermehrtes Schwitzen; gelegentlich: Ekzem, Pruritus, Urtikaria; selten: erythematöser Ausschlag, Gesichtsödem und Angioödem. Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen: häufig: Rückenschmerzen. Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort: häufig: Müdigkeit. Leber- und Gallenerkrankungen: häufig: erhöhte AST- und/oder ALT-Werte (in klinischen Studien wurden Erhöhungen > 3-fach höher als der obere Normbereich [> 3 x ULN] bei 1,4 % der Patienten unter Agomelatin 25 mg/Tag und 2,5 % unter Agomelatin 50 mg/Tag vs. 0,6 % unter Placebo beobachtet); selten: Hepatitis, erhöhte γ-GT (> 3 x ULN), erhöhte alkalische Phosphatase (> 3 x ULN), Leberinsuffizienz (wenige Ausnahmefälle mit tödl. Ausgang od. Lebertransplant. bei Pat. mit Risikofaktoren für Leberschädigung), Ikterus. Untersuchungen: selten: Gewichtszunahme, Gewichtsabnahme. Warnhinweise: Enthält Lactose. Patienten mit der seltenen hereditären Galactose-Intoleranz, Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption sollten dieses Arzneimittel nicht einnehmen. Weitere Hinweise siehe Fachinformation. Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Les Laboratoires Servier; 50, rue Carnot, 92284 Suresnes cedex, Frankreich. Örtlicher Vertreter: Servier Deutschland GmbH, Elsenheimerstr. 53, D-80687 München, Tel. +49 (0)89 57095 01 Stand: November 2013
EDITORIAL
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Der therapeutische Stuhl
Erfahrung, Logik, Plausibilität – das sind die Grundkomponenten der Entwicklung der Medizin von ihren nachweisbaren Anfängen in der Jungsteinzeit (und wahrscheinlich noch viel länger zurück reichend) bis ins 19. Jahrhundert. Dann begann das Zeitalter der modernen, wissenschaftlichen Medizin. Wirklich? Man muss gerade mal eine gute Generation zurückgehen, da galt es als Kunstfehler, Patienten in den ersten Wochen nach einem Herzinfarkt aus dem Bett zu lassen, und sei es nur zur Verrichtung eines Geschäfts. Logisch, schließlich ist Immobilisation die beste Voraussetzung für Heilung. Was für einen verletzten Muskel gut ist, kann für das Herz nicht schlecht sein. Daran musste ich unmittelbar denken, als ich in der Weihnachtsausgabe der Zeitschrift Test (Stiftung Warentest) den Tipp las, man solle sich „häufig und gründlich“, auf jeden Fall „mindestens 20 Sekunden lang“ die Hände waschen, denn „über die Hände gelangen Krankheitserreger auf die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen und dringen so in den Körper ein“. Logisch, dass Infektionserreger irgendwie in den Körper gelangen müssen. Das dachten sich auch Howard Hughes und Michel Jackson.
Beide versuchten deshalb konsequenterweise (wie viele weniger bekannte Zeitgenossen auch), keine Mikroben auch nur in die Nähe ihres Körpers gelangen zu lassen. Hallo ihr! Schon mal was von Mikrobiom gehört? Der Begriff, ab 2014 übrigens als „microbiota“ auch offizieller MeSHBegriff in Medline, bezeichnet „das volle Spektrum von Mikro ben (Bakterien, Pilze, Viren etc.), die natürlicherweise in einer bestimmten biologischen Nische, z.B. einem Organismus existieren“. Und das sind immerhin um den Faktor 10 mehr Mikroben, als wir körpereigene Zellen haben, oder, wie es Jeffrey Gordon, Gewinner des Robert-Koch-Preises 2013 (vgl. Zylka-Mehlhorn V. Allianzen zwischen Mensch und Mikroben. Deutsches Ärzteblatt vom 13. Dezember 2013), formulierte, „Wir sind zu 90 % mikrobiell und zu 10 % human“. Der Mikrokosmos in uns trägt nicht nur mit 1,5–2 kg zu unserem Körpergewicht bei, er setzt unseren eigenen etwa 22.000 Genen ein unerschöpfliches Reservoir von ca. 8 Millionen Genen entgegen. Mikroben sind nicht nur ursächlich beteiligt bei gastrointestinalen Erkrankungen wie etwa infektiösen Diarrhöen, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder Reizdarmsyndrom, ihre
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Prof. Dr. med. K.-L. Resch, Bad Elster
komplexen Populationen sind auch ein entscheidender Faktor für die Gesundheit. So ist die Helicobater-pylori-Infektion (aktuelle Prävalenz: 20 %) als wichtige Ursache für Gastritis, Gastro- und Duadenalulzera und Magenkarzinom allgemein bekannt, nicht jedoch ihre Bedeutung als zuverlässiger Schutz gegen allergisches Asthma in früheren Zeiten (Prävalenz damals: 90 %) [1]. Veränderungen der Darmflora scheinen für die Entwicklung eines Diabetes mellitus bzw. eines metabolischen Syndroms von Bedeutung zu sein [2]. Auch Fettleibigkeit hat offensichtlich viel mit der Zusammensetzung der Darmflora, deren Genen und metabolischen Aktivitäten zu tun [3]. © VERLAG PERFUSION GMBH
INHALT
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Logische Konsequenz: die Übertragung einer gesunden Darmflora auf Menschen mit entsprechenden Erkrankungen. Erstmalig bereits im Jahr 1958 vorgeschlagen [4], entwickelt sich die Idee der Übertragung einer „normalen Darmflora“ auf Menschen mit teilweise bislang hartnäckigen bis therapie refraktären Erkrankungen nach einer Anfang des Jahres im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie derzeit lawinenartig [5]. Keiner der 48 in Medline gelisteten Artikel mit dem Begriff „fecal microbia transplantation“ ist älter als 2 Jahre, allein 31 der 48 stammen aus 2013. Mal sehen, ob wir uns in 5 Jahren noch alle „häufig und gründlich“ die Hände waschen sollen ... Karl-Ludwig Resch, Bad Elster
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS Neue Impulse für die mCRPC-Therapie: Zwei Jahre Erfahrungen mit Abirateronacetat
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Neuroendokrine Neoplasien: Hoher Stellenwert von Octreotid LAR und Everolimus im Therapiealgorithmus 162 Epilepsietherapie im Spannungsbereich zwischen Innovation und Kostendruck
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Hyaluronsäure lindert Hustenreiz und Halsschmerzen bei Schnarchern
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL Multiple Sklerose: Fingolimod verringert die Hirnatrophie als langfristigen Prognosefaktor
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InsuPad® verbessert die Insulinaufnahme in das Blutgefäßsystem 175
Quellen 1 D‘Elios MM et al. Helicobacter pylori, asthma and allergy. FEMS Immunol Med Microbiol 2009;56:1-8 2 Loscalzo J. Gut microbiota, the genome, and diet in Atherogenesis. N Engl J Med 2013;368;1647-1649 3 Turnbaugh PJ et al. A core gut microbiome in obese and lean twins. Nature 2009;457:480-485 4 Eiseman B et al. Fecal enema as an adjunct in the treatment of pseudomembranous enterocolitis. Surgery 1958;44:854-859 4 van Nood E et al. Duodenal infusion of donor feces for recurrent Clostridium difficile. N Engl J Med 2013;368:407-415
Akute Herzinsuffizienz: Neue Therapiestrategien dringend erforderlich
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Strontiumranelat: Effektive Osteoporose-Therapie mit Mehrwert
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Transkatheter-Aortenklappenersatz mit dem innovativen Lotus™-Klappensystem
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Rituximab subkutan: Mehr Lebensqualität für Lymphom-Patienten 181
RUBRIKEN Wissenswertes 166,174 Kongresse 183
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ÜBERSICHTSARBEIT
Chronische Obstipation – eine Volkskrankheit?
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ie chronische Obstipation ist eine der häufigsten Beschwerden in der Allgemeinbevölkerung, und sie wird mit der zunehmenden Alterung zukünftig eine noch größere Bedeutung gewinnen. Bereits heute haben Männer über die Lebenszeit gemittelt eine Prävalenz der Obstipation von 10 % und Frauen von etwa 20 %. Diese Häufigkeit verdoppelt sich noch im Alter zwischen 70 und 90 Jahren. Dabei wirkt sich die Verstopfung deutlich negativ auf die Lebensqualität der Betroffenen aus. Zudem entstehen der Gesellschaft hohe Kosten durch Arztbesuche, Verschreibungen, Krankenhausaufenthalte und Arbeitsausfälle. Eine sorgfältige Diagnostik ist erforderlich, um eventuelle Ursachen der Obstipation zu eruieren. Bei einem Teil der Betroffenen führt dies jedoch zu keinem Ergebnis, sie leiden unter einer primären chronischen Verstopfung. Für diese Patientinnen steht mit Prucaloprid eine zuverlässige therapeutische Option zur Verfügung. Aktuelle Daten zur Epidemiologie
Angaben zur Häufigkeit der chronischen Obstipation in Deutschland beruhten bislang überwiegend auf Schätzungen. Mit ca. 5 % lagen die Werte dabei deutlich unter den
Angaben aus Europa und dem Rest der Welt. Mit der Studie GECCO (German Chronic Constipation) sollten hier klarere Informationen gewonnen werden. Gleichzeitig wollte man Daten zu den Ernährungsgewohnheiten, Medikamenteneinnahmen, Arztkontakten und zur Lebensqualität von Menschen mit chronischer Verstopfung erheben. In die zweistufige, repräsentative Bevölkerungsstudie wurden 15.002 Erwachsene eingeschlossen und mittels eines „random digit dialing“ (RDD) von Haushalten mit Festnetzanschlüssen angerufen und befragt (computer assisted telephone interview, CATI). Von allen Befragten gaben 2240 (14,9 %) an, in den vergangenen 12 Monaten unter einer Verstopfung gelitten zu haben (805 Männer, 1435 Frauen), 863 Personen (5,8 %) berichteten Obstipationssymptome in den vergangenen 4 Wochen und 386 (2,6 %) hatten aktuell eine Obstipation (jeweils Frauen und Männer im Verhältnis von etwa 2:1). Wegen ihrer Obstipation hatten 692 (4,6 %) Medikamente eingenommen, 430 (2,9 %) waren deswegen beim Arzt. Alle Teilnehmer, die angaben, in den vergangenen 12 Monaten verstopft gewesen zu sein und bereit waren, an einer weiteren Befragung teilzunehmen, erhielten einen Fragebogen. Von allen Obstipier-
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ten berichteten 38 % über eine oder mehrere organische Erkrankungen, die die Verstopfung erklären könnten. Hierunter waren vor allem Hypothyreose, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Zustand nach Schlaganfall, Morbus Parkinson oder Multiple Sklerose. 49 % der Betroffenen nahmen zudem regelmäßig Medikamente ein, die zum Teil obstipierende Wirkung haben. Insgesamt gehen die Autoren der Studie davon aus dass in 60 % der Fälle die Verstopfung durch eine Grunderkrankung oder durch Medikamente bedingt ist (sekundäre Obstipation) und vermuten bei den übrigen 40 % eine funktionelle bzw. primäre Obstipation. Ein Symptom – viele mögliche Ursachen
Sekundäre Obstipationsformen kommen im Rahmen anderer, häufig neurologischer oder endokriner Erkrankungen vor oder als Nebenwirkung von Medikamenten. Sind diese beiden Ursachenkomplexe auszuschließen, spricht man von einer primären Verstopfung. Mithilfe spezialdiagnostischer Abklärungen (Röntgen-Transitzeitmessung, Defäkogramm, anorektale Manometrie) können bei der primären Obstipation folgende Subtypen unterschieden werden: die „Slow-transit“-Obstipation, die © VERLAG PERFUSION GMBH
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anorektalen Entleerungsstörungen sowie die Gruppe der „Normaltransit“-Obstipation. Verlangsamter Transport Bei der „Slow-transit“-Obstipation wird die Verstopfung durch einen verlangsamten Transport des Speisebreis durch den Darm hervorgerufen. Die Stuhlfrequenz ist stark erniedrigt, bei den Ex tremformen kommt es sogar nur alle paar Wochen zu einer Darmentleerung, ohne dass dabei ein Darmverschluss vorläge. Manometrisch zeigt sich im Kolon ein Verlust der hochamplitudigen peristaltischen Wellen, die normalerweise täglich mehrfach über weite Strecken des Kolons verlaufen und mit einer Defäkation oder mit einem Defäkationsreiz einhergehen. Histologisch finden sich bei den schweren Formen Hinweise auf eine enterische Neuropathie, vor allem eine Hypoganglionose des Plexus myentericus. Auch eine enterische Ganglionitis, ein veränderter Neurotransmitter-Status, eine enterische Myopathie sowie Veränderungen der interstitiellen Cajalzellen, der intestinalen Schrittmacherzellen, wurden bei der „Slow-transit“-Obstipation beschrieben. Die Folge ist stets eine Störung des peristaltischen Reflexes, d.h. des über das enterische Nervensystem gesteuerten Kontraktionsablaufs des Dickdarms. Dieser gliedert sich in eine Kontraktion zum Vorwärtstransport und eine gleichzeitige Relaxation des folgenden Darmabschnittes zur Aufnahme des Darminhalts. Neben den primär exzitatorischen Neurotransmittern wie z.B. Acetytcholin und den primär inhibitorischen Neurotransmittern wie z.B. VIP (vasoak-
tives intestinales Peptid) spielt der Botenstoff Serotonin im Bereich des peristaltischen Reflexes (einschließlich der sensorischen Komponente) eine entscheidende Rolle. Serotonin ist dabei über Interaktion mit verschiedenen Rezeptorsubtypen im Bereich der Motorik und Sensorik des Darms funktionell wirksam. Die prokinetische Wirkung von Serotonin erfolgt dabei im Bereich des Kolons vor allem über den Serotonin-Rezeptorsubtyp 4 (5-HT4-Rezeptor), an dem auch spezifische SerotoninRezeptor-Agonisten wie Prucalo prid ansetzen. „Normal-transit“-Obstipation In die Gruppe der Normal-transitObstipation fallen die sogenannte „funktionelle“ bzw. „habituelle“ Obstipation sowie das Obstipations-prädominante Reizdarmsyndrom, da sich die Definitionen der chronischen Obstipation (im Vordergrund der Beschwerdesymptomatik steht die Obstipation, sekundär kann Bauchschmerz bestehen) und des Obstipations-prädominanten Reizdarmsyndroms (im Vordergrund steht der Bauchschmerz, daneben besteht eine Obstipation) überlappen. Pathophysiologisch, exakter epidemiologisch, besteht bei der „Normal-transit“-Obstipation eine Assoziation zwischen Obstipation und faserarmer Kost, verringerter Flüssigkeitsaufnahme, mangelnder Bewegung und Unterdrückung des Defäkationsreizes. Ein direkter kausaler Zusammenhang ist jedoch nicht belegt und muss im individuellen Einzelfall anamnestisch erfragt werden. Weibliches Geschlecht prädisponiert zur Entwicklung einer Obstipation, da Frauen als Gruppe einen langsameren Transit als Männer
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aufweisen. Der anamnestisch oft angegebene Zusammenhang einer Obstipation mit dem Zyklus lässt sich dagegen durch Transitstudien nicht sicher belegen. Alter spielt dagegen pathophysiologisch eine Rolle. So sind ein verlängerter (rektosigmoidaler) Transit sowie eine verzögerte Entleerungsdynamik im Alter beschrieben. Sehr viel häufiger dürften aber sekundäre Ursachen für die Zunahme der Obstipation im Alter eine Rolle spielen (Immobilität, geringer Fasergehalt der Nahrung, geringe Flüssigkeitszufuhr, Multimorbidität, Medikamente). Für das Reizdarmsyndrom inklusive des Obstipations-prädominanten Reizdarmsyndroms sind pathophysiologisch Störungen im Bereich der Darmwand nachweisbar. Hierzu zählen Veränderungen im Bereich des Serotoninhaushaltes oder immunologische Veränderungen in Form der Aktivierung von Nervenzellen des enterischen Nervensystems durch vermehrte Freisetzung von Schleimhautmediatoren (z.B. aus Immunzellen oder Mastzellen). Entleerungsstörungen Einer anorektalen Entleerungsstörung können organische wie funktionelle Ursachen zugrunde liegen. Zur organisch bedingten Entleerungsstörung können eine Rektozele (Aussackung der Rektumvorderwand in Richtung Scheide), eine Intussuszeption (Einfaltung des Rektums beim Pressen) sowie ein Descending-perineum-Syndrom (Absinken des Beckenbodens beim Pressen mit Verlust der Presskraft) führen. Zu den funktionellen Störungen zählen z.B. die Rectal inertia, das hyposensitive Rektum sowie die © VERLAG PERFUSION GMBH
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Beckenbodendyssynergie. Bei der Rectal inertia besteht eine neurogen bedingte Störung, sodass der Tonus der Rektumwand beim Pressen nicht erhöht werden kann. Ein hyposensitives Rectum findet sich bei bis zu einem Viertel aller Obstipierten und geht mit erhöhten Stuhldrangschwellen einher. Als Folge kommt es zu Stuhleindickung mit erschwerter Entleerung. Pathophysiologisch können einem hyposensitiven Rektum wiederum eine afferente Neuropathie, eine Compliancestörung der Rektumwand sowie ein Megarektum zugrunde liegen. Bei der Beckenbodendyssynergie handelt es sich um eine erworbene, häufig psychosomatisch mitbedingte Störung, sodass es beim Versuch der Entleerung zu einer paradoxen Kontraktion des Schließmuskels oder des Beckenbodens kommt, ggf. verbunden mit einer insuffizienten Erhöhung des intraabdominalen Druckes bei fehlender Kontraktion der Bauchmuskulatur und des Zwerchfells während des Pressaktes. Erschwerte Diagnosestellung
Die chronische Obstipation ist von zahlreichen Mythen begleitet (Autointoxikation bei Stuhlverhalt, klinisch relevanter Einfluss von Darmlänge, gastrointestinalen bzw. anderen Hormonen, Ballaststoffzufuhr, Flüssigkeitszufuhr bzw. inadäquatem Lebensstil auf das Stuhlverhalten), für die es bisher keine wissenschaftliche Belege gibt. Die Charakterisierung der chronischen Obstipation als zum Arztbesuch führende und die Lebensqualität einschränkende Erkrankung wird wesentlich durch die subjektive Beeinträchtigung (Pressen, Gefühl der inkompletten
Entleerung, Gefühl der anorektalen Obstruktion/Blockade) und weniger durch objektive Parameter (Stuhlfrequenz) bestimmt. Die chronische Obstipation ist insofern eine typische „Eisberg-Erkrankung“, bei der der Übergang vom physiologischen Zustand zur Erkrankung fließend ist. Dies bedeutet einerseits, dass Patienten auch bei formal normaler Stuhlfrequenz ein Verstopfungsgefühl aufgrund einer erschwerten Stuhlentleerung mit der Notwendigkeit des Pressens entwickeln können, und andererseits, dass beschwerdefreie Patienten mit über mehrere Tage ausbleibendem Stuhlgang nicht verstopft sind. Während die Stuhlentleerungsstörung in der Regel anhand funktioneller (z.B. Beckenbodendyssynergie) oder morphologischer (z. B. Beckenbodensenkung, rektoanaler Prolaps) Veränderungen dargestellt werden kann, ist die Pathophysiologie der Passagestörung in der Klinik schwieriger zu fassen. Nach heutigen Vorstellungen ist die chronische Obstipation häufig die Folge von neuromuskulären oder neurosekretorischen Störungen, die mit sensorimotorischen Veränderungen einhergehen. Entscheidend ist, bereits zu Beginn der Diagnostik durch eine genaue Anamnese, gegebenenfalls mit Anlage eines Stuhl- bzw. Ernährungstagebuches und durch die klinische Untersuchung inklusive rektal-digitaler Untersuchung, zwischen einer Obstipation mit verlangsamter Dickdarmpassage („slow transit constipation“) und einer Obstipation bei anorektaler Entleerungsstörung („outlet ob struction“) zu differenzieren. Während bei der Transitstörung nur im Einzelfall eine weiterführende Diagnostik (Passage-Entleerungszeiten, gastrointestinale Motilität)
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mithilfe verschiedener Techniken (Manometrie, Atemtests, Marker untersuchungen, Szintigraphie, Kernspintomographie, Barostat, laparoskopische Entnahme von Ganzwandproben) angezeigt ist, sollte bei Verdacht auf Stuhlentleerungsstörungen immer eine proktologische und gegebenenfalls proktoskopische Untersuchung erfolgen. Im Einzelfall kann diese Basisuntersuchung durch weiterführende Untersuchungen (anorektale Manometrie, anale Elektromyographie, Elektromyographie des Nervus pudendus, Defäkographie, Defäko-MRT, Ballonexpulsionstest) ergänzt werden. Bei Problempatienten, die auf die unterschiedlichen Therapiestrategien nicht ansprechen, sind eine interdisziplinäre Beurteilung, möglichst in einem Kontinenzbzw. Beckenbodenzentrum, und eine differenzierte Diagnostik zur Abklärung von chirurgischen Optionen erforderlich. Eine enge Zusammenarbeit mit vernetzten klinischen und grundlagenwissenschaftlichen neurogastroenterologischen Zentren sollte erfolgen. Hoher Leidensdruck
Die chronische Obstipation führt vor allem bei älteren Menschen zu einer deutlichen Verminderung der Lebensqualität, schränkt die Fähigkeit zur sozialen Teilnahme ein und kann eine Anorexie bedingen. Neben dem Alter sind das weibliche Geschlecht, ein ungesunder Lebensstil und ein niedriger sozioökonomischer Status weitere Risikofaktoren für die Entwicklung einer Obstipation. Patienten mit chronischer Obstipation haben einen hohen Leidensdruck und eine deutliche Einschränkung ihrer körperlichen und psychischen © VERLAG PERFUSION GMBH
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Lebensqualität, die mit anderen chronischen Erkrankungen (z.B. chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, dialysepflichtiger Niereninsuffizienz) vergleichbar ist. Dies ist von großer klinischer und sozioökonomischer Bedeutung, da Obstipierte im Vergleich zu Nicht-Obstipierten sowohl höhere direkte (Verschreibungen, Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte) als auch höhere indirekte Kosten (Arbeitsausfälle) verursachen. Nach einer kürzlich publizierten Internet-basierten Umfrage in Deutschland suchten obstipierte Patientinnen aufgrund ihrer Beschwerden in den letzten 12 Monaten im Durchschnitt 2,7-mal, knapp die Hälfte mehr als 2-mal und etwa 10 % mehr als 5-mal ihren Hausarzt auf. Hierbei werden als besonders belastend harte Stühle (54 %) und Pressen (53 %), Bauchschmerzen (37 %) sowie eine unregelmäßige Stuhlfrequenz (36 %) empfunden. Auch die Stuhlinkontinenz ist gehäuft mit der chronischen Obstipation verbunden. Therapeutische Möglichkeiten
Die Therapieansätze müssen die multifaktoriellen Ursachen der Obstipation berücksichtigen und sollten zusätzlich zur Mobilisierung und Ernährungsumstellung auf faserreiche Kost auch das Trai-
ning einer regelmäßigen Stuhlentleerung sowie schließlich auch eine Pharmakotherapie umfassen. Hierbei sollte eine genaue RisikoNutzen-Abwägung erfolgen. Laut der neuen S2k-Leitlinie zur „Epidemiologie, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie der chronischen Obstipation“ der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM) und der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) sind zunächst konventionelle medikamentöse Therapien (Laxanzien) bedarfsadaptiert einzusetzen, insbesondere osmotisch wirksame Substanzen (Lactulose, Polyethylenglykol-haltige Trinklösungen), bei Verträglichkeit aber auch Sorbitol sowie Bisacodyl bzw. Natrium-Picosulfat. Neue medikamentöse Therapien umfassen Prokinetika vom Typ der 5-HT4-Agonisten, die die Kontraktionen der Darmwandmuskulatur unterstützen. Hier stellt der Wirkstoff Prucaloprid (Resolor®) eine gute neue Therapieoption bei den Patienten dar, bei denen Laxanzien nicht oder nur unzureichend effektiv sind oder schlecht vertragen werden. Prucaloprid ist ein selektiver, hochaffiner Agonist für serotonerge Rezeptoren vom Typ 5-HT4 (5-Hydroxytryptamin Typ 4) direkt in der Darmwand. Durch die Bindung von Prucaloprid an
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die 5-HT4-Rezeptoren erfolgt eine präsynaptische Aktivierung cholinerger Synapsen, die daraufhin vermehrt den erregenden Transmitter Acetylcholin ausschütten. Acetylcholin wiederum stimuliert den peristaltischen Reflex und aktiviert direkt die Muskelzellen mit der Folge vermehrter Kontraktionen der Darmmuskulatur. Durch die Stimulation des enterischen Nervensystems hilft Prucaloprid, die natürliche Darmfunktion wieder herzustellen. Resolor® ist zugelassen für Frauen mit chronischer Obstipation, bei denen Laxanzien keinen ausreichenden Therapieerfolg erzielen konnten. Die übliche Dosis beträgt 2 mg pro Tag, Frauen über 65 Jahre erhalten zunächst nur 1 mg pro Tag. Eine aktuelle Zulassungsstudie prüft die Wirksamkeit bei Männern, die in den bisherigen Studien zahlenmäßig unterrepräsentiert waren. Elisabeth Wilhelmi, München
Quelle: Satellitensymposium „Chronische Obstipation – eine Volkskrankheit?“ anlässlich der 68. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) am 12. September 2013 in Nürnberg. Veranstalter: Shire.
