Ausgabe 2/2013
allgäu ALTERNATIV Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz
Wasserkraft kontra Wind: Begrenzte Möglichkeiten
Schwerpunktthema: Alles über Wärmedämmung
Auf ein Wort
Erneuerbare Energien... Liebe Leserin, lieber Leser, ur anhaltenden Windkraft-Diskussion in der Region haben wir einen Meinungs-Beitrag aus dem Westallgäu bekommen, den wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen: »Erneuerbare Energien sind aus umwelttechnischen und sozialen Gründen auch im Allgäu nötig. In der letzten Zeit gab es in den Medien Berichte über die katastrophalen Zustände in vielen Förderländern der fossilen Energieträger Kohle, Erdöl und Erdgas. Zum Beispiel verursacht die Kohleproduktion in Kolumbien, von wo Deutschland im letzten Jahr 8,5 Millionen Tonnen importierte, extreme Umweltschäden durch den Tagebau und hat Zwangsumsiedlungen und die Vernichtung von Lebensgrundlagen der Landbevölkerung zur Folge. Auch in anderen Ländern wie Russland und Südafrika belasten Schwermetalle und andere Schadstoffe Flüsse und Grundwasser. Krebskranke Menschen und vergiftete Flüsse sind die Folge. Bekanntlich sind auch die Umweltschäden der Erdölförderung in Nigeria unfassbar, mit tödlichen Auswirkungen gerade auf die Ärmsten und Wehrlosesten. Die Lebensgrundlage vieler waren die Fische, die jetzt in der vom Öl verseuchten Küstenlandschaft nicht mehr genießbar sind. In Deutschland kommen immer noch circa 90 Prozent der (Primär-)Energie aus den fossilen Energieträgern und Uran. Davon wiederum werden circa 70 Prozent importiert. Es sollte uns bewusst sein, dass wir auf Kosten der Menschen und der Umwelt in den Förderländern bequem und in einer relativ intakten Umwelt leben. Wir haben sauberes Trinkwasser, reine Luft und genügend Energie zur Verfügung. Als unsozial und geradezu unmoralisch empfinde ich es daher, wenn man die vergleichsweise geringfügigen Beeinträchtigungen, die die Einführung der erneuerbaren Energien hier im Allgäu mit sich bringen, als unzumutbar ablehnt. Die Anwesenheit einiger Windräder oder größerer Solaranlagen zerstöre das Landschaftsbild! Ein geringer zusätzlicher Geräuschpegel oder zeitlich sehr begrenzter Schlagschatten seien unerträglich! Vergleichen wir uns mit den Mitmenschen, die die unmenschlichen Belastungen in den Produktionsländern auf sich nehmen müssen.«
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Foto: Volker Wille
...sind auch im Allgäu nötig
Prof. Dr. Eckhard Berger Eckhard Berger ist Diplom-Physiker für die Fachgebiete Elektrotechnik, Elektronik, Optoelektronik, Messtechnik und Elektrodynamik an der naturwissenschalich technischen Akademie (nta) in Isny.
Eckhard Berger, Isny
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Inhalt
Impressum Verlag und Herstellung: Verlag HEPHAISTOS, EDITION ALLGÄU Lachener Weg 2 87509 ImmenstadtWerdenstein Tel. 08379/728616 Fax 08379/728018
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info@heimat-allgaeu.info www.allgaeu-alternativ.de
Peter Elgaß
Redaktion: Viola Elgaß (v.i.S.d.P.), Thomas Niehörster, Annette Müller Gekennzeichnete Beiträge stellen die Meinung des Verfassers, nicht aber des Verlages dar.
Layout: Bianca Elgaß, Ramona Klein, Dominik Ultes
Anzeigen: Sven Abend (Ltg.), Kathrin Geis Tel. 08379/728616; gültige Anzeigenpreisliste: 1/2010
Bankverbindung Verlag: Raiffeisenbank OberallgäuSüd eG, Konto 7282770, BLZ 73369920
Druck und Bindung: Kastner & Callwey Medien GmbH Jahnstraße 5 85661 Forstinning
EDITION ALLGÄU 4
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Fotos: Marianne J._pixelio.de, Primavera, Mastentechnik Leutner GmbH, Archiv allgäuALTERNATIV, Christine Cornelius/TUM; Titelfotos: Viola Elgaß, Alfred Bullermann, Volker Wille, Archiv allgäuALTERNATIV
Herausgeber:
Auf ein Wort
Seite 3
Allgäuer Know-how weltweit Mastentechnik Leutner
Seite 6
Dämmung Was passt zu meinem Haus? Rohrkolben-Anbau im Allgäu eza!: Gebäudesanierung rechnet sich
Seite 10 Seite 18 Seite 20
Neue Regeln EnEV als Stolperstein
Seite 24
E-Mobil E-Mobile ohne Kabel laden Fachoberschüler testen E-Autos
Seite 28 Seite 29
Allgäu-Natur Streuobstwiese – lebendiger Vorrat Bedingte Bienenweide Fach-Führungen in Bad Grönenbach
Seite 30 Seite 32 Seite 33
Schallschutz Der grüne Lärmschutz
Seite 36
Hochschul-Projekt Energielandschaft Allgäu Die vier Kraftzonen und die Moore Seite 38 Gemein schafft Energie Seite 39 Moorgen – Moore nutzen Seite 42
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Kosmetik Gütesiegel für Primavera
Seite 44
Meldungen Energieschein für Kinder EnBW: »Energiekiste« für Westallgäuer Allgäuer Solarmeister wird gekürt Allgäuer Know-how für Passivhausprojekt Oberstdorf: E-Bikes mit Sonne betankt Schreibwettbewerb von »U20 bis Ü60« Nachwuchs in »freier Wildbahn« Marktchance: E-Mobile im Lieferverkehr Minister helfen bei der Sanierung
Seite 46 Seite 46 Seite 46 Seite 47 Seite 47 Seite 48 Seite 48 Seite 49 Seite 49
Stromsparer zu Gast im Allgäu-Stern Seite 50 Diskussionsrunde zur Energiewende Seite 50 Die Kinder entdecken die Elektro-Mobilität Seite 51 eza!-Partner Holzdämmstoff Pavatex aus Leutkirch Seite 52 Interview mit AÜW-Lenker Michael Lucke Die Zukunft fest im Blick Seite 54 Windkraft Unterallgäu baut auf regionalen Wind Seite 57 Energiezukunft Neben der Zielvorgabe?
Seite 58
Strom Strom selber »machen« und speichern Seite 60 Energie im Schwarm Seite 61
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Feneberg und Glass Erfolge beim Bayerischen Gründerpreis Seite 62 Wasserkraft Energiezukunft fällt nicht ins Wasser Seite 64 VLH-Konzept: kleine Schwellen nutzen Seite 66 Strom im Schneckentempo Seite 68 Alpenklima Veränderung im Bergwald
Seite 70
Gemeindenetzwerk Leben in den Bergen
Seite 73
Redaktions- und Anzeigenschluss für die nächste Ausgabe ist der 2. September 2013
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Titelfoto: Der Nachwuchs begeistert sich in der Kemptener Kinder-Uni für E-Mobilität
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Allgäuer Know-how weltweit
Mastentechnik Leutner
– luftige Montagen
Werner Leutner gehört zu einer neuen Generation der Allgäuer Mächler. Der Eglofser weiß: Technische Höchstleistungen können im Labor und durch theoretische Studien in der Hochschule analysiert werden, oder durch praktische Versuche ausprobiert werden, frei nach dem Motto »Misserfolge führen zur Lösung«. Im Falle von Werner Leutner ragt die Problemlösung weit über hundert Meter in den Himmel. Daniela Wirthensohn berichtet.
Montage in luftigen Höhen, der Mast ist von innen und von außen zu besteigen
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erner Leutner aus Eglofs, dem »Dorf der freien Bauern« im Westallgäu, baut Messmasten für hochentwickelte Windmessgeräte für die später dort entstehenden Windkraftanlagen. »Mich hat schon immer die Windkrafttechnik interessiert«, sagt der Geschäftsführer der Firma Mastentechnik GmbH. Aus persönlichem Interesse wurde eine zündende Idee, aus dieser entstand eine durchdachte Konstruktion und daraus schließlich eine Firma, die seit 1995 weltweit Windmessmasten aufstellt. Dabei ist die Technik genauso simpel wie genial: Ohne eine einzige Schraube wird die Rohrkonstruktion aus speziellen Stahlteilen mittels Steck- und Keilverbindungen zusammengefügt. Lediglich zwei Meter Länge haben die Einzelelemente. Die quadratische Form der Türme lässt sich diagonal verstärken und ermöglicht Höhen bis 120 Meter. Die Windmessgeräte werden in Abständen von 20 Metern mittels seitlicher Halterungen montiert. Die ganze Konstruktion steht auf einem Betonfundament und wird gehalten von Seilverspannungen im Abstand von acht Metern, die im Boden verankert sind. Die Turm-Innenfläche misst gerade mal 80 Zentimeter im Quadrat. Gerade genug Platz für einen normal gebauten Monteur, der die über eine Winde in die Höhe beförderten Stahlbau-Teile Stock für Stock zusammensetzt. »Das Abenteuerlichste an unserer Arbeit sind meistens die Zufahrten«, lacht Leutner. Mitten im Niemandsland, ohne Straßen oder im unwegsamen waldigen Gelände, müssen schwere Gerätschaften zur festgelegten Stelle gebracht werden. Manchmal funktioniert das Heranschaffen der Materialien auch nur mit Hilfe eines Hubschraubers. Messtürme werden aufgebaut, um Windbewegungen über ein Jahr lang zu erfassen. Rund vier Millionen Euro kostet ein modernes Windrad heutzutage. Kein Investor kann es sich leisten, ein solches Windrad mit einer Nabenhöhe von 120 oder 140 Metern »auf Verdacht« hinzustellen. »Auch der Wind, der nicht da ist, muss gemessen werden«, erklärt Leutner. Und nicht immer entstehen dort, wo Wind gemessen wird, später auch Windräder. So hoch, wie später die Windkraftanlagen gebaut werden sollen, sind Leutners Messtürme. Die unterschiedlichen Höhen resultieren aus dem jeweiligen Gelände. Im zerklüfteten Gelände sind die Messkonstruktionen immer höher. Dort sind die Windverwirbelungen direkt über den Bäumen ziemlich heftig. »Das ist wie ein Schlagloch auf der Autobahn«, so der 56-jährige Geschäftsmann. »Aller Anfang ist schwer, und wenn man von allen Seiten belächelt wird, dann erst recht«, erinnert sich Werner Leutner. Der Versuchsaufbau der ersten Turmkonstruktion 1995 hinter dem eigenen Hausschopf ging mächtig in die Hose. Beim Aufstellen verbog sich die Konstruktion und fiel wieder um wie ein gefällter Baum.
