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Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen in Klinik und Praxis Jahrgang 30, Heft 4 Oktober 2017
VERLAG
PERFUSION Offizielles Organ der Deutschen Gesellschaft für Arterioskleroseforschung Current Contents/ Clinical Medicine
ÜBERSICHTSARBEITEN Sensomotorische Polyneuropathien werden bei Diabetikern oft erst spät erkannt Einfluss von Empagliflozin auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei Typ-2-Diabetes FOREN
Forum diabeticum: Stabilere Blutzuckerwerte unter Toujeo® im Vergleich zu Insulin glargin 100 Einheiten/ml Forum Schlaganfall: Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls (OPS 8-981) über 72 Stunden ist gerechtfertigt Forum cardiologicum: • Herzinsuffizienz frühzeitig behandeln für maximalen Therapiebenefit • TROPICAL-ACS: Frühe Umstellung von Prasugrel auf Clopidogrel bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom und Stentimplantation • Symptomatische KHK: Umstellung auf Fixkombination lohnt sich • Hypertonie und Hypercholesterinämie: Mit Dreifachkombination Adhärenz verbessern Forum antithromboticum: • Erster Point-of-Care-Urintest für direkte orale Antikoagulanzien • Aktuelle Daten aus dem US-Versorgungsalltag: Effektivität und Verträglichkeit von Apixaban versus Warfarin bei Hochrisiko-Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern • Nicht valvuläres Vorhofflimmern: AntikoagulationsStrategien bei Patienten mit Multimorbidität REDAKTIONELLER TEIL
Mitteilungen, Kongressberichte
ISSN 0935-0020
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• bessere Wirksamkeit vs. Warfarin1* • weniger schwere Blutungen vs. Warfarin1* * Zur Schlaganfallprophylaxe bei VHF-Patienten# bietet ELIQUIS® gleichzeitig eine signifikant überlegene Reduktion von Schlaganfällen/systemischen Embolien und weniger schwere Blutungen vs. Warfarin1‡ # Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern und einem oder mehreren Risikofaktoren. ‡ Schwere Blutung war ein wichtiger sekundärer Endpunkt in der ARISTOTLE-Studie und wurde entsprechend einer vorab festgelegten hierarchischen Test-Strategie getestet, um den Typ-I-Fehler in der Studie möglichst niedrig zu halten. Literaturangaben: 1. Granger CB et al. N Engl J Med 2011; 365: 981–992. Eliquis 5 mg Filmtabletten. Wirkstoff : Apixaban. Zusammensetzung: Wirkstoff : 2,5 mg bzw. 5 mg Apixaban. Sonst. Bestandteile: Lactose, Mikrokristalline Cellulose, Croscarmellose-Natrium, Natriumdodecylsulfat, Magnesiumstearat, Lactose-Monohydrat, Hypromellose, Titandioxid, Triacetin, Eliquis 2,5 mg zusätzlich: Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O; Eliquis 5 mg zusätzlich: Eisen(III)-oxid. Anwendungsgebiete: Prophylaxe v. Schlaganfällen u. systemischen Embolien bei erw. Pat. mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern u. einem o. mehreren Risikofaktoren, wie Schlaganfall o. TIA in der Anamnese, Alter ≥ 75 Jahren, Hypertonie, Diabetes mellitus, symptomatische Herzinsuffizienz (NYHA Klasse ≥ II). Behandlung v. tiefen Venenthromb osen (TVT) u. Lungenemb olien (LE) sowie Prophylaxe v. rezidivierenden TVT und LE b ei Erw. Eliquis 2,5 mg zusätzlich: Prophylaxe venöser Thromboembolien bei erw. Pat. nach elektiven Hüft- o. Kniegelenksersatzoperationen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gg. den Wirkstoff o.e.d. sonst. Bestandteile; akute klinisch relevante Blutung; Lebererkrankungen, die mit einer Koagulopathie u. einem klinisch relevanten Blutungsrisiko verbunden sind. Läsionen o. klinische Situationen, falls sie als signifikanter Risikofaktor für eine schwere Blutung angesehen werden (z.B. akute o. kürzl. aufgetretene gastrointestinale Ulzerationen, maligne Neoplasien m. hohem Blutungsrisiko, kürzl. aufgetretene Hirn- o. Rückenmarksverletzungen, kürzl. erfolgte chirurgische Eingriff e an Gehirn, Rückenmark o. Augen, kürzl. aufgetretene intrakranielle Blutungen, bekannte o. vermutete Ösophagusvarizen, arteriovenöse Fehlbildungen, vaskuläre Aneurysmen o. größere intraspinale o. intrazerebrale vaskuläre Anomalien. Gleichzeitige Anwendung anderer Antikoagulanzien z.B. unfraktionierte Heparine, niedermol. Heparine, Heparinderivate, orale Antikoagulanzien außer bei Umstellung der Antikoagulation von o. auf Apixaban o. unfraktioniertes Heparin in Dosen, um die Durchgängigkeit e. zentralvenösen o. arteriellen Katheters zu erhalten. Nebenwirkungen: Häufig: Anämie; Blutungen am Auge (einschließlich Bindehautblutung); Blutungen, Hämatome; Epistaxis; Übelkeit; Gastrointestinale Blutung; Rektalblutung, Zahnfleischblutung; Hämaturie; Kontusion. Gelegentlich: Thrombozytopenie; Überempfindlichkeitsreaktionen, allergisches Ödem, anaphylaktische Reaktion; Pruritus; Gehirnblutung; Hypotonie (einschließlich Blutdruckabfall während des Eingriff s); Intraabdominalblutung; Hämoptyse; Hämorrhoidalblutung, Blutung im Mundraum, Hämatochezie; Erhöhung der Transaminasen, erhöhte Aspartat-Aminotransferase, erhöhte γ-Glutamyltransferase, abnormale Leberfunktionstests, erhöhte Blutwerte für alkalische Phosphatase, erhöhte Blutwerte für Bilirubin; Hautauschlag; Abnormale vaginale Blutung, urogenitale Blutung; Blutung an der Applikationsstelle; Okkultes Blut positiv; Postoperative Blutung (einschließlich postoperatives Hämatom, Wundblutung, Hämatom an Gefäßpunktionsstelle und Blutung an der Kathetereinstichstelle), Wundsekretion, Blutungen an der Inzisionsstelle (einschließlich Hämatom an der Inzisionsstelle), intraoperative Blutung; Traumatische Blutung, Blutung nach einem Eingriff, Blutung an einer Inzisionsstelle. Selten: Blutung der Atemwege; Retroperitoneale Blutung; Muskelblutung; Weitere Hinweise: siehe Fachinformation. Verschreibungspfl ichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Bristol-Myers Squibb/Pfi zer EEIG, Bristol-Myers Squibb House, Uxbridge Business Park, Sanderson Road, Uxbridge, Middlesex UB8 1DH Vereinigtes Königreich. Stand: Q1/2016
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EDITORIAL
Münsteraner Memorandum Heilpraktiker
Prof. Dr. med. E. Ernst, Exeter, U.K.
Während der letzten zwei Jahre war ich Mitglied einer multidisziplinären Gruppe, die sich Gedanken zum deutschen Heilpraktiker-Wesen machte. Kürzlich haben wir dazu ein Dokument veröffentlicht, das einiges Aufsehen erregt hat. Unsere Absicht war es, zu diesem Thema eine konstruktive Diskussion in Gang zu bringen. Daher erlaube ich mir, zwei kurze Passagen aus unserem Memorandum als Editorial zu publizieren: „Falsche Behandlungen von Patienten sind ein vielschichtiges Problem, dem nicht zuletzt die Gesundheitspolitik durch Maßnahmen der Qualitätssicherung begegnen muss. Zwei spezifische, aber nicht trennbare Teilaspekte dieses Problems sind Fehlbehandlungen durch (1) Heilpraktiker, die ihre Patienten überwiegend mit Interventionen aus dem Bereich der (2) Komplementären und Alternativen Medizin (KAM) behandeln. Ihre bisweilen dramatischen Folgen wurden der Öffentlichkeit u.a. im Sommer 2016 durch den Fall am ‚Biologischen Krebszentrum Bracht’ am Niederrhein deutlich. In der Obhut des Inhabers dieser Einrichtung, eines Heilpraktikers, starben damals drei Patienten, die vermutlich länger gelebt hätten, wenn sie nach den Standards der wissenschaftsorientierten Medizin behandelt worden wären. Unser Autorenteam – der interdisziplinäre und von institutionellen Interessen unabhängige ‚Münsteraner
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Kreis’ – versucht, die genannte Problematik aus einer dezidiert wissenschaftsorientierten und zugleich am Selbstbestimmungsrecht der Patienten ausgerichteten Perspektive zu beurteilen. Dabei werden wir in diesem Papier zunächst eine systematische Problemanalyse vorlegen und anschließend zwei alternative Lösungsvorschläge skizzieren…“ „Medizinische Parallelwelten mit radikal divergierenden Qualitätsstandards, wie sie aktuell im deutschen Gesundheitswesen in Form von Doppelstandards bei Ergebnisbewertung und Qualitätskontrolle bestehen, sind für eine aufgeklärte Gesellschaft nicht akzeptabel. Bei Heilpraktikern stehen aufgrund ihrer ungenügenden, kaum regulierten Ausbildung die Qualifikationen und Tätigkeitsbefugnisse in einem eklatanten Missverhältnis. Heilpraktiker bieten schwerpunktmäßig alternativoder komplementärmedizinische Verfahren an, die in den meisten Fällen wissenschaftlich unhaltbar sind. Dies führt zu einer Gefährdung von Patienten. Abhilfe verspricht nur ein gleichzeitiges Vorgehen auf mehreren Ebenen: 1. e ine einheitliche Bewertung der Patientendienlichkeit in allen Bereichen der Medizin, 2. ein verstärktes Engagement für die Erfordernisse einer gelingenden Kommunikation mit den Patienten,
3. e ine verstärkte Förderung wissenschaftstheoretischer Kompetenzen in Ausbildung und Studium gesundheitsbezogener Berufe sowie 4. eine Abschaffung des Heilpraktikerwesens oder eine radikale Anhebung und Sicherstellung des Kompetenzniveaus von Heilpraktikern. Wir haben uns hier auf die Reform des Heilpraktikerwesens konzentriert und dafür zwei Lösungsvorschläge skizziert: Wir empfehlen entweder die gänzliche Abschaffung des Heilpraktikerberufs oder dessen Ablösung durch die Einführung spezialisierter ‚FachHeilpraktiker’ als Zusatzqualifikation für bestehende Gesundheitsfachberufe. Für die Übergangsphase empfehlen wir eine gesetzliche Beschränkung des Heilpraktikerwesens auf weitgehend gefahrlose Tätigkeiten. Auf diese Weise ließen sich die Gefahren für Patienten reduzieren und die Patientenversorgung langfristig wesentlich verbessern.“ Edzard Ernst, Exeter
Das vollständige Memorandum und die Liste der Autoren sind im Internet einzusehen unter: https://www.aerzteblatt.de/ down.asp?id=19264
© Verlag PERFUSION GmbH
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Forum diabeticum Forum Schlaganfall Forum cardiologicum Forum antithromboticum Mitteilungen Kongressberichte
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Forum diabeticum Forum stroke Forum cardiologicum Forum antithromboticum Informations Congress reports
EDITORIAL Münsteraner Memorandum Heilpraktiker E. Ernst ÜBERSICHTSARBEITEN Sensomotorische Polyneuropathien werden bei Diabetikern oft erst spät erkannt H. Stracke Einfluss von Empagliflozin auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei Typ-2-Diabetes B. Söllner
CONTENTS 101
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EDITORIAL Heilpraktiker discussion document by the Muenster Group E. Ernst REVIEWS Sensorimotor polyneuropathies in diabetic patients are often recognized late H. Stracke Influence of empagliflozin on cardiovascular morbidity and mortality in type 2 diabetes B. Söllner
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Aktivieren Sie das Herz, aktivieren Sie das Leben. EMPFEH
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Bei symptomatischer Herzinsuffizienz (HFrEF)* ist es Zeit für ENTRESTO® 2 • Aktiviert den natürlichen Schutzmechanismus des Herzens 2, 3 • Senkt kardiovaskuläre Mortalität (20 %) und Herzinsuffizienzbedingte Krankenhauseinweisungen (21 %) 4, ** • Verbessert die Lebensqualität: Weniger Herzinsuffizienzbedingte Symptome und körperliche Einschränkungen 4, ***
Erfahren Sie mehr auf www.zusammen-gesund.de * HFrEF: Heart Failure with Reduced Ejection Fraction = Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion. ** Primärer Endpunkt der PARADIGM HF-Studie. *** Sekundärer Endpunkt der PARADIGM HF-Studie. Veränderung unter Entresto® wurde mittels KCCQ (Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire), in einem 8 monatigen Zeitraum gemessen. 1. Ponikowski P et al. 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. Eur J Heart Fail. 2016 Aug; 18(8): 891 – 975. 2. Fachinformation Entresto®. 3. Volpe M, Carnovali M, Mastromarino V. The natriuretic peptides system in the pathophysiology of heart failure: from molecular basis to treatment. Clin Sci. 2016; 130(2): 57 – 77. 4. McMurray JJV, Packer M, Desai A et al. Angiotensin-neprilysin inhibition versus enalapril in heart failure. N Engl J Med. 2014; 371(11): 993 – 1004.
Entresto® 24 mg/26 mg Filmtabletten, Entresto® 49 mg/51 mg Filmtabletten, Entresto® 97 mg/103 mg Filmtabletten Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Wirkstoffe: Sacubitril u. Valsartan. Zus.-setz.: Arzneil. wirks. Bestandt.: 1 Filmtabl. enth.: 24,3 mg bzw. 48,6 mg bzw. 97,2 mg Sacubitril und 25,7 mg bzw. 51,4 mg bzw. 102,8 mg Valsartan (als Sacubitril-Natrium– Valsartan-Dinatrium (1:1) 2,5 H2O). Sonst. Bestandt.: Tabl.-kern: Mikrokrist. Cellulose, niedrig substituierte Hyprolose, Crospovidon (Typ A), Magnesiumstearat, Talkum, hochdisp. Siliciumdioxid. Filmüberzug: Hypromellose, Substitutionstyp 2910 (3 mPa·s), Titandioxid (E171), Macrogol (4000), Talkum, Eisen(III)-oxid (E172). -24 mg/26 mg Filmtabl. u. -97 mg/103 mg Filmtabl. zusätzl.: Eisen(II,III)-oxid (E172). -49 mg/51 mg Filmtabl. zusätzl.: Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172). Anwend.-gebiete: Bei erwachsenen Patienten zur Behandl. einer symptomatischen, chronischen Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion. Gegenanz.: Überempfindlichk. gegen die Wirkstoffe od. einen der sonst. Bestandt. Gleichzeit. Anwend. von ACE-Hemmern. Entresto darf erst 36 Stunden nach Absetzen einer Therapie mit ACE-Hemmern gegeben werden. Anamnestisch bekanntes Angioödem im Zus.-hang mit e. früheren ACE-Hemmer- od. ARB-Therapie. Hereditäres od. idiopathisches Angioödem. Bei Auftreten e. Angioödems muss Entresto sofort abgesetzt werden. Gleichzeit. Anwend. mit Aliskiren-haltigen AM bei Patienten mit Diabetes mellitus od. bei Patienten mit Nierenfunktionsstörung (eGFR < 60 ml/min/1,73 m2). Schwere Leberinsuffizienz, biliäre Zirrhose od. Cholestase. Zweites u. drittes Schwangerschafts-Trimester. Stillzeit. Nebenw.: Sehr häufig: Hyperkaliämie. Hypotonie. Nierenfunktionsstör. Häufig: Anämie. Hypokaliämie, Hypoglykämie. Schwindel, Kopfschmerzen, Synkope. Vertigo. Orthostat. Hypotonie. Husten. Diarrhö, Übelkeit, Gastritis. Nierenversagen (einschl. akutes Nierenversagen). Ermüdung, Asthenie. Gelegentl.: Überempfindlichkeit. Posturaler Schwindel. Pruritus, Hautausschlag, Angioödem. Verschreibungspflichtig. Weit. Hinweise: S. Fachinformation. Stand: September 2017 (MS 10/17.6). Novartis Pharma GmbH, Roonstr. 25, 90429 Nürnberg. Tel.: (0911) 273-0, Fax: (0911) 273-12 653. www.novartis.de
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H. Stracke: Sensomotorische Polyneuropathien werden bei Diabetikern oft erst spät erkannt
ÜBERSICHTSARBEIT
Sensomotorische Polyneuropathien werden bei Diabetikern oft erst spät erkannt PERFUSION 2017; 30: 104–107
Die diabetische Neuropathie zählt zu den häufigsten mikrovaskulären Störungen bei Diabetikern. Mindestens jeder dritte Patient hat eine distale sensomotorische Polyneuropathie (DSPN) [1], die sich vor allem in den unteren Extremitäten äußert. Die Früherkennung der Neuropathie ist eine wichtige Voraussetzung, um die Progression der Nervenschädigung aufhalten zu können und schwerwiegende Komplikationen wie ein diabetisches Fußsyndrom zu verhindern. Typische Symptome einer DSPN sind eine Minderwahrnehmung von sensiblen Reizen in den Füßen, z.B. Vibrations-, Druck- und Temperaturempfindung, eine Reflexabschwächung sowie motorische Symptome wie leichte Lähmungen und Muskelkrämpfe. In weiter fortgeschrittenen Stadien kommen neuropathische Schmerzen hinzu. Neben der peripheren kann auch eine autonome diabetische Neuropathie in unterschiedlichen Organsystemen auftreten. Beispielsweise kann eine Schädigung der Nerven am Herz-Kreislauf-System (autonome kardiale Neuropathie) zu Reizleitungsstörungen wie etwa einer verminderten Herzfrequenzvariabilität führen oder eine Schädigung der Nerven im Gastrointestinaltrakt mit Motilitätsstörungen oder dyspeptischen Symptomen einhergehen [1].
Hilmar Stracke Medizinisches Versorgungszentrum Agaplesion, Evangelisches Krankenhaus Gießen
len der PROTECT-Studie im Rahmen der nationalen Aufklärungsinitiative „Diabetes! Hören Sie auf Ihre Füße?“ verdeutlichen. Bei etwa der Hälfte der Untersuchten wurde eine DSPN nachgewiesen und den meisten davon war diese zuvor nicht bekannt [2, 3]. Im Rahmen der Initiative wurden bei bisher 1850 Teilnehmern, darunter 943 Typ-2-Diabetiker, 126 Typ-1-Diabetiker und 781 Nicht-Diabetiker, Fuß-
Checks vorgenommen [3]. Dabei wurden das Temperaturempfinden (mittels Tip-Therm, Abb. 1), Druck- bzw. Berührungsempfinden (10 g Monofilament) und die Vibrationswahrnehmung (128-Hz-Stimmgabel) der Füße überprüft. Eine DSPN wurde bei 44 % der Typ-1-Diabetiker, bei 55 % der Typ2-Diabetiker und sogar bei 48 % der Nicht-Diabetiker festgestellt. Bei ihnen war mindestens ein Testergebnis auffäl-
Rund jeder zweite Fuß-Check erbrachte Neuropathie-Hinweise Häufig wird eine DSPN erst mit großer Verzögerung erkannt, wie aktuelle ZahPerfusion 4/2017
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Abbildung 1: Überprüfung des Temperaturempfindens mittels Tip-Therm. © Verlag PERFUSION GmbH
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H. Stracke: Sensomotorische Polyneuropathien werden bei Diabetikern oft erst spät erkannt
lig. Mehr als jeder dritte Nicht-Diabetiker hatte laut HbA1c-Messung bereits eine Glukosestoffwechselstörung. Zu den Risikofaktoren für eine DSPN zählen neben Diabetesdauer und schlechter Blutzuckerkontrolle auch ungünstige Ernährung, Vitamin-B1-Mangel, körperliche Inaktivität, Übergewicht, Alkohol- oder Tabakmissbrauch, hoher Blutdruck und Begleiterkrankungen mit negativem Einfluss auf das Nervensystem. Obwohl rund zwei Drittel der Personen mit nachgewiesener DSPN Brennen und Schmerzen in den Füßen angaben, wussten die meisten nichts von ihrer Neuropathie. Unter den Teilnehmern mit bekanntem Typ-2-Diabetes betrug der Anteil rund 70 %, unter NichtDiabetikern 75 %. 25–30 % der Betroffenen hatten eine schmerzlose DSPN, rund 15 % eine atypische DSPN mit Schmerzen nur beim Gehen. Bei Diabetikern sollte jährlich ein Neuropathie-Screening erfolgen Zur Früherkennung einer DSPN sollte bei Diabetikern ein regelmäßiges Neuropathie-Screening durchgeführt werden mit ausführlicher Anamnese, Inspektion der Füße, Abklärung einer pAVK und einfachen neurologischen Tests. Bei Typ-2-Diabetikern wird das Screening bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung, bei Patienten mit Typ-1-Diabetes spätestens 5 Jahre nach Diagnosestellung und danach in jährlichen Intervallen empfohlen [1]. Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Neuropathie wird zu einer umfassenderen neurologischen Basisdiagnostik und ggf. zur Überweisung zum Facharzt geraten. Durch die Diagnose einer diabetischen Neuropathie im Frühstadium und eine adäquate Behandlung können das Fortschreiten der Erkrankung und damit auch mögliche schwere Folgekomplikationen wie diabetische Fußulzera am besten verhindert werden. Therapie beruht auf 3 Säulen Bei der Therapie von diabetischen Polyneuropathien hat sich ein 3-SäulenPerfusion 4/2017
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Abbildung 2: 3-Säulen-Therapieschema bei diabetischer Polyneuropathie (mod. nach K. Reiners und H. Stracke).