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
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Bislang waren nach AD-Versagen weitere Hormonmanipulationen die Regel
Die Prognose der Patienten mit Prostatakarzinom ist heute zwar gut, doch von den insgesamt knapp 720.000 betroffenen Männern in Deutschland befinden sich rund 52.000 in einer palliativen Situation, weil sich bei ihnen bereits Metastasen entwickelt haben [3]. Sie erhalten in der Regel eine primäre Androgendeprivation (AD), bestehend aus der Gabe eines LHRHAntagonisten bzw. -Agonisten oder einer Orchiektomie [4]. In den meisten Fällen (80–90 %) spricht der Krebs hierauf zwar zunächst an, was sich an einem Rückgang der Beschwerden, einer Verkleinerung des Primärtumors bzw. der Metastasen, einem Abfall des Serumtestosteronspiegels (auf Kastrationsniveau <20–50 ng/dl) und einem Rückgang des PSA-Wertes bemerkbar macht [3]. Innerhalb von schätzungsweise durchschnitt-
Neue Impulse für die mCRPC-Therapie:
Zwei Jahre Erfahrungen mit Abirateronacetat
lich 36 Monaten schreitet die Erkrankung jedoch trotz weiterer AD fort, was sich am Wiederanstieg des PSA-Werts und/oder an Symptomen wie Schmerzen infolge von Knochenmetastasen zeigt [3, 4]. Deshalb folgen dann weitere Hormonmanipulationen wie die Addition eines Antiandrogens zur LHRH-Therapie, um eine maximale Androgenblockade zu erzielen, und anschließend der Wechsel oder der Entzug des Antiandrogens [4]. Diese Schritte empfiehlt die aktuelle Leitlinie der European Association of Urology (EAU)
zwar noch (Abb. 1), aufgrund der schlechten Evidenz erscheint dieses Vorgehen jedoch nicht mehr zeitgemäß. Zu weiteren, bislang daran anschließend empfohlenen Therapien gehörten Hormonmanipulationen mit Wirkstoffen, die teilweise hierfür nicht zugelassen sind oder nicht mehr zur Verfügung stehen. In der aktuellen EAU-Leitlinie spielen diese Optionen aufgrund der Fortschritte in der Therapie inzwischen eine untergeordnete Rolle und werden im empfohlenen Therapiealgorithmus nicht mehr genannt [4].
Metastasiertes Prostatakarzinom
LHRHAgonist/-Antagonist
Orchiektomie
Addition von NSAA
komplette Androgenblockade
komplette Androgenblockade NSAA-Entzug
CRPC
ie Zulassung von Abirateron acetat (Zytiga®) vor 2 Jahren stellte einen deutlichen Fortschritt in der Therapie des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC) dar. Ende 2012 hat der steroidale AndrogenBiosynthese-Hemmer zudem eine Indikationserweiterung erhalten. Seither kann er in Kombination mit Prednison/Prednisolon beim mCRPC – nach Versagen der Androgendeprivation – sowohl vor als auch nach einer Chemotherapie mit Docetaxel zum Einsatz kommen [1]. Aktuelle Daten sprechen dafür, dass chemonaive Patienten Abirateronacetat unter Umständen möglichst früh im Rahmen der zugelassenen Indikation erhalten sollten [2].
Addition Abirateron
Sipuleucel-T
Docetaxel
Addition Addition Addition Abirateron Enzalutamid Cabazitaxel
Addition Alpharadin
Abbildung 1: Empfehlungen der European Association of Urology (EAU) zu Therapiemöglichkeiten beim mCRPC (NSAA: nicht steroidale Antiandrogene; mod. nach [4]).
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
Innovative Therapieoptionen für das mCRPC
Die nachlassende Wirksamkeit der AD ist auf sehr unterschiedliche Resistenzmechanismen zurückzuführen, von denen viele die Signalkaskade des Androgenrezeptors betreffen [4]. Ein (m)CRPC liegt definitionsgemäß vor, wenn unter den genannten Hormonmanipulationen die PSA-Werte – trotz eines Serumtestosteronspiegels im Kastrationsbereich (<50 ng/ dl oder <1,7 nmol/l) – wiederholt erhöht sind. Demnach greifen die bislang üblichen Kastrationsstrategien nicht mehr, sodass der Tumor wieder hormonabhängig wachsen kann [4, 5]. Durch Zulassungen der letzten Jahre stehen für die rund 27.000 betroffenen mCRPC-Patienten heute jedoch innovative antihormonelle (Abirateronacetat/ Zytiga®, Enzalutamid) und auch zytostatische Therapiestrategien (Docetaxel, Cabazitaxel) zur Verfügung, die in diesem Stadium noch wirken können [3, 4]. Lange war allerdings Docetaxel die einzige Erstlinientherapie nach AD-Versagen, weil die übrigen Substanzen ihre Erstzulassung für die Zweitlinientherapie erhalten haben. Da das Zytostatikum aufgrund der zu erwartenden Nebenwirkungen vor allem symptomatischen mCRPC-Patienten empfohlen wird, gab es bis vor Kurzem eine Therapielücke bei mCRPC-Patienten mit asymptomatischem oder mild symptomatischem Verlauf [3, 6]. So zeigte die Analyse eines deutschlandweiten klinischen ProstataRegisters, dass die Mehrzahl der gut 17.000 nicht oder mild symptomatischen mCRPC-Patienten bislang keine effektive Therapie erhielt [3].
Abirateronacetat Abirateronacetat (Zytiga®) wird in vivo zu Abirateron metabolisiert, das – im Gegensatz zu bisher verfügbaren Androgenentzugstherapien – über die Hemmung des Schlüsselenzyms CYP17 (17α-Hydroxylase/C17,20-lyase) auch die extratestikuläre Androgenproduktion inhibiert. CYP17 katalysiert die Umwandlung von Pregnenolon bzw. Progesteron in die Testosteron-Vorstufen DHEA bzw. Androstenedion durch 17α-Hydroxylierung und Spaltung der C17,20-Bindung. Dadurch senkt Zytiga® den Spiegel von SerumTestosteron und anderen Androgenen auf Konzentrationen, die geringer sind als die, die durch die alleinige Gabe von LHRH-Analoga oder eine Orchiektomie erreicht werden. Die CYP17-Inhibition führt außerdem zu einer MineralokortikoidÜberproduktion in den Nebennieren. Um die MineralokortikoidToxizität zu mildern, muss Abirateronacetat stets zusammen mit Prednison oder Prednisolon verabreicht werden. Abirateronacetat ist indiziert: • zur Behandlung des metastasierten kastrationsresistenten Pros tatakarzinoms bei erwachsenen Männern mit asymptomatischem oder mild symptomatischem Verlauf der Erkrankung nach Versagen der Androgenentzugstherapie, bei denen eine Chemotherapie noch nicht klinisch indiziert ist • zur Behandlung des metastasierten kastrationsresistenten Pros tatakarzinoms bei erwachsenen Männern, deren Erkrankung während oder nach einer Docetaxel-haltigen Chemotherapie progredient ist [1]
Abirateronacetat: besseres Ansprechen bei günstiger Prognose
Diese Lücke ließe sich zum Beispiel durch die Indikationserweiterung von Abirateronacetat schließen: Seit Ende 2012 kann der orale Androgen-Biosynthese-Inhibitor in Kombination mit Prednison/ Prednisolon nicht nur bei mCRPCPatienten nach Versagen von Docetaxel, sondern auch bei nicht oder mild symptomatischen mCRPC-Patienten nach Versagen der Androgendeprivation eingesetzt werden, bei denen eine Chemotherapie noch nicht klinisch indiziert ist [1]. Die Indikationserweiterung basiert auf der Phase-III-Studie COU-AA-
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302, in der 1.088 chemonaive, nicht oder mild symptomatische mCRPC-Patienten aufgrund eines Progresses unter Androgendeprivation entweder Abirateronacetat oder Placebo – jeweils in Kombination mit Prednison/Prednisolon – erhalten hatten (Abirateron vs. Placebo) [7]. Nach einem Followup von im Median 27,1 Monaten lag das mediane Gesamtüberleben bei 35,3 (Abirateron) vs. 30,1 (Placebo) Monaten (Hazard Ratio (HR) 0,79, p=0,0151), sodass sich das relative Risiko zu versterben um 21 % reduzierte (Abb. 2). Es zeigte sich ein starker Trend für eine Überlegenheit von Abirateron, doch der Unterschied erreichte nicht das im Studienprotokoll für die Interimsanalyse vorgegebene © VERLAG PERFUSION GMBH
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
eine Chemotherapie noch nicht klinisch indiziert ist, in seinem Beschluss vom 4. Juli 2013 als beträchtlich ein. Er stützt sich in seiner Bewertung auf Ergebnisse zur Mortalität und Morbidität der Studie COU-AA-302 [8]. Fabian Sandner, Nürnberg
100% % Patienten, die den Endpunkt Gesamtüberleben noch nicht erreicht haben
161
90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20%
Günstige-Prognose-Gruppe: Abirateron* Placebo*
10% 0% 03
69
HR 0,608 p=0,0016 12
15
18 Monate
21
24
27
30
33
36
*plus Prednison/Prednisolon
Abbildung 2: Gesamtüberleben in der Studie COU-AA-302 unter Abirateronacetat versus Placebo (jeweils plus Prednison/Prednisolon) in der Gruppe mit frühem Therapiebeginn (günstiger Prognose) (mod. nach [2]).
Signifikanzniveau von p=0,0035. In einer Post-hoc-Analyse der Studie wurde die Signifikanz allerdings in einer Subgruppe von 560 Patienten erzielt, die zu Beginn einen niedrigen PSA-Wert (≤114 ng/ml) und keine tumorbedingten Schmerzen (Frage 3 des „Brief Pain Inventory Short Form“: Score 0–1) hatten: In dieser sogenannten Günstige-Prognose-Gruppe reduzierte Abirateron gegenüber Placebo die Sterblichkeit signifikant um fast 40 % (HR 0,608), der p-Wert betrug 0,0016 [2]. Eine signifikante Überlegenheit von Abirateron gegenüber Placebo zeigte sich ebenfalls sowohl in der Gesamtals auch in der Günstige-PrognoseGruppe bei dem zweiten koprimären Endpunkt, dem radiologisch progressionsfreien Überleben (je p<0,0001), sowie bei allen sekundären Endpunkten, unter anderem der medianen Zeit bis zum Beginn der Opiattherapie aufgrund tumorbedingter Schmerzen (je p<0,05) [2, 7]. Abirateron plus Prednison/Prednisolon erzielt demnach ein beson-
ders gutes Ansprechen bei frühem Einsatz nach Versagen der An drogendeprivation, wenn der Patient noch keine tumorbedingten Schmerzen und einen niedrigen bis mäßig erhöhten PSA-Wert hat. GB-A: Beträchtlicher Zusatznutzen
Die aktuelle EAU-Leitlinie [4] empfiehlt mittlerweile den Einsatz von Abirateronacetat plus Prednison/Prednisolon bereits als Option bei unzureichender Wirksamkeit des Antiandrogenentzugs. Als weitere Möglichkeit nennt sie den Einsatz von Abirateronacetat plus Prednison/Prednisolon nach Versagen von Docetaxel. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) stufte das Ausmaß des Zusatznutzens von Abirateronacetat in der neuen Indikation, also dem Einsatz bei mCRPC-Patienten mit asymptomatischem oder mild symptomatischem Verlauf der Erkrankung nach Versagen der Androgenentzugstherapie, bei denen
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Literatur 1 Fachinformation Zytiga®, Stand September 2013 2 Dossier zur Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V: Janssen-Cilag GmbH, Abirateronacetat (Zytiga®), Modul 4 A. Stand 14.01.2013: www.g-ba.de/informationen/ nutzenbewertung/60/ 3 Dossier zur Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V: Janssen-Cilag GmbH, Abirateronacetat (Zytiga®), Modul 3 A. Stand 14.01.2013: www.g-ba.de/informationen/ nutzenbewertung/60/ 4 Heidenreich A et al. Guidelines on Prostate Cancer. European Association of Urology 2013, Update March 2013: www.uroweb. org/guidelines/online-guidelines 5 Miller K. Kastrationsresistentes Prostatakarzinom 2011. Akt Urol 2011;42:95-102 6 Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms. AWMF-Register-Nummer (043-022OL). Version 2.0 – 1. Aktualisierung 2011: http://www.awmf.org/leitlinien/ detail/ll/043-022OL.html 7 Rathkopf DE et al. Updated interim analysis (IA) of COU-AA-302, a randomized phase III study of abiraterone acetate (AA) in patients (pts) with metastatic castrationresistant prostate cancer (mCRPC) without prior chemotherapy. J Clin Oncol 2013; 31(Suppl 6):Abstract 5 8 Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage XII – Beschlüsse über die Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V – Abirateronacetat (neues Anwendungsgebiet), Stand 4.7.2013: http://www.g-ba.de/ informationen/beschluesse/1765/
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M
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
it einer Neuerkrankungsrate von 2–5 pro 100.000 Einwohner zählen neuroendokrine Neoplasien (NEN) zu den seltenen Tumorentitäten. Zum Zeitpunkt der Erstdiagnose leiden bereits 50 % der NEN-Patienten unter einer fortgeschrittenen oder metastasierten Erkrankung. Dann ist eine potenziell kurative R0-Resektion des Primärtumors und seiner Metastasen häufig nicht mehr möglich [1]. Die mediane Überlebenszeit aller NEN-Patienten liegt laut SEER-Datenbank bei 6,25 Jahren. Bei NEN mit Fernmetastasen beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate jedoch nur 35 % [1] und ist mit der 5-Jahres-Überlebensrate bei metastasiertem Brust- oder Prostatakrebs vergleichbar [2]. NEN entwickeln sich aus endokrinen Zellen im Körper und sind zum Teil selbst in der Lage, Hormone zu sezernieren (funktionell aktive NEN). Je nach Art der sezernierten Hormone unterscheidet man das durch Serotonin-Überschuss hervorgerufene Karzinoid-Syndrom, Gastrinome, Insulinome, Glukagonome, VIPome und Somatostatinome. Die funktionell aktiven NEN gehen mit Beschwerden infolge ihrer Hormonsekretion einher. Am häufigsten ist das KarzinoidSyndrom [3], charakterisiert durch Diarrhöen und ausgeprägte FlushEpisoden. Der Grund dafür ist meist ein im Magen-Darm-Trakt lokalisierter Tumor, der Serotonin ins Blut abgibt. Er kann aber auch im Appendix, im Dünndarm oder im Rektum lokalisiert sein, seltener im Bronchialsystem. Ein anderes Beispiel ist das Insulinom. Dieses ist durch eine exzessive Insulinproduktion gekennzeichnet, die schwere Hypoglykämien auslösen kann. Das Zollinger-Ellison-Syndrom wird ebenfalls durch funktionell aktive NEN ausgelöst [4].
Neuroendokrine Neoplasien: Hoher Stellenwert von Octreotid LAR und Everolimus im Therapiealgorithmus Neben den funktionell aktiven NEN werden funktionell inaktive NEN unterschieden, die zwar ebenfalls Hormone produzieren können, diese jedoch nicht (oder nur in geringen Mengen) ins Blut abgeben und ohne hormonbedingte Symptomatik bleiben. Klassifikation der neuroendokrinen Neoplasien
Nach der aktuellen WHO-Klassifikation von 2010 [5] werden NEN nach ihrer histologischen Klassifizierung und ihrem Proliferationsverhalten unterteilt in • hochdifferenzierte neuroendokrine Tumoren (NET, G1/2, sehr selten G3) und • niedrigdifferenzierte neuroendokrine Karzinome (NEC, G3). Als weiteres Unterscheidungsmerkmal dient der Ki-67-Proliferationsindex. Dieser beträgt bei NET G1 ≤2 %, bei NET G2 zwischen 3 und 20 % und bei NEC G3 >20 %. In Abhängigkeit vom Auftreten eines Hormonhypersekretionssyndroms werden sie außerdem in funktionell und nicht funktionell aktive NEN unterteilt (s.o.). Diagnose der NEN
Die Krankheitssymptome von NEN sind oft unspezifisch, was
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deren Diagnostik erschwert. Die Frühsymptome verleiten deshalb häufig zu Fehldiagnosen wie „funktionelle gastrointestinale Beschwerden“ oder „Reizdarmsyndrom“. Ganze 6 Jahre verstreichen im Durchschnitt bis zur Diagnose. Primär erfolgt die Diagnosestellung über den Nachweis vermehrt ausgeschütteter Hormone im Blut bzw. deren Abbauprodukte im Urin, wie beispielsweise 5-HydroxyIndol-Essigsäure beim KarzinoidSyndrom. Bei bestimmten pankreatischen NEN sind Glukagon und Gastrin spezifische Biomarker. Zusätzliche Provokationstests geben Aufschluss über Art und Lokalisation der Erkrankung, wenn trotz bestehender Symptome normale Hormonspiegel gemessen werden. Im Gegensatz zu aktiven Tumoren können funktionell inaktive Tumoren lediglich mittels bildgebender Verfahren wie beispielsweise Ultraschall, Computertomographie, Magnetresonanztomographie und Somatostatinrezeptor-Szintigraphie (Octreoscan™) diagnostiziert werden. Als idealer Tumormarker hat sich Chromogranin A erwiesen, das sowohl von aktiven als auch inaktiven Tumoren produziert wird. Die Höhe des ChromograninA-Wertes im Plasma korreliert insbesondere mit der hepatischen Tumorlast [6]. © VERLAG PERFUSION GMBH
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
Therapieoptionen
Somatostatin-Analoga: Goldstandard bei funktionellen NET
Bei hormonsezernierenden, funktionell aktiven NET erfordert die klinische Symptomatik häufig eine schnelle Kontrolle. Hierfür ist das Somatostatin-Analogon Octreotid die Standardtherapie. Die Behandlung sollte mit dem kurz wirksamen Octreotid begonnen werden, das täglich subkutan verabreicht wird. Nach dieser initialen Phase ermöglicht die Umstellung auf die OctreotidDepotform mit monatlicher Injektion (Sandostatin® LAR®) eine Verbesserung der Lebensqualität. In der Dauertherapie zeigt Octreotid LAR eine wirksame und bewährte Symptomkontrolle bei funktionellen NET unabhängig von der Lokalisation des Primärtumors. Beispielsweise werden Flush-Anfälle, die den Alltag stark beeinträchtigen, unter Octreotid LAR um 84 % reduziert (Abb. 1) [8].
0
5-HIESSuppression
DiarrhöKontrolle
FlushKontrolle
10
Sandostatin® LAR® 20 mg
Prozentuale Reduktion*
20 30 40 42 %
50 60
52 %
70 80 84 %
90
Abbildung 1: Effektive Symptomkontrolle durch Octreotid LAR bei funktionellen NET [8].
Patientenanteil ohne Progress
An erster Stelle der NEN-Therapie steht die Operation des Primärtumors. Dies ist der einzige kurative Ansatz. Da häufig aber bereits eine fortgeschrittene und/oder metastasierte Tumorerkrankung vorliegt, kommen weitere Behandlungsoptionen wie Biotherapie und zielgerichtete Therapien sowie noch nicht zugelassene Verfahren, wie Radioliganden- sowie lokal-ablative Therapien zur Anwendung. Die Behandlung orientiert sich am Tumorstadium, histopathologischen Differenzierungsgrad, Proliferationsindex (Ki-67), an der Tumorlokalisation und der funktionellen Aktivität [7].
1
Octreotid LAR vs. Placebo (p=0,000072) HR=0,34 [95%-Kl: 0,20-0,59] Placebo (n=43); Median 6,0 Monate Octreotid LAR (n=42); Median 14,3 Monate
0,75 0,5 0,25 0
0 6 12 18 24 30 36 42 48 54 60 66 72 78 Zeit (Monate)
Basierend auf konserativer ITT-Analyse
Abbildung 2: Ergebnis der PROMID-Studie: Octreotid LAR verlängerte signifikant die mediane Zeit bis zur Tumorprogression von 6,0 auf 14,3 Monate bei fortgeschrittenen NET des Mitteldarms [11]
Antiproliferative Therapie mit Octreotid LAR Neben der hemmenden Wirkung auf die Hormonausschüttung hat Octreotid auch einen Effekt auf das Tumorwachstum. So konnte gezeigt werden, dass es die Apo ptose stimuliert und das Zellwachstum sowie die Bildung neuer Blutgefäße (Angiogenese) hemmt [9, 10]. Die placebokontrollierte PROMID-Studie hat diesen Effekt bei Therapie-
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naiven Patienten mit MitteldarmNET bereits 2009 belegt [11]. In dieser Studie erhielten 85 nicht vorbehandelte Patienten mit gut differenzierten, metastasierten Mitteldarm-NET G1/G2 Octreotid LAR (30 mg i.m. alle 28 Tage) oder Placebo. Betroffene, die mit Octreotid LAR behandelt wurden, wiesen mit 14,3 Monaten eine signifikant längere Zeit bis zur Tumorprogression auf als Patienten unter Placebo (6,0 Monate) (Abb. 2). Dabei sprachen funktionell © VERLAG PERFUSION GMBH
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aktive und inaktive Tumoren gleichermaßen auf die Behandlung mit Octreotid LAR an. Den größten klinischen Nutzen hatten neu diagnostizierte Patienten mit nur wenigen Lebermetastasen (hepatische Tumorlast ≤10 %) (Abb. 3). In dieser Gruppe wurde laut einer Langzeitbeobachtung, die auf mindestens einmal jährlichen Nachuntersuchungen beruhte, das Sterberisiko um 44 % gegenüber Placebo reduziert (p=0,1414). Dies ging mit einem positiven klinischen Trend für ein längeres Gesamtüberleben (OS) einher [12]. Aus diesem Grund sollte ein frühzeitiger Behandlungsbeginn mit Octreotid LAR angestrebt werden. Empfehlung für die Praxis Basierend auf den Ergebnissen der PROMID-Studie werden Somatostatin-Analoga, insbesondere Octreotid LAR, in den aktuellen ENETS-Leitlinien [2] als FirstLine-Therapie sowohl bei funktionell aktiven als auch bei funktionell inaktiven, metastasierten, nicht resektablen, hochdifferenzierten NET (G1/G2) des Mitteldarms empfohlen. Dabei bewertet die ENETS die wissenschaftliche Evidenz für die antiproliferative Wirksamkeit von Octreotid LAR auf Basis der PROMID-Studie höher als für Lanreotid. Für Letzteres liegen derzeit keine Ergebnisse aus placebokontrollierten Studien sowie keine validen Daten zur Dosisselektion vor [2]. Auch nach Empfehlung der aktuellen Leitlinie der ESMO [13] sollten SSA, wie Octreotid LAR, als antiproliferative First-Line-Therapie bei progredienten funktionell inaktiven und funktionell aktiven NET G1/G2 des Dünndarms zum Einsatz kommen.