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Unterschiedliche Transportmittel zum Einsatzort: mit Hubschrauber...
...dem Auto in der Wüste, quer über den Rücksitz gelegt...
...oder per Esel über Bergpfade
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Allgäuer Know-how weltweit
Aufbau einer Anlage in Ägypten
In den Hochalpen in der Schweiz
Starke Zusammenarbeit Der Homepage von Leutner ist zu entnehmen, dass bisher über 250 Messmasten in 24 Ländern aufgestellt wurden. Die kleinsten haben eine Höhe von 30 Metern, die höchsten ragen bis zu 125 Meter in den Himmel. Werner Leutner hat sich mit seinem Fachwissen in einen Verbund von Fachunternehmen eingebracht. Die 3Energy Servicegroup arbeitet im Bereich der erneuerbaren Energien mit vielen Anbietern von regenerativen Energieerzeugungsanlagen in allen Bereichen zusammen. Sie betreut von der Planung und Auslegung von Zuwegungen, Stellflächen, Kabeltrassen, Umspannwerken, Netzwerken über die Umsetzungsüberwachung während der Bau- und Errichtungsphase bis hin zur Durchführung von sämtlichen Wartungsund Reparaturarbeiten, dem Auswechseln
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Vorausgegangen war eine längere Zeit der Überlegungen und der Tüftelei. »Mit Internet war ja noch nicht so viel los, da funktionierten schon eher die Buschtrommeln«, erinnert sich der gelernte Maurer und Betonbauer. Zufällig kam er damals mit einem Windparkbetreiber ins Gespräch, und dieser brauchte in Spanien eine Windmessung. Das war der Ansporn, und der »Wiesensteigler«, wie er in Eglofs von vielen genannt wird, ließ sich nicht entmutigen. Konnte er auch nicht, denn fast zeitgleich hatte er schon einer Bauanfrage für zwei Türme in Italien seine verbindliche Zusage erteilt. »Ich habe rotzfrech ja gesagt, obwohl ich wirklich nicht wusste, ob es funktioniert«, erinnert sich Werner Leutner lachend. Hat es aber: Nach einigen Änderungen und viel Kopfzerbrechen wurde der erste Turm mit anderer Technik wieder hinterm Schopf aufgebaut, und es funktionierte. »Ich habe den Turm auf den Hänger gepackt, bin nach Italien gefahren und habe ihn dort aufgestellt.« So hat sichs dann entwickelt. Im ersten Jahr kam aber gleich ein Loch, denn die Aufträge blieben aus. Diese Zeit nutzte Leutner, um sich mit einem Computerhersteller für Windmessaufzeichnungen zusammenzutun. Das brachte beiden einen Großauftrag von 50 Messtürmen. »Erst wollte ich ablehnen«, erinnert er sich, »alles war auf 18 Monate ausgelegt.« Das schien ihm zu kurz. Letztendlich brachte er alles in einem Jahr fertig. Nun kamen die Anfragen, und die Türme wurden immer höher. Erst Aufträge in Europa, dann weltweit. Die von Eglofs am weitesten entfernten Türme stehen auf den Philippinen. Sie wurden in Rebellengebiet gebaut, und Leutner musste bei der Montage Tag und Nacht von Bodyguards bewacht werden. Seine südlichste Konstruktion steht am Südkap in Boggomsbaai/Südafrika, die östlichste in der Ostsahara im Golf von Suez und
von Großkomponenten und zur Montage und Remontage der Gesamtanlagen. Mit der Entwicklung zu immer größeren Einheiten hat auch die Bedeutung eines KomplettService erheblich zugenommen. Die 3Energy Servicegroup arbeitet von Beginn an mit den herstellerseitigen Spezialisten Hand in Hand. Mastentechnik Leutner GmbH Freie Bauernstraße 19 88260 Argenbühl-Eglofs leutner@messmasten.de www.messmasten.de 3Energy Servicegroup WKA Sachsen Service GmbH Am Steinberg 7 09603 Großschirma info@3energy.eu www.3energy.eu
Mit Leibwache auf den Philippinen
die nördlichste in Villa Ville Kulle/Schweden – Villa Kunterbunt bei Pippi Langstrumpf. Eigentlich ist seine Firma nur ein »Einmannbetrieb«. Seine Monteure sind selbstständige Dienstleister, und klemmt es mal an Fachkräften, stellt ihm eine Partnerfirma ausgebildetes Personal zur Verfügung.
Bei Boncourt in Frankreich steht einer der höchsten Masten
Schlagzeilen machte Werner Leutner 2010 mit einem Auftrag in Raisting am Ammersee. Die 280 Tonnen schwere Plane einer Traglufthalle mit einem Durchmesser von 25 Metern musste ausgetauscht werden. Unter der geschlossenen Halle, deren Struktur nur mit Überdruck steht, befand sich eine Satellitenschüssel aus dem Jahre 1963, mit der schon die Mondlandung von 1969 übertragen wurde. Keine Firma traute sich an den Umtausch der Hülle. Die Schwierigkeit bei diesem Aufrag: Beim Ab- und Aufbau der Hülle durfte die Satellitenschüssel nicht berührt werden. »Irgendwie haben die von meinen Konstruktionstürmen erfahren und jemand hat gesagt, der Leutner macht das schon«, lacht der 56-Jährige. Und so kam es, dass seine Messtürme auf einmal für einen ganz anderen Zweck gebraucht wurden. Acht Stück baute Leutner rund um die Satellitenschüssel auf. Die alte, marode Traglufthülle wurde mit einem 400-Tonnen-Kran vorsichtig angehoben. Anschließend stülpte man mit dem Kran von oben die neue Plane über die Messtürme und Mitarbeiter zogen gleichzeitig mit 16 Autos die Plane über der Schüssel auseinander. »Das Ganze hat mich jede Menge Nerven gekostet«, erzählt Leutner kopfschüttelnd. Für die Zukunft wünscht sich Werner Leutner mehr alternative Energiegewinnungsanlagen: »Es müssen ja nicht unbedingt nur Windkraftanlagen sein. Aber einen Vorteil haben sie schon, die großen Windmühlen: Wenn sie ausgemustert werden, dann gibt’s einen Haufen Schrott. Den kann man wenigstens noch verkaufen, im Gegensatz zu Atomkraftwerken.«
Fotos: Mastentechnik Leutner GmbH
Spezialauftrag: Austausch der Traglufthülle in Raisting
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Dämmung
Dämmstoffe und Dämmung Was passt zu meinem Haus? Dämmstoffe, im Volksmund manchmal auch Isolierstoffe genannt, sind Baustoffe, die die Übertragung von Wärme und Schall in Baukonstruktionen vermindern sollen. Wir stellen in diesem Beitrag die unterschiedlichen Dämmstoffe vor. Sie werden in drei Gruppen unterteilt: organische, mineralische und ökologische Dämmstoffe. ämmstoffe selbst haben keine statische Funktion in der Konstruktion. Einen Grenzfall bilden Materialien wie Gasbeton oder mit Dämmstoffen gefüllte Porenziegel, die einerseits eine statische Funktion, andererseits aber auch dämmende Eigenschaften haben. Im engeren Sinne gehören sie aber nicht zu den Dämmstoffen. Der schlechteste Wärmeleiter ist Luft und insofern war es schon immer ein Bestreben, Luft, zur Wärmedämmung einzusetzen. Bekanntes Beispiel ist das zweischalige Mauerwerk, in dem die Luftschicht (oft mit Hinterlüftung) zwischen den beiden Schalen einen entscheidenden Beitrag zur Wärmedämmung leistet. Eine »gute« Hinterlüftung dämmt allerdings nicht mehr und wird in den Rechenwerken wie Außenluft behandelt. Luftschichten wurden häufig auch zum Schutz vor Schlagregen angelegt.
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Viele Materialien führen zum gleichen Ergebnis: Einsparungen durch gute Dämmung
Ein vielfältiges Material-Angebot Häufig müssen aber bei einer nachträglichen Dämmung noch Baustoffe eingebracht werden, um neueren Anforderungen zu genügen. Die Voraussetzungen und Anforderungen sind vielfältig, und genauso vielfältig ist auch das Angebot diverser Hersteller. Seit Jahrzehnten bekannt und vielfach eingesetzt sind mineralische Dämmstoffe wie Steinwolle oder Glaswolle, die jedoch wegen möglicher gesundheitsgefährdender Auswirkungen zunehmend in Verruf geraten. Im Zuge der diversen Energie-Einspar-Verordnungen (EnEV) wurden dann in den letzten Jahren massenhaft Hartschaum-Produkte eingesetzt, die allerdings aus biologischen und ökologischen Gründen bedenklich sind. Mit der Produktion dieses weißen oder bonbonfarbenen, quietschenden Materials aus den letzten Jahren könnte man mittlerweile die gesamte Republik bedecken. Und gerade durch den Einsatz WärmeDämm-Verbund-Systemen (WDVS) lassen die anhaf10
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tenden Putze zukünftigen Sondermüll entstehen, dessen Entsorgungskosten heute noch gar nicht oder nur allzu selten in einer Gesamtbilanz berücksichtigt werden.
Die Dämmung bestimmt den Wert Es besteht weitgehender Konsens, dass der zukünftige Wert eines Hauses stark mitbestimmt wird vom Energieverbrauch, und der hängt hauptsächlich von der Wirksamkeit der Dämmung ab. Wichtig ist natürlich auch eine möglichst luftdichte Gebäudehülle. Alle anderen Faktoren treten in ihrer Bedeutung deutlich dahinter zurück. Von entscheidender Bedeutung dürfte dann jedoch nicht nur die Dämmung an sich sein, sondern auch die Art der Dämmung in Form der verwendeten Materialien. Angesichts dieser vielfältigen Bedenken erleben traditionelle Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen eine Renaissance und werden immer häufiger eingesetzt, zumal sich auch die Produktformen zunehmend »moderner« präsentieren und besser zu handhaben und einzusetzen sind – von Einblasdämmungen über Matten bis zu Plattenware. Was aber sind Dämmstoffe? Allgemeine Kennzeichen sind ein ausgeprägtes poröses oder aufgelockertes Gefüge, niedriges Gewicht und geringe Wärmeleitfähigkeit. Je schlechter ein Stoff Wärme leitet, desto besser dämmt er. Entscheidender Faktor ist die eingeschlossene bzw. stillgelegte Luft. Jedes Bauwerk gibt, sobald es in seinem Inneren wärmer als draußen ist, beständig Wärme ab, wie sich auch durch richtig erstellte Thermografiebilder nachweisen lässt. Diesen Verlust kann man mit einer Wattzahl beschreiben, die pro Quadratmeter angegeben wird: W/m2. Weiterhin spielt der Temperaturunterschied für den Wärmeverlust eine entscheidende Rolle. Ist es draußen kälter, geht mehr Wärme verloren. Der Temperaturunterschied wird in der Maßeinheit »Kelvin« (°K) angegeben. Diese Maßeinheit entspricht unserer bekannten Einheit »Celcius« (°C), hat jedoch einen anderen Nullpunkt.