Schema etabliert (Abb.2). Die erste Säule beinhaltet die Optimierung der Blutzuckereinstellung sowie die Kon trolle weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren wie Hypertonie und Hyperlipidämie sowie Lebensstilinterventionen. Empfohlen werden ein Verzicht auf Alkohol und Nikotin sowie viel körperliche Bewegung. In der DCCT-Studie konnte bei Typ1-Diabetikern durch eine normnahe Diabeteseinstellung das Auftreten einer klinischen Neuropathie um 69 % (p = 0,006) nach 5 Jahren im Vergleich zur Kontrollgruppe verringert werden [4]. Nicht eindeutig sind dagegen die Studiendaten bei Typ-2-Diabetikern zur neuroprotektiven Wirkung einer guten Blutzuckereinstellung. Die zweite Therapiesäule ist die Blockierung pathogener Stoffwechselwege, die durch Hyperglykämien aktiviert und durch einen Mangel an Vitamin B1 forciert werden. Einen hohen Stellenwert hat dabei die Gabe
von Benfotiamin. Das fettlösliche Prodrug von Thiamin (Vitamin B1) hemmt pathogene Stoffwechselwege, die zur Entstehung von Neuropathien und Gefäßschäden beitragen, wie den Hexosaminstoffwechsel, die verstärkte Bildung von AGEs (Advanced Glycation Endproducts) und die Aktivierung der Proteinkinase C [5]. Als weiterer pathogenetisch begründbarer therapeutischer Ansatz gilt die antioxidative Therapie mit Alpha-Liponsäure (Thioctsäure). Viele DSPN-Patienten benötigen zudem eine symptomatische schmerzlindernde Therapie, die dritte Säule der Behandlung. Vitamin-B1-Spiegel sind bei Diabetikern häufig zu niedrig Bei der Therapie einer diabetischen Neuropathie ist zudem ein ausreichend hoher Vitamin-B1-Spiegel von Bedeutung. Vitamin B1 schützt das Nerven© Verlag PERFUSION GmbH
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H. Stracke: Sensomotorische Polyneuropathien werden bei Diabetikern oft erst spät erkannt
system. Durch eine Supplementation der Vitamin-B1-Vorstufe Benfotiamin können bei vielen Betroffenen bereits vorhandene schmerzhafte und sensorische Neuropathiesymptome gelindert werden [13, 14]. Bei Diabetikern ist eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B1 häufig nicht gewährleistet. Denn einerseits ist der Vitamin-B1-Bedarf im Zustand der Hyperglykämie erhöht, andererseits scheiden Diabetiker auch vermehrt Thiamin über die Niere aus [6, 7]. In einer britischen Studie waren die Thiamin-Plasmaspiegel bei Typ-1- und Typ-2-Diabetikern um rund drei Viertel niedriger als bei gesunden Kontrollpersonen (im Schnitt 15,3 bzw. 16,3 nmol/l vs. 64,1 nmol/l) [6]. Auch die reichliche Zufuhr von Alkohol, Kaffee, schwarzem und grünem Tee, von Sulfiten (z.B. in Trockenobst) oder von rohem Fisch (enthält Thiaminase) kann die Resorption von Vitamin B1 vermindern bzw. das Vitamin deaktivieren. Weitere Risikofaktoren für einen ausgeprägten Vitamin-B1-Mangel sind Darmerkrankungen und bariatrische Operationen. Schlüsselfunktion von Vitamin B1 im Glukosestoffwechsel Vitamin B1 hat eine Schlüsselfunktion bei der Verstoffwechselung von Kohlenhydraten, da es als Co-Enzym für 3 wichtige Reaktionen fungiert: • Aktivierung der Transketolase, wodurch pathogene Stoffwechselwege wie die Bildung von AGEs im diabetischen Stoffwechsel gehemmt werden • Aktivierung der Pyruvat-Dehydrogenase, die für die oxidative Karboxylierung von Pyruvat aus Glukose benötigt wird • Aktivierung der Alpha-Ketoglutarat-Dehydrogenase, Bestandteil des Zitronensäurezyklus für die Energiegewinnung Im Mangelzustand häufen sich AGEs an, die oxidativen Stress und Entzündungsreaktionen fördern und bei Diabetikern zu einem erhöhten Risiko für mikrovaskuläre Komplikationen beitragen. Die Symptomentwicklung verPerfusion 4/2017
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p=0,033 –2,5 600 mg
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Placebo
Abbildung 3: Die Per-Protokoll-Analyse der BENDIP-Studie bei 124 Patienten mit DSPN zeigt für die Behandlung mit 600 mg Benfotiamin nach 6 Wochen eine signifikante Abnahme des Neuropathie-Symptomen-Scores (NSS) (mod. nach [13]).
läuft bei einem Mangel schleichend. Zu den Folgen eines anhaltenden Vitamin-B1-Mangels zählen Schäden im peripheren und zentralen Nervensystem. Neue Studien belegen auch die wichtige Rolle von Vitamin-B1 im Hirnstoffwechsel [8] und weisen auf einen Zusammenhang zwischen Thiamin-Metaboliten im Blut und Morbus Alzheimer hin [9]. Im Körper wird Vitamin B1 in Thiamin-Diphosphat umgewandelt, die biologisch aktive Form des Vitamins. Studien zufolge wirkt Vitamin B1 nicht nur einer Neuropathie entgegen. Durch die Gabe von hochdosiertem Thiamin wurde bei Diabetikern mit Mikroalbuminurie die Proteinausscheidung verringert [10] und mit der Thiamin-Vorstufe Benfotiamin im experimentellen Setting eine diabetische Retinopathie verhindert [5]. Zudem gibt es erste Hinweise für einen Schutzeffekt von Vitamin B1 vor Demenz [16]. Fettlösliches Benfotiamin ist besser resorbierbar als wasserlösliches Thiamin Zum Ausgleich eines Vitamin-B1-Mangels und zur Vorbeugung/Therapie von damit assoziierten Neuropathien ist das fettlösliche Prodrug Benfotiamin besser geeignet als die wasserlöslichen Thia-
min-Salze. Denn während das Prodrug leicht passiv über Diffusion aufgenommen werden kann, muss Thiamin bei oraler Anwendung aktiv resorbiert werden. Neue Messungen belegen, dass bei Gabe von Benfotiamin im Blut und vor allem intrazellulär höhere Konzentra tionen von Thiamin-Diphosphat erzielt werden als bei Anwendung von wasserlöslichen Thiamin-Salzen [11, 12]. Die Wirksamkeit von Benfotiamin bei Patienten mit diabetischer Polyneuro pathie wurde in klinischen Studien belegt. In einer 6-wöchigen placebokontrollierten Studie bei 165 Patienten mit DSPN war der Neuropathie-Symptomen-Score (NSS) bei Studienende in der Per-Protokoll-Analyse bei 124 Patienten unter hochdosiertem Benfotiamin (Wirkstoff in milgamma® protekt, 600 mg/d) signifikant verringert (Abb. 3). Unter den Beschwerden der Patienten ging das Symptom Schmerzen am stärksten zurück. Die Verbesserungen waren ausgeprägter bei hochdosierter Therapie (600 mg vs. 300 mg täglich) und nahmen mit zunehmender Studiendauer zu [13]. Ähnliche Ergebnisse wurden in einer weiteren placebokontrollierten Studie über 3 Wochen bei insgesamt 40 Diabetikern mit Polyneuropathie erzielt, die mit täglich 400 mg Benfotiamin behandelt wurden [14]. Benfotiamin und Alpha-Liponsäure ergänzen sich in ihren Wirkmechanismen © Verlag PERFUSION GmbH
H. Stracke: Sensomotorische Polyneuropathien werden bei Diabetikern oft erst spät erkannt
[15], sodass durch eine Kombination dieser beiden Substanzen eine Optimierung der Wirksamkeit bei diabetischer Polyneuropathie zu erwarten ist. Individuelle Schmerztherapie Bei Diabetikern mit Polyneuropathien und starken neuropathischen Schmerzen ist außerdem eine individuelle Schmerztherapie nötig. Am häufigsten eingesetzt werden Antikonvulsiva wie Pregabalin, Serotonin-NoradrenalinWiederaufnahmehemmer wie Duloxetin und Venlaxafin, trizyklische Antidepressiva sowie atypische Opioide wie Tramadol. Stärkste neuropathische Schmerzen können den Einsatz starker Opioide wie Oxycodon erfordern. Alternativen zur systemischen Schmerztherapie sind Capsaicin bzw. Lidocain, eventuell Botulinumtoxin. Der Algorithmus der medikamentösen Schmerztherapie wird derzeit überarbeitet. Sorgfältig beachtet werden sollte bei der systemischen Therapie der DSPN das hohe Risiko für Nebenwirkungen, Arzneimittelinteraktionen und die Abhängigkeitsgefahr.
MITTEILUNGEN Vorhofflimmern: Mikroblutungen im Gehirn erhöhen Demenzrisiko Ein erhöhtes Risiko für unerkannte Blutungen im Gehirn („Microbleeds“) dürfte bei Menschen mit Vorhofflimmern, der häufigsten Herzrhythmusstörung, zur allmählichen Abnahme der Denkleistung im Alter beitragen, berichtete Dr. Pascal Meyre (Universitätsspital Basel) auf dem Europäischen Kardiologiekongress (ESC) in Barcelona. Schweizer Forscher hatten im Rahmen der SWISS-AF Studie (Swiss Atrial Fibrillation Cohort Study) 1978 Patienten über 65 Jahre mit Vorhofflimmern mittels Bluttests, Bildgebung und die Perfusion 4/2017
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Fazit Eine diabetische Neuropathie ist bei Diabetikern häufig und kann auch bereits im Frühstadium der Erkrankung auftreten. Um ein Fortschreiten der Nervenschäden zu verhindern und die Symptomatik zu verringern, sollten alle Möglichkeiten der Intervention genutzt werden – medikamentöse und nicht medikamentöse Maßnahmen. Eine zentrale Stellung im Management von Polyneuropathien nimmt neben der Optimierung der Blutzuckereinstellung der Ausgleich eines Vitamin-B1-Mangels ein, der Neuropathien und Gefäßschäden fördert. Bewährt hat sich bei der Supplementation das gut resorbierbare fettlösliche Benfotiamin.
Literatur 1 Nationale Versorgungsleitlinie Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter. Registernummer nvl - 001e, Stand: 01.07. 2016 2 Ziegler D et al. J Diabetes Complications 2015;29:998-1002 3 Ziegler D. Präsentation auf dem DDG 2017, Hamburg
Denkleistung messenden Tests alljährlich untersucht. Eine wichtige Rolle spielte dabei das Montreal Cognitive Assessment (MoCA), ein 30-PunkteTest, der unterschiedliche kognitive Funktionen wie Kurzzeitgedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache, Orientierung, Fähigkeit zur Benennung etc. untersucht. Dabei zeigte fast die Hälfte (46 %) der Studienteilnehmer einen abnormal niedrigen MoCA-Score von weniger als 26, jeder vierte von weniger als 23. Diese Probanden waren im Vergleich zu Probanden mit normalem MoCA Score älter, hatten einen höheren CHA2DS2-VASc Score, der die Notwendigkeit einer Schlaganfallprophylaxe misst, nahmen zur Vorbeugung von Thrombosen häufiger einen Vitamin-K-Antagonisten, etwas seltener neue orale Blutverdünner (Antikoagulanzien) ein. Abgesehen vom Alter standen insbesondere Bluthochdruck, zerebrale vaskuläre Ereignisse
107 4 DCCT Research Group. N Engl J Med 1993;329:977-986 5 Hammes HP et al. Nature Med 2003;9: 294-299 6 Thornally PJ et al. Diabetologia 2007; 50:2164-2170 7 Al-Attas OS et al. J Endocrinol Invest 2012;35:951-956 8 Gibson G et al. Mol Cell Neuroscie 2013;55:17-25 9 Pan X et al. EBioMedicine 2016;3:155162 10 Rabbani N et al. Diabetologia 2009;52: 208-212 11 Xie F et al. J Clin Pharmacol 2014;54: 688-695 12 Schreeb KH et al. Eur J Clin Pharmacol 1997;52:319-320 13 Stracke H et al. Exp Clin Endocrinol Diabetes 2008;116:600-605 14 Haupt E et al. Int J Clin Pharmacol Ther 2005;43:71-77 15 Hermanyi Z et al. Neurodiab XVI, Ystad, 2006, Abstract P9 16 Pan X et al. Neurosci Bull 2016;32:591596 Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. med. Hilmar Stracke Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Stoffwechsel Medizinisches Versorgungszentrum Agaplesion Evangelisches Krankenhaus Mittelhessen gGmbH Paul-Zipp-Straße 171 35398 Gießen
wie Schlaganfälle und Transitorische ischämische Attacken (TIA) und ein erhöhter CHA2DS2-VASc Score im Zusammenhang mit einer kognitiven Beeinträchtigung, berichtete StudienErstautor Dr. Meyre. Aktuell wird davon ausgegangen, dass 9 % der Über-65-Jährigen und mehr als 40 % der Über-90-Jährigen von einer Demenz betroffen sind. Demenz ist der häufigste Grund für Pflegebedürftigkeit im Alter und die dritthäufigste Todesursache in der Schweiz nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. DGK
Quelle: ESC-Abstract 2017 P4626. Meyre et al. Cognitive function correlates with CHA2DS2-VASc score in patients with atrial fibrillation: The Swiss atrial fibrillation cohort study; Eur Heart J 2017; 38 (Suppl.):710 © Verlag PERFUSION GmbH
108
B. Söllner: Einfluss von Empagliflozin auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei Typ-2-Diabetes
ÜBERSICHTSARBEIT
Einfluss von Empagliflozin auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei Typ-2-Diabetes* Brigitte Söllner, Erlangen PERFUSION 2017; 30: 108–111
Menschen mit Typ-2-Diabetes und einer kardiovaskulären Vorerkrankung wie Myokardinfarkt oder Schlaganfall haben eine um durchschnittlich 12 Jahre verkürzte Lebenserwartung [1]. Dabei werden etwa 50 % der Todesfälle durch ein kardiovaskuläres Ereignis verursacht [2, 3]. In der EMPA-REG OUTCOME®-Studie wurde untersucht, ob sich bei diesen Hochrisikopatienten, die bereits eine Standardtherapie erhalten, durch die zusätzliche Gabe des Antidiabetikums Empagliflozin, eines selektiven Inhibitors des Natrium-Glukose-Cotransporters 2 (SGLT-2), das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und Todesfälle senken lässt [4–7]. Weitere Endpunkte waren unter anderem die Häufigkeit von Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz sowie die Nierenfunktion [7]. Methoden EMPA-REG OUTCOME® ist eine randomisierte, doppelblinde Studie mit 3 Armen. Die Patienten erhielten nach 1:1:1-Randomisierung entweder Empagliflozin (Jardiance®) 10 mg oder 25 mg oder Placebo, jeweils zusätzlich zur antidiabetischen und kardiovaskulären Standardtherapie. Eingeschlossen wurden Typ-2-Diabetiker mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z.B. koronare Herzkrankheit, periphere arterielle Verschlusskrankheit, vorangegangener Myokardinfarkt * Zusammenfassung der Ergebnisse EMPA-REG OUTCOME®-Studie. Perfusion 4/2017
30. Jahrgang
der
oder Schlaganfall [Ereignis >2 Monate]). Die bisherige antidiabetische und kardiovaskuläre Standardtherapie (Antidiabetika, Antihypertensiva, Lipidsenker und Thrombozytenaggregationshemmer) wurde beibehalten und sollte im Studienverlauf kontinuierlich angepasst werden, um in allen Studienarmen vergleichbare Zielwerte gemäß den jeweiligen regionalen Leitlinien zu erreichen [4]. Als primärer kombinierter Endpunkt wurde die Zeit bis zum ersten Auftreten von kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Myokardinfarkt oder nicht tödlichem Schlaganfall (MACE-3) definiert. Der wichtigste sekundäre Endpunkt (MACE-4) bestand aus MACE-3 und der Hospitalisierung wegen instabiler Angina pectoris. Weitere Endpunkte waren Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz sowie neu diagnostizierte oder sich verschlechternde Nephropathie und Gesamtmortalität [4, 7]. Im Studienverlauf auftretende zu MACE gehörende Ereignisse wurden von einem verblindeten, externen Komitee bewertet. Die Studie war von Beginn an darauf ausgelegt, in hierarchischer Testung zunächst die Nicht-Unterlegenheit und dann die Überlegenheit nachweisen zu können (Empagliflozin vs. Placebo für MACE3 und MACE-4) [4]. Ergebnisse Insgesamt wurden 7020 Patienten in 590 Studienzentren in 42 Ländern be-
handelt; 41 % der Patienten stammten aus Europa. Die mediane Beobachtungszeit betrug 3,1 Jahre. Die Baseline-Charakteristika waren in den 3 Behandlungsgruppen vergleichbar: Blutdruck: 136/77 mmHg, LDL-Cholesterin: 86 mg/dl, BMI: 31 kg/m2 und HbA1c: 8,1 %. Die Patienten in den 3 Studienarmen waren gut medikamentös eingestellt mit Antidiabetika, Lipidsenkern, Antihypertensiva und Thrombozytenaggregationshemmern. So erhielten 74 % der Patienten Metformin und 48 % Insulin. 77 % der Patienten wurden mit Statinen behandelt, 95 % mit Antihypertensiva (davon 81 % RAAS-Blocker) und 89 % mit Antikoagulanzien (davon 83 % mit ASS) [4, 5]. 97 % der Patienten beendeten die Studie und der Vitalstatus zu Studienende war für 99,2 % der Patienten bekannt [5]. Primärer Endpunkt MACE-3-Ereignisse (kardiovaskulärer Tod, nicht tödlicher Myokardinfarkt oder nicht tödlicher Schlaganfall) waren mit 10,5 % unter Empagliflozin signifikant seltener als unter Placebo mit 12,1 % (Hazard Ratio: 0,86; 95,02%KI: 0,74–0,99). Dies entspricht einer relativen Risikoreduktion um 14 % und somit einer Überlegenheit (p = 0,04). Der Unterschied bei MACE-3 ist getrieben durch eine Reduktion kardiovaskulär bedingter Todesfälle (Abb. 1) [5]. Auf die Häufigkeit der anderen beiden MACE-3-Komponenten (nicht © Verlag PERFUSION GmbH
109
B. Söllner: Einfluss von Empagliflozin auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei Typ-2-Diabetes
Kardiovaskuläre Mortalität
tödlicher Herzinfarkt und nicht tödlicher Schlaganfall) hatte die Behandlung mit Empagliflozin keinen Einfluss [5]. Sekundäre Endpunkte
Abbildung 1: Im Vergleich zu Placebo senkte Empagliflozin das relative Risiko für die kardiovaskuläre Mortalität (Teil des primären kombinierten Endpunkts, MACE-3) um 38 % [5].
Gesamtmortalität
Abbildung 2: Unter der Behandlung mit Empagliflozin sank die Gesamtmortalität gegenüber der Placebogruppe um 32 % [5].
Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz
Abbildung 3: In der Empagliflozin-Gruppe mussten 32 % weniger Patienten wegen Herzinsuffizienz stationär aufgenommen werden [5]. Perfusion 4/2017
30. Jahrgang
Hinsichtlich der MACE-4-Ereignisse zeigte Empagliflozin keine Überlegenheit, was auf die Hospitalisierungen wegen Angina pectoris zurückzuführen ist, deren Häufigkeit von der Behandlung unbeeinflusst war [5]. Die Gesamtmortalität wurde durch Empagliflozin gegenüber Placebo signifikant um 32 % reduziert (Abb. 2) [5]. Damit wurde durch eine dreijährige Behandlung mit Empagliflozin im Vergleich zu Placebo, zusätzlich zur antidiabetischen und kardiovaskulären Standardbehandlung, einer von 3 Todesfällen verhindert. Für eine über 3 Jahre behandelte Gesamtpopulation weist Empagliflozin damit eine Number Needed to Treat (NNT) von 39 auf, das heißt, pro 39 behandelte Patienten konnte ein Todesfall verhindert werden [5]. Im Vergleich zu Placebo senkte Empagliflozin die Hospitalisierungsrate wegen Herzinsuffizienz signifikant um 35 % (Abb. 3). Auch hinsichtlich der renalen Endpunkte war die Empagliflozin-Therapie der Placebo-Behandlung überlegen: Das Risiko für eine neu auftretende oder sich verschlechternde Nephropathie (= kombinierter Endpunkt aus Neuauftreten einer Makroalbuminurie, Verdoppelung des Serum-Kreatinins, Beginn einer Nierenersatztherapie oder Tod aufgrund einer Nierenerkrankung) war unter Empagliflozin um 39 % und damit signifikant niedriger (Abb. 4) [7]. Die glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) blieb während der EmpagliflozinTherapie nach einer geringfügigen Abnahme zu Studienbeginn über den restlichen Studienzeitraum konstant, während sie unter Placebo über 192 Wochen kontinuierlich abnahm (Abb. 5) [7]. Die initiale eGFR-Abnahme unter Empagliflozin war zudem nach Absetzen der Medikation bei Studienende reversibel. © Verlag PERFUSION GmbH
E
NEUE ODER SICH VERSCHLECHTERNDE NEPHROPATHIE œ
E
Das Risiko für neu auftretende oder sich verschlechternde Nephropathie (= kombinierter Endpunkt aus Neuauftreten einer Makroalbuminurie, Verdoppelung des Serum-Kreatinins, Beginn einer Nierenersatztherapie oder Tod aufgrund einer Nierenerkrankung) wurde unter Empagliflozin im Vergleich zu Placebo signifikant um 39 % gesenkt. 7, æ NEUE ODER SICH VERSCHLECHTERNDE NEPHROPATHIE œ Das Risiko für neu auftretende oder sich verschlechternde Nephropathie (= kombinierter Endpunkt ausPlacebo Neuauftre-
Empagliflozin Beginn einer Nierenersatztherapie oder Tod aufB. Söllner: Einfluss von Empagliflozin auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei Typ-2-Diabetes 110ten einer30Makroalbuminurie, Verdoppelung des Serum-Kreatinins, Kumulative Ereigniswahrscheinlichkeit (%) Kumulative Ereigniswahrscheinlichkeit (%)
Hazard 0,61 7, æ grund einer Nierenerkrankung) wurde unter Empagliflozin im Vergleich zu Placebo signifikant um 39 % Ratio gesenkt. (95 % KI 0,53; 0,70)
Placebo Empagliflozin
Neue oder sich verschlechternde Nephropathie
20 30 15 25
Hazard Ratio 0,61 (95 % KI 0,53; 0,70) p < 0,001
10 20 5 15 0 10
Patientenzahl Empagliflozin Placebo
5
0
6
12
18
24
30
36
42
48
4.124 2.061
3.994 1.956
3.648 1.636
3.669 1.700
3.171 1.400
2.279 1.016
1.887 833
1.219 521
290 106
Studiendauer (Monate)
0
6
12
18
24
30
36
42
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4.124 2.061
3.994 1.956
3.648 1.636
3.669 1.700
3.171 1.400
2.279 1.016
1.887 833 œ
1.219 521
290 106
Bei Patienten mit einer eGFR ≥60 oder <60 ml/min/1,73 m2 war das Verträglichkeitsprofil vergleichbar. Die Nebenwirkungen „akutes Nierenversagen“ und „akuter Nierenschaden“ sowie Hyperkaliämie traten in den beiden Empagliflozin-Gruppen tendenziell seltener auf als unter Placebo (Tab. 1).
Studiendauer (Monate)
Fazit
GLOMULÄRE FILTRATIONSRATE (eGFR NACH CKD-EPI-FORMEL)
Unter Empagliflozin nahm die eGFR zu Studienbeginn geringfügig ab und blieb dann über den restlichen
Abbildung 4: Unter Empagliflozin-Therapie war eine langsamere Progression von NierenerkranStudienzeitraum konstant. Unter Placebo war hingegen eine kontinuierliche Abnahme in der eGFR über 192 Wochen kungen zu beobachten, das Risiko für eine neue oder sich verschlechternde Nephropathie war um œ zu beobachten.FILTRATIONSRATE Die initiale eGFR-Abnahme unter Empagliflozin war zudem nach Absetzen der Medikation bei F GLOMULÄRE 39 % niedriger als unter Placebo (eGFR [7]. NACH CKD-EPI-FORMEL) Studienende reversibel. 7, æ Unter Empagliflozin nahm die eGFR zu Studienbeginn geringfügig ab und blieb dann über den restlichen Studienzeitraum konstant. Unter Placebo war hingegen eine kontinuierliche Abnahme in der eGFR über 192 Wochen zu beobachten. Die initiale eGFR-Abnahme unter Empagliflozin war zudem nach Absetzen der Medikation bei 78 Placebo Studienende reversibel. 7, æ Empagliflozin 10 mg
Glomeruläre Filtrationsrate
Adjustierte mittlere eGFR (ml / min / 1,73 m2(ml ), SE Adjustierte mittlere eGFR / min / 1,73 m2), SE
Verträglichkeit
0
Patientenzahl Empagliflozin Placebo
F
p < 0,001
25
Empagliflozin 25 mg
76 78 74
Placebo Empagliflozin 10 mg Empagliflozin 25 mg
76 72 74 70 72 68 70 66
04
12
28
Patientenzahl68 Empagliflozin 10 mg 2.323 2.295 2.267 2.205 Empagliflozin 25 mg 2.322 2.290 2.264 2.235 Placebo 2.322 2.288 2.269 2.216
52
66
80
94
108
122
136
150
164
178
192
2.121 2.162 2.156
2.064 2.114 2.111
1.927 2.012 2.006
1.981 2.064 2.067
1.763 1.839 1.871
1.479 1.540 1.563
1.262 1.314 1.340
1.123 1.180 1.207
977 1.024 1.063
731 785 838
448 513 524
Studiendauer (Wochen)
66 04
12
28
52
66
80
94
108
122
136
150
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2.121 2.162 2.156
2.064 2.114 2.111
1.927 2.012 2.006
1.981 2.064 2.067
1.763 1.839 1.871
1.479 1.540 1.563
1.262 1.314 1.340
1.123 1.180 1.207
977 1.024 1.063
Empagliflozin zur Verbesserung der Nierenfunktion. Patientenzahl Abbildung 5:istInnicht der zugelassen Empagliflozin-Gruppe blieb die glomeruläre
178
192
Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und kardiovaskulärer Vorerkrankung senkte der zusätzlich zur Standardtherapie verabreichte selektive SGLT-2-Inhibitor Empagliflozin in der EMPA-REG OUTCOME®-Studie das Risiko für kardiovaskulären Tod, Krankenhauseinweisung wegen Herzinsuffizienz sowie die Gesamtmortalität in klinisch relevantem Ausmaß (Abb. 6). Zudem zeigten die Patienten unter Empagliflozin eine langsamere Progression von Nierenerkrankungen und einen besseren Erhalt ihrer eGFR. Die getrennte Auswertung für Empagliflozin 10 mg und 25 mg zeigte keine relevanten Unterschiede zwischen den Dosierungen für die kardiovaskulären und renalen Endpunkte [5, 6, 7].
Studiendauer
(Wochen) Filtrationsrate (eGFR nach 731 448 785 513 CKD-EPI-Formel) insgesamt stabiler als in der Placebogruppe, wo sie kontinuierlich abfiel [7]. 838 524
œ
Empagliflozin 10 mg Empagliflozin 25 mg Placebo
œ
2.323 2.295 2.267 2.205 2.322 2.290 2.264 2.235 2.322 2.288 2.269 2.216
Empagliflozin ist nicht zugelassen zur Verbesserung der Nierenfunktion.
Empagliflozin 10 mg (n = 2.445)
Empagliflozin 25 mg (n = 2342)
2112 (90,1)
2118 (90,2)
650 (27,9)
656 (28,0)
647 (27,6)
Harnwegsinfektionen
423 (18,1)
426 (18,2)
416 (17,8)
Volumenmangel
115 (4,9)
115 (4,9)
124 (5,3)
Ereignis
Placebo (n = 2333)
≥1 unerwünschtes Ereignis
2139 (91,7)
Bestätigte Hypoglykämien
Schwerwiegende UE
Genitalinfektionen
Komplizierte Harnwegsinfektionen
988 (42,3) 42 (1,8)
41 (1,8)
Zahl der Patienten (%) 876 (37,4) 153 (6,5) 34 (1,4)
913 (39,0) 148 (6,3) 48 (2,0)
Akute Niereninsuffizienz
155 (6,6)
121 (5,2)
125 (5,3)
Diabetische Ketoazidose
1 (<0,1)
3 (0,1)
1 (<0,1)
Knochenbrüche
91 (3,9)
92 (3,9)
87 (3,7)
Akuter Nierenschaden
Thromboembolische Ereignisse
37 (1,6)
20 (0,9)
26 (1,1) 9 (0,4)
19 (0,8)
21 (0,9)
Tabelle 1: Unerwünschte Ereignisse (UE) traten in den 3 Behandlungsgruppen mit vergleichbarer Häufigkeit auf [6, 7]. Perfusion 4/2017
30. Jahrgang
Literatur 1 Emerging Risk Factors Collaboration. Association of cardiometabolic multimorbidity with mortality. J Am Med Ass 2015;314:52-60 2 Nwaneri C et al. Mortality in type 2 diabetes mellitus: magnitude of the evidence from a systematic review and meta-analysis. Br J Diabetes Vasc Dis 2013;13:192207 3 Morrish NJ et al. Mortality and causes of death in the WHO Multinational Study of Vascular Disease in Diabetes. Diabetologia 2001;44:14-21 4 Zinman B et al. Rationale, design, and baseline characteristics of a randomized, placebo-controlled cardiovascular outcome trial of empagliflozin (EMPA-REG Cardiovasc Diabetol OUTCOME®). 2014;13:1-8 © Verlag PERFUSION GmbH
111
B. Söllner: Einfluss von Empagliflozin auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei Typ-2-Diabetes
5 Zinman B et al. Empagliflozin, cardiovascular outcomes, and mortality in type 2 diabetes. N Engl J Med 2015;373:21172128 6 Fitchett D et al. Heart failure outcomes with empagliflozin in patients with type 2 diabetes at high cardiovascular risk: results of the EMPA-REG OUTCOME trial. Eur Heart J 2016;37:1526-1534 7 Wanner C et al. Empagliflozin and progression of kidney disease in type 2 diabetes. N Engl J Med 2016;375: 323-324
Abbildung 6: Zusammenfassung der klinisch relevanten Ergebnisse der EMPA-REG OUTCOME®-Studie: Zusätzlich zur Standardtherapie gegeben, reduzierte Empagliflozin das kardiovaskuläre Risiko und verbesserte das Überleben von Patienten mit Typ-2-Diabetes und bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen. * sekundärer Endpunkt, ** RRR = relatives Risiko [5, 6, 7].
MITTEILUNGEN Deutsche Diabetes Gesellschaft begrüßt Preiseinigung für DPP-4-Hemmer Menschen mit Typ-2-Diabetes können weiterhin Medikamente mit den Wirkstoffen Sitagliptin und Saxagliptin auf Rezept erhalten. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und die Medikamentenhersteller haben sich vor Kurzem im Rahmen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetztes (AMNOG) auf Preise für diese DPP-4-Hemmer und deren Fixdosiskombinationen geeinigt. Damit ist die von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) befürchtete Marktrücknahme dieser Präparate vom Tisch. Wäre es zu einer Marktrücknahme gekommen, hätten bis zu 1,5 Millionen Patienten auf andere Medikamente ausweichen müssen, was Umstellungsprobleme und Zusatzkosten zur Folge gehabt hätte. Sitagliptin und Saxa gliptin hemmen das Enzym DipeptidylPerfusion 4/2017
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Peptidase-4 (DPP-4), das die Wirkung des körpereigenen Hormons GLP-1 (Glucagon-like peptide-1) verlängert. So kann der Blutzucker wirkungsvoll gesenkt werden, ohne dass eine Unterzuckerung oder eine Gewichtszunahme eintritt. „Die Medikamente spielen eine große Rolle bei Patienten mit Typ-2-Diabetes“, sagt Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Präsident der DDG. „Sie haben sich bereits seit 10 Jahren in der Praxis bewährt. Gegenüber Sulfonylharnstoffen haben sie beispielsweise den Vorteil, kein Hypoglykämierisiko hervorzurufen.“ Kritik am Bewertungsverfahren Die DDG befürwortet zwar das aktuelle Ergebnis, stellt jedoch das Bewertungsverfahren selbst infrage. „Die Aussagekraft von solchen AMNOG-Verfahren ist missverständlich und kann Ärzte, die Öffentlichkeit und vor allem Patienten verunsichern“, kritisiert Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Pressesprecher der DDG. Wenn das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Auftrag des G-BA ein neues Medikament nach einem möglichen Zusatznutzen
Anschrift der Verfasserin: Brigitte Söllner Medizinjournalistin Lärchenweg 10 91058 Erlangen brigitte.soellner@online.de
beurteilt, werden nicht der Effekt und die Sicherheit eines Medikaments geprüft, sondern lediglich ein Rahmen für die anschließenden Preisverhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und pharmazeutischen Herstellern festgelegt. Wird – wie im aktuellen Fall – ein nicht vorhandener Zusatznutzen postuliert, bedeutet das nicht, dass ein Medikament schlecht ist oder schlecht wirkt. Es wurde lediglich festgelegt, dass dieses Medikament keine Vorteile gegenüber einer (preiswerten) Vergleichssubstanz bietet. Hier kritisiert die Fachgesellschaft die Wahl der Vergleichssubstanz, die nicht dem aktuellen Therapiestandard entspricht und ihrerseits noch nie einem Nutzenbewertungsverfahren unterworfen wurde. Nach Einschätzung von Gallwitz könnten viele Patienten bei solchen Entscheidungen jedoch – aufgrund der irreführenden Aussage – fälschlicherweise von einer nicht vorhandenen oder zu geringen Wirksamkeit des Medikaments ausgehen. „Generell halten wir es für notwendig, die medizinisch wissenschaftlichen Fachgesellschaften frühzeitig und prozedural in den AMNOG-Prozess einzubeziehen“, so Müller-Wieland. F. S. © Verlag PERFUSION GmbH
112
FORUM DIABETICUM
Stabilere Blutzuckerwerte unter Toujeo® im Vergleich zu Insulin glargin 100 Einheiten/ml
Eine neue Analyse von 3 Studien der späten klinischen Entwicklungsphase zeigt, dass Erwachsene mit Typ-2-Diabetes, die mit Insulin glargin 300 Einheiten/ml (Toujeo®) behandelt wurden, stabilere Blutzuckerwerte erreichen als Patienten unter Insulin glargin 100 Einheiten/ml (Lantus®). Die Analyse wurde anlässlich der 53. Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Lissabon, Portugal, vorgestellt [1]. Analyse des Low Blood Glucose Index (LBGI) Analysiert wurden die patientenbezogenen Daten der klinischen Studien EDITION 2 und EDITION 3 (Erwachsene mit Typ-2-Diabetes [2, 3]) sowie der kürzlich abgeschlossenen SENIOR-Studie (ältere Patienten mit Typ2-Diabetes [4]). Während der Studien erfassten die Teilnehmer die Werte
ihrer Blutzuckerselbstmessung – achtmal pro Tag in den beiden EDITIONStudien bzw. fünfmal pro Tag in der SENIOR-Studie. Diese Daten wurden zur Berechnung der Blutzuckervariabilität analysiert, wobei mehrere Maßzahlen angewendet wurden, unter anderem der Low Blood Glucose Index (LBGI). Dabei handelt es sich um eine risikobasierte Kennzahl für die Glukoseschwankungen im hypoglykämischen Bereich, die parallel zu den symptomatischen Hypoglykämien (definiert als Blutzuckerwert <3,3 mmol/l bzw. 54 mg/dl) ebenfalls im Verlauf der Studien dokumentiert wurden. Die mit Insulin glargin 300 E/ml behandelten Patienten erreichten eine niedrigere Blutzuckervariabilität und hatten ein geringeres Risiko für dokumentierte symptomatische und schwere Hypoglykämien – dies wurde durch die LBGI-Werte konsistent in allen 3 klinischen Studien bestätigt (Tab. 1). Der Unterschied war bei der EDITIEDITION 2 (n = 796)
LBGI Titrationsphase Erhaltungsphase p-Wert Nächtlicher LBGI Titrationsphase Erhaltungsphase p-Wert
ON-2- und der SENIOR-Studie sowie bei den nächtlichen Messungen der EDITION-3-Studie statistisch signifikant. Die Risikodifferenzen waren nachts besonders stark ausgeprägt und für die beiden EDITION-Studien 2 und 3 über die Titrations- und Erhaltungsphase konsistent [1]. Fabian Sandner, Nürnberg
Literatur 1 Kovatchev B et al., A-17-1332-EASD, Präsentation #78, 53. Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD), Lissabon, September 2017 2 Yki-Järvinen H et al., Diabetes Obes Metab 2015;17:1142-11149 3 Bolli GB et al. Diabetes Obes Metab 2015;17:386-394 4 Ritzel R et al. Poster-Nr. 469, 21. Weltkongress der International Association of Gerontology and Geriatrics (IAGG), San Francisco, Kalifornien, Juli 2017
EDITION 3 (n = 839)
SENIOR n = 1014)
Insulin glargin 300 E/ml
Insulin glargin 100 E/ml
Insulin glargin 300 E/ml
Insulin glargin 100 E/ml
Insulin glargin 300 E/ml
Insulin glargin 100 E/ml
0,333 0,410
0,507 0,498
0,241 0,376
0,300 0,410
0,28 0,34
0,34 0,44
1,292 1,241
0,496 0,731
0,593 0,924
0,39 0,52
0,707 0,987
0,002
<0,001
0,09
0,02
0,008
0,008
0,51 0,67
Tabelle 1: Low Blood Glucose Index (LBGI) in den Studien EDITION 2, EDITION 3 und SENIOR [2, 3, 4]. In der Analyse wurden nur diejenigen Studienteilnehmer berücksichtigt, die ihre selbst gemessenen Blutzuckerwerte über die gesamte Studiendauer erfasst hatten [1]. Perfusion 4/2017
30. Jahrgang
© Verlag PERFUSION GmbH
113
FORUM SCHLAGANFALL
Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls (OPS 8-981) über 72 Stunden ist gerechtfertigt
Laut einem kürzlich ergangenen Sozialgerichtsurteil ist bei einem moderaten Schlaganfall ohne weitere Besonderheiten (NIH-Score 5-15) eine neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls über 72 Stunden nicht erforderlich. Dieses Urteil hat Stroke-Unit-Betreiber erheblich verunsichert. Sie sehen dadurch die Versorgung von Schlaganfallpatienten ebenso wie die Finanzierung ihrer Abteilungen in Gefahr. Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) widersprechen dem Urteil in einer gemeinsamen Stellungnahme. Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) In einem kürzlich ergangenen Sozialgerichtsurteil (LSG Saarland, L 2 KR 179/14) wird festgestellt, dass bei einem moderaten Schlaganfall ohne weitere Besonderheiten (NIH-Score 5-15) eine neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls über 72 Stunden nicht erforderlich ist. Dieses Urteil hat bei Stroke-Unit-Betreibern zu erheblicher Verunsicherung geführt. Das Gericht erkennt an, dass die Überwachung auf der Stroke Unit dazu dient, die Gefahr eines Schlaganfallrezidivs rechtzeitig zu erkennen und ihr entgegenzuwirken. Das Gericht bezieht sich im Weiteren auf eine Stellungnahme der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) von Prof. Dr. Dr. Bernd Ringelstein vom 22.12.2008, Perfusion 4/2017
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in der er zur Frage der Dauer des multimodalen Monitorings unter anderem feststellt, dass der Prozentsatz der Patienten, die ein Monitoring über 72 Stunden benötigen, sehr stark vom Schweregrad des Schlaganfalls zu Beginn der Behandlung (z.B. gemessen mit Hilfe der NIH-Stroke Scale) bestimmt wird. Das Gericht weist darauf hin, dass eine aktuelle Stellungnahme zu diesem Problem von den Fachgesellschaften nicht vorliegt. Hierzu ist festzustellen, dass die Dauer des Aufenthalts auf der Stroke Unit und die entsprechende Abrechnung sich keinesfalls nur nach dem Schweregrad des Schlaganfalls richten darf. Der Schweregrad des Schlaganfalls lässt allein keine Aussage zum Rezidivrisiko zu; insofern muss der oben angeführten Stellungnahme widersprochen werden. Auch beim leichten Schlaganfall und einer transitorisch ischämischen Attacke können Konstellationen vorliegen, die einen Aufenthalt von mehr als 72 Stunden rechtfertigen bzw. unbedingt erforderlich machen. Das Rezidivrisiko hängt von einer Reihe von Faktoren ab, wie sie beispielsweise im ABCDScore zusammengefasst sind (Lancet 2005;366:29-36). Hier sind das Alter der Patienten, der Blutdruck, die klinische Manifestation und die Dauer der Symptomatik die relevanten Prädiktoren für ein frühes Rezidiv. In einer kürzlich erschienenen Publikation (Akt Neurol 2017;44:15-18), die ausdrücklich die Auffassung der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) widergibt, wurde daher versucht, Kriterien für einen
Aufenthalt von mehr als 72 Stunden zu definieren. Gerade bei einem moderaten ebenso wie bei einem leichten Schlaganfall oder einer transitorisch ischämischen Attacke gibt es für den Patienten oft viel zu verlieren. Ein vorliegendes Risiko bezüglich eines Rezidivschlaganfalls mit bleibenden Folgen, einer Symptomverschlechterung oder anderen Komplikationen kann somit durchaus eine Liegedauer von mehr als 72 Stunden rechtfertigen bzw. notwendig machen. Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass Patienten mit unterschiedlichem Schweregrad des neurologischen Defizits neben der Überwachung auch von der intensiven multimodalen Therapie von mehr als 72 Stunden auf der Stroke Unit profitieren. In jedem Fall sollte die Notwendigkeit einer längeren Liegedauer begründet und dokumentiert werden.
