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Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen in Klinik und Praxis Jahrgang 34, Heft 1 Februar 2021

VERLAG

PERFUSION Offizielles Organ der Deutschen Gesellschaft für Arterioskleroseforschung Current Contents/ Clinical Medicine

ÜBERSICHTSARBEIT Autonomes und personalisiertes Typ-1-DiabetesManagement mit dem Hybrid-Closed-Loop-System DBLG1® FOREN Forum Lipidsenker: • I nclisiran – ein innovativer über RNA-Interferenz wirkender Cholesterinsenker • H eterozygote familiäre Hypercholesterinämie: Evolocumab senkt LDL-Cholesterin auch bei Kindern signifikant Forum cardiologicum: • M yosin-Aktivator Omecamtiv-Mecarbil verbessert linksventrikuläre Funktion bei Herzinsuffizienz-Patienten • S GLT-2-Inhibitor Dapagliflozin – eine neue Therapieoption zur Behandlung der Herzinsuffizienz Forum diabeticum: Testosterontherapie kann bei Prädiabetikern die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes verhindern Forum Hämophilie: Susoctocog alfa – der erste rekombinante porcine Faktor VIII für die Blutstillung bei erworbener Hämophilie A Forum Eisenmangel: AFFIRM-AHF: Erste Studie mit harten Endpunkten zeigt die Relevanz der Eisentherapie bei Herzinsuffizienz Forum antithromboticum: • A CS und PCT: Sofortige, vollständige und reversible Plättchenhemmung mit Cangrelor • R ivaroxaban jetzt auch zur Behandlung und Rezidivpro­ phylaxe von VTE bei Kindern und Jugendlichen zugelassen • T hrombolyse nach Schlaganfall: Einsatz des Dabigatranspezifischen Antidots Idarucizumab • A pixaban – eine gute orale Alternative zur Antikoagulation bei tumorassoziierten VTE REDAKTIONELLER TEIL Mitteilungen, Kongressberichte

ISSN 0935-0020


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PRALUENT® ist angezeigt bei Erwachsenen mit bestehender atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos durch Verringerung der LDL-C-Werte zusätzlich zur Korrektur anderer Risikofaktoren. * Subkutane Injektion 300 mg alle vier Wochen (monatlich). Praluent® 75 mg Injektionslösung in einem Fertigpen · Praluent® 150 mg Injektionslösung in einem Fertigpen · Praluent® 75 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze · Praluent® 150 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze · Praluent® 300 mg Injektionslösung in einem Fertigpen Wirkstoff: Alirocumab. Zusammens.: Arzneil. wirks. Bestandt.: Fertigpen/-spritze mit 75/150 mg Alirocumab in 1 ml Lösung; Fertigpen mit 300 mg Alirocumab in 2 ml Lösung. Sonst. Bestandt.: Histidin, Saccharose, Polysorbat 20, H2O f. Injektionszw. Anw.-geb.: Primäre Hypercholesterinämie u. gemischte Dyslipidämie: Begleitend zu einer Diät b. primärer Hypercholesterinämie o. gemischt. Dyslipidämie in Komb. m. Statin od. Statin u. ander. lipidsenk. Therapien b. Pat., die m. Statinther. LDL-C-Zielwerte nicht erreich. od. als Monotherap. od. in Komb. m. lipidsenk. Therapien b. Pat mit Statin-Unverträgl. od. bei Statin-Kontraindik. Bestehende atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung: Bei Erw. mit bestehender atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrank. zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos durch Verringerung der LDL-C-Werte zusätzlich zur Korrektur anderer Risikofakt.: in Komb. m. einer max. verträgl. Statin-Therapie mit od. ohne ander. lipidsenk. Therapieprinzipien od. als Monotherap. od. in Komb. mit ander. lipidsenk. Therapieprinzipien bei Pat. mit einer Statin-Unverträgl. od. wenn Statine kontraindiziert sind. Gegenanz.: Überempf. geg. Wirkstoff od. sonst. Bestandt. Nebenw.: Immunsyst.: Selten: Überempf. Hypersensibilitätsvaskulitis. Atemw./Brust/Mediast.: Häufig: klin. Zeichen u. Sympt. i. Bereich d. oberen Atemwege. Haut/Unterhautzellgew.: Häufig: Pruritus; selten: Urtikaria, nummul. Ekzem.; nicht bek.: Angioödem Allgem./Beschw. a. Verabreichungsort: Häufig: Reakt. a. d. Injektionsstelle; nicht bek.: grippeähnl. Erkr. Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: sanofi-aventis groupe, 54, rue La Boétie, 75008 Paris, Frankreich. Örtlicher Vertreter d. Zulassungsinhabers: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, D-65926 Frankfurt am Main. Stand: Dezember 2020


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EDITORIAL

Glaubensbekenntnisse In den fast 30 Jahren, in denen ich nunmehr die Alternativmedizin beforsche, hat mich persönlich ein Umstand ganz besonders beeindruckt. Ich meine die Tatsache, dass fast jeder dazu eine Meinung hat oder sich gar als Experte fühlt. Vor meiner Arbeit in der Alternativmedizin habe ich lange Jahre über die Fließeigenschaften des Blutes geforscht, und wenn mich damals jemand zu meiner Arbeit befragte und ich ihm erklärte, dass ich mich mit der Hämorheologie beschäftige, kam meist nur ein Achselzucken. Wenn ich heute jemandem sage, dass ich die Alternativmedizin beforsche, kommt regelmäßig ein langer Monolog, in dem man mich belehrt, was da wirklich Sache ist. Beispielsweise erinnere ich mich an unzählige Gespräche, in denen ich gefragt wurde, was ich denn von dieser oder jener Form der Alternativmedizin halte. Auf solche Fragen antworte ich meist, dass meine Meinung hierzu bedeutungslos ist, dass aber die Datenlage wichtig sei. Wenn die sodann von mir berichtete Evidenz nicht mit den Vorstellungen

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Prof. Dr. med. E. Ernst, Exeter, U.K.

des Fragenden übereinstimmt, erhalte ich oft eine lange Belehrung darüber, warum die Evidenz hier nicht zutrifft. Nicht selten folgen dann ein Exkurs über die Forschungsmethodik und eine Erläuterung darüber, was wir Wissenschaftler da alles falsch machen. Das hat durchaus seine humorvolle Seite, aber es zeigt mir auch, wie viele Menschen ein reges Interesse an der Alternativmedizin haben und wie viele meinen, darüber bestens Bescheid zu wissen. Häufig münden solche Gespräche dann in einer Art Glaubensbekenntnis: „Aber ich glaube einfach ganz fest an die Homöopathie“ (oder eine andere Form der Alternativmedizin). Ich habe mein Leben lang noch niemanden kennengelernt, der etwas Vergleichbares über eine konventionelle Therapie gesagt hätte. „Ich glaube ganz fest an Lipidsenker“ oder „ich glaube an die Appendektomie“ sind keine Bekenntnisse, die ich jemals gehört hätte. Einerseits finde ich derartige Glaubensbekenntnisse zur Alternativmedizin in gewisser Weise

rührend. Andererseits sind sie aber auch ein wenig besorgniserregend. Denn sie implizieren, dass wir uns hier auf einem Feld bewegen, auf dem die Rationalität ihre Bedeutung verloren hat und auf dem Emotionen dominieren. Wenn das tatsächlich so ist, dann stellt sich für mich die Frage, ob es sich bei der Alternativmedizin überhaupt um Medizin handelt, oder ob hier nicht vielmehr Dinge im Spiel sind, die mit Medizin nichts mehr zu tun haben. Edzard Ernst, Emeritus Professor, University of Exeter

Dieser Artikel ist eine kleine Kostprobe aus meinem Buch „Alternativmedizin – was hilft, was schadet: Die 20 besten, die 20 bedenklichsten Methoden“. GU Reader Körper, Geist & Seele, erschienen als Taschenbuch am 2. Februar 2021

© Verlag PERFUSION GmbH


Heft 1 Februar 2021

10, 12 Forum Lipidsenker 13, 15, Forum 16 cardiologicum 18 Forum diabeticum 20 Forum Hämophilie 22 Forum Eisenmangel 23, 25, Forum 26,28 antithromboticum 9, 11, Mitteilungen 14 28 Kongressberichte

10, 12 Forum lipid lowering drugs 13, 15, Forum 16 cardiologicum 18 Forum diabeticum 20 Forum hemophilia 22 Forum iron deficiency 23, 25, Forum 26, 28 antithromboticum 9, 11, Informations 14 28 Congress reports

Offizielles Organ der Deutschen Gesellschaft für Arterioskleroseforschung Current Contents/Clinical Medicine

INHALT EDITORIAL 1 Glaubensbekenntnisse E. Ernst ÜBERSICHTSARBEIT 4 Autonomes und personalisiertes Typ-1-Diabetes-Management mit dem Hybrid-Closed-Loop-System DBLG1® C. Krey

CONTENTS EDITORIAL 1 Creeds E. Ernst REVIEW 4 Automated and individualized management of type 1 diabetes with the hybrid closed-loop-system DBLG1® C. Krey


Die Behandlung des Eisenmangels* kann das Herzinsuffizienz-Management entscheidend verändern

AFFIRM-AHF Neue Studie (1)

Veltassa® – langfristige Kaliumkontrolle** (3)

* ferinject® ist zugelassen zur Behandlung von Eisenmangelzuständen, wenn orale Eisenpräparate unwirksam sind, nicht angewendet werden können oder die medizinische Notwendigkeit einer raschen Eisengabe besteht. Die Diagnose eines Eisenmangels muss durch geeignete Laboruntersuchungen bestätigt sein.(2) ** Veltassa® ist zugelassen für die Behandlung einer Hyperkaliämie bei Erwachsenen.(4)

FERINJECT® 50 mg Eisen/ml. Wirkstoff: Eisencarboxymaltose. Zusammensetzung: 1 ml Lösung enthält 50 mg elementares, dreiwertiges Eisen als Eisencarboxymaltose; sonstige(r) Bestandteil(e) mit bekannter Wirkung: Natriumhydroxid und Salzsäure (zur Einstellung des pH-Werts), Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Behandlung von Eisenmangelzuständen, wenn orale Eisenpräparate unwirksam sind, nicht angewendet werden können oder die medizinische Notwendigkeit einer raschen Eisengabe besteht. Die Diagnose eines Eisenmangels muss durch geeignete Laboruntersuchungen bestätigt sein. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, gegen Ferinject® 50 mg Eisen/ml oder einen der sonstigen Bestandteile, schwere bekannte Überempfindlichkeit gegen andere parenterale Eisenpräparate, nicht durch Eisenmangel bedingte Anämie, Anhaltspunkte für eine Eisenüberladung oder Eisenverwertungsstörungen. Nebenwirkungen: Häufig: Hypophosphatämie, Kopfschmerzen, Schwindel, Flush, Hypertonie, Übelkeit, Reaktionen an der Injektions-/Infusionsstelle. Gelegentlich: Überempfindlichkeit, Parästhesie, Dysgeusie, Tachykardie, Hypotonie, Dyspnoe, Erbrechen, Dyspepsie, Abdominalschmerz, Verstopfung, Diarrhoe, Pruritus, Urtikaria, Erythem, Ausschlag, Myalgie, Rückenschmerzen, Arthralgie, Schmerz in einer Extremität, Muskelspasmen, Fieber, Müdigkeit, Schmerzen im Brustkorb, peripheres Ödem, Schüttelfrost, vorübergehender Abfall der Serumphosphatspiegel, Anstieg der Alanin-Aminotransferase, Anstieg der Aspartat-Aminotransferase, Anstieg der Gamma-Glutamyltransferase, Anstieg der Lactatdehydrogenase im Blut, Anstieg der alkalischen Phosphatase im Blut. Selten: anaphylaktoide/anaphylaktische Reaktionen, Angst, Phlebitis, Synkope, Präsynkope, Bronchospasmen, Flatulenz, Angioödem, Blässe, Unwohlsein, grippeähnliche Symptome (die innerhalb weniger Stunden oder mehrerer Tage einsetzen können). Häufigkeit nicht bekannt: Verlust des Bewusstseins, Kounis-Syndrom, Gesichtsödem, hypophosphatämische Osteomalazie. VERSCHREIBUNGSPFLICHTIG. Pharmazeutischer Unternehmer: Zulassungsinhaber: Vifor France, 100–101 Terrasse Boieldieu, Tour Franklin La Défense 8, 92042 Paris La Défense Cedex, Frankreich; Vertrieb: Vifor Pharma Deutschland GmbH, Baierbrunner Straße 29, 81379 München, Deutschland. Stand: Oktober 2020 VELTASSA® 8,4 g / 16,8 g / 25,2 g Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen. Wirkstoff: Patiromer (als Patiromer Sorbitex Calcium) Zusammensetzung: Jeder Beutel enthält 8,4 g Patiromer (als Patiromer Sorbitex Calcium) Jeder Beutel enthält 16,8 g Patiromer (als Patiromer Sorbitex Calcium) Jeder Beutel enthält 25,2 g Patiromer (als Patiromer Sorbitex Calcium). Sonstige Bestandteile: Xanthangummi. Anwendungsgebiete: Behandlung einer Hyperkaliämie bei Erwachsenen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: Häufig: Hypomagnesiämie, Obstipation, Diarrhö, Abdominalschmerz, Flatulenz. Gelegentlich: Übelkeit, Erbrechen. VERSCHREIBUNGSPFLICHTIG. Fachinformation beachten. Pharmazeutischer Unternehmer: Vifor Fresenius Medical Care Renal Pharma France, 100-101 Terrasse Boieldieu, Tour Franklin La Défense 8, 92042 Paris La Défense Cedex, Frankreich. Stand der Information: Oktober 2020

DE-FCM-2100027

1. Ponikowski P. et al. Ferric carboxymaltose for iron deficiency at discharge after acute heart failure: a multicentre, double-blind, randomised, controlled trial. Lancet 2020;396(10266):1895-1904. Multizentrisch doppelblind, randomisiert, prim. Endpunkt nicht erreicht. 2. Fachinformation ferinject® in der jeweils gültigen Fassung. 3. Bakris GL, et al. JAMA. 2015; 314(2): 151–161. Randomisierte, offene, multizentrische Dosisfindungsstudie. 4. Fachinformation Veltassa® in der jeweils gültigen Fassung.


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C. Krey: Autonomes und personalisiertes Typ-1-Diabetes-Management mit dem Hybrid-Closed-Loop-System DBLG1®

ÜBERSICHTSARBEIT

Autonomes und personalisiertes Typ-1-Diabetes-Management mit dem Hybrid-Closed-Loop-System DBLG1® PERFUSION 2021; 34: 4 – 9

Basierend auf der Expertise in der Medizinforschung, im Technologiedesign und der Algorithmenentwicklung entwickelt Diabeloop integrierte Lösungen für das Diabetesmanagement. Mit seinen technologischen Innovationen möchte das französische Unternehmen die glykämische Kontrolle von Patienten mit Typ-1-Diabetes signifikant verbessern. Mit den CE-gekennzeichneten Lösungen DBLG1® und DBL-hu markiert Diabeloop wichtige Meilensteine für die neue Generation der Typ-1-Therapie. DBLG1® System Als integriertes und personalisiertes Hybrid-Closed-Loop-System reproduziert das CE-zertifizierte DBLG1® die Funktion der Bauchspeicheldrüse und ermöglicht eine automatisierte Blutzuckerkontrolle. Das System basiert auf einem selbstlernenden Algorithmus, der auf einem geschützten Handset gehostet und per BluetoothTechnologie mit einem kontinuierlichen Glukosemonitor (CGM) und einer Patch-Insulinpumpe verbunden ist (Abb. 1). In Echtzeit analysiert der von Diabeloop entwickelte Algorithmus die Glukosewerte des Patienten und berechnet unter Berücksichtigung der Physiologie, des Verlaufs und der Dateneingabe zu Mahlzeiten und körperlicher Aktivität automatisch die korrekte Insulindosis, die dann über die Insulinpumpe abgegeben wird. Perfusion 1/2021

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Christian Krey, Diabeloop GmbH, Siegen Zusammenfassung Die Applikation von Insulin bei Typ-1-Diabetes ist ein „Vollzeitjob“, denn der Insulinbedarf ändert sich ständig – abhängig von Ernährung, körperlicher Aktivität, Gesundheitszustand, Stress und vielen anderen Einflüssen. Immer auf Normoglykämie zu achten und selbst therapeutische Entscheidungen zu treffen, um Hypo- und Hyper­glyk­ämien mit ihren Folgen zu vermeiden, ist für die Betroffenen eine extreme Belastung. Mit DBLG1®, einem Hybrid-Closed-Loop-System, hat das französische Unternehmen Diabeloop eine neue Generation von einfach zu bedienenden Geräten zum individualisierten und automatisierten Management des Typ-1-Diabetes entwickelt. Dank eines selbstlernenden Algorithmus, der die Messdaten aus dem kontinuierlichen Glukosemonitoring (CGM) unter Berücksichtigung der Anamnese, der Physiologie und der Dateneingabe des Patienten in Echtzeit analysiert, erfolgt die automatische Insulinabgabe aus der angeschlossenen Pumpe immer adaptiert an die jeweilige Situation. Dem Patienten ermöglicht diese personalisierte, autonome Lösung ein optimales, sicheres Management seines Diabetes. Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit von DBLG1® belegen eine verbesserte Blutzuckerkontrolle und ein reduziertes Risiko von Hypoglyk­ ämien, auch bei körperlicher Aktivität. Derzeit laufen Studien zum DBLG1®, um die Indikation des Hybrid-Closed-Loop-Systems auf Kinder und Jugendliche auszuweiten. Darüber hinaus hat Diabeloop mit DBL-hu außerdem eine spezielle Lösung für den hochgradig instabilen Typ-1-Diabetes entwickelt, die eine vielversprechende Alternative für Patienten bietet, die aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung normalerweise für eine Inseltransplantation infrage kämen.

Schlüsselwörter: Diabetes mellitus Typ 1, Insulintherapie, Hybrid-ClosedLoop-System, DBLG1®, kontinuierliches Glukosemonitoring, Insulinpumpe, automatisierte Insulindosierung Summary The application of insulin in type 1 diabetes is a “full-time job” because the need for insulin changes constantly – depending on diet, physical activity, state of health, stress and many other influences. Always paying attention to normoglycaemia and making therapeutic decisions themselves

© Verlag PERFUSION GmbH


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C. Krey: Autonomes und personalisiertes Typ-1-Diabetes-Management mit dem Hybrid-Closed-Loop-System DBLG1®

des Körpergewichts, der InsulinTagesgesamtmenge, der typischen Mahlzeitengröße sowie der Sicherheitsbasalrate notwendig. Die Patienten können dabei jederzeit den Zielglukosebereich, die Hypoglykämie-Grenze, die Aggressivität des Algorithmus für Mahlzeiten, für normoglykämische und hyperglyk­ ämische Situationen anpassen (Abb. 2). Die anpassbaren Parameter und die automatische Optimierung durch maschinelles Lernen ermöglichen eine echte Personalisierung des Diabetes-Managements. Der Patient behält dabei stets die Entscheidungshoheit: Im Zen-Modus kann eine vorübergehende Erhöhung des GlukoseZielbereichs eingestellt werden, um sich besser auf wichtige Ereignisse des täglichen Lebens einzustellen Key words: type 1 diabetes, insulin therapy, hybrid closed-loop system, ® (z.B. Meetings, Prüfungen usw.), und DBLG1 , continuous glucose monitoring, insulin pump, automated insuder Vertraulichkeitsmodus steuert die lin dosing Datenweitergabe. Ein weiterer PatiEin individualisiertes System für das Management von Typ 1 Diabetes entennutzen zeigt sich in der Interoperabilität des DBLG1®. Zukünftig sollen Patienten eine Pumpe ihrer Wahl und ein bevorzugtes CGM auswählen können und sie mit dem Hybrid-Closed-Loop-System von Diabeloop kombinieren, ohne dass die SIMPEL Ergebnisse beeinträchtigt werden. INSULIN Last but not least ermöglicht die DiaPUMPE beloop Webplattform YourLoops die Web plattform zur INDIVIDUALISIERT datenvisualisierung Visualisierung aller vom DBLG1® DBLG1 System aufgezeichneten Daten. Patienten können auf diese Weise den EFFIZIENT Zugriff auf ihre Daten mit den sie KONTINUIERLICHES betreuenden Ärzten, dem mediziniGLUKOSE MONITORING schen Fachpersonal oder Familienmitgliedern teilen.

