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Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen in Klinik und Praxis Jahrgang 32, Heft 2 April 2019
VERLAG
PERFUSION Offizielles Organ der Deutschen Gesellschaft für Arterioskleroseforschung Current Contents/ Clinical Medicine
ORIGINALARBEIT Perfusionsstörungen der Hand durch berufliche Exposition – Teil 1: Pathophysiologie und diagnostische Herangehensweise
ÜBERSICHTSARBEIT Beta-Adrenorezeptoren-Antagonisten in der Pädiatrie – eine kurze Übersicht
FOREN
Forum Lipidsenker: Alirocumab jetzt auch zur Risikoreduktion bei Patienten mit bestehender kardiovaskulärer Erkrankung zugelassen Forum antithromboticum: • Wirksame Behandlung und Rezidivprophylaxe von VTE mit Apixaban: VTE sind nicht nur bei älteren Menschen ein Thema • DOAC Dipstick: Einfacher Nachweis von direkten oralen Antikoagulanzien aus dem Urin Forum cardiologicum: Bundesweit, flächendeckend, vom Kind bis zum Greis – herzchirurgische Versorgung in Deutschland konstant auf hohem Niveau Forum seltene hereditäre Erkrankungen: Hereditäres Angioödem: Lanadelumab definiert die Therapie neu
REDAKTIONELLER TEIL
Mitteilungen, Kongressberichte
ISSN 0935-0020
Für das Herz, für das Leben.
Wirksamer die Herzfunktion erhalten.
* 1, 2
Bei Herzinsuffizienz (HFrEF) ** rechtzeitig den besseren Weg einschlagen.* 1, 2
Bei symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz (HFrEF) 3 Stärkerer Schutz von Anfang an:* • Weniger Hospitalisierungen 1 • Länger leben 1, 2 • Aktiver leben 1, 4
* vs. ACE-Hemmer (Enalapril 10 mg 2 x täglich als Vergleichsmedikation vs. ENTRESTO® 200 mg 2 x täglich). ** Symptomatische, chronische Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF). 1. McMurray JJV et al., Angiotensin-neprilysin inhibition versus enalapril in heart failure. N Engl J Med. 371(11):993–1004 (2014). 2. Velazquez E, Morrow D, DeVore, A, et al., Angiotensin-Neprilysin Inhibition in Acute Decompensated Heart Failure. N Engl J Med. 2018. doi: 10.1056/NEJMoa1812851. 3. Fachinformation ENTRESTO® 4. Chandra A et al. Effects of Sacubitril-Valsartan on physical and social activity limitations in patients with heart failure – A secondary analysis of the PARADIGM-HF Trial.JAMA Cardiol, in press (2018). Entresto® 24 mg/26 mg Filmtabletten. Entresto® 49 mg/51 mg Filmtabletten. Entresto® 97 mg/103 mg Filmtabletten ▼ Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Wirkstoffe: Sacubitril u. Valsartan. Zus.-setz.: Arzneil. wirks. Bestandt.: 1 Filmtabl. enth.: 24,3 mg bzw. 48,6 mg bzw. 97,2 mg Sacubitril und 25,7 mg bzw. 51,4 mg bzw. 102,8 mg Valsartan (als Sacubitril-Natrium–Valsartan-Dinatrium (1:1) 2,5 H2O). Sonst. Bestandt.: Tabl.-kern: Mikrokrist. Cellulose, niedrig substituierte Hyprolose, Crospovidon (Typ A), Magnesiumstearat, Talkum, hochdisp. Siliciumdioxid. Filmüberzug: Hypromellose, Substitutionstyp 2910 (3 mPa·s), Titandioxid (E171), Macrogol (4000), Talkum, Eisen(III)-oxid (E172). -24 mg/26 mg Filmtabl. u. -97 mg/103 mg Filmtabl. zusätzl.: Eisen(II,III)-oxid (E172). -49 mg/51 mg Filmtabl. zusätzl.: Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172). Anwend.-gebiete: Bei erwachsenen Patienten zur Behandl. einer symptomatischen, chronischen Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion. Gegenanz.: Überempfindlichk. gegen die Wirkstoffe od. einen der sonst. Bestandt. Gleichzeit. Anwend. von ACE-Hemmern. Entresto darf erst 36 Stunden nach Absetzen einer Therapie mit ACE-Hemmern gegeben werden. Anamnestisch bekanntes Angioödem im Zus.-hang mit e. früheren ACE-Hemmer- od. ARB-Therapie. Hereditäres od. idiopathisches Angioödem. Bei Auftreten e. Angioödems muss Entresto sofort abgesetzt werden. Gleichzeit. Anwend. mit Aliskiren-haltigen AM bei Patienten mit Diabetes mellitus od. bei Patienten mit Nierenfunktionsstörung (eGFR < 60 ml/min/1,73 m2). Schwere Leberinsuffizienz, biliäre Zirrhose od. Cholestase. Zweites u. drittes Schwangerschafts-Trimester. Stillzeit. Nebenw.: Sehr häufig: Hyperkaliämie. Hypotonie. Nierenfunktionsstör. Häufig: Anämie. Hypokaliämie, Hypoglykämie. Schwindel, Kopfschmerzen, Synkope. Vertigo. Orthostat. Hypotonie. Husten. Diarrhö, Übelkeit, Gastritis. Nierenversagen (einschl. akutes Nierenversagen). Ermüdung, Asthenie. Gelegentl.: Überempfindlichkeit. Posturaler Schwindel. Pruritus, Hautausschlag, Angioödem. Verschreibungspflichtig. Weit. Hinweise: S. Fachinformation. Stand: Juni 2018 (MS 08/18.8). Novartis Pharma GmbH, Roonstr. 25, 90429 Nürnberg. Tel.: (0911) 273-0, Fax: (0911) 273-12 653. www.novartis.de
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EDITORIAL
Wie werde ich ein Scharlatan?
Prof. Dr. med. E. Ernst, Exeter, U.K.
In diesem Editorial möchte ich mein kürzlich auf Deutsch erschienenes Buch „SCHMU, Scheinmedizinischer Unfug“ vorstellen (das englische Original wurde unter dem Titel „SCAM, So-called Alternative Medicine“ publiziert). Es ist eine kritische Analyse des blühenden Geschäfts mit der Alternativmedizin. Aus welchem Grund habe ich den Begriff „SCHMU“ gewählt? Warum spreche ich nicht einfach von Alternativmedizin? Vor allem tue ich dies deswegen nicht, weil es – was auch immer es ist – eben keine Alternative darstellt. Denn: • Wenn eine Therapie nicht wirksam ist, stellt sie keine Alternative zu Medizin dar; • und wenn eine Therapie wirksam ist, gehört sie nicht zu alternativmedizinischen Verfahren, sondern zu medizinischen. Vor diesem Hintergrund halte ich „scheinmedizinischer Unfug“ oder kurz SCHMU für eine recht passable Bezeichnung. Hier ist ein kurzer Abschnitt aus dem Buch, das versucht, die Dinge nicht immer tierisch ernst zu nehmen: Quacksalberei kann nicht besiegt werden, sie wird immer überleben. Also können Sie, liebe Leser, sich eigentlich auch genauso gut der Quacksalberei anschließen und selbst zum Scharlatan werden. Und selbst wenn es zu nichts anderem gut ist, wird es zumindest Ihre Finanzen ordentlich aufbessern. Um dieses hehre Ziel zu erreichen, möchte ich vorschlagen, sich an die einfachen Perfusion 2/2019
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Schritte der folgenden Anleitung zu halten (hier ist leider nur Platz für den ersten und letzten von insgesamt 10 im Buch genannten Schritten): Erfinden Sie einen ansprechenden SCHMU Habe ich soeben behauptet, es handele sich um einfache Schritte? Es tut mir leid, aber der erste Schritt ist wohl doch nicht ganz so leicht. Die meisten der richtig guten Ideen sind nämlich schon vergeben: Ohrenkerzen, Homöopathie, Auramassage, Energieheilung, Urintherapie, Chiropraktik etc. Als Scharlatan, der etwas auf sich hält, würden Sie bestimmt ihren ganz persönlichen SCHMU haben wollen. Also muss etwas Neues her. Es sollte eine Idee sein, die idealerweise vollkommen abwegig ist, wie beispielsweise die Behauptung, das Ohr sei eine Landkarte des menschlichen Körpers und alle Krankheiten könnten geheilt werden, indem man in bestimmte Areale des Ohrs pikst – äh, Entschuldigung, da haben sich die Ohrakupunkteure bereits breitgemacht. Wie wäre es stattdessen mit der Behauptung, Sie verfügen über übernatürliche Kräfte und könnten damit Heilenergie in die Körper der Patienten senden, damit sie sich selbst wieder instandsetzen können? Funktioniert auch nicht, fürchte ich, die Reiki-Heiler könnten Sie wegen Plagiat verklagen. Aber Sie wissen jetzt hoffentlich, was ich meine. Mit ein wenig Leidenschaft und Inspiration sind sicher auch Sie in der Lage, etwas Geniales, Unwiderstehliches und vor allem Profi tables zu erfinden.
Lassen Sie Ihre Methode etwas kosten – und zwar horrende Summen Den wichtigsten Rat habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben: Vergessen Sie niemals, dass es Ihr oberstes Ziel ist, mit ihrem SCHMU reich zu werden! Wenn es sich um ein Produkt handelt, das man verkaufen kann (z.B. im Internet, um etwaigen Restriktionen aus dem Weg zu gehen), setzen Sie mit dem Preis ruhig ganz oben an. Sollte es eher um eine angewandte Behand lungsmaßnahme gehen, berechnen Sie hohe Beratungskosten und beanspruchen Sie Exklusivität. Und ist ihr SCHMU eine Technik, die didaktisch vermittelt werden kann, bilden Sie weitere Therapeuten aus und knöpfen ihnen dafür horrende Kursgebühren ab und bieten Sie Ihnen im weiteren Verlauf natürlich eine Beteiligung an den Einnahmen der Nachwuchsscharlatane an. Absurd hohe Preise sind die beste Methode, um schnell bekannt zu werden – oder haben Sie schon einmal von einem Scharlatan gehört, der für seine günstigen Angebote berühmt ist? Zudem hält das auch das Gesindel fern, das Sie nicht in Ihrer Praxis haben wollen, und am Ende sind arme Menschen ja vielleicht sogar krank! Nein, das ist wirklich nicht Ihre Zielgruppe. Was Sie wollen, ist eine stinkreiche Kundschaft mit eingebildeten Zipperlein, die sich einen echten Arzt leisten können, wenn doch einmal etwas schief geht. Edzard Ernst, Exeter © Verlag PERFUSION GmbH
Heft 2 April 2019
50 Forum Lipidsenker 52, 54 Forum antithromboticum 56 Forum cardiologicum 58 Forum seltene hereditäre Erkrankungen 44, 48, 64 Mitteilungen 60 Kongressberichte
Offizielles Organ der Deutschen Gesellschaft für Arterioskleroseforschung Current Contents/Clinical Medicine
INHALT EDITORIAL 33 Wie werde ich ein Scharlatan? E. Ernst ORIGINALARBEIT 36 Perfusionsstörungen der Hand durch berufliche Exposition – Teil 1: Pathophysiologie und diagnostische Herangehensweise U. Wahl, T. Hirsch ÜBERSICHTSARBEIT 46 Beta-Adrenorezeptoren-Antagonisten in der Pädiatrie – eine kurze Übersicht E. Pichler, L. Pichler
50 Forum lipid lowering drugs 52, 54 Forum antithromboticum 56 Forum cardiologicum 58 Forum rare hereditary diseases 44, 48, 64 Informations 60 Congress reports
CONTENTS EDITORIAL 33 How to become a quack? E. Ernst ORIGINAL PAPER 36 Circulatory disorders of the hands through occupational exposure – Part 1: Pathophysiology and diagnostic approach U. Wahl, T. Hirsch REVIEW 46 Beta-adrenergic antagonists in paediatrics – a short overview E. Pichler, L. Pichler
Shire Deutschland GmbH, jetzt Teil der Takeda Group
C-APROM/DE//2443
ADYNOVI® 500 I.E./ 1000 I.E./ 2000 I.E. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. Hinweise zur Meldung von Nebenwirkungen, siehe Abschnitt 4.8 der Fachinformation. Wirkstoff: Rurioctocog alfa pegol (pegylierter Blutgerinnungsfaktor VIII vom Menschen, hergestellt mittels rekombinanter DNA-Technologie). Zusammensetzung: Jede Pulver-Durchstechflasche enthält 500/1000/2000 I.E. Rurioctocog alfa pegol. Jede Pulver-Durchstechflasche mit 500/1000 I.E. enthält 2 ml sterilisiertes Wasser für Injektionszwecke. Jede Pulver-Durchstechflasche mit 2000 I.E. enthält 5 ml sterilisiertes Wasser für Injektionszwecke. Sonstige Bestandteile: Mannitol, Trehalosedihydrat, Histidin, Glutathion, Natriumchlorid, Calciumchloriddihydrat, Tris(hydroxymethyl)-aminomethan, Polysorbat 80. Anwendungsgebiete: Behandlung und Vorbeugung von Blutungen bei Patienten im Alter ab 12 Jahren mit Hämophilie A (einer erblichen Blutgerinnungsstörung, die durch Mangel an Faktor VIII bedingt ist). Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Rurioctocog alfa pegol, Octocog alfa oder einen der genannten sonstigen Bestandteile dieses Arzneimittels. Bekannte allergische Reaktion gegen Maus- oder Hamsterprotein. Nebenwirkungen: Schwere, plötzliche allergische Reaktionen (z. B. Ausschlag, Nesselausschlag, Quaddelbildung, Juckreiz am ganzen Körper, Anschwellen von Lippen und Zunge, Atembeschwerden, pfeifendes Atmen, Engegefühl in der Brust, allgemeines Unwohlsein, Schwindelgefühl und Bewusstseinsverlust). Wenn plötzliche, schwere allergische Reaktionen (Anaphylaxien) auftreten, muss die Injektion sofort abgebrochen werden. Schwere Symptome -einschließlich Atemnot und (Beinahe-)Ohnmacht- erfordern eine sofortige Notfallbehandlung. Häufig: Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall. Gelegentlich: Hitzewallungen, Patienten mit Hämophilie A können neutralisierende Antikörper (Inhibitoren) gegen Blutgerinnungsfaktor VIII entwickeln. Wenn dies passiert, können Ihre Arzneimittel möglicherweise nicht mehr richtig wirken, und es kann zu unstillbaren Blutungen kommen. Die Nebenwirkungen bei Kindern treten in derselben Häufigkeit, Art und Schwere wie bei Erwachsenen auf. Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Baxalta Innovations GmbH, Industriestraße 67, 1221 Wien, Österreich. Stand der Information: Januar 2019 ADVATE 250 I.E./ 500 I.E./ 1000 I.E./ 1500 I.E./ 2000 I.E./ 3000 I.E. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung Wirkstoff: Octocog alfa (Blutgerinnungsfaktor VIII vom Menschen (r-DNS)), hergestellt in Ovarialzellen des chinesischen Hamsters (CHO) mittels rekombinanter DNS-Technologie. Zusammensetzung: 250/500/1000/1500/2000/3000 I.E. Octocog alfa. Nach Rekonstitution in 2 ml Lösungsmittel enthält jede Durchstechflasche ADVATE 250 I.E./ 500 I.E./ 1000 I.E. oder 1500 I.E. ungefähr 125 I.E./ml; 250 I.E./ml; 500 I.E. ml oder 750 I.E./ml Octocog alfa. Nach Rekonstitution in 5 ml Lösungsmittel enthält jede Durchstechflasche ADVATE 2000 I.E. bzw. ADVATE 3000 I.E. ungefähr 400 I.E./ml bzw. 600 I.E./ml Octocog alfa. Sonstige Bestandteile: Mannitol, Natriumchlorid, Histidin, Trehalose, Calciumchlorid, Trometamol, Polysorbat 80, Glutathion (reduziert). Lösungsmittel: Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Patienten mit Hämophilie A zur Vorbeugung oder Behandlung von Spontanblutungen oder Blutungen nach chirurgischen Eingriffen. Gegenanzeigen: Allergie gegen Octocog alfa oder einen der sonstigen Bestandteile. Allergie gegen Maus- oder Hamsterproteine. Nebenwirkungen: Wenn plötzliche, schwere Anaphylaxien oder anaphylaktischer Schock auftreten, muss die Injektion sofort abgebrochen werden. Sehr häufig: Faktor-VIII-Inhibitoren bei zuvor nicht behandelten Kindern. Häufig: Kopfschmerzen und Fieber. Gelegentlich: Faktor VIII-Inhibitoren bei vorbehandelten Patienten, Schwindel, Grippe, Ohnmacht, anormal langsamer oder schneller Herzschlag, rote juckende Pickel auf der Haut, Beklemmungsgefühl in der Brust, Bluterguss oder Reaktion an der Injektionsstelle, Juckreiz, verstärktes Schwitzen, ungewöhnliches Geschmacksempfinden, Hitzewallungen, Migräne, Gedächtnisstörungen, Schüttelfrost, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Kurzatmigkeit, rauer Hals, Entzündungen der Lymphgefäße, Blässe, Augenentzündungen, Hautausschläge, extremes Schwitzen, Anschwellen von Füßen und Beinen, Hämatokritabfall, Anstieg bestimmter weißer Blutkörperchen (Monozyten) sowie Schmerzen im Oberbauch oder unteren Brustbereich. In Verbindung mit Operationen: Katheterinfektionen, geringere Anzahl der roten Blutkörperchen, Anschwellen von Gliedmaßen und Gelenken, verlängerte Blutung nach der Entfernung einer Drainage, verminderter Faktor-VIII-Spiegel und postoperative Hämatome. In Verbindung mit zentralvenösen Kathetern: Katheterinfektionen, generalisierte Infektion (im gesamten Körper) und Blutgerinnsel am Katheter. Unbekannte Häufigkeit: Potentiell lebensbedrohliche Reaktionen (Anaphylaxie) und andere allergische Reaktionen (Überempfindlichkeitsreaktionen), allgemeine Störungen (Müdigkeit, Energielosigkeit). Weitere Angaben: s. Fach- und Gebrauchsinformation. Verschreibungspflichtig. Baxter AG, Industriestraße 67, 1221 Wien, Österreich Stand der Information: Juni 2018
U. Wahl, T. Hirsch: Perfusionsstörungen der Hand durch berufliche Exposition – Teil 1: Pathophysiologie und diagnostische Herangehensweise
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ORIGINALARBEIT
Perfusionsstörungen der Hand durch berufliche Exposition – Teil 1: Pathophysiologie und diagnostische Herangehensweise Uwe Wahl1, Tobias Hirsch2 1
BG Klinikum Bergmannstrost Halle, Medizinische Klinik, Halle/Saale Praxis für Innere Medizin und Gefäßkrankheiten, Venen KompetenzZentrum®, Halle/Saale
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PERFUSION 2019; 32: 36–44
Die Hand erfüllt wesentliche Funktionen im Leben des Menschen. Ein einwandfreier Kraft- und Präzisionsgriff ist vor allem in handwerklichen und künstlerischen Berufen unabdingbar. Insbesondere Handwerker sind aufgrund ihrer beruflichen Exposition prädisponiert für perforierende und stumpfe Verletzungen im Handbereich. Dauerhafte Vibrationen in bestimmten Frequenzbereich können ebenfalls zu Schäden am Weichteil- und Knochenapparat der Hand führen. Das Spektrum schädigender Mechanismen ist sehr breit gefächert. Neben der Gewalteinwirkung aufgrund der Bedienung von Maschinen und beweglichen Werkteilen sind Schädigungen selbst im Rahmen der Computertätigkeit zu beobachten. Aus der Sicht des Gefäßmediziners sind das Hypothenar- bzw. Thenar-Hammer-Syndrom (HHS) und die vibrationsbedingten Durchblutungsstörungen der Hand (vibrationsbedingtes vasospastisches Syndrom, VVS) von Bedeutung. Der Entstehungsmechanismus der Gefäßpathologien von HHS und VVS ist verschieden, weshalb die beiden Krankheitsbilder klar voneinander getrennt werden müssen [1]. Die Krankheitsentitäten können mit erheblichen Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt für die Betroffenen einhergehen und sind in vielen europäischen Ländern als Berufserkrankung anerkannt. Neben den therapeutischen lassen sich auch versicherungsrechtliche KonsePerfusion 2/2019
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Zusammenfassung Funktionelle und organische Durchblutungsstörungen der Hände sind nicht selten Anlass für eine angiologische Beurteilung. An erster Stelle steht dabei die Abklärung von Raynaud-Phänomenen. Sowohl akute als auch chronische Durchblutungsstörungen der Hände können ihren Ursprung in der beruflichen Exposition haben. Die Kenntnis der beiden wichtigen Krankheitsbilder „Hypothenar-/Thenar-Hammer-Syndrom“ und „vibrationsbedingtes vasospastisches Syndrom der Hand“ trägt wesentlich zum gezielten diagnostischen und therapeutischen Vorgehen bei. Während beim Hypothenar-HammerSyndrom die gezielte Suche nach der organischen Durchblutungsstörung im Vordergrund steht, sind der Ausschluss von Differenzialdiagnosen und der Nachweis sensoneurologischer Pathologien hauptsächliche Bestandteile der Diagnose vibrationsbedingter Durchblutungsstörungen. Im ersten Teil dieses Beitrags werden die pathophysiologischen Mechanismen beschrieben und die systematische Herangehensweise in der Diagnostik mit den dafür notwendigen apparativen Mitteln erläutert.