35 29,4
30 Time to Progression (TTP, Monate)
164
25 20 15
11,2
10
6,1
5,5 5 0
Placebo
Octreotid LAR
Placebo
Lebermetastasierung 10%–50% (n=14)
Octreotid LAR
Lebermetastasierung 0%–10% (n=52)
Abbildung 3: In der PROMID-Studie profitierten Patienten mit niedriger (≤10 %) hepatischer Tumorlast signifikant von Octreotid LAR [11].
Everolimus: Zielgerichtet wirksam bei fortgeschrittenen pankreatischen NET
Bislang waren die Optionen zur Verzögerung der Krankheitsprogression bei fortgeschrittenen pankreatischen NET (G1/G2) begrenzt. Da bei der Entwicklung dieser Tumoren dem mTOR-Signalweg eine zentrale Bedeutung zukommt, ist das Schlüsselenzym mTOR ein relevantes Target für die Behandlung [14]. Mit dem mTOR-Inhibitor Everolimus (Afinitor®) steht nun eine zielgerichtete medikamentöse Behandlung zur Verfügung. Spezifisches Kennzeichen von Everolimus ist der duale Wirkmechanismus: Durch die Hemmung von Tumorzellwachstum, -teilung und -stoffwechsel besitzt dieser mTOR-Inhibitor eine Anti-Tumorwirkung. Zudem wirkt Everolimus auch antiangiogen: Es hemmt Wachstumsfaktoren, wie z.B. VEGF, die von Tumorzellen produziert werden, und inhibiert das Wachstum von Endothelzel-
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len, Perizyten und Fibroblasten [15]. In Abgrenzung dazu hemmen Tyrosinkinase-Inhibitoren intrazellulär Tyrosinkinasedomänen von Wachstumsfaktor-Rezeptoren, wie z.B. VEGFr, die sich upstream von mTOR befinden. Verlängerung des PSF auf mehr als das Doppelte In der zulassungsrelevanten Studie RADIANT-3 [16], in die 410 Patienten mit metastasierten progredienten pankreatischen NET (G1/G2) eingeschlossen wurden, verlängerte der mTOR-Inhibitor Everolimus (10 mg/d p.o. in Verbindung mit „best supportive care“, BSC) das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) signifikant von 4,6 auf 11,0 Monate im Vergleich zu Placebo plus BSC (p<0,001; Abb. 4). Damit einhergehend nahm unter der Everolimus-Behandlung das Risiko einer Tumorprogression um 65 % ab (p<0,0001). © VERLAG PERFUSION GMBH
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
Everolimus (n=207) Placebo (n=203)
Progressionsfreie Überlebenswahrscheinlichkeit (%)
100 80 4,60
60
Hazard Ratio = 0,35; 95% Kl [0,27–0,45] p<0,0001 (Logrank-Test)
11,04
40 20 0
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 Monate
Abbildung 4: Progressionsfreies Überleben nach klinisch relevanter lokaler radiologischer Beurteilung in der RADIANT-3-Studie [16].
Gesamt (n=410) Vorbehandlung mit Chemo therapie (n=206) Keine Vorbehandlung mit Chemotherapie (n=204)
Everolimus + BSC n=207 Monate (95%-KI)
Placebo + BSC n=203 Monate (95%-KI)
Hazard Ratio (95%-KI)
p-Wert
11,04 (8,41–13,86) 11,01 (8,15–13,87) n=104
4,6 (3,06–5,39) 3,19 (2,38–5,09) n=102
0,35 (0,27–0,45) 0,35 (0,25–0,49)
<0,001
11,40 (8,31–15,38) n=103
5,39 (3,19–5,62) n=101
0,42 (0,29–0,60)
<0,001
<0,001
BSC = best supportive care Tabelle 1: Medianes PFS unter Everolimus vs. Placebo in Abhängigkeit von der Vorbehandlung (mit bzw. ohne vorherige Chemotherapie) [17].
Insgesamt erwies sich Everolimus gegenüber Placebo hinsichtlich des Ansprechens nach den RECIST-Kriterien als signifikant überlegen (p<0,001): 5 % der mit Everolimus behandelten Patienten zeigten ein partielles Ansprechen und 73 % eine Stabilisierung der Erkrankung.
längerung des medianen PFS von 5,4 auf 11,4 Monate im Vergleich zu Placebo (Tab. 1) [17]. Darüber hinaus bestätigt eine zweite Subgruppenanalyse, dass Everolimus das mediane PFS unabhängig von einer vorherigen Chemotherapie signifikant verlängerte (p<0,0001) [18].
Signifikante PSF-Verlängerung auch bei Chemotherapie-naiven Patienten
Empfehlung für die Praxis
Einer Subgruppenanalyse zufolge bewirkte die Therapie mit Everolimus auch bei Chemotherapie-naiven Patienten eine signifikante Ver-
Ausgehend von den Ergebnissen der RADIANT-3-Studie empfehlen die aktuellen ENETS-Guidelines [2] Everolimus bei progredienten, fortgeschrittenen, nicht resektablen G1/G2-NET des Pank-
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reas nach Versagen der Chemotherapie sowie in ausgewählten Fällen als Erstlinientherapie alternativ zur lokoregionären Therapie oder bei Kontraindikation einer Chemotherapie. Die ESMO-Leitlinie [13] sieht in Everolimus eine Option für die Therapie von nicht resektablen, metastasierten G1/G2-NET des Pankreas. Und die Leitlinie des NCCN [19] empfiehlt Everolimus in dieser Indikation gleichberechtigt zu anderen Optionen, wie der Chemotherapie. Die Entscheidung, mit welcher Therapie in der Erstlinie begonnen wird, sollte stets anhand der individuellen Situation des Patienten getroffen werden. Im Einzelfall kann Everolimus auch für die Erstlinientherapie als Alternative zur Chemotherapie in Erwägung gezogen werden. Die derzeitige Studienlage erlaubt keine Aussage zur optimalen Reihenfolge der zur Verfügung stehenden Therapieoptionen, wie Chemotherapie, Everolimus, Sunitinib, lokal ablative Verfahren sowie Radiorezeptortherapie. Daher ist die individuelle Therapieoptimierung im interdisziplinären Team, optimalerweise im Rahmen interdisziplinärer Tumorboards, anzustreben. Brigitte Söllner, Erlangen Literatur 1 Hill JS et al. Pancreatic neuroendocrine tumors: The impact of surgical resection on survival. Cancer 2009;115:741-751 2 Pavel M et al. ENETS consensus guide lines for the management of patients with liver and other distant metastases from neuroendocrine neoplasms of foregut, midgut, hindgut, and unknown primary. Neuroendocrinol 2012;95:157-176 3 Pinchot SN et al. Carcinoid tumors. Oncologist 2008;13:1255-1269 4 Warner RR et al. Enteroendocrine tumors other than carcinoid: A review of clinically significant advances. Gastroenterol 2005; 128:1668-1684 5 Rindi G et al.: Nomenclature and classification of neuroendocrine neoplasms of the system. In: Bosman FT, Hruban RH, Thei© VERLAG PERFUSION GMBH
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
se ND (eds.). WHO classification of tumours of the digestive system. Lyon: IARC 2010:13-14 6 Arnold R et al. Plasma chromogranin A as marker for survival in patients with metastatic endocrine gastroenteropancreatic tumors. Clin Gastroenterol Hepatol 2008;6: 820-827 7 Pavel M. Metastasierte neuroendokrine neoplasien. Nichtoperative Therapiekonzepte. Chirurg 2011;82:612-617 8 Rubin J et al. Octreotide acetate long-acting formulation versus open-label subcutaneous octreotide acetate in malignant carcinoid syndrome. J Clin Oncol 1999;17: 600-606 9 Adams et al. Somatostatin receptors 2 and 5 are preferentially expressed in proliferating endothelium. Br J Cancer 2005;25: 92:1493-1488 10 Koizumi et al. Antiangiogenic effect of octreotide inhibits the growth of human rectal neuroendocrine carcinoma. Digestion 2002;65:200-206 11 Rinke A et al. Placebo-controlled, double-blind, prospective, randomized study on the effect of octreotide LAR in the con-
mCRC-Patienten: Panitumumab jetzt noch zielgenauer genauer einsetzen Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom (mCRC), die mit Panitumumab (Vectibix®) behandelt werden, können ab sofort noch genauer stratifiziert werden. Möglich wird dies durch einen neuen, positiv prädiktiven Biomarker: Während bislang nur KRAS getestet werden konnte, steht seit Kurzem der einfach durchzuführende RAS-Test zur Verfügung. Dadurch werden Patienten mit RAS-Wildtyp (= KRAS plus NRAS) identifiziert. Deutlich erhöhte Lebenserwartung bei personaliserter Therapie
Die Auswertung von 5 klinischen Studien (PEAK, PRIME, 408, PIMABI, PICCOLO) konnte zeigen, dass mCRC-Patienten mit RAS-Wildtyp von einer Therapie
trol of tumor growth in patients with metastatic neuroendocrine midgut tumors: a report from the PROMID study group. J Clin Oncol 2009;27:4656-4663 12 Arnold R et al. Placebo controlled, double blind, prospective, randomized study on the effect of octreotide LAR in the control of tumor growth in patients with metastatic neuroendocrine midgut tumors (PROMID): results on long-term survival. J Clin Oncol 2013;31(Suppl. Abstr. #4030). Oral presentation. Clinical trial information: NCT00171873 13 Öberg K et al. ESMO Guidelines Working Group. Neuroendocrine gastro-entero-pancreatic tumors: ESMO clinical practice guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol 2012;23(Suppl. 7): vii124-vii130 14 Pantuck AJ et al. Prognostic relevance of the mTOR pathway in renal cell carcinoma: Implications for molecular patient selection for targeted therapy. Cancer 2007; 109:2257-2267 15 Faivre S et al. Current development of mTOR-inhibitors as anticancer agents. Nat Rev Drug Discov 2006;5:671-688
16 Yao JC et al. Everolimus for advanced pancreatic neuroendocrine tumors. New Eng J Med 2011;364:514-523 17 Pommier RF et al. Impact of prior chemotherapy on progression-free survival in patients with advanced pancreatic neuroendocrine tumors (pNET): Results from the RADIANT-3-trial. J Clin Oncol 2011;29 (Suppl. 15):4103 18 Lombard-Bohas C et al.: Efficacy and safety of everolimus in patients with advanced low- or intermediate-grade pancreatic neuroendocrine tumors previously treated with chemotherapy: RADIANT-3 subgroup analysis. 2013;31(Suppl. 4):224 19 NCCN Clinical Practice Guidelines in Oncology. Neuroendocrine Tumors V2 2013
mit Panitumumab profitierten, während bei Patienten mit Mutationen in RAS keine Überlebensvorteile durch eine Behandlung mit Panitumumab erzielt werden konnten. Dies zeigte sich unter anderem in der Phase-III-Studie PRIME, bei der die Erstlinientherapie mit Panitumumab + FOLFOX bei Vorliegen eines RAS-Wildtyps zu einer signifikanten Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens auf 26 Monate gegenüber etwa 20 Monaten bei alleiniger FOLFOX-Therapie führte. Aufgrund dieser Ergebnisse erhielt Panitumumab nun die Zulassungsänderung für mCRC-Patienten mit RAS-Wildtyp. Insgesamt können etwa 50 % der mCRC-Patienten, bei denen ein RAS-Wildtyp vorliegt, aus einer differenzierten Analyse des genetischen Hintergrunds und der Behandlung mit Panitumumab einen Nutzen ziehen. Damit wurde die personalisierte Therapie von mCRC-Patienten im klinischen Alltag mit einer noch besser charakterisierbaren Patientenpopulation einen wesentlichen Schritt vorangebracht.
Neben den Ergebnissen der PRIME-Studie konnte auch die PEAK-Studie eine Verlängerung des Gesamtüberlebens dokumentieren: Die Erstlinientherapie von mCRC-Patienten mit RAS-Wildtyp mit Panitumumab + FOLFOX war effektiver als eine Behandlung mit Bevacizumab + FOLFOX. Mit Panitumumab + FOLFOX wurde zudem das bisher längste mediane Gesamtüberleben in einer klinischen Studie beim mCRC von 41,3 Monaten erreicht.
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Quelle: Pressekonferenz „Neuroendokrine Neoplasien – Aktuelles zu Octreotid LAR und Everolimus aus Klinik und Praxis“ anlässlich der Jahrestagung der DGVS 2013, 13. September 2013 in Nürnberg. Veranstalter: Novartis Oncology
RAS-Mutationstest vorgeschrieben
Bei mCRC ist vor Beginn einer Behandlung mit Panitumumab eine Überprüfung der RAS-Gene vorgeschrieben. Das Unternehmen AMGEN unterstützt die pathologischen Institute bei der Etablierung und Validierung eines einfach durchzuführenden RAS-Mutationstests, um eine flächendeckende und schnelle Versorgung zu gewährleisten. B. S. © VERLAG PERFUSION GMBH
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
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pilepsie zählt zu den häufigsten chronisch-neurologischen Erkrankungen – die Periodenprävalenz liegt bei mehr als 0,9 %. Dabei gehört die pharmakologische Behandlung mit antikonvulsiven Medikamenten (Antiepileptika, AEDs) zu den am häufigsten eingesetzten Therapieoptionen beim Epilepsiepatienten. Denn eine signifikante Anfallsreduktion trägt zu einer deutlichen Verbesserung der Lebenssituation bei und anfallsfreie Patienten können in nahezu allen Lebensbereichen erfolgreich integriert werden. Allerdings sprechen nicht alle Patienten gleichermaßen auf die Therapie an und benötigen neue, innovative Medikamente. Dabei spielen angesichts der begrenzten finanziellen Ressourcen im Gesundheitswesen auch ökonomische Betrachtungen zunehmend eine Rolle. Ältere AEDs werden am häufigsten verordnet
Einer bundesweiten Auswertung von mehr als 600.000 Patientenakten hinsichtlich der AEDVerordnung zufolge werden 83 % der Epilepsie-Patienten mit einem von 4 AEDs behandelt, die hierzulande im Jahr 2009 am häufigsten verordnet wurden – eher ältere, nicht mehr patentgeschützte und damit sehr günstige AEDs. Daneben nehmen 29 % der Patienten Benzodiazepine ein. Bezogen auf die jährlichen Gesamtkosten überwiegen bei den schwer betroffenen Patienten indirekte Kosten wie die vorzeitige Berentung gegenüber den direkten Kosten wie AED-Kosten oder Krankenhausaufenthalte [1]. Ein Therapieerfolg in dieser Patientengruppe würde folglich dazu beitragen, indirekte Kosten zu reduzieren und
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Epilepsietherapie im Spannungsbereich zwischen Innovation und Kostendruck
die Lebensqualität der Patienten zu verbessern [2]. Therapieresistenz im Fokus – Bedarf für innovative Therapieansätze
Retro- und prospektiven Verlaufsbeobachtungen von Patientenkohorten zufolge werden bis zu 50 % der erwachsenen Patienten mit Epilepsie unter der Therapie mit dem ersten AED in Monotherapie anfallsfrei, weitere 10–15 % durch die Umstellung auf ein zweites bzw. drittes AED [3]. Als „therapieresistent“ werden Patienten bezeichnet, die auf die ersten beiden AEDs nicht ausreichend ansprechen [4]. Somit werden insgesamt 2 Drittel der Patienten unter der verfügbaren Medikation anfallsfrei. Gleichzeitig spricht ein Drittel der Patienten bislang nicht ausreichend an und benötigt neue, innovative Medikamente. Der kleinere Anteil therapieresistenter Epilepsiepatienten bildet auch die relevante Zielgruppe für neue AEDs. Dass die systematische Behandlung mit weiteren AEDs auch für therapieresistente Patienten eine neue Chance bietet, zeigen prospektive Studien, denen zufolge etwa 15 % der schwer behandel-
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baren Patienten im Verlauf von ca. 4 Jahren doch noch Anfallsfreiheit erreichen konnten [5, 6, 7]. Fachgesellschaften betonen Stellenwert des individuellen Therapieansprechens
Die Deutsche Gesellschaft für Epileptologie (DGfE) weist darauf hin, dass Praxiserfahrungen sowie systematische Zulassungsstudien von neueren AEDs zeigen, wie stark das Therapieansprechen interindividuell variiert. Bei jeder systematischen Therapiestudie wird ein Teil der Patienten ansprechen und ein kleiner Prozentanteil sogar im Beobachtungszeitraum anfallsfrei, obwohl diese Patienten im Verlauf einer teilweise jahrzehntelangen Krankheitsgeschichte mit vielen anderen AEDs nur unzureichend behandelt blieben [8]. Um das individuelle Ansprechen der Epilepsiepatienten auf unterschiedliche AEDs angemessen zu berücksichtigen, schlägt die DGfE daher vor, für den Beleg eines Zusatznutzens neu zugelassener AEDs den Nachweis der Wirksamkeit (d.h. das klinisch relevante und statistisch signifikante Ansprechen nach den Zulassungskriterien von ≥50 % Anfallsreduktion) an einer bislang © VERLAG PERFUSION GMBH
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pharmakoresistenten Patientengruppe heranzuziehen – unabhängig davon, welche AEDs zuvor eingesetzt wurden. Zu den theoretisch am besten geeigneten Differenzierungsmerkmalen, um ein AED bei der Therapiewahl eines schwer behandelbaren Patienten in Erwägung zu ziehen, gehört ein neuer Wirkmechanismus. Wie gut sich eine neue Substanz bewährt, lässt sich allerdings erst nach der Zulassung durch die individualisierte Epilepsietherapie am Patientenkollektiv in der praktischen Anwendung feststellen [3]. So wurden am Epilepsiezentrum Kork vor allem schwer behandelbare Patienten mit fokalen Epilepsien auf eine Zusatztherapie mit dem selektiven, nicht kompetitiven AMPA-Rezeptorantagonisten Perampanel (Fycompa®) eingestellt. Die Mehrheit der Patienten wurde zu Therapiebeginn mit 2–3 AEDs gleichzeitig behandelt. Als besonders vielversprechend erwies sich dabei nicht nur die hohe Retentionsrate von 70 % nach 6 Monaten [9], sondern auch der mit aktuell 14 % relative hohe Anteil der Patienten, die in dieser hoch selektiven Gruppe von über 70 Patienten nach jahrelanger Epilepsie erstmals anfallsfrei wurde. Da der Gemeinsame Bundesausschuss am 7.3.2013 im Rahmen des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) dem innovativen AED Perampanel keinen Zusatznutzen gegenüber der vom G-BA festgelegten „zweckmäßigen“ Vergleichstherapie anerkannt hat, wurde der Vertrieb von Perampanel in Deutschland vorübergehend ausgesetzt. Die Versorgung der derzeit mit Perampanel behandelten Patienten wird jedoch weiterhin von Eisai sichergestellt.
Innovative Antiepileptika für individuelle Therapiestrategien
Der japanische Arzneimittelhersteller Eisai konzentriert sich auf die Entwicklung von innovativen Antiepileptika. Mit der Zielsetzung, den heterogenen Therapieanforderungen epileptischer Erkrankungen individuell gerecht zu werden, bietet Eisai bereits ein breitgefächertes Portfolio antiepileptisch wirksamer Produkte: • Zonisamid (Zonegran®) ist indiziert als Monotherapie für die Behandlung von fokalen Anfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Erwachsenen mit neu diagnostizierter Epilepsie sowie als Zusatztherapie für die Behandlung von fokalen Anfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab 6 Jahren. Umfangreiche Langzeiterfahrungen sprechen für ein niedriges Interaktionspotenzial sowie ein günstiges Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil dieses AEDs mit multiplen Wirkmechanismen. • Eslicarbazepinacetat (Zebinix®) ist als Zusatztherapie bei erwachsenen Patienten mit fokalen Anfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung zugelassen. Eslicarbazepinacetat wird im Unterschied zu Carbamazepin nicht zu 10,11-Epoxid und im Unterschied zu Oxcarbazepin zu einem höheren Anteil zum aktiven Metaboliten Eslicarbazepin umgewandelt. • Rufinamid (Inovelon®) ist zur Zusatztherapie von Anfällen beim Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS) ab 4 Jahren zugelassen. Rufinamid wurde als erstem AED der Orphan-Drug-Status zuerkannt. Das LGS zählt zu
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den am schwersten behandelbaren Epilepsieformen. Unter einer Zusatztherapie mit Rufinamid wurde eine signifikante Reduktion der charakteristischen Sturzanfallsrate nachgewiesen, die im Langzeitverlauf bestätigt wurde [10, 11]. • Perampanel (Fycompa®) ist als Zusatztherapie bei fokalen Anfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Menschen mit Epilepsie im Alter ab 12 Jahren zugelassen. Perampanel ist der erste und bislang einzige zugelassene, oral verfügbare nicht kompetitive, selektive AMPA-Rezeptorantagonist. Der Vertrieb von Perampanel wurde aufgrund der G-BA-Entscheidung in Deutschland vorübergehend ausgesetzt. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur 1 Hamer HM et al. Neurol 2012;259:23762384 2 Birbeck GL et al. Epilepsia 2002;43:535538 3 Elger CE et al. Erster epileptischer Anfall und Epilepsien im Erwachsenenalter. In: Diener HC et al. (Hrsg). Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Stuttgart: Thieme; 2012 4 Kwan P et al. Epilepsia 2010;51:10691077 5 Luciano AL, Shorvon SD. Ann Neurol 2007;62:375-381 6 Callaghan BC et al. Ann Neurol 2007;62: 382-389 7 Schiller Y, Najjar Y. Neurology 2008;70: 54-65 8 DgfE. Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie für die Nutzenbewertung und den praktischen Einsatz neu zugelassener Antiepileptika (AED). Mai 2013 9 Steinhoff BJ et al. First clinical experiences with perampanel. Poster anlässlich der 8. Dreiländertagung 2013 (Gemeinsame Jahrestagung der Deutschen und Österreichischen Gesellschaften für Epileptologie und der Schweizerischen Liga gegen Epilepsie), Interlaken, Schweiz, 8.–11. Mai 2013 10 GlauserT et al. Neurology 2008;70:19501958 11 Kluger G et al. Epilepsy Behav 2009;14: 491-495 © VERLAG PERFUSION GMBH
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Natriumkanalblocker ist nicht gleich Natriumkanalblocker: Zielgerichtete Weiterentwicklung von Eslicarbazepinacetat für eine einfache Anwendung bei Epilepsiepatienten Interview mit Professor Heinz Beck, Universität Bonn Für die Mehrheit der Anti epileptika (AEDs) dienen bestimmte spannungsabhängige Ionenkanäle oder Neurotransmitterrezeptoren als wichtigste Angriffspunkte. Bei etwa 30 % der Patienten mit Epilepsie gehört die Resistenzentwicklung gegen bislang verfügbare AEDs zu den größten Herausforderungen der therapeutischen Praxis. Prof. Dr. Heinz Beck beschäftigt sich am Life & Brain Center der Universitätsklinik Bonn u.a. beim Epilepsiepatienten mit der experimentellen Erforschung von PharmakoresistenzMechanismen, neurofunktionalen Grundlagen epileptogen veränderter Hirnareale bzw. synaptischer Mikronetzwerke. Bei Eslicarbazepinacetat (ESL, Zebinix®) hat Prof. Beck mit seiner Forschungsgruppe kürzlich eine interessante Beobachtung gemacht.
ten Antiepileptika (AEDs) greifen an spannungsabhängigen Ionenkanälen oder Neurotransmitter-Rezeptoren an, also an verschiedenen Membranproteinen. Bei Patienten, die beispielsweise gegen den Natriumkanalblocker Carbamazepin (CBZ) resistent sind, konnten wir zeigent, dassauf zellulärer Ebene die nutzungsabhängige Blockade-Wirkung von CBZ an den spannungsabhängigen Natriumkanälen aufgehoben ist. Dazu haben wir aus Operationspräparaten therapieresistenter Patienten Zellen gewonnen und die Natriumkanäle hinsichtlich ihrer Reaktion auf CBZ und andere Substanzen untersucht. Der nutzungsabhängige, blockierende Effekt ließ sich am Gewebematerial von CBZ-sensitiven Patienten feststellen, bei CBZ-resistenten Patienten hingegen nicht.