© 2020 Diabeloop - QA-TEMP-TM-002-Rev2 - 2020-07-16- MK-PRES-002-DE-Rev0 Allgemeine Präsentation

in order to avoid hypoglycaemia and hyperglycaemia and their consequences is an extreme burden for those affected. With DBLG1®, a hybrid closed-loop system, the French company Diabeloop has developed a new generation of easy-to-use devices for the individualized and automated management of type 1 diabetes. Thanks to a self-learning algorithm that analyzes the measurement data from the continuous glucose monitoring (CGM) in real time, taking into account the patient’s medical history, physiology and data input, the automatic insulin delivery from the connected pump is always adapted to the respective situation. This personalized, autonomous solution enables patients to optimally and safely manage their diabetes. Studies on the safety and effectiveness of DBLG1® show improved blood sugar control and a reduced risk of hypoglycaemia, even during physical activity. Studies on DBLG1® are currently underway to extend the indication of the hybrid closed loop system to children and adolescents. Diabeloop has also developed a special solution for the highly unstable type 1 diabetes that offers a promising alternative for patients who would normally be considered for an islet transplant due to the severity of their disease.

Abbildung 1: Die Komponenten des Hybrid-Closed-Loop-Systems DBLG1® (© Diabeloop). Der in das System integrierte Algorithmus kann die Entwicklung des Blutzuckerspiegels der Patienten vorhersagen und signifikante Schwankungen korrigieren, indem er die Abgabe der entsprechenden Insulindosis veranlasst.

Die Glukosemessung erfolgt alle 5 Minuten und wird als gesichertes Bluetooth®-Protokoll an das dedizierte Handset übertragen. Alle Analysewerte und Daten werden dabei verschlüsselt über ein privates MoPerfusion 1/2021

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bilfunknetz gesendet und gemäß der französischen Gesundheitsvorschriften auf HDS-akkreditierten Servern gehostet. Zur Einrichtung des DBLG1® ist im ersten Schritt lediglich die Eingabe

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Studienergebnisse bestätigen den Patientennutzen Die Sicherheit und Effizienz des DBLG1® Systems wurden in der offenen, randomisierten MulticenterStudie SP7 im Vergleich zu einer konventionellen externen Insulinpumpentherapie mit kontinuierlicher © Verlag PERFUSION GmbH


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C. Krey: Autonomes und personalisiertes Typ-1-Diabetes-Management mit dem Hybrid-Closed-Loop-System DBLG1®

gebnisse

Abbildung 2: Individuell anpassbare Parameter im DBLG1® System (© Diabeloop).

Time in range 70-180 mg/dl

% Zeit in Hypoglykämie < 70 mg/dl

70% 60%

Open Loop

Closed Loop

+10% im Zielbereich = + 2h / 24h

4%

2%

Open Loop

Closed Loop

-50% Zeit in Hypoglykämie = - 30 Min / 24h

Abbildung 3: Die Ergebnisse der Validierungsstudie SP7 zeigen, dass das Hybrid-ClosedLoop-System DBLG1® die Blutzuckerkontrolle verbessert und das Risiko von Hypoglyk­ 16 ämien im Vergleich zur sensorgestützten Insulinpumpen-Therapie bei Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes signifikant reduziert [1] (© Diabeloop).

Glukosemessung unter realen Bedingungen untersucht [1]. Eingeschlossen wurden 68 Patienten (Alter ≥18 Jahre), die mindestens 2 Jahre lang einen Typ-1-Diabetes hatten und mindestens 6 Monate mit einer externen Insulinpumpe behandelt worden waren. Ihr HbA1c-Wert lag bei weniger als 10 %. Perfusion 1/2021

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Nach einer 2-wöchigen Run-inPhase wurden die Studienteilnehmer auf 2 Gruppen randomisiert, die 12 Wochen lang entweder eine sensorgestützte Pumpentherapie erhielten oder das Insulin über das HybridClosed-Loop-System von Diabeloop bekamen. Nach einer Auswaschperiode von 8 Wochen wurde die Be-

handlung gemäß dem Cross-overStudiendesign gewechselt. Primärer Endpunkt war der prozentuale Anteil der Zeit, in der die mit dem Sensor gemessene Glukosekonzentration während der 12-wöchigen Behandlung im glykämischen Zielbereich lag (70 – 180 mg/dl). 63 Patienten beendeten die beiden 12-wöchigen Behandlungsperioden und wurden in die Intention-totreat-Analyse eingeschlossen. Die Studienergebnisse zeigen, dass die Zeitspanne, in der sich die Glukosekonzentration im optimalen Zielbereich befand (Time in range), in der DBLG1®-Gruppe mit 68,5  % (SD 9,4) signifikant höher war als in der Gruppe, die mit der sensorgestützten Pumpe und CGM behandelt wurde (59,4 %, SD 10,2). Das bedeutet eine Steigerung der Zeitspanne um 10 % (95%-KI: 6,4 – 11,9; p < 0,0001). Somit lagen die Patienten, die das DBLG1® System nutzten, täglich 2 Stunden mehr im Zielglukosebereich (Abb. 3). Die Ergebnisse für die sekundären Endpunkte der Studie belegen zudem eine Abnahme der Zeitspanne im Hypoglykämiebereich (<70 mg/dl) über 12 Wochen hinweg um 50 %. Dies entspricht mehr als 30 Minuten weniger pro Tag im niedrigen Glukosebereich (Abb. 3). Bei der Auswertung der Sicherheitsdaten konnten keine nachteiligen, schwerwiegenden Stoffwechselaktivitäten identifiziert werden, die in Verbindung mit dem Verhalten des Algorithmus stehen [1]. Autonomes Diabetes-Management auch bei körperlicher Aktivität Da das Risiko einer durch körperliche Aktivität verursachten Hypoglyk­ ämie ein häufiges Problem bei Patienten mit Typ-1-Diabetes darstellt, wurden im Rahmen der SP7-Studie auch die Wirksamkeit und Sicherheit © Verlag PERFUSION GmbH


C. Krey: Autonomes und personalisiertes Typ-1-Diabetes-Management mit dem Hybrid-Closed-Loop-System DBLG1®

des DBLG1® Systems mit und ohne körperliche Aktivität untersucht [1]. Die teilnehmenden Patienten wurden im Rahmen der Studie ermutigt, sich wie gewohnt körperlich zu betätigen, jedoch wurde ihnen empfohlen, das System im Voraus über die anstehenden Ereignisse, die Intensität und Dauer der körperlichen Aktivität zu informieren. Von 68 Patienten (Alter 47,2 ± 13,4 Jahre, HbA1c 7,6 ± 0,9 %, Dauer der Erkrankung 27,9 ± 13,2 Jahre) wurden 63 in die Studie einbezogen. Unter den 63 analysierten Patienten waren 56, die mindestens eine körperliche Aktivität ausübten. Gemessen wurde die Zeit, die die Patienten im glykämischen Zielbereich verbrachten, im Vergleich zu den Tagen, an denen sie eine körperliche Aktivität oder keine körperliche Aktivität ausübten und mit dem DBLG1® System ausgestattet waren. Die Ergebnisse zeigen im Bereich 70 – 180 mg/dl ähnliche Werte bei körperlicher Aktivität (68,2 ± 1,1 %) und ohne körperliche Aktivität (69,1 ± 1,1 %). Ebenso verhielt es sich im Bereich <70  mg/dl tagsüber (2,3 ± 0,2 % vs. 2,4 ± 0,2 %) oder in der Nacht (1,2 ± 0,2 % vs. 1,6 ± 0,2 %). Die Zeit, die in Hypoglykämie verbracht wurde, wurde nicht signifikant durch die Intensität der körperlichen Aktivität (leicht: 1,6 ± 1,8 %, mittel: 2,0 ± 1,4 %, intensiv: 2,2 ± 1,7 %) oder durch die Dauer der körperlichen Aktivität (<30 min: 1,9  %, 30 – 60 min: 2,1 %, 60 – 90 min: 1,9 %, >90 min: 2,0 %) beeinflusst. Die Zeit, die zwischen der Ankündigung und dem Beginn der körperlichen Aktivität verstrich, hatte keinen signifikanten Einfluss auf die in Hypoglykämie verbrachte Zeit (Ankündigung vor ≥60 min: 1,7 ± 0,3 %, vor 30 – 60 min: 2,3 ± 0,3 %, vor <30 min: 2,2 ± 0,3 %, zu Beginn der körperlichen Aktivität: 2,3 ± 0,3 %; p = 0,285). Perfusion 1/2021

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Die Zeit, die über Nacht in Hypoglyk­ ämie verbracht wurde, unterschied sich nicht signifikant nach Tagen mit oder ohne körperliche Aktivität (1,2 ± 0,2 % vs. 1,6 ± 0,2 %). Der mittlere Glukosewert war bei körperlicher Aktivität etwas höher als in der Ruhephase (158,6 ± 1,6 mg/dl vs. 156,3 ± 1,6 mg/dl; p < 0,044) sowie im Vergleich zum durchschnittlichen Variationskoeffizienten (32 ± 0,5 % vs. 30,9 ± 0,5 %; p = 0,019). Die tägliche Menge an Insulin, die durch das System genutzt wurde, reduzierte sich bei körperlicher Aktivität (31,5 ± 1,4u vs. 34 ± 1,4u; p < 0,001). Insgesamt lässt sich festhalten, dass das DBLG1® System, das Tag und Nacht eine durchgängig gleichmäßige Datenarchivierung ermöglicht, eine gute Blutzuckerkontrolle bietet, unabhängig davon, ob die Patienten körperlich aktiv sind oder nicht. Bei Verwendung dieses Systems wirkten sich die Dauer, die Intensität sowie die Ankündigungen von Ereignissen bei körperlicher Aktivität nur geringfügig auf die Ergebnisse der Studie aus [1]. Bessere glykämische Kontrolle mit DBLG1® in herausfordernden Alltagssituationen: Abendessen außer Haus und anhaltende körperliche Betätigung Die Daten der Diabeloop SP6.2Studie unterstützen zum einen die Ergebnisse in Bezug auf körperliche Aktivitäten und belegen zum anderen auch die Vorteile des DBLG1® Systems beim Essen außer Haus [2]. 38 erwachsene Patienten mit Typ1-Diabetes wurden in die dreiarmige, randomisierte Pilotstudie eingeschlossen, in der die Glukosekontrolle mit einem Closed-LoopSystem (CL) mit der Verwendung eines Open-Loop-Geräts (OL) während zweier Crossover-Perioden von

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72 Stunden in einer der 3 folgenden Situationen verglichen wurde: • Abendessen im Gasthaus, • anhaltende und wiederholte Episoden von körperlicher Betätigung mit unkontrollierter Nahrungsaufnahme und • Ruhe (Kontrolle). Endpunkte waren die Zeit, die in den Glukosebereichen von 80 – 140 mg/ dl und 70 – 180 mg/dl verbracht wurde, sowie die Zeit in Hypo- und Hyperglykämie. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zeit, die über Nacht im Bereich von 80 – 140 mg/dl verbracht wurde, mit CL länger war als mit OL (Mittelwerte: 63,2 % vs. 40,9 %; p ≤ 0,0001). Auch die Zeit, die tagsüber im Bereich von 70 – 180 mg/dl verbracht wurde, war mit CL länger (79,4 % vs. 64,1 %; p ≤ 0,0001). Teilnehmer, die das CL-System verwendeten, verbrachten weniger Zeit während des Tages mit hyperglykämischen Phasen (Glukose >180 mg /dl) im Vergleich zu denen, die ein OL-System verwendeten (17,9 % vs. 31,9 %; p ≤ 0,0001), und die Zeitspannen, die während des Tages mit hyperglykämischen Phasen verbracht wurden, waren bei den Nutzern des CL-Systems in den Untergruppen „Essen außer Haus“ und „körperliche Aktivität“ ähnlich hoch wie in der Kontrollgruppe (Essen: 18,1 ± 6,3 %, körperliche Aktivität: 17,2 ± 8,1 %, Ruhe: 18,4 ± 12,5 %). Zudem waren die in Hypoglykämie verbrachten Zeiten kurz und unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Gruppen. Signifikante Prelaunch-Ergebnisse In einer weiteren Prelaunch-Studie [3] unter realen Bedingungen zur Analyse der Sicherheit und Wirksamkeit des Hybrid-Closed-LoopSystems von Diabeloop erhielten 25 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 43 (13,8; 25 – 72) Jahren nach © Verlag PERFUSION GmbH


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C. Krey: Autonomes und personalisiertes Typ-1-Diabetes-Management mit dem Hybrid-Closed-Loop-System DBLG1®

einer einwöchigen Einlaufphase mit ihrer gewohnten Pumpe das DBLG1® System. Untersucht wurde sowohl die Zeit im Zielglukosebereich als auch der HbA1c-Wert über 6 Monate. Bei Studienbeginn betrug der mittlere HbA1c-Wert jeweils 7,9 % (0,93; 5,6 – 8,5 %) bzw. 63 mmol/ mol (10; 38 – 69 mmol/mol) und die Time in range 70 – 180 mg/dl betrug 53 % (16,4; 21 – 85 %). Nach 6 Monaten sank der mittlere HbA1c auf 7,1 % bzw. 54 mmol/mol (p < 0,001) und die Time in range 70 – 180 mg/dl stieg auf 69,7 % (p < 0,0001). Die Time in range <70 mg/dl sank von 2,4 auf 1,3 % (p = 0,03) und die Time in range <54 mg/dl nahm von 0,32 auf 0,24 % ab (p = 0,42). Damit bestätigt diese Folgestudie die Fähigkeit des DBLG1® Systems, die glykämische Kontrolle unter realen Bedingungen ohne schwerwiegende unerwünschte Ereignisse signifikant zu verbessern [3]. DBL-hu ermöglicht das Management von hochgradig instabilem Diabetes Bei Patienten mit hochgradig instabilem Diabetes kommt es aus bislang noch nicht verstandenen Gründen zu viel stärkeren Schwankungen zwischen sehr hohen und sehr niedrigen Blutzuckerwerten als bei anderen Menschen mit Typ-1-Diabetes. Für die Betroffenen gibt es bislang nur wenige therapeutische Möglichkeiten, um den Diabetes zu kontrollieren. Die klinischen und metabolischen Folgen sind beträchtlich und es können schwere fortschreitende Komplikationen entstehen, die die Lebensqualität der Patienten stark einschränken. Diabeloop hat für Patienten mit hochgradig instabilem Diabetes sein Hybrid-Closed-Loop-System DBLG1® modifiziert, indem die Einstellungen angepasst wurden, die die Profile Perfusion 1/2021

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Abbildung 4: DBL-hu – die Lösung von Diabeloop zum Management von hochgradig instabilem Diabetes (© Diabeloop).

der Patienten mit instabilerem Stoffwechsel berücksichtigen. Herausgekommen ist die modulare technologische Lösung DBL-hu (Abb. 4), die in einer klinischen Studie mit 7 randomisierten Patienten getestet wurde [4]. Die Ergebnisse sind vielversprechend und führten bereits zur CEKennzeichnung des medizinischen Geräts. Die Verwendung des DBLhu-Systems war mit einer Zunahme der Zeit im idealen Blutzuckerbereich (70 – 180 mg/dl) von 29,8 % in absoluten Zahlen (73,3 % der Zeit gegenüber 43,5 %) verbunden und verbesserte auch die Glukosevariabilität, den Zufriedenheitsscore und die wahrgenommene Häufigkeit von Hypoglykämien. Die Ergebnisse waren von den ersten Tagen an wirksam – ein bedeutender medizinischer Fortschritt für die Patienten. Personalisiertes Typ-1-DiabetesManagement für Kinder und Jugendliche Typ-1-Diabetes betrifft Millionen von Kindern auf der ganzen Welt. Mehr als die Hälfte der Diagnosen erfolgen vor dem 20. Lebensjahr. Daher ist es Diabeloop ein ebenso großes Anliegen, die Lebensqualität

von Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes kurz- und langfristig zu verbessern und gleichzeitig ihre Angehörigen zu entlasten. Parallel zur Markteinführung des DBLG1® Systems sollen in Kürze die Ergebnisse einer klinischen Studie mit 15 teilnehmenden Kindern (Altersgruppe 6 – 12 Jahre) veröffentlicht werden. Eine Studie an Jugendlichen (einschließlich unangekündigter Mahlzeitenfunktionalität) soll mit Unterstützung von EITH im Jahr 2021 beginnen. Die nächsten Schritte Über die Entwicklung effektiver und anpassbarer Lösungen für Patienten mit Typ-1-Diabetes hinaus setzt sich Diabeloop fortwährend für die Entwicklung von Schulungen ein. Vor diesem Hintergrund hat Diabeloop ein Team zusammengestellt, das Ingenieurs- und Ausbildungsfähigkeiten kombiniert, um „Trainings“ für medizinische Teams zu gestalten. Diabeloop ging zudem kürzlich starke Partnerschaften, u.a. mit Roche, Terumo Corporation und SFC Fluidics Inc., ein, um Innovationen im Bereich Diabetes weiter voranzutreiben und sich für internationale © Verlag PERFUSION GmbH


C. Krey: Autonomes und personalisiertes Typ-1-Diabetes-Management mit dem Hybrid-Closed-Loop-System DBLG1® / Mitteilungen

Märkte zu öffnen. Ganz aktuell hat das französische Unternehmen die Insulinpumpe Accu-Chek Insight von Roche in sein DBLG1® System integriert. Die automatisierte und personalisierte Lösung für das Management von Typ-1-Diabetes wird Anfang 2021 in Deutschland und weiteren ausgewählten europäischen Ländern verfügbar sein.