Schlüsselwörter: Hypothenar-Hammer-Syndrom, Raynaud-Phänomen, HandArm-Vibrationssyndrom, vibrationsbedingtes vasospastisches Syndrom, Berufskrankheit Summary Functional as well as organic circulatory disorders of the hands are not a rare cause for an angiological diagnostic assessment. This can be very well explained by Raynaud’s phenomenon. Both acute and chronic circulatory disorders of the hands may originate from occupational exposure. The knowledge regarding two important trauma-induced circulatory disorders of the hand – the hypothenar or thenar hammer syndrome (HHS) and vibration-related circulatory disorders (hand-arm vibration syndrome or vibration-induced vaspospastic syndrome, VVS) – contributes significantly to the targeted diagnostic and therapeutic approach. While the diagnosis of the hypothenar hammer syndrome is focused on the targeted search for an organically induced circulatory disorder (morphological detection of vascular lesions), the major component of the diagnostic assessment of vibration-related circulatory disorders includes the detection of sensoneurological pathologies and the exclusion of differential diagnosis. © Verlag PERFUSION GmbH
U. Wahl, T. Hirsch: Perfusionsstörungen der Hand durch berufliche Exposition – Teil 1: Pathophysiologie und diagnostische Herangehensweise
The first part of this paper explains the pathophysiological mechanisms and introduces the diagnostic approach and the required diagnostic tools.
Key words: hypothenar hammer syndrome, Raynaud’s phenomenon, hand-arm vibration syndrome, vibration-induced vasospastic syndrome, occupational disease quenzen aus einer korrekten Diagnosestellung ableiten. Epidemiologische Aspekte In Deutschland ist das VVS seit 1979 in der Liste der Berufskrankheiten (BK) mit der Nummer 2104 und das HHS seit dem Jahr 2015 mit der Nummer 2114 vermerkt. Sowohl für die BK 2104 als auch für die BK 2114 lag in den letzten Jahren die Anzahl der BKVerdachtsfälle unter 100 pro Jahr. In Untersuchungen an Patienten mit Raynaud-Phänomen wurden Prävalenzen des HHS von 1,13 – 1,70 % ermittelt [2, 3, 4]. Die geringe Prävalenz lässt auf eine Prävalenz in dieser Subgruppe von <1 % in der Gesamtpopula-
tion schließen. Bei beruflich Exponierten liegt die Prävalenz bei 7 – 14 % [5, 6]. Die Diskrepanz zwischen der hohen Anzahl an beruflich Exponierten und den Prävalenzzahlen deutet auf eine hohe Dunkelziffer an Betroffenen hin. Ursache dafür kann eine gute hämodynamische Kompensation sein. Aber auch mangelnde Kenntnisse von ärztlicher Seite und Dissimulation von Seiten der Betroffenen dürften eine Rolle spielen. Für die hohe Kompensationsfähigkeit spricht die Tatsache, dass selten Handischämien nach Entfernung der A. radialis im Rahmen der koronaren Bypasschirurgie auftreten [7]. Der Anteil der europäischen Arbeiter mit Vibrationsexposition schwankt zwischen 14 und 34 % und erreicht im Bausektor bis zu 63 % [8]. Geschätzte
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Zahlen zum vibrationsbedingten vasospastischen Syndrom in Deutschland lassen auf ca. 6,8 Millionen Beschäftigte mit entsprechender Exposition schließen [9]. Das Risiko für eine vaskuläre oder neurologische Störung ist bei Vibrationsexponierten um das 4–5Fache höher als bei nicht Vibrations exponierten [10]. Gefäßversorgung der Hand Die Hand wird hauptsächlich über die Aa. radialis et ulnaris arteriell versorgt. Die Daumenarterie (A. princeps pollicis) sowie der Zeigefinger werden über die A. radialis gespeist, die Mittelhandknochen über den radial gebildeten tiefen Hohlhandbogen. Die übrigen Fingerarterien werden über den ulnaren oberflächigen Hohlhandbogen versorgt. Eine Kommunikation beider arteriellen Bögen findet in etwa einem Drittel der Fälle über den Ramus palmaris superficialis der A. radialis sowie den Ramus palmaris profundus der A. ulnaris statt. Die Guyon-Loge ist ein ca. 3 cm langer anatomischer Engpass, in dem die A. ulnaris und der oberflächliche Hohlhandbogen auf ein unnachgiebiges knöchernes Widerlager (Hamulus ossis hamati) stoßen (Abb. 1). Auch im Bereich der A. radialis finden sich anatomische Engpässe: Einerseits kann der Ramus palmaris superficialis, der das Os scaphoideum/Os trapezium umschlingt, an dieser Stelle durch den M. abductor pollicis brevis eingeengt werden. Andererseits besteht ein weiterer Engpass beim Eintritt der A. radialis in die Hohlhand an der Basis der Ossa metacarpales II/III. Pathophysiologische Vorstellungen und klinisches Erscheinungsbild des Hypothenar-Hammer-Syndroms
Abbildung 1: Verlauf der A. ulnaris mit gleichnamigem Nerv durch die Guyon-Loge (Originalbild Körperspender). Die A. ulnaris (rot) und der N. ulnaris (gelb) verlaufen parallel durch die Guyon-Loge. Deren Boden wird vom Retinaculum flexorum sowie den Ligg. pisohamatum und pisometacarpeum gebildet. Die ulnare Wand wird knöchern durch das Os pisiforme (a), die Sehne des M. flexor carpi ulnaris sowie den M. abductor digiti minimi begrenzt, die radiale Wand durch das Retinaculum mm. flexorum manus (b) und knöchern durch den Hamulus ossis hamati (c; d = Os hamatum). Das Dach der Guyon-Loge setzt sich aus dem Lig. carpi palmare (e) und dem M. palmaris brevis (bereits reseziert) sowie dem subkutanen Fettgewebe zusammen. Perfusion 2/2019
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Beim HHS liegt eine organische Durchblutungsstörung vor. Eine Gewalteinwirkung in den Engpassbereichen kann zu Verletzungen © Verlag PERFUSION GmbH
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der Tunica intima führen. Die freigelegten subendothelialen Gefäßstrukturen haben thrombogene Eigenschaften und bewirken eine sukzessive Thrombosierung des Gefäßes. Wird die Tunica media chronisch repetitiv verletzt, entsteht ein Aneurysma, das zusätzlich das Risiko für thromboembolische Ereignisse erhöht. Betreffen diese Veränderungen den ulnaren Schenkel, spricht man von einem Hypothenar-HammerSyndrom. Ist der radiale Schenkel betroffen, handelt es sich um ein ThenarHammer-Syndrom. Das Hypothenar-Hammer-Syndrom betrifft am häufigsten die dominierende Hand von Männern im medianen Lebensalter von 45 – 49 Jahren [2, 11]. Nur ein Fünftel bis ein Drittel der Untersuchten erinnerte sich an ein Trauma vor Beginn der Beschwerdesymptomatik [11, 12, 13]. Repetitive Krafteinwirkungen sind für die Entstehung eines HHS nicht zwingend nötig [14]. Ein Abblassen von Fingern ohne Zyanose und Hyperämie auch bei vasodilatatorischen Umgebungsbedingungen deutet auf eine organisch fixierte Durchblutungsstörung hin [2, 15]. Schmerzen, Taubheitsgefühl und Kälteempfindlichkeit sind die vordergründigen Beschwerden. Tastbare Schwellungen können nachweisbar sein. Eine Hand-Claudicatio tritt seltener auf. Akrale Läsionen findet man in ca. 20 % der Fälle. Weil das HHS eine organisch fixierte Durchblutungsstörung darstellt, ist ein Raynaud-Phänomen mit Tricolore-Symptomatik selten. Beim HHS kommt es zu Raynaudähnlichen Symptomen. Das primäre Raynaud-Phänomen tritt in der Regel zwischen dem 10. und 45. Lebensjahr auf und zeigt sich vorwiegend beim weiblichen Geschlecht [16]. Auffällig ist eine positive Familienanamnese. Die Mitbeteiligung des Daumens und suspekte Befallmuster der Finger sprechen gegen ein primäres Raynaud-Phänomen. HHS-Fälle nach Vibrationsexposition wurden auch beschrieben [5]. Perfusion 2/2019
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Pathophysiologische Vorstellungen und klinisches Erscheinungsbild des vibrationsbedingten vasospastischen Syndroms Beim VVS liegt eine funktionelle Durchblutungsstörung in Kombination mit einem nervalen Schaden vor. Die pathophysiologischen Mechanismen sind bisher nicht abschließend geklärt, jedoch sind chronische Vibrationsbelastungen durch handgehaltene Arbeitsgeräte, Maschinenlärm und niedrige Arbeitsplatztemperaturen (nasskalte Wetterlagen, Wind) die wesentlichen Auslösefaktoren. Der Frequenzbereich zwischen 100 und 300 Hz führt zu vaskulären und sensoneuronalen Dysfunktionen im Fingerbereich. Aus der Aktivierung von autonomen zentralnervösen Zentren und sympathischen peripheren Nerven resultiert eine Erhöhung des Katecholaminspiegels im Körper. Zusätzlich lösen vibrationsbedingte Gefäßverletzungen die intravasale Abgabe von Endothelin aus. Nach Thrombozytenadhäsion an endotheliale Defektstellen wird der Vasokonstriktor Thromboxan A2 ausgeschüttet. Durch die systemischen Aktivierungsprozesse ist auch die der Vibration geringer ausgesetzte Hand regelhaft mit betroffen [17, 18]. Chronische Vibrationsexpositionen führen zur Hypertrophie der Tunica media in den Handarterien, wodurch es über die Reduktion des Gefäßradius zu einer erheblichen Erhöhung des peripheren Strömungswiderstandes kommt (Gesetz von Hagen-Poiseuille) [19]. Durch hochsensible alpha-2-adrenerge Rezeptoren und Transmitterpersistenz können nach langer Exposition auch spontan vasospastische Anfälle ausgelöst werden. Anfänglich bestehen autonomen Dysregulationen mit Taubheits- und Kältegefühl. Später treten zentrale und autonome Nervensystemstörungen bis hin zu Nervenlähmungen im Bereich des Nervus ulnaris auf [18]. Die Mechanorezeptoren der Haut (v.a. Meissner- und Vater-PaciniKörperchen, A-Alpha-Nervenfasern)
verlieren mit zunehmender Vibrationsexposition ihre Funktion, da ein demyelinisierender Prozess an den Nervenfasern in Gang gesetzt wird und die Schwann-Zellen nur bis zu einem bestimmten Grad zu einer Remyelinisierung befähigt sind [20]. Auch die für das Temperaturempfinden verantwortlichen A-Delta- und C-Nervenfasern werden geschädigt. Das typische Bild der vibrationsbedingten Durchblutungsstörung ist ein sekundäres Raynaud-Phänomen, das zunächst durch die Vibration, jedoch auch bei nasskalter Wetterlage ausgelöst werden kann. Schwere fixierte Verlaufsformen führen zu Raynaud-Attacken auch ohne Auslöser. Infolge der sensoneurologischen Pathologien, die sich als Taubheitsgefühl oder Kribbelparästhesien präsentieren, kommt es insbesondere direkt nach der Vibrationsexposition zu motorischen Funktionsverlusten der Hände. Die Dauer der Beschwerdepersistenz nach Vibrationspause gibt Aufschluss über den Schwergrad der Schädigung. Patienten, die aufgrund einer gesteigerten Reaktion auf Kälteexposition Beschwerden (Schmerz, Taubheitsgefühl, Steifheit der Gelenke etc.) entwickeln, besitzen eine Kälteempfindlichkeit (syn. Kälteintoleranz). Diese muss von der funktionellen Vasokonstriktion während einer Raynaud-Attacke getrennt werden, da der Vasospasmus nicht nachweisbar ist [21]. Durch die Selbsteinschätzung des Patienten mittels „Cold Intolerance Symptom Severity“-Fragebogen (CISS) kann klinisch die Diagnose der Kälteempfindlichkeit gestellt werden [22]. In Studien war bei Vibrationsexposition eine Kälteempfindlichkeit mit einem sechsfach höheren Risiko für die Entwicklung eines Raynaud-Phänomens behaftet. Für die Entwicklung von neurologischen Defiziten traf dies nicht zu [23]. Die schädigende Vibrationseinwirkung muss gesamtheitlich betrachtet © Verlag PERFUSION GmbH
U. Wahl, T. Hirsch: Perfusionsstörungen der Hand durch berufliche Exposition – Teil 1: Pathophysiologie und diagnostische Herangehensweise
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Vorstellungsgrund
Akrale Durchblutungsstörung der Hand, Raynaud-Phänomen, Weißfingerkrankheit
Schritt 1: Klinik
Kritische Extremitätenischämie?, akrale Läsionen?, trophische Störungen?
Schritt 2: Bildgebung
Organische Durchblutungsstörung
Funktionelle Durchblutungsstörung
Schritt 3: Differenzialdiagnosen
z.B. Arteriosklerose, arterielle Embolie, Thrombangiitis obliterans
Andere Ursachen: sek. RP, Thoracicoutlet-Syndrom, Karpaltunnelsyndrom
Schritt 4: Provokationstestung
Vaskulärer und/oder nervaler Schaden
Schritt 5: Fingerfertigkeit Arbeits- und sozialmedizinische Aspekte
Purdue Pegboard Test
BK 2104?, BK-Anzeige, Begutachtung
Purdue Pegboard Test
BK 2104?, BK-Anzeige, Begutachtung
Abbildung 2: Diagnostischer Workflow bei Patienten, die sich mit „akraler Durchblutungsstörung“, „Raynaud-Phänomen (RP)“ oder „Weißfingerkrankheit“ in der gefäßmedizinischen Praxis vorstellen. Während für den praktisch tätigen Gefäßmediziner der diagnostische Workflow durch die schwarzen Pfeile gekennzeichnet ist, wird er in der Begutachtungssituation in der Regel umgekehrt (orange Pfeile) erfolgen.
werden, weil neben vaskulären und neurologischen auch muskuloskelettale Veränderungen im gesamten Hand-Arm-Bereich auftreten (internationale Bezeichnung Hand-ArmVibrationssyndrom, HAVS). So können vibrationsinduziert Karpaltunnelsyndrome (BK 2113) oder pathologische Veränderungen wie Handgelenksarthrosen, Lunatummalazie, Kahnbeinpseudoarthrose, Arthrose im Ellenbogen- oder Akromioklavikulargelenk sowie die Osteochondrosis dissecans im Ellenbogengelenk (unter der BK 2103 subsumiert) auftreten. Matoba et al. beschrieben in den frühen Stadien eine Kälteempfindlichkeit und ein Taubheitsgefühl in den Fingern sowie ein Steifheitsgefühl im Schulterund Armbereich, gefolgt von Muskelschwäche. Mit anhaltender Exposition kommt eine autonome Neuropathie mit Raynaud-Phänomen und palmarer Hyperhidrose hinzu. Dysregulationen im zentralen Nervensystem sind mögliche Auslöser von Kopfschmerzen, SchlafPerfusion 2/2019
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losigkeit, Reizbarkeit und symptominduzierten Depressionen [18]. Diagnostische Herangehensweise Das Ausmaß der diagnostischen Maßnahmen (Abb. 2) muss sich nach der Akuität der klinischen Beschwerden richten. Bei Zeichen der kritischen akralen Ischämie muss eine definitive bildgebende Diagnostik (Duplexsonographie, Schnittbildgebung, Angiographie) zeitnah erzwungen werden. Die Trennung beider Entitäten kann schwierig sein, da erstens auch ein HHS durch Vibrationsbelastung ausgelöst werden kann und zweitens im täglichen Arbeitsablauf von Handwerkern eine Mischung aus Vibrationsexposition und stoßartigen Krafteinwirkungen auf die Hand einwirkt [24]. Die ausführliche Anamnese ist Ausgangspunkt einer jeglichen ärztlichen Untersuchung. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass eine symptomorientierte Anamnese nur den Einstieg in den diagnostischen Algorithmus ausmacht. Während
der Untersuchung ergeben sich dann spezielle eigen- und familienanamnestische Aspekte sowie abschließend eine gezielte Arbeitsplatzanamnese. Schritt 1: Klinische Exploration Vibrationsbedingte Schäden haben im Gegensatz zum HHS gewöhnlich eine lange Anamnese. Zum Diagnosezeitpunkt und im Behandlungs-/Beobachtungsverlauf sollte eine Fotodokumentation durchgeführt werden; sie ist besonders bei Patienten mit Raynaud-Phänomen ein wichtiges diagnostisches Mittel zur Befundobjektivierung. Die klinische Befunderhebung mittels Hautinspektion an Hand und Fingern, Pulsstatus im Handgelenkbereich, Rekapillarisierungszeit an den Fingerkuppen und Allen-Test liefert Hinweise zur peripheren Durchblutungssituation. Insbesondere sind kutane akrale Läsionen zu dokumentieren. Da der Allen-Test sehr untersucherabhängige Ergebnisse erbringen kann, © Verlag PERFUSION GmbH
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wird eine Objektivierung unter Hinzunahme der Doppler- oder Duplexsonographie empfohlen (Abb. 3). Schritt 2: Apparative Diagnostik der Durchblutungssituation Der Doppler/Duplex-Hohlhand-Test kann bei suspektem klinischem AllenTest angewandt werden. Ruland et al. verglichen Dopplerableitungen mit angiographischen Bildern. Bei Kompression der A. radialis bewiesen eine distal davon abgeleitete Strömungsumkehr in der A. radialis sowie eine weniger als 20 % abnehmende systolische Maximalgeschwindigkeit in der Daumenarterie den funktionierenden Hohlhandbogen [25]. Ist der klinische Allen-Test hingegen unauffällig, spricht dies mit hoher Sicherheit für eine ausreichende Handdurchblutung. In der gefäßmedizinischen Praxis hat sich die optische akrale Pulsoszillometrie als schnelles und nicht invasives Screening-Verfahren bewährt. Während Pulsatilitätsverluste an einzelnen Fingern für ein HHS sprechen, sieht man beim VVS entweder einen Normalbefund oder eine Dämpfung aller akralen Pulswellen, insbesondere nach Kälteprovokation. Die Sonographie und farbkodierte Duplexsonographie des Handbereiches sowie der Hand- und Fingerarterien mit hochfrequenten Linearschallköpfen stellen die apparative Diagnostik der ersten Wahl dar. Der vegetativ regulierte Gefäßtonus kann die Ultraschalluntersuchung erschweren, lässt sich aber mit einem warmen Wasserbad häufig durchbrechen [26]. Die Fingerarterien beim VVS können elongiert und geschlungen zur Darstellung kommen, eine Thrombangiitis obliterans muss ausgeschlossen werden [27]. Schnittbildgebende Verfahren wie CT-Angiographie und MR-Angiographie (Sensitivität ca. 95 %, Spezifität ca. 100 %) können spezielle Fragen der akralen Durchblutung klären, wenn die Untersuchungsprotokolle der Fragestellung angepasst werden [28]. Die Pathologie in der Hypothenarregion lässt sich damit jedoch ausreichend Perfusion 2/2019
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Abbildung 3: Klinischer Allen-Test und Duplex-Hohlhand-Test für die Beurteilung der Hohlhandbogenhämodynamik. a) Der Fluss der A. radialis und A. ulnaris wird durch manuelle Kompression unterbrochen und der Patient führt etwa 20 – 30 Faustschlüsse durch, um die Handgefäße zu entleeren. b) Nach Freigabe der A. ulnaris zeigt sich eine zeitgerechte (5 – 7 Sekunden, >10 Sekunden pathologisch) Reperfusion der Hand mit reaktiver Hyperämie. c) Variante 1 der Untersuchung mit dem duplexsonographischen Hohlhandbogen-Test: Kompression der A. radialis proximal des Schallkopfes und Ableitung der Flussprofile in der A. radialis. d) Unter Kompression der A. radialis zeigt sich ein retrograder Fluss, was für einen kompletten Hohlhandbogen spricht. e) Variante 2 der Untersuchung mit dem duplexsonographischen Hohlhandbogen-Test: Kompression der A. radialis und Ableitung der Flussprofile in der A. princeps pollicis. f) Unter Kompression der A. radialis zeigt sich eine Flussreduktion in der A. princeps policis, die weniger als 80 % der Ausgangsgeschwindigkeit beträgt und für eine Kompensationsstörung des Hohlhandbogens (Stenose, Verschluss, anatomisch inkompletter Hohlhandbogen) spricht.