Die Einheiten der Wärmedämmung Um die wärmedämmenden Eigenschaften zu bezeichnen, sind zwei verschiedene Einheiten relevant: - der Lambda-Wert (λ); W/mK - der U-Wert (früher k-Wert); W/m²K
Dämmung
Zusammenhang zwischen Dämmstärke und U-Wert bei einem (konstanten) λ-Wert von 0,04. Mit zunehmender Dicke des Materials sinken die Wärmeverluste (Grafik: Bernd Froehlich)
Die Grafik zeigt, dass ab einer Dämmstärke von ca. acht bis zehn Zentimetern die Verbesserung (Verringerung) des U-Wertes deutlich abnimmt. Einige »Experten« kritisieren deshalb auch eher pauschal alle Dämmstärken über acht Zentimeter. An dieser Stelle beginnen aber die Rechenexempel, die jeder Bauherr angesichts seines Objektes und seiner Zielsetzung selbst durchführen muss. Zu bedenken ist dabei, dass die Mehrkosten für weiteres Dämm-Material nur einen geringen Teil der Gesamtkosten einer Baumaßnahme ausmachen. Bei der Aufstellung einer ökonomischen Gesamtbilanz – Kosten gegenüber Ersparnis – müssen auch Fördergelder, z.B. KfW-Darlehen, mit einbezogen werden, die in der Regel nur ab einem bestimmten Standard gewährt werden. Der U-Wert berechnet sich wie folgt: U = 1 / RGes W/(m2•K), wobei RGes die Gesamtheit der Wärmewiderstände der einzelnen Schichten ist, inkl. der Wärmeübergänge auf der Innen- und Außenseite und ggf. dazwischenliegender Luftschichten.
Lambda-Werte im Vergleich Die Wärmeleitfähigkeit – ausgedrückt durch die Wärmeleitzahl (λ) – beschreibt das Vermögen von Baustoffen, thermische Energie mittels Wärmeleitung zu transportieren.1 • Polyurethan-Hartschaum (PUR)2 0,024 - 0,035 • Expandiertes Polystyrol (EPS) 0,032 - 0,040 • Extrudiertes Polystyrol (XPS) 0,032 - 0,040 • Mineralwolle 0,030 - 0,050 • Polyestervlies 0,034 - 0,041 • • • • • • • •
Porenbeton Perlite Mineraldämmplatten (~) Schaumglas Blähglas (Schaumglas-Granulat) gefüllter Wärmedämmziegel Blähton Beton
0,08 - 0,21 0,040 - 0,060 0,045 0,038 - 0,070 0,060 - 0,120 0,08 0,10 - 0,16 2,1
• • • • • • • • • • • • • • • •
Schafwolle Holzfaser Flachsmatten Wiesengras Zelluloseflocken und -platten imprägnierte Zellulose Korkplatten Holzfaserdämmplatten Hanfmatten loser Hanf Kokos Korkschrot3 Seegras Schilfrohr Baustrohballen Holz 4
0,040 - 0,045 0,040 0,040 0,040 0,040 0,040 - 0,050 0,040 - 0,050 0,040 - 0,052 0,040 - 0,050 0,048 0,045 0,045 - 0,050 0,049 0,055 0,052 - 0,080 0,13
• Edelstahl Rostfrei ~ 15 • unlegierter Stahl > 50 • Aluminium > 115 • Kupfer > 380 Die Werte können in Abhängigkeit von der Interessenlage einzelner Autoren um die angegebenen Werte herum schwanken. Ein Blick in die Küche: Der hohe Lambda-Wert (Wärmeleitfähigkeit) für Kupfer erklärt, warum (Profi-)Köche lieber mit Pfannen und Töpfen aus Kupfer (auf Gas) kochen als mit Geschirr aus Edelstahl. 1
Ohne Berücksichtigung der Vollständigkeit. Angegebene Bandbreiten ergeben sich aus unterschiedlicher Festigkeit (Rohdichte) des jeweiligen Materials. 2 Die niedrigen Werte beruhen auf der Füllung mit reaktionsträgem Edelgas (z.B. Argon) und bleiben nur so lange erhalten, bis das Gas ausdiffundiert und durch Luft ersetzt ist. Um das über den Messzeitraum hinaus zu verzögern, sind Platten mit Alufolie kaschiert. 3 Hat vermutlich etwas höhere Werte, da er nicht wie Backkork durch Überhitzung expandiert ist (wie Popcorn). 4 Hier gibt es je nach Holzart auch deutliche Unterschiede in Relation zum Gewicht, z.B. Fichte, Kiefer, Tanne (0,14); Eiche (0,21).
Fotos: Viola Elgaß, Volkere Wille und Bernd Froehlich
Der Lambda-Wert (Wärmedurchgangskoeffizient) ist dimensionslos, da er ähnlich wie Farbe oder Dichte (Rohgewicht) eine Eigenschaft des Materials ist. Mit ihm werden verschiedene Materialien miteinander verglichen (s. Kasten), und er ist unabhängig von der Dicke des Materials. Je kleiner der Wert ist, desto besser ist die Wärmedämmung, weil weniger Wärme durch das Material geleitet wird. Er wird in der Einheit W/(mK) = Watt pro Meter und pro Kelvin angegeben. Der U-Wert wird in der Einheit W/(m²K) = Watt pro Quadratmeter und pro Kelvin angegeben. Er zeigt an, wie gut ein fertiges Produkt die Wärme dämmt, und wird für Wirtschaftlichkeits-Berechnungen benötigt. In der Regel ist das der Vergleich des Ist-Zustandes vor der Dämmung mit der geplanten Dämmung. Wird die Materialdicke verdoppelt, verbessert sich auch der U-Wert – allerdings nicht linear.
Dämmung im Kellerbereich verhindert, dass Gebäude von unten nach oben auskühlen
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Dämmung
Merksatz: Je kleiner der U-Wert ist, desto besser, weil weniger Wärme durch das Bauteil geleitet wird.
Der U-Wert kann aber nur die Wärmeleitung beschreiben, und dies auch nur im stationären Fall. Instationäre Vorgänge, Speicherung oder Wärmestrahlung werden dabei nicht berücksichtigt. Vergleicht man eine acht Zentimeter dicke Hanfmatte mit einer 25 Zentimeter dicken Betonwand, so hat diese eine zehnfach bessere Dämmwirkung.
Was tun bei einer Sanierung?
Unser Autor: Bernd Froehlich,
Bei der Auswahl des richtigen Dämmstoffes müssen mehrere Aspekte berücksichtigt werden – und es lohnt sich langfristig, nicht ausschließlich auf den Preis zu schielen. Die am häufigsten eingesetzten Dämmstoffe sind mineralischer oder organisch-fossiler Herkunft und werden in der Regel wegen der günstigen Materialpreise gekauft. Für den Billigkauf hat der Volksmund aber eine Lebensweisheit parat: Wer billig kauft, zahlt zweimal. Und so scheint es auch bei diesen Dämmstoffen zu sein. Gerade bei den Schaumplatten häufen sich jetzt die Meldungen über die Besiedelung mit Algen, Schimmelpilzen und Ähnlichem. Was am Anfang gespart wurde, steckt man zeitverzögert wieder in die Sanierung. Die guten Dämmwerte dieser Produkte geraten dann schnell zur Augenwischerei, und auch die eingesparte Energie kann wohl kaum die Folgekosten decken, sofern man zu einer ehrlichen Gesamtbilanz bereit ist. Und wenn man nicht mit Geld bezahlt, dann eventuell mit der Gesundheit – oder im Zweifel mit beidem.
Dipl.-Kfm, studierte Wirtschaftswissenschaften und Psychologie an der Universität Hamburg. Nach dem Studium arbeitete er in Beratungsunternehmen hauptsächlich für Kunden aus den Bereichen Automotive, Chemie, Mineralöl/Energie und Medien.
Organische Dämmstoffe Polyurethan-Hartschaum (PUR) Polyurethan-Hartschaum wird aus Erdöl hergestellt. Als Treibmittel dienen z.B. Pentan, Kohlendioxid oder Edelgase. PUR-Schaumstoffe finden Anwendung im Dachbereich, im Bereich der Dämmung druckbelastbarer Flächen (z.B. Flachdächer, unter Estrichen), als Schaum zum Dichten von Fenstern, Türen und Mauerdurchführungen. Die PUR-Hartschäume sind hoch belastbar und erreichen mit Alu-Kaschierung auch gute Dämmwerte. Die Nachteile: PUR ist ökologisch sehr bedenklich und gefährdet im Brandfall die Gesundheit. Das Gleiche gilt für Montageschäume. 12
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Vor dem Preis sollten also unbedingt Aspekte der Bau-Ökologie und der Bau-Ökonomie beachtet werden. Einen Ausweg aus dem skizzierten Dilemma bieten die ökologischen Baustoffe, die sich in vielfältigen Formen zwar langsam, aber immer weiter durchsetzen. An dieser Stelle kann auch ein unabhängiger Berater sehr hilfreich sein. Die biologische Art der Dämmung nutzt mit ihren die Feuchtigkeit regulierenden Eigenschaften nicht nur der Umwelt, sondern auch dem gesunden (Raum-) Klima.
Seit 2007 leitet er das Redaktionsbüro der Zeitschrift »Der Holznagel« für die Interessengemeinschaft Bauernhaus e.V., eine bundesweite Initiative zum Erhalt historischer Bausubstanz.