Literatur 1 Benhamou P-Y, Franc S, Reznik Y et al. Closed-loop insulin delivery in adults with type 1 diabetes in real-life conditions: a 12-week multicentre, open-label randomised controlled crossover trial. Lancet Digit Health 2019;1:e17-e25 2 Hanaire H, Franc S, Borot S et al. Efficacy of the Diabeloop closed-loop system to improve glycaemic control in patients with type 1 diabetes exposed to gastronomic dinners or to sustained physical exercise. Diabetes Obes Metab 2020;22:324-334 3 Amadou C, Franc S, Benhamou P-Y et al. Diabeloop DBLG1 closed-loop system enables patients with type 1 diabetes to significantly improve their glyc­ emic control in real-life situations without serious adverse events: 6-month follow-up. Diabetes Care 2021;44:844846 4 Benhamou PY, et.al.: Highly unstable type 1 diabetes eligible for islet transplantation can be managed with closedloop insulin delivery. A series of N-of-1 randomised controlled trials, Diabetes Obes Metab 2021;23:186-194

Anschrift des Verfassers: Dr. Christian Krey Diabeloop GmbH Sohlbacher Straße 98 57078 Siegen E-Mail: christian.krey@diabeloop.fr Perfusion 1/2021

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MITTEILUNGEN BioVentrix gründet DeutschlandNiederlassung BioVentrix Inc. ist auf minimalinvasive, katheterbasierte Interventionen am Herzen spezialisiert und bietet mit der bereits seit 2016 in der EU zugelassenen LIVE™-Therapie für Patienten mit einer Herzinfarkt-bedingten Herzschwäche erstmals eine weniger invasive Therapieoption an. Um den Kontakt zu Patienten, Kliniken und Behandlern in Deutschland zu optimieren, wurde Ende 2020 die BioVentrix GmbH in Hilden bei Düsseldorf als Tochtergesellschaft gegründet. LIVE™ – eine neue PostMyokardinfarkt-Therapie aus Kalifornien Nach einem Myokardinfarkt stirbt bei vielen Patienten ein Teil des Herzmuskelgewebes infolge mangelnder Durchblutung unwiederbringlich ab. Das entstehende Narbengewebe kann sich nicht mehr zusammenziehen und es kommt zu einer Vergrößerung der linken Herzkammer. Die Folge ist eine anhaltende Post-Myokardinfarkt-Herzinsuffizienz, die meist eine risikoreiche offene Operation am Herzen notwendig macht, bei der das vernarbte Gewebe entfernt wird. Bei der weniger invasiven LIVE™Therapie („Less Invasive Ventricular Enhancement“) wird vernarbtes Herzgewebe dagegen mit mehreren implantierten Ankern vom gesunden Herzgewebe isoliert und die kegelförmige Morphologie wiederhergestellt (Abb. 1). Volumen, Radius und Wandspannung werden reduziert, sodass der verbleibende gesunde Teil des linken Ventrikels wieder

Abbildung 1: Zur Rekonstruktion des linken Ventrikels werden die externen und internen Anker des Revivent TC™-Systems bei schlagendem Herzen unter Röntgenund Ultraschallkontrolle in ihre Position entlang des vernarbten Bereichs des linken Ventrikels gebracht und das vernarbte Herzgewebe isoliert. Die vollständige Eröffnung des Brustkorbs mit Durchtrennung des Brustbeins sowie der Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine ist bei diesem Verfahren nicht notwendig – das OP-Risiko für Patienten ist somit im Vergleich zur herkömmlichen chirurgischen Entfernung der Herzmuskelnarbe deutlich geringer (© BioVentrix GmbH).

besser arbeiten kann und die Blutversorgung des Körpers signifikant verbessert wird. In der zulassungsrelevanten Studie wurden z.B. eine Verbesserung der HerzinsuffizienzBeschwerden (nach NYHA) um 30 %, eine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit (im 6-Minuten-Gehtest) um 15,8 % und eine Lebensqualitätsverbesserung um 35,8 % gezeigt. Weltweit wurden mittlerweile mehr als 246 Patienten mit der LIVE™Therapie behandelt – zahlreiche davon auch bereits in Kliniken in Deutschland. B. S. © Verlag PERFUSION GmbH


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FORUM LIPIDSENKER

Inclisiran – ein innovativer über RNA-Interferenz wirkender Cholesterinsenker Sind die LDL-Cholesterin-Werte erhöht, steigt auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die in Deutschland die häufigste Todesursache darstellen [1]. Eine der Ursachen für erhöhte LDL-C-Spiegel ist die heterozygote familiäre Hypercholesterinämie (HeFH), die häufigste angeborene Stoffwechselerkrankung. Bei diesen Patienten ist das kardiovaskuläre Risiko um das 10-Fache erhöht [2]. Auch wenn sie ihre orale Therapie ordnungsgemäß einnehmen, haben viele HeFH-Patienten noch deutlich erhöhte LDL-C-Spiegel. Für diese Hochrisikopatienten empfiehlt die aktuelle ESC/EAS-Leitlinie, dass sie unabhängig von ihrem individuellen LDL-C-Ziel immer eine LDL-CReduktion um mindestens 50 % des Ausgangswerts erreichen sollten. Bei hohem Risiko liegt der individuelle Zielwert bei 70 mg/dl, bei sehr hohem Risiko bei 55 mg/dl [2]. Eine neue Option, um diese Zielwerte auch bei den Hochrisikopatienten zu erreichen, bei denen es trotz maximaler lipidsenkender Therapie nicht gelingt, das LDL-C auf den angestrebten Wert zu senken, ist Inclisiran (Leqvio®), das am 11. Dezember 2020 in der EU zugelassen wurde und seit dem 1. Februar 2021 in Deutschland verfügbar ist [3]. Inclisiran ist zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen mit primärer Hypercholesterinämie (heterozygot familiär und nicht familiär) oder gemischter Dyslipidämie zusätzlich zu einer Statin-Basistherapie und/oder Perfusion 1/2021

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anderen lipidsenkenden Therapien [3]. Der Wirkstoff muss – nach einer initialen Dosis und einer weiteren nach 3 Monaten – in der Dauertherapie nur alle 6 Monate subkutan injiziert werden, eine Dosisfindung oder Titration ist nicht erforderlich.

Gezielte RNA-Interferenz verhindert Produktion von PCSK9 Bei dem innovativen Wirkstoff Inclisiran handelt es sich um die erste small interfering RNA (siRNA), die zur Behandlung von Patienten mit primärer Hypercholesterinämie (heterozygot familiär und nicht familiär) oder gemischter Dyslipidämie zugelassen wurde. siRNA sind kurze Ribonukleinsäure-Moleküle von 20 bis 25 Basenpaaren Länge. Sie codieren keine Proteine, sondern verbinden sich im Zellkern gezielt mit komplementären einzelsträngigen mRNAMolekülen eines Gens. Als siRNA nutzt Inclisiran diesen körpereigenen Prozess der RNA-Interferenz (sog. Gene-Silencing), um durch den gezielten Abbau der messenger RNA die Translation der vom entsprechenden Gen ausgelesenen Information in das Protein PCSK9 in der Leber zu hemmen [4]. Damit unterscheidet sich der Wirkmechanismus von Inclisiran von dem der monoklonalen Antikörper, die als PCSK9-Inhibitoren wirken.

PCSK9, das Enzym Proprotein Convertase Subtilisin/Kexin type 9, spielt eine Schlüsselrolle im Cholesterinstoffwechsel, denn es ist eine wichtige Stellschraube für die Regulierung der Anzahl der LDL-Rezeptoren auf der Oberfläche der Hepatozyten: Es bindet an den Komplex aus LDLCholesterin und LDL-Rezeptor und führt dadurch zum Abbau dieser Rezeptoren in der Leber. Indem Inclisiran die Produktion von PCSK9 hemmt, werden die LDL-Rezeptoren vermehrt recycelt und erneut an die Oberfläche der Hepatozyten befördert. Dadurch kann vermehrt LDLCholesterin gebunden und so der LDL-C-Plasmaspiegel gesenkt werden [5]. Senkung der trotz maximaler lipidsenkender Therapie erhöhten LDL-C-Werte um die Hälfte Die EU-Zulassung von Inclisiran in der Europäischen Union basiert auf den Daten der placebokontrollierten, randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studien ORION-9, -10 und -11, in die Patienten mit manifester atherosklerotisch bedingter Herz-Kreislauf-Erkrankung (atherosclerotic cardiovascular disease, ASCVD), ASCVD-Risikoäquivalenten oder heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie eingeschlossen wurden, die trotz einer maximal tolerierten Dosis von LDL-C-senkenden Therapien (z.B. ein Statin und/oder © Verlag PERFUSION GmbH


FORUM LIPIDSENKER

Ezetimib) erhöhte LDL-C-Werte aufwiesen. Die Studienteilnehmer erhielten zusätzlich zur maximal tolerierten Statindosis (mit oder ohne andere lipidmodifizierenden Therapien) jeweils eine subkutane Injektion von 284 mg Inclisiran oder Placebo an Tag 1, Tag 90, Tag 270 und Tag 450. In allen Studien bewirkte Inclisiran eine signifikante (p < 0,0001) und über 6 Monate anhaltende LDL-CSenkung [6, 7]: Am Studienende (Tag 510) erreichten in ORION-9 52,5 %, in ORION-10 84 % und in ORION-11 82 % der mit Inclisiran behandelten Patienten das LDL-CZiel von <1,8 mmol/l (70 mg/dl) [3]. Wie eine gepoolte Analyse der Phase-III-Studien ergab, wurde mit In­ clisiran bereits an Tag 90 eine LDLC-Senkung um 50 – 55 % erreicht und während der Langzeittherapie aufrechterhalten [3]. Sehr gute Verträglichkeit Die einzigen mit der siRNA-Applikation assoziierten Nebenwirkungen waren Reaktionen an der Injektionsstelle (3,1 %), Schmerzen an der Injektionsstelle (2,2 %), ein Erythem an der Injektionsstelle (1,6 %) und Ausschlag an der Injektionsstelle (0,7 %). Alle waren leicht bis mäßig ausgeprägt, vorübergehend und klangen ohne Folgeschäden ab [3]. Fazit für die Praxis Mit der Einführung des siRNA Inclisiran (Leqvio®) in Deutschland wird das Behandlungsspektrum für Patienten mit manifester ASCVD, ASCVDRisikoäquivalenten oder heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie um eine in der Dauertherapie nur Perfusion 1/2021

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2 × pro Jahr subkutan zu injizierende, effiziente, nebenwirkungsarme Option erweitert. Zur Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes wird empfohlen, die Verordnung von Inclisiran auf die zugelassenen Patientengruppen zu beschränken, bei denen diätetische und orale medikamentöse Optionen zur Lipidsenkung ausgeschöpft sind. Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1 Statistisches Bundesamt (Destatis). Häufigste Todesursachen in Deutschland. 2018. Im Internet: https://www. destatis.de/DE/Themen/GesellschaftUmwelt/Gesundheit/Todesursachen/_ inhalt.html#sprg235878 2 Mach F et al. 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk. Eur Heart J 2020;41: 111-188 3 Fachinformation Leqvio® 284 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze; aktueller Stand 4 Kosmas CE et al. Inclisiran: a new promising agent in the management of hypercholesterolemia. Diseases 2018; 6:63 5 Murphy J. Study: Durable, potent LDLC reduction with inclisiran for cholesterol-lowering. Pharmacy Times, 202003-31. Im Internet: https://www.pharmacytimes.com/news/study-durablepotent-ldl-c-reduction-with-inclisiranfor-cholesterol-lowering 6 Raal F et al. Inclisiran for heterozygous familial hypercholesterolemia. N Engl J Med 2020;382:1520-1530 7 Ray KK al. Two phase 3 trials of inclisiran in patients with elevated LDL cholesterol. N Engl J Med 2020;382: 1507-1519

MITTEILUNGEN

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Förderprogramm 2021 der pbm Academy Stiftung: Best-Practices im Patient Blood Management Mit ihrem Förderprogramm unterstützt die pbm Academy Stiftung Patient-Blood-Management-Projekte, welche die Behandlungsqualität im deutschen Gesundheitswesen verbessern und die Patientensicherheit erhöhen. Bewerbungen können noch bis zum 30. Mai 2021 bei der Stiftung eingereicht werden. Alle Bewerbungen werden von der unabhängigen, 6-köpfigen ExpertenJury – bestehend aus Dr. Regina Klakow-Franck, Dr. Ursula Marschall, Prof. Dr. Dr. Kai Zacharowski, Prof. Dr. Patrick Meybohm, Dr. Thomas Drabinski und Dr. Markus Thalheimer – geprüft und bewertet. Voraussichtlich im Juli werden die Förderprogrammträger bekannt gegeben und die Projekte vorgestellt. Seit 2018 unterstützt die Stiftung mit einem Förderprogramm und fördert so, dass PBM-Konzepte nachhaltig in den Klinikalltag integriert werden. „Die bisher geförderten Projekte sind gute Beispiele dafür, wie durch eine konsequente Implementierung des Patient Blood Managements die Versorgungsqualität verbessert wird und die Patientensicherheit erhöht werden kann. Wir sind schon sehr auf die neuen Bewerbungen gespannt“, erklärt Alexandra Maria Rüger, Direktorin der pbm Academy Stiftung. S. M. Weitere Informationen sowie das Bewerbungsformular finden Sie im Internet unter: www.pbm-academy.de.

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FORUM LIPDSENKER

Die heterozygote familiäre Hypercholesterinämie (HeFH) ist eine angeborene, genetisch bedingte Erkrankung mit einer Prävalenz von ca. 1 : 250 Menschen weltweit [1]. HeFH-Patienten haben ein 50%iges Risiko, die Krankheit an ihre Kinder zu vererben [2]. Die schon von Geburt an vorliegenden hohen LDLCholesterin-Spiegel beschleunigen die Entstehung von atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankungen, erhöhen dadurch insgesamt das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse – einschließlich das für Herzinfarkte und andere Gefäßerkrankungen – und senken das Lebensalter, in dem solche Ereignisse eintreten [3]. Kinder, die an HeFH erkrankt sind, können ein normales Gewicht haben, sich gut ernähren und sich ausreichend bewegen und dennoch hohe LDL-Cholesterinwerte aufweisen. Sie tragen schon ab einem sehr jungen Alter ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen [4]. Daher ist ein effektives Management der LDL-Cholesterinwerte bei diesen HeFH-Patienten besonders wichtig. Wie die auf dem ESC 2020 präsentierten Ergebnisse der HAUSER-Studie zeigen, ist die Gabe des PCSK9Inhibitors Evolocumab (Repatha®) eine sichere und wirksame Behandlungsoption bei an HeFH erkrankten Kindern und Jugendlichen, die bereits mit Lipidsenkern behandelt werden und einer weiteren Senkung des LDL-Cholesterins bedürfen [5]. Erste Phase-III-Studie zur Untersuchung eines PCSK9Inhibitors bei pädiatrischen HeFH-Patienten Die randomisierte kontrollierte Phase-IIIb-Studie HAUSER untersuchte erstmals die Wirksamkeit, Sicherheit Perfusion 1/2021

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Heterozygote familiäre Hypercholesterinämie: Evolocumab senkt LDL-Cholesterin auch bei Kindern signifikant und Verträglichkeit von Evolocumab (Repatha®) bei an HeFH erkrankten Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 – 17 Jahren. Haupteinschlusskriterien waren ein Nüchtern-LDLCholesterin ≥3,4 mmol/l bei fettarmer Ernährung und eine maximale cholesterinsenkende Therapie für ≥4 Wochen vor dem Screening. Die 157 Studienteilnehmer wurden stratifiziert nach dem LDL-Cholesterinspiegel (<4,1 oder ≥4,1 mmol/l) und dem Alter (<14 oder ≥14 Jahre) 2 : 1 auf die Behandlung mit Evolocumab 420 mg einmal monatlich subkutan (n = 104) oder Placebo (n = 53) randomisiert. Der primäre Endpunkt bestand in der prozentualen Veränderung des LDLCholesterins von Baseline bis Woche 24. Sekundäre Endpunkte waren unter anderem die mittlere prozentuale Veränderung des LDL-Cholesterins von Baseline bis Woche 22 und 24, die Veränderung des LDL-Cholesterins von Baseline bis Woche 24

sowie die prozentuale Veränderung von Non-HDL-Cholesterin, ApoB, dem Verhältnis Gesamtcholesterin/ HDL-Cholesterin und dem Verhältnis ApoB/ApoA1 von Baseline bis Woche 24. Weitere Sicherheitsbewertungen umfassten die Bestimmung des Tanner-Stadiums, der Hormonspiegel, der Intima-media-Dicke der Karotis sowie computergestützte Kognitionsbeurteilungen [5]. Verbesserung aller Lipidparameter bei guter Verträglichkeit Die monatliche Behandlung mit Evolocumab senkte bei den an HeFH erkrankten Kindern und Jugendlichen das LDL-Cholesterin im Mittel um 38,3 % gegenüber dem Ausgangswert im Vergleich zu Placebo. Außerdem wurde eine absolute Reduktion des LDL-Cholesterins um 68,6 mg/dl (mittlere absolute Senkung) und da-

Evolocumab Evolocumab (Repatha®) ist ein vollhumaner monoklonaler Antikörper, der die Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9) hemmt. PCSK9 ist ein Protein, das an den LDL-Rezeptor bindet und zu dessen Abbau führt. Dadurch wird die Fähigkeit der Leber, das LDL-Cholesterin aus dem Blut zu entfernen, eingeschränkt. Durch die Bindung an PCSK9 verhindert Evolocumab den Abbau der LDL-Rezeptoren, sodass sich mehr LDL-Rezeptoren auf der Leberzelloberfläche befinden, über die das LDL-Cholesterin aus dem Blut extrahiert werden kann [6]. Bitte beachten: Evolocumab ist derzeit nicht für den Einsatz bei an HeFH erkrankten pädiatrischen Patienten zugelassen.