erfassen. Häufiger ist aber die Feinauflösung in den Arterien ab dem Mittelphalangealbereich nach distal limitiert, sodass eine detaillierte Beurteilung embolischer Ereignisse im Endgliedbereich der Finger nur eingeschränkt möglich ist. Die Schwierigkeit der Abstimmung zwischen räumlicher Auflösung und gezielter Kontrastmitteldar-
stellung der Fingerarterien macht im überwiegenden Anteil der HHS-Fälle eine primäre digitale Subtraktionsangiographie, auch unter den Gesichtspunkten der Operationsplanung, notwendig. Sie hat im akralen Bereich einen hohen diagnostischen Stellenwert. Ein wesentlicher Vorteil der Schnittbilddiagnostik gegenüber der © Verlag PERFUSION GmbH
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konventionellen Angiographie liegt in der zusätzlich möglichen Beurteilung des Knochen- und Weichteilapparates sowie der venösen Gefäßsituation für die Differenzialdiagnostik. Beim VVS werden CT- und MR-morphologische Untersuchungen selten unter differenzialdiagnostischem Aspekt eingesetzt. Schritt 3: Ausschluss von Differenzial diagnosen Liegt keine kritische akrale Durchblutungsstörung vor und zeigen sich das klinische Bild eines Raynaud-Phänomens oder Raynaud-ähnliche Beschwerden, muss eine differenzialdiagnostische Beurteilung erfolgen. Das Raynaud-Phänomen kommt nicht selten bei Betroffenen mit Karpaltunnelsyndrom vor, sodass eine Neuropathie des N. medianus et ulnaris regelhaft ausgeschlossen werden muss (Phalen-, Tinel-Test, Nervenleitgeschwindigkeit). Auch ein Thoracicoutlet-Syndrom kann die klinischen Beschwerden hervorrufen (Roos-, Adson- und Halstead-Test). Besonderes Augenmerk sollte auf pseudoradikuläre Beschwerden der Halswirbelsäule gerichtet werden. Eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen muss in die Ursachenforschung des Raynaud-Phänomens einbezogen werden. Als Beispiele sind hier Medikamentennebenwirkungen (Betablocker, Ergotamine, Bleomycin, Vinblastin, Methysergid), rheumatoide Arthritis, Kollagenosen, Vaskulitiden, Hepatitiden (B und C), Kälteagglutininkrankheit, Kryoglobulinämie, Plasmozytom, primär billiäre Cholangitis, Antiphospholipidsyndrom, Polycythaemia vera oder die Vinylchloridkrankheit (BK 1302) zu nennen [29, 30]. Die Kapillarmikroskopie spielt neben der serologischen Untersuchung eine nicht unwesentliche Rolle in der Differenzierung eines Raynaud-Phänomens. Ihr positiver prädiktiver Wert für das Vorliegen einer Kollagenose ist höher als der der alleinigen ANABestimmung. Aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit, insbesondere bei fehlender Gebührenordnungsposition, Perfusion 2/2019
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wird die Kapillarmikroskopie jedoch nicht flächendeckend eingesetzt. Chen et al. fanden in einer Untersuchungsreihe bei VVS-Patienten signifikant mehr extrakapilläre Veränderungen wie Blutungen, Kapillarektasien sowie avaskuläre Areale [31]. Diese Veränderungen wurden als Folge des vibrationsbedingten Kapillarschadens und konsekutiver Kapillardegeneration gewertet. Avaskuläre Areale in Kombination mit Megakapillaren, Blutungen und Zeichen der Neoangiogenese (Verzweigungen, Büschelkapillaren) weisen auf eine Sklerodermie hin [32]. Schritt 4: Testverfahren und Schwergrad beurteilung beim VVS Beim Vibrationssyndrom gilt es, vaskuläre und nervale Schädigungen nachzuweisen und zu klassifizieren. Nervale Schädigungen treten eher ein als vaskuläre [10]. Die Schweregraduierung des Vibrationssyndroms unter Würdigung der vaskulären und neurologischen Störungen erfolgte 1980 in der Stockholm-Workshop-Skala [33]. Die Stadieneinteilung war nicht unumstritten und Modifikationen wurden gefordert. Im Herbst 2018 wurde diese Klassifikation überarbeitet und ein internationaler Konsensus verabschiedet (Tab. 1) [34]. Der vaskuläre Schaden kann durch eine visuell-graduierte Beurteilung zum Anfallszeitpunkt mit dem Abblassungs-Score nach Griffin erfolgen [35]. Idealerweise werden Fotoaufnahmen von Handrücken und Handinnenfläche bei erhobenen Händen während des Anfalls beurteilt. Für die Diagnosesicherung des Raynaud-Phänomens müssen je 2 Komponenten, entweder Abblassung und Hyperämie oder Abblassung und Zyanose, nachweisbar sein. Ein alleiniges Abblassen macht die Diagnose des VVS nur wahrscheinlich [34]. Die Kälteempfindlichkeit hat keine Bedeutung für die Klassifizierung des Vibrationssyndroms, jedoch für die präventiven Maßnahmen am Arbeitsplatz. Die subjektive Beschreibung der Anfälle (Häufigkeit, Ausmaß) wird in der ICC-Graduierung der vaskulären
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Komponente nicht mehr berücksichtig, sollte aber in Einklang mit der Fotodokumentation gebracht werden. Die Beurteilung des nervalen Schadens wird im Expertenkonsens durch Untersuchungen der Mechanorezeption und der Thermorezeption empfohlen. Eine Kombination von 2 der 3 folgenden Untersuchungen sollte erfolgen. Ein nervaler Schaden gilt als gesichert, wenn mindestens ein Finger im klassischen Medianus- und Ulnarisversorgungsgebiet betroffen ist. Das Druckempfinden kann durch das Semmes-Weinstein-Monofilament (pathologisch = zweifache Standartabweichung vom Median oder außerhalb der 5. bzw. 95. Perzentile) und das Vibrationsempfinden mittels Pallästhesiometer an den Fingerspitzen bei 31,5 Hz und 125 Hz (pathologisch nach Werten der ISO 13091-1/2:2003) bestimmt werden [34, 36, 37]. Die Temperaturwahrnehmung wird unter Kälte- und/ oder Wärme-Provokation gemessen. Diese Untersuchungen sind beim VVS zwar nicht in Studien validiert, aber zum Teil standardisiert durchführbar (ISO 14835-1:2016) [38]. Die Ergebnisse der Kälteprovokation werden mittels Thermographie (Infrarotkamera) oder akraler Thermometrie (Fingertemperatur) dokumentiert. Nach Dupuis et al. werden in der akralen Thermometrie nach Kälteprovokation (5 Minuten im 12°C kalten Wasserbad) 3 Gruppen definiert [39]: • Normale Reaktion: Wiedererwärmung auf 28°C Hauttemperatur in weniger als 15 Minuten nach Kälteprovokation • Mäßig verzögerte Reaktion: Wiedererwärmung auf 28°C Hauttemperatur in der 16. – 25. Minute nach Kälteprovokation • Stark verzögerte Reaktion: keine Wiedererwärmung auf 28°C Hauttemperatur innerhalb der Testzeit (25 Minuten) nach Kälteprovokation Die Angaben zur Beschwerdesymptomatik in den Fingern korrelieren besser mit den thermometrischen Messungen als mit den thermographisch erhobenen Befunden. Eine Untersuchung von Völter-Mahlknecht et al. ergab, dass die thermographischen Temperatur© Verlag PERFUSION GmbH
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Vaskuläre Komponente • Fotoaufnahmen der hochgehaltenen Handinnenflächen und der Handrücken im Anfall (zur Identifikation neben den Kopf gehalten), Daumen bleibt unbeachtet • Bei mehrfachen Anfällen pro Tag oder anhaltender Abblassung länger als eine Stunde muss die Durchblutungssituation überprüft werden ICCStadium
Symptome
0V
Keine AbblassungsAttacken
1V
Griffin’s AbblassungsScore 1 – 4
2V
Griffin’s AbblassungsScore 5 – 12
3V
Griffin’s AbblassungsScore >12
Griffin-Score (max. Score 24)
Neurologische Komponente Anhaltende Symptomatik >20 Minuten, 2 von 3 standardisierten Verfahren (Semmes-Weinstein-Monofilament, Vibrationswahrnehmung, Temperaturwahrnehmung), mindestens ein Finger im Medianus- und Ulnarisversorgungsgebiet ICCStadium
Symptome
0N
Kein Taubheitsgefühl oder Kribbeln der Finger
1N
Intermittierendes Taubheitsgefühl und/oder Kribbeln der Finger
2N
Intermittierendes Taubheitsgefühl und/oder Kribbeln der Finger + Verlust der sensorischen Wahrnehmung in mindestens einem Finger; nachgewiesen durch zwei oder mehr valide Methoden: Druckwahrnehmung, Temperaturwahrnehmung, Vibrationswahrnehmung
3N
Intermittierendes Taubheitsgefühl und/oder Kribbeln der Finger + Verlust der sensorischen Wahrnehmung in mindestens einem Finger; nachgewiesen durch zwei oder mehr valide Methoden: Druckwahrnehmung, Temperaturwahrnehmung, Vibrationswahrnehmung + Symptome und objektiver Nachweis der beeinträchtigten Fingerfertigkeit (Purdue Pegboard Test)
Tabelle 1: Stadieneinteilung der vaskulären und neurologischen Komponente nach Internatio nalen Konsensus-Kriterien (ICC 2018) für das Hand-Arm-Vibrationssyndrom (in Deutschland BK 2104) [34]. Perfusion 2/2019
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werte im Median um 0,5 – 1,5°C höher lagen als die mittels Thermometrie gemessenen Werte und somit 10 % weniger pathologische Befunde resultierten [39]. Die Durchführung der Kälteprovokation wird während der kalten Jahreszeit empfohlen, weil sonst gehäuft falsch-negative Ergebnisse zu erwarten sind. Alternativ zu den genannten Verfahren können die nervalen Schäden auch mit der Testbatterie der „Quantitativ Sensorischen Testung (QST)“ objektiviert werden [40]. Schritt 5: Funktionsbeurteilung der Finger fertigkeit und Rehabilitation Fragebögen (z.B. DASH-Fragebogen, DASH = Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand) und neuropsychologische Assessments (z.B. Purdue Pegboard Test, Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL)Testbatterie, Nine-hole-peg-Test, Wie ner-Testsystem) dienen der Befundobjektivierung. Die Handkraftmessung mit dem Jamar® Handdynamometer kann zur Beurteilung der Krafteinschränkung der Hand herangezogen werden, ist aber noch lange Zeit nach Erkrankungsbeginn unauffällig. Die Fingerfertigkeit zeigt zuerst pathologische Veränderungen [20]. Laut Expertenkonsens sollte der Purdue Pegboard Test (Abb. 4) angewandt werden, weil hierfür Normwerte existieren. Differenzialdiagnostische Betrachtungen sollten bei auffälligem Testergebnis beachtet werden. Aufgrund der Funktionseinschränkungen der Hände kann eine rehabilitative Maßnahme nötig sein, um die bestehenden Defizite zu beheben. Hierfür ist speziell geschultes physio- und ergotherapeutisches Personal nötig. Einen ganzheitlichen Ansatz bieten handrehabilitative Zentren. Neben der Beseitigung von postoperativen Ödemen oder Narbenschmerzen und der individuellen Schmerztherapie steht die Patientenschulung im Vordergrund, um die alltäglichen Aktivitäten des Lebens wieder zu erlernen. Bei Patienten, bei denen eine versicherte berufliche Tätigkeit Auslöser der akralen Durchblu© Verlag PERFUSION GmbH
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Abbildung 4: Purdue Pegboard Test (entwickelt von Tiffin et al. 1948, Purdue- University, USA). Dieser Test ermöglicht die standardisierte Beurteilung der groben Beweglichkeit von Fingern, Hand und Arm sowie der feinen Fingerspitzengeschicklichkeit. Dabei werden die rechte, linke und beide Hände nacheinander in definierten Abläufen getestet. Aufgabe ist es, innerhalb von 30 Sekunden die Stifte aus der Mulde zu nehmen und in die Löcher zu stecken. Jeder Stift entspricht einem Punkt; das Ergebnis wird anhand von Standardtafeln ausgewertet. Den Abschluss bildet ein Test, bei dem innerhalb von 60 Sekunden die Stifte mit Unterlegscheiben und Hülsen zusammengesetzt werden müssen.
tungsstörung war, sind die zuständigen Versicherungen für die Wiedereingliederung in das Sozial- und Arbeitsleben verantwortlich.
Bild, wobei die hyperämische Phase fehlen kann. Patienten mit vibrationsbedingtem vasospastischem Syndrom zeigen das Bild eines sekundären Raynaud-Phänomens in Kombination mit sensoneurologischen Störungen. Die gewählte Diagnostik sollte die Beschwerden von exponierten Patienten reproduzierbar objektivieren. Das diagnostische Hauptaugenmerk beim HHS liegt im bildmorphologischen Nachweis der Gefäßläsion, wohingegen beim VVS die vaskulären und sensoneurologischen Pathologien mit Provokationstests objektiviert werden. In beiden Fällen sind differenzialdiagnostische Betrachtungen maßgebend für die Diagnosestellung. Im zweiten Teil dieses Beitrags, der in Ausgabe 3-2019 der PERFUSION erscheinen wird, werden die therapeutischen Optionen und arbeitsmedizinische Aspekte vorgestellt. Danksagung Wir danken Herrn Dr. Albrecht Klemenz vom Institut für Anatomie und Zellbiologie, Bereich Medizin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, für die Präparation und anatomische Beschreibung der Abbildung 1.
Zusammenfassung Teil 1
Literatur
Durchblutungsstörungen der Hand infolge der Einwirkung von stumpfer Gewalt oder Vibration treten in Anbetracht der hohen Anzahl an beruflich Exponierten relativ selten klinisch in Erscheinung. Die epidemiologische Datenlage in der wissenschaftlichen Literatur variiert für beide Syndrome. Die Vortestwahrscheinlichkeit erhöht sich bei bestimmten Patientengruppen. Während beim Hypothenar-/ThenarHammer-Syndrom auch akute Ereignisse zur Schädigung beitragen, ist für das vibrationsbedingte vasospastische Syndrom eine chronische Exposition nötig. Die klinische Symptomatik zeigt beim Hypothenar-/Thenar-Hammer-Syndrom ein Raynaud-ähnliches
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Für die Verfasser: Dr. med. Uwe Wahl BG Klinikum Bergmannstrost Halle Medizinische Klinik Direktor Dr. med. Friedrich Ernst Merseburger Str. 165 06118 Halle E-Mail: uwe.wahl@bergmannstrost.de
MITTEILUNGEN Virtuelles Herzklappen training für Hausärzte Hausärzte spielen bei der Diagnose von Herzklappenerkrankungen, die mittels Stethoskop einfach erkannt werden können, eine entscheidende Rolle. Mithilfe eines virtuellen Trainings können sie nun ihre Fähigkeiten bei der Auskultation verbessern und lernen, Herzgeräusche besser zu identifizieren und Herzklappenfehler wie beispielsweise die Aortenklappenstenose zu diagnostizieren. Der Herzklappentrainer ist ein innovatives Online-Fortbildungs-Programm, das von Kardiologen in den Niederlanden in Zusammenarbeit mit Hausärzten entwickelt wurde. Für die deutsche Version wurde Dr. Faisal Detho, Perfusion 2/2019
32. Jahrgang
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wie z.B. „sich älter fühlen als man ist“, Müdigkeit und Schwindel, richtig beurteilt und eine akkurate körperliche Untersuchung inklusive Überprüfung der Herzgeräusche durchführt. Während des Trainings haben die Teilnehmer Zugriff auf medizinische Hintergrundinformationen zu Herzklappenerkrankungen, die in der digitalen Bibliothek des Herzklappentrainers bereitgestellt werden. Das Programm kann als SmartphoneApp oder in Form eines Desktop-Trainings genutzt werden. Sie können es im Internet abrufen unter www.herzklappentrainer.de oder kostenfrei im Play Store/App Store herunterladen.
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Praluent® ist indiziert zur Behandlung von Erwachsenen mit bestehenden atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusätzlich zu weiteren lipidsenkenden Therapien, um das kardiovaskuläre Risiko durch Senkung des LDL-Spiegels zu reduzieren. Sanofi und Regeneron arbeiten gemeinsam an einem globalen Produktentwicklungsprogramm und an der Vermarktung von Praluent®.
Praluent® 75 mg Injektionslösung in einem Fertigpen Praluent® 150 mg Injektionslösung in einem Fertigpen Wirkst.: Alirocumab. Zusammens.: Arzneil. wirks. Bestandt.: Fertigpen mit 75 mg/150 mg Alirocumab in 1 ml Lösung. Sonst. Bestandt.: Histidin, Saccharose, Polysorbat 20, H 2O f. Injektionszw. Anw.-geb.: Primäre Hypercholesterinämie u. gemischte Dyslipidämie: Begleitend zu einer Diät b. primärer Hypercholesterinämie o. gemischt. Dyslipidämie in Komb. m. Statin od. Statin u. ander. lipidsenk. Therapien b. Pat., die m. Statinther. LDL-C-Zielwerte nicht erreich. od. als Monotherap. od. in Komb. m. lipidsenk. Therapien b. Pat mit Statin-Unverträgl. od. bei Statin-Kontraindik. Bestehende atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung: Bei Erw. mit bestehender atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrank. zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos durch Verringerung der LDL-C-Werte zusätzlich zur Korrektur anderer Risikofakt.: in Komb. m. einer max. verträgl. Statin-Therapie mit od. ohne ander. lipidsenk. Therapieprinzipien od. als Monotherap. od. in Komb. mit ander. lipidsenk. Therapieprinzipien bei Pat. mit einer Statin-Unverträgl. od. wenn Statine kontraindiziert sind. Gegenanz.: Überempf. geg. Wirkstoff od. sonst. Bestandt. Warnhinw. u. Vorsichtsm.: Allerg. Reakt., einschl. Pruritus, seltene u. schwerw. Reaktionen (Überempf., nummul. Ekzem, Urtikaria, Hypersensitivitätsvaskulitis) mögl. Wenn allerg. Reaktion auftritt, Behandlg. absetzen u. symptomatische Behandlg. einleiten. Vorsicht bei Pat. m. schwer eingeschr. Nierenfkt. od. Leberfkt. Wechselw.: Bei gleichz. Gabe von Statinen, Ezetimib u. Fenofibrat verringerte Exposition. LDL-C-Senkung bleibt gleich während d. Dosisintervalls, wenn Alirocumab 2-wöchentl. angew. wird. Fertilit., Schwangersch. u. Stillz.: Bei Schwangersch. strenge Indikationsstell. Stillen beenden od. Behandlg. unterbrechen. Keine Daten z. Fertilit. Nebenw.: Immunsyst.: Selten Überempf. Hypersensibilitätsvaskulitis. Atemw./Brust/Mediast.: Häufig klin. Zeichen u. Sympt. i. Bereich d. oberen Atemwege. Haut/Unterhaut zellgew.: Häufig Pruritus, selten Urtikaria, nummul. Ekzem. Allgem./Beschw. a. Verabreichungsort: Häufig Reakt. a. d. Injektionsstelle; nicht bek. grippeähnl. Erkr. Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: sanofi-aventis groupe, 54, rue La Boétie, F-75008 Paris, Frankreich. Örtlicher Vertreter d. Zulassungsinhabers: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, D-65926 Frankfurt am Main. Stand: März 2019 (SADE.ALI.19.03.0688) www.praluent.de
Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden.
1901_PLT_G – SADE.ALI.19.02.0516
* CV-Event definiert als eines der folgenden Ereignisse, das mindestens 3 Monate vor Therapiestart auftrat: akutes Koronarsyndrom, Myokardinfarkt, stabile oder instabile Angina, koronare oder andere Revaskularisierung, oder Schlaganfall oder transiente ischämische Attacke.