Herr Professor Beck, wie gut sind Resistenzmechanismen gegen Antiepileptika erforscht? Beck: Wir wissen, dass etwa 30 % der Patienten trotz Pharmakotherapie unzureichend auf die Behandlung ansprechen. Die Beantwortung der Frage, wie sich die potenziellen Resistenzmechanismen überwinden lassen, ist daher für die Entwicklung neuer antikonvulsiv wirksamer Medikamente von zentraler Bedeutung. Die meis-
Warum reagieren die Natriumkanäle nicht mehr auf den Wirkstoff Carbamazepin? Beck: Wahrscheinlich verändern sich die Natriumkanäle bei therapieresistenten Patienten auf molekularer Ebene, wir kennen aber die molekularen Grundlagen eines „resistenten Kanals“ noch nicht. Unabhängig vom Mechanismus ist es jedoch interessant, neuere Substanzen daraufhin zu überprüfen, ob dieser Wirkungsverlust auch beobachtet wird.
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Prof. Dr. Heinz Beck, Sektion Experimentelle Epileptologie und Kognitionsforschung, Life & Brain Center, Universitätsklinik Bonn, 1. Vorsitzender der DGfE
Was passiert, wenn unter diesen Bedingungen Eslicarbazepin acetat (ESL, Zebinix®) hinzugegeben wird? Beck: Wir wurden überrascht durch die Beobachtung, dass die Add-on-Gabe von Eslicarb azepin, also dem Hauptmeta boliten von ESL, in CBZresistenten menschlichen Nervenzellen zusätzliche nutzungsabhängige Effekte zeigte. Auch Eslicarbazepin alleine zeigte – im Unterschied zu CBZ – nutzungsabhängige Effekte*. Eslicarbazepin verfügt demnach möglicherweise über die Eigenschaft, einen spezifischen Resistenzmechanismus gegen konventionelle AEDs am Natriumkanal zu überwinden. Herr Professor Beck, wir danken Ihnen für das informative Gespräch.
* Doeser A, Dickhof G, Schaub C, Uebachs M, Soares-da-Silva, Beck H. The effects of eslicarbazepine on INaT in chronically epileptic human hippocampus. Pos ter, das anlässlich des 30. IEC in Montreal/Kanada vorgestellt wurde
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Hyaluronsäure lindert Hustenreiz und Halsschmerzen bei Schnarchern
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und jeder dritte Erwachsene schnarcht im Schlaf. Die Rasselgeräusche entstehen, weil das Gaumensegel, das Zäpfchen oder andere Rachenteile im Schlaf erschlaffen und beim Einatmen vibrieren. Das typische „Sägen“ kann bis zu 90 Dezibel laut werden, was dem Geräuschpegel eines laufenden LKW-Motors entspricht. Infolge der über Stunden forcierten Mundatmung trocknet die Rachenschleimhaut aus, weshalb viele Schnarcher unter Hustenreiz und/oder Schluckbeschwerden leiden und deswegen einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt konsultieren. Bisher gibt es aber kein befriedigendes Therapieverfahren. Teils werden Inhalationen mit hochprozentiger Salzlösung verordnet, die jedoch die Schleimhaut noch weiter austrocknet. Zum Teil werden Gurgellösungen empfohlen, der
hierdurch erzielte Besserungseffekt ist allerdings allenfalls kurzfristig. Hochwertiger Hydrogel-Komplex befeuchtet Schleimhaut nachhaltig
Eine weitaus wirksamere Behandlungsoption ist die Befeuchtung der Rachenschleimhaut mit Hyaluronsäure. Dies belegen die Ergebnisse einer retrospektiven Analyse an 43 Patienten, die zwischen November 2011 und Februar 2012 an der Hamburger Bundeswehrklinik mit hyaluronsäurehaltigen Halstabletten (GeloRevoice®) behandelt wurden. Das Präparat entwickelt beim Lutschen einen hochwertigen Hydrogel-Komplex auf der Mund- und Rachenschleimhaut, der sie über eine Stunde und länger befeuchtet.
Und davon profitieren auch Patienten, die als Schnarcher unter Halsbeschwerden leiden (Abb. 1). Zu Beginn der Behandlung litten 39 Patienten unter Hustenreiz. Nach 7–15 Tagen Therapie mit GeloRevoice® waren es nur noch drei. 41 Schnarcher berichteten zudem über Halsschmerzen, am Ende der Behandlung waren es nur noch sechs. Auch der Schlafkomfort verbesserte sich: Vor der GeloRevoice®-Therapie erwachten 29 Patienten nachts – am Ende der Behandlung waren es nur noch sechs. Elisabeth Wilhelmi, München
Quelle: Präsentation von Priv.-Doz. Dr. Thorsten Zehlicke, leitender Oberarzt HNO am Bundwehrkrankenhaus Hamburg, auf einem Pressegespräch der Firma Pohl-Boskamp
a) b) c) Abbildung 1: Ergebnisse einer Patientenbeobachtung mit insgesamt 43 teilnehmenden Schnarchern: Die nachhaltige Befeuchtung der Rachenschleimhaut mit Hyaluronsäure (GeloRevoice® Halstabletten) verringert nicht nur den morgendlichen Hustenreiz (a) und die Halsschmerzen (b), sondern verbessert auch den Schlafkomfort (c). JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5/2013 · 22. JAHRGANG
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
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Multiple Sklerose: Fingolimod verringert die Hirnatrophie als langfristigen Prognosefaktor
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ie Multiple Sklerose (MS) verändert die Lebensper spektive der Betroffenen – schlagartig und nachhaltig. Und das nicht nur infolge der klinischen Schübe, sondern auch weil die schleichenden neurodegenererativen Prozesse langfristig die Autonomie der Patienten im alltäglichen Leben beeinträchtigen. Die Betroffenen benötigen daher eine hochwirksame und sichere Therapie, die alle Krankheitsaspekte der MS beeinflusst, damit sie ihr Leben möglichst langfristig aktiv planen und steuern können. Moderne MSTherapien wie Fingolimod (Gilenya®) können dazu beitragen, dass die zum Zeitpunkt der Diagnose meist jungen Patienten auch langfristig Aussicht auf eine möglichst selbstbestimmte Zukunft haben. Die Hirnatrophie bestimmt die persönliche Zukunft des Patienten
Gesunde Menschen verlieren ab dem 20. bis 30. Lebensjahr pro Jahr etwa 0,1–0,3 % Gehirnvolumen. Diese physiologische Hirn atrophie ist bei MS-Patienten etwa um das fünf- bis zehnfache erhöht [1]. Die zugrunde liegenden neurodegenerativen Veränderungen sind jedoch nur teilweise bekannt. Zwar spielen Entzündungsherde und die im MRT sichtbaren fokalen Läsionen im Anfangsstadium der MS
und in akuten Phase eine Rolle, doch auch schon zum Zeitpunkt des ersten Schubes sind insbesondere in der grauen Substanz des Gehirns neurodegenerative Prozesse nachweisbar, die zum Verlust von ganzen Nervenzellen und Sy napsen führen [2, 3]. Vor allem die Zerstörung der Synapsen kann das Korrelat von Symptomen wie z.B. der Einschränkung der kognitiven Leistungsfähigkeit sein. Fatal dabei ist, dass diese Veränderungen schleichend erfolgen und in den meisten Fällen klinisch zunächst unbemerkt bleiben. Denn das Gehirn ist in der Lage, die Schäden bis zu einer gewissen Grenze zu kompensieren. Ist diese jedoch überschritten, können die Defizite nicht mehr ausgeglichen werden und es kommt zu einem unwiederbringlichen Verlust von Nervenzellen [4]. Die Hirnatrophie bei MS ist daher mehr als nur ein weiterer Parameter in der Bildgebung. Sie ist ein
starker Prädiktor für das Ausmaß der künftigen Behinderung eines Patienten und damit ein Anhaltspunkt für dessen langfristige Lebensplanung. Denn die Hirnatrophie ist bei allen Formen der MS eng assoziiert mit körperlichen und kognitiven Defiziten – und dies bereits in frühen Krankheitsstadien [2]. Umfangreiche Studiendaten zeigen eine enge Korrelation des Hirnvolumenverlusts mit der Progression der Behinderung [5], dem Behinderungsgrad [3], aber auch mit MS-bedingten kognitiven Verlusten wie der Gedächtnisleistung, der Aufmerksamkeit und der Informationsverarbeitung [6, 7]. Dies ist besonders folgenschwer für die meist jungen MSPatienten, die zum Zeitpunkt der Diagnose mitten im Leben stehen und ihre private sowie berufliche Zukunft aktiv gestalten und planen wollen. Ziel der Therapie ist deshalb nicht mehr nur die Senkung der Schubrate. Vielmehr muss das
Abbildung 1: Die MRT-Bilder des Gehirns zeigen das Ausmaß der Atrophie bei MS-Patienten (© Wolters Kluwer Health). A: Gesunder 31-jähriger Mann B: 36-jährige Frau mit schubförmig remittierender MS nach zweijähriger Krankheitsdauer C: 43-jährige Frau mit sekundär progredienter MS nach 19-jähriger Krankheitsdauer
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Augenmerk künftig stärker auf den neurobiologischen Prozessen liegen, die – vom Patienten meist unbemerkt – im Gehirn stattfinden. Erhalt von Nervenzellen: Fingolimod verringert Hirnatrophie
Der Fokus der modernen MS-Therapie richtet sich dementsprechend immer stärker darauf, das Nervengewebe aktiv zu schützen und den Abbau von Gehirnvolumen wirksam einzudämmen. Dies erfordert jedoch gehirngängige Substanzen, die in der Lage sind, auch die neurobiologischen Marker zu beeinflussen. Mit Fingolimod, einem Sphingosin-1-Phosphat(S1P)-RezeptorModulator, steht seit zweieinhalb Jahren ein Medikament zur Verfügung, das diese Voraussetzungen erfüllt. Es reduziert nicht nur die Schubrate hochwirksam [8, 9], sondern hat auch einen günstigen Einfluss auf die Hirnatrophie [10] und die Behinderungsprogression [11]. Erklären lässt sich dies durch den besonderen Wirkmechanismus von Fingolimod, das im Gegensatz zu den anderen derzeit zugelassenen MS-Medikamenten die Blut-Hirn-Schranke überwindet [12]. Dementsprechend lassen sich rund 14–20 % der peripheren Fingolimod-Konzentration im Gehirn nachweisen [13]. Dass Fingolimod den Abbau von Gehirnvolumen wirksam bremst, zeigen Daten von etwa 3.600 Teilnehmern aus den Zulassungsstudien TRANSFORMS [8] und FREEDOMS [9] sowie FREEDOMS II [14]. Die Analysen belegen den raschen, signifikanten und konsistenten Effekt von Fingolimod auf die Veränderung des Hirnvolumens, der sowohl Placebo als auch
Fingolimod Fingolimod (Gilenya®) ist der erste Vertreter der Wirkstoffklasse der Sphingosin-1-Phosphat(S1P)-Rezeptor-Modulatoren. Indem es an die S1P-Rezeptoren auf Lymphozyten und Nervenzellen bindet, bewirkt Fingolimod, dass diese als Signalgeber für die Auswanderung von Lymphozyten (naive T-Zellen, Memory-T-Zellen und BZellen) in die Blutbahn nicht mehr zur Verfügung stehen. Dadurch reduziert Fingolimod die Zahl der autoaggressiven Lymphozyten im Blut auf ca. 30 %, sodass weniger Entzündungszellen das Gehirn erreichen und die neuronale Zerstörung verringert wird. Die Umverteilung in die Lymphknoten ist vollständig reversibel, die Funktion der T- und B-Lymphozyten bleibt intakt. Anders als andere Immunsupressiva führt Fingolimod nicht zu einem vorzeitigen Absterben von Zelllinien des Immunsystems oder verhindert deren Vermehrung. Gilenya® wird einmal täglich als Kapsel (0,5 mg) oral eingenommen. Seit 17. März 2011 ist Gilenya® in Europa als Eskalationstherapie zugelassen zur Monotherapie für erwachsene Patienten mit hochaktiver schubförmig-remittierend verlaufender MS, die • trotz einer Behandlung mit einem Beta-Interferon eine hohe Krankheitsaktivität haben (mindestens ein Schub und 9 T2-hyperintense Läsionen oder mindestens eine Gadolinium [Gd]-anreichernde Läsion im kranialen MRT im vorangegangenen Jahr oder eine im Vergleich zum Vorjahr unveränderte bzw. vermehrte Schubrate oder anhaltend schwere Schübe) oder • an einer rasch fortschreitenden schweren schubförmig-remittierenden Form der MS leiden (2 oder mehr Schübe mit Behinderungsprogression in einem Jahr und mit einer oder mehr Gd-anreichernden Läsionen im MRT des Gehirns oder mit einer signifikanten Erhöhung der T2-Läsionen im Vergleich zu einer kürzlich durchgeführten MRT) [12]. Gilenya® ist keine Basistherapie und wird nur in besonderen Ausnahmesituationen zur Erstbehandlung eingesetzt.
Interferon beta-1a i.m. signifikant überlegen ist [10]. In jeder der 3 Phase-III-Studien wurde der Gesamtverlust an Hirnvolumen mithilfe von SIENA (Structural Image Evaluation, using Normalisation of Atrophy) ermittelt. Verglichen mit Placebo reduzierte Fingolimod die Hirnatrophierate innerhalb von 2 Jahren um 35 % (p<0,001) bzw. 33 % (p<0,001) [9, 14]. Im Vergleich zu Interferon beta-1a i.m. ergab sich nach einem Jahr eine um 31 % (p<0,001) geringere Ab-
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nahme des Hirnvolumens [10]. Diese nähert sich dem natürlichen Verlust an, der auch bei gesunden Menschen stattfindet. Fingolimod ist folglich das einzige zugelassene MS-Medikament, das die Hirnatrophie konsistent in allen Phase-III-Studien signifikant verzögern konnte. Dies bestätigt auch die Extensionsphase einer PhaseII-Studie, in der Fingolimod über eine Dauer von 7 Jahren hinweg die Hirnatrophie ebenfalls auf dem Niveau von Gesunden hielt [11]. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Rechtzeitiger Therapiebeginn wirkt sich positiv aus
Übereinstimmend zeigen die Studien außerdem, dass die Patienten hinsichtlich aller MS-typischen Krankheitszeichen von einem rechtzeitigen Therapiebeginn profitieren. Die Extensionsphasen der Zulassungsstudien TRANSFORMS [15] und FREEDOMS [16] belegen mit bemerkenswerter Konsistenz, dass die Schubrate bei den initial auf Fingolimod eingestellten Patienten dauerhaft signifikant niedriger blieb als bei den Patienten, die Fingolimod erst verzögert erhielten. Auch bezüglich der weiteren Parameter für Krankheitsfreiheit, der Eindämmung der Läsionsaktivität im MRT und der Behinderungsprogression bewies Gilenya innerhalb des klinischen Studienprogramms eine überzeugende Wirkung. Dass sich diese gute Wirksamkeit auch unter den Bedingungen der täglichen Praxis reproduzieren lässt, belegen erste Interims analysen des Patientenregisters PANGAEA [17, 18], die die Erfahrungen mit Fingolimod in der täglichen Anwendung dokumentiert. Die mittlere jährliche Schubrate sank – unabhängig von der Vorbehandlung – nach einem Jahr unter Fingolimod signifikant um 73 %. Der EDSS blieb überwiegend stabil und besserte sich sogar bei jedem vierten Patienten. 65 % der Patienten blieben im ersten Jahr unter Fingolimod krankheitsfrei. Konsistente Datenlage schafft Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit
Nicht nur aufgrund der vorliegenden Daten zur Wirksamkeit ist ein
rechtzeitiger Wechsel auf Fingolimod zu befürworten. Auch die für Fingolimod in den klinischen Studien konsistent gezeigte gute Sicherheit spricht dafür [19, 20]. Bei den bislang insgesamt 2.239 in das Patientenregister PANGAEA eingeschlossenen Patienten traten keine neuen Sicherheitssignale auf [17, 18]*. 89 % der Ärzte und Patienten bescheinigten Fingolimod zudem eine sehr gute oder gute Verträglichkeit. Das heißt, dass die Lebensqualität der betroffenen Patienten durch diese MS-Therapie nicht beeinträchtigt wird. Die gute Verträglichkeit schlägt sich in der hohen Adhärenz nieder: 89 % der PANGAEA-Patienten blieben in der Studie. Die Therapietreue wiederum ist Voraussetzung für den Behandlungserfolg, den 402 von 448 der Register-Patienten als „sehr gut“ oder „gut“ beurteilten: Die mittlere jährliche Schubrate sank signifikant um 73 % von 1,22 Schüben unter der Vortherapie auf 0,33 Schübe im Jahr nach Umstellung auf Fingolimod. Fazit
Mit Fingolimod (Gilenya®) steht ein hochwirksames, einfach anzuwendendes Medikament zur Verfügung, mit dem sich alle wichtigen Krankheitszeichen der MS kontrollieren lassen und dessen gutes Sicherheitsprofil nicht nur in klinischen Studien, sondern auch in der täglichen Praxis dokumen* In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Gilenya® ein selektives Immunsuppressivum ist und seine Wirkung auf das Immunsystem das Risiko von Infektionen erhöht. Fälle von schweren Infektionen während der Anwendung wurden beschrieben, darunter kürzlich 2 Fälle eines hämo phagozytischen Syndroms mit Todesfolge (http://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/ RHB/20131115.pdf).