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FORUM CARDIOLOGICUM

mit der primäre Endpunkt der Studie erreicht sowie die Überlegenheit der Anwendung von Evolocumab zusätzlich zur Statin-Gabe nachgewiesen. Bei den mit Evolocumab behandelten Patienten verbesserten sich auch die sekundären Endpunkte im Vergleich zu Placebo: Das LDL-Cholesterin sank um 42,1 % in den Wochen 22 – 24, das Non-HDL-Cholesterin um 35,0 % in Woche 24. In Woche 24 hatten auch das Apolipoprotein B (ApoB) um 32,5 % und das Verhältnis ApoB/ApoA1 um 36,4 % abgenommen [5]. Es wurden keine neuen Sicherheitsrisiken identifiziert. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse (>2 %), die in der Evolocumab-Gruppe proportional häufiger (>1 %) vorkamen als in der Placebogruppe, waren Kopfschmerzen, oropharyngeale Schmerzen, Influenza, influenzaähnliche Erkrankungen, Infektionen der oberen Atemwege und Obstipation [5]. Brigitte Söllner, Erlangen

1 The FH Foundation. Heterozygous vs homozygous FH. Im Internet: https:// thefhfoundation.org/heterozygous-vshomozygous-fh 2 National Human Genome Research Institute. Learning about familial hypercholesterolemia. Im Internet: http:// www.genome.gov/25520184 3 McGowan MP et al. JAMA 2019;8: e013225 4 The FH Foundation. Children with FH. Im Internet: https://thefhfoundation.org/ familial-hypercholesterolemia/childrenwith-fh 5 Santos RD et al. N Engl J Med 2020; 383:1317-1327 6 Fachinformation Repatha®; Stand: April 2020 Perfusion 1/2021

Myosin-Aktivator OmecamtivMecarbil verbessert linksventrikuläre Funktion bei HerzinsuffizienzPatienten Wie die Unternehmen Amgen, Cytokinetics und Servier in einer gemeinsamen Pressemitteilung bekannt gaben, hat die Phase-III-Studie GALACTIC-HF den klinischen Nutzen des neuartigen Wirkstoffs Omecamtiv-Mecarbil bei Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) belegt: Durch die Behandlung mit dem MyosinAktivator konnte das Risiko für den primären kombinierten Wirksamkeitsendpunkt, die Reduktion von kardiovaskulären Todesfällen oder Herzinsuffizienz-Ereignissen, statistisch signifikant reduziert werden. Die Ergebnisse wurden in der LateBreaking Clinical Trials Session während der wissenschaftlichen Sitzungen der AHA 2020 präsentiert*. Signifikante Reduktion des primären Wirksamkeitsendpunkts

Literatur

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Mit 8.256 Teilnehmern ist GALACTIC-HF eine der bislang größten globalen Phase-III-Studien zu kardiovaskulären Endpunkten bei Herzinsuffizienz. Eingeschlossenen wurden Patienten mit Herzinsuffizienz * Quelle: Teerlink J. Omecamtiv mecarbil in chronic heart failure with reduced ejection fraction: the Global Approach To Lowering Adverse Cardiac Outcomes Through Improving Contractility In Heart Failure (GALACTIC-HF) Trial. Late-breaking Science I, virtueller Kongress der American Heart Association (AHA), 13. November 2020.

und einer linksventrikulärer Ejektionsfraktion (LVEF) ≤35 % (im Mittel 26,6 %) im NYHA-Stadium II – IV, mit erhöhten natriuretischen Peptiden und entweder aktueller Hospitalisierung oder anamnestischer Hospitalisierung oder Vorstellung in einer Notaufnahme wegen Herzinsuffizienz innerhalb des letzten Jahres. Die Patienten erhielten zusätzlich zur Standardtherapie randomisiert entweder Omecamtiv-Mecarbil oder Placebo. Die Dosis von OmecamtivMecarbil wurde nach einer Startdosis von 2 × täglich 25 mg angepasst an den Plasmaspiegel (gemessen mit dem QMSTM Omecamtiv-MecarbilImmunoassay), die Erhaltungsdosis betrug 50 mg, 37,5 mg oder 25 mg 2 × täglich. Als primärer Studienendpunkt wurde eine akute Dekompensierung der Herzinsuffizienz (mit Hospitalisierung oder Notfallbehandlung) oder ein kardiovaskulärer Todesfall definiert. Nach einer medianen Behandlungszeit von 21,8 Monaten waren in der Omecamtiv-Mecarbil-Gruppe bei 1.523 von 4.120 Patienten (37,0 %) Endpunktereignisse aufgetreten gegenüber 1.607 von 4.112 Patienten (39,1 %) in der Placebogruppe. Die Hazard Ratio von 0,92 (d.h. eine relative Risikoreduktion um 8 % im Vergleich zu Placebo) war mit einem 95%-Konfidenzintervall von 0,86 – bis 0,99 signifikant (p = 0,0252). © Verlag PERFUSION GmbH


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FORUM CARDIOLOGICUM

Omecamtiv-Mecarbil Omecamtiv-Mecarbil ist ein experimenteller selektiver kardialer Myosin-Aktivator, der erste Vertreter einer neuen Klasse von myotropen Substanzen, die direkt auf die kontraktilen Mechanismen des Herzens wirken, indem sie an Myosinköpfe des Herzmuskels binden und diese vermehrt zur Interaktion mit Aktin während der Systole rekrutieren. Die präklinische Forschung hat gezeigt, dass Omecamtiv-Mecarbil die Herzkontraktilität verbessert, ohne die intrazelluläre myozytäre Kalziumkonzentration oder den myokardialen Sauerstoffverbrauch zu erhöhen. Dies erklärt die in der GALACTIC-HF-Studie beobachtete gute Verträglichkeit des Myosin-Aktivators: Bezüglich der Blutdruckwerte zeigte sich kein Unterschied gegenüber Placebo und die Herzfrequenz verringerte sich unter Omecamtiv-Mecarbil nur leicht. Dagegen nahm der NT-proBNP-Wert, der bei einer Verschlechterung der Herzleistung ansteigt, unter der Omecamtiv-Mecarbil-Behandlung um 10 % stärker ab als unter Placebo – ein Hinweis darauf, dass Omecamtiv Mecarbil die Kontraktilität des Herzmuskels erhöht.

Keine Senkung der Sterberate Bei der kardiovaskulären Mortalität (dem sekundären Endpunkt) wurde dagegen keine Reduktion beobachtet: Die Zahl der kardiovaskulär verursachten Todesfälle war mit 808 (19,6 %) in der Omecamtiv-Mecarbil-Gruppe und 798 (19,4 %) in der Placebo-Gruppe nahezu gleich (HR: 1,01; 95%-KI: 0,92 – 1,11, p = 0,86). Auch hinsichtlich der Verbesserung der krankheitsspezifischen Lebensqualität, die nach 24 Wochen anhand des Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire ermittelt wurde, unterschieden sich die Behandlungsgruppen nicht signifikant. Rate unterwünschter Ereignisse auf Placebo-Niveau Unerwünschte Ereignisse, einschließlich schwerwiegender ischämischer kardialer Ereignisse (4,9 % vs. 4,6 %), traten unter beiden Medikationen vergleichbar häufig auf. Perfusion 1/2021

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Auch Therapieabbrüche wegen unerwünschter Wirkungen waren in der Omecamtiv-Mecarbil- und PlaceboGruppe annähernd häufig (9,0% vs. 9,3%). Fazit Welchen Stellenwert OmecamtivMecarbil künftig in der Therapie bei Herzinsuffizienz vom HFrEF-Typ einnehmen wird, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Wie Studienleiter Dr. John Teerlink bei der Präsentation der Studienergebnisse auf dem AHA anmerkte, zeigen erste Subgruppenanalysen, dass spezielle Patientengruppen besonders von der Behandlung mit dem Myosin-Aktivator profitieren können: So hatte Omecamtiv-Mecarbil bei Patienten mit einer LVEF <28 % einen deutlich stärken Effekt als bei Patienten mit höherer LVEF (HR: 0,84; 95%-KI: 0,77 – 0,92; p = 0,003). Brigitte Söllner, Erlangen

MITTEILUNGEN

Veltassa® in neuer Packungsgröße Seit 1. Januar 2021 steht der natriumfreie Kaliumbinder Patiromer (Veltassa®) auch in einer großen Packung mit 90 Beuteln à 8,4 g Patiromer zur Verfügung. Die neue Packungsgröße mit der PZN 16352362 unterstützt so die notwendige Dauertherapie, indem es den Bedarf – bei 1 × täglicher Gabe gemäß Veltassa®-Fachinformation – für je ein Quartal abdeckt. Für die Patienten ergeben sich weitere Vorteile: Die Zuzahlung verringert sich ebenso wie die erforderlichen Arzt- und Apothekengänge für Folgerezepte. Dadurch lassen sich – gerade in der jetzigen Pandemie-Zeit – unnötige Kontakte und der organisatorische Aufwand verringern. Durch den Einsatz des Kaliumbinders Patiromer in der langfristigen Therapie besteht bei erwachsenen Patienten mit Hyperkaliämie die Möglichkeit, den Kaliumspiegel schnell und langfristig zu senken, ohne die notwendige RAAS-Inhibitor-Therapie einzuschränken. Patiromer ist ein geschmacks­ neutrales Pulver, das ganz einfach 1 × täglich mit Wasser angerührt und unabhängig von Mahlzeiten eingenommen werden kann. Im Kolon findet dabei eine Bindung von überschüssigem Kalium im Tausch gegen Kalzium statt. Die Ausscheidung des an das nicht resorbierbare Polymer gebundenen Kaliums erfolgt fäkal. Veltassa® hat sich dabei in Studien und in der Praxis als gut verträglich erwiesen. Mögliche Nebenwirkungen sind Obstipation, Diarrhö, Abdominalschmerzen, Flatulenz und Hypomagnesiämie. Diese sind in der Regel leicht bis mittelschwer. E. W. © Verlag PERFUSION GmbH


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Nach einer Infektion erhöht sich das Risiko für einen Herzinfarkt bei Herz-Kreislauf-Patienten bis um das 20-Fache. Beteiligt daran sind Zellen des Immunsystems, wie Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) in einem Mausmodell herausfanden. Bestimmte Moleküle und Antikörper können die Immunzellen allerdings ausbremsen und somit Risikopatienten nach einer Infektion schützen. Plaques im Fokus In Mäusen ahmten Professor Oliver Söhnlein vom Klinikum der Universität München und sein Team eine akute bakterielle Infektion nach, um das erhöhte Infarktrisiko besser zu verstehen. Die Mäuse hatten zudem eine Atherosklerose und waren daher ein geeignetes Modell für Infarktgefährdete Herz-Kreislauf-Patienten. Bei einer Atherosklerose ist die Innenwand der Blutgefäße chronisch entzündet und es bilden sich Plaques. Wenn sich diese Ablagerungen lösen, können sie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen. Die Forscher beobachteten, dass die Infektion die Plaques der Mäuse vergrößerte und die Entzündungen sich verstärkten. Positiv geladenes Lockmittel Ein genauer Blick auf die Gefäßablagerungen zeigte, dass sich dort vermehrt bestimmte Immunzellen ansammelten, die Neutrophilen. Die Infektion hatte sie aktiviert, wodurch sie sogenannte NETs (Neutrophil Extracellular Traps) freisetzten. NETs bestehen aus DNA und Proteinen, die aus dem Inneren der Neutrophilen stammen, und dienen eigentlich dazu, Krankheitserreger zu binden. Perfusion 1/2021

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Herzinfarktrisiko nach Infektionen senken

Die Münchner Forscher fanden heraus, dass in den NETs das Protein Histon H2a noch andere Immunzellen anlockt, die Monozyten. Histon H2a ist stark positiv geladen und liegt normalerweise im Zellkern vor. Mit der Freisetzung der NETs gelangt es nach außen. Die Zelloberfläche von Monozyten ist negativ geladen, dadurch bleiben sie am positiv geladenen Histon H2a und damit an den Ablagerungen kleben. Die Monozyten dringen dann in die Gefäßwand ein und verwandeln sich dort in Fresszellen. Damit rufen sie Entzündungen hervor und fördern die Entstehung der gefährlichen Ablagerungen. Mini-Proteine könnten vor Herzinfarkt schützen Wenn die Wissenschaftler Antikörper gegen das Histon H2a oder sehr kleine, spezifische Proteine einsetzten, die nur an Histon H2a binden, hafteten keine Monozyten an Histon H2a und die Atherosklerose verschlimmerte sich nicht. Damit eröffnet sich eine neue Therapieoption für Herz-Kreislauf-Patienten mit einer akuten Infektion. Denn gegen das Histon H2a gerichtete kleine Proteine, sogenannte Peptide, könnten auch bei ihnen verhindern, dass sich atherosklerotische Läsionen und damit das Herzinfarktrisiko

vergrößern. Ein Patent für diese Peptide hat Söhnlein bereits eingereicht. Komplikationen bei COVID-19 abmildern „Auch Viren und andere Bakterien rufen eine Freisetzung von NETs hervor. Wenn sie zudem Herz-Kreislauf-Komplikationen verursachen, könnten infizierte Patienten von einer gegen NETs beziehungsweise Histone gerichteten Therapie profitieren. Das müsste allerdings noch in entsprechenden Studien nachgewiesen werden“, sagt Söhnlein. Der Münchner Forscher denkt dabei auch an SARS-CoV2. Seit dem Frühjahr ist bekannt, dass Neutrophile maßgeblich an schweren COVID19-Symptomen wie Lungenschäden und Thrombosen beteiligt sind. Auch dort setzen diese Immunzellen NETs frei. Die darin vorkommenden Histone aktivieren die Blutgerinnung und lösen damit Thrombosen aus. Eine auf Histone abzielende Therapie könnte daher laut Söhnlein schwere COVID-19-Verläufe abschwächen. Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V.

Quelle: Schumski A et al. Endotoxinemia accelerates atherosclerosis through electrostatic charge-mediated monocyte adhesion. Circulation 2021;143:254-266 © Verlag PERFUSION GmbH


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FORUM CARDIOLOGICUM

Mit jährlich etwa 900.000 Neuerkrankungen nimmt die Zahl der an Herzinsuffizienz Erkrankten in Deutschland weiter zu [1]. Bei etwa der Hälfte der bis zu 4 Millionen Betroffenen liegt eine reduzierte Ejektionsfraktion vor [2]. Die Prognose der Herzinsuffizienz-Patienten mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) ist ungünstig und mit jeder Hospitalisierung steigt das Mortalitätsrisiko [3]. Trotz verfügbarer Therapien kommt es bei etwa 20 % der HFrEF-Patienten zum kardiovaskulär bedingten Tod oder zu einer Hospitalisierung [4]. Jeder zweite Patient verstirbt innerhalb von 5 Jahren nach Diagnose [5] und etwa 400.000 Patienten jährlich müssen in Deutschland aufgrund einer Herzinsuffizienz im Krankenhaus behandelt werden – mit einer sehr langen Krankenhausverweildauer von im Mittel 10,6 Tagen [6]. Um sowohl die Hospitalisierungsrate als auch das Mortalitätsrisiko zu senken, sind weitere prognoseverbessernde Medikamente erforderlich. Eine überraschende Entwicklung macht Patienten und Ärzten seit Kurzem Hoffnung: In den Zulassungsstudien für die ursprünglich für die Therapie des Diabetes mellitus entwickelten SGLT-2-Hemmer (Sodium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitoren), fiel auf, dass sie nicht nur bei Diabetes helfen, sondern auch eine Verbesserung der Herzinsuffizienz bewirken können [7, 8]. Dies wurde mittlerweile für Dapagliflozin (Forxiga®) in der Phase-III-Studie DAPA-HF [9] überzeugend nachgewiesen, sodass es als erster SGLT2-Inhibitor von der EMA am 3. November 2020 die Zulassung für die Behandlung der symptomatischen chronischen Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) bei Erwachsenen mit und ohne Typ2-Diabetes erhalten hat [10]. Perfusion 1/2021

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SGLT-2-Inhibitor Dapagliflozin – eine neue Therapieoption zur Behandlung der Herzinsuffizienz

Verringertes Mortalitätsrisiko, weniger Hospitalisierungen, Verbesserung der Symptome Die Wirksamkeit des SGLT-2-Inhibitors Dapagliflozin bei Herzinsuffizienz wird durch die Daten der DAPAHF-Studie eindrucksvoll bestätigt [9]. Die randomisierte placebokontrollierte Phase-III-Studie schloss 4.744 Patienten mit chronischer Herzsuffizienz (NHYA-Stadien II  –  IV) und einer linksventrikulären Ejektionsfraktion von 40 % oder weniger ein (Durchschnitt 31 %), unabhängig davon, ob ein Typ-2-Diabetes vorlag. Die Studienteilnehmer erhielten Dapagliflozin (10 mg 1 × täglich) oder Placebo, jeweils zusätzlich zu einer optimalen Standardtherapie, und wurden über einen medianen Zeitraum von 18 Monaten beobachtet. Der primäre kombinierte Endpunkt setzte sich zusammen aus kardiovaskulär bedingtem Tod (CV-Tod) und der Verschlechterung der Herzinsuffizienz, definiert als Hospitalisierung oder notfallmäßiger Arztkontakt wegen Herzinsuffizienz. Ein weiterer wichtiger Endpunkt war die Symptomverbesserung. Dapagliflozin konnte das Risiko für den kombinierten primären Endpunkt signifikant um relativ 26 % senken (16,3 % vs. 21,2 %; HR: 0,74; 95%KI: 0,65 – 0,85; p < 0,001) – auch bei Patienten ohne Diabetes. Dieser Effekt wurde bereits früh (ab Tag 28) beobachtet und blieb über die Dauer der Studie erhalten [9].

Alle 3 Komponenten des primären zusammengesetzten Endpunkts trugen einzeln zum Behandlungseffekt bei (Abb. 1): Das Risiko für CVTod war unter Dapagliflozin versus Placebo um relativ 18 % reduziert (9,6 % vs. 11,5 %; HR: 0,82; 95%KI: 0,69 – 0,98; p = 0,0294). Außerdem mussten im Vergleich zur Placebogruppe signifikant weniger der mit Dapagliflozin behandelten Patienten hospitalisiert werden (relative Reduktion um 30 %; 9,7 % vs. 13,4 %; HR: 0,70; 95 %-KI: 0,59  –  0,83; p < 0,0001) und es mussten nur wenige Patienten wegen Herzinsuffizienz notfallmäßig den Arzt aufsuchen [9]. Der Behandlungsvorteil von Dapagliflozin gegenüber Placebo zeigte sich auch in der signifikanten Verringerung der Herzinsuffizienz-Symptome: Die Auswertung der Patient Reported Outcomes (PRO), eines etablierten Messinstruments zur Erfassung der Wahrnehmung des Patienten, ergab für die Behandlung mit Dapagliflozin eine signifikante und klinisch relevante Verbesserung des wahrgenommenen Gesundheitszustands (gemessen mittels Gesamtsymptom-Score des Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire, KCCQ) [9]. Günstiges Verträglichkeitsprofil Das Sicherheitsprofil von Dapagliflozin in der DAPA-HF-Studie entsprach den bekannten Sicherheitsda© Verlag PERFUSION GmbH


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FORUM CARDIOLOGICUM

Charakteristika

HR (95%KI)

Personen mit Ereignis (Ereignisrate)

Hazard Ratio (95%-KI)

p-Wert

Dapagliflozin (N=2373)

Placebo (N=2371)

Zusammengesetzter Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod, Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz oder dringendem Arztbesuch wegen Herzinsuffizienz

386 (11,6)

502 (15,6)

0,74 (0,65; 0,85)

<0,0001

Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz

231 (6,9)

318 (9,8)

0,70 (0,59; 0,83)

<0,0001

Dringender Arztbesuch wegen Herzinsuffizienz

10 (0,3)

23 (0,7)

0,43 (0,20; 0,90)

0,0213

Kardiovaskulärer Tod

227 (6,5)

237 (7,9)

0,82 (0,69; 0,98)

0,0294

Gesamtmortalität

276 (7,9)

329 (9,5)

0,83 (0,71; 0,97)

0,0217

0,5 0,8 1 1,25 2 Placebo besser Dapagliflozin besser

Abbildung 1: Ergebnisse der DAPA-HF-Studie – Behandlungseffekte unter Dapagliflozin versus Placebo, bezogen auf den primären zusammengesetzten Endpunkt, seine Komponenten und die Gesamtmortalität [10].

ten des Medikaments. Der Anteil der Patienten mit Volumenmangel betrug 7,5 % vs. 6,8 % unter Placebo, der mit renalen unerwünschten Ereignissen 6,5 % vs. 7,2 %. Schwerwiegende hypoglykämische Ereignisse (0,2 % vs. 0,2 %) waren in beiden Behandlungsgruppen selten [9]. Breiter Nutzen bei chronisch symptomatischer HFrEF Die Subgruppenanalysen der DAPAHF-Studie zeigten konsistente Effekte von Dapagliflozin auf den primären Endpunkt CV-Tod oder sich verschlechternde Herzinsuffizienz unabhängig von der Hintergrundmedikation, den Ausgangswerten der

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Herzinsuffizienz, Alter, DiabetesStatus, systolischem Blutdruck oder der Nierenfunktion [9, 11, 12, 13]. Die Ergebnisse bestätigen – insbesondere angesichts der Heterogenität der Herzinsuffizienz sowie der vielen Komorbiditäten – die Wirksamkeit von Dapagliflozin. Daraus lässt sich schließen, dass ein großes Spektrum an Patienten mit chronischer symptomatischer HFrEF von Dapagliflozin profitieren kann. Brigitte Söllner, Erlangen Literatur 1 Kaduszkiewicz K et al. VersorgungsReport 2013/2014. Im Internet: https:// www.wido.de/fileadmin/Dateien/Dokumente/Publikationen_Produkte/Buch-

reihen/Versorgungsreport/2013-2014/ Kapitel%20mit%20Deckblatt/wido_ vsr2013-2014_gesamt.pdf 2 Vos T et al. Lancet 2017;390:1211-1159 3 Lee DS et al. Am J Med 2009;122:162169.e1 4 McMurray JJV et al. N Engl J Med 2014;371:993-1004 5 Mozaffarian D et al. Circulation 2016; 133:e38-e360 6 Christ M et al. Eur J Heart Fail 2016; 18:1009-1018 7 Wiviott SD et al. N Engl J Med 2019; 380:347-357 8 Mosenzon O et al. Lancet Diabetes & Endocrinology 2019;7:606-617 9 McMurray JJV et al. 2019;381:19952008 10 Fachinformation Forxiga® 10 mg; Stand: November 2020 11 Docherty KF et al. Eur Heart J 2020; 41:2379-2392 12 Dewan P et al. Eur J Heart Fail 2020; 22:1247-1258 13 Serenelli M et al. Eur Heart J 2020;41: 3402-3418