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E. Pichler, L. Pichler: Beta-Adrenorezeptoren-Antagonisten in der Pädiatrie – eine kurze Übersicht
ÜBERSICHTSARBEIT
Beta-Adrenorezeptoren-Antagonisten in der Pädiatrie – eine kurze Übersicht Ewald Pichler, Ludwig Pichler PERFUSION 2019; 32: 46–48
Das autonome Nervensystem setzt sich aus dem sympathischen und dem parasympathischen System zusammen. Noradrenalin und Adrenalin sind die Transmitter des sympathischen Systems. Die Signaltransduktion erfolgt über Alpha-Adrenozeptoren (hier nicht behandelt) und Beta-Adrenozeptoren (in der Folge als Betarezeptoren bezeichnet). Die Betarezeptoren werden in die Subtypen β1, β2 und β3 eingeteilt, deren Aktivierung unterschiedliche Reaktionen auslöst: • Die Stimulation von β1-Rezeptoren wirkt am Herzen positiv chronotrop, positiv inotrop, positiv dromotrop und positiv bathmotrop. • Die Stimulation von β2-Rezeptoren führt zur Relaxation der glatten Muskulatur in den Blutgefäßen, den Bronchien, im Uterus und im Darm. • β3-Rezeptoren werden vor allem im braunen Fettgewebe gefunden. Ihre Stimulation führt zu Lipolyse und Thermogenese. Wirkungen und Nebenwirkungen von Betablockern Nicht selektive Betablocker wie Propranolol, Timolol, Carvedilol und Sotalol hemmen sowohl β1- als auch β2-Rezeptoren. Weitgehend ausschließlich (selektiv) den β1-Rezeptor blockieren Metoprolol, Bisoprolol, Celiprolol und andere. Wirkungen Die Blockade der β1-Rezeptoren antagonisiert die oben erwähnten positiven Effekte des β1-Rezeptors am Herzen. Perfusion 2/2019
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Praxis für Kinder- und Jugendheilkunde, Ebenthal, Österreich Zusammenfassung Betablocker haben in der Pädiatrie viele Indikationen: tachykarde Herzrhythmusstörungen, arterielle Hypertonie, chronische Herzinsuffizienz, Kardiomyopathie und infantile Hämangiome.
Schlüsselwörter: Kinder, Betablocker, Indikationen Summary Betablockers have many indications in children: cardiac dysrhythmia, arterial hypertension, chronic cardiac insufficiency, cardiomyopathy and infantile haemangioma.
Key words: children, betablockers, indications Hinzu kommt eine verminderte Renin freisetzung in der Niere. Diese Betablocker stellen die Klasse II der Antiarrhythmika dar [1]. Die Hemmung des β2-Rezeptors führt initial zu einer Erhöhung des Tonus der glatten Muskelzellen in peripheren Gefäßen. Dieser Effekt verliert sich aber im Lauf der Therapie [1]. Nebenwirkungen Wichtige Nebenwirkungen der Betablocker sind Bradykardie sowie ein überschießender Blutdruckabfall und die Gefahr eines AV-Blocks. Auch eine Exazerbation eines Asthma bronchiale kann durch die Betablockertherapie ausgelöst werden. Bei lang dauernder Therapie mit Betablockern kommt es zu einer „upregulation“ (Zunahme) der Betarezeptoren. Betablocker müssen daher wegen der Gefahr eines Reboundeffekts (z.B. tachykarde Rhythmusstörungen) langsam ausgeschlichen werden.
Kardiovaskuläre Indikationen Tachykarde Herzrhythmusstörungen Supraventrikuläre Tachykardien sind bei Kindern die häufigsten tachykarden Herzrhythmusstörungen. Der Vorhof ist dabei essenzieller Bestandteil des Tachykardie-Mechanismus. Es gibt eine Vielzahl von Untergruppen der tachykarden Herzrhythmusstörungen. Besonders interessant erscheinen supraventrikuläre Tachykardien auf der Grundlage akzessorischer Leitungsbahnen. Ein Großteil dieser Leitungsbahnen degeneriert spontan bis zum 5. Lebensjahr, die meisten bereits während der ersten 12 Lebensmonate [2]. Als Akuttherapie bietet sich die Vagusstimulation an (Auslösen des Tauchreflexes, Valsalva-Manöver, Karotissinusmassage). Intravenös verabreichtes Adenosin beendet verlässlich die Tachykardie [2]. Zur Anfallsprophylaxe stehen bei Säuglingen und Kleinkindern Medikamente im Vordergrund: Betablocker und Antiarrhythmika [2, 3]: © Verlag PERFUSION GmbH
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E. Pichler, L. Pichler: Beta-Adrenorezeptoren-Antagonisten in der Pädiatrie – eine kurze Übersicht
• Propranolol 2 mg/kg KG in 3 Einzeldosen • Propafenon (10 mg/kg KG in 3 Einzeldosen) • Amiodaron 3–5 mg/kg KG Betablocker können die „adrenergen“ Symptome der Hyperthyreose (Herzklopfen, Tachykardie) lindern. Propranolol eignet sich für hospitalisierte Kranke, für die ambulante Therapie sind länger wirkende Verbindungen wie Atenolol und Metoprolol besser geeignet [4]. Chronische Herzinsuffizienz Die Diagnose Herzinsuffizienz muss in der Pädiatrie glücklicherweise nur selten gestellt werden. In einer deutschen Studie lag die Inzidenz der Herzinsuffizienz, die vor allem im Säuglingsalter auftrat, bei 23 von 1000 Kindern mit der Diagnose Herzerkrankung [5]. Typische Symptome einer Herzinsuffizienz im Säuglingsalter sind Tachypnoe, Tachykardie, Trinkschwierigkeiten, Schwitzen, Blässe und Gedeihstörung. Die Erwachsenen-NYHA-Klassifikation ist in der Pädiatrie nicht praktikabel. Hier wird die Klassifikation von Läer et al. [6] eingesetzt, die den Schweregrad der Herzinsuffizienz von Kindern in 4 verschiedenen Altersgruppen anhand von 5 Symptomen bzw. Befunden mithilfe eines Punktesystems beurteilt. Die Prognose der Herzinsuffizienz wird durch 3 neurohumorale Antagonisten verbessert: ACE-Hemmer/ Angiotensin-1-Rezeptorblocker, Betablocker und Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten (z.B. Spironolacton) [5]. Eine Fülle weiterer Therapeutika steht zur Verfügung. Lange Zeit galten Betablocker wegen ihrer negativ ino- und chronotropen Wirkung in der Behandlung der Herzinsuffizienz als kontraindiziert. Neue Studien haben gezeigt, dass Betablocker eine nutzbringende, neurohormonelle Wirkung entfalten. Sie wirken antiarrhythmisch, verbessern die Koronardurchblutung, wirken antioxidativ, vermindern den Sauerstoffverbrauch sowie die Nachlast und verringern die Verdrängung von Herzmuskelzellen durch fibrotisches Gewebe [7]. Perfusion 2/2019
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Für die Therapie gibt es folgende Empfehlungen [7]: • Propranolol: 0,2 – 1 mg/kg KG 3 × tägl. • Metoprolol: 0,5 – 1 mg/kg KG 2 × tägl. • Carvedilol: 0,1 – 0,4 mg/kg 1 – 2 × tägl.
• Betablocker: – Für Kinder <18 Jahre ausschließlich Metoprololsuccinat, ab dem 6. Lebensjahr: 0,95 mg/kg KG 1 × tägl. oral (max. 47,5 mg) – Bei Adipositas soll der Einsatz von Betablockern vermieden werden.
Kardiomyopathien
Nicht kardiovaskuläre Indikationen
Unter der Vielzahl pädiatrischer, primärer Kardiomyopathien (dilatative, hypertrophe, arrhythmogene rechtsventrikuläre, noncompaction, restriktive) ist der Einsatz von Betablockern lediglich bei der hypertrophen Kardiomyopathie indiziert. Symptomatisch herzinsuffiziente Kinder werden mit einem lipophilen Betablocker wie Propranolol, Metoprolol oder Bisoprolol behandelt. Eine Tagesdosis von 2 mg/kg KG Propranolol wird empfohlen. Eine einschleichend höhere Propranolol-Dosierung bis 5 mg/kg KG/d könnte zu einer Reduktion des Risikos des plötzlichen Herztodes führen. Allerdings gibt es keine prospektiven, randomisierten Langzeitstudien mit dem Endpunkt plötzlicher Herztod [8].
Infantile Hämangiome
Arterielle Hypertonie Antihypertensiva der ersten Wahl sind [9]: • ACE-Hemmer, z.B. Captopril: – 0 – 12 Monate: 0,15 mg/kg KG 3 × tägl. oral – 12 Monate bis 18 Jahre: 0,3 mg/ kg KG 3 × tägl. oral • AT1-Rezeptorantagonisten, z.B. Losartan: – 6 – 16 Jahre (20 – 50 kg): 0,7 mg/ kg KG 1 × tägl. oral (max. 25 – 50 mg) – 6 – 16 Jahre (>50 kg): 50 mg 1 × tägl. oral (max. 100 mg) • Kalziumkanalblocker, z.B. Amlodipin: – 6 – 17 Jahre: 2,5 mg 1 × tägl. oral (max. 5 mg)
Infantile Hämangiome kommen bei ca. 5 % aller Säuglinge und bei ca. 20 % der Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1 kg vor. Das weibliche Geschlecht ist bevorzugt betroffen. Die typischen Charakteristika infantiler Hämangiome sind: • Manifestationsalter: 1. – 6. Lebenswoche • Spontane Regression in 85 – 90 % • Palpation: weich elastisch, leicht abgrenzbar • Keine spontane Blutung • Immunhistologie: GLUT1 positiv Das infantile Hämangiom durchläuft 3 typische Phasen: 1. Wachstumsphase 2. Stillstands- und 3. Rückbildungsphase. Zu den typischen Komplikationen aller Hämangiome zählen Obstruktion, Ulzeration und Entstellung. Die Anwendung von Propranolol geht auf eine Zufallsbeobachtung zurück. Heute gelten große Hämangiome im Gesichtsbereich, Hämangiome mit problematischer Lokalisation (Augen, Nase, Lippen, Ohren, Genitalbereich) und große segmentale Hämangiome am Stamm und an den Extremitäten als gesicherte Indikationen [10]. Propranolol wird am ersten Behandlungstag mit 1 mg/kg KG in 3 Einzeldosen und ab dem 2. Behandlungstag mit 2 mg/kg KG/d in 3 Einzeldosen verabreicht. Die Therapie wird 4 – 8 Monate fortgeführt [10]. Um eine Hypoglykämie hintanzuhalten, sollte Propranolol immer mit der Nahrung verabreicht werden. Schlafstörungen vermeidet man, indem man Propranolol nicht zu spät am Tag gibt. Während einer obstruktiven Bronchitis © Verlag PERFUSION GmbH
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E. Pichler, L. Pichler: Beta-Adrenorezeptoren-Antagonisten in der Pädiatrie – eine kurze Übersicht
ist das Präparat abzusetzen. Um kardialen Nebenwirkungen vorzubeugen, ist eine kardiologische Untersuchung vor Beginn der Therapie angeraten [11]. Migräneprophylaxe Die Prävalenz von Kopfschmerzen bei pädiatrischen Patienten hat während der letzten 30 Jahre zugenommen [12]. Die Prävalenz der Migräne beträgt bei Kindern 4 % und bei Jugendlichen 11 %. Selten – bei extremer Intensität, hoher Frequenz (mehr als 3 pro Monat), starken Aurasymptomen, bei fehlender Wirksamkeit der Akutbehandlung sowie mangelndem Effekt der nicht medikamentösen Maßnahmen – ist auch im Kindes- und Jugendalter die Indikation für eine medikamentöse Migräneprophylaxe gegeben. Für Propranolol liegen Studien mit widersprüchlichen Ergebnissen vor [12]. Betablocker spielen daher bei der Migräneprophylaxe im Kindes- und Jugendalter kaum eine Rolle.
Literatur 1 Medical Education: Betablocker: β-Adre norezeptor-Antagonisten. Im Internet: www.lecturio.de/magazin/betablocker 2 Berger F, Gass M, Balmer C. Wenn Kinderherzen rasen: Supraventrikuläre Tachykardien – ein aktueller Überblick. Paediatrica 2015;26:8-11 3 Paul T, Gebauer R, Kriebel T et al. S2k Leitlinie Pädiatrische Kardiologie: Tachykarde Herzrhythmusstörungen im Kindesund Jugendalter. AWMF online, AWMFRegister Nr. 023/022 4 Gysling E. Therapie der Hyperthyreose. pharma-kritik 2009;31:18-19 5 Rickers C, Läer S, Diller G-P et al. Leitlinie Pädiatrische Kardiologie: Chronische Herzinsuffizienz. AWMF online. AWMFRegister Nr. 023/006 6 Läer S, Mir TH, Behn F et al. Carvedilol in pediatric patients with congestive heart failure: A study investigating clinical and pharmacokinetic parameters. Am Heart J 2002;145:916-922 7 Bernardo S, Boulos T, Mivelaz Y et al. Herzinsuffizienz im Kindesalter, Stand der Kenntnisse, Aussichten und Behandlung. Paediatrica 2011;22:16-19 8 Dittrich S, Klaassen S, Kandolf R et al. LL28 Leitlinie Pädiatrische Kardiologie: Primäre Kardiomyopathien. Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie 2012:1-14
9 Hager A, Wühl E, Bönner G et al. S2k Leitlinie Pädiatrische Kardiologie, Pädiatrische Nephrologie und Pädiatrie: Arterielle Hypertonie. Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie 2015:1-39 10 Weibel L. Propranolol – eine neue Therapie für infantile Hämangiome. Paediatrica 2009;20:27-29 11 HemangiolTM (Propranolol). Leitfaden für Angehörige und Betreuer/Pflegepersonen. Im Internet: www.pierrefabre-dermatologie.de/produkte/hemangiol 12 Leitlinie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) und der Gesellschaft für Neuropädiatrie: Therapie idiopathischer Kopfschmerzen im Kindes- und Jugendalter. Nervenheilkunde 2008;27:1127-1137
Für die Verfasser: Dr. Ewald Pichler Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde Medizinweg 2 A-9065 Ebenthal, Österreich E-Mail:pichler-ewald@aon.at
MITTEILUNGEN Initiative Hypertoniekontrolle – neues Netzwerk aus der Praxis für die Praxis In Deutschland ist noch immer jeder zweite Hypertonie-Patient nicht ausreichend kontrolliert. Das will die Initiative Hypertoniekontrolle jetzt nachhaltig ändern. Unter der Federführung von Professor Florian Limbourg, Leiter der Hypertonieambulanz der Medizinischen Hochschule Hannover, haben sich interessierte Ärzte zusammengeschlossen, um unter dem Motto „Gemeinsam für mehr Kontrolle“ eine spürbar bessere Versorgung vieler Hypertonie-Patienten zu erreichen. Unterstützt von der Firma Servier, haben sie sich über die neue digitale Kommunikationsplattform hyp50.servier.de vernetzt. „Die Online-Plattform ist unser Einstieg in die digitale Medizin“, so Initiator Limbourg. „Wir möchten diese Plattform nutzen, um unsere Themen, Perfusion 2/2019
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tet die Plattform die Möglichkeit zur Vernetzung und zum Austausch mit gleichgesinnten Kollegen – ganz im Sinne „aus der Praxis für die Praxis“. Praktische Hilfe modular präsentiert Mitstreiter willkommen Werden Sie Teil der Initiative und registrieren Sie sich kostenfrei für die Plattform https://hyp50.servier.de. Denn gemeinsam können wir mehr erreichen als jeder Einzelkämpfer allein.
auch in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Hochdruckliga, koordiniert zu diskutieren und aufzubereiten.“ Untermauert werden diese Themen durch konkrete Tipps und Patientenmaterialien für einen effizienteren Praxisalltag, die gemeinsam erarbeitet und der interessierten Community zur Verfügung gestellt werden. Vor allem aber bie-
In mehreren aufeinanderfolgenden themenbezogenen Modulen werden im Laufe dieses Jahres aktuelle Informationen und praxisrelevante Themen rund um das Indikationsgebiet auf der Plattform vorgestellt und diskutiert. Schwerpunkt des ersten Moduls ist ein standardisiertes Vorgehen bei der Blutdruckmessung – bei welchen Patienten wird in welchem Rhythmus und mit welcher Vorgehensweise Blutdruck gemessen? Außerdem gibt es Tipps für die Integration der standardisierten Blutdruckmessung in den Praxisalltag. B. S. © Verlag PERFUSION GmbH
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Mitteilungen
myPKFiT gewinnt den diesjährigen VISION.A Award in Bronze Mit ihrem CE-zertifizierten Medizinprodukt myPKFiT, einem interaktiven Tool zur Optimierung der Hämophilie-Behandlung, gewann die Shire Deutschland GmbH, jetzt Teil der Takeda Group, den VISION.A Award in Bronze in der Kategorie Apps & Co. für Verbraucher. Der VISION.A Award stellt eine der wichtigsten deutschen Auszeichnungen im Digitalsektor der Gesundheitsbranche dar. Der diesjährige VISION.A Award stand unter dem Motto „The next Generation“ und hatte das Ziel, die größten Innovationen für die digitale Zukunft des deutschen Gesundheitswesens auszuzeichnen. Der Preis für die besten, neuartigen Ideen und digitalen Strategien umfasst 6 Kategorien: Verbraucherkommunikation, Apotheken- und HCP-Kommunikation, Innovation in der Pharma- und Apothekenbranche, Apps & Co. für Verbraucher, Apps & Co. für Apothekenteams sowie einen Sonderpreis für herausragende Innovationen.
myPKFiT unterstützt die personalisierte Prophylaxe durch die Erstellung eines individuellen Pharmakokinetik-Profils. Perfusion 2/2019
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Ein wesentlicher Aspekt für die Auszeichnung von myPKFiT war, dass das innovative Tool zum einen den Patienten in Form einer interaktiven App und zum anderen auch den behandelnden Arzt bei der Aufstellung des personalisierten Behandlungsplans und der Patientenberatung unterstützt. Ein großer Pluspunkt von myPKFiT ist die damit verbundene soziale Verantwortung, denn mit myPKFiT können die Betroffenen nicht nur ihre Therapie besser verstehen und einschätzen, sondern auch ihre Alltagsaktivitäten leichter individuell planen und gestalten, sodass das Tool zur Verbesserung der Lebensqualität und zur Erweiterung des Aktionsradius der Patienten erheblich beitragen kann. myPKFiT: Ein digitales „Schutzschild“ für die Patienten Patienten mit Blutgerinnungsstörungen können bestimmte Blutgerinnungsfaktoren nicht selbst oder nicht ausreichend produzieren. Durch die regelmäßige Gabe der fehlenden Blutgerinnungsfaktoren kann das Risiko für spontane Blutungen gesenkt und den Patienten so ein selbstständiges und aktives Leben ermöglicht werden. Mit myPKFiT lassen sich anhand von nur 2 Blutproben individuelle Behandlungspläne für die Gabe des jeweiligen Blutgerinnungsfaktors simulieren. Das unterstützt nicht nur den Arzt bei der Therapiesteuerung, sondern fördert auch das Verständnis um die Behandlung auf Seiten des Patienten. Ergänzt wird die praktische Software durch eine innovative App, durch die der Patient rund um die Uhr eine realistische Einschätzung seines aktuell wirksamen Blutungsschutzes erhält – ein wichtiges Werkzeug für Sicherheit und Selbstvertrauen. E. W. Auf den Webseiten www.myHaemophilie.org und www.mypkfit.de können sich Betroffene über die Möglichkeiten der interaktiven Therapie und weitere Services im Zusammenhang mit Hämophilie informieren.