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tiert ist. Mit Fingolimod wurden weltweit bereits mehr als 71.000 Patienten behandelt, was einer Erfahrung von über 87.000 Patientenjahren entspricht. Nach 100.000 Patientenjahren sind, so die wissenschaftliche Einschätzung, alle Begleiterscheinungen aufgetreten, die zu erwarten sind. Daher ist bei den Patienten, die für eine Therapie mit Fingolimod infrage kommen, eine rechtzeitige Umstellung zu empfehlen. Fabian Sandner, Nürnberg
Literatur 1 Barkhof F et al. Imaging outcomes for neuroprotection and repair in multiple sclerosis trials. Nat Rev Neurol 2009;5: 256–266 2 De Stefano N et al. Assessing brain atrophy rates in a large population of untreated multiple sclerosis subtypes. Neurology 2010;74:1868-1876 3 Sanfilipo MP et al., The relationship between whole brain volume and disability in multiple sclerosis: a comparison of normalized gray vs. white matter with misclassification correction. Neuroimage 2005;26:1068-77 4 Nikić I et al. A reversible form of axon damage in experimental autoimmune encephalomyelitis and multiple sclerosis. Nat Med 2011;17:495-499 5 2Minneboo A et al. Predicting short-term disability progression in early multiple sclerosis: added value of MRI parameters. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2008;79: 917-923 6 Morgen K et al. Evidence for a direct association between cortical atrophy and cognitive impairment in relapsing-remitting MSNeuroimage 2006;30:891-898 7 Calabrese M et al., Cortical lesions and atrophy associated with cognitive impairment in relapsing-remitting multiple sclerosis. Arch Neurol 2009; 66(9): 1144–50 8 Cohen JA et al. Oral fingolimod or intramuscular interferon for relapsing multiple sclerosis. N Engl J Med 2010;362:402-415 9 Kappos L et al. A placebo-controlled trial of oral fingolimod in relapsing multiple sclerosis. N Engl J Med 2010;362:387-401 10 Cohen JA et al. Fingolimod-effect on brain atrophy and clinical/MRI correlations in three phase 3 studies – TRANSFORMS, FREEDOMS and FREEDOMS II. 65. Jahrestagung der American Academy of
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL / WISSENSWERTES
Neurology (AAN), San Diego, USA, 16.– 23.03.2013. Abstract und mdl. Vortrag S51.006 11 Antel J et al. Long-term (7-year) data from a phase 2 extension study of fingolimod in relapsing multiple sclerosis. 64. Jahrestagung der American Academy of Neurology (AAN), New Orleans, USA, 21.– 28.04.2012. Abstract P01.129 12 Fachinformation Gilenya®, Stand April 2013 13 Foster CA et al. Brain penetration of the oral immunomodulatory drug FTY720 and its phosphorylation in the central nervous system during experimental autoimmune encephalomyelitis: consequences for mode of action in multiple sclerosis. Pharmacol Exp Ther 2007;323:469-475 14 Goodin et al. 65. Jahrestagung der American Academy of Neurology (AAN), San Diego, USA, 16.–23.3.2013. Poster P07.102 15 Khatri B. et al. Long-term efficacy data from the extension of the phase III TRANSFORMS study of Gilenya versus interferon beta-1a in relapsing-remitting multiple sclerosis: 4.5 year follow-up. 22. Tagung der European Neurological Society (ENS), Prag, Tschechien, 09.–12.06.2012. Abstract O219 und mdl. Vortrag Prof. Xavier Montalban, Barcelona 16 Kappos L et al. Long-term efficacy and safety of Gilenya (FTY720) in relapsing-remitting multiple sclerosis (RRMS): results from the extension of the phase III FREEDOMS study, 64. Jahrestagung der American Academy of Neurology (AAN), New Orleans, USA, 21.–28.04.2012. Abstract S.41.004 17 Ziemssen T et al. 18-month interim results of a registry study to establish long-term safety and pharmaco-economic data on fingolimod (Gilenya®) in multiple sclerosis patients in Germany (PANGAEA). 65. Jahrestagung der American Academy of Neurology (AAN), San Diego, USA, 16.– 23.03.2013. Poster P01.185 18 Ziemssen T et al. Interim results of the PANGAEA and PEARL registries comparing treatment satisfaction and pharmaco-economic data of fingolimod (Gilenya®) and first-line therapies in multiple sclerosis patients in Germany. 65. Jahrestagung der American Academy of Neurology (AAN), San Diego, USA, 16.–23.03. 2013. Poster P03.220 19 Comi G et al. Cardiac safety of Gilenya 0,5 mg during the first dose observation in the 4-month, open-label, multi-centre FIRST study in patients with relapsing MS. 64. Jahrestagung der American Academy of Neurology (AAN), New Orleans, USA, 21.–28.04.2012. Abstract und Platform Presentation S41.003 20 Limmroth et al. Kardiale Sicherheit nach Erstgabe von Fingolimod (Gilenya®): Erste Interimsdaten aus der START-Studie bei Patienten mit schubförmig verlaufender Multipler Sklerose. 86. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Dresden, 18.–21.09.2013. Poster P221
DGVS aktualisiert Leitlinie Pankreaskarzinom Rund 15.000 Menschen in Deutschland erkranken jedes Jahr neu an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Da die Erkrankung oft lange unentdeckt bleibt, sind die Überlebenschancen der Patienten so schlecht wie bei keiner anderen Krebserkrankung. Mit der aktualisierten S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“ will die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) die Behandlung von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs verbessern. Ziel der Empfehlungen ist es sicherzustellen, dass Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs bundesweit nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen optimal versorgt werden. „Trotz aller wissenschaftlicher Fortschritte ist die Therapie des Pankreaskarzinoms noch heute eine sehr schwierige und komplexe Aufgabe“, sagt Leitlinienkoordinator Professor Dr. med. Thomas Seufferlein, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Ulm. Deshalb müssten alle an der Behandlung Beteiligten – also Chirurgen, onkologisch tätige Internisten, Palliativmediziner, Pathologen, Radiologen und Strahlentherapeuten – sehr eng zusammenarbeiten und ihr Wissen für den Patienten bündeln. Neben Vertretern dieser Fächer beteiligten sich auch Patientengruppen an der Erstellung der neuen Leitlinie, die unter Federführung der DGVS entstand. Die Empfehlungen richten sich an Ärztinnen und Ärzte, die Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs und
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anderen chronischen Erkrankungen des Pankreas behandeln. Eine bessere Versorgung streben die Experten vor allem auch für jene Patienten an, bei denen die Erkrankung nicht mehr heilbar ist. „Das Pankreaskarzinom gehört weltweit immer noch zu den Tumoren mit der schlechtesten Prognose“, erklärt Seufferlein. „Eine vollständige Operation mit dem Ziel einer Heilung ist bei diesem Tumor häufig nicht möglich, da die Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose bereits zu weit fortgeschritten ist und sich Metastasen gebildet haben.“ Ziel der palliativen Therapie ist es dann, das Leben der Patienten deutlich zu verlängern und dabei die Lebensqualität zu erhalten. Entsprechend der Fülle neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in diesen Bereichen legten die Experten bei der Überarbeitung der Leitlinie ihren Fokus zunächst auf die Kapitel „Palliative Therapie“, „Chirurgische Therapie“ und „Adjuvante und neoadjuvante Therapie“. „Die aktualisierte Leitlinie enthält einen deutlich größeren Anteil evidenzbasierter Empfehlungen als die Version von 2006“, betont Seufferlein. Eine Überarbeitung der anderen Kapitel steht an. E. W. Die neue S3-Leitlinie, die von der Deut schen Krebshilfe im Rahmen des Onkologischen Leitlinienprogramms gefördert wurde, können Interessierte im Internet kostenfrei abrufen: http://www.dgvs.de/leitlinien/ exokrines-pankreaskarzinom/
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InsuPad® verbessert die Insulinaufnahme in das Blutgefäßsystem
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as innovative InsuPad®System verbessert bei Typ1- und Typ-2-Diabetikern die Wirkung des prandialen Insulins, indem es die Haut im Injektionsbereich gezielt erwärmt. Die Erhöhung der Oberflächentempe ratur der Haut führt aufgrund der Temperaturregulation zu einer lokalen Erhöhung der kutanen Mikrozirkulation. Durch LaserDoppler-Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass ab 37°C die Vasodilatation zunimmt und bei ca. 42°C ein Plateau erreicht wird. Wird die Temperaturerhöhung unterbrochen, kommt es zu einem
Rebound-Effekt. InsuPad® erwärmt die Injektionsstelle dreimal für jeweils 10 Minuten auf 39,5°C, gefolgt von jeweils 10 Minuten Pause. Dieser Zyklus bewirkt eine stärkere und länger anhaltende Steigerung der Mikrozirkulation als eine konstante Erwärmung – das Insulin flutet rascher an und erreicht schneller seinen Wirkort. Geringerer Insulinverbrauch, weniger Hypoglykämien
Wie sich Hauterwärmung auf den Insulinbedarf auswirkt, wurde in
InsuPad® Das nur 12 g leichte Wärmeelement (Kontrolleinheit) wird mithilfe eines mit hautfreundlichem Pflaster versehenen Einwegfensters auf den gewünschten Injektionsbereich aufgebracht. Nach Öffnen des InsuPad® wird das Mahlzeiteninsulin dann genau in diesen Bereich gespritzt. Der Wärmezyklus startet automatisch, nachdem das InsuPad® wieder geschlossen wurde, und endet ebenso automatisch nach 50 Minuten. Trennt man zum Laden die Kontrolleinheit vom Einweg-Fenster, wird das Fenster automatisch an der Sollbruchstelle zerrissen. Deshalb kann ein Einweg-Fenster maximal einen Tag benutzt werden (für bis zu 5 Injektionen mit ausreichendem Abstand zueinander). Dies erleichtert den ärztlich empfohlenen Wechsel der Injektionsstelle.
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einer offenen, randomisierten parallelen Vergleichsstudie untersucht. Eingeschlossen wurden 145 Typ-1- und Typ-2-Diabetiker, die eine intensivierte Insulintherapie mit Insulinanaloga durchführten und dabei eine Tagesgesamtdosis von mehr als 60 Einheiten benötigten. Vor der Randomisierung auf die beiden Behandlungsgruppen (InsuPad® bzw. Kontrolle) wurden alle Patienten so eingestellt, dass sie stabile Nüchternblutzuckerwerte bzw. präprandiale Werte vor dem Mittag- und Abendessen von jeweils <130 mg/dl erreichten. Ziel der anschließenden 3-monatigen aktiven Behandlungsphase war es, einen HbA1c-Wert <6,5 % zu erreichen. Dies gelang in beiden Gruppen (jeweils 6,3±0,5 %). Die Patienten der InsuPad®-Gruppe benötigten dazu jedoch eine um 28 % geringere Menge an prandialem Insulin (p<0,001), 12,5 % weniger Gesamtinsulin (p<0,001) und erlitten 46 % weniger Hypoglykämien (Blutzucker <63 mg/dl; p<0,05). Trotz des zeitlichen und technischen Mehraufwands war die Therapiezufriedenheit auch bei diesen Patienten unverändert hoch und fast alle führten die Therapie mit InsuPad® nach Studienende fort. Brigitte Söllner, Erlangen Quelle: Pfützner A, Hermanns N, Funke K et al. Die standardisierte Erwärmung der Injektionsstelle nach Insulingabe mit InsuPad. Diabetes Stoffw Herz 2013;22:295-300
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Akute Herzinsuffizienz: Neue Therapiestrategien dringend erforderlich
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und 2–3 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Herzinsuffizienz, bei fast 90 % kommt es zur Dyspnoe, gehäuft treten zudem periphere Ödeme, Herzrhythmusstörungen und Erschöpfungszustände auf. Bei akuter Herzinsuffizienz (acute heart failure, AHF) verschlimmern sich die Symptome plötzlich, sodass eine lebensbedrohliche Situation für den Patienten entsteht und eine sofortige Krankenhauseinweisung notwendig wird. Besonders dramatisch macht eine AHF-Episode die Entwicklung eines Lungenödems, das von den Betroffenen häufig als „lebendiges Ertrinken“ beschrieben wird. Mit akuter Herzinsuffizienz gehen auch hämodynamische Veränderungen einher. Diese werden jedoch häufig erst nach der stationären Aufnahme diagnostiziert und bestehen auch nach Entlassung weiter. Die Konsequenzen sind eine dauerhafte Schädigung des Herzens sowie ein erhöhtes Rehospitalisierungsrisiko. Etwa ein Viertel der Patienten wird innerhalb von 3 Monaten wieder ins Krankenhaus eingewiesen, nach einem Jahr sind es rund 50 %. Mit jeder weiteren Krankenhausaufnahme aufgrund einer AHFEpisode geht eine erneute, meist irreversible Verschlechterung des Gesundheitszustandes einher und bedeutet eine fatale Abwärtsspi-
rale für die Betroffenen. AHF-Patienten sind Hochrisikopatienten, denn es sind nicht nur das Herz, sondern auch Nieren, Blutgefäße, Skelettmuskulatur, Gehirn, kurz alle Organe betroffen. Keine prognostische Verbesserung durch aktuelle Standardtherapie
Die akute Herzinsuffizienz ist der häufigste Grund für Hospitalisierungen bei Patienten über 65 Jahren in Deutschland. Die Sterblichkeitsrate bei Patienten mit akuter Herzinsuffizienz ist hoch: Nach der Initial-Episode versterben etwa 3–4 % der Patienten bereits im Krankenhaus, 10 % innerhalb eines Monats und nach einem Jahr sind es rund die Hälfte. Dennoch hat sich seit Jahrzehnten das Therapieregime für die akute Herzinsuffizienz nicht verändert. Aktuell werden Schleifendiuretika, Vasodilatatoren und inotrope Substanzen eingesetzt. Doch diese wirken ausschließlich symptomatisch und zielen nicht auf die zugrunde liegenden AHF-Mechanismen ab. Zudem sind die Langzeiteffekte dieser Wirkstoffe häufig nur unzureichend erforscht und der Einsatz teilweise sogar mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Durch die aktuellen Standardtherapeutika wird die Prognose der Patienten nicht
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verbessert – dies ist jedoch eines der wichtigsten Behandlungsziele bei akuter Herzinsuffizienz. Konkret bedeutet dies, dass innovative Substanzen benötigt werden, die nicht nur die Symptome lindern, sondern auch die Sterblichkeitsund Hospitalisierungsrate sowie das Risiko für Organschäden reduzieren und die Krankenhausaufenthaltsdauer verkürzen. Serelaxin als neue vielver sprechende Behandlungsoption
Den dringenden Handlungsbedarf hat man bereits vor einigen Jahren erkannt und daher die Forschungsbestrebungen intensiviert. Doch leider konnte weder das rekombinante natriuretische Peptid Nesiritid, der Adenosin-RezeptorAntagonist Rolofyllin noch der Vasopressin-Rezeptor-Antagonist Tolvaptan in den entsprechenden Untersuchungen überzeugen. Aktuell befindet sich nun der Wirkstoff Serelaxin (RLX030) in der klinischen Prüfung [1]. Dabei handelt es sich um die rekombinante Form des menschlichen Hormons Relaxin-2, dessen Spiegel bei schwangeren Frauen ansteigt, um die zusätzlichen hämodynamischen und renovaskulären Anforderungen durch den wachsenden Fötus zu unterstützen. Serelaxin © VERLAG PERFUSION GMBH
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verfügt über eine vasomodulatorische Wirkung mit multiplen Effekten: Es wirkt positiv auf Herz und Nieren sowie relaxierend auf die Blutgefäße und erhöht das Herzzeitvolumen, was zu einer besseren Durchblutung der Organe beiträgt [2]. So verbessert sich beispielsweise die glomeruläre Filtrationsrate um 33 % und der renale Plasmafluss steigt um 49 % [3]. Phase-III-Studie RELAX-AHF: Dyspnoe reduziert, Mortalität gesenkt
Die randomisierte Doppelblindstudie RELAX-AHF untersuchte bei 1161 Patienten mit akuter Herzinsuffizienz die Wirksamkeit und Sicherheit von Serelaxin im Vergleich zu Placebo [4]. Einschlusskriterien waren Hospitalisierung aufgrund von akuter Herzinsuffizienz, Dyspnoe in Ruhe oder bei minimaler Belastung, Lungenödem sowie normaler oder erhöhter systolischer Blutdruck (>125 mmHg) und Nierenfunktionsstörung (eGFR 30-75). Während der Studie erhielten die Teilnehmer bei der Klinikaufnahme entweder RLX030 (30 µg/kg/Tag) oder Placebo intravenös über 48 Stunden als Add-on zur aktuellen Standardtherapie. Untersucht wurden 2 primäre Endpunkte, die beide auf die Verringerung der Dyspnoe abzielten: Die Veränderung der Kurzatmigkeit wurde zum einen mithilfe einer visuellen Analogskala (VAS 0–100) bestimmt. Dabei ergab sich bis zum 5. Tag eine signifikante Verbesserung unter Serelaxin (p=0,0075). Zum anderen wurde die Linde-
rung der Dyspnoe in Bezug auf die Ausgangswerte beurteilt. Auf der Likert-Skala zeigte sich 6, 12 und 24 Stunden eine numerische Besserung der Dyspnoe, diese lag allerdings unter der statistischen Signifikanz (p=0,702). Da einer der beiden primären Endpunkte erreicht wurde, erfüllte die Studie die vordefinierten Prüfplankriterien [1]. Ein wichtiges Ergebnis betraf die Sicherheitsendpunkte. Die Gesamtmortalität wurde nach 180 Tagen signifikant um 37 % verringert: In der Verumgruppe verstarben 7,3 % der Patienten, in der Vergleichsgruppe waren es 11,3 % (p=0,02). Auch die Anzahl kardiovaskulär bedingter Todesfälle nach 6 Monaten wurde durch Serelaxin um 37 % reduziert (6,1 vs. 9,6 %; p=0,028). Damit ist Serelaxin die einzige Substanz, bei der eine Reduktion der Sterblichkeitsrate festgestellt werden konnte. Die Behandlung mit Serelaxin wurde im Allgemeinen gut vertragen. Nebenwirkungen wie Hypotonie lagen auf Placeboniveau und es wurden keine klinisch signifikanten Unterschiede bei der Inzidenz schwerwiegender Nebenwirkungen beobachtet. Ausblick
Serelaxin wird derzeit von der FDA und der EMEA geprüft. Positiv für die Zulassung könnte sich eine neue Analyse der Daten aus der RELAX-AHF-Studie auswirken, die darauf hinweisen, dass Seralaxin die Symptome und Mortalität über mehrere Subgruppen von Patienten mit akuter Herzinsuffizi-
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enz verbessert [5]. Zudem hat die FDA dem Herzmedikament im Juni den Status des Therapiedurchbruchs (Breakthrough Therapy Designation) verliehen. Mit diesem erst im Juli 2012 eingeführten Status sollen die Entwicklung und Prüfung von Medikamenten, die für die Behandlung von schwerwiegenden Erkrankungen vorgesehen sind, beschleunigt werden. Für die Patienten wäre die Zulassung von Serelaxin die erste vielversprechende Behandlungsoption seit etwa 20 Jahren. Brigitte Söllner, Erlangen
Literatur 1 Ponikowski P, Metra M, Teerlink JR, et al. Design of the RELAXin in Acute Heart Failure study. Am Heart J 2012;163:149155 2 Du X-J, Bathgate RAD, Samuel CS et al. Cardiovascular effects of relaxin: from basic science to clinical therapy (invited review). Nat. Rev. Cardiol. 2010; 7, 48-58 3 Teichman SL, Unemori E, Teerlink JR et al. Relaxin: Review of biology and potential role in treating heart failure. Curr Heart Fail Rep 2010;7:75-82Curr Heart Fail Rep 2010; 7:75-82 4 Teerlink JR, Cotter G, Davison BA et al. for the RELAXin in Acute Heart Failure (RELAX-AHF) invetigators: Serelaxin, recombinant human relaxin-2, for treatment of acute heart failure (RELAX-AHF): a randomised, placebo-controlled trial. Lancet 2013;381:29-39 5 Metra M, Ponikowski P, Cotter G et al. Effects of serelaxin in subgroups of patients with acute heart failure: results from RELAX-AHF. Eur Heart J 2013 Sept 2; ePub ahead of print (doi: 10.1093/eurheartj/ eht371)
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ür Frauen mit schwerer postmenopausaler Osteoporose stellt Strontiumranelat (Protelos®) eine seit Langem etablierte, hocheffektive Therapie dar, die einen langfristigen und umfassenden Schutz vor osteoporotischen Frakturen bietet. Inzwischen hat sich Strontiumranelat auch in der Behandlung der schweren Osteoporose von Männern mit erhöhtem Frakturrisiko bewährt. Durch den sowohl am Knochen als auch Knorpel ansetzenden molekularen Wirkmechanismus eröffnet sich zudem die Möglichkeit, auch Osteoporose-Patienten mit einer begleitenden Arthrose zu helfen. Langjähriger Frakturschutz und anhaltende Effektivität
Der vielschichtige Wirkmechanismus, der bei Osteoporose in vitro neben einer Hemmung des Knochenabbaus auch eine Aktivierung des Knochenaufbaus gezeigt hat, ermöglicht einen breiten Einsatz von Strontiumranelat im Rahmen einer Sequenztherapie. Dies gilt auch für das häufigste Szenario, in dem zunächst antiresorptiv mit einem Bisphosphonat behandelt wird – ein Therapieschema, das nicht über mehr als 3–5 Jahre fortgeführt werden sollte. Mit einer guten Evidenz kann anschließend zur Konsolidierung und Verbesserung des Therapieergebnisses Strontiumranelat zum Zug kommen (Abb. 1) [1]. Dessen spezieller Vorteil besteht nicht zuletzt darin, dass es, wie die offene Weiterführung der beiden Phase-III-Zulassungsstudien SOTI und TROPOS zur postmenopausalen Osteoporose über einen Zeitraum von 10 Jahren hinweg überzeugend gezeigt hat, langfristig und ohne Wirkverlust eine zuverlässige Reduktion verte-
Strontiumranelat: Effektive OsteoporoseTherapie mit Mehrwert
braler und nicht vertebraler Frakturen ermöglicht [2] Verlangsamung der Progression bei Gonarthrose
In den SOTI- und TROPOS-Studien war zudem aufgefallen, dass Strontiumranelat in einer Subgruppe von Patientinnen mit zusätzlicher Spondylarthrose auch auf diese positive Effekte ausübte [3]. Aufgrund der in vitro nachgewiesenen Wirkungen von Strontiumranelat auf den Knorpel ist dieser Befund auch mechanistisch gut nachvollziehbar. Dass Strontiumranelat bei der Arthrose, für die bis-
lang keine ausreichend die strukturelle Progression beeinflussende Therapie verfügbar ist, zukünftig eine wichtige krankheitsmodifizierende Behandlungsoption sein könnte, belegen die Daten der daraufhin initiierten randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Phase-III-Studie SEKOIA. Eingeschlossen wurden hierin 1.683 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Gonarthrose (Kellgren-Lawrence Grad II–III, Gelenkspaltbreite 2,5–5 mm), die über 3 Jahre hinweg mit Strontiumranelat oder Placebo behandelt wurden [4]. Im Ergebnis bewirkte Strontiumranelat in einer Dosierung von
Abbildung 1: Durch die an eine Bisphoshphonat-Therapie (BP) angeschlossene Behandlung mit Strontiumranelat (SR) nimmt die Knochendichte (BMD) kontinuierlich zu [1].
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Veränderung gegen über Baseline (mm)
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0,00
-0,10
-0,20
-0,30
-0,40
Placebo
Strontiumranelat 2g/Tag
Strontiumranelat 2 g - Placebo = 0,10 (0,04) - 95%CI [0,02; 0,19]
Eine Therapie mit Strontiumranelat über 3 Jahre kann die Progression der Erkrankung um 1 Jahr verzögern Abbildung 2: Ergebnis der SEKOIA-Studie: Bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Gonarthrose verlangsamte Strontiumranelat die radiologische Progression der Kniearthrose signifikant [4].
2 g/d eine signifikante Hemmung der strukturellen Progression der Gonarthrose. So wurde nach 3 Jahren im Vergleich zu Placebo eine signifikant geringere Verschmälerung des Gelenkspalts (–0,27 vs. –0,37 mm; p=0,018), dem primären Studienendpunkt, dokumentiert (Abb. 2). Zugleich kam es unter Strontiumranelat mit 25,6 vs. 33,1 % (p=0,043) signifikant seltener zu einer radiologischen Progression mit einer Gelenkspaltverschmälerung >0,5 mm binnen 3 Jahren, was einer relativen Risikoreduktion von 22,7 % (NNT = 14) entspricht. Ein klinisch relevanter Nutzen zeigte sich auch bei der Arthrose-bedingten Symptomatik: Sowohl der WOMAC-Gesamtscore (Schmerzen, Steifigkeit, körperliche Funktionsfähigkeit) als auch der Schmerz-Subscore verbesserten sich signifikant (p=0,045 bzw. p=0,028) [4]. Damit erfüllt Strontiumranelat zwei wichtige Kriterien für eine effektive Behandlung einer Ar
throse: Es verzögert die strukturelle Progression und damit potenziell auch die Notwendigkeit eines operativen Eingriffs und verbessert zugleich die mit der Erkrankung einhergehenden Schmerzen und Funktionseinschränkungen. Insofern könnten OsteoporosePatienten mit einer begleitenden Arthrose – und dies sind immerhin gut 30 % der Patientenpopulation – von diesem Mehrwert der Strontiumranelat-Therapie profitieren.
behandelt. Es zeigte sich, dass die Zeit bis zur kompletten radiologischen Heilung unter Strontiumranelat um 9 Tage verkürzt wurde (99 vs. 108 Tage) [5]. Positive Effekte konnten unlängst auch für Pseudarthrosen nachgewiesen werden: In einer offenen Phase-III-Studie mit 40 Patienten mit Frakturen der oberen und unteren Extremitäten und des Schlüsselbeins mit ausbleibender oder verzögerter Frakturheilung führte Strontiumranelat nach 6 Monaten bei 72,5 % der Frakturen zu einer Besserung und in 40 % der Fälle zu einer vollständigen Heilung [6]. Angesichts dieser Ergebnisse könnte Strontiumranelat insbesondere für Osteoporose-Patienten mit schlecht verheilenden Frakturen eine interessante Behandlungsoption sein. Ein wichtiger Aspekt für die Praxis ist aber vor allem, dass Strontiumranelat auch bei akuten osteoporotischen Frakturen frühzeitig eingesetzt werden kann, ohne deren Heilung zu gefährden, und letztere sogar eher noch fördert. Elisabeth Wilhelmi, München
Literatur
Beschleunigung der Frakturheilung
Ein weiterer Mehrwert von Strontiumranelat zeichnet sich in einer aktuellen Untersuchung bei Patienten mit osteoporotischen distalen Radiusfrakturen ab. In der randomisierten doppelblinden Phase-IIIStudie wurden die eingeschlossenen 217 Patienten unmittelbar nach der Fraktur 24 Wochen lang mit Strontiumranelat bzw. Placebo
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1 Middleton ET et al. Osteoporos Int 2012; 23:295-303 2 Reginster JY et al. Osteoporosis Int 2012; 23:1115-1122 3 Bruyère O et al. Ann Rheum Dis 2008; 67:335-339 4 Reginster JY et al. Ann Rheum Dis 2013; 72:179-186 5 Brandi ML et al. Abstr. ECCEO-IOF-Kongress 2013 in Rom 6 Feron JM et al. Arthritis Rheum 2013; 65(Suppl.):S526-527 Quelle: Symposium „Osteoporose-Therapie mit Mehrwert – was kann eine Therapie leisten“ der Servier Deutschland GmbH, DKOU-Kongress, Berlin, 24. Oktober 2013 © VERLAG PERFUSION GMBH
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Transkatheter-Aortenklappenersatz mit dem innovativen Lotus™-Klappensystem
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ür Patienten mit schwerer symptomatischer Aortenste nose und hohem Operations risiko für einen chirurgischen Klappenersatz gibt es nun mit dem Lotus™-Klappensystem (Abb. 1) eine effektive neue Behandlungsalternative. Boston Scientific Corporation hat für sein innovatives Device zum Transkatheter-Aortenklappenersatz (transcatheter aortic valve implantation, TAVI) die CE-Kennzeichnung erhalten. Das Lotus™-Klappensystem steht ab sofort in ausgewählten Zentren in Europa zur Verfügung, wobei immer mehr Standorte hinzukommen, sobald Ärzte und Zentren für den Einsatz der Technik vollständig ausgebildet sind. Präzise Positionierung und Platzierung
Das Lotus™-Klappensystem ermöglicht dem Arzt eine bessere Kontrolle während des Eingriffs und gewährleistet präzisere und besser vorhersagbare Prozeduren. Es handelt sich um das bislang einzige Klappensystem, das vor der Freisetzung in seiner finalen Position untersucht und vom Arzt gegebenenfalls neu positioniert oder vollständig zurückgezogen und geborgen werden kann. Beim Lotus™-Klappensystem kommt die Adaptive-Seal™-Technologie
Abbildung 1: Das Lotus™-Klappensystem für den Transkatheter-Aortenklappenersatz (TAVI) lässt sich präzise positionieren und ermöglich dadurch dem Arzt eine optimale Kontrolle.
zum Einsatz, wodurch die Inzidenz paravalvulärer Regurgitation (Lecks), einem wesentlichen Mortalitätsprädiktor, minimiert wird. Das Lotus™-Klappensystem sitzt auf einem transfemoralen Zuführsystem auf, das durch einen kleinen Schnitt im Bein eingeführt wird. Es ist in den Größen 23 mm und 27 mm erhältlich und kann so bei Aortenanulus-Größen von 20 mm bis 27 mm eingesetzt werden.