Dämmung Expandiertes (EPS) und Extrudiertes Polystyrol (XPS) Das aus Erdöl gewonnene Styrol ist die Basis für den Partikel- oder Extruderschaum. Der hohe Luftanteil (98 Prozent), der durch Aufschäumen erzielt wird, sorgt für sehr gute Dämmeigenschaften. XPS-Platten aus extrudierendem Polystrol sind aufgrund ihrer Zellstruktur belastbarer als EPS-Platten. EPS findet Anwendung im Bereich der Dämmung eines Steildaches, bei DekorVerkleidungen, bei feuchtigkeitsbelasteten Orten (Perimeterbereich, z.B. Balkone, Flachdächer) und bei Wärme-Verbund-Systemen. Die Vorteile von EPS: Sie sind Lebensmittel geeignet und halten hohe Druckfestigkeit aus. Theoretisch sind die Schaumstoffe vollständig recycelbar, praktisch gibt es jedoch diverse Restriktionen. Ein Nachteil ist die Umweltbelastung
bei der Herstellung. EPS hat eine starke Qualmbildung im Brandfall. EPS-Abfälle verursachen aufgrund der sehr geringen Schüttdichte von ca. 6,5 kg/m3 enorm hohe spezifische Transportkosten; wegen Anhaftungen (z.B. Kleber und Putze), Verschmutzungen und Vermischungen werden die Schaumstoffe kaum recycelt. EPS wirkt toxisch auf Wasserorganismen durch häufig zugesetzte bromierte Flammschutzmittel. Ein (großer) Teil des EPSAbfalls wird thermisch verwertet (Müllverbrennung) – in bestimmten Temperaturbereichen entstehen jedoch giftige Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Das Problembewusstsein für den Einsatz von Schaumstoffen »am Bau« ist bei allen Beteiligten – Hersteller, Gesetzgeber, Behörden und
letztlich auch bei den Verbrauchern – kaum oder gar nicht ausgeprägt. Nach dem Motto »Geiz ist geil« werden derartige Produkte hauptsächlich wegen des günstigen Preises eingesetzt. Biologische Aspekte werden ignoriert oder einfach auf die folgenden Generationen verlagert. Im Moment können diese Produkte noch relativ einfach und kostengünstig entsorgt werden. Der aktuelle massenhafte Einsatz wird jedoch mittelfristig zu erheblichen Problemen bei der Entsorgung führen, sodass diese Schaumstoffe, die wegen anhaftender Putz- und Kleberreste nicht sortenrein getrennt werden können, dann als »Sondermüll« klassifiziert werden (müssen) – mit deutlich höheren Kosten als heute noch üblich.
Mineralische Dämmstoffe Bei den mineralischen Wärmedämmungen werden zwei Arten unterschieden: die künstlichen mineralischen Wärmedämmungen und die natürlichen mineralischen Wärmedämmungen. Beginnen wir mit den künstlichen mineralischen Wärmedämmungen.
Die Mineralwolle Unter Mineralwolle werden Materialien wie Stein- und Glaswolle subsumiert. Mineralwolle wird im Hochbau zur Wärme- und Trittschalldämmung eingesetzt und besitzt sehr gute Wärmedämmeigenschaften, die aber durch Feuchtigkeit stark herabgesetzt werden (können). Bei beiden werden aufgrund von Tierversuchen gesundheitsgefährdende Wirkungen vermutet – bei Steinwollefasern mehr als bei Glaswollefasern. Die bei Mineralwolle häufig als Bindemittel verwendeten Kunstharze enthalten fast alle Formaldehyd. Nur lose, nicht gebundene Mineralwolle enthält kei-
ne Bindemittel. Die Verarbeitung ist nicht unproblematisch: Es muss darauf geachtet werden, dass möglichst staubfrei gearbeitet wird – nicht sägen, schneiden oder bohren und möglichst Schutzkleidung (Staubmaske) tragen. Die Dämmbereiche müssen besonders staubund faserdicht zum Innenraum abgeschlossen sein, was gerade beim Dachbau Probleme bereitet und ggf. auch das Raumklima beeinträchtigt. Mineralwolle ist aufgrund des Feinstfaseranteils und der formaldehydhaltigen Bindemittel außerdem sehr problematisch zu entsorgen (Sondermüll). Anwendung finden Stein- und Glaswolle bei Außenwand, Dach, Decken, Trennwänden und -dekken (Leichtbau).
Transparente Wärmedämmung (Schaumglas) Als Transparente Wärmedämmung (TWD) bezeichnet man Materialien, die eine hohe Durchlässigkeit
für Sonnenstrahlung mit guten Wärmedämmeigenschaften verbinden. Als Material kommt normalerweise Schaumglas (Foamglas) zum Einsatz, das aus Quarzsand und Kalk hergestellt wird. Zunehmend wird aber auch recyceltes Altglas ver wendet.
Schema einer Transparenten Wärmedämmung (TWD) (Quelle: Bundesamt für Energie BFE (CH))
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Dämmung Die Dämmung wird bei Häusern außen vor das Mauerwerk aufgebracht. Das Prinzip der »solaren Wandheizung« mit TWD verhindert nicht nur den Wärmeverlust, sondern lässt es zu, dass das Sonnenlicht die TWD durchdringt, das Mauerwerk erwärmt und die Wärme als Strahlungswärme nach innen in den Raum abgegeben wird. Ein weiteres Unterscheidungs-
merkmal gegenüber der normalen Wärmedämmung ist aufgrund des hohen Gewichts die Notwendigkeit eines massiven, schweren Mauerwerks. Die Mauer dient gleichzeitig als Wärmespeicher. Die Vorteile von TWD: Es ist dampfsperrend, verrottungsbeständig, druckfest, nicht brennbar. Weiter ist es feuchtigkeitsunempfindlich. Es gibt keine gesundheit-
lichen Beeinträchtigungen. Die Nachteile: TWD ist ökologisch nicht unbedenklich wegen des hohen Energieaufwandes bei der Herstellung. Dabei und bei der Verarbeitung entstehen auch Schwefelgase. TWD ist darüber hinaus relativ teuer. Anwendung: in Massivdecken, unter Estrich und Bodenplatten, Perimeterdämmung, Flachdach.
Natürliche mineralische Wärmedämmungen Blähton Als Rohstoff für Blähton wird kalkarmer Ton mit fein verteilten organischen Bestandteilen verwendet. Dieser wird gemahlen, granuliert und bei rund 1200 Grad Celsius gebrannt. Dabei verbrennen die organischen Zuschlagstoffe, und das Material bläht sich durch das bei der Verbrennung entstehende Kohlendioxid kugelförmig auf. Blähton erreicht dabei das Vier- bis Fünffache des Ausgangsvolumens. Der Kern ist geschlossenporig, die Oberfläche gesintert. Eine Weiterentwicklung des bereits seit Anfang des letzten Jahrhunderts bekannten
Materials ist Leca (lightweight expanded clay aggregates), ein leichter, geblähter Zuschlag aus Ton. Blähton hat ein geringes Gewicht und gute wärmedämmende Eigenschaften. Er wird sowohl als Zuschlag in Mörtel, Beton und Lehm verwendet als auch ohne weitere Bearbeitung oder Behandlung als wärmedämmende und raumstabile Schüttung in Hohlräumen. Das Material dürfte vielen bereits aus der Hydrokultur bei Pflanzen bekannt sein. Zur Anwendung kommt Blähton bei nicht belüfteten Flachdächern, bei Massivdecken, unter dem Estrich
und bei Trennwänden und -decken (Leichtbau).
Perlite Perlit ist ein chemisch und physikalisch umgewandeltes vulkanisches Gestein. Durch Glühen wird es vom das eingeschlossenen Wasser auf das fünfzehn- bis zwanzigfache seines Ursprungsvolumens aufgebläht. Perlit wird hauptsächlich zur Trittschalldämmung eingesetzt. Zur Anwendung kommen Perlite bei Massivdecken, unter Estrich, als Decke zwischen Holzbalken, an der Außenwand und beim Flachdach.
Ökologische Dämmstoffe Die ökologischen Dämmstoffe gehören streng genommen zu den organischen Dämmstoffen, werden aber nicht aus fossilen, sondern aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Im Einkauf sind sie heute (noch) teurer als organisch-fossile und mineralische Dämm-Materialien, können jedoch mit einer Reihe von Vorteilen punkten: Sie werden energieschonend produziert, sind umweltfreundlich, sorgen durch feuchtigkeitsregulierende Eigenschaften für ein gutes Raumklima und beeinträchtigen nicht die Gesundheit. Einige wesentliche Vertreter der ökologischen Dämmstoffe sind Zellulose, Flachs, Hanf, Schafwolle, Kork, Kokosfasern und Holzfaser. 14
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Zellulose Für eine lose Zellulose-Dämmung wird altes Zeitungspapier zerkleinert und dann geflockt. Zusätzlich werden Borsalze in die Zellulose integriert und sorgen für die Brandschutz-Eigenschaften des Dämmstoffes. Zellulose-Dämm-Material wird mit einem sehr geringen Primärenergieeinsatz hergestellt. Die am häufigsten praktizierte Anwendung ist das fugenlose Einblasen der Flocken (durch Fachbetriebe) in Hohlräume. Um Zellulose-Dämmung in Plattenform zu produzieren, werden die Flocken unter Zuführung von Wasserdampf und natürlichen Bindemitteln zu Platten gepresst. Auch hierbei werden Bor-
salze oder Aluminiumsulfate für den Brandschutz integriert. Anwendung: Außenwand, Steildach, leichtes Flachdach, Trennwand und -decke (Leichtbau); gedämmte Innenschale von Außenwänden.
Flachs Leinen oder Flachs ist die Faser der Pflanze Gemeiner Lein. In der Textilindustrie wurde Flachs in der Vergangenheit fast vollständig durch Baumwolle verdrängt, gewinnt aber seit dem Ende des 20. Jahrhunderts als ökologische Naturfaser wieder an Bedeutung. Aus Kurzfasern, die als Nebenprodukt der Leinengewinnung anfallen, werden ökologische Naturdämm-
Fotos: Dieter Schütz/pixelio, Natrij
Dämmung
Flachsfasern
stoffe in Form von Matten, Platten oder Stopfwolle hergestellt, gelegentlich werden bei Matten zwecks höherer Stabilität noch PolyesterFasern zugesetzt. Flachs-Produkte haben sich als Wärmedämmstoffe etabliert, der Marktanteil ist jedoch noch gering. Die auf dem natürlichen Rohstoff Flachs basierenden Wärmedämmplatten zeichnen sich vor allem auch durch ihre feuchtigkeitsausgleichende Wirkung aus. Anwendung: Außenwand (hinterlüftet, zwischen Ständern); Trennwand und -decke; zwischen Ständern/Balken (Leichtbau).