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FORUM DIABETICUM

Die Schwankungsbreite der Serum-Testosteronspiegel nimmt bei Männern ab einem Alter von ca. 40 Jahren zu [1] und es kann sich ein symptomatischer Testosteronmangel (Hypogonadismus) entwickeln – insbesondere bei Männern mit metabolischen Erkrankungen. So haben Typ-2-Diabetiker im Vergleich zu Nicht-Diabetikern signifikant niedrigere Testosteronspiegel [2]. Was in der Praxis oft nicht bedacht wird, ist, dass umgekehrt auch ein Typ-2-Diabetes (T2DM) Folge niedriger Testosteronwerte sein kann [3, 4]. Zwischen Testosteron und T2DM besteht also eine wechselseitige Beziehung. Wie Beobachtungsstudien [5, 6] sowie kleine kontrollierte randomisierte Studien [7, 8] zeigten, kann eine Testosterontherapie die Nüchternglukose-, den HbA1c- und Gesamtcholesterin-Wert sowie den Blutdruck senken, die Insulinsensitivität und Blutzuckerkontrolle verbessern, den Bauchumfang verringern und die Muskelmasse erhöhen. Neue aussagekräftige Daten dazu lieferte die randomisierte placebokontrollierte T4DM-Studie, in der Prädiabetiker sowie neu diagnostizierte Typ-2-Diabetiker mit niedrigen Testosteronwerten eingeschlossen und entweder mit einer langwirksamen Depotinjektion mit Testosteronundecanoat oder mit Placebo behandelt wurden [9]. Signifikant bessere Glukosewerte dank Testosterontherapie Die an der 2 Jahre laufenden T4DMStudie teilnehmenden Männer waren 50 – 74 Jahre alt, hatten einen Bauchumfang von mindestens 95 cm und einen Serum-Testosteronspiegel von ≤14,0 nmol/l (aber keinen manifesten Hypogonadismus). Außerdem musste entweder eine gestörte GluPerfusion 1/2021

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Testosterontherapie kann bei Prädiabetikern die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes verhindern

kosetoleranz ohne T2DM-Diagnose vorliegen (2h-Glukosewert im oralen Glukosetoleranztest [OGTT] ≤15,0 mmol/l*) oder der T2DM musste kürzlich diagnostiziert worden sein. Alle Studienteilnehmer nahmen an einem Lebensstil-Programm zur T2DM-Prävention teil. Zusätzlich erhielten sie randomisiert entweder Testosteronundecanoat (TU) i.m. alle 3 Monate (2. Dosis zur Auftitrierung nach 6 Wochen; n = 504) oder Placebo (n = 503) [9]. Nach 2 Jahren litten im Vergleich zur Placebo-Gruppe signifikant weniger Patienten der Testosteron-Gruppe an einem T2DM (12 % vs. 21 %; p = 0,0007; hier definiert anhand eines 2h-Glukosewertes im OGTT von ≥11,1 mmol/l). Bei über der Hälfte der mit Testosteron behandelten Patienten normalisierte sich der Blutzucker völlig (2h-Glukosewert im OGTT <7,8 mmol/l; 52 % vs. 43 % in der Placebo-Gruppe; p = 0,012). Darüber hinaus verbesserten sich unter der Testosterontherapie auch zahlreiche sekundäre metabolische Parameter gegenüber der Placebogabe signifikant: Nüchternglukose, Bauchumfang, Gesamt-Körperfett und Viszeralfett nahmen ab, Ge* Dies war die Vorgabe nach Proto­ kolländerung am 18.02.2014, ein Jahr nach Rekrutierungsbeginn. Zuvor galt: 2h-Glukosewert im OGTT von ≥7,8 bis <11,1 mmol/l.

samt-Muskelmasse und Muskelkraft nahmen zu. Allerdings kam es bei 22 % der Patienten in der Testosteron-Gruppe zu einem HämatokritAnstieg auf ≥ 54 % vs. 1 % in der Placebo-Gruppe [9]. Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass Männer mit Prädiabetes bzw. neu diagnostiziertem T2DM von einer längerfristigen Testosterontherapie profitieren können. Wie die Autoren hervorheben, war der antidiabetische Effekt von Testosteron in der T4DM-Studie sogar größer als der des etablierten First-Line-Antidiabetikums Metformin im „Diabetes Prevention Program“ [10]. Denn im Gegensatz zu Metformin hatte die Testosterongabe zusätzlich einen positiven Einfluss auf z.B. die Muskelmasse und -kraft [9]. Allerdings räumen die Autoren auch ein, dass der mit i.m. TU beobachtete unerwünschte Hämatokrit-Anstieg auf ≥54 % die Therapiemöglichkeiten limitieren könnte. Abnormal hohe HämatokritWerte sind eine der bekanntesten Nebenwirkungen einer Testosterontherapie, treten aber nach aktuellen urologischen Leitlinien [3, 11] meist nur dann auf, wenn durch die Behandlung Testosteronspiegel über dem mittleren Normbereich erreicht werden [10]. In der T4DM-Studie wurde jedoch bewusst auf eine Dosisanpassung verzichtet [9]. © Verlag PERFUSION GmbH


FORUM DIABETICUM

Testogel® Dosiergel Testogel® Dosiergel enthält pro Gramm 16,2 mg Testosteron. Eine Betätigung der Dosierpumpe liefert 1,25 g Gel, das 20,25 mg Testosteron enthält, zur transdermalen Anwendung. Indiziert ist Testogel® Dosiergel zur Testosteronersatztherapie bei männlichem Hypogonadismus, wenn der Testosteronmangel klinisch und labormedizinisch bestätigt wurde. Die empfohlene Dosis für Erwachsene und ältere Männer beträgt 2 Pumpenhübe Gel (entspricht 40,5 mg Testosteron). Das Gel wird einmal pro Tag ungefähr zur gleichen Tageszeit, vorzugsweise morgens, aufgetragen. Die Anwendung sollte durch den Patienten selbst auf die saubere, trockene und gesunde Haut auf dem rechten und linken Oberarm und den Schultern erfolgen [12].

Vorteile der Testosteron-Gele: individuelle und schnelle Dosisanpassung Um Testosteronspiegel bis zum mittleren Normbereich zu erzielen, eignen sich insbesondere transdermale Testosteron-Gele, wie z.B. Testogel® Dosiergel [12], die außerdem zu gleichmäßigeren Wirkspiegeln führen als i.m. applizierte Präparate. Mit Testosteron-Gel kann die Dosis sehr kurzfristig an den individuellen Testosteron-Bedarf des Patienten angepasst werden, was vor allem bei Patienten mit Begleiterkrankungen eine wichtige Rolle spielt. Außerdem ist ein schnelles Absetzen bei Nebenwirkungen möglich [12]. Aktuelle Leitlinien empfehlen daher explizit, kurzwirksame Testosteron-Präparate (z.B. Testogel® Dosiergel) zu Behandlungsbeginn einzusetzen [3, 11].

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Da im Fall unerwünschter Nebenwirkungen die Therapie rasch angepasst oder beendet werden kann, sind Testosteron-Gele auch in der Hausarztpraxis eine gut praktikable Option zur Behandlung des Hypo­ gonadismus. Fabian Sandner, Nürnberg

Literatur 1 Kelsey TW et al. A validated age-related normative model for male total testosterone shows increasing variance but no decline after age 40 years. PLoS one 2014;9:e109346 2 Corona G et al. Type 2 diabetes mellitus and testosterone: a meta-analysis study. Int J Androl 2011;34:528-540

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3 Dohle GR et al. EAU-Leitlinie „Männlicher Hypogonadismus“. J Reproduktionsmed Endokrinol 2020;17:66-85 4 Traish AM et al. The dark side of testosterone deficiency: II. Type 2 diabetes and insulin resistance. J Androl 2009; 30:23-32 5 Yassin A et al. Testosterone therapy in men with hypogonadism prevents progression from prediabetes to type 2 diabetes: eight-year data from a registry study. Diabetes Care 2019;42:11041111 6 Haider A et al. Effects of long-term testosterone therapy on patients with „diabesity”: Results of observational studies of pooled analyses in obese hypogonadal men with type 2 diabetes. Int J Endocrinol 2014;2014:683515 7 Dhindsa S et al. Insulin resistance and inflammation in hypogonadotropic hypogonadism and their reduction after testosterone replacement in men with type 2 diabetes. Diabetes Care 2016; 39:82-91 8 Khripun I et al. Influence of testosterone substitution on glycemic control and endothelial markers in men with newly diagnosed functional hypogon­ adism and type 2 diabetes mellitus: a randomized controlled trial. The Aging Male 2018;20:1-9 9 Wittert G et al. Testoste rone treatment to prevent or revert type 2 diabetes in men enrolled in a lifestyle programme (T4DM): a randomised, double-blind, placebo-controlled, 2-year, phase 3b trial. N Engl J Med 2021;9:32-45 10 Diabetes Prevention Program Research Group. Reduction in the incidence of type 2 diabetes with lifestyle intervention or metformin. N Engl J Med 2002; 346:393-403 11 Salonia A et al. EAU Guidelines on sexual and reproductive health. Im Internet: https://uroweb.org/guideline/sexual-and-reproductive-health 12 Fachinformation Testogel® Dosiergel 16,2 mg/g Gel; Stand: Januar 2020

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FORUM HÄMOPHILIE

rpFVIII erweitert das therapeutische Spektrum Für die Erstlinienbehandlung zur Blutstillung stehen sog. Bypassing Agents (BPA) wie der rekombinante Faktor VIIa und das aktivierte Prothrombinkomplex-Konzentrat FEIBA zur Verfügung, die unter Umgehung von FVIII eine Thrombinproduktion auslösen. BPA haben jedoch einige Nachteile: Zum einen gibt keinen Routine-Labortest zur Überprüfung der Wirksamkeit, sodass das therapeutische Monitoring bei AHA einzig auf der klinischen Einschätzung basiert. Zum anderen kann das Thromboserisiko erhöht sein [1, 3]. Außerdem sind BPA bei der erworbenen Hämophilie A nicht so wirksam wie die FVIII-Substitution [1]. Mit Susoctocog alfa (Obizur®), das gezielt für die Hämostase bei AHA entwickelt wurde [4], steht dagegen ein rekombinanter porciner (rp)FVIII zur Verfügung, der dem humanen Faktor VIII (hFVIII) ausreichend ähnelt, um die Hämostase vergleichbar zu unterstützen. Zugleich ist es jedoch so verschieden, dass rpFVIII von den meisten Autoantikörpern, Perfusion 1/2021

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Susoctocog alfa – der erste rekombinante porcine Faktor VIII für die Blutstillung bei erworbener Hämophilie A

die gegen hFVIII gerichtet sind, nicht erkannt wird [5, 6]. Dadurch kann es die Funktion des inhibierten endogenen FVIII ersetzen und eine physiologische Blutgerinnung auslösen [4]. Ein weiterer Vorteil von Susoctocog alfa besteht darin, dass sich die Blutstillung zuverlässig und schnell steuern lässt, weil der FVIII-Plasmaspiegel mit einem Standard-Einstufen-Gerinnungstest überwacht und basierend auf den Ergebnissen eine zielgerichtete Dosierung vorgenommen werden kann [4, 7]. Diese Messung ist bei Bypassing Agents nicht möglich [7].

Schnelle und effektive Hämostase bei guter Verträglichkeit In einer prospektiven, offenen PhaseII/III-Studie wurden die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Susoctocog alfa bei 28 Patienten mit erworbener Hämophilie A mit schweren Blutungsepisoden untersucht [6]. Dazu zählten Blutungen, die die Vitalfunktion bedrohten, eine Bluttransfusion erforderten, zu einer muskulären bzw. neurovaskulären Funktionsstörung führten oder ein Hauptgelenk beeinträchtigten. Das mediane Alter der Studienteilnehmer lag bei 70 Jah-

30 28/28 100 %

25

Anzahl Patienten mit positivem Ansprechen

Die erworbene Hämophilie A (acquired haemophilia A, AHA) ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die sich als spontan auftretende, starke Blutungsneigung manifestiert. Ursache ist die Entwicklung von hemmenden Autoantikörpern gegen den endogenen Gerinnungsfaktor VIII (FVIII) [1]. Die durch den Mangel an verfügbarem Faktor VIII ausgelösten schweren Blutungen können lebensbedrohlich sein, die Letalität ist mit bis zu 22 % hoch [1, 2]. Um die Morbidität und Mortalität zu minimieren, sind eine schnelle Diagnose und Therapie wichtig.

20 15

19/20* 95 %

18/18 100 %

10 5 0

8

16

24

Zeit bis zum Ansprechen auf die Therapie [Stunden] Abbildung 1: Blutungskontrolle mit Susoctocog alfa (Obizur®) bei Patienten mit erworbener Hämophilie A. Innerhalb von 24 Stunden ließen sich schwere Blutungen bei 100 % der mit Susoctocog alfa behandelten AHA-Patienten stoppen oder reduzieren (mod. nach [6]). © Verlag PERFUSION GmbH


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FORUM HÄMOPHILIE

Susoctocog alfa Susoctocog alfa (Obizur®) ist eine rekombinante porcine Sequenz (rpFVIII) des humanen Faktor VIII (hFVIII) ohne B-Domäne, die zeitweise den gehemmten hFVIII ersetzt. Sofort nachdem er in den Kreislauf des Patienten gelangt ist, bindet sich der rpFVIII an den von-Willebrand-Faktor (vWF). Der aktivierte rpFVIII beschleunigt zusammen mit aktiviertem Faktor IX die Umwandlung von Faktor X in aktivierten Faktor X, welcher schließlich Prothrombin in Thrombin umwandelt. Thrombin wiederum wandelt Fibrinogen zu Fibrin um, wodurch eine Gerinnselbildung erfolgen kann [4]. Susoctocog alfa ist zugelassen zur Behandlung von Blutungsepisoden bei erwachsenen Patienten mit erworbener Hämophilie, die durch Antikörper gegen den Faktor VIII verursacht wird. Das Medikament darf ausschließlich bei stationärer Behandlung eingesetzt werden, wobei der Blutungszustand des Patienten klinisch überwacht werden muss. Dosis, Häufigkeit und Dauer der Therapie mit Susoctocog alfa richten sich nach dem Ort, Ausmaß und Schweregrad der Blutungsepisode, der Ziel-Faktor VIIIAktivität sowie dem klinischen Zustand des Patienten. Die empfohlene Dosis zu Anfang der Therapie beträgt 200 Einheiten je kg Körpergewicht und wird intravenös verabreicht. Die Faktor-VIII-Aktivität sowie der klinische Zustand des Patienten sollen 30 Minuten nach der ersten Injektion und 3 Stunden nach der Verabreichung von Susoctocog alfa überwacht werden. Dosis und Häufigkeit der Verabreichung sollten dann auf den Ergebnissen der Faktor-VIII-Aktivität und der erreichten klinischen Reaktion basieren [4].

ren und die mediane FVIII-Aktivität betrug bei Studienbeginn 3 %. 13 Patienten hatten signifikante Begleiterkrankungen, 11 Patienten hatten im letzten Monat bereits eine hämostatische Therapie erhalten. Alle Teilnehmer bekamen initial eine Susoctocog-alfa-Infusion in einer Dosierung von 200 Einheiten pro kg KG. Anschließend erfolgte alle 2 – 3 Stunden eine FVIII-Aktivitätsbestimmung. Die Folgedosen richteten sich nach diesen Messungen und den innerhalb der ersten 24 Stunden angestrebten FVIII-Talspiegeln, die

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bei besonders bedenklichen Blutungen >80 % sowie bei allen anderen schweren Blutungen >50 % betrugen. Innerhalb von 24 Stunden stellte sich bei allen Patienten ein Therapieansprechen ein (Abb. 1). Die mediane FVIII-Aktivität betrug nach 24 Stunden 108 %. Bei 24 Patienten (86 %) wurden die Blutungen gestoppt (FVIII-Spiegel ≥50 %), bei 4 Patienten (14 %) ließen sie nach (FVIIISpiegel ≥20 %). Eine besonders gute Wirksamkeit zeigte sich bei Patienten ohne Vortherapie: Bei 94 % der Patienten (16/17)

ohne hämostatische Vortherapie konnte die Blutung gestoppt werden. War bereits eine hämostatische Vor­ therapie erfolgt, gelang dies noch bei 73 % der Patienten (8/11). Unter der Therapie wurden keine thrombotischen Ereignisse beobachtet. Auch schwerwiegende Arzneimittelreaktionen oder Überempfindlichkeitsreaktionen traten nicht auf. Zudem ergab sich keine Korrelation zwischen dem Vorhandensein von Antikörpern gegen rpFVIII und der Wirksamkeit [6]. Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1 Fosbury E et al. Ther Adv Hematol 2017;8:263-272 2 Kruse-Jarres R et al. Am J Hematol 2017;92:695-705 3 Tiede A. Hämostaseologie 2020; DOI: 10.1055/a-1307-7592 4 Fachinformation Obizur® 500 E Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung; Stand: September 2020 5 Gomperts E et al. Expert Rev Hematol 2015;8:427-432 6 Kurse-Jarres R et al. Haemophilia 2015;21:162-170 7 Tureck PL et al. Haemophilia 2016; 22:957-965

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FORUM EISENMANGEL

Bis zu 80 % der Patienten mit akuter Herzinsuffizienz (HI) leiden unter einem Eisenmangel [1]. Diese Komorbidität geht unabhängig vom Vorhandensein einer Anämie mit einer schlechten Lebensqualität [2, 3] sowie einem erhöhten Risiko für Hospitalisierung [4] und Tod [5] einher. In der AFFIRM-AHF-Studie wurde daher untersucht, welchen Nutzen die Eisensubstitution mit i.v. Eisencarboxymaltose (Ferinject®) bei Patienten hat, die wegen einer akuten HI eingewiesen und nach der Stabilisierung einen Eisenmangel aufwiesen [6]. Eisencarboxymaltose verbessert das Outcome der Patienten In die randomisierte, doppelblinde und placebokontrollierte Studie AFFIRM-AHF wurden 1.108 herzinsuffiziente Patienten mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) ≤50 % eingeschlossen [6]. Sie erhielten die erste Dosis Eisencarboxymaltose bzw. Placebo nach Stabilisierung der akuten Herzinsuffizienz-Symptome, bevor sie aus der stationären Behandlung entlassen wurden. Weitere Dosen der Studienmedikation wurden ambulant verabreicht. 80 % der Patienten im Verum-Arm erhielten 1 oder 2 Dosen (kumuliert: 1.352 mg Eisen). Endpunkte waren unter anderem neuerliche Hospitalisierungen aufgrund einer Herzinsuffizienz und kardiovaskulärer Tod bis 52 Wochen nach der Randomisierung. Die relative Risikoreduktion der HIbedingten Krankenhausaufenthalte und kardiovaskulären Todesfälle betrug nach 52 Wochen Behandlung in der Eisencarboxymaltose-Gruppe im Vergleich zur Placebo-Gruppe 21 % (RR: 0,79; 95%-KI: 0,62  –  1,01; p = 0,059). Außerdem mussten die Perfusion 1/2021

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AFFIRM-AHF: Erste Studie mit harten Endpunkten zeigt die Relevanz der Eisentherapie bei Herzinsuffizienz mit Eisencarboxymaltose behandelten Studienteilnehmer signifikant seltener erneut wegen einer HI stationär behandelt werden: Nach 52 Wochen betrug die relative Risikoreduktion gegenüber Placebo 26 % (RR: 0,74; 95%-KI: 0,58 – 0,94; p = 0,013) [6]. Weitere Endpunkte, in denen sich Eisencarboxymaltose als überlegen erwies, waren die Zeit bis zur ersten HI-bedingten Hospitalisierung oder kardiovaskulärem Tod (p = 0,030). Darüber hinaus profitierten die Patienten der EisencarboxymaltoseGruppe von weniger verlorenen Tagen wegen HI-bedingter Hospitalisierung oder kardiovaskulärer Mortalität (p = 0,035). Beide Endpunktparameter sind sehr stark miteinander verwoben, denn die Sterblichkeit von herzinsuffizienten Patienten nimmt mit der Anzahl ihrer HI-bedingten Krankenhauseinweisungen zu [7]. Ein Anstieg der Mortalität wurde in der AFFIRM-AHF-Studie nicht beobachtet, die Inzidenz des kardiovaskulären Todes in den beiden Armen war vergleichbar (HR: 0,96; 95%-KI: 0,70 – 1,32; p = 0,809) [6].