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REPRISE-II-Studie belegt Wirksamkeit und Sicherheit
In der REPRISE-II-Studie wurde das Lotus™-System bei 120 Patienten erfolgreich implantiert. Wie die auf dem TCT (Transcatheter Cardiovascular Therapeutics) Kongress 2013 in San Francisco präsentierten Ergebnisse zeigen, haben alle Patienten den primären Endpunkt – kein Auftreten schwerer paravalvulärer aortischer Re© VERLAG PERFUSION GMBH
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gurgitation (Lecks) nach 30 Tagen – erreicht. Die Gesamtmortalität nach 30 Tagen sowie die Schlaganfallraten bei dieser schwerkranken Population waren gering. Hier die wichtigsten Ergebnisse im Einzelnen: • Der primäre Endpunkt der Geräteleistung, der mittlere Klappen-Druckgradient nach 30 Tagen, lag mit 11,5±5,2 mmHg signifikant (p<0,001) unter dem Zielwert von 18 mmHg. • Nach 30 Tagen kam es zu keinen schweren Lecks und nur in einem Fall zu einer mäßiggradigen Regurgitation. Bei 5,2 % der Patienten zeigten sich Spuren einer Regurgitation, bei 78,4 % der Fälle waren nach 30 Tagen jedoch keine paravalvulären Regurgitationen festzustellen. • Der primäre Sicherheitsendpunkt Mortalität an jeglichen Ursachen betrug nach 30 Tagen 4,2 %. • Die Inzidenz von schweren Schlaganfällen lag bei den 120 Patienten nach 30 Tagen bei 1,7 %. Entsprechend positiv ist das Fazit von Professor Ian Meredith, Direktor des MonashHeart am Monash Medical Centre in Melbourne und Leiter der REPRISE-II-Studie: „In Kombination mit einer frühzeitigen und oft vollständigen Eliminierung von paravalvulärer Aorteninsuffizienz, wie wir sie in REPRISE II beobachten konnten, stellen die einzigartigen Merkmale der Lotus™-Klappentechnologie einen signifikanten Fortschritt bei der perkutanen Behandlung geeigneter Patienten mit schwerer symptomatischer Aortenklappenstenose dar.“ Brigitte Söllner, Erlangen
Rituximab subkutan: Mehr Lebensqualität für Lymphom-Patienten
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eit seiner ersten Zulassung 1998 hat der monoklonale Anti-CD20-Antikörper Rituximab (MabThera®) zu einem Paradigmenwechsel in der Behandlung maligner B-Zell-Lymphome geführt und erhöhte Heilungsraten (beim diffus-großzelligen B-ZellLymphom, DLBCL) oder Chronifizierung (beim follikulären Lymphom, FL) zu Therapiezielen in
diesen Indikationen gemacht. Die Kombination von Rituximab mit einer CHOP-Chemotherapie (Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednisolon) gilt darum heute als Standard in der Erstlinientherapie bei Patienten mit DLBCL oder FL. Trotz der bereits erreichten beeindruckenden Behandlungserfolge wird der Therapiestandard stetig
Rituximab Rituximab (MabThera®) ist ein gentechnisch hergestellter chimärer monoklonaler IgG1-Antikörper, der zur Behandlung maligner Lymphome und der rheumatoiden Arthritis eingesetzt wird. Rituximab bindet an das CD20-Antigen, das sowohl auf gesunden als auch auf malignen B-Lymphozyten zu finden ist und insbesondere auf mehr als 95 % aller Zellen von Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL) des B-Zelltyps exprimiert wird, und aktiviert körpereigene Abwehrzellen, sodass diese die mit dem Antikörper markierten Zellen zerstören. Da CD20 weder von normalen Plasmazellen noch von frühen Vorstufen der B-Lymphozyten gebildet wird, werden diese Zellen durch Rituximab nicht eliminiert. Die Antikörper-Therapie mit Rituximab ist aufgrund ihres Wirkmechanismus in der Regel gut verträglich. Sie gilt als besonders schonend, weil sie spezifisch auf die malignen Zellen wirkt und dabei körpereigene Abwehrmechanismen nutzt. Das ist unter anderem dadurch möglich, dass der Anti-CD20-Antikörper in seinem konstanten Bereich, der für die Aktivierung zytotoxischer Lymphozyten verantwortlich ist, einem humanen Immunglobulin (IgG) entspricht. Lediglich der variable Bereich, der das CD20-Antigen erkennt, ist murinen Ursprungs. MabThera® wird als eine intravenöse Infusion appliziert. Nach der Infusion verbleibt der Antikörper über mehrere Tage bis Wochen im Blutkreislauf. Ein Behandlungszyklus mit MabThera® besteht aus 2 intravenösen Infusionen zu je 1.000 mg [2].
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weiterentwickelt. Derzeit arbeiten verschiedene Studiengruppen daran, die Therapie mit MabThera® durch die Überprüfung alternativer Applikationsrouten noch weiter zu verbessern. Vielversprechende Ergebnisse gibt es bereits zur subkutanen Gabe von MabThera® (MabThera® SC), die in der PhaseIII-Studie SABRINA untersucht wurde. Einfachere und schnellere Therapie
In die zweistufige SABRINAStudie [1] wurden insgesamt 530 Patienten mit neu diagnostiziertem und behandlungsbedürftigem FL randomisiert. Sie erhielten eine Standard-Chemotherapie und entweder subkutan (Fixdosis von 1400 mg) oder intravenös (375 mg/ m2) verabreichtes Rituximab. Nur die erste MabThera®-Dosis wurde aus Sicherheitsgründen bei allen Patienten intravenös appliziert. Im Anschluss daran erhielten die Patienten, die auf die Induktionstherapie angesprochen hatten, eine MabThera ® -Erhaltungstherapie über die Dauer von 2 Jahren alle 2 Monate, ebenfalls subkutan oder intravenös. Für die die erste Stufe der Studie wurde ein Endpunkt zum Nachweis der Nichtunterlegenheit gewählt, um zu gewährleisten, dass subkutan angewendetes MabThera® verglichen mit der etablierten intravenösen Dosierung nicht un-
terdosiert wird. Wie die Ergebnisse zeigen, ist die subkutane Gabe von MabThera® der intravenösen MabThera®-Applikation bei Patienten mit follikulärem Lymphom nicht unterlegen. Die tiefste Wirkstoffkonzentration während des Dosierungsintervalls (Ctrough) für MabThera® SC war nicht niedriger als bei intravenöser Verabreichung (134,6 versus 83,1 µg/ml – Verhältnis 1,62). In den sekundären Endpunkten konnte darüber hinaus für beide Applikationsrouten ein vergleichbares Ansprechen gezeigt werden: Mit 90,5 % Remissionen, darunter 46,0 % Komplettremissionen, war die Subkutangabe mindestens so effektiv wie die i.v. Gabe, bei der 84,4 % Remissionen und 29,7 % Komplettremissionen registriert wurden. MabThera® SC wurde gut vertragen. Das Sicherheitsprofil entsprach dem von MabThera® i.v., es traten jedoch keine infusionsbezogenen Reaktionen auf. Beobachtet wurden nur vorübergehende lokale Hautrötungen an der Injektionsstelle. In der derzeit laufenden zweiten Stufe der SABRINA-Studie wird nun das Ansprechen in beiden Behandlungsarmen geprüft, um die vergleichbare Wirksamkeit zu belegen. Dazu wurden zusätzlich zu den bereits an der Studie teilnehmenden Patienten weitere 280 Patienten mit neu diagnostiziertem follikulärem Lymphom für die Behandlung mit MabThera® SC bzw. i.v. randomisiert.
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Vorteile für die Praxis
Für die Patienten ergibt sich durch die deutliche Verkürzung der Behandlungsdauer eine starke zeitliche Entlastung: Die Behandlung mit MabThera® SC dauert nur 5–7 Minuten – und nicht mehrere Stunden wie die i.v. Gabe. Die Therapie wird einfacher und komfortabler und bietet damit ein Plus an Lebensqualität. Auch für den behandelnden Arzt bringt die Subkutantherapie Vorteile: Die Patienten können in kürzeren Abständen und flexibler einbestellt werden und der Zeitaufwand für das Praxispersonal ist durch die bedeutend kürzere Nachbeobachtungszeit weitaus geringer. Angesichts dieser positiven Ergebnisse wurden die Daten der SABRINA-Studie bereits bei der Europäischen Arzneimittelbehör de (EMA) zur Zulassung von MabThera® SC eingereicht. Brigitte Söllner, Erlangen
Literatur 1 Davies A et al. Subcutaneous rituximab and chemotherapy achieves similar trough levels, safety, and response as intravenous rituxumab in first-line follicular lymphoma: Stage 1 results of the phase 3 SABRINA study. 18th Congress of the European Hematology Association (EHA), June 14, 2013, Abstract #1629 2 Fachinformation MabThera®, Stand Juni 2012
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Agomelatin bringt depressiven Patienten die positiven Emotionen zurück Als ein Kernsymptom der Depression gilt das „negative Bias“ bei der emotionalen Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen. Die Korrektur dieser affektiven Fehlkonditionierung erscheint daher als ein vielversprechender therapeutischer Ansatz. Ob diesbezüglich Agomelatin (Valdoxan®) mit seinem multidimensionalen Wirkspektrum Vorteile gegenüber anderen Antidepressiva hat, stand im Mittelpunkt eines Symposium im Rahmen des 26th European Congress of Neuropsychopharmacology mit Experten aus Spanien, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und den USA. Korrektur des „negativen Bias“
Die Vorstellung von der Genese der Depression war im Laufe der vergangenen hundert Jahre einem steten Wandel unterworfen. Während Anfang des 20. Jahrhunderts für Siegmund Freud die affektive Störung im Mittelpunkt des Interesses gestanden hat, ist es in der Mitte des 20. Jahrhunderts mit Arvid Carlsson zu einer Kehrtwendung und Fokussierung auf die neurophysiologischen Pathomechanismen gekommen, nannte Chairwoman Prof. Ellen Frank, Pittsburgh/USA, einige markante Eckpunkte. Im 21. Jahrhundert haben dann die modernen Neurowissenschaften Psyche und Soma wieder zusammengeführt. Einen nicht unerheblichen Anteil daran haben nach Überzeugung von Prof. Julio Bobes, Oviedo/Spanien, die Fortschritte bei den
bildgebenden Verfahren. Denn damit ist es gelungen, depressionsspezifische strukturelle und funktionelle Veränderungen zu lokalisieren und als potenzielle therapeutische Targets zu identifizieren. Ein grundlegender Pathomechanismus ist nach Überzeugung von Prof. Catherine Harmer, Oxford/ Großbritannien, die negative Verzerrung bei der Wahrnehmung und Verarbeitung von emotionalen Signalen aus der Umwelt. Dieses „negative Bias“ sei nicht nur ein Schlüsselfaktor für die Aufrechterhaltung einer bestehenden Depression, sondern allem Anschein nach auch ein Vulnerabilitätsmarker für das erneute oder erstmalige Auftreten einer depressiven Episode. Ein etabliertes Verfahren zum Nachweis dieser affektiven Fehlsteuerung ist der „Facial Expression Recognition Task“. Patienten mit einer Depression deuten emotional nicht eindeutige Gesichtausdrücke bevorzugt als negativ und haben eine verminderte Wahrnehmung für mimische Zeichen von positiven Emotionen. Als neuronales Korrelat wurde mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) eine Hyperaktivierung der Amygdala nachgewiesen. Mit Antidepressiva lässt sich diese emotionale und neuroanatomische Fehlkonditionierung vermindern. Diese Effekte manifestierten sich relativ früh nach Behandlungsbeginn und sind prädiktiv für eine spätere Response, erläuterte Harmer. Daraus kann man ableiten, dass die Korrektur des „negativen Bias“ ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zur affektiven und kognitiven Rekonsolidierung darstellt. Welchen Einfluss Agomelatin (Valdoxan®) auf die emotionale Verarbeitung hat, war die Zielsetzung einer weiteren Studie unter Harmers Federführung. Diese Frage war für
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ihre Arbeitsgruppe auch deshalb von praktischer Bedeutung, weil Agomelatin über ein ganz anderes pharmakodynamisches Prinzip antidepressiv wirksam wird als die etablierten Monoamin-Wiederaufnahmeinhibitoren. Einige Ergebnisse der computergestützten Tests nach einwöchiger Einnahme von Agomelatin oder Placebo hob Harmer als besonders bemerkenswert hervor. Beim „Facial Expression Recognition Task“ interpretierten Probanden im Verumkollektiv signifikant seltener Gesichtsausdrücke als „traurig“ als in der Kontrollgruppe. Beim „Emotional Memory Task“ wurden im Agomelatin-Arm signifikant häufiger positiv- als negativbesetzte Begriffe erinnert, während sich im PlaceboArm keine Veränderung zeigten. Beim „Emotion-potentiated Startle Task“ reagierten die Probanden im Agomelatin-Arm signifikant weniger schreckhaft (Blinzelreflex) beim Betrachten von Bildern mit abstoßenden Szenen als im Placebo-Arm. Der das „negative Bias“ korrigierende Effekt von Agomelatin war spezifischer als in früheren Studien mit Serotonin- oder Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern, betonte Harmer. Das lässt erwarten, dass die antidepressive Therapie mit Agomelatin nicht den gleichen abstumpfenden Effekt auf die emotionale Wahrnehmung hat wie die SSRI. Eine andere Facette des „negativen Bias“ bei depressiven Menschen ist die übersteigerte Ich-Bezogenheit. Typisch dafür sind beispielweise die Tendenz, auch ganz alltägliche Signale aus der Umwelt mit sich selbst in Verbindung bringen, oder der Hang, sich gedanklich ständig im Kreise zu drehen. Assoziiert ist diese ich-bezogene emotionale Verarbeitung nach Angaben von Prof. Philippe Fossati, Paris/Frank© VERLAG PERFUSION GMBH
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reich, mit einer erhöhten Aktivität im medialen präfrontalen Kortex (MPFC), die – anders als bei gesunden Probanden – auch ventro- und dorsolaterale Regionen (VLPFC und DLPFC) sowie den anterioren cingulären Kortex (ACC) miteinbezieht. Behandelt man die Patienten mit Agomelatin, lassen wiederholte fMRT-Kontrollen erkennen, dass innerhalb der ersten Behandlungswoche – gewissermaßen als früher Prädiktor für eine Response – die Überaktivität in der Amygdala und im VLPFC abnimmt. Nach mehrwöchiger Therapie normalisiert sich bei den Respondern auch die Überaktiviät im DLPFC und im ventralen ACC, berichtet Fossati von eigenen Untersuchungen. Mit synergistischem Wirkprinzip das prämorbide Funktionsniveau wiedererlangen
Die Depression ist nicht nur durch spezifische neuroanatomische und neurochemische Aberrationen charakterisiert, sondern auch durch die unzureichende Trennung der verschiedenen funktionalen Netzwerke. Wie sich aus fMRT-Befunden schließen lässt, besteht eine abnorme Konnektivität vor allem zwischen den Hirnregionen, die in die Verarbeitung emotionaler Reize involviert sind, und den neuronalen Strukturen, wo kognitive und sensomotorische Aktivitäten gesteuert werden. Durch diese Überlappung stören sich die verschiedenen Funktionsbereiche gegenseitig, was eine weitere Erklärung für die emotionale Dysregulation der Betroffenen und ihre verminderte Fähigkeit zur Konzentration auf kognitive Anforderungen sein könnte. Diese Erkenntnisse implizieren, dass eine antidepressive Therapie nicht nur die affektive Symptomatik besei-
tigen, sondern auch Defizite in anderen Funktionsbereichen abbauen sollte. Gute Voraussetzungen dafür bringt Agomelatin mit seinem synergistischen Wirkprinzip mit. Der Agonist der melatonergen MT1/MT2Rezeptoren und Antagonist der serotonergen 5-HT2C-Rezeptoren resynchronisiert zum einen die depressionstypisch gestörte zirkadiane Rhythmik und stimuliert zum anderen die Freisetzung von Dopamin und Noradrenalin in den für die situationsangemessene Regulation emotionaler, kognitiver und sensomotorischer Prozesse verantwortlichen präfrontalen kortikalen Arealen. Agomelatin hat nicht nur in kontrollierten Studien, sondern auch im klinischen Alltag seinen Stellenwert im therapeutischen Armamentarium vielfach unter Beweis gestellt. Als Pluspunkte haben sich dabei herauskristallisiert: • früher Wirkbeginn – erste Anzeichen häufig bereits innerhalb der ersten Woche • hohe Responseraten mit Abdeckung eines breiten Spektrums depressiver Symptome – unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung und Alter der Patienten • gute Verträglichkeit – geringe Inzidenz von Nebenwirkungen, inklusive Sedierung, Gewichtszunahme und Sexualfunktionsstörungen, auf Placeboniveau In einigen der Studien wurde ganz gezielt danach geschaut, welchen Einfluss Agomelatin auf die emotionale Empfindungsfähigkeit und die kognitive Performance hat. Dabei stellte sich beispielsweise heraus, dass die Anhedonie (SHAPS*) signifikant besser auf Agomelatin als auf Venlafaxin anspricht. Umgekehrt zeigten unter Agomelatin signifikant weniger Patienten An-
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zeichen einer emotionalen Verflachung (OQESA*) als unter Escitalopram. Darüber hinaus berichteten Patienten nach sechswöchiger Therapie mit Agomelatin sich wacher und gedanklich klarer zu fühlen, während Patienten unter Escitalopram diesbezüglich kaum Veränderungen zeigten. Diese Ergebnisse lassen sich nach Dafürhalten von Prof. Göran Hajak, Bamberg, auch als Indiz deuten, dass mit Agomelatin die Entzerrung der überlappenden Funktionsbereiche besser gelingt als mit einem SSRI. Wichtiger ist für ihn jedoch die Frage, ob sich der vermutete neurobiologische Effekt auch im funktionellen „Outcome“ niederschlägt. Bei einer Metaanalyse randomisierter Studien wurde unter anderem deutlich, dass der Unterschied zwischen der Therapie mit Agomelatin und der Gabe von Placebo am größten beim HAMD*Item „Arbeit und Alltagsaktivitäten“ ist. Eingehender wurde dieser Frage in einer internationalen Multizenterstudie untersucht. Die unter der Therapie mit Agomelatin dokumentierten signifikanten Verbesserungen bei den SDS-Items* „Arbeit/Schule“, „soziale Kontakte“ und „Familienleben“ sind für Hajak gute Voraussetzungen dafür, dass die Patienten ihr prämorbides Funktionsniveau wiedererlangen und in ihr gewohntes soziales Umfeld zurückfinden. Fabian Sandner, Nürnberg Quelle: Satellitensymposium „Clinical Implications of Brain Structure Alterations in Depression” beim 26th European Congress of Neuropsychopharmacology (ECNP) am 6. Oktober 2013 in Barcelona * Rating-Skalen: • HAMD = Hamilton Depression Rating Scale • OQESA = Oxford Questionnaire on the Emotional Side-Effects of Antidepressants • SDS = Sheehan Disability Scale • SHAPS = Snaith Hamilton Pleasure Scale © VERLAG PERFUSION GMBH
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Asthma-Fixkombination flutiform®:
Hoher Feinpartikelanteil und günstiges Partikel spektrum
Beim Stellenwert von Feinpartikeln bei der Asthma-Inhalationstherapie deutet sich ein Umdenken an: Die These „je feiner desto besser“ muss überdacht werden. Voraussetzung für eine gute Lungendeposition des Medikaments und damit eine erfolgreiche Asthmatherapie ist vielmehr ein hoher Feinpartikelanteil im Aerosol bei gleichzeitig optimalem Partikelspektrum. So lautete der Konsens unter Experten, die bei einer Veranstaltung des Unternehmens Mundipharma über die Bedeutung von Feinpartikeln bei Asthma-Fixkombinationen diskutierten. Vorgestellt wurden Daten einer neuen Studie, die belegen, dass flutiform® hinsichtlich seines Feinpartikelanteils und Partikelspektrums gegenüber anderen Fixkombinationen Vorteile aufweist. Ideale mediane Partikelgröße für die Inhalationstherapie: 3 µm
Damit die Inhalationstherapie mit Fixkombinationen bei Asthma ihre volle Wirksamkeit entfalten kann, ist es wichtig, dass beide Wirkstoffe – das Beta-2-Mimetikum (LABA) und das inhalative Steroid (ICS) – den gesamten Bronchialbaum der Lunge erreichen. Eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine gute Lungendeposition haben dabei Partikel mit einem Durchmesser von etwa 1–5 µm, erläuterte Claudius Kietzig, Inamed GmbH in Gauting. Partikel unterhalb der Größe von 5 µm werden auch als „Feinpartikel“ bezeichnet. „Aus physikalischem Blickwinkel ist eine mediane aerodynamische Par-
tikelgröße (MMAD, massenbezogener medianer aerodynamischer Durchmesser) von etwa 3 µm optimal für die Inhalationstherapie“, so der Physiker. „Diese Teilchen sind klein genug, sodass sie nicht durch Impaktion bereits in den oberen Atemwegen abgeschieden und so am Vordringen bis in die kleinen Atemwege der Lunge gehindert werden. Zugleich sind sie aber ausreichend groß genug, um nicht wieder ausgeatmet zu werden.“ Zu beachten ist dabei, dass die Wirkorte von ICS und LABA nicht vollkommen identisch sind. Darauf wies Dr. Stefan Heindl, Gauting, hin: „Während die bronchodilatorische Wirkung von LABA vorwiegend in den zentralen Lungenbereichen, also den Bronchien und Bronchiolen, entsteht, entfalten ICS ihre entzündungshemmende Wirkung auch bis in die Alveoli.“ Wichtig ist laut Heindl daher, dass eine Fixkombination sowohl ausreichend Partikel im Größenbereich von 3–5 µm freisetzt, die vorwiegend in den zentralen Lungenbereichen deponieren, als auch im Größenbereich von 1–2 µm, die bis in die kleinsten Atemwege vordringen. „Nicht wünschenswert sind dagegen noch feinere Partikel, da bei ihnen die Gefahr besteht, dass sie einerseits wieder ausgeatmet oder andererseits systemisch resorbiert werden und so Nebenwirkungen verursachen“, betonte Heindl. Deutliche Unterschiede zwischen den Präparaten
Dass sich Feinpartikelanteil und Partikelspektrum bei den verfügbaren Fixkombinationen deutlich unterscheiden, zeigt die kürzlich veröffentlichte DIFFUSE-Studie (Defining fluticasone propionate/
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formoterol particulate size)*. Untersucht wurden in dieser Studie die Fixkombinationen Fluticason/ Formoterol MDI (flutiform®), Budesonid/Formoterol DPI, Fluticason/Salmeterol DPI und Beclomethason/Formoterol MDI. Der Anteil der Feinpartikel in diesen Präparaten wurde mittels eines achtstufigen Andersen-KaskadenImpaktors ermittelt, der die Partikel nach ihrer Größe sortiert und den Anteil der Partikel kleiner als 4,7 µm in Bezug auf die gesamte freigesetzte Dosis bestimmt. Dabei wurden die Partikelgrößen der untersuchten Präparate jeweils bei niedriger und hoher Atemflussrate Atemflussrate (28,3 l/min bzw. 60 l/min) gemessen. Konstant hoher und flussraten unabhängiger Feinpartikel-Anteil bei Fluticason/Formoterol
Den höchsten Anteil lungengängiger Feinpartikel sowohl bei der LABA- wie auch der ICS-Komponente wies mit jeweils etwa 40 % die Fluticason/Formoterol-Fixkombination flutiform® auf. Bei diesem Präparat war der Feinpartikelanteil deutlich höher als bei den Trockenpulver-Inhalatoren (Budesonid/Formoterol und Fluticason/ Salmeterol), aber auch verglichen mit dem Dosieraerosol mit Formoterol/Beclometason wies das Fluticason/Formoterol-Dosieraerosol bei der niedrigen Flussrate einen höheren Feinpartikelanteil auf. Dieser blieb zudem bei flutiform® bei unterschiedlichen Atemflussraten gleichbleibend hoch, während * Johal B et al. Fine particle profile of fluticasone propionate/formoterol fumarate versus other combination products: the DIFFUSE study. Comb Prod Ther, published online 30 August 2013, DOI 10.1007/s13556-0130003-9 © VERLAG PERFUSION GMBH
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Abbildung 1: Partikelspektrum bei niedriger Flussrate im Vergleich. Die Fluticason/Formoterol-Fixkombination (flutiform®) hat bei einer Flussrate von 28,3 l/min mit 3,52 µm einen günstigen MMAD. Bei dieser Flussrate ist der MMAD der Beclometason/Formoterol-Fixkombination mit ca. 1,21 µm dagegen deutlich kleiner. Mit seinem hohen Anteil an Partikeln der Größe 3–5 µm, der für den bronchodilatatorischen Effekt ausschlaggebend ist, und dem ebenfalls hohen Anteil an Partikeln der Größe von 1–2 µm, der für eine Deposition des Kortikoids bis in die Alveolen entscheidend ist, weist flutiform® ein günstiges Partikelspektrum auf, das sowohl eine gute Bronchodilatation als auch Entzündungskontrolle gewährleistet (Quelle: mundipharma).