Hanf Hanf zählt zu den ältesten Nutzpflanzen der Welt – und ist nicht nur eine Faserpflanze, sondern auch noch Heil- und Ölpflanze. Hanf produziert mehr Biomasse als jede andere heimische Nutzpflanze, ist äußerst vielseitig einsetzbar und wird wegen seiner hohen Haltbarkeit, Umweltverträglichkeit und niedrigen Energiebilanz geschätzt. Aufgrund ihrer geringen Verrottungstendenz, gesundheitlichen Unbedenklichkeit und Schädlingsresistenz sind Hanffasern als Dämmstoff hervorragend geeignet. Der Hanfanbau war in Deutschland jahrzehntelang verboten. Die Anbauflächen weiten sich momentan aber merklich aus, und die zwischenzeitlich verlustig gegangene Infrastruktur für die Verarbeitung
wird langsam wieder aufgebaut (Ähnliches gilt auch für Flachs (s.o.). Die Nachfrage in Deutschland übertrifft bei weitem noch die eigene Produktion, sodass ein Großteil der Produkte importiert werden muss – vornehmlich aus Frankreich. Hanfprodukte sind am Bau vielfältig einsetzbar: Die klassische Anwendung für das lose Langfasermaterial ist die Abdichtung beim Verschrauben von Rohrgewinden, da Hanf verrottungsfest ist. Als Nebenprodukt bei der Erzeugung von Hanffasern fallen die sogenannte Schäben an, Reste der verholzten Pflanzenteile, die sich nicht zur Fasergewinnung verwenden lassen. Ein Großteil der in großen Mengen anfallenden Schäben wird heute als Einstreu in Pferdeboxen und bei der Kleintierhaltung verwendet, da sie eine hohe Absorptionsfähigkeit für Feuchtigkeit haben und zudem leicht kompostierbar sind. Gemischt mit Kalk und Sand, lassen sie sich als Baustoff verwenden oder auch als Schütt-Dämmung. Für Dämmzwecke werden heute hauptsächlich loser Stopfhanf und Mattenware eingesetzt. Ähnlich wie bei Flachs werden für Mattenware noch Polyester-Fasern (BiCo-Faser) als Stützgewebe eingesetzt, was streng genommen dem Charakter eines ökologischen Baustoffes zuwiderläuft. Bei neueren Produktformen wird die BiCo-Faser aus Maisstärke gewonnen. Hanfstängel mit Fasern und holzigem Innenbereich
Schafwolle Neben der bekannten Verwendung für Textilien kann Schafwolle auch als Dämmstoff eingesetzt werden. Schafwolle ist jedoch anfällig gegen den Befall von Kleidermotten und muss deshalb zum Schutz behandelt werden. Eingesetzt wurden dafür Borate, die gleichzeitig auch flammhemmend wirken, aktuell wird mit mehreren Ersatzstoffen »experimentiert«, da Borate außerdem eine toxische Wirkung haben können. Ungewöhnlich ist die schadstoffsanierende Wirkung von Schafwolle; sie ist ein Medium zum Abbau von Formaldehyd und kann sehr effizient andere Aldehyde und Lösungsmittel, z.B. Toluol, aus der Raumluft aufnehmen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass Schafwolle sehr viel Feuchtigkeit aufnehmen kann; die dämmenden Eigenschaften werden erst bei einem Wasseranteil von mehr als 16 Gewichtsprozenten reduziert.
Schafe liefern einen ganz besonderen Dämmstoff
Schafwolle zur Wärme- und Trittschall-Dämmung wird sowohl als Matte als auch als Stopfware angeboten; ihr Einsatzgebiet wird sich jedoch auf Sonderfälle begrenzen. Anwendung: Außenwände (zwischen Ständern, hinterlüftet!), Steildach, Trennwand und -decke in Leichtbauweise.
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Dämmung Die weltweite Nachfrage nach Kork liegt mittlerweile deutlich über den Produktionskapazitäten der Hersteller-Länder, sodass das Rohmaterial in den letzten Jahren einer starken Teuerung unterlag. Bei Plattenware könnten zukünftig Platten aus Rohrkolben (Typha) eine Alternative darstellen.
Kokosfasern
Die Oberfläche einer Korkplatte
Kork Als Kork bezeichnet man im Sprachgebrauch das Material aus der Rinde der Korkeiche. Die abgestorbenen Zellen der Rinde enthalten ein luftähnliches Gas, das etwa 50 Prozenz des Volumens ausmacht und für gute Dämmeigenschaften sorgt. Kork ist hydrophob (wasserabweisend), sehr elastisch und schlecht brennbar. Für DämmMaterialen werden hauptsächlich geschälte Korkrinden und Recycling-Kork oder Reste der Flaschenkorkenproduktion verwendet – dafür wird das Material zu Granulat gemahlen und mit Klebstoffen verbunden, sodass auch Produkte mit höherer Festigkeit, Platten oder Fußbodenbeläge, entstehen. Zur Dämmung wird Kork auch als Schüttung eingesetzt. Eine Besonderheit stellt der sogenannte Spritzkork dar: Er besteht aus feinkörnigem Korkschrot und einem elastischen Bindemittel. Spritzkork ist zähplastisch und standfest und kann mit der Fugenpistole oder von Hand verarbeitet werden. Er dient vor allem zur Abdichtung von Anschlussfugen zwischen Fensterrahmen und Mauerwerk, an Türen, an Trennwänden und anderen Bauelementen und zum Ausspritzen von Dehnungsfugen bei der Verlegung von Fußböden. 16
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Als Kokosfasern werden die (Natur-)Fasern bezeichnet, die aus der äußeren Umhüllung der Kokosnuss gewonnen werden. Grundsätzlich werden zwei Arten unterschieden: Fasern aus unreifen Früchten werden zu Garnen und Geweben verarbeitet. Fasern reifer Früchte können dagegen aufgrund ihres höheren Holzanteils nicht versponnen werden und werden als Füllmaterial für Matratzen und Polster und zur Wärmedämmung verwendet. Kokosfaser-Dämmung wird in Form von Dämmstoffrollen oder -matten oder aber als Stopfdämmung angeboten.
Kokosfasern umhüllen die Kokosnuss – vor dem Verkauf werden sie entfernt
Holzfaserdämmung, eingesetzt in einer Wandkonstruktion
Holzfaser Als »poröse Holzfaserplatten« oder einfach »Weichfaserplatten« fanden Holzfaserdämmplatten bereits vor über 60 Jahren Anwendung im Bauwesen. Klassische Einsatzgebiete für die damals höchstens 20 Millimeter dicken Platten waren Dämmschichten unter Parkett und Gussasphalt, raumseitige Bekleidung von Außenwänden und Dachschrägen zur Erhöhung der Oberflächentemperatur. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Produkte und der Produktionsverfahren hat in den letzten 20 Jahren zahlreiche neue Anwendungsbereiche für Holzfaserdämmstoffe erschlossen. Genormte Holzfaserdämmstoffe werden derzeit ausschließlich in Plattenform hergestellt. Das Plattenformat wird lediglich durch die Breite der Produktionsanlage beschränkt, meist sind dies 2,5 Meter. Darunter sind zahlreiche anwendungsorientierte Formate am Markt. Beim Nassverfahren werden Dicken von drei bis 32 Millimeter produziert, wobei sich der Rohdichtebereich zwischen 100 und 300 kg/m³ bewegt. Beim Trockenverfahren gibt es Dicken von 20 bis 240 Millimetern, wobei sich der Rohdichtebereich zwischen 40 und 230 kg/m³ bewegt.
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Dämmung
Natur dämmt perfekt
Rohrkolben-Anbau auch im Allgäu? Immer mehr Hauseigentümer dämmen ihre Wände, um Energiekosten zu senken. Häufig entscheiden sie sich für die billige Variante Polystyrol. Doch es gibt umweltfreundliche Alternativen: So eignet sich Rohrkolben hervorragend als natürliches Isoliermaterial. hofer-Institut für Bauphysik IBP in Valley bei Holzkirchen wollen das Material aus der Natur jetzt als Baustoff nutzen – etwa zum Dämmen von Außenwänden oder als Putzträger.
Gegen Feuchtigkeit gewappnet
Rohrkolben werden geerntet und getrocknet. Sie gelten als gutes Dämm-Material beim ökologischen Bauen
ohrkolben werden schon seit langem für verschiedene Zwecke verwendet. Zum Beispiel zur Reinigung von Abwässern in Kläranlagen, zum Entgiften von Böden, als Rohstoff für handwerkliche Flechtarbeiten, als Nahrungsmittel oder in der traditionellen Medizin als Heilpflanze bei verschiedenen Erkrankungen. Forscher vom Fraun-
R
Dr. Martin Krus, Prüfstellenleiter am IBP, bescheinigt dem nachwachsenden Rohstoff zahlreiche positive, für den Bau relevante Eigenschaften: »Rohrkolben ist als Sumpfpflanze von Natur aus schimmelresistent und bestens gegen Feuchtigkeit gerüstet. Die Blätter der Pflanze haben ein faserverstärktes Stützgewebe, das mit einem weichen Schwammgewebe ausgefüllt ist. Durch diesen speziellen Aufbau sind sie außerordentlich stabil und besitzen eine gute Dämmwirkung. Die soll auch in fertigen Produkten erhalten bleiben.« Ein solches Produkt hat der Forscher bereits parat. In enger Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner typha technik Naturbaustoffe entwickelte er eine magnesitgebundene Dämmplatte aus Typha (lateinische Bezeichnung von Rohrkolben), die bereits zum Patent angemeldet ist.