Unterzeichner: Prof. Dr. med. Martin Grond, Vorsitzender des Beirats der DGN Prof. Dr. med. Gereon R. Fink, Präsident der DGN Prof. Dr. med. Otto Busse, Stroke Unit Zertifizierungsausschuss der DSG Prof. Dr. med. Martin Dichgans, 1. Vorsitzender der DSG © Verlag PERFUSION GmbH
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FORUM CARDIOLOGICUM
Herzinsuffizienz frühzeitig behandeln für maximalen Therapiebenefit
Die chronische Herzinsuffizienz (HI) ist eine schwerwiegende Erkrankung, von der etwa 2 Millionen Menschen in Deutschland betroffen sind [1]. Trotz beträchtlicher Fortschritte in der Therapie in den letzten 20 Jahren bleibt die Prognose der Patienten schlecht [2]. Um Einschränkungen im Alltag und in der Lebensqualität zu vermeiden, ist eine frühzeitige und konsequente Therapie erforderlich. Denn der Krankheitsverlauf der Herzinsuffizienz ist von häufigen Hospitalisierungen und in der Folge von hoher Mortalität gekennzeichnet [3]. Das Sterblichkeitsrisiko ist höher als bei vielen Krebserkrankungen und wird nur noch von Lungenkrebs übertroffen [4, 5]. Jeder zweite Patient verstirbt innerhalb von 5 Jahren nach der Diagnose [6, 7]. ARNI punktet bei Mortalität und Hospitalisierungen Eine Therapie mit dem AngiotensinRezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI) Sacubitril/Valsartan (Entresto®) verspricht HI-Patienten eine realistische Chance auf eine verbesserte Prognose. Das belegen Daten der PARADIGMHF Studie, die wegen der großen Überlegenheit von Entresto® gegenüber dem ACE-Hemmer Enalapril frühzeitig abgebrochen wurde [8]. Diese Ergebnisse wurden zudem konsistent über die unterschiedlichen Subgruppen hinweg durch Post-hoc-Analysen bestätigt. So konnte Sacubitril/Valsartan den kombinierten primären Endpunkt aus der Zeit bis zum Auftreten von kardiovaskulär bedingtem Tod oder Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz um 20 % und die Gesamtmortalität um Perfusion 4/2017
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16 % reduzieren Eine Betrachtung der einzelnen Komponenten zeigte eine Reduktion der kardiovaskulär bedingten Sterblichkeit um 20 %; HI-bedingte Hospitalisierungen konnten sogar um 21% reduziert werden [8]. Bereits Patienten mit geringer HI-Symptomatik profitieren Bei Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz-Symptomatik (NYHA-Klasse IV) zeigte Entresto® einen vergleichbar hohen Nutzen wie in der gesamten Patientenpopulation von PARADIGM-HF [9]. 70 % der PARADIGM-HF-Patien-
ten befanden sich bei Therapiebeginn im NYHA-Stadium II. Das zeigt, dass bereits Patienten mit leichter Herzinsuffizienz-Symptomatik signifikant vom Einsatz von Entresto® profitieren [8]. In einem früheren Krankheitsstadium geht es den Patienten noch relativ gut und die Symptome sind nur leicht bzw. nur bei Anstrengung ausgeprägt. Ein früher Therapiebeginn kann den Verlauf der Herzinsuffizienz positiv beeinflussen: Hospitalisierungen, die durch akute Verschlechterungen der HI-Symptomatik verursacht werden, treten nicht oder erst sehr viel später im Krankheitsverlauf auf. Dies kann den Patienten nicht nur mehr Lebensquali-
Preisverhandlung für Entresto® abgeschlossen Im März wurde der neue Erstattungsbetrag für Entresto® festgesetzt, dieser gilt rückwirkend ab 1. Januar 2017. Dabei wurde die Verordnung von Sacubitril/Valsartan als Praxisbesonderheit anerkannt [13]: Die Verordnung von Entresto® (Wirkstoff Sacubitril/Valsartan) ist im folgenden Anwendungsgebiet, für das der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mit Beschluss vom 16.06.2016 einen Zusatznutzen festgestellt hat, als Praxisbesonderheit nach § 106b Abs. 5 SGB V ab dem ersten Behandlungsfall anzuerkennen. Das Anwendungsgebiet lautet: „Entresto® wird bei erwachsenen Patienten zur Behandlung einer symptomatischen, chronischen Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion angewendet (siehe Abschnitt 5.1).“ Patienten mit symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion, die zuvor nicht mit einem ACE-Hemmer oder einem AT1-Rezeptorblocker (ggf. in Kombination mit einem Betablocker und/oder Aldosteronantagonisten) vorbehandelt worden sind, wurden in der Zulassungsstudie PARADIGM-HF nicht untersucht. Die Verordnungen von Entresto® (Wirkstoff Sacubitril/Valsartan) bei diesen Patienten sind somit nicht von der Praxisbesonderheit umfasst. Die Anerkennung als Praxisbesonderheit nach § 106b Abs. 5 SGB V gilt weiterhin nicht bei der Anwendung von Entresto® außerhalb der gesetzlich bestimmten Bedingungen im Rahmen eines nicht bestimmungsgemäßen Gebrauchs („off label use“) [13]. Verordnungen innerhalb der Praxisbesonderheit gelten als im Regelfall wirtschaftlich und sind von Prüfungsstellen und Beschwerdeausschüssen bundesweit bei Auffälligkeitsprüfungen (nach Richtgrößen, Quoten o.ä.) oder anderen arztbezogenen Prüfungen nach § 106b in vollem Umfang zu berücksichtigen [14].
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Der zu erwartende langfristige Überlebensvorteil (im Mittel 1-2 Jahre) von Sacubitril/Valsartan (vs. Enalapril) war über FORUM CARDIOLOGICUM ein breites Spektrum von Altersgruppen (45-75 Jahre) vergleichbar
Unterschied (Jahre)
Mortalität
0,2
Überlebenszeit nach Alter 14
1,1
Sac./Val.
12
1,4 Enalapril 1,3
Alter (Jahre)
Jahre
10 8 6
4
1,1 1,4
2
2,3
0 40
50
60
70
2,1
80
Alter Geschätzte Überlebenszeit (Jahre)
Sacubitril/Valsartan
1Claggett
et al. N Engl J Med 2015;373(23):2289-90
Abbildung 1: Der zu erwartende langfristige Überlebensvorteil (im Mittel 1–2 Jahre) von SaEnalapril cubitril/Valsartan gegenüber Enalapril ist über ein breites Spektrum von Altersgruppen (45–75 Jahre) vergleichbar [10]. (A) CV-Tod oder HF-Hospitalisierung Zugunsten Sac./Val.
Zugunsten ENA
Insgesamt
(B) Kardiovaskulärer Tod Zugunsten Sac./Val.
Zugunsten ENA
Insgesamt
p für Interaktion = 0,16
< 3 Monate
Zugunsten Sac./Val.
p für Interaktion = 0,89 < 3 Monate
3–6 Monate
3–6 Monate
3–6 Monate
6–12 Monate
6–12 Monate
6–12 Monate
> 12 Monate
> 12 Monate
> 12 Monate
Keine vorherige HHF
Keine vorherige HHF
Keine vorherige HHF
0,5 1 1,5 2 Hazard Ratio
Zugunsten ENA
0,5 1 1,5 2 Hazard Ratio
Literatur
0,5 1 1,5 2 Hazard Ratio
Abbildung 2: Ergebnis einer Subgruppenanalyse der PARADIGM-HF-Studie: Über alle Gruppen hinweg wurde ein konsistenter Behandlungseffekt von Sacubitril/Valsartan versus Enalapril in Bezug auf alle zentralen Outcomes beobachtet. Klinisch stabile Patienten (ohne vorherige Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, HHF) profitierten ebenso von Sacubitril/Valsartan wie weniger stabile Patienten (HHF in den letzten 3 Monaten) [12].
tät, sondern vor allem mehr Lebenszeit verschaffen. Dies zeigt eine Auswertung der PARADIGM-HF-Ergebnisse von jüngeren Patienten [10]. Berechnungen auf Basis der PARADIGM-HF Studie zeigten, dass eine Langzeittherapie mit Sacubitril/Valsartan das Leben von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz um bis zu 2 Jahre verlängern könnte. So würden Patienten im Alter von 45–75 Jahren,
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• Eine PARADIGM-HF-Auswertung von Simpson et al. zeigte, dass gemäß dem MAGGIC Risk Score viele Patienten ein erhöhtes Risiko für einen kardiovaskulär bedingten Tod hatten, obwohl bei den meisten nur milde Symptome auftraten. Diese Patienten profitierten – verglichen mit Enalapril – in hohem Maß von der ARNI-Gabe, was sich schon innerhalb eines kurzen Behandlungszeitraums zeigte [11]. • Solomon et al. konnten darüber hinaus nachweisen, dass auch „stabile“ Patienten, die noch nie dekompensiert waren, in gleichem Maß von Entresto® profitieren wie kürzlich hospitalisierte Patienten (Abb. 2) [12]. Elisabeth Wilhelmi, München
Insgesamt
p für Interaktion = 0,66
< 3 Monate
(C) Mortalität jeglicher Ursache
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die die Einschlusskriterien der Studie PARADIGM-HF erfüllen, von der Behandlung mit Sacubitril/Valsartan von einer höheren Lebenserwartung und einem verlängerten ereignisfreien Überleben von bis zu 2 Jahren profitieren (Abb. 1) [10]. Auch zwei weitere Subgruppenanalysen stützen den therapeutischen Ansatz einer frühzeitigen Behandlung mit Sacubitril/Valsartan:
1 Ohlmeier et al. Clin Res Cardiol 2015; 104:688-696 2 McMurray et al. Eur Heart J. 2012; 33:1787-1847 3 Gheorghiade et al. Am J Cardiol 2005; 96:11G-17 4 Roger et al. JAMA 2004;292:344-350 5 Stewart et al. Eur J Heart Fail 2001;3:315322 6 Loehr et al. Am J Cardiol 2008;101:10161022 7 Roger et al. Circulation 2012;125:e2-e220 8 McMurray et al. N Engl J Med 2014; 371:993-1004 9 McMurray et al. American Heart Association Scientific Sessions 2016; New Orleans, LA, USA 10 Clagett et al. N Engl J Med 2015;373: 2289-2290 11 Simpson et al. J Am Coll Cardiol 2015; 66:2059-2071 12 Solomon et al. JACC Heart Fail 2016; 4:816-822 13 Gemeinsame Schiedsstelle nach § 130b Abs. 5 SGB V, Verfahren 130b-SSt. 17-16, Schiedsspruch vom 17.3.2017 14 § 130b Abs. 2 i.V.m. § 106b Abs. 4 SGB V
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TROPICAL-ACS: Frühe Umstellung von Prasugrel auf Clopidogrel bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom und Stentimplantation KLINIKUM DER UNIVER S ITÄT MÜNCHEN
S
ANHANG
Goldstandard bei der Behandlung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) ist das Einbringen eines Stents und neben einer lebenslangen Behandlung mit ASS die anschließende 12-monatige Gabe von potenten Plättchenhemmern wie Prasugrel oder Ticagrelor. Während potente Plättchenhemmer in vorausgegangenen großen Phase-III-Studien (TRITON-TIMI 38, PLATO) das Risiko für Re-Infarkte und Stentthrombosen reduzieren konnten, kam es insbesondere unter der Langzeittherapie mit diesen Medikamenten zu Blutungskomplikationen, die zum Teil auch lebensbedrohlich (z.B. Hirnblutungen) sein können. Ziel von TROPICAL-ACS war es daher, zu untersuchen, wie sicher es ist, den Zeitraum für die Gabe von Prasugrel auf eine kurze Akutphase zu reduzieren, um anschließend die Patienten im Sinne einer individualisierten Stufentherapie mit Clopidogrel weiterzubehandeln. Um eine ausreichende Hemmung der Blutplättchen bei allen Patienten zu gewährleisten, erfolgte eine Plättchenfunktionstestung zum Nachweis der Wirkung von Clopidogrel. Perfusion 4/2017
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Control group 14 days prasugrel
Biomarker positive ACS patients with successful PCI
R* 1:1
Guided de-escalation group 7 days prasugrel
7 days clopidogrel
PFT (Multiplate analyser) @ 2 weeks after discharge
Zielsetzung von TROPICAL-ACS
Tel: +49 (0)89 440
Fax: +49 (0)89 440 Studiendesign der Patienten, die kein ausreichendes Abb. 1: Die an der TROPICAL-ACS beteiligten Zentren. E-Mail: philipp.kre Ansprechen auf Clopidogrel zeigte, med.uni-muenchen Web: www.klinikum Die aus 33 Zentren in Europa rekru- wurde mit Prasugrel weiterbehandelt. muenchen.de tiertenGERMANY Patienten wurden auf 2 Grup- Der überwiegende Anteil der Patienten POLAND pen randomisiert. Die 1304 Patienten im Monitoring-Arm der Studie wurde München Warsaw der Universität München (LMU) University Warsaw in derKlinikum Monitoring-Gruppe (= GruppeMedical nachofBestätigung eines guten AnspreKlinikum Bogenhausen Institute of Cardiology Klinikum Neuperlach Poznań chens auf Clopidogrel auch mit diesem mit der individualisierten Therapie, Göttingen Poznan University of Medical Science Herzzentrum Göttingen „guided deescalation“) erhielten nachKatowice Medikament für weitere 11,5 Monate Bad Krozingen Medical University of Silesia Universitätsherzzentrum Bad Krozingen einemTübingen ACS mit Stentimplantation nach weiterbehandelt (Abb. 1). Universitätsklinikum Tübingen Bochum Entlassung aus dem Krankenhaus für Primärer Endpunkt war der klinische St. Josef Hospital, Klinikum Bochum Mainz 7 Tage Prasugrel (5/10 Benefit hinsichtlich des Auftretens von Johannes-Gutenberg-Universität Mainz mg), anschlieHUNGARY ßend Füssen 7 Tage Clopidogrel kardiovaskulär bedingtem Tod, MyoKliniken Ostallgäu-Kaufbeuren, Klinik Füssen (75 mg). Die Budapest Frankfurt Military Hospital Frankfurt 1306 Universitätsklinikum Patienten der Kontrollgruppe kardinfarkt, Schlaganfall und BlutunHeart and Vascular Center, Semmelweis University Hamburg Balatonfüred Universitätsklinikum Hamburg Zeitraum 14 Tage wurden im selben genBalatonfüred, ≥Grad 2 nach den BARC-Kriterien Heart Center Köln Kecskemét Klinikum der Universität Köln County Hospital von 12 Monaten nach Ranausschließlich mit Prasugrel (5/10 mg) Bács-Kiskun im Verlauf Bad Tölz Pécs Asklepios Stadtklinik Bad Tölz Heart Institute, University of Pécs behandelt. domisierung. Augsburg Anschließend erfolgte eine Szeged Zentralklinikum Augsburg of Szeged Greifswald Plättchenfunktionstestung (Multiplate University Györ Ernst-Moritz-Arndt-Universität Petz Aladár Megyei Oktató Kórház Hospital Memmingen Analyzer, Roche). Im weiteren Verlauf Klinikum Memmingen erhieltRostock die Kontrollgruppe unabhängig AUSTRIA Überzeugende Ergebnisse Universitätsklinikum Rostock Oldenburg von den Ergebnissen dieser Messung Graz Klinikum Oldenburg Weiden Graz Klinikum Weiden 11,5 für weitere Monate Prasugrel. LKH-Universitätsklinikum Wien Die einwöchige Behandlung mit PraSiegburg Wilhelminenspital Wien Klinikum Siegburg Hier hatte die Multiplate-Analyse nur sugrel und die anschließende kontroleinen observierenden Charakter. Der lierte Umstellung der Medikation auf Monitoring-Arm der Studie erhielt auf Clopidogrel lieferten überzeugende ErBasis Messung eine gebnisse bei ACS-Patienten im im Sinne Abb.der 2: Behandlung derindividualiPatienten in der Kontrollgruppe (oben) und sierte Therapie (unten) für die über verbleibenden einer Studienarm den Zeitraum von Gleichwertigkeit zwölf Monaten. bezüglich der 11,5 Monate. Nur die kleinere Gruppe Inzidenz des primären Endpunkts der
Hospital discharge
Daten einer großen Multicenter-Studie an der Medizinischen Klinik I am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München von mehr als 2600 Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) bestätigen statistisch signifikant die Gleichwertigkeit einer frühen, kontrollierten Umstellung der Therapie von Prasugrel auf Clopidogrel.