Eisencarboxymaltose wurde insgesamt gut toleriert, neue sicherheitsrelevante Signale traten nicht auf. Schwere unerwünschte Ereignisse waren in Anzahl (45 % im VerumArm vs. 51 % im Placebo-Arm) und Art in beiden Studienarmen vergleichbar [6]. COVID-19-Sensitivitätsanalysen untermauern klinischen Nutzen Die AFFIRM-AHF-Studie verfehlte beim primären Endpunkt – die Kombination aus kardiovaskulärem Tod und Rehospitalisierung aufgrund einer Herzinsuffizienz – knapp die statistische Signifikanz. Allerdings überlappte die Nachbeobachtungsperiode der Studie zeitlich mit der ersten Welle der COVID-19-Pandemie. Bekanntlich gingen die Hospitalisierungen in der Kardiologie im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 europaweit zurück [7]. Daher empfehlen Internationale Fachgesellschaften und Behörden, Sensitivitätsanalysen durchzuführen, um den potenziell verzerrenden Effekt der

Ferinject® Ferinject® ist ein innovatives, dextranfreies, intravenös zu verabreichendes Eisenpräparat mit dem Wirkstoff Eisencarboxymaltose. Es ist indiziert zur Behandlung von Eisenmangelzuständen, wenn orale Eisenpräparate unwirksam sind, nicht angewendet werden können oder die medizinische Notwendigkeit einer raschen Eisengabe besteht. Die Diagnose eines Eisenmangels muss durch geeignete Laboruntersuchungen bestätigt sein. Die maximal empfohlene kumulative Dosis Ferinject® beträgt 1.000 mg Eisen pro Woche [8].

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COVID-19-Pandemie auf Studienergebnisse zu eliminieren. Eine entsprechende präspezifizierte Analyse der AFFIRM-AHF-Daten, in der Ereignisse nach Beginn der Pandemie zensiert wurden, ergab auch für den primären Endpunkt eine signifikante Risikoreduktion durch Eisencarboxymaltose um 25 % (RR: 0,75; 95%-KI: 0,59  –  0,96; p = 0,024). Bei den anderen bereits signifikanten Effekten stieg in der Sensitivitätsanalyse das Signifikanzniveau weiter an [6]. Fazit Trotz knapp verfehlter Signifikanz im primären Endpunkt belegen die Ergebnisse der AFFIRM-AHF-Studie den klinischen Nutzen einer i.v. Eisensubstitution mit Ferinject® bei Patienten mit Eisenmangel, die mit akuter HI in ein Krankenhaus eingeliefert und im Anschluss stabilisiert wurden [6]. Daher sollten HI-Patienten regelmäßig auf einen Eisenmangel untersucht werden, damit ihnen im Fall der Fälle der Nutzen einer Eisensubstitution nicht vorenthalten wird und rechtzeitig gegengesteuert werden kann. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur 1 Cohen-Solal A et al. Eur J Heart Fail 2014;16:984-991 2 Comin-Colet J et al. Eur J Heart Fail 2013;15:1164-1172 3 Enjuanes C et al. Int J Cardiol 2014; 174:268-275 4 Martens P et al. Acta Cardiol 2018; 73:115-123 5 Lin AH et al. Mil Med 2017;182: e1932-e1937 6 Ponikowski P et al. Lancet 2020;396: 1895-1904 7 Sokolski M et al. Am J Med 2020; doi: 10.1016/j.amjmed.2020.08.043 8 Fachinformation Ferinject® in der jeweils gültigen Fassung Perfusion 1/2021

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Akutes Koronarsyndrom und perkutane Koronarintervention:

Sofortige, vollständige und reversible Plättchenhemmung mit Cangrelor Müssen Patienten wegen eines akuten Koronarsyndroms (ACS) einer perkutanen Koronarintervention (PCI) unterzogen werden, ist die duale antithrombozytäre Therapie (DAPT) mit Acetylsalicylsäure und einem P2Y12-Rezeptor-Inhibitor von zentraler Bedeutung. Ob allerdings bei gesicherter Indikation zur Katheterintervention eine DAPT als Vorbehandlung empfehlenswert ist, wird immer wieder diskutiert. Zum einen sollen durch die Vorbehandlung weniger periprozedurale thrombotische Komplikationen auftreten [1]. Andererseits raten die aktuellen Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) von einer routinemäßigen Vorbehandlung mit P2Y12Inhibitoren bei Patienten mit einem Myokardinfarkt ohne ST-Streckenhebung (NSTEMI) ab, bei denen die Koronaranatomie unbekannt ist und ein frühes, invasives Vorgehen angestrebt wird [2]. Potenziell gefährlich kann das Preloading auch für Patienten werden, die direkt zu einer koronaren Bypass-Operation überwiesen werden [1]. Wie Studien gezeigt haben, verändert eine Vorbehandlung zwar nicht das ischämische Risiko oder die Überlebensrate, kann aber zu einer Zunahme von Blutungskomplikationen führen [3, 4]. Plättchenhemmung bei Ad-hocPCI: so schnell wie möglich Eine Ad-hoc-PCI, also ein interventioneller Eingriff, der sich bei Pati-

enten mit koronarer Herzkrankheit direkt an die invasive Abklärung der koronaren Gefäßmorphologie mittels Koronarangiographie anschließt, wird in der klinischen Praxis zunehmend häufiger vorgenommen. Die Vorteile dieses Vorgehens liegen auf der Hand: Der Patient bleibt auf dem Kathetertisch und ein zweiter Eingriff wird vermieden. Dadurch reduzieren sich im Gegensatz zum zeitlich gestaffelten Eingriff das Risiko von Komplikationen am Gefäßzugang und die Strahlenbelas­ tung [5]. Um bei diesen Akuteingriffen thrombotische Ereignisse zu verhindern, ist eine wirksame intra- und postinterventionelle Plättchenhemmung unabdingbar, denn das Risiko für Komplikationen wie Myokardinfarkt und Stentthrombosen ist in den ersten 2 – 4 Stunden nach dem Eingriff besonders hoch [6]. Allerdings ist eine schnelle, effektive und sichere duale Plättchenhemmung mit oralen P2Y12-Inhibitoren bei Akutbehandlungen teilweise nicht gewährleistet. Eine 50%ige Hemmung der Thrombozytenaggregation wird selbst mit den moderneren P2Y12-Inhibitoren Ticagrelor und Prasugrel aufgrund der verzögerten Bioverfügbarkeit erst nach 30 Minuten erreicht [7]. Besonders in Hochrisikosituationen besteht jedoch die Möglichkeit, bei Patienten, die vor der PCI keine oralen P2Y12-Hemmer erhalten haben, eine sofortige, hocheffektive Plättchenhemmung durch die i.v. Gabe von Cangrelor zu erreichen [8]. © Verlag PERFUSION GmbH


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Sofortige vollständige Kontrolle Cangrelor (Kengrexal®) ist ein direkter, reversibler P2Y12-Rezeptor-Inhibitor, der die Adenosindiphosphat (ADP)-induzierte Thrombozytenaggregation sehr rasch hemmt, sodass die Wirkung des einzigen i.v. applizierbaren P2Y12-Antagonisten bereits innerhalb 2 Minuten nach der intravenösen Bolusinjektion, gefolgt von einer Infusion, einsetzt. Der Wirkstoff erreicht eine nahezu vollständige Thrombozytenaggregationshemmung, die während der gesamten PCI aufrechterhalten werden kann (2 – 4 Stunden). Aufgrund der kurzen plasmatischen Halbwertszeit von 3 – 6 Minuten normalisiert sich die Thrombozytenfunktion innerhalb von 60 Minuten nach Infusionsende [9, 10]. Dadurch ermöglicht Cangrelor eine effektive und sehr gut steuerbare antithrombozytäre Therapie während der PCI [11]. Die Therapie mit oralen Plättchenhemmern stößt hingegen schnell an ihre Grenzen. Beispielsweise führt das beim ACS häufig zur Schmerzbehandlung eingesetztes Morphin zu einer verlangsamten Resorption, einem verzögerten Wirkungseintritt und einer verminderten Wirksamkeit von Clopidogrel, Prasugrel und Ticagrelor [12, 13]. Einen negativen Einfluss auf die Effektivität von

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P2Y12-Inhibitoren hat auch die milde therapeutische Hypothermie, die bei reanimationspflichtigen Patienten mit ACS zur Verbesserung der neurologischen Erholung angewendet wird [14]. Außerdem ist bei Patienten mit Schluckbeschwerden, aktivem Erbrechen, tiefer Sedierung, kardiogenem Schock oder Respirationstherapie Cangrelor die einzig mögliche Option, da eine orale Therapie in diesen Fällen überhaupt nicht infrage kommt [8, 15, 16, 17]. Studien zeigen Vorteile gegenüber Clopidogrel Cangrelor wurde in den randomisierten CHAMPION-Studien im Vergleich zu Clopidogrel bei insgesamt fast 25.000 Patienten sowohl mit elektiver PCI als auch mit ACS getestet. In einer gepoolten Analyse reduzierte Cangrelor gegenüber der Clopidogrel-Behandlung signifikant den kombinierten Endpunkt aus Tod, Myokardinfarkt, ischämiebedingter Revaskularisation und Stentthrombose innerhalb von 48 Stunden nach der PCI (3,8 % versus 4,7 %; p = 0,0007) [8]. Damit eignet sich Cangrelor ideal für den Einsatz in der PCI bei Patienten mit ACS, die ein hohes thrombotisches Risiko aufweisen. Elisabeth Wilhelmi, München

Literatur 1 Sibbing D et al. Eur Heart J 2016; 37:1284-1295 2 Collet JP et al. Eur Heart J 2020; Online ahead of print; DOI: 10.1093/eurheartj/ehaa575 3 Montalescot G et al. N Engl J Med 2013;369:999-1010 4 Dworeck C et al. JAMA Netw Open 2020;3:e2018735 5 Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische KHK – Langfassung, 5. Aufl. Version 1. 2019. DOI: 10.6101/AZQ/000419 6 Thel MC et al. Am J Cardiol 2000; 85:427-434 7 Mehili J et al. ESC Pocket Guidelines Akutes Koronarsyndrom ohne ST-Hebung (NSTE-ACS). Im Internet: https:// leitlinien.dgk.org/files/18_2015_pocket_leitlinien_nste_acs.pdf 8 Steg PG et al. Lancet 2013;382:19811992 9 Fachinformation Kengrexal®; Stand: Dezember 2019 10 Akers WS et al. Clin Pharmacol 2010; 50:27-35 11 Droppa M et al. Int J Cardiol 2016;223: 848-851 12 Parodi G et al. Circ Cardiovasc Interv 2015;8:e001593 13 Hobl EL et al. J Am Coll Cardiol 2014; 63:630-635 14 Eyileten C et al. Clin Pharmacol Ther 2019;106:993-1005 15 Park CB et al. Int J Cardiol 2013; 162:e56-e57 16 Součková L et al. Eur J Clin Pharmacol 2013;69:309-317 17 Kander T et al. Crit Care 2014;18:495

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Eine venöse Thromboembolie (VTE) ist eine schwerwiegende Komplikation, die eine effiziente Antikoagulation erfordert – auch bei Kindern. Bislang waren aber die Behandlungsoptionen für Kinder und Jugendliche limitiert, da die neuen oralen Antikoagulanzien nur bei erwachsenen Patienten eingesetzt werden konnten. Die Ärzte bewegten sich bei der Behandlung von kindlichen VTE zudem auf unsicherem Grund, denn die Therapie basierte hauptsächlich auf Ergebnissen aus Beobachtungsstudien und Extrapolationen aus Studien zu VTE bei Erwachsenen, bei denen HeparinInjektionen oder/und Vitamin-KAntagonisten genutzt wurden. Dies wird sich ab sofort ändern, denn mit der Erweiterung der Zulassung von Rivaroxaban (Xarelto®) zur Behandlung von an VTE erkrankten Kindern im Alter von der Geburt bis unter 18 Jahren durch die Europäische Kommission besteht nun die Möglichkeit, auch sehr junge VTE-Patienten mit einem Körpergewicht bis zu 30 kg mit der von Bayer entwickelten kindgerechten oralen Suspension von Rivaroxaban zu behandeln. Ab einem Gewicht von 30 kg können wahlweise die Suspension oder Xarelto®Tabletten eingesetzt werden (15 mg 1 × tgl. von 30 bis <50 kg KG; 20 mg 1 × tgl. bei ≥50 kg KG) [1]. Wirksamkeits- und Sicherheitsergebnisse konsistent mit denen bei Erwachsenen Die Zulassungserweiterung des oralen Faktor-Xa-Inhibitors Rivaroxaban durch die Europäische Kommission stützt sich auf das bislang größte abgeschlossene Studienprogramm zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit VTE, zu dem auch die multizentrische offene Perfusion 1/2021

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Rivaroxaban jetzt auch zur Behandlung und Rezidivprophylaxe von VTE bei Kindern und Jugendlichen zugelassen

und randomisierte Phase-III-Studie EINSTEIN-Jr. gehört [2]. In dieser Studie erhielten Kinder im Alter von der Geburt bis unter 18 Jahren nach einer mindestens 5-tägigen parenteralen Antikoagulation mit Heparin oder Fondaparinux im Verhältnis 2 : 1 randomisiert entweder Rivaroxaban (n = 335) oder weiterhin Heparin, gegebenenfalls gefolgt von einem Vitamin-K-Antagonisten (n = 165). In der Studie wurde Rivaroxaban in einer körpergewichts-adaptierten Dosis eingesetzt, die äquivalent war zu der 20-mg-Dosierung von Erwachsenen zur Behandlung von tiefen Venenthrombosen und Lungenembolien. Die Behandlungsdauer betrug standardmäßig 3 Monate bzw. 1 Monat für Kinder unter 2 Jahren mit Katheter-assoziierter VTE. In der Studie zeigte sich unter Rivaroxaban eine numerisch geringere Häufigkeit von symptomatischen VTE-Rezidiven (primärer Wirksamkeitsendpunkt) bei Kindern, verglichen mit dem Therapiestandard (Heparin-Injektionen oder umgestellt auf einen Vitamin-K-Antagonisten wie Warfarin). Bei 4 von 335 Kindern in der Rivaroxaban-Gruppe (1,2 %) sowie bei 5 von 165 Kindern in der Gruppe mit Standardbehandlung (3,0 %) trat erneut eine VTE auf (HR: 0,40; 95%-KI: 0,11 – 1,41). Rivaroxaban hatte einen signifikant besseren Effekt auf die durch bildgebende Verfahren nachgewiese-

ne thrombotische Last (p = 0,012). Beim primären Sicherheitsendpunkt schwere oder klinisch relevante nicht schwere Blutungen gab es keinen signifikanten Unterschied (HR: 1,58; 95%-KI: 0,51 – 6,27). Damit sind die absoluten und relativen Sicherheitsund Wirksamkeitsergebnisse in der EINSTEIN-Jr.-Studie konsistent mit denen früherer Rivaroxaban-Studien bei Erwachsenen mit VTE [3]. Schutz für Jung und Alt Durch die Ausweitung der bestehenden Zulassung für Rivaroxaban auf VTE bei Kindern und Jugendlichen sowie die Verfügbarkeit des FaktorXa-Inhibitors als kindgerechte Suspension, die voraussichtlich ab März in Deutschland verfügbar sein wird, erweitern sich die Möglichkeiten, selbst sehr junge Patienten altersgerecht zu antikoagulieren. Mit Rivaroxaban können Ärzte nun ihren Patienten in allen Altersgruppen wirksamen und sicheren Schutz bieten. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur 1 Fachinformation Xarelto® 15 mg und 20 mg Filmtabletten 2 Male C et al. Lancet Haematol 2020;7: e18-e27. Epub 2019 Nov 5.2019 pii: S2352-3026(19)30219-4 3 Bauersachs R et al. N Engl J Med 2010; 363:2499-2510 © Verlag PERFUSION GmbH


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Thrombolyse nach Schlaganfall: Einsatz des Dabigatran-spezifischen Antidots Idarucizumab – eine Kasuistik aus der Praxis

Vorhofflimmern (VHF) ist mit einem erhöhten Schlaganfall-Risiko assoziiert. Die VHF-Prävalenz steigt mit dem Alter an und erreicht etwa 10 % bei den über 65-Jährigen [1]. Es wird geschätzt, dass jeder fünfte Schlaganfall auf VHF zurückzuführen ist [2]. Die orale Antikoagulation stellt sowohl in der Primär- als auch in der Sekundärprophylaxe eine hochwirksame Therapie dar, mit der das Schlaganfall-Rezidivrisiko deutlich gesenkt werden kann [3]. Aufgrund von Wirksamkeits- und Sicherheitsvorteilen werden NOAK (Nicht-Vitamin-K-abhängige orale Antikoagulanzien) gegenüber Vitamin-K-Antagonisten (VKA) zur Thromboembolie-Prophylaxe bei VHF bevorzugt empfohlen [4]. Für die Aufhebung der Antikoagulation mit Dabigatran (Pradaxa®), einem direkten Thrombininhibitor, steht seit 2016 das Antidot Idarucizumab (Praxbind®) in Notfallsituationen flächendeckend in deutschen Kliniken bereit [5, 6]. Dadurch wird die Möglichkeit einer Akuttherapie mittels i.v. Thrombolyse geschaffen, wenn es in seltenen Fällen trotz effektiver Antikoagulation zum Schlaganfall* kommt, wie das vorliegende Fallbeispiel zeigt [7]. * Selbst unter Einsatz moderner Antikoagulanzien verbleibt ein jährliches Restrisiko von ca. 1 – 2 % für ischämische Schlaganfälle [8, 9]. Perfusion 1/2021