Erfolgreicher Praxistest Die Platte verfügt über eine geringe Wärmeleitfähigkeit von ca. 0,052 Watt pro Meter und Kelvin (W/mK). Sie bietet einen guten Brand-, Schall- und
Dr. Martin Krus: Niedermoore regenerieren Trotz der zahlreichen Vorzüge von Rohrkolben wird der Baustoff aus der Natur bislang noch nicht im größeren Stil verbaut und industriell verwertet. »Rohrkolben wachsen in großen Beständen vor allem in Osteuropa, vornehmlich in Rumänien und Ungarn. Hierzulande wird die Feuchtgebietspflanze nicht kultiviert, sie müsste also extra importiert werden«, schildert Dr. Martin Krus einen wesentlichen Hinderungsgrund. Dabei gäbe es in Deutschland geeignete Anbauflächen. Beispielsweise ließen sich trockengelegte Niedermoore, die jahrzehntelang landwirtschaftlich genutzt wurden, durch den Anbau von Typha regenerieren. Dass
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dies möglich ist, wurde bereits in dem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projekt »Rohrkolbenanbau in Niedermooren« unter Leitung des Lehrstuhls für Landschaftsökologie der TU München gezeigt. »Entwässerte Niedermoore sind eine Quelle von CO2Emissionen. Durch das Trockenlegen werden in Deutschland jährlich bis zu 40 Millionen Tonnen Kohlendioxid freigesetzt«, weiß Krus. Zum Vergleich: Der Pkw-Verkehr in Deutschland verursacht jährlich 105 Millionen Tonnen CO2. Durch den Rohrkolbenanbau könnte dieser Prozess gestoppt werden. Der Torfschwund wird reduziert und viele der Nährstoffe bleiben im Boden. Zugleich bieten Rohrkolbenflächen Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen. »Der Anbau von Typha trägt also auch zum Umweltschutz bei«, sagt der Forscher.
Fotos: Karl-Heinz Liebisch_pixelio.de, und privat
Wärmeschutz und ist relativ diffusionsoffen, aber ausreichend dicht, um bei den meisten Anwendungen auf eine Dampfbremse verzichten zu können. Vor allem ist das Material in Richtung der Plattenebene mit relativ hohen Drücken belastbar. Die guten Werte der Typha-Platte konnten der Forscher und sein Team nach eineinhalbjährigen Messungen in einem Nürnberger Fachwerkhaus bestätigen. Dessen Außenwände und auch das Fachwerk waren mit Typha saniert worden. »Die Handwerker vor Ort waren von dem nachhaltigen Material begeistert«, sagt Krus.
Experimentalstadium überwunden Einem hohen Rohstoffertrag tut das keinen Abbruch, da Rohrkolben sehr schnellwüchsig ist. Dem geernteten Typha räumt Krus gute Absatzchancen ein. »Die Pflanze lässt sich leicht verarbeiten«, betont der Forscher. Die Blätter werden längs in stabförmige Partikel aufgetrennt und anschließend auf die richtige Länge von rund sieben Zentimetern gekürzt. Anschließend werden sie in einer Trommel mit einem umweltfreundlichen mineralischen Kleber eingesprüht und in eine beheizte Presse gebracht. Derzeit erfolgt dieser Vorgang noch manuell. Einen Hersteller, der die Platte in Serie fertigt, haben der Experte und seine Kollegen noch nicht gefunden. »Dabei wäre die Typha-Platte äußerst konkurrenzfähig, wenn man sie in einem rationellen Verfahren herstellen würde«, ist der Wissenschaftler überzeugt. Aufgrund der vielen positiven technischen Eigenschaften und der vollständigen Rückführbarkeit in den Stoffkreislauf sind die Einsatzmöglichkeiten von Typha vielfältig. Als Leichtbausandwichelement kann das Material wegen der hohen Biegesteifigkeit bei gleichzeitig geringem Gewicht für Dachkonstruktionen oder für Fußböden und Zwischendecken verwendet werden. Auch Türblätter, Fenster- und Türstürze lassen sich damit gestalten, ebenso ist der Ersatz von Holzbalken möglich. Selbst die Putzarmierung mit Samenschirmchen haben die IBP-Forscher realisiert, indem sie Samenschirmchen der Rohrkolbenpflanze in Lehmputz vermischten, um so die Bildung von Rissen zu vermeiden. »Im Prinzip kann man ein komplettes Gebäude aus Typha bauen, sieht man mal von den Rohren, Fenstern und der Eindeckung ab«, sagt Krus.
Chancen für Anbau auch im Allgäu? Wir haben Dr. Ulrich Weiland, den Projektleiter der Moorallianz Allgäu, nach seiner Einschätzung für Moorkolbenanbau im Allgäu befragt.
Mögliche Rohrkolben-AnbauGebiete finden sich auf den Streu-Flächen neben den Moor-Biotopen
»Grundsätzlich ist es denkbar, Rohrkolben auf früher entwässerten und degradierten Niedermoortorfen anzubauen, wofür es notwendig wäre, diese Flächen aus der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung herauszunehmen und wieder zu vernässen. Auch auf Aue- bzw. staunassen Sedimentböden wäre dergleichen denkbar. Im Allgäu sind die Niedermoorgürtel um die Hochmoorkerne vergleichsweise klein bzw. in kleinräumiger Gliederung vorhanden. Soweit diese Flächen noch Biotopeigenschaft haben, ist eine Nutzung für den Anbau des Nährstoff liebenden Rohrkolbens schlicht und einfach aufgrund gesetzlicher Regelung im Naturschutzgesetz verboten. Im Allgäu kommen darüber hinaus in Niedermooren noch sehr artenreiche Lebensgemeinschaften vor (Streuwiesen, Nasswiesen), die geschützt sind und deren Ausdehnung und Wiederherstellung großflächigen, vergleichsweise eintönigen künstlichen Röhrichten grundsätzlich vorzuziehen ist. Das Mähgut von Streuwiesen, das haben Aktivitäten im Rahmen der Moorallianz ergeben, ist ein in letzter Zeit wieder gefragtes Wirtschaftsgut in der Viehhaltung. Da das Artenpotenzial noch vorhanden ist, ist aus ökologischen Gründen der Entwicklung solcher Lebensgemeinschaften der Vorzug zu geben. Naturnahe Röhrichte passen – kleinflächig – selbstverständlich dazu, diese kleinen Bestände sind jedoch für eine wirtschaftliche Nutzung sicherlich irrelevant. Derzeit ist der Flächendruck im Grünland extrem hoch, sodass sich die Frage des Anbaues von Rohrkolben an der Stelle von entwässertem Moorgrünland eigentlich nicht stellt. Allenfalls eine Abkehr vom Biomasseanbau für Biogaserzeugung könnte die Situation zugunsten solcher Biomasse-Sonderkulturen verändern. Empfehlenswert mag der Anbau von solchen Kulturen auf größeren degradierten Moor flächen in den großen Flusstälern bzw. in auch ausgeräumten Landschaften sein, wo z.T. noch Ackerbau auf Moor praktiziert wird, der den Torfschwund stark beschleunigt und extrem viel CO2 freisetzt. Diese Gebiete wären ja teilweise nicht weit von unserer Region entfernt, sodass Bedenken wie bei einem Import aus Ungarn hier nicht bestünden.«
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Altbausanierung
Lügen übers Dämmen
Sambale: Gebäudesanierung rechnet sich
Viele Hausbesitzer, aber auch Mieter sind verunsichert. Die Schlagzeile »Dämmen lohnt sich nicht!« rauschte kürzlich durch den Blätterwald. Wer sich mit dem Gedanken trägt, sein Haus demnächst energetisch zu sanieren, wird von Zweifeln geplagt, mancher Mieter, der aufgrund einer Sanierung einen Mietaufschlag hinnehmen musste, glaubt, dass er über den Kamm balbiert wurde. allgäuALTERNATIV fragte beim Fachmann »Nummer 1« im Allgäu, dem eza!-Geschäftsführer Martin Sambale, nach. allgäuALTERNATIV: Herr Sambale, an Ostern titelte die Welt »Die große Lüge von der Wärmedämmung«, und auch viele andere Tageszeitungen berichteten über eine Studie, nach der sich die energetische Sanierung von Gebäuden angeblich nicht rechnet. Was ist da dran? Martin Sambale: Diese Berichte beriefen sich alle auf eine Studie der Prognos AG, die diese im Auftrag der bundeseigenen KfW-Förderbank erstellt hatte. Die KfW wollte wissen, welche Investitionen durch ihre Förderprogramme ausgelöst werden, welche Energieeinsparungen dadurch erzielt werden und welche volkswirtschaftlichen Effekte damit verbunden sind. Leider hatten die Autoren der meisten Zeitungen diese Studie gar nicht richtig gelesen, sondern lediglich zwei Zahlen falsch interpretiert. Die Prognos-Studie weist nämlich sehr gut nach, dass die energetische Sanierung von Gebäuden wirtschaftlich ist. Können Sie das näher erläutern? Die Studie errechnet, dass durch die Förderprogramme der KfW bis 2050 insgesamt Investitionen von 838 Milliarden Euro ausgelöst werden. Diese teilen sich auf in 313 Milliarden für energieeffiziente Neubauten und 525 Milliarden Euro für Sanierungen. Wenn man dann die Investitionen für Sanierungen betrachtet, dann ist ein Teil als Instandhaltung zu bewerten. Mit diesen Investitionen werden bröckelnde Putzfassaden erneuert, undichte, blind gewordene Fenster ausgetauscht oder altersschwache Heizungen erneuert. Der andere Teil der Investitionen für Sanierungen geht über die Instandhaltung hinaus und verbessert den Energiestandard der Gebäude. Diese Mehrausgaben zur Steigerung der Energieeffizienz schlagen bis 2050 mit 237 Milliarden Euro zu Buche – und sie lösen Energieeinsparungen im Wert von 361 Milliarden Euro aus. Damit bestätigt die Studie, dass die energetischen Gebäudesanierungen wirtschaftlich sind. 20
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Somit werden nach dieser Studie durch die Förderungen der KfW ja beträchtliche Investitionen ausgelöst. Wie wirken sich diese auf die Wirtschaft aus? Die von der KfW geförderten Investitionen sichern bis 2050 pro Jahr zwischen 200.000 und 300.000 Arbeitsplätze, vor allem im Handwerk und in der Bauwirtschaft – davon wird auch das Allgäu entsprechend profitieren können. Daraus resultieren Mehreinnahmen der öffentlichen Haushalte von insgesamt 95 Milliarden Euro. Diese Ergebnisse sind ja sehr positiv, den einzelnen Hausbesitzer interessiert aber stärker, was die Studie für ihn bedeutet. Welche Schlussfolgerung kann er aus der Studie ziehen? Eigentlich keine direkten Schlüsse, denn die Studie hat in erster Linie volkswirtschaftliche Effekte untersucht, also auch die Wirtschaftlichkeit, wenn ein großer Teil des Gebäudebestandes in Deutschland saniert wird. Der Hauseigentümer kann also aus der Studie herauslesen, dass es im Durchschnitt wirtschaftlich ist, sein Haus energetisch zu sanieren – aber das muss deswegen noch nicht für sein Haus zutreffen. Da jedes Gebäude anders ist und auch jeder Hauseigentümer seine eigene spezifische Situation hat, sollte auch jeder Fall individuell betrachtet werden. Wir empfehlen daher immer die individuelle Beratung durch einen kompetenten Fachmann, entweder durch einen unserer Energieberater in den über 50 Energieberatungsstellen im Allgäu oder durch einen Energieberater, Architekt oder Ingenieur, der sich unserer Qualitätssicherung unterzieht. Neben der Wirtschaftlichkeit energetischer Sanierungen wurde in den letzten Monaten auch immer wieder angezweifelt, ob vor allem die Wärmedämmung überhaupt etwas bringt. Wie sehen Sie dies? Dann gehen Sie doch einfach mal im Winter bei Minusgraden im T-Shirt auf die Straße, dann werden Sie schnell merken, wie schnell Sie ohne die Wärmedämmung durch einen dicken Mantel, Handschuhe und Mütze auskühlen. Genauso geht es unseren Häusern, wir müssen ständig heizen, um diese Wärmeverluste auszugleichen. Neben der Energie- und damit auch Kosteneinsparung, die übrigens durch viele Messergebnisse an neu gebauten und sanierten Häusern vielfach nachgewiesen wurden, bringt uns eine gute Wärmedämmung auch einen deutlich verbesserten Wohnkomfort, und der Wert des Gebäudes wird langfristig erhalten.