Kommunikation und Medien
unchanged therapy
HPR*
no HPR
11 ½ months prasugrel
11 ½ months prasugrel 11 ½ months clopidogrel
Uniform antiplatelet therapy with prasugrel
PFT guided DAPT deescalation
Abbildung 1: Behandlung der Patienten in der Kontrollgruppe (oben) und im Studienarm (unten) über den Zeitraum von 12 Monaten. © Verlag PERFUSION GmbH
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Studie (thrombotische Ereignisse und Blutungskomplikationen) im Vergleich zur Langzeittherapie mittels hochpotenter Plättchenhemmung: Der primäre Endpunkt trat bei 7 % der MonitoringGruppe und bei 9 % der Kontrollgruppe auf (p = 0,0004 für Nicht-Unterlegenheit, p = 0,12 für Überlegenheit). Trotz der frühen Therapie-Deeskalation erhöhte sich das kombinierte Risiko für Tod aufgrund eines kardiovaskulären Ereignisses, Herzinfarkt oder Schlaganfall in der Monitoring-Gruppe nicht (3 % versus 3 %; p = 0,0115 für Nicht-Unterlegenheit). In der Deeskalationsgruppe kam es zu 64 BARC-≥2Blutungen, in der Kontrollgruppe waren es 79 (5 % vs. 6 %; p = 0,23). Fazit Eine Umstellung der Therapie wird in der klinischen Praxis bereits bei bis zu 25 % der Patienten praktiziert; bisher jedoch ohne sichere Evidenz. Häufige Gründe für die frühe Umstellung der Therapie auf Clopidogrel im klinischen Alltag sind Blutungen und klinisch relevante Nebenwirkungen der potenten Plättchenhemmer Prasugrel und Ticagrelor. Auch ökonomische Aspekte spielen hier eine große Rolle, da nur Clopidogrel kostengünstig und generisch verfügbar ist. TROPICAL-ACS ist die erste Studie, die nun sichere Evidenz liefert für ein alternatives Therapiekonzept einer frühen Umstellung der Plättchenhemmung von einem potenten Plättchenhemmer (hier: Prasugrel) auf Clopidogrel. Dabei verfolgt die Studie ein individualisiertes Therapiekonzept. Neben einer Gleichwertigkeit im Gesamtkollektiv zeigte sich sogar, dass relevante Untergruppen von Patienten (Patienten mit ST-Hebungsinfarkt, Patienten mit einem Alter <70 Jahre) von einer kontrollierten Umstellung und Individualisierung der Therapie profitieren. Da ausschließlich Clopidogrel (nicht jedoch Prasugrel oder Ticagrelor) als kostengünstiges Generikum verfügbar ist, können die Behandlungskosten Perfusion 4/2017
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durch das untersuchte Konzept deutlich gesenkt werden. Ebenso zeigten sich unter der frühen Umstellung auf Clopidogrel weniger Blutungskomplikationen, wobei der Unterschied zur Kontrollgruppe hier nicht statistisch signifikant war. „Durch die Ergebnisse der TROPICAL-ACS Studie können wir ein alternatives Therapiekonzept für ACS Patienten etablieren, welches vor allem dann Anwendung finden kann, wenn potente Plättchenhemmer aus klinischen, aber auch aus ökonomischen Gründen nicht verschrieben werden können“, erklärt Professor Dirk Sibbing, der auch Principal Investigator (PI) war. Gemeinsam mit Prof. Dr. Julinda Mehilli (Co-PI) und Klinikdirektor Prof. Dr. Steffen Massberg (Study Chair) – beide von der Medizinischen Klinik I am Klinikum der Universität München – sowie weiteren Experten aus Deutschland, Ungarn, Polen und Österreich, waren sie federführend verantwortlich. LMU München
Quelle: Sibbing D, Aradi D, Jacobshagen C et al. Guided de-escalation of antiplatelet treatment in patients with acute coronary syndrome undergoing percutaneous coronary intervention (TROPICAL-ACS): a randomised, open-label, multicentre trial. Lancet 2017; Published online August 27, 2017. http://dx.doi. org/10.1016/S0140-6736(17)32155-4
MITTEILUNGEN
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Akutes Koronarsyndrom: Eisenmangel erhöht das Risiko um 70 % Patienten mit Herzinfarkt oder instabiler Angina pectoris, die zudem an Eisenmangel leiden, haben ein um 70 % erhöhtes Risiko, innerhalb von 4 Jahren einen kardiovaskulär bedingten Tod oder einen nicht tödlichen Herzinfarkt zu erleiden im Vergleich zu Patienten ohne Eisenmangel. Dies ist das Ergebnis der AtheroGene-Studie, die Dr. med. Sarina Schäfer (Universitäres Herzzentrum Hamburg) auf dem Europäischen Kardiologiekongress in Barcelona vorstellte. Ihr Fazit: „Unsere Studie zeigt, dass Eisenmangel ein starker und unabhängiger negativer Prognosefaktor für Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom ist.“ Im Rahmen der AtheroGene-Studie wurden 895 Patienten mit akutem Koronarsyndrom untersucht, die unmittelbar zuvor einer HerzkatheterUntersuchung unterzogen wurden. Bei einer Blutabnahme wurde ihr Eisenstatus (Ferritin und Transferrinsättigung) bestimmt, anschließend wurden die Patienten im Durchschnitt 4 Jahre nachverfolgt. Der primäre Endpunkt beinhaltete den kardiovaskulären Tod sowie das Auftreten von nicht tödlichen Herzinfarkten. Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) empfiehlt in ihren aktuellen Leitlinien zur chronischen Herzinsuffizienz die routinemäßige Erhebung des Eisenstatus und bei Vorliegen eines Eisenmangels die intravenöse Therapie mittels Eisencarboxymaltose. Dieser Empfehlung liegt zugrunde, dass Eisenmangel bei bis zu 50 % der Patienten mit Herzinsuffizienz auftritt. „Aktuelle Studien belegen, dass eine effektive Korrektur des Eisenmangels bei diesen Patienten zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität und der Symptome führt“, erklärte Schäfer. DGK © Verlag PERFUSION GmbH
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Bei Patienten mit stabiler KHK, die trotz medikamentöser Therapie oder früheren PCI weiter unter Anginapectoris-Beschwerden leiden, fördert die hocheffektive, flexibel dosierbare Metoprolol/Ivabradin-Fixkombination Implicor® zugleich die Therapieadhärenz. Den hohen Stellenwert dieser Therapiestrategie untermauert eine auf dem ESC-Kongress in Barcelona präsentierte Subgruppenanalyse der Studie IMPLICOR NOW: Gegenüber der freien Kombination beider Wirkstoffe wurde über eine gesteigerte Einnahmetreue eine weitere Verbesserung von Angina-pectoris-Beschwerden und Belastbarkeit verwirklicht [1]. Metoprolol plus Ivabradin: eine sinnvolle Kombination Bei gut einem Drittel der stabilen KHK-Patienten lassen sich Anginapectoris-Beschwerden auch mit einer PCI nicht oder nur temporär bessern. Die symptomatischen Therapieoptionen sollten daher sollten in Zukunft noch stärker ausgereizt und am individuellen Patienten ausgerichtet werden. Bei einer unter Betablocker-Therapie unzureichenden Frequenzkontrolle und folglich persistierenden Symptomen rät die ESC-Leitlinie zur Kombination mit Ivabradin [2]. In einer klinischen und einer Reihe nicht interventioneller Studien führte diese Kombination zu einer Verbesserung von Angina-pectoris-Beschwerden, Belastbarkeit und Lebensqualität sowie zu einer besseren Verträglichkeit durch die in Kombination mit Ivabradin mögliche niedrigere Betablocker-Dosis. Auch unter pathophysiologischen Aspekten handelt es sich um eine sinnvolle Therapiestrategie. Denn die zum Betablocker komplementären Effekte von Ivabradin gründen einerseits auf einer Verbesserung von Hämodynamik, Myokardperfusion und Mikrozirkulation. Andererseits erlaubt Ivabradin im Gegensatz zum Betablocker eine belastungsabhängige Frequenzanpassung und dadurch höhere LeistungsPerfusion 4/2017
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Symptomatische KHK: Umstellung auf Fixkombination lohnt sich fähigkeit, wodurch sich mit höheren Betablocker-Dosen assoziierte negativ inotrope Effekte limitieren lassen [3]. Basierend auf diesen Erkenntnissen und der mit einem Betablocker alleine oftmals unzureichenden Frequenzkontrolle wurde mit Implicor® eine flexibel dosierbare Fixkombination aus dem häufig verordneten Betablocker Metoprolol und Ivabradin entwickelt, die in 4 Dosierungen (25/5 mg, 50/5 mg, 25/7,5 mg und 50/7,5 mg Metoprolol/ Ivabradin) verfügbar ist [4]. Eine gepoolte Analyse dreier deutscher nicht interventioneller Studien (ADDITIONS, REDUCTION, RESPONSIfVE) mit 8555 stabilen KHK-Patienten bestätigte unlängst die gute Effektivität und Verträglichkeit der beiden Wirkstoffe in freier Kombination [5]. Bei 1376 auf Metoprolol voreingestellten Patienten führte Ivabradin nach 4 Monaten unabhängig von einer früheren PCI, Komorbiditäten oder Schweregrad zu einer signifikanten Reduktion von Herzfrequenz, Angina-pectorisBeschwerden und Nitratbedarf sowie zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität (alle p<0,0001) [5]. IMPLICOR NOW: neue Subgruppenanalyse im Fokus Dass der Umstieg von der freien Kombination aus Metoprolol und Ivabradin auf Implicor® durchaus lohnenswert ist, ergab eine auf dem ESC-Kongress von Dr. Dimitar Divchev, Marburg, als Poster präsentierte Subgruppenanalyse der gut den deutschen Praxisalltag reflektierenden nicht interventionellen Studie IMPLICOR NOW [1]. In dieser erfolgte eine separate Auswertung der 472 vielfach multimorbiden, bereits
PCI-erfahrenen KHK-Patienten, die schon vor Studienbeginn Metoprolol und Ivabradin als freie Kombination erhalten hatten. Die Umstellung auf Implicor® resultierte nach 4 Monaten in einer signifikanten Senkung der Herzfrequenz von 77 auf 67/min (Abb. 1a) sowie vor allem in einer Reduktion des Patientenanteils mit ≥1 Anginapectoris-Beschwerden pro Woche von 38 auf 7 % (Abb. 1b) und des Prozentsatzes von Studienteilnehmern mit ≥1 Nitrat-Sprühstoß pro Woche von 30 auf 6 %. Parallel dazu stieg der Anteil von Patienten in CCS-Klasse I von 25 auf 63%, während jener in CCSKlasse III von 19 auf 5 % zurückging (alle p < 0,001) (Abb. 1c). Angesichts einer nur moderaten Veränderung der mittleren täglichen Metoprolol- bzw. Ivabradin-Dosierungen im Verlauf der Studie lässt sich der additive Nutzen der Fix- gegenüber der freien Kombination offenbar primär auf den signifikanten Anstieg des Anteils vollständig therapieadhärenter Patienten von zu Beginn 34 % auf 58 % in Monat 4 zurückführen (p<0,001; Abb. 1d), so die Schlussfolgerung Divchevs [1]. Dr. Michael Lohmann, Limburg an der Lahn Literatur 1 Divchev D et al. Präsentation auf dem ESC-Kongress 2017; Poster P884 2 Montalescot G et al. Eur Heart J 2013;34:2949-3003 3 Camici PG et al. Int J Cardiol 2016;215:16 4 Fachinformation Implicor®; Stand: Februar 2017 5 Werdan K et al. Cardiology 2016;135:141150 Quelle: Satellitensymposium „Raising treatment standards for angina patients“, ESC-Kongress, Barcelona, 27. August 2017; Veranstalter: Servier. © Verlag PERFUSION GmbH
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a)
b)
c)
d)
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e) e) Abbildung 1: Ergebnisse der Subgruppenanalyse der IMPLICOR-NOW-Studie [1]. Eingeschlossen in die Analyse wurden multimorbide, PCIerfahrene KHK-Patienten, die bereits vor Studienbeginn Metoprolol und Ivabradin als freie Kombination erhalten hatten und auf die Fixkombination Implicor® umgestellt wurden. Nach 4 Monaten Implicor®-Therapie verbesserten sich die Herzfrequenz (a), der Anteil der Patienten mit ≥1 Angina-pectoris-Beschwerden pro Woche (b), die CCS-Klasse (c) sowie die Therapieadhärenz (d) im Vergleich zum Studienbeginn signifikant; * p < 0,001 vs. Baseline. Die Verträglichkeit von Implicor® war sehr gut (e). Perfusion 4/2017
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Etwa zwei Drittel aller Hypertoniker weisen zugleich eine Hypercholesterinämie auf, was einer Verdopplung des ohnehin bereits stark erhöhten kardiovaskulären Risikos entspricht. Trotz der Vielzahl verfügbarer Medikamente werden jedoch sowohl die Blutdruckals auch die LDL-Cholesterin-Zielwerte bei 50 % der Patienten verfehlt – die Kontrolle der Risikofaktoren ist also in der täglichen Praxis nach wie vor unbefriedigend. Ein Grund dafür ist die mangelhafte Compliance, auf die knapp 10 % aller kardiovaskulären Ereignisse zurückzuführen sind. Für derartige Hochrisikopatienten wird die zeitnahe Verordnung einer Dreifachkombination aus zwei effektiven Antihypertonika und einem Statin empfohlen. Gute Evidenz für Perindopril, Amlodipin und Atorvastatin Bei der Auswahl einer solchen Dreifachkombination kommt es maßgeblich darauf an, dass deren Wirkstoffe sowohl eine rasche Zielwerterreichung als auch eine effektive Kardioprotektion gewährleisten. Beide Kriterien erfüllt die als flexibel dosierbares Fixpräparat (Triveram®) verfügbare Dreifachkombination aus dem ACEHemmer Perindopril, dem Kalziumantagonisten Amlodipin und dem Statin Atorvastatin. So ermöglicht die Kombination der beiden bewährten Antihypertonika Perindopril und Amlodipin eine ausgeprägte Senkung des systolischen und diastolischen Blutdrucks um 26/13 mmHg [2], während für Atorvastatin eine klinisch relevante Senkung der LDL-Cholesterin-Werte um 37–49 % belegt ist [2]. Noch entscheidender ist, dass für die Kombination dieser 3 Wirkstoffe aus Studien eine überzeugende Evidenz für die langfristige Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse vorliegt: In einer großen Subgruppenanalyse der ASCOT-LLA-Studie, in der über 1.800 Patienten die Kombination aus Perindopril, Amlodipin und Atorvastatin erhalten hatten, zeigte sich nach einem Perfusion 4/2017
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Hypertonie und Hypercholesterinämie: Mit Dreifachkombination Adhärenz verbessern mittleren Follow-up von 3,3 Jahren gegenüber einer mit der Kombination aus dem Betablocker Atenolol, einem Thiaziddiuretikum und Atorvastatin behandelten Patientengruppe eine signifikante Reduktion des Risikos für kardiovaskulären Tod, Herzinfarkt und Schlaganfall um 42 %. Auch weitere kombinierte kardio- und/oder und zerebrovaskuläre Endpunkte wurden durch die nunmehr in Triveram® vereinigte Dreifachkombination signifikant stärker reduziert (Abb. 1) [3]. Bessere Therapieadhärenz durch fixe Dreifachkombination Als das bislang größte Hindernis für eine effektive Kontrolle beider Risikofaktoren und somit adäquate Kardioprotektion gilt die unbefriedigende Therapieadhärenz vieler Hypertonieund Hypercholesterinämie-Patienten. Mittlerweile wird diese Problematik auch vermehrt von den Fachgesellschaften in ihren Leitlinien aufgegriffen – so etwa seitens der ESC/EAS 2016 in den Empfehlungen zum Management von Dyslipidämien, wo die
Fachgesellschaften explizit eine Vereinfachung von Dosierungsregimen und die Nutzung verfügbarer Fixkombinationen anraten [4]. Eine aufgrund ihrer vollen 24-StundenWirksamkeit nur 1x täglich morgen einzunehmende, flexibel dosierbare Dreifach-Fixkombination wie Triveram® mit ihren synergistisch agierenden und in genau dieser Zusammensetzung gut verträglichen Kombinationspartnern kann den Weg zu einer künftig besseren Therapieadhärenz und damit Kardioprotektion von Hypertonikern mit Hypercholesterinämie ebnen. Dr. Michael Lohmann, Limburg an der Lahn Literatur 1 Hatala R et al. Clin Drug Investig 2012; 32:603-612 2 Adams SP et al. Cochrane Database Syst Rev 2015;3:CD008226 3 Watson S et al. J Hypertens 2014;32(eSuppl.1):e63 4 Catapano AL et al. Eur Heart J 2016; 37:2999-3058 Quelle: Satellitenymposium „How to improve prognosis in high cardiovascular risk patients”, ESC-Kongress, Barcelona, 29. August 2017; Veranstalter: Servier.
Abbildung 1: Signifikante relative Reduktion kombinierter kardiovaskulärer Endpunkte durch die Dreifachkombination aus Perindopril, Amlodipin und Atorvastatin gegenüber einer Vergleichstherapie aus Betablocker, Thiaziddiuretikum und Atorvastatin [3]. © Verlag PERFUSION GmbH
121
FORUM ANTITHROMBOTICUM
Die DOASENSE GmbH mit Sitz in Heidelberg hat auf dem internationalen ISTH-Kongress in Berlin erstmals einen Point-of-Care-Urintest für direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) vorgestellt. Infolge der zunehmenden Verordnung von DOAK steigt der Bedarf an spezifischen Gerinnungskontrollen. Diese sind jedoch zeitaufwendig und häufig nicht verfügbar. DOASENSE hat einen Schnelltest entwickelt, der aus einer Urinprobe mittels eines Teststreifens innerhalb von 10 Minuten ein zuverlässiges Ergebnis für Faktor-Xaund Thrombin-Inhibitoren liefert. Zunehmender DOAK-Einsatz … Die direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) wurden bereits 2008 in den Markt eingeführt, damals überwiegend in operativen Indikationen als Alternative zu den Heparinen. Erst mit der Indikationsausweitung zur Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit Vorhofflimmern und der Therapie der tiefen Beinvenenthrombose und Lungenembolie begann der Siegeszug der DOAK. Auch Fachgesellschaften empfehlen, bei diesen Indikationen bevorzugt DOAK vor Vitamin-K-Antagonisten einzusetzen [1]. In den letzten 5 Jahren stieg der Anteil der DOAK an den insgesamt verschriebenen oralen Antikoagulanzien von 15 % im Jahr 2012 auf 67 % im März 2017. In Deutschland betrug das Umsatzwachstum alleine der oralen direkten Faktor-Xa-Hemmer etwa 30 % von April 2016 bis März 2017 [2]. … erfordert einfache Nachweismethoden DOAK benötigen keine regelmäßigen Laborkontrollen, wie dies für VKA zwingend erforderlich ist. Dennoch gibt es medizinische Situationen, in denen die Anwesenheit oder Abwesenheit eines DOAK für Therapieentscheidungen des Arztes hilfreich ist. Dies betrifft insbesondere Patienten mit Perfusion 4/2017
30. Jahrgang
Erster Point-of-Care-Urintest für direkte orale Antikoagulanzien
• akutem Schlaganfall • dringenden oder notfallmäßigen operativen Eingriffen • Indikationen zur Therapie mit einem Thrombolytikum • Blutungen unklarer Ursache • Blutungen unter einem DOAK zur Abklärung der Gabe eines Antidots • einem Rezidiv einer Thromboembolie unter DOAK • Bewusstlosigkeit zum Ausschluss einer Blutung durch ein DOAK • einer Spinalanästhesie
Ein einziger Teststreifen für Faktor-Xa- und Thrombinhemmer Da die herkömmlichen Gerinnungstests wie PT nach Quick, aPTT, Thrombinzeit, Aktivierte Clotting Time u.a. bei den DOAK nur begrenzt Aussagekraft haben, sind aufwendige Tests mittels chromogenem Substrat oder Massenspektrometrie erforderlich. Diese sind jedoch zeit- und personalaufwendig und nur Speziallabors vorbehalten, was die erforderliche
Apixaban
Rivaroxaban
Dabigatran
Kappa-Index – Mittelwert – Konfidenzintervall
0,93 0,89–0,98
0,95 0,91–0,99
0,98 0,96–1,00
Sensitivität – Mittelwert – Konfidenzintervall
0,99 0,96–1,00
0,99 0,98–1,00
0,99 0,97–1,00
Spezifität – Mittelwert – Konfidenzintervall
0,94 0,90–0,98
0,95 0,91–0,99
1,00 0,97–1,00
Genauigkeit – Mittelwert – Konfidenzintervall
0,96 0,94–0,99
0,98 0,95–0,99
0,99 0,97–1,00
PPV – Mittelwert – Konfidenzintervall
0,96 0,90–0,98
0,97 0,94–0,99
1,00 0,98–1,00
NPV – Mittelwert – Konfidenzintervall
0,99 0,96–1,00
0,99 0,95–1,00
0,98 0,94–1,00
Tabelle 1: Der qualitative DOAK-Point-of-Care Tests von DOASENSE weist eine hohe Sensitivität und Spezifität für alle 3 getesteten direkten oralen Antikoagulanzien auf (Zusammenfassung der Daten aus 13 Studiencentern) [4]. Kappa-Index = Maß für die Interrater-Reliabilität, PPV = positiver prädiktiver Wert, NPV = negativer prädiktiver Wert. © Verlag PERFUSION GmbH
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FORUM ANTITHROMBOTICUM
schnelle Therapieentscheidung verzögert [3, 4, 5]. Aus diesen Gründen hat die von den Professoren Job Harenberg und Roland Krämer in Heidelberg gegründete DOASENSE GmbH einen patentgeschützten Urinschnelltest für DOAK mittels Teststreifen entwickelt. Dieser qualitative Test liefert innerhalb von 10 Minuten mit einer Sensitivität und Spezifität von >98 % das Ergebnis, ob ein Patient ein DOAK eingenommen hat oder nicht (Abb. 1). Die FaktorXa- und Thrombinhemmer können beide mit nur einem einzigen Teststreifen gemeinsam bestimmt werden [6]. So kann innerhalb kürzester Zeit eine entsprechende Therapieentscheidung gefällt werden. DOASENSE plant die Markteinführung des DOAK-Point-of-Care Tests (POCT) in Deutschland für Ende 2017. Fabian Sandner, Nürnberg
Aktuelle Daten aus dem US-Versorgungsalltag:
Effektivität und Verträglichkeit von Apixaban versus Warfarin bei Hochrisiko-Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern
Wie die Ergebnisse einer neuen retrospektiven Datenbankanalyse aus dem US-Versorgungsalltag zeigen, war bei Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern (nvVHF) die Therapie mit Apixaban (Eliquis®) sowohl in der Gesamtpopulation als auch für jede der ausgewählten Subpopulationen mit Hochrisiko-Patienten mit einem geringeren Risiko für Schlaganfälle/systemische Embolien sowie einer niedrigeren Rate an schweren Blutungen assoziiert als die Gabe von Warfarin. Als Basis dienten die Daten von 4 großen US-Versicherungsunternehmen. Die Ergebnisse dieser Analyse wurden am 28. August 2017 auf dem Kongress der European Society of Cardiology (ESC) in Barcelona präsentiert [1]. Methode der Datenbankanalyse
Literatur 1 Kirchhof P. et al. Eur Heart J 2016;37: 2893-2962 2 Quintiles IMS Marktbericht. 1. Quartal 2017 3 Dubois V et al. Thromb J 2017;15:14 4 Harenberg J et al. Clin Chem Lab Med 2016;54:275-283 5 Schreiner R et al. Res Pract Thromb Haemost 2017;1(Suppl. 1):PB 491 6 Harenberg J et al. Res Pract Thromb Haemost 2017;1(Suppl. 1):PB 454 Perfusion 4/2017
30. Jahrgang
In die retrospektive Datenbankanalyse gingen Daten von nvVHF-Patienten ab 18 Jahren ein, die zwischen dem 1. Januar 2013 und 30. September 2015 auf eine orale Antikoagulation mit Apixaban oder Warfarin eingestellt wurden. Grundlage waren Daten der US-Datenbanken von Optum, MarketScan, PharMetrics und Humana. In allen verwendeten Datenbanken wurden mittels 1:1 Propensity-Score-Matching die Faktoren Alter, Geschlecht, Region, Baseline-Komorbiditäten und ärztlich verordnete Komedikationen berücksichtigt. Nach dem Matching der Baseline-Merkmale (38.470 Propensity-Score-gematchte Paare) ergaben sich folgende Medianwerte: Alter
71 Jahre, CHA2DS2-VASc-Score: 3,0 Punkte und HAS-BLED-Score: 2,6 Punkte. Der CHA2DS2-VASc-Score dient der Einschätzung des Schlaganfallrisikos bei Patienten mit nvVHF, der HAS-BLED-Score wird bei diesen Patienten zur Einschätzung des Risikos für schwere Blutungen verwendet. Nach dem Propensity-Score-Matching innerhalb der einzelnen Datenbanken wurden die hieraus resultierenden patientenspezifischen Ergebnisse gepoolt. Die Stratifizierung ausgewählter Hochrisiko-Subgruppen erfolgte nach Alter, CHA2DS2-VASc- oder HAS-BLEDScore, kongestiver Herzinsuffizienz, koronarer Herzkrankheit und peripheren Gefäßerkrankungen. Ergebnisse In der Subgruppenanalyse war Apixaban auf Grundlage dieser Variablen und nach Adjustierung für Störfaktoren bei einem mittleren Follow-up von 6 Monaten mit einem geringeren Risiko für Schlaganfälle/systemische Embolien sowie niedrigeren Raten an schweren Blutungen assoziiert als Warfarin (Tab. 1). Die retrospektive Datenbankanalyse aus dem Versorgungsalltag erweitert die Evidenzlage zu Apixaban. Sie kann zwar für sich allein nicht als Evidenz zur Validierung der Wirksamkeit und/ oder Verträglichkeit der Therapie herangezogen werden, liefert aber wichtige Einblicke zum Einsatz des reversiblen, hochselektiven, direkten Faktor-Xa-Inhibitors in verschiedenen Patientenpopulationen und klinischen Settings, mit © Verlag PERFUSION GmbH
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FORUM ANTITHROMBOTICUM
Risikofaktor
Alter
HAS-BLED-Score
CHA2DS2-VASc-Score
Kongestive Herzinsuffizienz
Schlaganfall/syst. Embolie (Anzahl der Ereignisse, Apixaban vs. Warfarin)
Schwere Blutungen (Anzahl der Ereignisse, Apixaban vs. Warfarin)
• A lter <65 Jahre (n = 24.411)
75 vs. 114 (HR 0,73; 95%-KI: 0,54–0,98)
122 vs. 252 (HR 0,52; 95%-KI: 0,42–0,65)
• A lter 65–74 Jahre (n = 21.325)
103 vs. 141 (HR 0,80; 95%-KI: 0,62–1,03)
189 vs. 354 (HR 0,57; 95%-KI: 0,48–0,69)
• A lter ≥75 Jahre (n = 31.204)
216 vs. 354 (HR 0,62; 95%-KI: 0,52–0,73)
442 vs. 697 (HR 0,65; 95%-KI: 0,57–0,73)
101 vs. 144 (HR 0,73; 95%-KI: 0,56–0,94)
210 vs. 366 (HR 0,59; 95%-KI: 0,50–0,70)
• ≥3 (n = 38.676)
293 vs. 465 (HR 0,65; 95%-KI: 0,56–0,75) 18 vs. 21 (HR 0,84; 95%-KI: 0,45–1,58)
543 vs. 937 (HR 0,59; 95%-KI: 0,53–0,66) 39 vs. 73 (HR 0,52; 95%-KI: 0,35–0,77)
• 2–3 (n = 30.943)
86 vs. 146 (HR 0,61; 95%-KI: 0,47–0,80)
216 vs. 434 (HR 0,51; 95%-KI: 0,44–0,61)
• ≥4 (n = 33.227)
290 vs. 442 (HR 0,69; 95%-KI: 0,59–0,80) 141 vs. 221 (HR 0,66; 95%-KI: 0,54–0,82)
498 vs. 796 (HR 0,66; 95%-KI: 0,59–0,73) 299 vs. 511 (HR 0,61; 95%-KI: 0,53–0,70)
253 vs. 388 (HR 0,67; 95%-KI: 0,57–0,79) 210 vs. 298 (HR 0,71; 95%-KI: 0,60–0,85)
454 vs. 792 (HR 0,59; 95%-KI: 0,53–0,66) 414 vs. 688 (HR 0,60; 95%-KI: 0,53–0,68)
184 vs. 311 (HR 0,62; 95%-KI: 0,52–0,74)
339 vs. 615 (HR 0,58; 95%-KI: 0,51–0,66)
299 vs. 433 (HR 0,70; 95%-KI: 0,61–0,81)
569 vs. 951 (HR 0,61; 95%-KI: 0,55-–0,67)
• <3 (n = 38.264)
• 0–1 (n = 12.770)
• Ja (n = 18.530) • Nein (n = 58.410)
Koronare Herzkrankheit
• Ja (n = 30.147) • Nein (n = 46.793)
Periphere arterielle Gefäßerkrankung
• Ja (n = 11.665) • Nein (n = 65.275)
95 vs. 176 (HR 0,61; 95%-KI: 0,48–0,78)
184 vs. 352 (HR 0,59; 95%-KI: 0,49–0,71)
Tabelle 1: Ergebnis der retrospektiven Datenbankanalyse aus dem US-Versorgungsalltag. Hinsichtlich der genannten Risikofaktoren war Apixaban mit einem niedrigeren Risiko für Schlaganfälle/systemische Embolien und einer geringeren Rate an schweren Blutungen assoziiert als Warfarin [1].