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Anamnese • 75 Jahre, männlich • Dabigatran-Therapie (110 mg bid) wegen VHF und Zustand nach Schlaganfall (letzte Einnahme vor 9 Stunden) – CHA2DS2-VASc-Score: 6 Punkte – HAS-BLED-Score: 3 Punkte • Symptomatische Epilepsie bei Zustand nach Mediainfarkt links im Jahr zuvor: Levetiracetam (500 mg bid) • Antihypertensive Medikation mit Amlodipin, Metoprolol und Torasemid Notaufnahme • Globale Aphasie und leichtgradige Hemiparese rechts • NIHSS-Score: 5 • CCT ohne Infarktfrühzeichen • Labor: verlängerte Thrombinzeit (Tab. 1) Prozeduren • Aufhebung der Dabigatran-induzierten Antikoagulation mit IdaruLabor

cizumab: 2 × 2,5 g i.v. innerhalb von 20 Minuten • i.v. Thrombolyse: gewichtsadaptierte rtPA-Therapie Klinischer Verlauf • Nach 1 Stunde: vollständige Rückbildung der neurologischen Symptome • Nach 24 Stunden: Wiederaufnahme der Dabigatran-Therapie mit Dosiserhöhung auf 150 mg bid – Keine Auffälligkeiten im EEG und EKG – De-novo-Therapie mit Simvastatin (20  mg) wegen Hyper­ cholesterinämie (LDL-Wert 160 mg/dl) – Krankenhaus-Entlassung Fazit Nach Aufhebung der Dabigatraninduzierten Antikoagulation durch Idarucizumab konnte rasch eine erfolgreiche i.v. Thrombolyse durchgeführt werden. Die DabigatranTherapie wurde am Folgetag wieder

Wert

Oberer Grenzwert

INR

1,01

apTT

39,0 s

42 s

TT

66,8 s

22 s

Tabelle 1: Laborwerte bei Notaufnahme. © Verlag PERFUSION GmbH


MITTEILUNGEN

aufgenommen und der Patient in gutem Allgemeinzustand entlassen. Fabian Sandner, Nürnberg

Literatur 1 Schnabel R et al. Atrial fibrillation: its prevalence and risk factor profile in the German general population. Dtsch Arztebl Int 2012;109:293-299 2 Volkskrankheit Vorhofflimmern: Studien bestätigen Schlaganfallschutz durch neue Gerinnungshemmer. Im Internet: h t t p s : / / w w w. d s g - i n f o . d e / p r e s s e / pressemeldungen/376-volkskrankheitvorhofflimmern-studien-bestaetigenschlaganfallschutz-durch-neue-gerinnungshemmer.html 3 Zettl UK, Sieb JP. Diagnostik und Therapie neurologischer Erkrankungen: State of the Art 2020. München: Elsevier; 2020 4 Management von Vorhofflimmern. ESC-Pocket-Guideline 2016 5 Fachinformation Praxbind®; Stand: August 2019 6 Pollack CV et al. Idarucizumab for da­ bigatran reversal – full cohort analysis. N Engl J Med 2017;377:431-441 7 Gawehn A et al. Successful thrombolysis with recombinant tissue plasminogen activator after antagonizing dabigatran by idarucizumab: a case report. J Med Case Rep 2016;10:269 8 Ruff CT et al. Comparison of the efficacy and safety of new oral anticoagulants with warfarin in patients with atrial fibrillation: a meta-analysis of randomised trials. Lancet 2014;383:955962 9 Connolly SJ et al. Dabigatran versus warfarin in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med 2009;361:11391151 Perfusion 1/2021

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Daiichi Sankyo unterstützt UKE-Studie zur Antikoagulation bei COVID-19-Patienten Daiichi Sankyo wird die jüngst gestartete klinische Studie HERO-19 (Hamburg Edoxaban foR anticoagulation in cOvid-19 study) unterstützen, die bei COVID-19-Patienten die Wirksamkeit einer intensiven Antikoagulationstherapie mit Edoxaban zusätzlich zur Standardtherapie zur Prophylaxe von Gerinnungskomplikationen untersucht [1]. Durchgeführt wird HERO-19 unter der Leitung von Professor Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Hohe Raten an Thrombosen und Lungenembolien bei COVID-19-Patienten Ausgangspunkt der Studie war die Feststellung erhöhter thromboembolischer Komplikationen bei verstorbenen COVID-19-Patienten. Forscher des Instituts für Rechtsmedizin am UKE unter der Leitung von Professor Klaus Püschel stellten bei Obduktionen von COVID-19-Patienten gehäuft Thrombosen und tödliche Lungenembolien fest. Eine erste Auswertung von Begleiterkrankungen, Krankheitsverläufen und Todesursachen von 12 Verstorbenen ergab, dass diese Krankheitsbilder bei 7 Patienten auftraten, 4 Patienten verstarben direkt an einer Lungenembolie. Vor ihrem Tod gab es bei den Betroffenen keinen entsprechenden Verdacht. Auch bei den weiteren Obduktionen in Hamburg fand Püschel Hinweise auf Lungenembolien [2].

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HERO-19: Mögliche Vorteile einer intensiven Antikoagulations­strategie Das UKE interpretiert die Obduktionsergebnisse als eine mögliche Indikation bei COVID-19-Patienten für Therapien mit blutverdünnenden Medikamenten, um die Entstehung von Thrombosen und Embolien zu verhindern. Im Dezember 2020 wurde daher die Studie HERO-19 gestartet. Die Teilnehmer werden in 2 Gruppen randomisiert: In der Verumgruppe erhalten sie während der Behandlung im Krankenhaus zweimal täglich gewichtsangepasst ein niedermolekulares Heparin, am UKE EnoxaparinNatrium (z.B. 8.000 IE morgens und abends bei 80 kg). Nach der stationären Entlassung wird Enoxaparin-Natrium abgesetzt und standardmäßig einmal täglich Edoxaban (Lixiana® 60 mg bzw. 30 mg) appliziert. Patienten in der Placebogruppe werden im Krankenhaus einmal täglich mit einer niedrigen Dosis Enoxaparin-Natrium (0,4 ml = 4.000 IE) behandelt und erhalten nach Entlassung und Absetzen von Enoxaparin-Natrium einmal täglich ein Placebo. Alle Patienten werden nach dem gleichen Pflegestandard behandelt (z. B. Antiinfektiva, Beatmung, Kreislaufunterstützung). Nach 2 und 6 Wochen erfolgen jeweils klinische Nachuntersuchungen. Erste Ergebnisse werden Mitte des Jahres erwartet. E. W.

Quellen 1 h ttps://clinicaltrials.gov/ct2/show/ NCT04542408 2 Wichmann D et al. Ann Intern Med 2020;173(4):268-277. doi: https://doi. org/10.7326/M20-2003 © Verlag PERFUSION GmbH


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Tumorerkrankungen sind häufig mit venösen Thromboembolien (VTE) assoziiert und das erhöhte Rezidivund Blutungsrisiko macht die Antikoagulation bei diesen Patienten zu einer besonderen Herausforderung. Bislang werden zur VTE-Behandlung bei Krebserkrankungen bevorzugt niedermolekulare Heparine (NMH) als subkutane Injektion eingesetzt, da diese das Rezidivrisiko für VTE im Vergleich zur Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) bei vergleichbarem Blutungsrisiko deutlich reduzieren. Als weitere, einfacher zu handhabende Option können laut Leitlinienempfehlung auch die direkten oralen Antikoagulanzien Edoxaban und Rivaroxaban in Erwägung gezogen werden, jedoch ist deren Einsatz vor allem durch ein erhöhtes Risiko für gastrointestinale Blutungen limitiert. Anders ist das beim Faktor-Xa-Inhibitor Apixaban:

Apixaban – eine gute orale Alternative zur Antikoagulation bei tumorassoziierten VTE Wie aktuelle Ergebnisse der Caravaggio-Studie bei Tumorpatienten zeigen, ist Apixaban mindestens genauso effektiv in der Verhinderung erneuter thromboembolischer Ereignisse wie das NMH Dalteparin, und das bei einem vergleichbaren Blutungsrisiko [1]. Mindestens so effektiv wie der Goldstandard Ziel der randomisierten Open-LabelStudie Caravaggio war es, die Nichtunterlegenheit von Apixaban ge-

genüber dem Behandlungsstandard Dalteparin bei Krebs-assoziierten VTE zu belegen. Eingeschlossen in die Analyse wurden 1155 Patienten mit einer aktiven oder höchstens 2 Jahre zurückliegenden Tumorerkrankung, bei denen eine symptomatische oder zufällig entdeckte tiefe Beinvenenthrombose oder eine symptomatische oder zufällig entdeckte Lungenembolie bestand. Ausgeschlossen wurden Patienten mit primären Hirntumoren, Hirnmetastasen, akuten Leukämien oder squamösen Basalzellkarzinomen der Haut, ebenso wie Patienten mit ak-

Apixaban (n = 576) n (%)

Dalteparin (n = 579) n (%)

Hazard Ratio (95%-KI)

p-Wert

Rezidiviertes VTE-Ereignis

32 (5,6)

46 (7,9)

0,63 (0,37 – 1,07)

p < 0,001 für Nichtunterlegenheit, p = 0,08 für Überlegenheit

Rezidivierte tiefe Venenthrombose

13 (2,3)

15 (2,6)

0,87 (0,34 – 2,21)

Rezidivierte Lungenembolie

19 (3,3)

32 (5,5)

0,54 (0,29 – 1,03)

Tödliche Lungenembolie

4 (0,7)

3 (0,5)

1,93 (0,04 – 9,41)

Tabelle 1: Ergebnisse für den primären Wirksamkeitsendpunkt der Caravaggio-Studie [1]. Apixaban (n = 576) n (%)

Dalteparin (n = 579) n (%)

Hazard Ratio (95%-KI)

p-Wert

Starke Blutung

22 (3,8)

23 (4,0)

0,82 (0,40 – 1,69)

p = 6,00

Starke gastrointestinale Blutung

11 (1,9)

10 (1,7)

1,05 (0,44 – 2,50)

Starke nicht gastrointestinale Blutung

11 (1,9)

13 (2,2)

0,68 (0,21 – 2,20)

Tabelle 2: Ergebnisse für den primären Sicherheitsendpunkt der Caravaggio-Studie [1]. Perfusion 1/2021

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tiven Blutungen oder einem hohen Blutungsrisiko, bei dem eine orale Antikoagulation kontraindiziert ist. Die Patienten wurden randomisiert 2 Gruppen zugeteilt: Eine Gruppe (n = 576) erhielt Apixaban in einer fixen Dosis von 10 mg 2× täglich für die ersten 7 Tage und danach 5 mg 2× täglich. Die andere Gruppe (n = 579) bekam 6 Monate lang Dalteparin subkutan, anfangs 1 Monat lang in einer Dosis von 200 IU pro kg KG täglich und danach als 150-IU-Dosis. Den primären Wirksamkeitsendpunkt, das Auftreten eines erneuten VTE-Ereignisses (proximale tiefe Venenthrombose oder Lungenembolie), erreichten nach der 6-monatigen Therapie 5,6 % der mit Apixaban behandelten Patienten und 7,9 % der Patienten in der Dalteparin-Gruppe. Das entspricht einer Hazard Ratio (HR) von 0,63 (95%-KI: 0,37 – 1,07; p < 0,001 für Nichtunterlegenheit und p = 0,09 für Überlegenheit; Tab. 1). Damit ist die Nichtunterlegenheit von Apixaban gegenüber Dalteparin eindeutig nachgewiesen. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass sich die Kurven bereits nach 30 Tagen zugunsten von Apixaban trennten. Die Sterblichkeit war in beiden Gruppen ähnlich (23,4 % unter Apixaban vs. 26,4  % unter Dalteparin) und meist der Tumorerkrankung geschuldet (85,2 % vs. 88,2 %) [1]. Beeindruckend niedrige Blutungsrate Unter der Behandlung mit Apixaban wurde kein erhöhtes Risiko für schwere Blutungen (primärer Sicherheitsendpunkt) beobachtet, insbesondere auch nicht im Gastrointestinaltrakt. Schwere Blutungen traten unter Apixaban bei 3,8 % und unter Dalteparin bei 4,0 % der Patienten und daPerfusion 1/2021

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mit ähnlich häufig auf (p = 0,6). Die Rate schwerer gastrointestinaler Blutungen war mit 1,9 % unter Apixaban und 1,7 % unter Dalteparin ebenfalls vergleichbar niedrig (Tab. 2) [1]. Fazit Die Caravaggio-Studie hat überzeugend belegt, dass Apixaban in der Thrombosetherapie bei Krebspatienten nicht nur mindestens genauso wirksam ist wie das als Goldstandard empfohlene NMH Dalteparin, sondern auch nur zu vergleichbar niedrigen Blutungsraten führt, insbesondere im Gastrointestinaltrakt. Dadurch erweitert sich, wie Studienleiter Professor Giancarlo Agnelli kommentierte, „der Anteil der Patienten mit Krebs-assoziierter Thrombose, die für eine Therapie mit direkt wirkenden oralen Antikoagulanzien (DOAK) geeignet sind. Dazu gehören auch Patienten mit einem gastrointestinalen Karzinom“ [2]. Ein DOAK ist für den Patienten bei gleicher Blutungsrate eindeutig einfacher zu handhaben als ein subkutan zu spritzendes Antikoagulans. Ob Apixaban aufgrund seiner geringen Blutungsrate die bessere Option unter den DOAKs für diese Indikation ist, müssten entsprechende Head-toHead-Vergleiche klären. Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1 Agnelli G, Becattini C, Meyer G et al. Apixaban for the treatment of venous thromboembolism associated with cancer. N Engl J Med 2020;382:15991607; DOI: 10.1056/NEJMoa1915103 2 Agnelli G. „Late-Breaking Clinical Trials III“, virtueller Kongress des American College of Cardiology (ACC) 2020

KONGRESSE

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Lipidsenker Praluent® reduziert das kardio­ vaskuläre Risiko signifikant Der nach juristischen Patentstreitigkeiten mit Amgen 2019 in Deutschland vom Markt genommene PCSK9Hemmer Alirocumab (Praluent®) wird hierzulande bald wieder verfügbar sein. Möglich macht das die Entscheidung des Europäischen Patentamts, dass bestimmte für Alirocumab relevante Ansprüche des europäischen Patents EP 2 215 124 von Amgen nicht valide sind. Daraufhin hat Amgen die Klage gegen Praluent® in Deutschland zurückgezogen und das Oberlandesgericht Düsseldorf hat am 5. November 2020 die Anordnung gegen Praluent® aufgehoben. Dies teilte der Hersteller Sanofi anlässlich einer Online-Pressekonferenz am 17. Februar 2021 mit. Professor Nikolaus Marx, Aachen, begrüßte die geplante Wiedereinführung von Alirocumab und betonte: „Die Verfügbarkeit von mehr als einem PCSK9-Hemmer bereichert das therapeutische Spektrum und gibt uns die Möglichkeit, Patienten individuell zu behandeln.“ Wie die Ergebnisse der ODYSSEY OUT­ COMES-Studie zeigen, konnte durch die Therapie mit Alirocumab die Gesamtmortalität bei kardiovaskulären Hochrisikopatienten signifikant um 15 % gesenkt werden*[1]. Lineare Korrelation zwischen LDL-Cholesterin-Senkung und KHK-Risiko Wie Professor Ulf Landmesser, Berlin, ausführte, zeigt die Auswertung * Nominal statistisch signifikant durch hierarchische Testung. © Verlag PERFUSION GmbH


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Kongresse

Alirocumab Alirocumab (Praluent®) hemmt die Bindung von PCSK9 (Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9) an den LDL-Rezeptor und erhöht damit die Anzahl der LDL-Rezeptoren auf der Leberzelloberfläche. Dadurch wird der LDL-C-Spiegel im Blut gesenkt. Alirocumab ist in Europa zugelassen zur Behandlung bei Erwachsenen mit primärer Hypercholesterinämie (heterozygote familiäre und nicht familiäre) oder gemischter Dyslipidämie begleitend zu einer Diät sowie zur Behandlung bei Erwachsenen mit bestehender atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos durch Verringerung der LDL-C-Werte zusätzlich zur Korrektur anderer Risikofaktoren: a) in Kombination mit einer maximal verträglichen Statintherapie mit oder ohne anderen lipidsenkenden Therapieprinzipien oder b) als Monotherapie oder in Kombination mit anderen lipidsenkenden Therapieprinzipien bei Patienten mit einer Statin-Unverträglichkeit oder wenn Statine kontraindiziert sind [6].

von 150.000 kardiovaskulären Ereignissen durch Ferrence et al. einen bemerkenswert konsistenten dosis­ abhängigen log-linearen Zusam­ menhang zwischen der absoluten Höhe der LDL-Cholesterin-Senkung und dem Risiko für eine koronare Herzkrankheit (KHK) [2]. Diese und andere gleichlautenden Ergebnisse spiegeln sich wider in den LDL-C-Zielwerten der aktualisierten Leitlinie zur Behandlung von Dyslipidämien der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) [3, 4]. Dabei gilt das Prinzip: Je höher das kardiovaskuläre Risiko, umso niedriger der LDL-C-Zielwert: Bei Menschen mit einem sehr hohen kardiovaskulären Risiko – beispielsweise Menschen mit Diabetes und Endorganschaden oder Menschen mit einer dokumentierten kardiovaskulären Erkrankung – soll der LDLC-Wert unter 55 mg/dl (<1,4 mmol/l) liegen sowie eine mindestens 50%ige Senkung des LDL-C-Wertes erreicht werden. „Diese ambitionierten Zielwerte sind mit einer hochdosierten Statintherapie plus Ezetimib nicht immer zu erreichen. Dann kann die Behandlung mit Alirocumab eine Option sein“, erklärte Landmesser. Perfusion 1/2021

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Klinischer Nutzen in großer Studie mit knapp 12.000 Patienten dokumentiert Die Wirksamkeit und Sicherheit von Alirocumab wurden im umfangreichen Phase-III-Studienprogramm ODYSSEY untersucht. Die größte Studie, die doppelblinde multinationale ODYSSEY OUTCOMES, schloss 18.924 Hochrisikopatienten ein. Die Teilnehmer hatten ein bis 12 Monate vor der Randomisierung zurückliegendes akutes Koronarsyndrom (ACS) erlitten und erreichten trotz einer hochdosierten bzw. maximal tolerierten Therapie mit Atorvastatin oder Rosuvastatin** (± anderen lipidsenkenden Therapien) in der Run-in-Phase keine ausreichende Kontrolle ihrer Lipide***. Die Patienten wurden auf Alirocumab alle 2 Wochen oder Placebo randomisiert und im Median über 2,8 Jahre behandelt. Primärer Endpunkt war das Auftreten von KHKbedingtem Tod oder nicht tödlichem ** Patienten konnten auch mit niedriger Dosierung teilnehmen, wenn Unverträglichkeit nachgewiesen und dokumentiert war [5]. *** LDL ≥70 mg/dl (≥1,8 mmol/l) oder non-HDL ≥100 mg/dl (≥2,6 mmol/l) oder Apolipoprotein B ≥80 mg/dl [5].