Werterhalt? Es gibt Leute, die behaupten, Wärmedämmverbundsysteme aus Styropor könnten Schimmel in den Wohnräumen verursachen. Ist da etwas dran? Nein, im Gegenteil, die Wärmedämmung hilft, Schimmel zu vermeiden. Diese Gerüchte kommen von den Sanierungen, bei denen neue Fenster eingebaut wurden und gleichzeitig eine Wärmedämmung angebracht wurde, aber keine Rücksicht auf das Thema Lüftung genommen wurde. Dazu muss man wissen, dass die Luftfeuchtigkeit, die in den Räumen durch Menschen, Kochen und Pflanzen entsteht, zu mehr als 95 Prozent über Lüftung abgeführt werden muss. Durch Wände, auch ohne Wärmedämmung, kann davon nur ein vernachlässigbar kleiner Anteil nach außen dringen. Wenn in frisch sanierten Gebäuden Schimmel auftrat, führten dies die Bewohner oft irrtümlich auf die neu angebrachte Wärmedämmung zurück, die Ursache waren aber immer die dichteren Fenster. Die neuen Fenster machten die Wohnung luftdicht, die Bewohner änderten aber ihr Lüftungsverhalten nicht, und damit stieg die Luftfeuchtigkeit in den Räumen zu stark an. Schimmel war die Konsequenz. Welche Abhilfe empfehlen Sie? Wie kann man solche Fälle vermeiden? Wichtig ist, dass man das Thema Lüftung beachtet, wenn neue Fenster eingebaut werden. Wir empfehlen eine Komfortlüftung, die automatisch für frische Luft sorgt. Auch ein bewusstes Lüftungsverhalten mit regelmäßigem Stoßlüften kann für Abhilfe sorgen, hat allerdings seine Grenzen. Je dicker und besser die Wärmedämmung ist, umso geringer ist auch die Schimmelgefahr, da durch eine dicke Wärmedämmung die Temperatur auf der Innenseite der Außenwände höher ist und die Gefahr einer Unterschreitung des Taupunktes somit geringer wird.
Zurück von der Medienkritik zur Praxis vor Ort bei uns im Allgäu. Wie ist hier der Stand der Gebäudesanierung? Es ist einiges geschehen – aber wir haben noch viel Arbeit vor uns. In den letzten Jahren haben schon viele Privatpersonen, Unternehmen und Kommunen ihre Gebäude vorbildlich saniert. Ich will hier nur als öffentliche Beispiele das Gymnasium in Sonthofen oder die Realschule in Buchloe nennen, die beide bis auf Passivhausstandard saniert wurden. Das Potenzial zur Energieeinsparung durch weitere energetische Gebäudesanierungen ist bei uns allerdings immer noch sehr groß, und viel zu häufig werden auch noch »Pinselstrichsanierungen« gemacht, bei denen die Optik verbessert wird, aber die Chance für sinnvolle Wärmedämmmaßnahmen verstreicht. Die Hauseigentümer haben in solchen Fällen die Chance für eine wirtschaftlich attraktive Sanierung übersehen. Hier setzt die Arbeit von eza! an. Mit über 50 Energieberatungsstellen im Allgäu, mit Energieberatungskampagnen und unseren Veranstaltungen wie den Allgäuer Altbautagen informieren und beraten wir die Hauseigentümer, und über unser Netzwerk eza!-partner bieten wir kompetente Fachleute und Experten mit Qualitätssicherung durch eza!. Könnten Sie uns – eventuell am Beispiel eines fiktiven Altbaues erläutern, was die fachgerechte Sanierung bringt? Vor allem unter Berücksichtigung allgemein notwendiger Sanierungsarbeiten? Wir haben tatsächlich so eine Vergleichs-Aufstellung bei eza! gemacht. Dieser Vergleich erfordert allerdings die Beachtung vieler Parameter. In der Tabelle auf Seite 23 haben wir die Maßnahmen und die dadurch ausgelösten Kosten und Einsparungen dargestellt. Auch die Kenndaten des unrenovierten Hauses haben wir dort zusammengestellt.
Herr Sambale, wir danken für dieses Gespräch.
Martin Sambale räumt mit falschen Argumenten auf
Foto: eza!
Alles in allem sind dies ja zwingende Argumente für die Wärmedämmung – logisch und durch die physikalischen Gesetze begründet. Warum wird das Thema dann in den Medien so oft kontrovers behandelt? Dies ist sicher unter anderem der häufig sehr hohen Arbeitsbelastung der Journalisten geschuldet. Es bleibt oft keine Zeit, für ein Thema solide und umfassend zu recherchieren, sondern es wird sehr viel reproduziert, was in anderen Medien bereits publiziert wurde. Und es wird, wenn keine Zeit für eigene Recherchen bleibt, häufig der Grundsatz gepflegt, beide Seiten sollen im Sinne einer ausgewogenen Berichterstattung zu Wort kommen. Dass dann der breit getragene und vielfach nachgewiesene Stand der Technik der Meinung einzelner Außenseiter gegenübergestellt und damit indirekt auch wieder in Frage gestellt wird, übersieht der jeweilige Autor oft mangels ausreichender eigener Recherchen.
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Einsparungen und Kosten für ein Beispielhaus
Investitionskosten, Energieeinsparung und Kosteneinsparung für folgendes Beispielobjekt, das zu einem KfWEffizienzhaus 70 saniert wird: • Einfamilienhaus (EFH) • ca. 150 m² Wohnfläche • Baujahr 1970
• Unsaniert, nicht wärmegedämmt • Nutzerverhalten (alle Wohnräume werden mit mind. 21°C dauerhaft beheizt) bleibt unverändert – Familie mit zwei Kindern • Gesamtenergieverbrauch vorher: 40.000 kWh/a, das entspricht 4.000 l Heizöl • Energiekosten vorher bis zu 4.000,- €/a
Investitionskosten relativ
Kosteneinsparung Energieeinsparung im Vergleich zum InvestitionsEndenergie (relativ Bestandsgebäude, kosten absolut und absolut) das mit Öl oder Gas beheizt wird
Dachdämmung mit Dachsanierung
100 – 200 €/m²
15.000,bis 30.000,- €
50 bis 70 kWh/m² Dachfläche im Jahr, = bis zu 6.000 kWh/a
bis zu 600 €/a
Dach undicht, Dacheindeckung beschädigt 40 – 120 €/m² Absolut 6.000 – 12.0000 €
Alternativ Dämmung der obersten Geschossdecke
45 – 75 €/m²
5.000,bis 8.000,- €
50 bis 70 kWh/m² Deckenfläche im Jahr = bis zu 5.000 kWh/a
bis zu 500 €/a
Keine »SowiesoMaßnahme« möglich
bis zu 1.000 €/a
Annahme: Der Putz ist stark beschädigt, es muss neu verputzt werden: 40 – 80 €/m² Absolut 8.000 – 16.0000 €
bis zu 350 €/a
Keine »SowiesoMaßnahme« möglich
bis zu 400 €/a
250 – 800 €/m² 2-Scheibenverglasung in Abhängigkeit von Material und Fensterqualität Absolut 6.500 – 21.500 €
Maßnahme
Fassade je nach Dämmstoff
110 – 200 €/m²
22.000,bis 40.000,- €
50 bis 65 kWh/m² Wandfläche im Jahr = bis zu 10.000 kWh/a
Kellerdecke
20 – 50 €/m²
3.000,bis 6000,- €
40 bis 55 kWh/m² Kellerdecke im Jahr = bis zu 3.500 kWh/a
Fenster
300 – 1.000 €/m² 3-Scheibenverglasung in Abhängigkeit von Material und Fensterqualität
8.000,bis 25.000,- €
ca. 15 % 130 bis 150 kWh/m² Fensterfläche im Jahr = bis zu 4.000 kWh/a
Investitionskosten für Instandhaltungsmaßnahmen (Sowieso-Maßnahme)
Pelletsheizkessel
12.000 bis 20.000 €
bis zu 6.000 kWh/a
bis zu 600,-€
Heizung (Niedertemperaturkessel) ist defekt und wird erneuert durch Gas- oder Ölbrennwertgerät: 6.000 bis 12.000 €
Solarthermie zur Warmwasserbereitung
5.000 bis 9.000 €
bis zu 2.500 kWh/a
bis zu 250,-€/a
»Sowieso-Maßnahme« ist die Heizungserneuerung
Zentrale Lüftungsanlage mit WRG > 75 % nach PHIZertifikat
5.000 bis 20.000 €
bis zu 5.000 kWh/a
bis zu 500 €/a
»Sowieso-Maßnahme« ist die Heizungserneuerung
6.000 bis 12.000 €
Nicht quantifizierbar, wird für ein Gelingen des Vorhabens und teilweise zum Nachweis bei Förderprogrammen benötigt, wird gefördert
Nicht quantifizierbar, wird für ein Gelingen des Vorhabens und teilweise zum Nachweis bei Förderprogrammen benötigt, wird gefördert
Keine »SowiesoMaßnahme« möglich
Planung, Baubegleitung, Berechnungen und Nachweise
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Neue Regeln
EnEV als Stolperstein?