denen die Ärzte im klinischen Alltag häufig konfrontiert werden. Zudem gibt sie zusätzliche Informationen darüber, inwieweit sich verschiedene demographische Merkmale, Komorbiditäten und
Perfusion 4/2017
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Krankheits-Schweregrade auf die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Apixaban auswirken könnten. Elisabeth Wilhelmi, München
Literatur 1 Li X et al. Effectiveness and safety of apixaban versus warfarin among high-risk subgroups of non-valvular atrial fibrillation patients: a propensity score matched analysis. Eur Heart J 2017;38 (Suppl.):767
© Verlag PERFUSION GmbH
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FORUM ANTITHROMBOTICUM
Nicht valvuläres Vorhofflimmern: Antikoagulations-Strategien bei Patienten mit Multimorbidität Der mulNmorbide PaNent – ein PaNent für NOAK?
Alter: Stärkster Risikofaktor für Schlaganfall bei VHF Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) haben ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall [1]. Dieses steigt weiter durch fortgeschrittenes Alter und Komorbiditäten wie Hypertonie, Diabetes, Nieren- und Herzinsuffizienz − Faktoren, die sich bei VHF-Patienten häufig finden [2]. Das individuelle Risiko lässt sich anhand des CHADS2-bzw. des CHA2DS2-VaSc-Score abschätzen. Bei einem CHA2DS2-VaSc-Score von 1 bei Männern bzw. 2 bei Frauen empfiehlt die aktuelle Leitlinie der European Society of Cardiology, eine Antikoagulation zu erwägen. Bei höheren Scores ist die Maßnahme indiziert [1]. Eine besondere Herausforderung für die Entscheidung zur Antikoagulation ist die Tatsache, dass höheres Alter und Komorbiditäten nicht nur das Schlaganfall-, sondern auch das Blutungsrisiko erhöhen. Umso wichtiger ist es, das Nutzen-Risiko-Potenzial der Antikoagulation bei multimorbiden Patienten besonders sorgfältig gegeneinander abzuwägen. In der Praxis ergeben sich daraus Fragen hinsichtlich der optimalen Art, Dosierung oder Dauer der Prophylaxe. Das bislang einzigartige Evidenzniveau, das Rivaroxaban (Xarelto®) unter den nicht-Vitamin-Kabhängigen oralen Antikoagulanzien (NOAK) auszeichnet, erleichtert es, auch bei multimorbiden Patienten die geeignete Antikoagulations-Strategie zu finden. Einsatz von Rivaroxaban bei multimorbiden Patienten Der Einsatz von Rivaroxaban bei multimorbiden Patienten ist durch die Phase-III-Studie ROCKET AF gut Perfusion 4/2017
30. Jahrgang
dokumentiert [3]. Denn 87 % der ein- roxaban gegenüber dem VKA als nicht geschlossenen Patienten mit nicht val- unterlegen [3]. vulärem VHF (nvVHF) wiesen einen In der Subgruppe der 2950 Patienten CHADS2-Score von 3–6 auf – deut- mit moderater Nierenfunktionsstörung lich mehr als in den Zulassungsstudien (CrCl 30–49 ml/min), die Rivaroxaban anderer NOAKS, in denen der Anteil die Rivaroxaban in einer reduzierten zwischen 30 und 53 % lag (Abb. 1) [4, Dosis von einmal täglich 15 mg oder 5, 6]. VKA erhielten, traten Schlaganfälle In diesem Kollektiv erwies sich Riva- oder systemische Embolien in beiden roxaban (1× täglich 20 mg) zur Pro- Armen vergleichbar häufig auf, ebenso phylaxe von Schlaganfällen und syste- schwere und klinisch relevante nicht mischen Embolien als ebenso wirksam schwere Blutungen [7]. Allerdings kam wie der Vitamin-K-Antagonist (VKA) es unter Rivaroxaban signifikant selteWarfarin (2,1 vs. 2,4 % pro Patienten- ner zu tödlichen Blutungen (0,28 vs. jahr, p < 0,001 für Nichtunterlegen- 0,74 pro 100 Patientenjahre, p = 0,047) heit), ging jedoch signifikant seltener (Abb. 2) [7]. Friberg L, et al. Eur Heart J 2012; 33(12):1500-10. mit intrakraniellen und tödlichen Blu- Weitere Subgruppenanalysen wurden tungen einher (0,5 vs. 0,7 %, p = 0,02 für Patienten mit Diabetes (n = 5695) bzw. 0,2 vs. 0,5 %, p = 0,003, sekundä- [8] und Herzinsuffizienz (n = 9033) re Sicherheitsendpunkte). Hinsichtlich [9] vorgenommen. In diesen Gruppen des primären Sicherheitsendpunkts zeigte sich Rivaroxaban vergleichbar (schwere und klinisch relevante nicht wirksam und sicher wie VKA, wobei Der mulNmorbide PaNent – ein PaNent für NOAK? schwere Blutungen) zeigte sich Riva- herzinsuffiziente Patienten unter RiRE-LY Dabigatran
ROCKET AF Rivaroxaban
ARISTOTLE Apixaban
ENGAGE AF Edoxaban
Randomisiert (n)
18.113
14.264
18.201
21.105
Alter, Jahre
72 ± 9
73 [65-78]
70 [63-76]
72 [64-78]
Weiblich, %
37
40
35
38
Paroxysmal
32
18
15
25
Z.n. Schlaganfall
20
55
19
28
Gabe von ASS
40
36
31
29
CHADS2 0-1 2 3-6
1. Connolly SJ, et al. N Engl J Med 2009;361:1139-1151; 2. Patel MR, et al. N Engl J Med 2011;365:883-891;
Abbildung 1: Die Studie ROCKET AF hat eine hohe Aussagekraft für den Einsatz von Rivaroxa3. Granger CB, et al. N Engl J Med 2011;365:981-992; 4. Giugliano RP, et al. N Engl J Med 2013;369:2093-2104. ban bei multimorbiden Patienten, da 87 % der eingeschlossenen Patienten einen CHADS2-Score von 3–6 aufwiesen und damit bei Weitem mehr als in jeder anderen NOAK-Zulassungsstudie [3, 4, 5, 6]. © Verlag PERFUSION GmbH
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FORUM ANTITHROMBOTICUM Der mulNmorbide PaNent – ein PaNent für NOAK?
wie intrazerebralen und anderen nicht traumatischen intrakraniellen Blutungen im Vergleich zu VKA nahezu halbiert (1,97 vs. 3,68 Ereignisse pro 100 Patientenjahre; HR: 0,54, p = 0,02).
Primäre Effek$vitäts- und Sicherheitsendpunkte bei Niereninsuffizienz Warfarin (n=1.476) 1,4
4
3
HR 0,84
2,8%
(95% KI 0,57–1,23)a
2,3%
2
1
Ereignisse pro Jahr Events /year
Warfarin Rivaroxaban 15 mg (n=1.476) (n=1.474)
Rivaroxaban 15 mg (n=1.474)
1,4%
1 0,8
HR 0,55
(95% KI 0,30–1,00)b
0,8%
Schlaganfall/ Stroke / SE systemische Embolien
0,9%
HR 0,81
(95% KI 0,41–1,60)c
0,7%
0,6
HR 0,39
(95% KI 0,15–0,99)d
0,7%
RRR
-61%
0,4
0,3%
0,2 0
Fazit
1,2
0
Kritische Critical Organorgan blutungen bleeds
Intrakraniale Intracranial Fatal Tödliche bleeds Klinik für Innere Medizin III Blutungen Blutungen bleeds Abteilung für Elektrophysiologie und Rhythmologie
Fox K, et al. Eur Heart J 2011; 32(19):2387-94.
Abbildung 2: Die Ergebnisse der ROCKET-AF-Studie für die Subgruppe der Patienten mit Niereninsuffizienz untermauern das positive Nutzen-Risiko-Profil von Rivaroxaban in HochrisikoKollektiven: Im Vergleich zu Warfarin kam es unter Rivaroxaban signifikant seltener zu tödlichen Blutungen [7].
Incidence rate, %/year*
varoxaban seltener hämorrhagische vs. 2,0). Damit belegen die Ergebnisse Der mulNmorbide PaNent – ein PaNent für NOAK? Schlaganfälle erlitten als unter VKA aus XANTUS, dass Rivaroxaban auch in einem durchschnittlichen Kollektiv (HR: 0,38; 95%-KI: 0,19–0,76) [9]. ein gutes Wirksamkeits- und SicherCHADS2 Prior stroke# heitsprofil aufweist. Bereits zuvor hatte die retrospektive Evidenz aus dem Praxisalltag XANTUS1 2.0 19% US-amerikanische Datenbankanalyse untermauert Wirksamkeits- und ROCKET AF2 3.5 55% REVISITUS gezeigt, dass RivaroxaSicherheitsprofil ban die Rate an intrakraniellen Blutun4 3.6 mit Warfarin um 47 % Die Evidenz aus der Phase-III-Stu- gen4 verglichen signifi kant reduziert [11]. Beim kombidie ROCKET AF wird durch Daten 3 3 nierten Studienendpunkt aus intrakraaus Phase-IV-Studien und Registern 2.1 2.0 niellen Blutungen und ischämischen ergänzt. In der internationalen, pro2 2 spektiven Studie XANTUS wurde Schlaganfällen ergab sich unter Riva0.9 1 1 eine signifi0.5 kante Vermindemit Rivaroxaban erstmals ein NOAK roxaban 0.4 bei nvVHF-Patienten (n = 6784) unter rung um 39 % im Vergleich zu Warfa0 wurden Praxisbedingungen untersucht [10]. rin. 0 Ischämische GI bleeding Major bleeding ICH GI bleeding Major bleeding Schlaganfälle ICH Schwere Blutungen ereigneten sich mit numerisch um 29 % reduziert. einer Inzidenzrate von 2,1 % pro Pati- Vergleichbar positive Ergebnisse komentenjahr, für intrakranielle und gas- men schließlich auch aus der retrospekICH: intracranial hemorrhage trointestinale Blutungen betrugen die tiven Analyse RELIEF, mit Daten aus 1. Camm AJ, et al. Eur Heart J 2016; 37(14):1145-53; 2. Patel MR, et al. N Engl J Med 2011; 365:883–891. Raten 0,4 % und 0,9 %, für Schlagan- deutschen Ambulanzen und Notauffälle und systemische Embolien 0,8 %. nahmen [12]. Hierbei wurden jeweils Bei 96,1 % der Patienten traten weder 1039 Patienten mit nvVHF und einer schwere Blutungen, symptomatische Neueinstellung auf Rivaroxaban bzw. thromboembolische Ereignisse noch einer VKA-Therapie gematcht. Unter der Therapie mit Rivaroxaban wurde Tod jeglicher Ursache auf [10]. Im Vergleich zu den Patienten in RO- die Wahrscheinlichkeit für den komCKET AF hatten jene in XANTUS ein binierten Endpunkt aus ischämischem geringeres Risiko (CHADS2-Score 3,5 Schlaganfall, TIA, Myokardinfarkt soPerfusion 4/2017
30. Jahrgang
Insgesamt weist die Datenlage für Rivaroxaban ein konsistent positives Nutzen-Risiko-Profil aus, das unabhängig von Alter und Komorbiditäten ist. Das Medikament hat in Studien immer wieder Vorteile gegenüber VKA gezeigt. Im Vergleich zu anderen NOAK ist Rivaroxaban sehr einfach zu dosieren. Eine Anpassung ist nur im Hinblick auf die Kreatinin-Clearance notwendig, nicht aber im Hinblick auf Gewicht und Alter [13]. Prof. Dr. med. Hendrik Bonnemeier, Kiel
Literatur 1 Kirchhof P et al. Eur Heart J 2016;37: 2893-2962 2 Bonnemeier H, et al. Curr Med Res Opin 2011;27:995-1003 3 Patel MR et al. N Engl J Med 2011; 365:883-891 4 Connolly SJ et al. N Engl J Med 2009; 361:1139-1151 5 Granger CB et al. N Engl J Med 2011; 365:981-992 6 Giugliano RP et al. N Engl J Med 2013; 369:2093-2104 7 Fox KAA et al. Eur Heart J 2011;32:2387294 8 Bansilal S et al. Am Heart J 2015;170: 675-682 9 Van Diepen S et al. Circ Heart Fail 2013; 6:740-747 10 Camm AJ et al. Eur Heart J 2016;37:11451153 11 Coleman CI et al. Curr Med Res Opin 2016; 32:2047-2053 12 Coleman CI et al. Int J Cardiol 2016;203: 882-884 13 Fachinformation Xarelto®, Stand: Mai 2017 © Verlag PERFUSION GmbH
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Kongresse
KONGRESSE Orale Antikoagulation bei Vorhofflimmern im Wandel Vorhofflimmern ist die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung und außerdem weltweit eine der Hauptursachen von Schlaganfall, Herzinsuffizienz, plötzlichem Tod und kardiovaskulärer Morbidität. Eine gut eingestellte Gerinnungshemmung auf Basis von Vitamin-K-Antagonisten (VKA) senkt das Schlaganfallrisiko. VKA werden jedoch mit einer Zunahme von schweren und lebensbedrohenden Blutungen (einschließlich intrakranieller Hämorrhagien) sowie einer schlechten Compliance in Verbindung gebracht. Gemäß der ESC-Leitlinie zum Management von Vorhofflimmern aus dem Jahr 2016 werden Nicht-VKA orale Antikoagulanzien (NOAK) gegenüber VKA präferiert, wenn eine orale Antikoagulation begonnen wird. In den letzten Jahren wurden zunehmend Studiendaten publiziert, die eine breitere Anwendung von NOAK bei diesen Patienten unterstützen. Dies war Gegenstand eines interaktiven wissenschaftlichen Symposiums von Daiichi Sankyo im Rahmen des ESC-Kongresses 2017. Die Referenten – renommierte Experten auf dem Gebiet thromboembolischer Erkrankungen – haben Edoxaban bereits während der klinischen Entwicklung im Rahmen der unterschiedlichen Studien eingesetzt, sodass sie über langjährige Erfahrung in der Anwendung des Faktor-Xa-Inhibitors verfügen. Sie gaben einen Überblick über den Stellenwert der NOAK bei Vorhofflimmern, diskutierten den Einfluss von Patientencharakteristika auf die Wahl eines NOAK und bewerteten, wie die klinischen Daten in den Behandlungsalltag übertragen werden können, um eine bestmögliche Behandlung für die Patienten sicherzustellen.