er bei allen Vergleichspräparaten bei niedriger Flussrate deutlich abnahm. „Dies ist deshalb von Bedeutung, weil der Inspirationsfluss bei schweren obstruktiven Atemwegserkrankungen infolge der Bronchialverengung sinkt und somit bei manchen Inhalationssystemen keine ausreichende Wirkstoffdosis für die Atemwege zur Verfügung steht“, kommentierte Dr. Peter Haidl, Schmallenberg, die Studie. Der konstant hohe Feinpartikelanteil bei flutiform® bei unterschiedlichen Flussraten ist nach Ansicht des Pneumologen daher ein wichtiger Vorteil. Auch die Autoren der DIFFUSE-Studie schlussfolgerten, dass ein konstant hoher Feinpartikelanteil als Prädiktor für eine gute Wirksamkeit des Medikaments in vivo gewertet werden kann. Partikelspektrum sichert bronchodilatierenden und antientzündlichen Effekt
Als vorteilhaft erwies sich in dieser Studie auch das gemessene
Partikelspektrum der Fluticason/ Formoterol-Fixkombination. Bei einer Flussrate von 28 l/min war der Anteil von Teilchen in dem für den bronchodilatierenden Effekt wichtigen Größenbereich von 3–5 µm deutlich höher als beispielsweise bei der Beclometason/ Formoterol-Fixkombination. Aber auch Teilchen im Bereich 1–2 µm waren bei flutiform® zu einem hohen Anteil vorhanden (Abb. 1). „Damit wird eine zuverlässige Wirkstoffdeposition in den für die Bronchodilatation und auch in den für die antiinflammatorische Wirkung relevanten Bereichen der Lunge gewährleistet“, erläuterte Haidl die Ergebnisse. Mit einem MMAD von 3,5 µm kommt die mediane Partikelgröße von flutiform® der physikalisch optimalen Größe zudem sehr nahe, während beispielsweise die Beclometason/ Formoterol-Fixkombination mit einem MMAD von 1,2 µm weiter vom Optimum entfernt ist. Haidl wies darauf hin, dass sich neben der Partikelgröße des Aerosols eine Vielzahl von weiteren Einflussfaktoren auf die Wirksamkeit
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der Inhalationstherapie auswirkt. Als Beispiel nannte der Pneumologe Charakteristika der Inhalationssysteme wie den inneren Widerstand mancher Systeme, der insbesondere bei schwerer Lungenerkrankung eine wichtige Rolle spielt. Vergleichsweise hoch ist dieser Widerstand bei vielen Trockenpulver-Inhalatoren, was den Einsatz bei Patienten erschwert, die einen ausreichend starken Inspirationsfluss nicht aufbringen können. Bei Dosieraerosolen besteht dieses Problem nicht und sie weisen darüber hinaus eine hohe Dosiskonstanz auf. Eventuelle Koordinationsprobleme lassen sich mit einer Inhalationshilfe (Spacer) reduzieren. „Das Dosieraerosol flutiform® erfüllt wichtige Kriterien einer effektiven Inhalationstherapie – hoher Feinpartikelanteil, vorteilhaftes Partikelspektrum und sichere Anwendung auch bei schwerer Obstruktion“, fasste Haidl die Ergebnisse der DIFFUSE-Studie zusammen. Elisabeth Wilhelmi, München © VERLAG PERFUSION GMBH
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Flexiseq™ – die innovative neue Behandlungsoption für Arthrose-Patienten „Menschen bewegen – Erfolge erleben“ – dieses Motto des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie galt auch für das Symposium der Firma Pro Bono Bio, auf dem über eine neue, innovative und bereits preisgekrönte Therapieoption für Arthrosepatienten berichtet wurde. Vorgestellt wurden einerseits Studien, die die Wirksamkeit des topischen Gels gegen Schmerzen und Gelenksteifigkeit bei Arthrose belegen, und andererseits die persönlichen Erfahrungen der Referenten mit Flexiseq™ anhand von Fallbeispielen. Flexiseq™ enthält keine pharmakologischen Wirkstoffe, sondern wirkt durch sogenannte Sequessome™, winzige Phospholipidtröpfchen, die durch die Haut bis in das Gelenk vordringen und dieses schmieren. Wie ein Polster lagern sie sich an den geschädigten Knorpel an. Für das in Deutschland entwickelte und produzierte Gel steht nach ersten Erfolgen in Europa und Asien die weltweite Vermarktung an. Alternative Methoden zur Arthrosebehandlung dringend erforderlich
Patienten, die unter einer Arthrose leiden, stehen nur begrenzte Behandlungsoptionen zur Verfügung. Neben einer Lebensstiländerung mit Gewichtsreduktion und kontrollierter körperlicher Aktivität besteht die Hauptbehandlung im Einsatz von nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR). Diese sind allerdings nicht bei jedem wirksam oder wegen ihrer möglichen Kontraindikationen, Nebenwir-
kungen oder anderer Einschränkungen für die Anwendung nicht generell geeignet. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft empfiehlt – neben Paracetamol – topische nicht steroidale Antiphlogistika als Produkte der ersten Wahl zur Behandlung der Arthrose, wobei nur Tagesdosen von 3–4 g Paracetamol als wirksam angesehen werden. Ähnliches gilt für topische NSAR: Nur für eine Gabe von 4 g Diclofenac-Gel viermal täglich konnte eine konsistente Wirkung nachgewiesen werden. Bei einer solchen Anwendung können allerdings bereits Blutspiegel erzeugt werden, die im Bereich einer niedrigdosierten Therapie mit oralen NSAR liegen. Der Präsident der Rheumaliga Hessen, Dr. Wolfgang Bolten, kennt die Probleme der Patienten mit Gelenkschmerzen aus erster Hand: „In den Selbsthilfegruppen wird vor allem über die Schmerztherapie diskutiert. Welches Antirheumatikum wirkt am besten? Welches hat die geringste Nebenwirkungsrate? Welche Alternativen stehen zur Verfügung? Vor allem die Diskussion um die Sicherheit einer langfristig eingesetzten medikamentösen schmerzlindernden Therapie ist ein wichtiges Thema. Analgetika wie Paracetamol, NSAR und Opioide sind die Standardtherapeutika. Liest man die Beipackzettel oder hört man Erfahrungsberichte Betroffener, dann ahnt man das hohe Risiko, das einige Patienten eingehen, wenn sie diese Medikamente längere Zeit einnehmen müssen.“ Erhebliche Nebenwirkungen durch NSAR
„NSAR sollten nur in der geringstmöglichen Dosis und für den
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kürzestmöglichen Zeitraum eingenommen werden“, betonte Dr. Matthias Rother, Gräfelfing. „Aber die Realität sieht anders aus!“ Da NSAR größtenteils ohne Rezept erworben und eingesetzt werden, nehmen auch Patienten mit bekannten Risikofaktoren wie kardiovaskulären, gastrointestinalen oder nephrologischen Erkrankungen unkontrolliert diese für sie potenziell gefährlichen Medikamente ein, leider häufig auch in überhöhter Dosis. Erst im Juli 2013 hat ein Rote-Hand-Brief aufgrund entsprechender Studienergebnisse auf eine neue Empfehlung im Umgang mit Diclofenac hingewiesen. So ist das Mittel jetzt kontraindiziert bei Patienten mit bestehender Herzinsuffizienz, ischämischer Herzerkrankung, peripherer Arterienerkrankung oder zerebrovaskulärer Erkrankung. Gerade für ältere Patienten, die auch besonders häufig unter Arthrose leiden, treffen oft mehrere dieser Einschränkungen zu. Erschwerend kommt hinzu, dass ihre Beschwerden nicht vorübergehend, sondern dauerhaft präsent sind. Besonders gefährlich ist auch die Wirkung der NSAR auf den Magen. So liegt die Sterblichkeitsrate bei NSAR-Nutzern, die unter einer gastrointestinalen Blutung oder Perforation litten, bei 20,9 %. Flexiseq™ füllt die therapeutische Lücke
Ein umfangreiches klinisches Studienprogramm hat die gute Wirksamkeit des Medizinprodukts Flexiseq™ bewiesen. So wurde in einer zentralen Vergleichsstudie mit Celecoxib schon nach 2 Tagen eine Schmerzlinderung erreicht, berichtete Dr. Rother, der an der © VERLAG PERFUSION GMBH
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Untersuchung mitgewirkt hatte. Die Studie zeigte bei 1395 Patienten mit Gonarthrose und moderaten Schmerzen, dass die zweimal tägliche Anwendung von Flexiseq™ zu weniger Schmerzen und Steifheit sowie zu einer besseren Gelenkfunktion führt, und zwar ähnlich effektiv wie die zweimal tägliche Einnahme von 100 mg Celecoxib, einem bei chronischen Schmerzen häufig verschriebenen NSAR. Die Ergebnisse dieser Studie mit Celecoxib und Placebo als Vergleichspräparate werden auch durch weitere Studien bestätigt. Preisgekrönte Innovation: die Sequessome Technology®
Das Neuartige am topischen Gel Flexiseq™ sind die darin enthaltenen Sequessome™-Vesikel, bei denen es sich um extrem verformbare Phospholipidtröpfchen handelt. Aufgrund ihrer starken Wasseraffinität dringen sie nach Verdunsten des Gels in die Interzellularräume der Haut und die darunter liegenden Gewebeschichten ein. Auf diese Weise gelangen sie in die Synovialflüssigkeit und wirken dort als Schmiermittel an der Oberfläche der beschädigten Knorpelstrukturen, die bei Arthrosepatienten über keine natürliche Schmierung mehr verfügen. Der Schmerz wird dadurch gelindert, die Gelenkfunktion verbessert. Dieser innovative Ansatz der in Deutschland entwickelten Sequessome Technology® wurde im Januar mit dem Innovationspreis 2013 des Bundesverbandes Deutscher Apotheker e. V. (BVDA) ausgezeichnet.
Konservative Arthrosetherapie mit innovativem Gel
Flexiseq™ erweitert das Instrumentarium zur konservativen Therapie der Arthrose. Bestand sie bislang aus Gewichtsreduktion und der Beseitigung sonstiger Risikofaktoren, physikalischer Therapie und Orthopädietechnik, so kann jetzt mit Hilfe von Flexiseq™ auch in schwierigen Fällen noch eine Erleichterung für den Patienten erzielt werden. Professor Egbert Seidel vom Zentrum für Physikalische und Rehabilitative Medizin des Sophien- und Hufeland-Klinikums, Weimar, berichtete von seinen Erfahrungen: „Flexiseq™ wird in unserem Zentrum für Multimodale Schmerztherapie bei multimorbiden, chronischen Schmerz- und Arthrose-Patienten eingesetzt, bei denen eine Therapie mit NSAR oder Opiaten nur die Komplikationsgefahr dramatisch erhöhen würde. Dabei wirkt es nach 4 Wochen sehr gut, die Schmerzen sind dann so gelindert, dass eine moderate Bewegungstherapie für eine weitere Verbesserung sorgen kann. Nach 8 Wochen wird eine Halbierung der Schmerzen auf der 11-stelligen VAS (0–10) erreicht. Nebenwirkungen konnten keine beobachtet werden. Immer wenn neben der Schmerzreduzierung eine Bewegungs- und Funktionsverbesserung angestrebt wird, sollte Flexiseq™ eingesetzt werden. Dies auch bei Patienten, die nur einen Risikofaktor bei Einnahme von NSAR besitzen (Gerinnungshemmer, Ulkus-Anamnese des Magens, Herzerkrankungen, Hypertonie u.v.m.). Damit erweitert Flexiseq™ das Spektrum der nebenwirkungsarmen konservativen Therapie neben Heilund Hilfemitteln bei Arthrose-Patienten.“ Elisabeth Wilhelmi, München
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Orale Antikoagulation: Neue Perspektiven bei VTE und Vorhofflimmern Edoxaban, ein neuer oraler direkter Faktor-Xa-Inhibitor zur einmal täglichen Einnahme hat seine Sicherheit und Wirksamkeit in der Therapie und Sekundärprophylaxe venöser Thromboembolien (VTE) in der Phase-III-Studie HOKUSAI-VTE gezeigt, die mehr als 8.250 Patienten einschloss. In Deutschland wurden die Ergebnisse von HOKUSAI-VTE erstmals auf der Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie und Jahrestagung für Rhythmologie im Rahmen eines Symposiums von Daiichi Sankyo vorgestellt. Vorteile der neuen oralen Antikoagulanzien
Die Entwicklung der neuen oralen Antikoagulanzien (NOACs) hat die orale Antikoagulation erheblich vereinfacht. Professor Christoph Bode, Freiburg i. Br., erinnerte in diesem Zusammenhang an die diversen Limitierungen der oralen Standardtherapie mit Vitamin-KAntagonisten (VKA): VKA haben nur ein enges therapeutisches Fenster, weisen zahlreiche Interaktionen mit Medikamenten und Nahrungsmitteln auf und erfordern ein umfassendes Monitoring. NOACs wurden mit gezieltem Blick auf die komplexen Anforderungen an eine moderne gerinnungshemmende Therapie entwickelt: orale Gabe in fixer Dosierung, kein Gerinnungsmonitoring und kaum Wechselwirkungspotenzial mit Medikamenten und Nahrungsmitteln. Bode stellte das Entwicklungsprogramm des oralen direkten Faktor-Xa-Inhibitors Edoxaban vor, einem NOAC zur © VERLAG PERFUSION GMBH
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einmal täglichen Gabe in fixer Dosierung. In der Indikation Therapie und Sekundärprophylaxe venöser VTE liegen nun die Ergebnisse der nach dem japanischen Künstler Hokusai benannten Phase-IIIStudie HOKUSAI-VTE vor. Ergebnisse von HOKUSAI-VTE
HOKUSAI-VTE schloss 8.292 Patienten aus 37 Ländern ein. Verglichen wurden Edoxaban (60 mg einmal täglich) und der VKA Warfarin (Ziel-INR 2–3) bei Patienten mit akuter, symptomatischer tiefer Venenthrombose (TVT) und/oder Lungenembolie (LE). Das Studienprotokoll erlaubte eine Dosisreduktion auf 30 mg Edoxaban bei Patienten, deren Reaktion auf orale Antikoagulation aufgrund klinischer Prädisposition (Niereninsuffizienz, Körpergewicht ≤60 kg oder Komedikation mit P-Glykoprotein-Inhibitoren) häufig beeinträchtigt ist. Das therapeutische Vorgehen entsprach der Behandlung im klinischen Alltag: Die Studienteilnehmer wurden standardmäßig initial mit Heparin behandelt und die Dauer der anschließenden oralen Antikoagulation erfolgte entsprechend dem klinischen Bild mit einer flexiblen Behandlungsdauer von 3–12 Monaten (Abb. 1). Die Inzidenz rezidivierender symptomatischer VTE betrug 3,2 % unter Edoxaban versus 3,5 % unter dem VKA (Hazard Ratio [HR]: 0,89; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,70–1,13; p<0,001 für Nicht-Unterlegenheit). Damit erreichte die Studie ihren primären Wirksamkeitsendpunkt, den Nachweis der Nicht-Unterlegenheit von Edoxaban im Vergleich zu VKA. Dies galt sowohl für Patienten mit TVT (n=4.921; 3,4 % vs. 3,3 %; HR:
N=8,292 439 sites in 37 countries
Edoxaban 60 mg (30 mg)* Sham INR
Objectively confirmed VTE Stratified randomization: • DVT / PE • Dose of edoxaban • Risk factors
R INR
All patients followed for 12-month regardless of treatment duration
Warfarin (INR 2.0–3.0) Day 1-5
Day 6-12†
Edoxaban Placebo Edoxaban Warfarin Placebo Warfarin Low-molecular-weight heparin / UFH
3 mo
12 mo
*D ose was halved to 30 mg in patients percieved to be at higher risk for bleeding due to potential overanticoagulation by predefined criteria † During day 6-12 edoxaban or placebe edoxaban was started once heparin was stopped
Abbildung 1: Mit einer flexiblen Behandlungsdauer von 3–12 Monaten, inklusive initialer Heparin-Behandlung, und dem Einschluss von Patienten mit einem breiten Spektrum an VTERisikofaktoren, einschließlich schwerer LE, orientiert sich das Studiendesign der Phase-IIIStudie HOKUSAI-VTE am klinischen Alltag.