STADAPHARM und ALIUD PHARMA dürfen Generika Ezetimib/Simvastatin weiter vertreiben Die STADA Arzneimittel AG kann auch in zweiter Instanz einen Erfolg im Patentstreit um den Vertrieb ihrer Cholesterinsenker Ezetimib/Simvastatin STADA® und Ezetimib/Simvastatin AL® verzeichnen. Am 15. März 2019 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Berufungen von MSD gegen die Urteile des Landgerichts Düsseldorf zurückgewiesen und die Aufhebung der einstweiligen Verfügungen bestätigt. Damit dürfen die STADA-Tochterunternehmen STADAPHARM und ALIUD PHARMA ihre Generika zur Senkung erhöhter Cholesterinwerte im Blut weiterhin vertreiben. CEO Peter Goldschmidt zur Bedeutung der Urteile für STADA: „Cholesterinsenker sind wichtig für die medizinische Versorgung der Bevölkerung. Die Urteile sind ein Erfolg, da sie den Vertrieb dieser preisgünstigen Generika in Deutschland sichern.“ Dr. Şenay Has, die den Prozess als Vice President Intellectual Property bei STADA federführend begleitete, zeigt sich ebenfalls zufrieden mit dem Ergebnis: „Mit seinen Urteilen bestätigt das OLG Düsseldorf unsere Einschätzung, wonach das den Fällen zugrunde liegende Schutzzertifikat für die Wirkstoffkombination nicht rechtsbeständig ist. Es hat sich erneut gezeigt, dass es sich lohnt, die Patentsituation genau zu bewerten und einen langen Atem zu haben.“ MSD hatte nach Ablauf des ergänzenden Schutzzertifikats für Ezetimib ein ergänzendes Schutzzertifikat für die Wirkstoffkombination Ezetimib/Simvastatin durchgesetzt und im Mai 2018 einstweilige Verfügungen gegen den Vertrieb der Generika erwirkt. Nachdem das Landgericht Düsseldorf die einstweiligen Verfügungen im Oktober 2018 aufgehoben hatte, durfte STADA die Produkte im November 2018 wieder in den Markt einführen. MSD hatte jedoch Berufungen eingelegt, die nun in zweiter Instanz vom OLG Düsseldorf zurückgewiesen wurden. S. M. © Verlag PERFUSION GmbH
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FORUM LIPIDSENKER
Alirocumab jetzt auch zur Risikoreduktion bei Patienten mit bestehender kardiovaskulärer Erkrankung zugelassen
Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie, Patienten mit StatinIntoleranz oder kardiovaskuläre Hochrisikopatienten gelingt es trotz Lebensstilveränderungen und der derzeitigen Standardtherapie mit Statinen nicht, ihren LDL-Cholesterin (LDLC)-Spiegel zu kontrollieren. Einige von ihnen haben bereits kardiovaskuläre Ereignisse erlitten und tragen ein erhöhtes Risiko für ein weiteres, lebensbedrohliches Ereignis. Eine neue Therapieoption für diese Patienten ist Alirocumab (Praluent®), das im März von der Europäischen Kommission eine Zulassungserweiterung erhalten hat. Der PCSK9-Inhibitor ist nun auch angezeigt bei Erwachsenen mit bestehender arteriosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos durch Verringerung der LDL-C-Werte zusätzlich zur Korrektur anderer Risikofaktoren: • in Kombination mit einer maximal verträglichen Statin-Therapie mit oder ohne anderen lipidsenkenden Therapieprinzipien oder • als Monotherapie oder in Kombination mit anderen lipidsenkenden Therapieprinzipien bei Patienten mit einer Statin-Unverträglichkeit oder wenn Statine kontraindiziert sind [1]. Zusätzliche LDL-C-Senkung, wenn die Standardtherapie allein nicht ausreicht Die Zulassungserweiterung basiert auf den Daten von ODYSSEY OUTPerfusion 2/2019
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COMES [2], einer kardiovaskulären Endpunkt-Studie der Phase III, die den Effekt von Alirocumab zusätzlich zu maximal tolerierten Statinen bei 18.924 Patienten untersuchte, die 1 – 12 Monate (Median 2,6 Monate) vor Studieneinschluss ein akutes Koronarsyndrom (ACS, Herzinfarkt, instabile Angina pectoris) erlitten hatten. Die Patienten erhielten randomisiert Alirocumab (n = 9.462) oder Placebo (n = 9.462) und wurden im Durchschnitt 2,8 Jahre behandelt; einige Patienten sogar bis zu 5 Jahre. Etwa 90 % der Patienten bekamen zusätzlich eine hochintensive Statintherapie. Als primärer kombinierter Endpunkt wurde die Dauer bis zum ersten Auftreten schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse (major adverse cardiovascular events, MACE-Plus) definiert, bestehend aus Tod durch koronare Herzkrankheit (KHK), nicht tödlichem Myokardinfarkt (MI), tödlichem und nicht tödlichem ischämischem Schlaganfall oder instabiler Angina pectoris mit erforderlicher Hospitalisierung. Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt und zeigte, dass Alirocumab das relative Risiko für MACE-Plus bei
Patienten, die vor Kurzem ein ACS erlitten hatten, um 15 % verminderte. MACE traten bei 903 Patienten (9,5 %) der Alirocumab-Gruppe und 1.052 Patienten (11,1 %) der Placebogruppe ein (HR: 0,85; 95%-KI: 0,78 – 0,93; p < 0,001). Alirocumab senkte ebenfalls signifikant die folgenden kombinierten Endpunkte: Risiko für ein KHK-Ereignis, schwerwiegendes KHK-Ereignis, kardiovaskuläres Ereignis sowie den kombinierten Endpunkt aus Gesamtmortalität, nicht tödlichem Myokardinfarkt und nicht tödlichem ischämischem Schlaganfall. Es wurde auch eine (nur nominal statistisch signifikante) Reduktion der Gesamtmortalität bei hierarchischer Testung beobachtet (HR 0,85, 95 % KI: 0,73, 0,98). Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 aufgeführt. Eine Subgruppenanalyse von ODYSSEY OUTCOMES ergab zudem, dass die mit Alirocumab behandelten Patienten, deren Baseline-LDL-C-Wert mindestens 100 ml/dl (2,6 mmol/l) betrug, noch mehr profitierten: Sie hatten ein um 24 % verringertes Risiko für MACE (HR: 0,76; 95%-KI: 0,65 – 0,87) [2].
Alirocumab – ein innovativer Wirkansatz zur LDL-C-Senkung Der monoklonale Antikörper Alirocumab (Praluent®) hemmt die Bindung des Enzyms Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9) an den LDL-C-Rezeptor auf der Leberzelloberfläche, die normalerweise zur Degradation des Rezeptors führt. Durch die PCSK9-Inhibition wird dieses Rezeptor-Recycling unterbunden, sodass sich die Anzahl der zur LDL-C-Bindung verfügbaren LDL-C-Rezeptoren erhöht. Daher kann mehr LDL-C aus dem Blut aufgenommen werden und der LDL-C-Spiegel sinkt [1].
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FORUM LIPIDSENKER
Endpunkt
Anzahl der Ereignisse
Hazard Ratio (95%-KI) p-Wert
Alirocumab (N = 2.814) n (%)
Placebo (N = 2.815) n (%)
Primärer Endpunkt (MACE-Plus)
903 (9,5 %)
1.052 (11,1 %)
0,85 (0,78, – 0,93) 0,0003
Tod durch KHK
205 (2,2 %)
222 (2,3 %)
0,92 (0,76 – 1,11) 0,38
Nicht tödlicher MI
626 (6,6 %)
722 (7,6 %)
0,86 (0,77 – 0,96) 0,006
Ischämischer Schlaganfall
111 (1,2 %)
152 (1,6 %)
0,73 (0,57 – 0,93) 0,01
Instabile Angina pectoris mit erforderlicher Hospitalisierung
37 (0,4 %)
60 (0,6 %)
0,61 (0,41 – 0,92) 0,02
1.199 (12,7 %)
1.349 (14,3 %)
0,88 (0,81 – 0,95) 0,0013
793 (8,4 %)
899 (9,5 %)
0,88 (0,80 – 0,96) 0,0060
1.301 (13,7 %)
1.474 (15,6 %)
0,87 (0,81 – 0,94) 0,0003
Gesamtmortalität, nicht tödlicher MI, nicht tödlicher ischämischer Schlaganfall
973 (10,3 %)
1.126 (11,9 %)
0,86 (0,79 – 0,93) 0,0003
Tod durch KHK
205 (2,2 %)
222 (2,3 %)
0,92 (0,76 – 1,11) 0,3824
Kardiovaskulärer Tod
240 (2,5 %)
271 (2,9 %)
0,88 (0,74 – 1,05) 0,1528
Gesamtmortalität
334 (3,5 %)
392 (4,1 %)
0,85 (0,73 – 0,98) 0,0261
Sekundäre Endpunkte KHK-Ereignis Schwerwiegendes KHK-Ereignis Kardiovaskuläres Ereignis
Tabelle 1: Wirksamkeit von Alirocumab (Praluent®) in der ODYSSEY-OUTCOMES-Studie (Gesamtpopulation) [2].
Sicherheitsprofil von Alirocumab mit dem von Placebo vergleichbar Die Inzidenz unerwünschter Ereignisse in ODYSSEY OUTCOMES war in beiden Gruppen vergleichbar – mit Ausnahme von Reaktionen an der Injektionsstelle (3,8 % in der Alirocumab-Gruppe vs. 2,1 % in der Placebogruppe) [2].
Perfusion 2/2019
32. Jahrgang
Je nach Bedarf dosierbar Alirocumab ist der einzige PCSK9Inhibitor, der in 2 Anfangsdosierungen (75 mg und 150 mg jeweils in 1 ml Injektionslösung) verfügbar ist, die 1 × alle 2 Wochen verabreicht werden. Alirocumab kann auch in einer Dosierung von 300 mg alle 4 Wochen (monatlich) appliziert werden [1]. Dies ermöglicht
es dem Arzt, die Behandlung den individuellen Bedürfnissen der LDL-CSenkung des Patienten anzupassen. Brigitte Söllner, Erlangen Literatur 1 Schwartz GG et al. N Engl J Med 2018; 379:2097-2107 2 Fachinformation Praluent®; Stand: März 2019
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FORUM ANTITHROMBOTICUM
Tiefe Venenthrombosen (TVT) und Lungenembolien (LE) sind schwerwiegende Krankheitsbilder, die unter dem Begriff venöse Thromboembolien (VTE) zusammengefasst werden. Beide sind mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität assoziiert [1]. Aufgrund einer Vielzahl angeborener, erworbener und klinischer Risikofaktoren können sehr unterschiedliche Patientenkollektive betroffen sein: Nicht nur ältere oder adipöse Menschen können mit höherer Wahrscheinlichkeit eine VTE entwickeln, sondern auch immobilisierte Patienten oder Patienten mit einer Tumorerkrankung [2, 3]. Dass Patienten einer breiten Alterspanne betroffen sein können, zeigt sich zum Beispiel in der europäischen Registerstudie PREFER, in der die Patienten ein mittleres Alter von 61 ± 17 Jahren aufwiesen [4]. Auch in der für Apixaban (Eliquis®) zulassungsrelevanten Studie AMPLIFY war die Altersspanne mit 57 ± 16 Jahre ähnlich [5]. Zudem waren etwa 2 Drittel der Patienten jünger als 65 Jahre, 13 % hatten einen Body-Mass-Index (BMI) >35 kg/m2 und 2,6 % litten an einer aktiven Tumorerkrankung. Apixaban: Weniger schwere Blutungen als unter Standardtherapie Die randomisierte, doppelblinde, multizentrische Phase-III-Studie AMPLIFY [5] war die Basis für die Zulassung des nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulans (NOAK) Apixaban in der Behandlung von VTE bei Erwachsenen*. Untersucht wurden die Wirksamkeit und Verträglichkeit des direkten Faktor-Xa-Hemmers (10 mg 2 × täglich bis Tag 7, gefolgt von 5 mg 2 × täglich bis Ende Monat 6) im Vergleich zu einer konventionellen Antikoagulation bestehend aus Enoxaparin über mindestens 5 Tage, überlappend * Detaillierte Informationen zu den Indikationen und Dosierungen entnehmen Sie bitte der Fachinformation. Perfusion 2/2019
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Wirksame Behandlung und Rezidivprophylaxe von VTE mit Apixaban:
VTE sind nicht nur bei älteren Menschen ein Thema
gefolgt von Warfarin über 6 Monate bei Patienten mit akuter symptomatischer TVT und/oder LE (n = 5.395). Das Ergebnis: Das Risiko für symptomatische VTE-Rezidive oder VTE-bedingten Tod (primärer Wirksamkeitsendpunkt) war unter beiden Behandlungen vergleichbar (relatives Risiko [RR]: 0,84; 95 %-KI: 0,60 – 1,18; p < 0,001 für Nicht-Unterlegenheit). Die Rate schwerer Blutungen (primärer Sicherheitsendpunkt) war unter Apixaban verglichen mit der konventionellen Therapie um relativ 69 % geringer (RR: 0,31; 95 %-KI: 0,17 – 0,55; p < 0,001). Subgruppenanalysen zufolge waren diese Ergebnisse über verschiedene Patientenpopulationen konsistent, unabhängig von z.B. Alter, BMI oder Nierenfunktion** [5]. Antikoagulation mit NOAKs bei Krebspatienten? Eine Herausforderung im Praxisalltag könnte die Antikoagulation bei VTEPatienten mit aktiver Tumorerkrankung darstellen, wie folgenden Daten verdeutlichen: Tumorerkrankungen erhöhen das Risiko für VTE, daher treten etwa 20 % aller VTE bei Krebspatienten auf [6, 7]. Bei bis zu 10 % aller Patienten mit idiopathischer VTE wird ein Tumor diagnostiziert [8, 9]. Das Auftreten von VTE geht mit einer schlechteren Prognose der Tumorpati** P atienten mit einem SerumkreatininSpiegel >2,5 mg/dl oder berechneter Kreatinin-Clearance <25 ml/min waren aus der AMPLIFY-Studie ausgeschlossen.
enten einher und stellt eine der führenden Todesursachen bei Krebspatienten dar [10, 11]. Anders als bei Nicht-Tumorpatienten empfehlen die aktuellen Leitlinien bei tumorassoziierter VTE aufgrund ihres verglichen mit VKA vorteilhaften Sicherheits- und Wirksamkeitsprofils derzeit niedermolekulares Heparin (NMH) als Therapiestandard für die komplette erste Behandlungsphase (die ersten 3 – 6 Monate) [12, 13]. Andere Behandlungsoptionen sind derzeit angesichts noch limitierter Daten zu krebsassoziierten VTE beschränkt [14]. Solche Daten werden unter anderem für Apixaban erhoben: In der zur Veröffentlichung eingereichten PhaseIV-Studie ADAM-VTE# [15] sowie der noch laufenden Phase-III-Studie CARAVAGGIO [16] werden aktuell die Verträglichkeit und Wirksamkeit des NOAKs für den Einsatz bei Krebspatienten im Vergleich zu Dalteparin untersucht. ADAM-VTE: Apixaban versus Dalteparin bei Tumorpatienten In der ADAM VTE-Studie [15] sollte die Verträglichkeit von Apixaban versus Dalteparin bei Erwachsenen in der akuten Behandlung krebsassoziierter VTE über einen Zeitraum von 6 Monaten untersucht werden##. In diese Investigator-initiierten, multizentrischen, randomisierten, offenen Überlegenheitsstudie der Phase IV #
Apixaban and Dalteparin in Active Malignancy associated Venous ThromboEmbolism © Verlag PERFUSION GmbH
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Abbildung 1: Design der Phase-IV-Studie ADAM VTE zur Evaluierung von Apixaban versus Dalteparin bei 300 Patienten mit akuter tumorassoziierter VTE## [15].
wurden 300 Patienten mit histologisch nachgewiesener, „aktiver“ Krebserkrankung eingeschlossen, d.h. mit metastasiertem Krebs, und/oder durch CT oder PET nachgewiesenem Krebs sowie Patienten, bei denen innerhalb der vorangegangenen 6 Monate eine Chemotherapie, Strahlentherapie oder krebsbedingte Operation durchgeführt worden war. Darüber hinaus musste eine bestätigte symptomatisch akute VTE vorliegen. Im Apixaban-Arm erhielten die Patienten 2 × täglich 10 mg Apixaban für 7 Tage, gefolgt von 2 × täglich 5 mg Apixaban bis zum Ende des 6. Monats. Im Vergleichsarm wurden die Patienten mit Dalteparin 200 IU/kg/Tag über 30 Tage und danach mit 150 IU/kg/Tag über 5 Monate behandelt (Abb. 1). Primärer Endpunkt der Studie war die Inzidenz schwerer Blutungen, sekundärer Endpunkt war die Häufigkeit von VTE-Rezidiven, tödlichen LE oder arteriellen Thromboembolien. An die sechsmonatige Behandlungsdauer schloss sich eine dreimonatige Nachbeobachtung an sowie die Entscheidung, ob die Antikoagulation fortgesetzt werden soll. Die ADAM VTE-Studie ist die erste klinische Studie, in der die Verträglichkeit von Apixaban versus NMH in der Be##
ei Patienten mit aktiver Krebserkrankung B sind die Wirksamkeit und Sicherheit von Apixaban in der TVT-/LE-Behandlung, Primär- und Rezidivprophylaxe gegenwärtig nicht nachgewiesen, werden aber aktuell in klinischen Studien untersucht.
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handlung akuter krebsassoziierter VTE untersucht wurde. Die Publikation der Ergebnisse ist zurzeit in Planung. Michael Koczorek, Bremen Literatur 1 Cohen AT et al. Thromb Haemost 2007; 98:756-764 2 S3-Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE). Stand: 15.10.2015. AWMF Leitlinien-Register Nr. 003/001 3 Timp JF et al. Blood 2013;122:1712-1723 4 Cohen AT et al. Thromb Haemost 2017; 117:1326-1337 5 Agnelli G et al. N Engl J Med 2013; 369:799-808 6 Heit JA et al. Arch Intern Med 2002; 162:1245-1248
7 Caine GJ et al. Neoplasia 2002;4:465-473 8 Prandoni P et al. Lancet Oncol 2005; 6:401-410 9 Otten HM et al. Thromb Res 2001; 102:V187-V194 10 Sorensen HAT et al. N Engl J Med 2000; 343:1846-1850 11 Khorana AA et al. J Thromb Haemost 2007;5:632-634 12 S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie. Im Internet: http://www. awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/065-002l_S2k_ VTE_2016-01.pdf 13 Kearon C et al. Chest 2016;149:315-352 14 Matzdorff A et al. J Oncol Transl Res 2017;3:120 15 McBane R et al. Thromb Haemost 2017; 117:1952-1961 16 Agnelli G et al. Thromb Haemost 2018; 118:1668-1678
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DOAC Dipstick: Einfacher Nachweis von direkten oralen Antikoagulanzien aus dem Urin Als Behandlungsalternative zu etablierten Antikoagulanzien wie z.B. Marcumar® werden zunehmend direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) eingesetzt. Entsprechend den Wirkungsmechanismen werden sie 2 Klassen zugeordnet: den Faktor-Xa-Inhibitoren (Apixaban, Edoxaban, Rivaroxaban) oder den Thrombin-Inhibitoren (Dabigatran). Von Vorteil ist, dass DOAK in fixen Dosierungen verabreicht werden können und ein Monitoring nicht notwendig ist. Patienten, die mit DOAK behandelt werden, stellen jedoch insbesondere in der Notaufnahme, der
Stroke-Unit und bei großen Notfalloperationen eine Herausforderung dar: Für weitere Therapieentscheidungen hinsichtlich des Blutungsmanagements bei Notfalleingriffen, bei Patienten mit hämorrhagischem oder ischämischem Schlaganfall oder bei spontanen thromboembolischen Ereignissen ist das Testen auf DOAK unbedingt erforderlich, vor allem wenn keine Medikamentenanamnese verfügbar ist. Bislang war der diagnostische Nachweis auf spezialisierte Labore beschränkt (Tab. 1) oder sie wurden mithilfe von patientennahen, globalen Gerinnungstests
bestimmt, die in ihrer Aussagekraft allerdings deutliche Einschränkungen aufweisen (Tab. 2). Eine schnelle, kostengünstige Entscheidungshilfe bietet jetzt der DOAC Dipstick [1]. Klarheit nach nur 10 Minuten Der einfacher Urinstreifen-Schnelltest ermöglicht eine einfache und schnelle Ausschlussdiagnostik, wenn geklärt werden muss, ob ein Patient noch Wirkungen einer DOAK-Medikation zeigt. Der Test kann zwischen Faktor-Xa-
Verfahren
Probenmaterial
Ort
Turnaround Time (TAT)
Kosten
Anwendung
LC – MS/MS (Massenspektrometrie)
Serum, Plasma, Urin
Spezialisiertes Labor
Hoch
Hoch, nicht für Routinediagnostik geeignet
Goldstandard
Kalibrierte chromogene Anti-Xa-Tests
Plasma
Labor
Mittel
Vergleichsweise hoch
Spezialisierte Gerinnungs diagnostik
PT(INR), aPTT, TT
Vollblut/Plasma
Labor, POCT
Gering
Vergleichsweise niedrig
Partiell geeignet (siehe Tab. 2)
DOAC Dipstick
Urin
POCT
Kurz, 10 min
Vergleichsweise niedrig
Qualitative Ausschluss diagnostik
Tabelle 1: Testverfahren zur DOAK-Bestimmung im Vergleich. POCT = Point-of-Care-Test [2]. Gerinnungstests
Dabigatran
Apixaban
Rivaroxaban
Edoxaban
–/↑
–/↑
↑/↑ ↑
–/↑
aPTT
↑/↑↑
–/↑
–/↑
–/↑
TT, Haemoclot
↑↑↑
–
–
–
PT
Kommentar Die Ergebnisse sind abhängig von den Reagenzien und der individuellen Variabilität Sehr sensitiv für Dabigatran: Keine Verlängerung der Gerinnungszeiten bedeutet Abwesenheit von Dabigatran im Plasma
Tabelle 2: Am Point-of-Care ist eine verlässliche Diagnostik mit etablierten Screening-Tests nur eingeschränkt möglich. Während Dabigatran über die Thrombinzeit (TT) und Haemoclot nachweisbar ist, können Faktor-Xa-Inhibitoren weder über die Prothrombinzeit (PT) noch über die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) sicher ausgeschlossen werden. ↑↑ = signifikante Verlängerung, ↑↑↑ = sehr signifikante Verlängerung, – = keine Veränderung [3]. Perfusion 2/2019
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negativ
Faktor Xa positiv
Thrombin positiv
positiv
Thrombin-Inhibitoren
positiv
DOAK-Analytik
Faktor Xa-Inhibitoren Urinfarbe (Probenqualifizierung)
Kontrolle
Kreatinin (Ausschluss Niereninsuffizienz) normal normal
Abbildung 1: Klarheit in nur 2 Schritten mit dem DOAC Dipstick: 1. Teststreifen für 2 – 3 Sekunden in die Urinprobe eintauchen, 2. Ergebnisse nach 10 Minuten ablesen. Erläuterungen zur Auswertung im Text (© DOASENSE GmbH).
und Thrombinhemmern unterscheiden, dabei werden alle derzeit auf dem Markt verfügbaren DOAK-Medikamente erfasst. Die Ergebnisse können nach nur 10 Minuten abgelesen werden (Abb. 1) [1]. Testprinzip und Auswertung der Testfelder Etwa 30 – 80 % des vom Patienten eingenommenen DOAK gelangen über die Nieren in den Urin. Die DOAKKonzentrationen im Urin sind wegen des geringeren Verteilungsvolumens um etwa den Faktor 7 höher als im Blut.