Erweiterung der Therapielandschaft: Die Rolle der NOAK (Referent: Professor Jeffrey Weitz, Hamilton) Mit der Verfügbarkeit der NOAK hat sich das Management von Vorhofflimmern in den letzten Jahren deutlich verändert. NOAK werden mehr und mehr eingesetzt und aktuell laufen etliche Studien, die den Einsatz bei kardiovaskulären Interventionen näher untersuchen. Zu den Studien mit Edoxaban zählen unter anderem ENTRUST-AF PCI und ENVISAGE-TAVI AF. In der ENTRUST-AF-PCI-Studie werden die Wirksamkeit und Sicherheit von Edoxaban im Vergleich zu einem VKA-Therapieschema an ca. 1500 VHF-Patienten nach erfolgreicher perkutaner koronarer Intervention (PCI) mit Stent-Platzierung näher untersucht, und zwar hinsichtlich der Inzidenz von schweren oder klinisch relevanten nicht schweren Blutungen nach Definition der ISTH. Die ENVISAGE-TAVI-AF-Studie evaluiert die Wirksamkeit und Sicherheit von Edoxaban im Vergleich zu einer Therapie mit einem VKA – mit oder ohne Thrombozytenaggregationshemmer – an rund 1400 VHF-Patienten nach erfolgreicher TranskatheterAortenklappenimplantation (TAVI). Endpunkt ist die Netto-Inzidenz unerwünschter klinischer Ereignisse, definiert als zusammengesetzter Endpunkt aus Tod, Herzinfarkt, ischämischem Schlaganfall, systemischen embolischen Ereignissen, Klappenthrombose und schwerer Blutung. Die beiden noch laufenden Studien könnten die zunehmende Bedeutung der NOAK bei der Behandlung von VHF-Patienten, die sich einem interventionellen Eingriff unterziehen müssen, bestätigen. Auswahl des richtigen NOAK für jeden Patienten (Referent: Professor Christoph Bode, Freiburg) Dank der Fortschritte in der oralen Antikoagulation steht eine größere
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Auswahl an Therapieoptionen bei Vorhofflimmern zur Verfügung. NOAK werden bei vielen Patienten gegenüber Warfarin präferiert; entscheidend ist aber weiterhin die Wahl einer optimalen oralen Antikoagulation zur Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern im Sinne eines patientenorientierten Ansatzes. Die Kriterien zur Dosisreduktion, die in den klinischen NOAK-Studien untersucht wurden, sollten eingehalten werden. Dabei sind verschiedene Faktoren wie Niereninsuffizienz, Alter, Blutungsrisiko, kardiovaskuläre Komorbiditäten, Schlaganfallrisiko oder Schlaganfall in der Anamnese sowie die Präferenz des Patienten zu berücksichtigen. Edoxaban bietet eine einfache Dosierung bei den Indikationen nvVHF und venöse Thromboembolien (VTE) sowie eine unkomplizierte Anwendung: einmal tägliche Dosierung unabhängig von den Mahlzeiten, und dies bei nur geringen Interaktionen mit CYPabhängigen Arzneimitteln. Die empfohlene Edoxaban-Dosis beträgt für alle Patienten 60 mg einmal täglich mit Dosisreduktion auf 30 mg einmal täglich bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, einem niedrigen Körpergewicht (≤60 kg) oder Komedikation mit den P-Glykoprotein-Inhibitoren Ciclosporin, Dronedaron, Erythromycin oder Ketoconazol. Edoxaban hat gegenüber Warfarin eine überlegene Sicherheit und vergleichbare Wirksamkeit bei der Prävention thromboembolischer Ereignisse bei Patienten mit nvVHF gezeigt. Übertragung der ENGAGE-AFTIMI-48-Studienergebnisse in die klinische Praxis (Referent: Dr. Robert P. Giugliano, Boston) ENGAGE AF-TIMI 48 war die bislang größte und längste randomisierte klinische Studie zu einem NOAK bei nvVHF. Verschiedene Subgruppenanalysen von ENGAGE AF-TIMI 48 haben gezeigt, dass die Wirksamkeit und Sicherheit von Edoxaban bei einer Vielzahl unterschiedlicher Patienten, einschließlich Hochrisiko-Subgruppen, © Verlag PERFUSION GmbH
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konsistent sind. Zu diesen Subgruppen zählen Patienten mit verschiedenen Mustern von Vorhofflimmern, ältere Patienten, Patienten mit Nierenfunktionsstörung, vorherigem Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke (TIA), Patienten mit Komedikation mit einem Thrombozytenaggregationshemmer, erhöhtem Sturzrisiko, vorheriger Herzinsuffizienz, Herzklappenerkrankung, Diabetes sowie Patienten mit aktiver Krebserkrankung. Die verfügbaren klinischen Studiendaten können dazu beitragen, für jeden einzelnen nvVHF-Patienten die am besten geeignete Behandlung auszuwählen. Elisabeth Wilhelmi, München
Aortenstenose: TAVI auch für Patienten mit mittlerem Operationsrisiko empfohlen In der bisherigen ESC/EACTS-Leitlinie wurde die Transkatheter-Aortenklappenimplantation (Transcatheter Aortic Valve Implantation, TAVI) nur für Patienten mit einer hochgradigen symptomatischen Aortenstenose empfohlen, wenn eine Hochrisikosituation vorliegt. Die anlässlich des PCR London Valves in London vorgestellte Aktualisierung geht einen Schritt weiter und empfiehlt den minimalinvasiven Eingriff als Option auch für Patienten mit einem mittleren Risiko. Nicht-Unterlegenheit gegenüber dem operativen Klappenersatz erneut bewiesen Die Indikationserweiterung basiert auf den Daten der PARTNER-2-Studie. Aufgenommen in diese Studie wurden über 2000 Patienten mit einem intermediären Risiko. Davon erhielten randomisiert 1011 Patienten eine TAVI (Edwards-SAPIEN®-System) und 1021 Patienten einen operativen Klappenersatz. Die TAVI wurde bei 76 % über einen femoralen Zugang und bei 24 % Perfusion 4/2017
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transapikal implantiert. Insgesamt starben 18 Patienten während oder in den ersten 3 Tagen nach dem Eingriff, 10 in der TAVI- und 8 in der OP-Gruppe. Bei 28 Patienten wurde der Eingriff zwar begonnen, musste aber aus unterschiedlichen Gründen abgebrochen werden. Als primärer Endpunkt wurde die Kombination aus Tod und Schlaganfall festgesetzt. Nach 2 Jahren betrug die HR für diesen primären Endpunkt in der TAVI-Gruppe vs. Operation 0,89 (p = 0,001) bei der Intention-to-treatAnalyse (ITT) und 0,90 (p < 0,001) bei der Analyse der tatsächlich behandelten Patienten. Bei der ITT-Auswertung erreichten 19,3 % der TAVI-Patienten und 21,1 % (HR: 0,89; p = 0,253) der OP-Patienten diesen Endpunkt, bei der On-Treatment-Auswertung waren es 18,9 % vs. 21,0 % (HR: 0,87; p = 0,18). Wurden nur die ITT-Patienten mit dem transfemoralen Zugang ausgewertet, so waren es sogar nur 16,8 % in der TAVIGruppe vs. 20,4 % in der OP-Gruppe (HR 0,79; p = 0,05). Die Vergleichszahlen bei den tatsächlich behandelten Patienten waren 16,3 % vs. 20,0 % (HR: 0,78; p = 0,04). „Insgesamt belegen diese Daten die Nicht-Unterlegenheit der TAVI im Vergleich zum operativen Klappenersatz bei Patienten mit intermediärem Risiko“, betonte Professor Bernard Prendergast, interventioneller Kardiologe am St. Thomas’ Hospital in London. Dies gilt aber bisher nur für über 75-Jährige; denn das Durchschnittsalter lag in dieser Studie bei 80 Jahren. Für jüngere Patienten ist weiterhin die Operation der Standard, zumal in dieser Altersgruppe häufiger eine bikuspidale Klappe vorliegt. Bei jüngeren Patienten kommt eine TAVI deshalb nur in einer Hochrisikosituation zum Einsatz.
disziplinär (Herzchirurg, Kardiologe und Anästhesist) getroffen werden. Die hochgradige Aortenstenose ist die häufigste Klappenerkrankung. Betroffen sind ca. 7 % der über 65-Jährigen und 13 % der über 75-Jährigen. Die Einführung der TAVI hat die Behandlungsmöglichkeiten der hochgradigen symptomatischen Aortenstenose in revolutionärer Weise bereichert. In Deutschland hat TAVI rasch eine breite Akzeptanz gefunden. Die Zahl der Implantationen steigt von Jahr zu Jahr, die des operativen Klappenersatzes bleibt dagegen weitgehend konstant. 2016 wurden 15.050 transvaskuläre TAVI durchgeführt und nur noch 9.609 Operationen. 25 % dieser Patienten hatten ein niedriges, 40 % ein mittleres und 25% ein hohes Risiko. „Die Behandlungsergebnisse bei der TAVI sind um so besser, je mehr Eingriffe in einem Zentrum durchgeführt werden“, erläuterte Professor Helge Möllmann, Dortmund. Bei weniger als 50 Prozeduren pro Jahr liegt die Krankenhausmortalität bei 5,6 %, in Zentren mit mehr als 200 Eingriffen pro Jahr dagegen nur bei 2,4 %. Interessant ist laut Möllmann, dass nach den Ergebnissen von Registerstudien im Jahr 2016 erstmals die Gesamtmortalität der TAVI unter die des operativen Klappenersatzes gesunken ist. Sie betrug bei TAVI 2,6 % versus 2,9 % bei der Operation. „Dies ist schon erstaunlich, weil TAVI-Patienten in der Regel älter und komorbider sind, also ein deutlich höheres Risiko tragen“, so Möllmann abschließend. Dr. Peter Stiefelhagen, Hachenburg
Entscheidung für den Eingriff trifft das Heart Team Darüber hinaus wird in der neuen ESC/ EACTS der Stellenwert des Heart Team nochmals besonders hervorgehoben, d.h., die Entscheidung im Einzelfall für den minimalinvasiven oder operativen Klappenersatz sollte inter-
Quelle: Expertenrunde für Europäische Medienvertreter „Der Paradigmenwechsel vom operativen Eingriff zu TAVI für Patienten mit mittlerem Risiko: Prognose oder Realität?“ im Rahmen des PCR London Valves, 26. September 2017 in London; Veranstalter: Fa. Edwards Lifesciences © Verlag PERFUSION GmbH
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Diabetisches Makulaödem: Vorteile des rechtzeitigen Einsatzes von Steroiden Menschen mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Augenkomplikationen wie Katarakt, diabetischer Retinopathie und diabetischem Makulaödem (DMÖ), das als häufigste Ursache für einen Sehkraftverlust bei Diabetikern gilt. Jährlich entwickeln schätzungsweise 2 % aller Diabetiker ein DMÖ. Dabei handelt es sich um eine Schrankenstörung, bei der eine Entzündungsreaktion pathogenetisch eine entscheidende Rolle spielt. Diese wird durch zahlreiche Botenstoffe vermittelt. Zur Behandlung können Steroide wie das Dexamethason-Implantat Ozurdex® eingesetzt werden, bei denen neben ihrer antiinflammatorischen auch neuroprotektive Wirkungen diskutiert werden. Sie regulieren eine große Bandbreite beteiligter Entzündungsmediatoren. Über die Bedeutung von „Hyperreflective Dots“ als Prädiktoren zur Identifikation der für eine Steroidtherapie geeigneten Patienten und den Vorteil einer möglichst frühzeitigen Behandlung beim DMÖ diskutierten Experten auf dem diesjährigen internationalen Kongress der Deutschen Ophthalmochirurgen (DOC) in Nürnberg. Inflammation als treibende Kraft Als eine der Folgen einer Hyperglykämie bei Diabetes kann eine Entzündung entstehen, die zu mikrovaskulären Veränderungen im Endothelzellen- und Perizytenbereich und in der Folge zu einer Leckage der Blut-Retina-Schranke führen, erklärte Dr. Andreas Cordes, Bonn, die Rolle der Inflammation bei der Entstehung eines DMÖ. Kommt es aufgrund einer Mikroangiopathie außerdem zu einer Ischämie mit konsekutiver Zellschädigung, werden im Verschlussgebiet Immunzellen aktiviert. Diese führen wiederum zur Freisetzung von proinflammatorischen Mediatoren, zur Leukozytenmigration Perfusion 4/2017
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sowie zur Rekrutierung weiterer Leukozyten und stehen somit am Beginn einer Entzündungskaskade. Ozurdex® – ein Steroid mit besonders breitem Einsatzbereich „Mit den aktuell verfügbaren neuen Therapien – Steroiden und VEGFHemmern – stehen uns verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um Teile der Entzündungskaskade zu adressieren“, sagte Cordes. Gerade Steroide wie das Dexamethason-Implantat zeichnen sich durch eine breite antiinflammatorische Wirkung aus und können weit mehr Mediatoren beeinflussen als VEGF-Hemmer. Ärzte sollten daher möglichst frühzeitig eine Therapie mit einem Steroid wie Ozurdex® in Betracht ziehen, das frühzeitig die entzündlichen Prozesse kontrolliert und nicht zuletzt eine abschwellende Wirkung auf die Müller-Zellen hat, die in der Makula für den Abtransport von Flüssigkeit aus der Netzhaut wichtig sind. Wie Professor Albert J. Augustin, Karlsruhe, betonte, kann vor allem bei Patienten mit einer hohen Zahl von „Hyperreflective Dots“, das heißt mit einer stark ausgeprägten Inflammation, eine frühzeitige Einstellung auf Ozurdex® sinnvoll sein, um ein bestmögliches Ergebnis mit maximalem Visusgewinn zu erzielen. Überzeugende Ergebnisse auch in der täglichen Praxis Während bei einer Anti-VEGF-Therapie die Ergebnisse aus den Zulassungsstudien im klinischen Alltag nicht erreicht werden können, ergibt sich für Ozurdex® ein anderes Bild, erläuterte Professor Mathias Maier, München. Hier übertreffen die Real-Life-Daten die Ergebnisse der Zulassungsstudie, in der eine Visusverbesserung von 6,5 Buchstaben erzielt wurde. Sie zeigen, dass Ozurdex® eine effiziente und lang anhaltende wirksame Therapieoption darstellt, mit der durchschnittliche Visusgewinne von 7,5–16,5 Buchstaben möglich sind, wobei sich bereits nach
der ersten Injektion ein spürbarer Visusgewinn abzeichnen kann. Ein weiterer Vorteil von Ozurdex® ist, dass es in der Regel nur zweimal pro Jahr injiziert werden muss, was deutlich unter der Behandlungsfrequenz von VEGF-Hemmern liegt und von den Patienten sehr begrüßt wird. Denn durch eine Behandlung mit weniger Injektionen bei gleichem Visusgewinn erhöht sich ihre Lebensqualität und auch die Therapieadhärenz verbessert sich. Nicht zuletzt eignet sich Ozurdex® aufgrund seines guten kardiovaskulären Sicherheitsprofils auch für DMÖ-Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und wird in der neuen EURETINA-Leitlinie als effektive frühzeitige Therapieoption besonders für diese Patienten empfohlen. Bei Nichtansprechen auf die AntiVEGF-Therapie frühzeitig Umstellung in Betracht ziehen Bis zu 40 % der DMÖ-Patienten profitieren nur unzureichend von einer Anti-VEGF-Therapie. Wie die Posthoc-Analyse der Protocol-I-Studie zum Langzeitansprechen auf VEGFHemmer zeigt, lässt sich bereits nach 3 Injektionen anhand der Visusverbesserung und Verringerung der Retinadicke prognostizieren, wie der LangzeitVisusverlauf sein wird. „In Kenntnis der gesamten Daten gehen wir davon aus, dass diese frühe Antwort tatsächlich ein robuster Vorhersageparameter für das Langzeit-Ansprechen auf die Anti-VEGF-Therapie ist“, fasste Augustin zusammen. Dass DMÖ-Patienten bei unzureichendem Ansprechen auf eine Anti-VEGFTherapie von einem frühen Therapiewechsel auf ein Steroid profitieren können, belegen die Daten eines systematischen Reviews von 15 Studien über einen Zeitraum von 3–36 Monaten mit insgesamt 3859 Teilnehmern: Nach Umstieg auf das Steroid kam es zu eine signifikanten Verbesserung des Visus und zu einem deutlichen Rückgang des Makulaödems. Elisabeth Wilhelmi, München © Verlag PERFUSION GmbH
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VHF-Patienten nach koronarer Stenteinlage:
Duale Therapie mit Dabigatran senkt Blutungsrate im Vergleich zur TripleTherapie mit Warfarin Etwa 20–30 % der antikoagulierten Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) leiden zusätzlich unter einer koronaren Herzkrankheit. Diese kann eine PCI mit Stenteinlage erforderlich machen, um die Blutversorgung des Herzens zu verbessern. Die Dreifach-Kombination aus Warfarin und 2 Thrombozytenfunktionshemmern (Clopidogrel oder Ticagrelor plus Aspirin® ≤ 100 mg/d) ist bei diesen Patienten jedoch mit einem hohen Risiko für schwere Blutungen assoziiert. Die Studie RE-DUAL PCI™ untersuchte daher eine alternative Strategie: eine duale Therapie mit Dabigatran (Pradaxa®) und einem Thrombozytenfunktionshemmer, jedoch ohne Aspirin®. Auf dem diesjährigen Kongress der European Society of Cardiology (ESC) in Barcelona wurden die Ergebnisse der RE-DUAL PCI™ Studie als LateBreaker-Session vorgestellt. Sie zeigen, dass unter der dualen Therapie mit Dabigatran schwere sowie klinisch re-
MITTEILUNGEN Neue Empfehlungen zum Start der Insulintherapie Obwohl mit modernen Insulinen hochwirksame Medikamente zur Behandlung des Typ-2-Diabetes zur Verfügung stehen, erreichen nicht alle auf Insulin umgestellten Patienten eine ausreichende Kontrolle ihres GlukoseStoffwechsels: Bei 30–50 % der neu auf Basalinsulin eingestellten Patienten gelingt es nicht, innerhalb von 6 Monaten die Glukose-Zielwerte zu erreichen. Als Ursache spielen Schwierigkeiten mit der Adhärenz eine große Rolle: 18–26 % der Patienten brechen Perfusion 4/2017
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Resultate der RE-DUAL PCI™ Studie: • Inzidenz des primären Endpunkts (Zeit bis zum schweren oder klinisch relevanten, nicht schweren Blutungsereignis): – 15,4 % unter dualer Therapie mit Dabigatran 110 mg vs. 26,9 % unter Warfarin-Triple-Therapie und damit 48 % relative Risikoreduktion – 20,2 % unter dualer Therapie mit Dabigatran 150 mg vs. 25,7 % unter Warfarin-Triple-Therapie, dies entspricht einer relativen Risikoreduktion von 28 % – Beide Therapieregimes mit Dabigatran zeigten insbesondere reduzierte Raten schwerer Blutungen (bei Einzelanalyse, sowohl nach ISTH- als auch TIMI-Definition) und Gesamtblutungen • Wichtigster sekundärer Endpunkt (Kombination aus Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall, systemische Embolie und ungeplante Revaskularisation): ähnliche Ereignisraten unter dualer Therapie mit Dabigatran (13,7 %) versus Triple-Therapie mit Warfarin (13,4 %)
levante, nicht schwere Blutungsereignisse signifikant seltener auftraten als
die Behandlung innerhalb eines Jahres nach der Umstellung auf eine Insulintherapie ab, 15–62 % haben ihre Therapie in diesem Zeitraum mindestens einmal unterbrochen. Eine interdisziplinäre Gruppe internationaler Experten für die Behandlung von Menschen mit Typ-2-Diabetes hat nun Gründe für die unzureichende Therapieadhärenz analysiert und Empfehlungen für eine optimierte Begleitung von Patienten beim Insulinstart formuliert. Die kürzlich im International Journal of Clinical Practice erschienene Arbeit* wurde vom Unternehmen Lilly unterstützt. Lilly und Boehringer Ingelheim bieten mit dem Insulin glargin * Polonsky H. et al. Int J Clin Pract 2017; e12973
unter der Triple-Therapie mit Warfarin. Im primären Sicherheitsendpunkt (Zeit bis zum ersten schweren oder klinisch relevanten, nicht schweren Blutungsereignis) betrug die Risikoreduktion 48 % mit der Dabigatran-Dosierung 110 mg und 28 % mit der Dosierung 150 mg. Dabei waren thromboembolische Ereignisse (sekundärer Endpunkt) unter Dabigatran im Vergleich zur Warfarin-Therapie etwa gleich häufig (13,7 % vs. 13,4 %). Beide in RE-DUAL PCI™ verwendeten Dabigatran-Dosierungen wurden bereits umfangreich getestet und sind weltweit zur Schlaganfallprävention bei nicht valvulärem VHF zugelassen. „Für Ärzte, die VHF-Patienten nach PCI mit Stenteinlage behandeln, ist es von größter Bedeutung, den Nutzen gegenüber dem Blutungsrisiko sorgfältig abzuwägen“, erläuterte Studienleiter Professor Christopher Cannon, Boston. „Es liegen nur wenig belastbare Daten zum Einsatz von Nicht-Vitamin-KAntagonisten oralen Antikoagulanzien (NOAK) in dieser Indikation vor. Die neuen Daten aus RE-DUAL PCI™ sind hoch relevant für Kollegen, die für entsprechende Patienten eine effektive antithrombotische Therapie benötigen.“ Elisabeth Wilhelmi, München
Abasaglar® ein Basalinsulin an, das für die Behandlung von Diabetes mellitus bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren zur Verfügung steht. Den Patienten stehen zum Behandlungsbeginn mit Abasaglar® umfangreiche begleitende Informationsmaterialien zur Verfügung, die dabei helfen sollen, den Start der Insulintherapie zu erleichtern. Vier Gründe für mangelnde Adhärenz Die Expertengruppe identifizierte 4 Hauptgründe für den Abbruch oder die Unterbrechung einer Insulintherapie: Patienten befürchten, dass ihnen die Insulintherapie eher schadet als © Verlag PERFUSION GmbH
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nützt oder dass Unannehmlichkeiten der Behandlung ihren Lebensstil zu sehr beeinträchtigen. Sie glauben nicht, dass die Insulintherapie ihre Situation verbessert oder sie haben kein vertrauensvolles Verhältnis zu ihrem behandelnden Arzt. Die Experten betonten, dass die entscheidende Phase, in der einer solchen Entwicklung vorgebeugt werden kann, der Start der Insulintherapie ist. Hierzu haben die Experten Empfehlungen in 4 Kategorien entwickelt: 1. Insulin früh thematisieren: Behandelnde Ärzte sollten frühzeitig – bei oder kurz nach der Diagnose – mit ihren Patienten über Insulin als normalen Teil der Therapiekaskade bei Diabetes sprechen. So kann eine positive Einstellung gegenüber Insulin gefördert und möglichen Schuldgefühlen bei der Einstellung auf Insulin vorgebeugt werden. 2. Information und Schulung: Wenn auf Insulin umgestellt wird, kann eine intensive Schulung zum Selbstmanagement des Diabetes Patienten das Gefühl vermitteln, die Kontrolle über ihre Erkrankung und die Therapie zu behalten. Schulungen umfassen idealerweise die Injektionstechnik, Mahlzeitenplanung, Sport und Bewegung, Blutzuckermessung sowie den Umgang mit Hypoglykämien. Vor allem das letztgenannte Thema verdient ausreichend Beachtung. Patienten sollten in der Lage sein, das Risiko von Hypoglykämien realistisch einzuschätzen, Symptome zu erkennen und gegenzusteuern. Auch die Problematik der möglichen Gewichtszunahme sollte im Patientengespräch erläutert werden, verbunden mit dem Angebot von Lösungen wie einer Ernährungsberatung und Anleitung zur Steigerung der körperlichen Aktivität. Die Schulung sollte darüber hinaus eine realistische und individuelle Zielsetzung im Hinblick auf die Glukosewerte behandeln, so dass Patienten den messbaren Erfolg ihrer Therapie nachvollziehen können. 3. Titration der wirksamen Dosis: Die Dosistitration kann bei entsprechender Motivation und Fähigkeit vom PatienPerfusion 4/2017
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Abbildung 1: Die Abasaglar®-Einstellungsmappe erleichtert die Einführung des Patienten in das Erkrankungsmanagement mit Insulin.