Myokardinfarkt oder tödlichem bzw. nicht tödlichem ischämischem Schlaganfall oder instabiler Angina pectoris, die eine Hospitalisierung erforderte [5]. „Die Studiengruppen waren bezüglich kardiovaskulärer Vorerkrankungen, der leitliniengerechten Post-ACS-Medikation sowie der lipidmodifizierenden Therapie gut balanciert“, erläuterte Marx. Je höher der LDL-Ausgangswert umso größer der Benefit Die mit der Alirocumab-Therapie einhergehende Senkung des LDLWertes übersetzte sich im Vergleich zu Placebo in ein um 15 % signifikant reduziertes relatives Risiko für das Erreichen des primären kombinierten Endpunkts (HR: 0,85; 95%-KI: 0,78 – 0,93; p < 0,001). Nach 48 Monaten lag die Number Needed to Treat (NNT) bei 49, das heiß, es mussten 49 Patienten behandelt werden, um ein KHK-Ereignis zu verhindern [5]. Marx hob hervor: „Patienten aller Subgruppen profitierten von der Behandlung mit dem PCSK9-Hemmer. Besonders ausgeprägt war der Vorteil unter Alirocumab bei Patienten mit hohen LDL-Ausgangswerten (≥100 mg/dl [≥2,6 mmol/l)]. Hier betrug die relative Risikoreduktion (RRR) 24 % (HR: 0,76; 95%-KI: 0,65 – 0,87), die NNT lag nach 48 Monaten bei 16 [5]. Reduzierte Gesamtmortalität unter Alirocumab Unter der Behandlung mit Alirocumab war im Vergleich zur Placebotherapie außerdem die Gesamtmortalität um 15 % niedriger (RRR; HR: 0,85; 95%-KI: 0,73 – 0,98; nominaler p-Wert = 0,03) [1]*. Dabei vergrößerte sich der Abstand zu Placebo mit zunehmender Therapiedauer: Bei Patienten, die mindestens 3 Jahre be© Verlag PERFUSION GmbH


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handelt wurden, lag die Gesamtmortalität um 22 % niedriger (RRR; HR: 0,78; 95%-KI: 0,65 – 0,94; nominaler p-Wert = 0,01) [1]. Die Häufigkeit unerwünschter Ereignisse und Laboranomalien war in der Alirocumab- und der Placebogruppe ähnlich – außer dass unter dem PCSK9-Hemmer mehr Reaktionen an der Einstichstelle auftraten als unter Placebo [5]. „Alirocumab reduzierte im Vergleich zu Placebo die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität nach akutem Koronarsyndrom bei Patienten mit erhöhten Werten atherogener Lipoproteine trotz intensiver oder maximal verträglicher Statintherapie“, fasste Marx die Studienergebnisse zusammen. Fabian Sandner, Nürnberg Quellen 1 Steg PG et al. Circulation 2019;140: 103-112 2 Ferrence BA et al. Eur Heart J 2017; 38:2459-2472 3 Mach F et al. Eur Heart J 2020;41:111188 4 Weingärtner O et al. Kardiologe 2020; 14:256-266 5 Schwartz GG et al. N Engl J Med 2018; 379:2097-2107 6 Fachinformation Praluent®; Stand: Dezember 2020

Mit Innovation und Digitalisierung für eine Optimierung der Hämophilie-Therapie Patienten mit Hämophilie, die eine spezialisierte und kontinuierliche Versorgung benötigen, können von innovativen Medikamenten und digitalen Lösungen der Telemedizin besonders profitieren. Bei einer von Takeda organisierten virtuellen Presseveranstaltung anlässlich der Jahrestagung der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) e.V. präsentierten ExPerfusion 1/2021

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perten herausragende Entwicklungen zur Prophylaxe und Behandlung der Hämophilie.

Standard-Labortests.“ Die Therapieentscheidung erfordert die sorgfältige Abwägung individueller Faktoren.

Erworbene Hämophilie A: effektive Hämostase mit dem ersten rekombinanten porcinen Faktor VIII

myPKFiT: erstes digitales Tool zur interaktiven Blutungsprophylaxe bei Hämophilie A

Die erworbene Hämophilie A (acquired haemophilia A, AHA) ist eine seltene Autoimmunerkrankung und durch oft spontan auftretende und schwere Blutungen charakterisiert. Die Letalität ist mit bis zu 22 % hoch. Ursache ist eine Entwicklung von hemmenden Autoantikörpern gegen den endogenen Gerinnungsfaktor VIII (FVIII). Diagnose und Behandlung sind herausfordernd und setzen Erfahrung voraus, wie Professor Paul Knöbl, Wien, betonte. Optionen für die Erstlinienbehandlung zur Blutstillung umfassen Bypassing-Produkte (BPA) oder die FVIII-Substitution mit rekombinantem porcinem (rp)FVIII (Susoctocog alfa, Obizur®). BPA haben jedoch einige Nachteile und bei einer Behandlung der AHA basiert das therapeutische Monitoring einzig auf der klinischen Einschätzung, da es keine Routine-Labortests zur Überprüfung der Wirksamkeit gibt. Nachteilig ist zudem, dass das Thromboserisiko erhöht sein kann. Susoctocog alfa wurde gezielt für die Hämostase bei AHA entwickelt und hat einen mit humanem FVIII vergleichbaren hämostatischen Effekt. Da rpFVIII von den meisten Autoantikörpern gegen humanen FVIII nicht erkannt wird, kann er diesen zeitweise ersetzen und die physiologische Hämostase wiederherstellen. „Mit Susoctocog alfa erweitert sich das therapeutische Spektrum bei AHA bedeutend“, resümierte Knöbl. „Ein wesentlicher Vorteil besteht in der Möglichkeit der FVIII-Dosisüberwachung mittels konventioneller

„Insbesondere bei Patienten mit schwerer Hämophilie können individualisierte Prophylaxe-Regimes hoch wirksam bei der Prävention von Gelenkblutungen und anderen Blutungsepisoden sein“, berichtete PD Dr. Robert Klamroth, Berlin. Sie erfordern einen multifaktoriellen Ansatz, bei dem u.a. das pharmakokinetische Profil und nicht zuletzt unterschiedliche Lebensstile der Patienten von großer Bedeutung sind. Die Pharmakokinetik variiert stark zwischen einzelnen Patienten, was einen individualisierten Ansatz bei der Prophylaxe erfordert. Bei Patienten mit Hämophilie A unterstützt das webbasierte, CE-zertifizierte Tool myPKFiT die personalisierte Prophylaxe mit den rekombinanten FVIII-Präparaten Octocog alfa (Advate®) oder Rurioctocog alfa pegol (Adynovi®). myPKFiT ist das erste digitale System dieser Art, das in Verbindung mit einer zugehörigen mobilen Patienten-App sowohl den Arzt als auch den Patienten über die ermittelten Daten informiert. Anhand von zwei Blutproben kann das System die individuelle Pharmakokinetik abbilden und somit einen Behandlungsplan simulieren. Dies hilft den Patienten, die Erkrankung und Behandlung besser zu verstehen, jederzeit den aktuell wirksamen Blutungsschutz einzuschätzen und letztlich ein aktiveres Leben führen zu können. „Damit leistet die an der individuellen Pharmakokinetik orientierte Prophylaxe auch einen wichtigen Beitrag zur Optimierung der Gelenk- und Patientengesundheit“, betonte Klamroth. © Verlag PERFUSION GmbH


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Enzypad: patientennahe Testung des Gerinnungsstatus mit handlichem Analysegerät Telemedizinische Anwendungen sind heute zunehmend Bestandteil der Versorgung insbesondere von Patienten mit chronischen Erkrankungen und haben das Potenzial, den Behandlungserfolg und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Wie Professor Peter Turecek, Wien, ausführte, befindet sich derzeit ein innovatives Analysegerät in der Entwicklung, das es Hämophilie-Patienten ermöglicht, ihren Gerinnungsstatus an jedem Ort und zu jeder Zeit selbst zu bestimmen. Es ist Ergebnis einer Forschungskooperation von Takeda mit dem Unternehmen Enzyre aus den Niederlanden. Das als Enzypad bezeichnete Gerät von der Größe eines Mobiltelefons kann eine Vielzahl von gerinnungsbezogenen Reaktionen auf Basis von Chemilumineszenz messen. Zentraler Bestandteil ist ein Biochip, der die Faktor-VIII-Aktivität und die Thrombinbildung parallel misst und damit verwertbare Daten in Echtzeit liefert. Der Patient nimmt dazu eine kleine Menge Blut mittels eines Entnahmegeräts ab, welches anschließend an das Enzypad angedockt wird. Die Messergebnisse werden über ein mobiles Gerät, z.B. ein Smartphone, in einen Datenspeicher hochgeladen, auf den auch die Ärzte Zugriff haben. „Damit können sowohl Arzt als auch Patient zeitnah auf besondere Lebenssituationen (z. B. bei sportlichen Aktivitäten oder kleinen Verletzungen) reagieren, um immer einen adäquaten Blutungsschutz sicherzustellen“, sagte Turecek. Sibylle Michna, Puschendorf

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Wachsender Stellenwert der Time in Range in der Diabetestherapie Durch den zunehmenden Einsatz von Geräten zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) gewinnt die Time in Range (TIR), die prozentuale Zeit, in der sich ein Mensch mit Diabetes im glykämischen Zielbereich (70 – 180 mg/dl) befindet, als Parameter der glykämischen Kontrolle an Bedeutung. Im Gegensatz zum HbA1c kann die TIR die täglichen Schwankungen des Blutzuckers (Hypo- und Hyperglykämien) abbilden und auf diese Weise auch einen Einblick in die kurz- und mittelfristige Blutzuckereinstellung geben. Auf einem von Novo Nordisk veranstalteten Symposium anlässlich der DiaTec 2021 diskutierten Experten die aktuellen Empfehlungen bezüglich dieses neuen Parameters zur glyk­ämischen Kontrolle und stellten die Bedeutung der TIR als Endpunkt in klinischen Studien heraus Mehr Zeit im Zielbereich durch Insulin degludec versus Insulin glargin 100 E/ml „Nach Angaben des internationalen Konsensberichts des Advanced Technologies & Treatment for Diabetes Congress (ATTD) ist die Verlängerung der TIR bei gleichzeitiger Verkürzung der TBR (Time below Range, Zeit unterhalb des Glukosezielbereichs) das primäre Ziel einer wirksamen und sicheren Blutzuckerkontrolle bei Patienten mit Typ1- und Typ-2-Diabetes, die CGMGeräte einsetzen“, erklärte Professor Thomas Danne, Hannover. „Zu diesem Zweck sollte bei den meisten Patienten eine TIR von mindestens 70 % und eine TBR unter 4 % angestrebt werden.“ Die Validität der TIR als Surro­ gatmarker für langfristige klinische

Ergebnisse ist jedoch im Vergleich zum HbA1c noch wenig erforscht. „Es stehen bereits Studiendaten zur Verfügung, die auf eine Assoziation zwischen der TIR und kardiovaskulären Folgekomplikationen hinweisen, jedoch sind diesbezüglich weitere Untersuchungen im Rahmen großangelegter Studien erforderlich“, resümierte Danne. „Der steigende Stellenwert der TIR in der Diabetestherapie zeigt sich meiner Einschätzung nach unter anderem darin, dass sie in zunehmendem Maße als Bestandteil von Endpunkten in klinischen Studien zu Insulinen aufgenommen wird, beispielsweise in der Phase-IV-Studie SWITCH PRO“, berichtete Dr. Ralph Ziegler, Münster. Ziel dieser randomisierten, offenen Studie im Cross-over-Design mit jeweils 18-wöchigen Behandlungsphasen war die Untersuchung der Zeit im Blutzuckerzielbereich (70 – 180 mg/ dl) von Insulin degludec (Tresiba®) im Vergleich zu Insulin glargin 100 E/ml, ggf. in Kombination mit oralen Antidiabetika bei Patienten mit Typ-2-Diabetes, die das Flash Glucose Monitoring (FGM)-System FreeStyle Libre® anwenden. Eingeschlossen wurden Patienten, die zu Studienbeginn bereits mindestens 90 Tage mit Basalinsulin behandelt wurden und mindestens einen Risikofaktor für Hypoglyk­ ämien aufwiesen. Primärer Endpunkt der Studie war der prozentuale Anteil der Zeit im Zielbereich, der jeweils über einen Zeitraum von 2 Wochen am Ende jeder Behandlungsphase bestimmt wurde. Insulin degludec zeigte diesbezüglich eine Überlegenheit gegenüber Insulin glargin 100 E/ml: Unter Insulin degludec betrug die mittlere TIR 72,1 % gegenüber 70,7 % für Insulin glargin 100 E/ml (Estimated Treatment Difference: 1,43 %, 95%KI: 0,12 – 2,74; p = 0,032). Das bedeutet, dass sich der Blutzuckerwert der eingeschlossenen Patienten un© Verlag PERFUSION GmbH


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ter Insulin degludec täglich fast 21 Minuten länger im Zielbereich von 70 – 180 mg/dl befand. Zudem zeigte eine Post-hoc-Analyse im Rahmen der Studie exploratorisch, dass mit Insulin degludec die prozentuale Zeit unterhalb des Zielbereichs (TBR) in der Nacht verkürzt werden konnte. Verlängerung der TIR nach Wechsel auf Insulin aspart Ein weiteres Beispiel für eine Studie, in der die TIR eine Rolle spielt, ist die nicht interventionelle Studie GoBolusTM. In diese Beobachtungsstudie wurden 243 Patienten mit Typ-1-Diabetes eingeschlossen, die bereits seit mindestens 6 Monaten vor Studienbeginn das FGM-Gerät FreeStyle Libre® anwendeten. Primärer Endpunkt war die Änderung des HbA1c nach 24 Wochen ab Behandlungsbeginn mit der schnell wirk­ samen Insulin-aspart-Formulierung Fiasp® (Baseline). Zu den explorativen Endpunkten gehörten die Änderungen der FGM-Daten ab Baseline bis Woche 12 und bis Woche 24. Unter Fiasp® kam es nach 24 Wochen zu einer eine signifikanten mittleren Senkung des HbA1c um 0,19 % von 8,1 % auf 7,9 % (95%KI: –0,27 bis –0,10, p < 0,0001). Bis zum Studienende zeigten die FGMDaten signifikante Senkungen der mittleren postprandialen Glukose (–15,1 ± 43,0 mg/dl). Zudem verlängerte sich die durchschnittliche tägliche TIR bis Woche 24 um 46,1 Minuten. Dies ging mit einer Verkürzung der Zeit im hyperglykämischen Bereich einher (–43,5 Minuten für den Glukosebereich >180 mg/dl und –35,6 Minuten für >250 mg/dl). Die Zeit im hypoglyk­ ämischen Bereich blieb jedoch im Studienverlauf unverändert. Elisabeth Wilhelmi, München Perfusion 1/2021

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OFFIZIELLES ORGAN DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR ARTERIOSKLEROSEFORSCHUNG Herausgeber: Univ.-Prof. Dr. Dr. Edzard Ernst, Emeritus Professor of Complementary Medicine, University of Exeter, Peninsula Medical School,Salmon Pool Lane, Exeter EX2 4SG, UK Prof. Dr. med. W. Koenig, Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen Deutsches Herzzentrum München Technische Universität München Lazarettstr. 36, 80636 München Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. T. von Arnim (Kardiologie), München Prof. Dr. med. G. V. R. Born (Arterioskleroseforschung), London Prof. Dr. med. C. Diehm (Angiologie), Karlsbad Priv.-Doz. Dr. med. Dr. phil. C. Drosde (Kardiologie), Freiburg Dr. med. J. Dyerberg MD, Ph. D. (Klin. Chemie), Aalborg Sygehus, Dänemark Univ.-Prof. Dr. med. H. W. Eichstädt, (Kardiologie), Berlin Doz. Dr. rer. nat. F.-D. Ernst (Hämorheologie), Dresden Dr. med. J. Gehring (Kardiologie, Rehabilitation), München Prof. Dr. med. J. D. Gruß (Gefäßchirurgie), Kassel Prof. Dr. J. Harenberg (Hämostaseologie), Mannheim Prof. Dr. med. L. Heilmann (Gynäkologie), Rüsselsheim Prof. Dr. med. H. M. Hoffmeister (Kardiologie), Solingen Prof. Dr. med. H. U. Janka (Diabetologie), München Dr. med. J. Janzen MPhil (Pathologie), Bern, Schweiz Prof. Dr. med. L. Kollár M. D., PhD (Gefäßchirurgie), Universität Pécs, Ungarn Prof. Dr. med. M. Marshall (Phlebologie), Rottach Egern Prof Dr. med. J. Matsubara (Chirurgie), Ishikawa, Japan Prof. Dr. med. G. Mchedlishvilli (Mikrozirkulation), Tbilisi, Georgien Prof. Dr. med. V. Mitrovic (Kardiologie, Klinische Pharmakologie), Bad Nauheim Prof. Dr. med. H. Mörl (Angiologie), Mannheim Prof. Dr. med. F. J. Neumann (Kardiologie), Bad Krozingen Prof. Dr. med. K. L. Resch (Medizin-Statistik), Bad Elster Prof. Dr. med. G. Rettig (Kardiologie), Homburg PD Dr. med. Rainer Röttgen (Radiologie), Berlin Prof. Dr. med. G. Schmid-Schönbein (Biomechanik), La Jolla, USA Prof. Dr. med. H. Schmid-Schönbein (Physiologie), Aachen Prof. Dr. med. A. Schrey (Pharmakologie), Düsseldorf Prof. Dr. med. H. Sinzinger (Nuklearmedizin), Wien, Österreich Prof. Dr. med. T. Störk (Kardiologie, Angiologie), Göppingen Prof. Dr. med. I. Szirmai M. D. (Neurologie), Universität Budapest, Ungarn Prof. Dr. med. G. Trübestein (Angiologie), Bonn Prof. Dr. med. B. Tsinamdzvrishvili (Kardiologie, Hypertonie), Tbilisi, Georgien Prof. Dr. med. W. Vanscheidt (Dermatologie), Freiburg Prof. Dr. med. H. Weidemann (Kardiologie, Sozialmedizin), Bad Krozingen

Schriftleitung: Univ.-Prof. Dr. Dr. Edzard Ernst, Emeritus Professor of Complementary Medicine, University of Exeter, Peninsula Medical School, Salmon Pool Lane, Exeter EX2 4SG, UK E-Mail: Edzard.Ernst@pms.ac.uk Tel: +44 (0) 1392 726029 Fax: +44 (0) 1392 421009 Die Zeitschrift erscheint 6-mal im Jahr; Jahresabonnement 27,–; Einzelheft 5,50, inklusive MwSt., zuzüglich Versandspesen. Der Abonnementpreis ist im voraus zahlbar. Stornierungen sind bis 6 Wochen vor Ablauf eines Kalenderjahres möglich. Abonnementbestellungen direkt beim Verlag.

Geschäftsführerin: Sibylle Michna Anschrift wie Verlag Chefredaktion: Brigitte Söllner (verantwortlich) Anschrift wie Verlag Herstellung/Layout: HGS5 – Rolf Wolle (verantwortlich) Schwabacherstr. 117, 90763 Fürth Werbung, Beratung, Verkauf: Sibylle Michna (verantwortlich) Anschrift wie Verlag Die Annahme von Werbeanzeigen impliziert nicht die Empfehlung durch die Zeitschrift; die in den Beiträgen zum Ausdruck gebrachten Meinungen und Auffassungen drücken nicht unbedingt die der Herausgeber, des wissenschaftlichen Beirates oder des Verlages aus. Der Verlag behält sich alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung jeglicher Art, sowie die Übersetzung vor. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages. Erfüllungsort: Puschendorf Gerichtsstand: Fürth Fälle höherer Gewalt, Streik, Aussperrung und dergleichen entbinden den Verlag von der Verpflichtung auf Erfüllung von Aufträgen und Leistungen von Schadensersatz.

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