Normale Werte im Urin sind kleiner als 5 ng/ml, Patienten unter einer Behandlung mit DOAK zeigen typischerweise Werte über 200 ng/ml, im Mittel etwa 5.600 ng/ml für Dabigatran, 2.700 ng/ ml für Rivaroxaban, 1.800 ng/ml für Apixaban, gemessen mit der LC-MS/ MS-Methode [4]. Auf dem Urinstreifen befinden sich insgesamt 4 Testfelder, Von diesen enthalten 2 Farbindikatoren für die XaInhibitoren Apixaban, Edoxaban und Rivaroxaban bzw. den Thrombin-Inhibitor Dabigatran. Sie geben mit hoher Sensitivität Auskunft, ob DOAK in der Probe zu finden sind. Dabei sind die Cut-off-Werte der Testfelder so einge-
DOAC Dipstick zum einfachen Ausschluss von Blutungsrisiken • Urinstreifen-Schnelltest mit Ergebnisablesung nach 10 Minuten • Jederzeit und an jedem Ort verfügbar • Integriertes Kontrollfeld zur Erkennung ungeeigneter Patientenproben anhand der Urinfarbe • Plausibilitätsprüfung des Ergebnisses durch Testfeld zur Bestimmung des Kreatinins (Parameter für die Nierenfunktion) • Schneller und kostengünstiger als ein quantitativer Labortest • Geringe Investitionskosten durch visuelle Ablesung ohne Gerät • Unkomplizierte Lagerung bei 2 – 30°C bei Mindesthaltbarkeit von 6 Monaten • 12 Streifen pro Verpackungseinheit
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stellt, dass gut zwischen Patienten mit noch wirkenden DOAK-Konzentrationen (Bewertung als „positiv“) im Blut und solchen ohne DOAK-Konzentrationen (Bewertung als „negativ“) unterschieden werden kann*. Die 2 weiteren Testfelder enthalten Indikatoren für die Nierenfunktion bzw. die Urinfarbe. Da DOAK bei abnehmender Nierenfunktion vermindert in den Urin gelangen und im Blut akkumulieren, ist zum Ausschluss einer Niereninsuffizienz ein Testfeld zum Nachweis von Kreatinin aufgebracht. Der Test beruht auf einer Reaktion von Kreatinin mit 3,5-Dinitrobenzoesäure in alkalischem Medium (Benedict-Behre-Reaktion), durch die ein violetter Farbton entsteht. Dieser ist umso intensiver, je höher die Kreatininkonzentration ist [5]. Ergibt das Testfeld für Kreatinin auf dem DOAC Dipstick „low“ oder ist es heller * Für Apixaban, Edoxaban und Rivaroxaban sind die Cut-off Werte <100 ng/ml („negativ)“ und >200 ng/ml („positiv“), für Dabigatran <50 ng/ml („negativ) und >125 ng/ml („positiv“). In den Bereichen zwischen den Cut-offWerten können die Farben des Ergebnisses der DOAK entweder als „negativ“ oder als „positiv“ identifiziert werden [1]. Werte <200 ng/ml Urin entsprechen etwa 30 ng/ml im Plasma [1]. © Verlag PERFUSION GmbH
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als das Feld auf der Vergleichsfarbskala, kann das Ergebnis für DOAK im Urin falsch negativ sein. Ein weiteres Testfeld dient dazu, die Urinfärbung festzustellen. Normalerweise bleibt das Testfeld weiß, auch wenn der Urin leicht gelb gefärbt ist. Ist der Urin des Patienten dunkel gefärbt, bleibt dieses Testfeld nicht weiß und die Farben, auf den anderen 3 Testfeldern können verfälscht sein. Der DOAC Dipstick Test ist dann nicht verwertbar [1]. Auf jeder Packung ist ein Farb-Ableseschema abgedruckt, um dem Anwender die Interpretation zu erleichtern und zu prüfen, ob der Test valide ist. Damit bietet der DOAC Dipstick dem Arzt eine verlässliche Möglichkeit, vor allem in Notfallsituationen schnell und einfach, dabei aber überaus sensitiv und spezifisch festzustellen, ob der Patient eine gerinnungshemmende Therapie mit einem DOAK erhält, sodass er zügig über die weitere Behandlung entscheiden kann. Brigitte Söllner, Erlangen Literatur 1 Harenberg J, Schreiner R, Hetjens S et al. Detecting anti-IIa and anti-Xa direct oral anticoagulant (DOAC) agents in urine using a DOAC Dipstick. Semin Thromb Hemost 2019;45:275-284 2 Samuelson BT, Cuker A, Siegal DM et al. Laboratory assessment of the anticoagulant activity of direct oral anticoagulants: a systematic review. Chest 2017;151:127-138 3 Gosselin RC, Adcock DM, Bates SM et al. International Council for Standardization in Haematology (ICSH) recommendations for laboratory measurement of direct oral anticoagulants. Thromb Haemost 2018; 118:437-450 4 Schreiner R, Hetjens S, Giese C et al. Determination of rivaroxaban, apixaban, edoxaban and dabigatran by liquid chromatography-tandem mass-spectrometry and chromogenic assays from urine samples of patients. Res Pract Thromb Haemost 2017;1:PB491 5 Needleman SB, Porvaznik M, Ander D. Creatinine analysis in single collection urine specimens. J Forensic Sci 1992; 37:1125-1133 Weitere Infos unter: https://www.sysmex.de/ produkte/doac-dipstick-4720.html Perfusion 2/2019
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Bundesweit, flächendeckend, vom Kind bis zum Greis – herzchirurgische Versorgung in Deutschland konstant auf hohem Niveau
Im internationalen Vergleich nimmt die Herzchirurgie in Deutschland eine Spitzenposition ein. Das dokumentiert auch der im Februar 2019 in Berlin vorgestellte Deutsche Herzbericht 2018. „Die Qualität der herzchirurgischen Versorgung hat sich seit Jahren auf einem hohen Niveau konsolidiert“, erklärte PD Dr. Wolfgang Harringer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie. „Im Jahr 2017 wurden in den insgesamt 78 deutschen Fachabteilungen für Herzchirurgie 101.728 Herzoperationen durchgeführt, 12.032 davon bei Notfall-Patienten. Mit der Entwicklung neuer Verfahren und Einführung innovativer Technologien sind die aktuell 1.048 Herzchirurgen Deutschlands auch zukünftig in der Lage, einen Beitrag zur Verbesserung der Lebenserwartung und Lebensqualität herzmedizinischer Patienten zu leisten – vom jüngsten Erdenbewohner bis zum hochbetagten Greis.“ Herzchirurgischer Erfolg im Kontext des demographischen Wandels Die Alterung der Bevölkerung wird auch in der Koronarchirurgie bemerkbar. Der Anteil der Patienten in der Altersgruppe der 70- bis 80-Jährigen liegt bei 34,1 %, in der Altersgruppe der ab 80-Jährigen bei 16 % – demnach ist jeder zweite herzchirurgisch behandelte Patient 70 Jahre und älter.
„Trotz des Anstiegs des Lebensalters der herzchirurgischen Patienten bleibt die Überlebensrate bei einer Herzoperation nahezu konstant bei ca. 97 %“, betonte Harringer. 2017: Tiefststand an Herztransplantationen Die häufigsten Ursachen und Indikationen für eine Herztransplantation sind schwerwiegende Kardiomyopathien (Herzmuskelerkrankungen), die chronisch ischämische Herzkrankheit oder weitere gravierende chronische Krankheiten des Kreislaufsystems. „Vor 50 Jahren, am 13. Februar 1969, wurde in Deutschland die erste Herztransplantation durchgeführt“, berichtete Harringer. „Im Jahr 2017 wurde mit insgesamt nur 257 transplantierten Spenderherzen ein trauriger Tiefstand der letzten 25 Jahre erreicht.“ Nach aktuellen Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) ist für das Jahr 2018 ein erfreulicher Anstieg auf 318 transplantierte Herzen zu verzeichnen. „So erfreulich die Steigerung ist, so alarmierend zeigt sich weiterhin die Diskrepanz zwischen Bedarf und zur Verfügung stehenden Spenderorganen“, konstatierte Harringer. „Auf jedes gespendete Herz kommen rund drei Menschen, die auf der Warteliste stehen.“ Die DGTHG spricht sich daher explizit für die sogenannte Widerspruchslösung, praktiziert u.a. in Österreich, aus. © Verlag PERFUSION GmbH
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Anstieg von mechanischen Herzunterstützungssystemen In Ermangelung eines Spenderherzens kommen zunehmend bei schwerstkranken Herzpatienten alternativ mechanische Herzunterstützungssysteme zum Einsatz, die das Herz und somit auch den Kreislauf bis zur Transplantation oder auch als Dauerlösung aufrechterhalten. Die Anzahl der implantierten Herzunterstützungssysteme stieg im vorletzten Jahr erneut um ca. 2,5 % auf 1.027 (2016: 1.001) an. Mehrheitlich machen die links- und rechtsventrikulären Unterstützungssysteme (LVAD/ RVAD) mit 1.003 den Hauptanteil aus. „Vor allem werden LVAD implantiert. Diese unterstützen vornehmlich die linke Herzhälfte der Patienten mit schwerster Herzinsuffizienz ohne weitere Therapieoptionen und sind oft auch die letzte Überlebenschance“, erklärte Harringer. „Mit den aktuell verfügbaren Techniken bei den Linksherzunterstützungssystemen leben, abhängig vom Risikoprofil, nach LVAD-Implantation nach 2 Jahren etwa 60 – 80 % der Patienten. 10 Jahre nach einer Transplantation leben noch etwa 60 % der Patienten. Es gibt keinen adäquaten Ersatz für das menschliche Herz, lautet die konsertierte Meinung der deutschen Herzchirurgen. Koronare Bypass-Versorgung: Patienten mit schwerer KHK profitieren Die im Jahr 2018 vorgestellte Leitlinie der europäischen medizinischen Fachgesellschaften EACTS (Europäische Gesellschaft für Herz-Thorax-Chirurgie) und ESC (Europäische Gesellschaft für Kardiologie) zur invasiven Behandlung der KHK, gibt bei der sog. 3-Gefäß-Erkrankung und Stenose des linken Hauptstamms eine eindeutige Empfehlung (IA) für die koronare Bypass-Operation, um die Durchblutung des Herzmuskels wieder zu verbessern. Ebenso profitieren Patienten mit Diabetes mellitus besonders langfristig Perfusion 2/2019
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von dem herzchirurgischen Eingriff. Signifikante Vorteile haben ebenfalls Patienten mit einer eingeschränkten LV-Funktion und solche, bei denen vorangegangene Katheterinterventionen (PCI) nicht zu einem stabilen Langzeiterfolg geführt haben. „Die koronare Bypasschirurgie zeigt seit Langem eine gute Langzeitprognose für den Patienten“, betonte Harringer. Im Jahr 2017 wurden bundesweit 47.673 isolierte und kombinierte Bypass-Operationen durchgeführt (2016: 50.114); bei 87 % aller Operationen unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine. Die Koronare Bypass-Operation und Herzklappenchirurgie werden häufig als Kombinationseingriffe durchgeführt. Anstieg der Herzklappenoperationen Insgesamt wurden 2017 bundesweit 34.394 Herzklappeneingriffe vorgenommen. Im Vergleich zum Vorjahr (2016: 33.451) ist ein leichter Anstieg um 2,8 % zu verzeichnen, wobei mit 19.430 Operationen Männer häufiger als Frauen (14.964 Operationen) behandelt wurden. Auf Platz eins der zumeist alters- und/ oder verschleißbedingten, operationsbedürftigen Herzklappenerkrankungen steht nach wie vor die Aortenklappen stenose mit 10.556 konventionellen Aortenklappeneingriffen (2016: 10.961). Beim Ersatz der Aortenklappe wird zu 90 % eine biologische Prothese implantiert (2016: 89 %), da eine gute Haltbarkeit der Prothesen im Kontext mit dem zumeist hohen respektive noch zu erwartenden Lebensalter der Patienten nachgewiesen ist. Die 70bis 80-jährigen Patienten stellen mit 41,3 % die größte Altersgruppe dar; gefolgt von den 60- bis 70-Jährigen. Die zweithäufigste konventionell behandelte Herzklappenerkrankung ist mit 6.311 herzchirurgischen Eingriffen die Mitralklappeninsuffizienz. Bei der Behandlung gilt als Goldstandard nach wie vor die Mitralklappen-Rekonstruk-
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tion, die bei 2 Drittel aller Patienten erfolgt. Herz-Team: Gemeinsame Entscheidung bei minimalinvasiven Eingriffen obligat Moderne, kathetergestütze Techniken bieten für bestimmte Patientengruppen eine schonende Alternative zum konventionellen herzchirurgischen Eingriff. Mit der seit rund 15 Jahren angewendeten Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI; Transcatheter Aortic Valve Implantation) zur Behandlung der Aortenklappenstenose und dem seit wenigen Jahren verfügbaren stehenden Mitral-Clip-Verfahren für Patienten mit Mitralklappeninsuffizienz, stehen zwei minimalinvasive Verfahren zur Verfügung, die bei Multimorbidität und erhöhtem Risiko der Patienten eine alternative Behandlungsoption bieten. Zwingend einzuhalten sind bei diesen Therapieverfahren die „Richtlinie minimalinvasive Herzklappeninterventionen“ des Gemeinsamen Bundesausschusses, die neben der interdisziplinären Konsensfindung im Herz-Team auch weitere Vorgaben zu Prozessen und den notwendigen Strukturen vorschreibt. Ebenso sieht die ESC/EACTS-Guideline zum Management von Herzklappenerkrankungen (2017) die gemeinschaftliche Entscheidung nach klinischer Beurteilung des Patienten im Herz-Team vor. Die größte Kohorte der TAVI-Prozedur sind Patienten der Altersgruppe von 80 bis unter 90 Jahre (59,8 %). 2017 zeigte sich eine Zunahme um 13,5 % bei den kathetergestützten Aortenklappenimplantationen auf 19.719 (2016: 17.085); insgesamt erhielten 95 % der ab 80-Jährigen eine TAVI. „Die unterschiedlichen, sich ergänzenden Verfahren bei Aortenklappenstenosen und bei Mitralklappeninsuffizienz machen die Konsensfindung im Herz-Team zur bestmöglichen Patientenbehandlung unabdingbar“, schloss Harringer. Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie © Verlag PERFUSION GmbH
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FORUM SELTENE HEREDITÄRE ERKRANKUNGEN
Hereditäres Angioödem: Lanadelumab definiert die Therapie neu
Mit Lanadelumab (TAKHZYRO®) zur prophylaktischen Behandlung eines hereditären Angioödems (HAE) haben Patienten ab 12 Jahren eine echte Chance, lang anhaltend frei von Schwellungsattacken zu bleiben. Dies zeigen die Ergebnisse der Zulassungsstudie HELP, in der mit einer subkutanen Applikation von 300 mg Lanadelumab alle 2 Wochen die Häufigkeit der HAE-Attacken um 87 % reduziert werden konnte [1]. Der einfach anzuwendende Kallikrein-Inhibitor stellt einen neuartigen Wirkansatz zur Prophylaxe der HAE dar. Symptome und Auslöser der HAE Das hereditäre Angioödem (HAE) ist eine seltene Erkrankung, die autosomal dominant vererbt wird. Die genaue Inzidenz ist nicht bekannt; sie dürfte bei etwa 1,5 : 100.000 liegen [2]. Ursache des HAE ist ein angeborener Mangel oder eine Funktionsstörung des C1-Inhibitors (C1-INH). Die Folge ist eine fehlende Kontrolle des Kallikrein-Kinin-Systems, was immer wieder zur vermehrten Bildung des Peptidhormons Bradykinin führt. Dieses vermittelt durch Vasodilatation und erhöhte Kapillarpermeabilität die Ödembildung [2]. Kennzeichnend für das HAE sind daher plötzliche, wiederkehrende Schwellungsattacken im Bereich der Haut (v.a. im Gesicht und an den Extremitäten) oder der Schleimhäute (Magen-Darm-Trakt, Kehlkopf). Die Schwellungen der Haut können entstellend und funktionseinschränkend, die Ödeme im Magen-Darm-Trakt Perfusion 2/2019
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äußerst schmerzhaft und die Larynx attacken aufgrund der Erstickungsgefahr lebensgefährlich sein. Die Attacken sind in Bezug auf Häufigkeit, Schwere und Ort meist unvorhersehbar. Jedoch können Traumata wie Zahnoperationen und Tonsillektomien HAE-Attacken auslösen. Als weitere Auslöser werden unter anderem emotionaler Stress, Infektionskrankheiten und bei Frauen die Menstruation sowie Änderungen der Östrogenspiegel angegeben [2]. Der Leidensdruck der Patienten ist enorm. Dennoch kann es Jahre, mitunter sogar Jahrzehnte bis zur richtigen Diagnose dauern. Eine frühzeitige Diagnose sollte daher das Ziel sein. Therapeutische Möglichkeiten Um für die Betroffenen die Grundlagen für ein normales Leben zu legen, können verschiedene Therapieregime zum Einsatz kommen. Für viele Patienten ist dies die reine Bedarfsbehandlung akuter HAE-Attacken. Die internationalen WAO/EAACI-Leitlinien für die Diagnose und Therapie des HAE empfehlen allerdings, eine Prophylaxe in Lebensphasen mit erhöhter Krankheitsaktivität in Betracht zu ziehen [3]. Zurzeit stehen für die Behandlung der HAE in Deutschland (und Europa) im Wesentlichen 3 Therapieansätze zur Verfügung: • C1-INH-Konzentrate, die entweder intravenös (Langzeit- und/oder Kurzzeitprophylaxe und/oder Bedarfstherapie [3]) oder subkutan (Langzeitprophylaxe [4]) verabreicht werden,
• der subkutan zu applizierende Bradykinin-B2-Rezeptor Icatibant (Bedarfstherapie) [3] und • der humane monoklonale Antikörper Lanadelumab, der spezifisch das Plasma-Kallikrein hemmt und subkutan verabreicht wird (Langzeitprophylaxe) [5]. Lanadelumab – ein neuer Wirkansatz mit vereinfachter Anwendung Seit November 2018 ist zur routinemäßigen Prophylaxe von HAE-Attacken bei Patienten ab 12 Jahren der spezifisch gegen das Plasma-Kallikrein gerichtete Antikörper Lanadelumab (TAKHZYRO®) zugelassen. Durch die Hemmung der bei HAE-Patienten unkontrollierten Plasma-KallikreinAktivität kann sich der BradykininSpiegel normalisieren und die Entstehung von HAE-Attacken verhindert werden (Abb. 1). Aufgrund der langen Halbwertszeit wird die empfohlene Anfangsdosis von 300 mg alle 2 Wochen subkutan appliziert [1]. Nach vorheriger Schulung durch medizinisches Fachpersonal kann Lanadelumab auch von den Patienten oder betreuenden Personen verabreicht werden, was die Therapie erheblich vereinfacht. Überzeugende Wirksamkeit: Im Steady State fast 8 von 10 Patienten attackenfrei Basis für die Zulassung von Lanadelumab war die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte mul© Verlag PERFUSION GmbH
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FORUM SELTENE HEREDITÄRE ERKRANKUNGEN
• traten 83 % weniger moderate bis schwere Attacken auf, • erforderten 87 % weniger Attacken eine Bedarfstherapie, • waren über die Studiendauer 44 % der Patienten attackenfrei gegenüber 2 % mit Placebo, • waren in der Steady-State-Behandlungsphase (Tag 70 – 182) fast 8 von 10 Patienten (77 %) attackenfrei gegenüber 3 % mit Placebo [5].
Abbildung 1: Wirkprinzip von Lanadelumab: Hemmung des Plasma-Kallikreins [1].