ten selbst übernommen werden. Dabei sind einfache, sichere und effektive Algorithmen zu bevorzugen, wie z.B. der in der Insight-Studie beschriebene, bei dem die Dosis des Basalinsulins täglich um 1 Einheit pro Tag erhöht wird, bis der Patient die Zielwerte erreicht. 4. Follow-up: Der erste Follow-upTermin sollte zwischen einem Tag und höchstens 2 Wochen nach dem Insulinstart stattfinden. Dabei kann die Dosierung überprüft und die Injektionstechnik des Patienten kontrolliert werden. Zusätzlich ist es sinnvoll, den Patienten regelmäßig zu kontaktieren. Sobald der Patient stabil auf Insulin eingestellt ist und gut zurechtkommt, sind meist Routine-Termine im Abstand von 3 Monaten ausreichend. Begleitende Hilfen können Patientenmaterialien bieten wie die Abasaglar®Einstellungsmappe (Abb. 1), die mit einer Kurzanleitung zur Anwendung des KwikPens, einem Blutzuckertagebuch und weiteren Informationen bei den einzelnen Schritten des Insulinstarts wertvolle Unterstützung leisten kann. E. W.
Fachinformation von Saxenda® um kardiovaskuläre Sicherheitsdaten erweitert Der Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medical Products for Human Use, CHMP) der EMA hat auf Basis der Ergebnisse der LEADERStudie einer Aktualisierung der EUZulassung für Saxenda® (Liraglutid 3 mg) zugestimmt. Die dementsprechend rückwirkend zum 22. Juni 2017 aktualisierte deutsche Fachinformation bildet nun auch die Studienergebnisse zu kardiovaskulären Sicherheitsdaten mit dem GLP-1-Rezeptor-Agonisten Liraglutid 1,8 mg (Victoza®) ab. Der CHMP stellte fest, dass die Studienergebnisse auch Aufschluss über mögliche kardiovaskuläre Auswirkungen von Liraglutid 3 mg geben würden, obwohl die LEADER-Studie die langfristigen Auswirkungen von Liraglutid in einer Dosierung bis zu 1,8 mg bei Menschen mit Typ-2-Diabetes und hohem kardiovaskulärem Risiko untersuchte. Als Ergänzung zur Standardtherapie bestätigte Liraglutid © Verlag PERFUSION GmbH
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in der Dosierung von 1,8 mg die kardiovaskuläre Sicherheit im Vergleich zu Placebo und bewirkte darüber hinaus eine signifikante Risikoreduktion für die Rate schwerer unerwünschter kardiovaskulärer Ereignisse. Das erste Auftreten von kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Herzinfarkt und nicht tödlichem Schlaganfall, primärer kombinierter Endpunkt der Studie, wurde im Vergleich zu Placebo um 13 % reduziert. Dementsprechend wurde die Fachinformation von Saxenda® unter Punkt 5.1. „Pharmakodynamische Eigenschaften“ um die Informationen zur LEADER-Studie erweitert. Saxenda® ist das bislang einzige GLP1-Analogon, das von der EU-Kommission zur Gewichtsregulierung als Ergänzung zu einer kalorienreduzierten Ernährung und körperlicher Aktivität zugelassen ist. Das GLP-1-Analogon reguliert den Appetit durch eine Steigerung des Völle- und Sättigungsgefühls. Darüber hinaus reduziert es das Hungergefühl und den Wunsch nach Nahrung und führt so zu einer geringeren Nahrungsaufnahme. Die Zulassung von Saxenda® basiert auf dem Studienprogramm SCALE™. Die größte Studie SCALE™ Obesity and Prediabetes schloss 3731 Teilnehmer mit stabilem Gewicht ein, die entweder einen BMI ≥30 kg/m2 oder aber einen BMI ≥27 kg/m2 sowie Komorbiditäten aufwiesen. Nach 56 Wochen betrug der durchschnittliche Gewichtsverlust bei den mit Verum behandelten Patienten 8 % gegenüber 2,6 % unter Placebo (p < 0,0001), wobei 63,5 % der Patienten mindestens 5 % und 32,8 % mehr als 10 % ihres Körpergewichts verloren. E. W.
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Warum Apotheken eine wichtige Rolle beim Thema Gerinnungs selbstmanagement spielen Gegenwärtig stehen in Deutschland etwa eine Million Menschen aufgrund von künstlichen Herzklappen, Vorhofflimmern oder Thrombophilie unter dauerhafter oraler Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA, z.B. Marcumar® oder Falithrom®). Diese Therapieform macht ein regelmäßiges Monitoring der Prothrombinzeit (PT) durch Messung des INR-/ %Quickwertes erforderlich. Dies übernimmt in der Regel der Arzt, doch werden immer mehr Menschen zu Gerinnungsselbstmanagern und führen die Messungen sowie die Anpassung ihrer Tablettenmenge selbstständig durch. Das ist in etwa so einfach wie die Blutzuckermessung bei Menschen mit Diabetes – ein Pieks in den Finger genügt. Hierfür nutzen viele Patienten das CoaguChek® INRange Messgerät von Roche Diagnostics (Abb. 1) mit den entsprechenden Teststreifen, die sie aus der Apotheke beziehen. Daraus ergeben sich attraktive Möglichkeiten für Apotheken – von der Kundenbindung durch die Beratung bis hin zu Schulungsangeboten. GSM ist ein Thema für Apotheken Für viele Patienten ist das Gerinnungsselbstmanagement (GSM) ein echter Gewinn an Lebensqualität. Sie fühlen sich nicht nur sicherer und unabhängiger, sondern auch in ihrer Verant-
Abbildung 1: Das CoaguChek® INRange System für das Gerinnungsselbstmanagement (© Roche Diagnostics Deutschland GmbH).
wortung und Therapietreue gestärkt. Apotheker haben die Möglichkeit, Patienten auf diesem Weg langfristig zu begleiten und zu unterstützen. Sie leisten so, gemeinsam mit dem betreuenden Arzt, einen wertvollen Beitrag zu mehr Sicherheit im Alltag der Betroffenen und machen sich gleichzeitig einen Namen als GSM-Experte. Über das Teststreifengeschäft können Apotheker eine gute Patientenbindung erzielen: Selbstmanager benötigen pro Jahr rund 60 Teststreifen, die sie immer wieder in die Apotheke führen. Dazu haben Apotheker die Möglichkeit, selbst INR-Messungen anzubieten und gemeinsam mit Ärzten, Schulungseinrichtung für das GSM zu werden. In Deutschland gibt es mittlerweile über 1200 solcher Einrichtungen, die den Patienten – und bei Bedarf auch den Angehörigen – das nötige Wissen vermitteln. S. M.
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Neu: Bosentan Zentiva® zur Behandlung der PAH Seit dem 1. September 2017 ist Bosentan Zentiva® zur Behandlung der pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH) zur Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit und der Symptome bei Patienten mit funktioneller WHO-/NYHAKlasse III verfügbar. Die Zulassung für Bosentan Zentiva® wurde erteilt für Patienten mit primärer (idiopathischer und erblicher) PAH, sekundärer PAH in Assoziation mit Sklerodermie ohne signifikante interstitielle Lungenerkrankung sowie PAH in Assoziation mit kongenitalen Herzfehlern und Eisenmangel-Physiologie. In Studien konnte gezeigt werden, dass Bosentan Zentiva® positiv auf das Krankheitsbild von Patienten mit PAH der funktionellen WHO-/NYHA-Klasse II wirkt. Bosentan Zentiva® (Erstanbieter: Tracleer®) ist außerdem indiziert zur Reduzierung der Anzahl neuer digitaler Ulzerationen bei Patienten mit systemischer Sklerose, die an digitalen Ulzerationen leiden. Die hellorangefarbenen Filmtabletten sind in den Wirkstärken 62,5 mg und 125 mg erhältlich. Für die Anwendung von Bosentan Zentiva® sind vor Beginn und während der Behandlung folgende wichtige Punkte für die Arzneimittelsicherheit zu beachten: • engmaschige Überwachung von Laborparametern (Leberaminotransferasewerte, Hämoglobinkonzentration) • Schwangerschaft zuverlässig ausschließen sowie wirksame und sichere Verhütungsmethoden einsetzen • Durchführung monatlicher Schwangerschaftstests bei Frauen im gebärfähigen Alter Gemäß den Zulassungsbedingungen für Bosentan und in Abstimmung mit dem BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) sind die pharmazeutischen Unternehmer, die Bosentan vertreiben, verpflichtet, sicherzustellen, dass Bosentan-Rezepte nur dann beliefert werden, wenn die Verordner durch das „Verordner-Kit“ über die oben genannten besonderen Perfusion 4/2017
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Sicherheitsanforderungen beim klinischen Einsatz von Bosentan informiert sind und die Patientenbroschüre an ihre Patienten weitergeben. Aus diesem Grund wurde für Bosentan in Deutschland in Abstimmung mit dem BfArM ein kontrolliertes Distributionssystem für den Vertrieb an Apotheken etabliert, das nunmehr auch die neu auf den Markt kommenden generischen sowie etwaige parallelimportierte/parallelvertriebene bosentanhaltigen Arzneimittel berücksichtigt. Zentiva® erfüllt diese Anforderungen. J. S.
Katheterablation hilft Patienten mit Vorhofflimmern und Herzschwäche besser als Medikamente Herzinsuffizienz ist in Deutschland die häufigste Einzeldiagnose bei vollstationär behandelten Patienten. Lag die Erkrankungshäufigkeit 1995 noch bei 275 Fällen pro 100.000 Einwohner, stieg der Wert laut Deutschem Herzbericht bis 2015 auf 541 an, das ist nahezu eine Verdoppelung. Bei der Linksherzinsuffizienz reicht die Pumpleistung der linken Herzkammer nicht aus, um genügend Blut und damit Sauerstoff in den Blutkreislauf zu pumpen. Dadurch entsteht ein Rückstau von Blut in der Lunge. Menschen, die unter dieser Form der Herzinsuffizienz leiden, haben häufig auch Vorhofflimmern, was ihre Erkrankung und ihr Sterblichkeitsrisiko weiter verschlechtert. Bisher war die Studienlage nicht eindeutig, was die optimale Therapie für diese Patientengruppe betrifft. Zur Klärung dieser Frage können die Ergebnisse der CASTLE-AF-Studie beitragen, die auf dem Europäischen Kardiologiekongress (ESC) in Barcelona von den Studienautoren Professor Johannes Brachmann, Klinikum Coburg, und Professor Nassir F. Marrouche, University of Utah Health, Salt Lake City, präsentiert wurden. Diese Studie verglich die Sterblichkeit und Hospitalisierungsrate bei Patienten mit vorübergehendem oder dauerhaftem Vorhofflimmern und Herz-
insuffizienz mit einer Pumpfunktion von weniger als 35 %, die entweder eine medikamentöse Standardtherapie oder eine Ablation erhielten. Eingeschlossen wurden 397 Patienten aus 30 Zentren weltweit. Alle Patienten hatten einen implantierten KardioverterDefibrillator (ICD) mit Tele-Monitoring-Funktion. Primärer Endpunkt der CASTLE-AF-Studie war eine Kombination von Sterblichkeitsrate und ungeplanten stationären Aufnahmen aufgrund der sich verschlechternden Herzinsuffizienz. Nach einem durchschnittlichen Follow-up-Zeitraum von 37,8 Monaten war der primäre Endpunkt in der Ablationsgruppe mit 28,5 % signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe mit medikamentöser Standard-Therapie (44,6 %). Einzeln ausgewertet gab es mit 13,4 versus 25 % bei der Mortalität und mit 20,7 versus 35,9 % bei der Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz ebenfalls jeweils deutlich bessere Ergebnisse für die Ablationsgruppe. Ein signifikanter Anteil von Ablationspatienten hatte bei Abschluss der Studie nach wie vor einen normalen Herzrhythmus. Die Tatsache, dass alle Patienten zuvor einen ICD implantiert bekommen hatten, könnte allerdings die Mortalität beeinflusst haben, räumen die Studienautoren ein. Das implantierte Gerät konnte jedoch zur Rhythmusüberwachung und damit Ablations-Therapieerfolg genutzt werden. „Die Untersuchung unterstreicht die Bedeutung der Katheter-Ablation als wirksames Verfahren“, kommentierte Brachmann. „Bisher gab es keine klare Evidenz dafür, ob Ablation, Medikamente oder ein anderes Therapieverfahren den anderen bezüglich Reduktion von Sterblichkeit und stationären Aufnahmen überlegen ist. Diese Studie hat das Potenzial, das Management von Patienten mit Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz in der klinischen Praxis zu verändern.“ DGK Quelle: ESC 2017 Abstract P1148. Marrouche NF, Brachmann J et al. Catheter ablation versus standard conventional treatment in patients with left ventricular dysfunction and atrial fibrillation: the CASTLE-AF trial. Eur Heart J 2017;38 (Suppl.): 710 © Verlag PERFUSION GmbH
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Mitteilungen
Schmerzarm Insulin abgeben mit den neuen Accu-Fine® Pen-Nadeln Von den deutschlandweit über 6,5 Millionen Menschen mit Diabetes nutzt etwa die Hälfte einen Insulin-Pen, der regelmäßig zum Einsatz kommt: Die täglichen Insulininjektionen sind ein unerlässlicher Bestandteil der Diabetesroutine und sollten daher möglichst schmerzarm durchführbar sein. Für eine möglichst schmerzarme Insulinabgabe bietet Roche Diabetes Care ab sofort die neuen Accu-Fine® Pen-Nadeln an. Das Besondere daran: Durch Feinschliff und Gleitbeschichtung lassen sich die Nadeln mühelos und schmerzarm einführen. Sie sind für alle gängigen Insulin-Pens geeignet und in den Längen 4 mm, 5 mm und 8 mm erhältlich. Interessierte Patienten können Muster in Form eines Beutels mit 5 Pen-Nadeln unentgeltlich und solange der Vorrat reicht unter www. accu-chek.de/accu-fine bestellen. Als besonderer Service steht für die Nutzer der Accu-Fine® Pen-Nadeln eine praktische Abwurfbox zur Verfügung, die unentgeltlich über die AccuChek Website bestellt werden kann. Die verwendeten Nadeln können so ganz einfach, diskret und sicher bis zur Entsorgung aufbewahrt werden. F. S.
Feinschliff und Gleitbeschichtung für mehr Komfort: die neuen Accu-Fine® Pen-Nadeln.
Perfusion 4/2017
30. Jahrgang
PERFUSION
IMPRESSUM
OFFIZIELLES ORGAN DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR ARTERIOSKLEROSEFORSCHUNG Herausgeber: Univ.-Prof. Dr. Dr. Edzard Ernst, Emeritus Professor of Complementary Medicine, University of Exeter, Peninsula Medical School,Salmon Pool Lane, Exeter EX2 4SG, UK Prof. Dr. med. W. Koenig, Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen Deutsches Herzzentrum München Technische Universität München Lazarettstr. 36, 80636 München Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. T. von Arnim (Kardiologie), München Prof. Dr. med. G. V. R. Born (Arterioskleroseforschung), London Prof. Dr. med. C. Diehm (Angiologie), Karlsbad Priv.-Doz. Dr. med. Dr. phil. C. Drosde (Kardiologie), Freiburg Dr. med. J. Dyerberg MD, Ph. D. (Klin. Chemie), Aalborg Sygehus, Dänemark Univ.-Prof. Dr. med. H. W. Eichstädt, (Kardiologie), Berlin Doz. Dr. rer. nat. F.-D. Ernst (Hämorheologie), Dresden Dr. med. J. Gehring (Kardiologie, Rehabilitation), München Prof. Dr. med. J. D. Gruß (Gefäßchirurgie), Kassel Prof. Dr. J. Harenberg (Hämostaseologie), Mannheim Prof. Dr. med. L. Heilmann (Gynäkologie), Rüsselsheim Prof. Dr. med. H. M. Hoffmeister (Kardiologie), Solingen Prof. Dr. med. H. U. Janka (Diabetologie), München Dr. med. J. Janzen MPhil (Pathologie), Bern, Schweiz Prof. Dr. med. L. Kollár M. D., PhD (Gefäßchirurgie), Universität Pécs, Ungarn Prof. Dr. med. M. Marshall (Phlebologie), Rottach Egern Prof Dr. med. J. Matsubara (Chirurgie), Ishikawa, Japan Prof. Dr. med. G. Mchedlishvilli (Mikrozirkulation), Tbilisi, Georgien Prof. Dr. med. V. Mitrovic (Kardiologie, Klinische Pharmakologie), Bad Nauheim Prof. Dr. med. H. Mörl (Angiologie), Mannheim Prof. Dr. med. F. J. Neumann (Kardiologie), Bad Krozingen Prof. Dr. med. K. L. Resch (Medizin-Statistik), Bad Elster Prof. Dr. med. G. Rettig (Kardiologie), Homburg PD Dr. med. Rainer Röttgen (Radiologie), Berlin Prof. Dr. med. G. Schmid-Schönbein (Biomechanik), La Jolla, USA Prof. Dr. med. H. Schmid-Schönbein (Physiologie), Aachen Prof. Dr. med. A. Schrey (Pharmakologie), Düsseldorf Prof. Dr. med. H. Sinzinger (Nuklearmedizin), Wien, Österreich Prof. Dr. med. T. Störk (Kardiologie, Angiologie), Göppingen Prof. Dr. med. I. Szirmai M. D. (Neurologie), Universität Budapest, Ungarn Prof. Dr. med. G. Trübestein (Angiologie), Bonn Prof. Dr. med. B. Tsinamdzvrishvili (Kardiologie, Hypertonie), Tbilisi, Georgien Prof. Dr. med. W. Vanscheidt (Dermatologie), Freiburg Prof. Dr. med. H. Weidemann (Kardiologie, Sozialmedizin), Bad Krozingen
Schriftleitung: Univ.-Prof. Dr. Dr. Edzard Ernst, Emeritus Professor of Complementary Medicine, University of Exeter, Peninsula Medical School, Salmon Pool Lane, Exeter EX2 4SG, UK E-Mail: Edzard.Ernst@pms.ac.uk Tel: +44 (0) 1392 726029 Fax: +44 (0) 1392 421009 Die Zeitschrift erscheint 6-mal im Jahr; Jahresabonnement 27,–; Einzelheft 5,50, inklusive MwSt., zuzüglich Versandspesen. Der Abonnementpreis ist im voraus zahlbar. Stornierungen sind bis 6 Wochen vor Ablauf eines Kalenderjahres möglich. Abonnementbestellungen direkt beim Verlag.
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