1,02; 95%-KI: 0,75–1,38) als auch für LE-Patienten (n=3.319; 2,8 vs. 3,9 %; HR: 0,73; 95%-KI: 0,50– 1,06). Im Hinblick auf den primären Sicherheitsendpunkt – die Rate klinisch relevanter Blutungen – war Edoxaban der Vergleichstherapie überlegen (8,5 % vs. 10,3 %; HR: 0,81; 95%-KI: 0,71–0,94; p=0,004 für Überlegenheit). Einblicke in die aktuelle Therapie von Vorhofflimmern: PREFER in AF
Nach den Worten von Professor Harald Darius, Berlin, stellt die Schlaganfallprophylaxe bei nicht valvulärem Vorhofflimmern die größte Indikation für die orale Antikoagulation dar. Die Behandlung mit VKA kann das Schlaganfallrisiko signifikant reduzieren, sofern der INR-Wert langfristig stabil im Zielbereich liegt. Laut Darius kann eine VKA-Therapie dann als gut eingestellt gelten, wenn mindestens 70 % aller INR-Werte im therapeutischen Bereich liegen. Seiner Erfahrung zufolge werden VKA
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vielfach jedoch aufgrund der oben genannten Limitierungen bereits innerhalb des ersten Behandlungsjahres abgesetzt. Obwohl NOACs die orale Antikoagulation erheblich vereinfachen und die Behandlungspersistenz verbessern könnten, erhält der Großteil aller Patienten mit VHF weiterhin VKA. Dies zeigen unter anderem Daten aus dem Register PREFER in AF (PREvention oF thromboembolic events – European Registry in Atrial Fibrillation), in dem 7.243 Patienten mit nicht valvulärem VHF über 12 Monate beobachtet wurden. Von den VHFPatienten mit erhöhtem Schlaganfallrisiko (CHA2DS2-VASc-Score von mindestens 2) erhielten 66,3 % eine VKA-Monotherapie, 9,9 % einen VKA plus einen Thrombozytenfunktionshemmer und lediglich 6,1 % der Patienten ein NOAC. 11,2 % der VHF-Patienten bekamen ausschließlich einen Plättchenhemmer und 6,5 % überhaupt keine antithrombotische Therapie. Elisabeth Wilhelmi, München © VERLAG PERFUSION GMBH
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Schmerztherapie als essenzieller Bestandteil der multimodalen Krebsbehandlung Eine adäquate Versorgung von Krebspatienten geht weit über eine alleinige Tumortherapie hinaus. Gerade in fortgeschrittenen Krankheitsstadien gewinnt eine suffiziente Behandlung der Schmerzen – einschließlich der tumorbedingten Durchbruchschmerzen (tDBS) – an Bedeutung. Aufgrund ihres meist unberechenbaren Auftretens, der erheblichen Intensität und der kurzen Dauer erweist sich das Management von tDBS im klinischen Alltag als Herausforderung. Wie es gelingen kann, diese Schmerzspitzen, die trotz einer optimal eingestellten Behandlung der chronischen Tumorschmerzen auftreten, korrekt zu diagnostizieren und erfolgreich zu behandeln, erläuterten erfahrene Schmerzspezialisten auf einem Symposium im Rahmen des Deutschen Schmerzkongresses in Hamburg. Der Schlüssel für eine erfolgreiche Behandlung von tDBS ist der Einsatz extraschnell wirksamer Opioidanalgetika, so genannter „Rapid Onset Opioids“ (ROOs) wie Fentanyl-Buccaltabletten (Effentora®), die von den Patienten bei den ersten Anzeichen einer Durchbruchschmerz-Attacke einfach und unkompliziert angewendet werden können. Individuelle schmerzbedingte Beeinträchtigungen erfassen
Jeden Tag leiden in Deutschland ca. 220.000 Patienten mit Tumorerkrankungen an therapiebedürftigen Schmerzen, die in 90 % der Fälle mit den verfügbaren Therapieoptionen gut beherrscht werden könnten. Dennoch gibt es immer noch
Defizite in der Tumorschmerztherapie. Wie Professor Winfried Meißner, Jena, erläuterte, entstehen neue schmerztherapeutische Herausforderungen auch durch längere Behandlungs- und Überlebenszeiten. Da Schmerzen für die Patienten einen zentralen Stellenwert haben und mit Einbußen an Lebensqualität, mit Angst und Autonomieverlust assoziiert sind, ist eine sorgfältige Diagnose und Erfassung von Tumorschmerzen erforderlich. Meißner wies darauf hin, dass Schmerzqualität (neuropathisch, nozizeptiv), -intensität und das Zeitprofil der Schmerzen erfasst werden sollen. Der zeitliche Verlauf und der tageszeitliche Rhythmus der Schmerzen können dem Arzt wichtige Hinweise für die differenzialdiagnostische Abklärung und die Auswahl geeigneter Therapieverfahren geben. Am wichtigsten ist jedoch, im Gespräch mit dem Patienten immer wieder zu klären, ob die Balance zwischen erwünschten und eventuellen unerwünschten Wirkungen der Schmerztherapie akzeptabel sei. Die Erfassung individuell relevanter schmerzbedingter Beeinträchtigungen ist dafür in vielen Fällen hilfreicher als die alleinige Frage nach der Schmerzintensität, da sie ein Integral über die verschiedenen Aspekte der schmerzund therapiebedingten Einschränkungen darstellen kann. Tumordurchbruchschmerzen benötigen eine spezifische Therapie
Unzureichend behandelte Tumorschmerzen können den Zustand des Patienten und seine Lebensqualität erheblich verschlechtern und auch die verbleibende Lebenszeit verkürzen, gab Dr. Stefan Wirz, Bad
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Honnef, zu bedenken. Selbst wenn die Schmerzen erkannt und differenzialdiagnostisch zugeordnet sind, ist ihre Behandlung oftmals eine Herausforderung. Therapieziel ist die Reduktion der Schmerzen auf ein für den Patienten individuell erträgliches Maß. Während chronische Tumorschmerzen mit lang wirksamen Stufe-III-Analge tika gut behandelt werden können, sind diese Medikamente bei tumorbedingten Durchbruchschmerzen nicht geeignet. Gerade im Management von tDBS gibt es in der Routineversorgung noch erhebliche Defizite, so Wirz. Diese Schmerzattacken treffen den Patienten trotz gut eingestellter Basisanalgesie ohne jegliche Vorwarnung, erreichen innerhalb von 3–5 Minuten ihre maximale Intensität und klingen dann schnell wieder ab. Beim Einsatz konventioneller nicht retardierter Opioide (Short Acting Opiods, SAOs) kommt der analgetische Effekt laut Wirz zu spät. Dennoch werden in Deutschland 85 % aller diagnostizierten tDBS mit SAOs behandelt. Um eine schnelle und adäquate Schmerzlinderung zu erreichen, sollte das pharmakokinetische Profil eines geeigneten Analgetikums mit dem Zeitverlauf einer typischen tDBSEpisode übereinstimmen. Diese Anforderungen werden von den Fentanyl-Buccaltabletten (Effentora®) erfüllt, einem „Rapid Onset Opioid“ (ROO) in innovativer extraschnell wirksamen Galenik. In klinischen Studien trat bereits 10 Minuten nach der Anwendung von Fentanyl-Buccaltabletten eine signifikante Linderung von tDBS ein. Nach den Ausführungen des Schmerztherapeuten ist die indikationsgemäße Anwendung von Fentanyl-Buccaltabletten bei Krebspatienten mit eindeutig diagnostizierten tDBS und gut kontrol© VERLAG PERFUSION GMBH
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liertem Tumordauerschmerz auch im Alltag zuverlässig und sicher. Auch über einen Zeitraum von 12 Monaten zeigten Fentanyl-Buccaltabletten ein anhaltend gutes Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil. Elisabeth Wilhelmi, München
Vitamin-C-Hochdosis infusionen: Sinnvoll bei entzündlichen Prozessen, Infektionen und Tumorerkrankungen Vitamin C übt viele lebenserhaltende Funktionen im Körper aus, das ist bekannt und unbestritten. Weniger bekannt ist allerdings, dass Erkrankungen, die mit entzündlichen Prozessen und einem hierdurch bedingten Vitamin-CMangel einhergehen, durch eine Hochdosis-Vitamin-C-Infusionstherapie auch behandelt bzw. mitbehandelt werden können. Das gilt beispielsweise für rezidivierende Infektionen, Allergien, rheumatoide Arthritis, Arteriosklerose, aber auch für Tumorerkrankungen. „Die Studienlage zur HochdosisVitamin-C-Infusionstherapie mit Pascorbin® 7,5 g ist gut“, erläuterte Dr. Gabriele Weiß, die die Forschung & Entwicklung von Pascoe Naturmedizin leitet, auf einem Presseroundtable. Bereits seit 1961 hat Pascoe eine eigene klinische Forschung und mittlerweile liegen Daten von mehr als 2 Millionen Patienten vor. Ein Drittel aller Forschungsaktivitäten von Pascoe beschäftigt sich mit der Hochdosis-Vitamin-C-Infusion, wobei der Fokus der Forschung auf Allergien, koronarer Herzkrankheit, Tumorerkrankungen und Erkrankungen des Immunsystems liegt.
So konnte beispielsweise in vitro gezeigt werden, dass Pascorbin® 7,5 g zum einen zytotoxische Effekte gegenüber unterschiedlichen Krebszellen aufweist. Zum anderen kann die Wirksamkeit bestimmter Zytostatika wie Docetaxel, Epirubicin oder 5-Fluorouracil verbessert werden. Vitamin C – wichtigstes physiologisches Antioxidans
„Im Gegensatz zu vielen Säugetierarten hat der Mensch aufgrund einer genetischen Veränderung seine Fähigkeit verloren, Vitamin C selbst zu synthetisieren“, erläuterte Frau Professor Karin Kraft, Zentrum für Naturheilkunde, Innere Medizin, Universität Rostock. Demnach muss der Mensch – z.B. im Gegensatz zur Ratte, Maus, Kuh oder Ziege – seinen Vitamin-CBedarf über die Ernährung decken. „Diese Möglichkeit ist jedoch aufgrund eines limitierten Resorptionsvermögens des menschlichen Magen-Darm-Traktes für Vitamin C begrenzt“, so Kraft. Bei höherem Bedarf, wie das beispielsweise bei Infektionen oder chronischen Entzündungen, die einen VitaminC-Mangel verursachen können, der Fall ist, sei deshalb eine Infusionstherapie angezeigt. „Besonders die Nerven- und Immunzellen profitieren davon, weil sie am meisten Vitamin C benötigen.“ Gute Therapieeffekte bei Herpes zoster
Der Herpes zoster, eine Virusinfektion des erwachsenen Menschen, geht mit typischen Herpesbläschen und starken Schmerzen in bestimmten Hautarealen einher – einer Folge von Reaktionen der Hautnerven auf das Herpesvirus.
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Gleichzeitig ist aber auch das Immunsystem beeinträchtigt, was sich als Müdigkeit und Konzentrationsschwäche äußert. Selbst nach Abheilung der Bläschen können hier im Gegensatz zum Lippenherpes die starken Schmerzen häufig noch sehr lange anhalten (PostZoster-Neuralgien). Kraft zitierte eine multizentrische Beobachtungsstudie, bei der Patienten mit akuten Symptomen des Herpes zoster 2–3-mal pro Woche 7,5 g Vitamin C (Pascorbin®) intravenös erhielten. Nach 2 Wochen hatten die Schmerzen um 64 %, nach weiteren 10 Wochen um 93 % abgenommen. Nur 6,4 % der Patienten klagten über Langzeitschmerzen. Auch Hauterscheinungen, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche gingen unter der sehr gut verträglichen Therapie mit Vitamin-CHochdosisinfusionen rasch zurück. Ein weiteres Einsatzgebiet der Vitamin-C-Hochdosistherapie ist die Behandlung von Vitamin-CMangelzuständen bei chronischen Entzündungen wie rheumatoider Arthritis, Allergien (z.B. Heuschnupfen) und Arteriosklerose. Experimentelle Untersuchungen belegen, dass ein Vitamin-C-Mangel und oxidativer Stress bei diesen Erkrankungen am Krankheitsgeschehen beteiligt sind. Hochdosistherapie mit Vitamin C bei Tumorerkrankungen
„Wohl kaum eine Erkrankung löst in Menschen so tiefgreifende Befürchtungen und Ängste aus wie eine Krebserkrankung“, betonte Jürgen Frost, Facharzt für Gynäkologie und Frauenheilkunde aus Solingen. „Das Erleben der eigenen Machtlosigkeit angesichts der realen Bedrohung nimmt den Betroffenen oft ihre Lebensorien© VERLAG PERFUSION GMBH
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tierung. Hilflosigkeit, chronisches Müdigkeitssyndrom und zum Teil lang andauernde Arbeitsunfähigkeit bis hin zur sozialen Isolierung sind die Folgen.“ Selbst in den Fällen, in denen eine Heilung nicht mehr möglich sein sollte, kann man in der verbleibenden Lebenszeit vielfältige positive Unterstützungen anbieten. Hierbei spielt die Infusionstherapie mit Vitamin C eine große Rolle. Sie kann beispielsweise ergänzend zu einer Chemotherapie oder im Nachgang eingesetzt werden. „Studien, in denen Vitamin C in vitro verwendet wurde, konnten zeigen, dass Vitamin C hochdosiert selektiv toxisch gegen Tumorzellen wirkt, das heißt Tumorzellen vernichtet“, berichtete Frost und ergänzte: „Außerdem zeigen neueste in vitro durchgeführte Studien, dass Vitamin C Chemotherapeutika unterstützen kann. In der Praxis könnte dies z.B. bedeuten, dass Chemotherapeutika niedriger dosiert eingesetzt werden könnten, und dementsprechend würden auch die Nebenwirkungen geringer ausfallen. Dieser Zusammenhang wird in weiteren Studien erforscht.“ Fabian Sandner, Nürnberg
Opioidtherapie: Praxiserfahrungen bestätigen Vorteile von Targin® Neben einer starken Analgesie ist eine gute Verträglichkeit entscheidend für den Therapieerfolg einer Opioidtherapie. Massive Nebenwirkungen können unter Umständen sogar zum Therapieabbruch führen oder eine Opioid-Rotation erfordern. Darauf verwiesen Experten am Rande des Deutschen
Schmerzkongresses in Hamburg. Wie wichtig Ärzten ein gutes Nebenwirkungsprofil bei Opioiden ist, steht im Mittelpunkt der bundesweiten Querschnittbefragung „Crossecco“ der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie e. V. (DGS). Korrelationsanalysen zeigen, dass sich eine Schmerztherapie mit der Fixkombination aus retardiertem Oxycodon und retardiertem Naloxon (Targin®) im Vergleich zu anderen Opioiden als vorteilhaft – vor allem hinsichtlich Obstipation, Müdigkeit, Leistungsabfall und neurologischen bzw. psychischen Störungen – erwiesen hat. Ärzte schätzen gute Verträglichkeit von Oxycodon/Naloxon
Patienten mit chronischen Schmerzen ermöglicht eine Schmerztherapie mit starken Opioiden meist einen deutlichen Zugewinn an Lebensqualität. „Neben der Schmerzlinderung ist die Verträglichkeit der Behandlung für den Therapiererfolg entscheidend“, erklärte PD Dr. Michael Überall, Präsident der Deutschen Schmerzliga e. V., Vizepräsident der DGS und Medizinischer Direktor des Institutes für Neurowissenschaften, Algesiologie und Pädiatrie (IFNAP) und Leiter des Instituts für Qualitätssicherung in Schmerztherapie und Palliativmedizin (IQUISP), Nürnberg. „Ist diese nicht gewährleistet, kann das eine Opioid-Rotation erfordern oder sogar zum Therapieabbruch führen“. Aus diesem Grund ist die Verträglichkeit für Ärzte ein entscheidender Faktor bei der Opioidtherapie. Das ist das Ergebnis der bundesweiten Querschnittbefragung der DGS „Crossecco“ zum Einsatz von starken Opioiden bei chroni-
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schen Schmerzen. Aus Sicht der 4283 befragten Ärzte tritt Obstipation (49,1 %) unter Opioidtherapie am häufigsten auf, gefolgt von Müdigkeit (26,6 %), Leistungsabfall (17,8 %) und neurologischen bzw. psychischen Störungen (15,7 bzw. 13,3 %). Die größten Unterschiede zwischen den Opioiden ergaben sich bei den unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Korrelationsanalysen belegen, dass beim Einsatz der Fixkombination aus retardiertem Oxycodon und retardiertem Naloxon (Targin®) deutlich seltener eine Obstipation festzustellen ist als unter Morphinoder Oxycodon-Therapie. Die gleichen Unterschiede zeigen sich hinsichtlich Müdigkeit, Leistungsabfall und neurologischen bzw. psychischen Störungen. Darüber hinaus ergaben Korrelationsanalysen, dass sich die Fixkombination auch bezüglich der Anzahl nebenwirkungsbedingter Arbeitsunfähigkeitstage sowie der Häufigkeit entsprechender Krankschreibungen gegenüber Morphin und Oxycodon als überlegen darstellte. „Unsere Befragung verdeutlicht, dass Ärzte Oxycodon/Naloxon aufgrund der starken Wirksamkeit und besonders guten Verträglichkeit einen beträchtlichen Zusatznutzen gegenüber Morphin und Oxycodon attestieren“, so Überall. Einen weiteren Nachteil einer Therapie mit Morphin zeigt eine schwedische Registerstudie mit über 50.000 Nicht-TumorschmerzPatienten. Demnach haben Patienten, die direkt auf retardiertes Morphin eingestellt werden, ein um 19 % höheres Umstellungsrisiko als Patienten unter retardiertem Oxycodon als Erstbehandlung. „Diese Studie ist ein Beleg dafür, dass Morphin als Goldstandard nicht mehr zeitgemäß ist“, folgerte Überall. © VERLAG PERFUSION GMBH
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Praxis zeigt: Patienten profitieren von effektiver Analgesie und guter Verträglichkeit
Dr. Kai Hermanns, Leiter des Schmerzzentrums Berlin-Prenzlauer Berg der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie e. V. und Leiter des Zentrums für integrative Versorgung Rückenschmerz Berlin – IVR, kann die Vorteile einer innovativen Opioidtherapie bestätigen: „Meine Erfahrung ist, dass sowohl Patienten mit Bewe-
gungsschmerzen als auch Patienten mit neuropathischen Schmerzen von Targin® profitieren.“ Entscheidend für den Therapieerfolg sind Wirksamkeit und Verträglichkeit. „Die effektive Analgesie und das gute Nebenwirkungsprofil ermöglichen es, die Patienten körperlich sowie psychisch zu stabilisieren, ihre Leistungsfähigkeit zu steigern und so ihre Lebensqualität deutlich zu verbessern“, so Hermanns. Klinische Daten einer Metaanalyse untermauern diese Praxiserfahrung. Sie zeigen bereits in der ers-
ten Therapiewoche unter Targin® eine signifikante Verbesserung der Darmfunktion und belegen so die starke Wirksamkeit und gute Verträglichkeit der Fixkombination. Fabian Sandner, Nürnberg
Quelle: Pressekonferenz „Opioid ist nicht gleich Opioid: Targin® überzeugt durch starke Wirksamkeit und gute Verträglichkeit“ am 24. Oktober 2013 im Rahmen des Deutschen Schmerzkongresses in Hamburg
Titelbild: Das Lotus™-Klappensystem für den Transkatheter-Aortenklappenersatz (TAVI) lässt sich präzise positionieren und ermöglich dadurch dem Arzt eine optimale Kontrolle (© Boston Scientific). Herausgeber: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, FBK Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Univ.-Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Leiter Bereich Kardiologie RZP Potsdam und Geschäftsführer BBGK e.V. Berlin Konstanzer Straße 61 10707 Berlin Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. M. Alexander, Infektiologie, Berlin Prof. Dr. L. Beck, Gynäkologie, Düsseldorf Prof. Dr. Berndt, Innere Medizin, Berlin Prof. Dr. H.-K. Breddin, Innere Medizin, Frankfurt/Main Prof. Dr. K. M. Einhäupl, Neurologie, Berlin Prof. Dr. E. Erdmann, Kardiologie, Köln Prof. Dr. Dr. med. E. Ernst, University of Exeter, UK Prof. Dr. K. Falke, Anästhesiologie, Berlin Prof. Dr. K. Federlin, Innere Medizin, Gießen Prof. Dr. E. Gerlach, Physiologie, München Prof. Dr. H. Helge, Kinderheilkunde, Berlin Prof. Dr. R. Herrmann, Onkologie, Basel Prof. Dr. W. Jonat, Gynäkologie, Hamburg Prof. Dr. H. Kewitz, Klin. Pharmakol. Berlin Prof. Dr. B. Lemmer, Pharmakologie, Mannheim/Heidelberg
Prof. Dr. med. R. Lorenz, Neurochirurgie, Frankfurt Prof Dr. J. Mann, Nephrologie, München Dr. med. Veselin Mitrovic, Kardiologie, Klinische Pharmakologie, Bad Nauheim Prof. Dr. R. Nagel, Urologie, Berlin Prof. Dr. E.-A. Noack, Pharmakologie, Düsseldorf Prof. Dr. P. Ostendorf, Hämatologie, Hamburg Prof. Dr. Th. Philipp, Innere Medizin, Essen Priv.-Doz. Dr. med. B. Richter, Ernährung – Stoffwechsel, Düsseldorf Prof. Dr. H. Rieger, Angiologie, Aachen Prof. Dr. H. Roskamm, Kardiologie, Bad Krozingen Prof. Dr. E. Rüther, Psychiatrie, Göttingen Prof. Dr. med. A. Schrey, Pharmakologie, Düsseldorf Dr. Dr. med. C. Sieger, Gesundheitspolitik u. Gesundheitsökonomie, München Prof. Dr. E. Standl, Innere Medizin, München Prof. Dr. W. T. Ulmer, Pulmologie, Bochum Schriftleitung: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, FBK Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Kirchstraße 8, 08645 Bad Elster Telefon: 037437 557-0 Bibliothek: 037437 2214 [Library] E-Mail DIG: info@d-i-g.org E-Mail persönlich: k.l.resch@d-i-g.org
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Weltweit schon über 80.000 behandelte Patienten Gute Verträglichkeit
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ZYTIGA® mit Prednison oder Prednisolon ist indiziert zur Behandlung des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms bei erwachsenen Männern mit asymptomatischem oder mild symptomatischem Verlauf der Erkrankung nach Versagen der Androgenentzugstherapie, bei denen eine Chemotherapie noch nicht klinisch indiziert ist, sowie zur Behandlung des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms bei erwachsenen Männern, deren Erkrankung während oder nach einer Docetaxel-haltigen Chemotherapie progredient ist.3 1. de Bono JS et al. N Engl J Med 2011;364:1995–2005; 2. Ryan CJ et al. N Engl J Med 2013;368:138–148; 3. Aktuelle ZYTIGA®-Fachinformation. q Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Daher ist es wichtig, jeden Verdacht auf Nebenwirkungen in Verbindung mit diesem Arzneimittel zu melden. ZYTIGA® 250 mg Tabletten. Wirkstoff: Abirateronacetat. Zusammensetz.: Jede Tabl. enth. 250 mg Abirateronacetat. Sonst. Bestandt.: Mikrokristalline Cellulose, Croscarmellose-Natrium, Lactose-Monohydrat, Magnesiumstearat, Povidon (K29/K32), hochdisperses Siliciumdioxid, Natriumdodecylsulfat. Anw.geb.: Zusammen m. Prednison od. Prednisolon; z. Bhdlg. d. metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms b. erwachs. Männern m. asympt. od. mild sympt. Verlauf d. Erkr. nach Versagen d. Androgenentzugsther., b. denen e. Chemother. noch nicht klin. indiz. ist sowie z. Bhdlg. d. metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms b. erwachs. Männern, deren Erkr. währ. od. nach e. Docetaxel-halt. Chemother. progredient ist. Gegenanz.: Überempfindl. gg. Abirateronacetat od. einen d. sonst. Bestandt.; Leberschäden, schwere Leberfunkt. störg. (Child-Pugh-Klasse C); nicht z. Anw. b. Frauen sowie b. Kindern u. Jugendl.. Nebenwirk.: Sehr häufig: Harnwegsinfekt., Hypokaliämie, Hypertonie, Diarrhö, periph. Ödeme; häufig: Hypertriglyceridämie, Herzinsuff. (auch kongest. Herzinsuff., linksventrik. Dysfunkt. u. vermind. Ejektionsfraktion), Angina pect., Arrhythmie, Vorhofflimmern, Tachykardie, Dyspepsie, erhöhte Alaninaminotransferase, erhöhte Aspartataminotransferase, Hautausschlag, Hämaturie, Frakturen (alle m. Ausn. d. patholog. Frakturen); gelegentlich: Nebenniereninsuff., Myopathie, Rhabdomyolyse. Warnhinw.: Frauen, die schwanger sind od. sein könnten, sollen ZYTIGA® nicht ohne Handschuhe handhaben; b. Geschlechtsverkehr m. einer Schwangeren ist ein Kondom erforderl.; b. Geschlechtsverkehr m. einer Frau im gebärfähigen Alter ist ein Kondom u. gleichz. eine and. zuverlässige Verhütungsmethode erforderl.; bes. Vors. b. Pat. m. hohem Blutdruck, Herzschwäche, niedrigem Blutkaliumspiegel, and. Herzprobl. od. Probl. m. Blutgefäßen i. d. Anamnese, b. Pat. m. hohem Blutzucker, b. Pat. m. mäßiger Leberfunkt.störg., b. Pat. m. schwerer Nierenfunkt.störg., beim Absetzen v. Prednison od. Prednisolon; ZYTIGA® darf nicht zusammen m. Nahrungsmitteln eingenommen werden (mind. 2 Std. vor Einn. d. Tabl. u. mind. 1 Std. nach Einn. d. Tabl. soll keine Nahrungsaufnahme erfolgen); ZYTIGA® in Kombin. m. Prednison od. Prednisolon kann d. Vermind. d. Knochendichte verstärken; b. Pat., d. zuvor wg. e. Prostatakarzinoms m. Ketoconazol bhdlt. wurde, könnten gering. Response-Raten auftreten. ZYTIGA® kann zu e. Abnahme d. roten Blutzellen u. einer Vermind. d. Geschlechtstriebs führen. Vors. b. Pat., d. gleichz. m. Arzneim. bhdlt. werden, die m. d. Entstehung v. Myopathie/Rhabdomyolyse assoziiert sind. Vors. b. gleichz. Anw. v. Arzneim., d. durch CYP2D6 aktiviert od. metabolisiert werden; starke CYP3A4 Induktoren sollen währ. d. Bhdlg. m. ZYTIGA® vermieden werden, es sei denn, es gibt keine therapeut. Alternative; siehe im Übrigen ausführl. Warn- u. Wechselwirkungshinw. gem. Fachinfo. Verschreibungspflichtig. Pharmazeut. Unternehmer: Janssen-Cilag International NV, B-2340 Beerse, Belgien. Stand d. Inform.: 07/2013.
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