Als häufigste Nebenwirkung in allen Studienarmen traten Reaktionen an der Injektionsstelle auf, die in der Regel mild und vorübergehend waren. Signifikante Verbesserung der Lebensqualität
Abbildung 2: Mittlere Attackenrate unter der 26-wöchigen Therapie mit Lanadelumab 300 mg alle 2 Wochen versus Placebo [5].
tizentrische Phase-III-Studie HELP (Hereditary Angioedema Long-term Prophylaxis) [5]. Sie schloss 125 Patienten ab 12 Jahren ein, die während der 4-wöchigen Run-in-Phase mindestens eine bestätigte HAE-Attacke erlitten hatten. Die Behandlung erfolgte in 3 Studienarmen mit Lanadelumab 300 mg alle 2 Wochen (n = 27), 300 mg alle 4 Wochen (n = 29) und 150 mg alle 4 Wochen (n = 28) versus Placebo (n = 41). Als primärer Endpunkt wurde die Anzahl der vom Prüfarzt bestätigten HAE-Attacken während der Behandlungsphase (26 Wochen/Tag 0 – 182) definiert. Sekundäre Endpunkte waren u.a. die Anzahl der vom Prüfer bestätigten mittelschweren und schweren HAE-Attacken von Tag 0 – 182 und die Anzahl an HAE-Attacken mit erforPerfusion 2/2019
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derlicher Bedarfsbehandlung von Tag 0 – 182. Unter der Therapie mit Lanadelumab 300 mg alle 2 Wochen reduzierte sich die mittlere Häufigkeit von HAE-Attacken während der 26-wöchigen Studiendauer um 87 % gegenüber Placebo (p < 0,001; Abb. 1), mit 300 mg alle 4 Wochen um 73 % und mit 150 mg alle 4 Wochen um 76 % [5]. Unter der empfohlenen Anfangsdosis* von 300 mg Lanadelumab alle 2 Wochen * D ie empfohlene Anfangsdosis beträgt 300 mg Lanadelumab alle 2 Wochen. Bei Patienten, die unter einer Behandlung attackenfrei sind, kann eine Dosisreduzierung von 300 mg Lanadelumab alle 4 Wochen in Erwägung gezogen werden, insbesondere bei Patienten mit geringem Körpergewicht.
Im Angioedema Quality of Life Questionnaire (AE-QoL) wurden mit Lanadelumab klinisch bedeutsame Verbesserungen (Reduktion im Gesamt-Score von mindestens 6 Punkten) im Vergleich zu Placebo beobachtet. Die Verbesserungen zeigten sich in allen Domänen (Funktionsfähigkeit, Erschöpfung/ Gemütslage, Ängste/Schamgefühl und Ernährung), am stärksten aber bei der Funktionsfähigkeit. Aufgrund der überzeugenden Behandlungsergebnisse entschieden sich 96,5 % der Patienten der HELP-Studie (n = 109/113) für die Teilnahme an einer offenen Verlängerungsstudie (~ 2,5 Jahre), die derzeit noch andauert [5]. Brigitte Söllner, Erlangen
Literatur 1 Fachinformation TAKHZYRO 300 mg Injektionslösung; Stand: November 2018 2 Bork K et al. Allergo J Int 2019;28:16-29 3 Maurer M et al. Allergy 2018;73:15751596 4 Longhurst H et al. N Engl J Med 2017; 376:1131-1140 5 Banerji A et al. JAMA 2018;320:21082121 © Verlag PERFUSION GmbH
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KONGRESSE Extension der PIONEER-HF-Studie bestätigt klinischen Nutzen für frühzeitigen Therapiebeginn mit Entresto® Hospitalisierte Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF), die nach einer akuten Dekompensation hämodynamisch stabilisiert worden sind, können vom frühzeitigen Einsatz von Sacubitril/Valsartan (Entresto®) noch im klinischen Setting hinsichtlich einer Reduktion des Mortalitäts-, Morbiditäts- und Re-Hospitalisierungsrisikos profitieren. Dies bestätigen die Ergebnisse der 4-wöchigen Verlängerung der PIONEER-HF-Studie, die erstmals auf der Jahrestagung des American College of Cardiology (ACC) in New Orleans präsentiert wurden. Im Rahmen der 85. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) wurden diese Daten nun auch von renommierten Experten aus Deutschland ausführlich vorgestellt und diskutiert. Abwarten der vulnerablen Phase bringt keine Vorteile Die Ergebnisse der PIONEER-HFExtensionsstudie sind kohärent mit den bisherigen Resultaten. „Die aktuellen Daten lassen den Schluss zu, dass ein Abwarten der vulnerablen Phase nach der akuten Dekompensation für die Umstellung von HFrEF-Patienten auf den Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI) keine Vorteile bringt“, fasste PD Dr. Ingrid Kindermann, Homburg, die Ergebnisse zusammen. „Die frühe Optimierung der Therapie noch im Krankenhaus könnte hingegen zur Verringerung von Herzinsuffizienz-bedingter Mortalität, Morbidität und Re-Hospitalisierungen beitragen – bei einem vergleichbaren Sicherheitsprofil wie dem des ACEHemmers Enalapril.“ Perfusion 2/2019
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Entresto® Entresto® (Sacubitril/Valsartan) ist zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion. Es ist das bislang einzige Medikament, das den Wirkmechanismus eines Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitors nutzt. Die zweimal täglich einzunehmende Tablette bewirkt eine Stimulierung eines neurohormonellen Systems (NP-System), das eine Schutzfunktion auf das Herz entfaltet, und unterdrückt gleichzeitig das bei der Herzinsuffizienz überaktivierte, schädigende Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS). Die Ergebnisse der PARADIGM-HF-Studie mit 8.442 Patienten zeigten im Vergleich zu Enalapril, dass Entresto • das Risiko für kardiovaskulären Tod um 20 % (p < 0,00004) senkte, • das Risiko für Herzinsuffizienz-bedingte stationäre Einweisungen um 21 % (p < 0,00004) reduzierte und • das Gesamtsterblichkeitsrisiko um 16% (p < 0,0005) verringerte. Insgesamt wurde eine Risikoreduzierung um 20 % im Hinblick auf den kombinierten primären Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod oder Herzinsuffizienz-bedingter stationärer Einweisung festgestellt (p < 0,0000002).
Signifikant stärkere Reduktion von NT-proBNP als unter Enalapril Die Phase-III-Studie PIONEER-HF hatte über einen Zeitraum von 8 Wochen die Wirksamkeit und Sicherheit von Sacubitril/Valsartan gegenüber dem ACE-Hemmer Enalapril bei stabilisierten HFrEF-Patienten nach einer akuten Dekompensation untersucht. Dabei zeigte sich unter Sacubitril/ Valsartan bei vergleichbarem Sicherheitsprofil eine signifikant größere (p < 0,0001) und schneller einsetzende Reduktion des kardialen Markers NT-proBNP (n-terminales pro-B-Typ natriuretisches Peptid). Die Senkung dieses Biomarkers korreliert mit der Senkung des Risikos für schwere klinische Ereignisse. So zeigte sich unter dem ARNI bis Woche 8 eine gegenüber Enalapril überlegene, 46%ige Senkung des Risikos für schwere klinische Ereignisse, definiert als Tod, Re-Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz, Implantation eines LVADs (Left Ventricular Assist Device) sowie die Listung für eine Herztransplantation (explorativer Endpunkt). In der 4-wöchigen Open-Label-Extension der PIONEER-HF-Studie setzten 832 HFrEF-Patienten ihre Studienteilnahme fort. Die untersuchte Patientenpopulation der Extension bestand dabei zur Hälfte aus Patienten, die nach Rekompensation Sacubitril/Val
sartan erhalten hatten, und zur anderen Hälfte aus Patienten, die nach erfolgter Stabilisierung mit dem ACE-Hemmer Enalapril behandelt wurden. Zu Beginn der entblindeten Verlängerung ab Woche 8 erhielten beide Gruppen den ARNI. Bei den Patienten, die während der initialen Studienphase für die Dauer von 8 Wochen mit Enalapril behandelt worden waren, führte die Umstellung auf den ARNI zu einer deutlichen Reduktion des NT-proBNP-Werts von –35,8 % (95%-KI: –30,6 bis –40,7) bis Woche 12. In der Patientengruppe, die von Studienbeginn an Sacubitril/Valsartan erhalten hatte, verringerte sich der NTproBNP-Wert, der bis Woche 8 bereits um 29 % gesenkt worden war, im Zeitraum von Woche 8 bis 12 um weitere –18,5 % (95%-KI: –11,8 bis –24,7). HFrEF-Patienten, die über den gesamten Studienzeitraum (12 Wochen) mit Sacubitril/Valsartan therapiert worden waren, wiesen also insgesamt eine stärkere Abnahme des kardialen Markers auf. Hospitalisierungen vermeiden – ARNI frühzeitig einsetzen Eine Dekompensation geht für die Patienten mit einem irreversiblen Funktionsverlust des Herzens und einer abrupten Progression der Erkrankung © Verlag PERFUSION GmbH
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einher. Dies zu verhindern, ist daher eines der wichtigsten Behandlungsziele bei HFrEF und kann nur mit der rechtzeitigen, adäquat starken Intervention in einem möglichst frühen Erkrankungsstadium gelingen. Sacubitril/Valsartan hat sich in den 3 Jahren seit Marktzulassung für die Therapie der HFrEF in Deutschland etabliert. Die Daten des prospektiven europäischen Registers ARIADNE wurden auf der 85. DGK-Jahrestagung vom Leiter der klinischen Prüfung, Professor Uwe Zeymer, Ludwigshafen, präsentiert. Sie geben nun weiteren Aufschluss über den Einsatz von Sacubitril/Valsartan im Praxisalltag. In der ARIADNE-Subgruppe mit 4.768 HFrEF-Patienten aus Deutschland wurden 50,5 % mit der bisherigen Standardtherapie und 49,5 % mit Sacubitril/Valsartan behandelt. Darunter waren 3.452 Patienten, die vor nicht mehr als 4 Wochen vor Beobachtungsbeginn auf Sacubitril/Valsartan eingestellt wurden. Die Analyse der Daten dieses Patientenkollektivs ergab, dass der ARNI in der Praxis häufiger in fortgeschrittenen Stadien der HFrEF (NYHA-Klasse III und IV) eingesetzt wird. „Die unserem Register zugrunde liegenden Studiendaten für Sacubitril/ Valsartan zeigen, dass gerade Patienten im frühen Krankheitsstadium ab NYHA II besonders vom Einsatz des ARNI profitieren können“, berichtete Zeymer. „Daher ist der frühzeitige Einsatz von Sacubitril/Valsartan für symptomatische HFrEF-Patienten unbedingt empfehlenswert. Hier ist das Potenzial von Sacubitril/Valsartan im deutschen Praxisalltag noch nicht ausgeschöpft – aber wir sind auf einem guten Weg.“ Fabian Sandner, Nürnberg
Sehr niedrige Blutungs inzidenz bei älteren VHF-/VTE-Patienten, die periinterventionell mit Edoxaban behandelt wurden Auf dem Jahreskongress 2019 der European Heart Rhythm Association (EHRA) in Lissabon wurden die Ergebnisse der Studie EMIT-AF/VTE präsentiert. Diese ist Teil von EDOSURE, dem klinischen Forschungsprogramm zu Edoxaban, in das weltweit über 100.000 Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) und venöser Thromboembolie (VTE) einbezogen werden und das wissenschaftliche Daten liefern soll, die die Anwendung von Edoxaban in der klinischen Praxis, insbesondere bei älteren Patienten, unterstützen. Die prospektive, nicht interventionelle Beobachtungsstudie EMIT-AF/ VTE untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit des einmal täglich einzunehmenden oralen Antikoagulans Edoxaban (Lixiana®) beim periinterventionellen Management von Patienten mit VHF bzw. VTE, die sich erstmals einem diagnostischen und/oder therapeutischen Eingriff unterziehen mussten. Wie die Daten zeigen, war die Behandlung mit Edoxaban in der klinischen Routinepraxis mit einer geringen Blutungsinzidenz assoziiert, selbst bei Eingriffen mit hohem Blutungsrisiko nach Klassifikation der EHRA. Auch die Raten thromboembolischer oder ischämischer Komplikationen waren niedrig. EHRA-Klassifizierung des periinterventionellen Blutungsrisikos erstmals in Studie angewendet EMIT-AF/VTE ist die erste groß angelegte multizentrische, internationale Beobachtungsstudie zum periinterventionellen Management und den Behandlungsergebnissen unter Edoxaban. Es ist außerdem die erste prospektive, nicht interventionelle NOAK-Einzelstudie, bei der die EHRA-Klassifizierung des periinterventionellen
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Blutungsrisikos, die im April 2018 eingeführt wurde, in der klinischen Routinepraxis angewendet wurde. Die in die EMIT-AF/VTE-Studie eingeschlossenen nicht selektierten 1.155 Patienten waren zu 62 % männlich, in fortgeschrittenem Alter (Durchschnittsalter 71,9 ± 10,4 Jahre; 45 % waren 75 Jahre oder älter) und wiesen mehrere Komorbiditäten auf. 294 Studienteilnehmer (26 %) hatten ein vernachlässigbares, 581 (50 %) ein geringes und 280 (24 %) ein hohes EHRA-Blutungsrisiko. Des Weiteren setzten 30 % der Patienten (345 von 1.155) die Edoxaban-Behandlung ohne Unterbrechung während der periinterventionellen Phase fort, während 73 % (847 von 1.155) bereits am Tag nach dem Eingriff wieder Edoxaban einnahmen, wobei es bei keinem dieser Patienten postinterventionell zu einer Unterbrechung kam. Schwere Blutungen nur bei 0,7 % der als hochriskant eingestuften Eingriffe Der primäre sicherheitsrelevante Endpunkt – eine schwere Blutung nach Definition der International Society on Thrombosis and Haemostasis (ISTH) im Zeitraum von 5 Tagen vor einem Eingriff bis 30 Tage nach dem Eingriff – trat bei 0,4 % (5 von 1.155) der Patienten auf. Die Blutungsinzidenz war niedrig, selbst bei den 280 nach EHRAKlassifikation als hochriskant eingestuften Eingriffen: Es erlitten lediglich 2 von 280 Patienten (0,7 %) schwere Blutungen und 1,4 % (4 von 280) klinisch relevante nicht schwere Blutungen. Das sekundäre Ziel der Studie war es, die Inzidenz des zusammengesetzten Endpunkts aus akutem Koronarsyndrom, nicht hämorrhagischem Schlaganfall, transitorischer ischämischer Attacke, systemischen embolischen Ereignissen, tiefer Venenthrombose, Lungenembolie und kardiovaskulär bedingtem Tod zu dokumentieren. Thrombotische oder ischämische Ereignisse traten bei 0,6 % (7 von 1.155) der Patienten auf. Dr. Paolo Colonna, Bari (Italien), kommentierte die Ergebnisse: „Bis© Verlag PERFUSION GmbH
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lang waren nur wenige Daten zum periinterventionellen Management der Patienten, denen ein NOAK wie Edoxaban verordnet wurde, und den damit verbundenen klinischen Ergebnissen verfügbar. Die niedrigen Raten an Blutungen sowie an thromboembolischen oder ischämischen Komplikationen, die mit Edoxaban im Rahmen der EMIT-AF/VTE-Studie assoziiert waren, liefern wichtige Erkenntnisse zur Edoxaban-Anwendung bei nicht selektierten Patienten im Rahmen eines bei ihnen durchgeführten diagnostischen oder therapeutischen Eingriffs.“ Elisabeth Wilhelmi, München
Baxter Education Center (BEC): Ein Weg zu mehr Versorgungsqualität für Dialysepatienten Nicht immer haben Dialysezentren und nephrologische Praxen die nötige Infrastruktur und die Kapazitäten, um dialysepflichtigen Patienten ein Heimdialyseverfahren wie die Peritonealdialyse (PD) zu ermöglichen. Hier kann das Baxter Education Center (BEC) Abhilfe schaffen. Ziel des umfangreichen und interdisziplinären Schulungsprogramms ist es, mehr Dialysepatienten den Zugang zur PD zu ermöglichen. Auf einer Presseveranstaltung am 2. April 2019 in Bad Mergentheim hatten Fachjournalisten sowie Vertreter von Kassen und Gesellschaften die Möglichkeit, sich aus erster Hand über das neue Schulungsprogramm zu informieren. Prinzip der Peritonealdialyse In Deutschland benötigen derzeit mehr als 100.000 Patienten ein Nierenersatzverfahren – die Tendenz ist steigend. Grundsätzlich gibt es dafür 2 Möglichkeiten: die Dialysetherapie und die Nierentransplantation. Wie Professor Ferruh Artunc, Tübingen, ausführte, bestehen bei der Dialysetherapie wiePerfusion 2/2019
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11-tägiges Initialtraining im BEC: ein umfassendes Konzept zum Erlernen der PD für Zuhause Schwerpunkte • Qualifiziertes PD-Training • Individuelle Trainingseinheiten • Gruppenschulung • Erlernen von Hygienemaßnahmen • Durchführung der PD • PD-Therapie im Alltag
Weitere Inhalte • Medizinische Versorgung • PD-gerechte krankengymnastische Übungen • Ernährungsberatung • Psychologische Beratung • Verpflegung
Was sonst wichtig ist • Ganzheitliche Betreuung • Interdisziplinär und umfassend • Einbeziehung des sozialen Umfelds der Patienten (Begleitperson, Angehörige) • Hausbesuch durch eine qualifizierte Pflegekraft Tabelle 1: Ziel des BEC-Schulungsprogramms ist es, Betroffene und deren Angehörige auf die PD-Behandlung für Zuhause vorzubereiten.
derum 2 Optionen, die medizinisch etwa gleich effektiv sind: die Hämodialyse (HD) und die Peritonealdialyse (PD). Im Gegensatz zur HD erfolgt die Dialyse bei der PD im Körper, wobei das sehr gut durchblutete Peritoneum, das den Bauchraum auskleidet, als natürliche semipermeable Filtermembran zur Ausschwemmung harnpflichtiger Substanzen und zum Entzug von Wasser genutzt wird. Der Transport der Substanzen erfolgt dabei durch Diffusion und Osmose. Zur Durchführung der PD ist ein kontinuierlicher Zugang zur Bauchhöhle nötig, aber kein Gefäßzugang und kein zentraler Venenkatheter wie bei der HD. Durch die kontinuierlichere Behandlung findet eine gleichmäßige Entgiftung und Entwässerung statt. Heimdialyse: Eigenverantwortung und Lebensqualität stehen im Fokus Unter medizinischen Gesichtspunkten bestehen laut Artunc die Hauptvorteile der PD in einer besseren hämodynamischen Stabilität mit einer geringeren Rate an hypotensiven Komplikationen sowie einer kürzeren Erholungszeit nach der jeweiligen Dialyse. Darüber hinaus führt die PD zu einem besseren Erhalt der Nierenrestfunktion und größerer Behandlungsflexibilität. Da die PD sich gut für die eigenverantwortliche Durchführung zu Hause eignet, ermöglicht sie es den niereninsuffizienten Patienten, ihre Lebensqualität
weitgehend zu erhalten. Insbesondere profitieren sie bei der Dialyse von der Unabhängigkeit vom Dialysezentrum und dem Verbleib in ihrer gewohnten, häuslichen Umgebung. Zudem zeigen gesundheitsökonomische Daten, dass die PD deutlich kostengünstiger ist als die HD. Als besonders kostentreibend gilt bei der HD der Faktor Patiententransport zum Zentrum und wieder zurück. Gegenüber einer Hämodialyse an einem Zentrum resultiert aus der PD eine Einsparung von im Durchschnitt 12.000 € pro Patient und Jahr – angesichts der Zahl an nierenkranken Patienten in einer zunehmend alternden Gesellschaft ein erheblicher, ökonomischer Faktor für das Gesundheitssystem. Anteil der mit PD behandelten Patienten noch gering Wie Artunc ausführte, kommt die PD als effektives, sicheres und patientenfreundliches Nierenersatzverfahren für rund 30 % der Betroffenen in Frage. Von den rund 80.000 Dialyse-Patienten wurden in Deutschland 2017 aber nur etwa 4.900 (6,1 %) mittels PDTherapie versorgt. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit weit zurück. Als Hauptursachen für die geringe Nutzung der PD als Therapieoption nannte der Nephrologe die mangelnde Aufklärung der Patienten über die PD als Therapieoption, wenig oder keine Erfahrung des Pflegeperso© Verlag PERFUSION GmbH
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nals mit der PD und die in vielen Dialysezentren fehlende PD-Infrastruktur. Viele Patienten brechen mangels ausreichender Schulung die PD innerhalb der ersten 3 – 12 Monate ab. BEC: Umfassendes Dialysetraining stärkt eigenverantwortliche PDHeimbehandlung Um mehr Patienten die Therapieoption der eigenständigen Heimdialyse zu ermöglichen und sie sicherer im Umgang mit der PD zu machen, startete das Unternehmen Baxter ein innovatives Schulungsprogramm für PD-Patienten in Deutschland. Das erste Baxter Education Center (BEC), in dem das Dialysetraining stattfindet, wurde im August 2018 in Bad Mergentheim eröffnet. Hier werden Patienten und ihre Angehörigen, deren Teilnahme ausdrücklich erwünscht ist, während ihres Aufenthalts interdisziplinär und umfassend rund um die Uhr betreut. „Ein nephrologisches Team in räumlicher Nähe ist während des gesamten Aufenthalts im BEC ansprechbar“, so Dr. Jochen Selbach vom Caritas Krankenhaus Bad Mergentheim. Im BEC erlernen die Patienten nicht nur das eigenständige Beutelwechseln und für die maschinell unterstützte PD die Bedienung des Dialyse-Gerätes, das zumeist 11-tägige Training beinhaltet auch eine Ernährungsberatung, eine Anleitung zur Mobilisation sowie eine begleitende psychologische Betreuung. Qualifizierte Pflegekräfte schulen die Teilnehmer individuell oder in kleinen Gruppen (Tab. 1). Dr. Lukas André von der Fachklinik Schwaben in Bad Mergentheim ist von dem neuen Konzept überzeugt: „Die Infrastruktur und personelle Ausstattung hier vor Ort ermöglichen eine intensive Schulung und Aufklärung der teilnehmenden Patienten.“ Nephrologen können Patienten, die sich für die PD als Nierenersatzverfahren entschieden haben, im BEC anmelden und das Training initiieren. Im Anschluss an das Training erfolgt die weitere medizinische Betreuung wieder heimatnah durch den jeweils behandelnden Arzt. Der Nephrologe Dr. Johannes Hägel brachte die VorteiPerfusion 2/2019
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le dieser Kooperation auf den Punkt: „Ein fundiertes Patiententraining ist für uns als Behandler essenziell: Wenn der Patient nach der Katheter-Anlage und dem Training PD-fähig in die Facharztpraxis zurückkehren kann, ist das ein neuartiger und vielversprechender Ansatz, die PD zu fördern – von Anfang an.“ Brigitte Söllner, Erlangen Weitere Informationen zum BEC-Dialysetraining finden Sie unter https:// dialysetraining.baxter.de
Shire: 70 Jahre Erfahrung in der Hämatologie Engagement und multiple Therapie optionen von Shire, jetzt Teil der Takeda Group, in der Hämatologie – und eine enge Verbundenheit zur Hämophilie A: Das rekombinante Blutgerinnungsfaktor VIII-Präparat Advate® (Octocog alfa) ist seit nunmehr 15 Jahren Goldstandard in der Blutungsprophylaxe. Seit einem Jahr steht mit Adynovi® (Rurioctocog alfa pegol) die Halbwertszeit-verlängerte Version des bewährten Wirkstoffes zur Verfügung. Die Substitution des fehlenden Faktor VIII ist für viele Patienten die Therapie der Wahl. Den effektiven Blutungsschutz im klinischen Alltag bestätigen nun auch die neuen Ergebnisse der Langzeit Real World Evidence (RWE)Studie AHEAD und die PROPELStudie mit Adynovi®, deren Daten auf der 63. Jahrestagung der GTH 2019 in Berlin vorgestellt wurden. Ein weiteres Novum: Veyvondi® – der erste rekombinante von-Willebrand-Faktor. Advate®: Seit 15 Jahren der Goldstandard zur Blutungsprophylaxe Bei Hämophilie A hat sich die Gabe rekombinanter Präparate seit Jahren bewährt, besonders die prophylaktische Anwendung von Faktor VIII
(bei Faktor-VIII-Talspiegeln ≥1 %) als wirksame Maßnahme zur Vermeidung von Blutungen. Allen voran das Präparat Advate® (Octocog alfa), das sich seit 15 Jahren weltweit als Goldstandard in der prophylaktischen Behandlung von Hämophilie-Patienten etabliert hat. Neue Studiendaten belegen die Effektivität und Verträglichkeit des rekombinanten Faktor VIII im Versorgungsalltag: Mit der weltweit größten Real-World Studie AHEAD wurde über einen Zeitraum von 5 Jahren, der Krankheitsverlauf von über 700 Hämophilie-A-Patienten dokumentiert, darunter 376 Patienten in Deutschland. Unter der prophylaktischen Behandlung mit Advate® zeigte sich ein effektiver Blutungsschutz bei gutem Sicherheitsprofil. Im weiteren Verlauf der AHEAD-Studie werden jetzt auch Patienten mit Adynovi® (Rurioctocog alfa pegol) eingeschlossen, sodass in den nächsten Jahren ebenfalls RWE-Daten dafür vorliegen. PROPEL-Studie: Effektiver Blutungsschutz mit Adynovi® auch bei weniger Injektionen Dass ein effektiver Blutungsschutz auch bei einer verlängerten Halbwertszeit und entsprechend weniger Injektionen gewährleistet ist, zeigen die Ergebnisse der Studie PROPEL: Dabei wurden die Sicherheit und Wirksamkeit von Adynovi® mit zwei unterschiedlich eingestellten Faktor-VIII-Talspiegeln bei Pharmakokinetik-gesteuerter Prophylaxe verglichen. Untersucht wurden die jährlichen Blutungsraten bei Patienten mit schwerer Hämophilie A bei niedrigen (1 – 3 %) und hohen (8 – 12 %) Talspiegeln. Das Studienergebnis zeigt, dass auch mit niedrigem Talspiegel eine gute Blutungsprävention erreicht werden kann, vergleichbar dem Blutungsschutz in der Adynovi®Zulassungsstudie. Die Kontrolle des Talspiegels kann dabei interaktiv mit dem digitalen Tool myPKFiT erfolgen. Das CE-zertifizierte Medizinprodukt myPKFiT, das Anfang dieses Jahres als Mobile App bei den Megaphon Awards mit Gold © Verlag PERFUSION GmbH
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prämiert wurde, unterstützt sowohl in Kombination mit Advate® als auch in Kombination mit Adynovi® die Patienten bei der interaktiven Prophylaxe und Alltagsgestaltung; für die behandelnden Ärzte ist es ein wertvolles Tool für die Therapieplanung und -begleitung. Neuer Meilenstein Veyvondi® Das von-Willebrand-Syndrom (vWS) ist die häufigste erblich bedingte Blut-
gerinnungsstörung. Im Gegensatz zur Hämophilie, die fast ausschließlich bei Männern auftritt, sind beim vWS beide Geschlechter gleichermaßen betroffen. Bei Patienten mit der schweren Form des vWS kann es u.a. zu Blutungskomplikationen nach operativen Eingriffen, zu gastrointestinalen Blutungen sowie zu Einblutungen in die Gelenke kommen – mit schwerwiegenden gesundheitlichen Konsequenzen. Für erwachsene Patienten, die alleine auf eine Behandlung mit Desmopressina-
cetat (DDAVP) nicht ansprechen oder für die es kontraindiziert ist, steht mit Veyvondi® nun der erste rekombinant produzierte von-Willebrand-Faktor zur Verfügung. Außerdem enthält das neue Präparat sogenannte „ultragroße Multimere“, die hinsichtlich der Stillung von Blutungen besonders effektiv sind. In Deutschland profitieren bereits die ersten vWS-Patienten von der Behandlung mit Veyvondi®. Elisabeth Wilhelmi, München
MITTEILUNGEN Zulassung für neuen Cholesterinsenker Bempedoinsäure beantragt Als Alternative bzw. als Ergänzung zur Behandlung der Hypercholesterinämie mit Statinen haben Daiichi-Sankyo und Esperion mit Bempedoinsäure einen einmal täglich oral einzunehmenden Arzneistoff entwickelt, der wie die Statine die Cholesterin- und Fettsäuresynthese in der Leber hemmt, den Stoffwechselweg aber an einer anderen Stelle blockiert: Bempedoinsäure inhibiert das Enzym ATP-Citrat-Lyase (ACL), das Acetyl-CoA zu HMG-CoA umsetzt, und verhindert so die durch die HMG-CoA-Reduktase katalysierte Metabolisierung von HMG-CoA zu Cholesterin. Darüber hinaus führt Bempedoinsäure zu einer Hochregulierung von LDL-Rezeptoren in der Zellmembran, sodass die LDL-C-Konzentration sinkt. Vielversprechende Nicht-StatinTherapieoption Aufgrund seines Wirkmechanismus hat Bempedoinsäure das Potenzial, den Cholesterinspiegel bei Patienten zu senken, die Statine nur in der maximal verträglichen Dosis erhalten oder Statin-intolerant sind und einer zusätzlichen LDL-Cholesterinsenkung bedürfen. Perfusion 2/2019
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Seine Wirksamkeit hat der neue Lipidsenker bereits im Rahmen eines weltweiten, 5 Studien umfassenden Phase-III-Studienprogramms unter Beweis gestellt: Bei Patienten, die mit Bempedoinsäure behandelt wurden, konnte eine 30%ige Senkung des LDL-C-Spiegels erreicht werden. Bei gleichzeitiger Behandlung mit Statinen in der maximal verträglichen Dosis kam es zu einer zusätzlichen Senkung des LDL-C-Spiegels um 20 %. In den Phase-III-Studien hat sich der Wirkstoff als gut verträglich erwiesen. Die Häufigkeit behandlungsbedingter unerwünschter Ereignissen und die Rate an Studienabbrüchen waren in der Bempedoinsäure- und Placebo-Gruppe vergleichbar. Wirkungsstarke fixe Kombination mit Ezetimib Um die Wirkung ihres Lipidsenkers noch weiter zu steigern, haben die Hersteller Bempedoinsäure mit Ezetimib kombiniert. Dieses hemmt den NPC1L1 (Niemann-Pick C1-Like 1)-Transporter, sodass weniger Cholesterin aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert wird. Da nun weniger Cholesterin an die Leber abgegeben wird, kommt es ebenfalls zur Hochregulierung der LDL-Rezeptoren. Dank des komplementären Wirkmechanismus von Bempedoinsäure (Hemmung der Cholesterinsynthese) und Ezetimib (Hemmung der Choles-
terinresorption) bietet die Bempedoinsäure/Ezetimib-Fixdosis-Kombination eine starke LDL-C-senkende, NichtStatin-Therapieoption, die ebenfalls einmal täglich oral einzunehmen ist. In den Phase-III-Studien führte die Kombination zu einer LDL-C-Senkung um 48 % und um 35 %, wenn sie zusammen mit Statinen in der maximal verträglichen Dosis verabreicht wurde. Fazit Bempedoinsäure und Bempedoinsäure/Ezetimib Fixdosis-Kombinationstabletten können eine wesentliche Versorgungslücke für diejenigen Patienten schließen, die mit den bestehenden Therapieoptionen – vor allem Statinen – ihre Behandlungsziele nicht erreichen. Dabei kann Bempedoinsäure auch in Kombination mit anderen lipidsenkenden Arzneimitteln angewendet werden. In den Phase-III-Studien hat sich der Wirkstoff als wirksam und gut verträglich erwiesen. Die Hersteller haben das Phase-III-Entwicklungsprogramm im Oktober 2018 abgeschlossen und basierend auf den vielversprechenden Ergebnissen die Zulassung in Europa bei der Europäischen Arzneimittelagentur beantragt. Ende Februar hat die EMA den Zulassungsantrag validiert und damit das wissenschaftliche Begutachtungsverfahren durch den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA in Gang gesetzt. B. S. © Verlag PERFUSION GmbH
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Mitteilungen
Neues Watchman FLX™-System erhält CE-Zeichen Boston Scientific hat für Watchman FLX™, sein neues System zum perkutanen Verschluss des linken Vorhofohres, die Zulassung für Europa erhalten und startet nun die limitierte Markteinführung; die vollständige Markteinführung ist für das zweite Halbjahr 2019 geplant. Indiziert ist die Implantion von Watchman FLX™ zur Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern. Diese Patienten sind fünfmal häufiger von Schlaganfällen betroffen als Menschen mit normalem Herzrhythmus, wobei mehr als 90 % dieser Schlaganfälle durch Blutgerinnsel aus dem linken Vorhofohr verursacht werden. Der perkutane Verschluss des linken Vorhofohres kann der Entstehung von Thromben im linken Vorhof sowie dem Auftreten von Schlaganfällen vorbeugen und ist insbesondere für die Patienten eine Alternative, bei denen eine Langzeittherapie mit oralen Antikoagulanzien kontraindiziert ist.
Das neue Watchman FLX™-System lässt sich dank seines vollständig geschlossenen und atraumatischen distalen Endes präzise platzieren und kann während des Eingriffs vollständig wieder eingeholt und repositioniert werden. Der speziell geformte Okkluder sorgt für einen zuverlässigen Verschluss des linken Vorhofohres. B. S. Perfusion 2/2019
32. Jahrgang
PERFUSION
IMPRESSUM
OFFIZIELLES ORGAN DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR ARTERIOSKLEROSEFORSCHUNG Herausgeber: Univ.-Prof. Dr. Dr. Edzard Ernst, Emeritus Professor of Complementary Medicine, University of Exeter, Peninsula Medical School,Salmon Pool Lane, Exeter EX2 4SG, UK Prof. Dr. med. W. Koenig, Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen Deutsches Herzzentrum München Technische Universität München Lazarettstr. 36, 80636 München Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. T. von Arnim (Kardiologie), München Prof. Dr. med. G. V. R. Born (Arterioskleroseforschung), London Prof. Dr. med. C. Diehm (Angiologie), Karlsbad Priv.-Doz. Dr. med. Dr. phil. C. Drosde (Kardiologie), Freiburg Dr. med. J. Dyerberg MD, Ph. D. (Klin. Chemie), Aalborg Sygehus, Dänemark Univ.-Prof. Dr. med. H. W. Eichstädt, (Kardiologie), Berlin Doz. Dr. rer. nat. F.-D. Ernst (Hämorheologie), Dresden Dr. med. J. Gehring (Kardiologie, Rehabilitation), München Prof. Dr. med. J. D. Gruß (Gefäßchirurgie), Kassel Prof. Dr. J. Harenberg (Hämostaseologie), Mannheim Prof. Dr. med. L. Heilmann (Gynäkologie), Rüsselsheim Prof. Dr. med. H. M. Hoffmeister (Kardiologie), Solingen Prof. Dr. med. H. U. Janka (Diabetologie), München Dr. med. J. Janzen MPhil (Pathologie), Bern, Schweiz Prof. Dr. med. L. Kollár M. D., PhD (Gefäßchirurgie), Universität Pécs, Ungarn Prof. Dr. med. M. Marshall (Phlebologie), Rottach Egern Prof Dr. med. J. Matsubara (Chirurgie), Ishikawa, Japan Prof. Dr. med. G. Mchedlishvilli (Mikrozirkulation), Tbilisi, Georgien Prof. Dr. med. V. Mitrovic (Kardiologie, Klinische Pharmakologie), Bad Nauheim Prof. Dr. med. H. Mörl (Angiologie), Mannheim Prof. Dr. med. F. J. Neumann (Kardiologie), Bad Krozingen Prof. Dr. med. K. L. Resch (Medizin-Statistik), Bad Elster Prof. Dr. med. G. Rettig (Kardiologie), Homburg PD Dr. med. Rainer Röttgen (Radiologie), Berlin Prof. Dr. med. G. Schmid-Schönbein (Biomechanik), La Jolla, USA Prof. Dr. med. H. Schmid-Schönbein (Physiologie), Aachen Prof. Dr. med. A. Schrey (Pharmakologie), Düsseldorf Prof. Dr. med. H. Sinzinger (Nuklearmedizin), Wien, Österreich Prof. Dr. med. T. Störk (Kardiologie, Angiologie), Göppingen Prof. Dr. med. I. Szirmai M. D. (Neurologie), Universität Budapest, Ungarn Prof. Dr. med. G. Trübestein (Angiologie), Bonn Prof. Dr. med. B. Tsinamdzvrishvili (Kardiologie, Hypertonie), Tbilisi, Georgien Prof. Dr. med. W. Vanscheidt (Dermatologie), Freiburg Prof. Dr. med. H. Weidemann (Kardiologie, Sozialmedizin), Bad Krozingen
Schriftleitung: Univ.-Prof. Dr. Dr. Edzard Ernst, Emeritus Professor of Complementary Medicine, University of Exeter, Peninsula Medical School, Salmon Pool Lane, Exeter EX2 4SG, UK E-Mail: Edzard.Ernst@pms.ac.uk Tel: +44 (0) 1392 726029 Fax: +44 (0) 1392 421009 Die Zeitschrift erscheint 6-mal im Jahr; Jahresabonnement 27,–; Einzelheft 5,50, inklusive MwSt., zuzüglich Versandspesen. Der Abonnementpreis ist im voraus zahlbar. Stornierungen sind bis 6 Wochen vor Ablauf eines Kalenderjahres möglich. Abonnementbestellungen direkt beim Verlag.
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Literaturangaben: 1. Granger CB et al. N Engl J Med 2011; 365: 981–992. Eliquis 2,5 mg Filmtabletten. Eliquis 5 mg Filmtabletten. Wirkstoff: Apixaban. Zusammensetzung: Wirkstoff: 2,5 mg bzw. 5 mg Apixaban. Sonst. Bestandteile: Lactose, Mikrokristalline Cellulose, Croscarmellose-Natrium, Natriumdodecylsulfat, Magnesiumstearat, Lactose-Monohydrat, Hypromellose, Titandioxid, Triacetin, Eliquis 2,5 mg zusätzlich: Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O; Eliquis 5 mg zusätzlich: Eisen(III)-oxid. Anwendungsgebiete: Prophylaxe v. Schlaganfällen u. systemischen Embolien bei erw. Pat. mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern u. einem o. mehreren Risikofaktoren, wie Schlaganfall o. TIA in der Anamnese, Alter ≥ 75 Jahren, Hypertonie, Diabetes mellitus, symptomatische Herzinsuffizienz (NYHA Klasse ≥II). Behandlung v. tiefen Venenthrombosen (TVT) u. Lungenembolien (LE) sowie Prophylaxe v. rezidivierenden TVT und LE bei Erw. Eliquis 2,5 mg zusätzlich: Prophylaxe venöser Thromboembolien bei erw. Pat. nach elektiven Hüft- o. Kniegelenksersatzoperationen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gg. den Wirkstoff o.e.d. sonst. Bestandteile; akute klinisch relevante Blutung; Lebererkrankungen, die mit einer Koagulopathie u. einem klinisch relevanten Blutungsrisiko verbunden sind. Läsionen o. klinische Situationen, falls sie als signifikanter Risikofaktor für eine schwere Blutung angesehen werden (z.B. akute o. kürzl. aufgetretene gastrointestinale Ulzerationen, maligne Neoplasien m. hohem Blutungsrisiko, kürzl. aufgetretene Hirn- o. Rückenmarksverletzungen, kürzl. erfolgte chirurgische Eingriffe an Gehirn, Rückenmark o. Augen, kürzl. aufgetretene intrakranielle Blutungen, bekannte o. vermutete Ösophagusvarizen, arteriovenöse Fehlbildungen, vaskuläre Aneurysmen o. größere intraspinale o. intrazerebrale vaskuläre Anomalien. Gleichzeitige Anwendung anderer Antikoagulanzien z.B. unfraktionierte Heparine, niedermol. Heparine, Heparinderivate, orale Antikoagulanzien außer bei Umstellung der Antikoagulation von o. auf Apixaban o. unfraktioniertes Heparin in Dosen, um die Durchgängigkeit e. zentralvenösen o. arteriellen Katheters zu erhalten. Nebenwirkungen: Häufig: Anämie, Thrombozytopenie; Blutungen am Auge (einschließlich Bindehautblutung); Blutungen, Hämatome, Hypotonie (einschließlich Blutdruckabfall während des Eingriffs); Epistaxis; Übelkeit, Gastrointestinale Blutung, Blutung im Mundraum, Rektalblutung, Zahnfleischblutung; erhöhte Gamma-Glutamyltransferase, erhöhte Alanin-Aminotransferase; Hautausschlag; Hämaturie; Abnormale vaginale Blutung, urogenitale Blutung; Kontusion. Gelegentlich: Überempfindlichkeitsreaktionen, allergisches Ödem, anaphylaktische Reaktion, Pruritus; Gehirnblutung; Intraabdominalblutung; Hämoptyse; Hämorrhoidalblutung, Hämatochezie; abnormale Leberfunktionstests, erhöhte Aspartat-Aminotransferase, erhöhte Blutwerte für alkalische Phosphatase, erhöhte Blutwerte für Bilirubin; Muskelblutung; Blutung an der Applikationsstelle; Okkultes Blut positiv; Postoperative Blutung (einschließlich postoperatives Hämatom, Wundblutung, Hämatom an Gefäßpunktionsstelle und Blutung an der Kathetereinstichstelle), Wundsekretion, Blutungen an der Inzisionsstelle (einschließlich Hämatom an der Inzisionsstelle), intraoperative Blutung, Traumatische Blutung. Selten: Blutung der Atemwege; Retroperitoneale Blutung; Weitere Hinweise: siehe Fachinformation. Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Bristol-Myers Squibb/Pfizer EEIG, Bristol-Myers Squibb House, Uxbridge Business Park, Sanderson Road, Uxbridge, Middlesex UB8 1DH Vereinigtes Königreich. Version 09