Regionaler Widerspruch zu Querdenker-Thesen Das Bundeskabinett hat im Februar die Energie-Einsparverordnung (EnEV) erneut geändert. Ab 2014 lassen neue Beschlüsse Miet- und Immobilienpreise enorm ansteigen. Die Novelle birgt aber auch ökologische Gefahren. Das behauptet der Querdenker-Club in einer Pressemitteilung. Allgäuer »Mitdenker« widersprechen den Argumenten vehement. ie Pressemitteilung im Wortlaut: »Man stelle sich vor: In Zeiten von zunehmender Wohnraumknappheit wird der Wohnungsbau auch noch verteuert, und keiner merkt es! Unvorstellbar? Keineswegs: Das Bundeskabinett möchte mit der EnEV 2014 (www.enev-online.de) die Vorschriften zum Primärenergiebedarf neu regeln. Der Entwurf sieht vor, den Energiebedarf von Neubauten ab 2014 um 12,5 Prozent und 2016 nochmals um 12,5 Prozent zu senken. Weniger heizen im Sinne der Umwelt? An sich ein guter Gedanke – aber nur, wenn das dazugehörige Konzept umwelt- und sozialverträglich ist. »Die meisten Dämmmaterialien gefährden schon bei deren Herstellung die Umwelt«, so die erfolgreiche Geschäftsführerin des Ökohaus-Pioniers Baufritz (www.baufritz-qd.de).
Fotos: Archiv allgäuALTERNATIV, Volker Wille
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Wird der Wohnraum in den Innenstädten (hier Mindelheim) für Teile der Bevölkerung wirklich »unbezahlbar«, wenn die neue Energie-Einsparverordnung (EnEV) kommt?
Der Querdenker-Club Der Querdenker -Club zählt mit über 260.000 interdisziplinären Entscheidern und kreativen Machern inzwischen zu den größten Wirtschaftsvereinigungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er hat sich zum Ziel gesetzt, Impulsgeber, Regelbrecher, Mutmacher, Ideenzünder und Zukunftsmanager interdisziplinär und branchenübergreiend zu vernetzen. Dabei geht es um nichts weniger als neue Blickwinkel zu gewinnen, über den Tellerrand zu schauen. Über 100 Querdenker-Veranstaltungen pro Jahr werden veranstaltet, um neue Ideen, Geschäftsmodelle und Zukunftsstrategien zu entwickeln. Zum Thema EnEV 2014 wurde auf www.querdenker.de ein spezielles Forum eingerichtet, das dieses Thema kontrovers diskutiert und unterschiedliche Denk- und Sichtweisen darstellt. Interessenvertretung BID Die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) ist ein Zusammenschluss aus den
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Sozialpolitisch kritisch Experten kritisieren die Regelung aber auch als extrem unsozial – insbesondere vor dem Hintergrund
Verbänden BFW, BVI, DDIV, GdW, IVD, vdp, VGF und ZIA. Mit der BID sind die wichtigsten Verbände der Wohnungsund Immobilienwirtschaft unter ein Dach getreten, um mit gebündelten Kräften gemeinsame inhaltliche Positionen effektiver in der Öffentlichkeit zu vertreten. Mit der BID steht der Politik und anderen Wirtschaftszweigen sowie weiteren Verbänden ein unterstützender und durchsetzungsfähiger immobilienwirtschaftlicher Partner zur Seite. Kritiker würden dazu »starke Lobby« sagen. www.bid.info Baufritz aus Erkheim Nach dem Vorbild der Natur baut Baufritz seit über 115 Jahren ökologisch innovative Designhäuser aus Holz. Aus hochwertigen, schadstoffgeprüften Materialien entstehen individuelle Architekten-Häuser, die Mensch und Umwelt schützen. Baufritz hat dazu unter anderem über 40 Patente und ein Gesundheitskonzept entwickelt. Als nachhaltigstes Hausbau-Unternehmen Deutschlands realisiert Baufritz anspruchsvolle Holzhaus-Architektur mit Bestwerten für Klimaschutz, Energieeffizienz, Hausdesign und gesundes Bauen. 2011 war für das Ökohaus-Unternehmen Baufritz das Jahr mit dem höchsten Auftragseingang seit Bestehen der Firmenhistorie. www.baufritz.com
des Mangels an Wohnraum in Ballungszentren: »Höhere Neubauanforderungen bedeuten für alle Beteiligten weitere Kostensteigerungen. Außerdem ist davon auszugehen, dass besonders in den Ballungsgebieten zu wenig in den unteren Preissegmenten gebaut werden wird«, kritisiert der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID, www.bid.info), Walter Rasch, die geplante Neuregelung. Vermieter von Neubauwohnungen sehen sich gezwungen, die Mietpreise analog zu den höheren Baukosten anzupassen. Schon jetzt aber klagen vor allem in größeren Städten viele junge Paare und Familien, dass es kaum noch bezahlbaren Wohnraum gibt. Gerade Menschen mit mittlerem Einkommen sowie Rentner und Studenten leiden unter der Verteuerung des Mietmarktes.
Steine im Weg? Die geplante EnEV wird aber auch den Bau eines Eigenheimes erschweren. Das wiederum verschärft die anhaltende Rentendiskussion: Die eigenen vier Wände sind immer noch der sicherste Maßstab, um sich am Ende seines Arbeitslebens entspannt zurückzuziehen und das Leben zu genießen. Werden aber den Häuslebauern schon im Berufsleben immer mehr finanzielle Steine beim Bau ihres Eigenheimes in den Weg gelegt, verschreckt das die meisten. Die mögliche Konsequenz: Am Ende des Tages fehlt vielen Rentnern eine sichere Existenzgrundlage, und die Altersarmut droht.
EnEV – Gift für die Umwelt Doch damit nicht genug: Die neue EnEV ist nicht nur für Sozial-, Wohnungs- und Rentenpolitik Gift, sondern auch für die Umwelt. Denn die Förderung von Energiesparmaßnahmen unterscheidet nicht zwischen chemischen, also umweltgefährdenden Dämm-
stoffen und nachwachsenden Biodämmstoffen. Im Gegensatz zu den Bio- und Naturdämmstoffen können chemische Stoffe nicht mehr in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden. Hinzu kommt, dass die Politik die Grau-Energie völlig vernachlässigt – also den Teil der Energiebilanz, der Transport, der Herstellung oder Entsorgung der chemischen Bau- oder Dämmmaterialien betrifft. Die CO2-Bilanz der meisten Produkte ist folglich verheerend. Erforderlich ist die gezielte Förderung nachhaltiger Dämmmaterialien. Der mehrfach ausgezeichnete Holzhaus-Hersteller Baufritz setzt hier z.B. auf den weltweit ersten Cradle-to-Cradle zertifizierten Naturdämmstoff, die patentierte Biodämmung HOIZ. Sie besteht aus Holzspänen, die aus kontrolliertem, FSCzertifiziertem Holzanbau stammen. Durch die ausschließliche Behandlung mit natürlichen Rohstoffen wie z.B. Molke für den Brandschutz und einem SodaLaugenzusatz gegen Pilzbefall lässt sich die Biodämmung zudem komplett in den biologischen Kreislauf rückführen und äußerst umweltfreundlich entsorgen.
Bild oben links: eine Allgäuer Alternative zur herkömmlichen Wärmedämmung: die VollholzAußendämmung. Bilder oben: Der Querdenker-Club spricht sich gegen die radikale Altbausanierung aus
Öko-sozialer Unsinn Die Verschärfung der Wohnungsknappheit in Ballungszentren, das zunehmende Risiko von Altersarmut durch die Verteuerung von Eigenheimen, die umweltbedenkliche Produktion und Entsorgung von chemischen Dämmstoffen: All diese Entwicklungen nimmt die geplante EnEV 2014 in Kauf. Es gilt, sie zu verhindern – denn sie sind für Umwelt und Gesellschaft eine Zumutung. Es stellt sich die Frage, weshalb Politiker aus den Bereichen Umwelt, Soziales oder Wohnungsbau dagegen nicht Sturm laufen? Zu diesem Thema wurde auf www.querdenker.de ein spezielles Forum eingerichtet, das dieses Thema kontrovers diskutiert und unterschiedliche Denk- und Sichtweisen dargestellt.
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Neue Regeln
Widerspruch war zu erwarten! Zu den Thesen der Querdenker haben wir eine Umfrage unter Allgäuer Fachleuten gemacht. Antworten von eza!, dem Architekturbüro von Herz&Lang und dem Architekten Michael Felkner gingen ein. Aufgrund kurzer Reaktionszeit erhielten wir keine Stellungnahme von Fritz-Haus in Erkheim und von f64-Architekten.
Unsachlich und falsch Die Querdenker-Info ist unsachlich und stark eingefärbt durch das Baufritz-Ökokonzept, das natürlich gut ist, aber nicht für jeden bezahlbar. Wenn sozial verträglich gebaut werden soll, sind alle Baustoffe und Bauweisen am Markt gefordert. Das Baufritz-Konzept ist gerade nicht die Lösung, weil diese Art zu bauen wesentlich teurer ist als z.B. ein Holz- oder Ziegelhaus auf EnEV-Standard und sogar auf hohen Energieeffizienzstandard, zum Beispiel Passivhaus, zu bringen. Wer einen gut gefüllten Geldbeutel hat, baut mit Baufritz, und das garantiert nicht schlecht. Die breite Masse, die sozial verträglich und leistbar bauen und wohnen will, braucht andere Lösungen, auch und gerade nicht Vollökolösungen, denn die sind gar nicht oder nur bedingt leistbar. Außerdem sind die Ökobaustoffe niemals in der Lage, den gesamten Bau- und Renovierungsmarkt abzudecken. Diese Baustoffe schaffen derzeit maximal 20 Prozent davon. 80 Prozent sind PU und mineralische Baustoffe. Höhere Neubauanforderungen schaffen nachhaltig eingesparte Kosten und sind die wirtschaftlichste Lösung im Bauen überhaupt. Gerade vor dem Hintergrund steigender Kosten die beiden EnEV 2014 und 2016 wurden nur gering verschärft, weil mehr nicht
Effizienz ist wirtschaftlich Der Beitrag in Querdenker zur Novelle der Energie-Einsparverordnung (EnEV) fasst in seiner Kritik zwei völlig unterschiedliche und auch gegenläufige Aspekte in einem Text zusammen. Zum einen kritisiert er die Verschärfung der EnEV als sozialpolitisch höchst kritisch, weil die entsprechenden Maßnahmen unwirtschaftlich wären, und zum anderen setzt er zur Fundamentalkritik an Dämmstoffen an, die nicht aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Energieeffizient bauen ist wirtschaftlich – auch wenn manche Lobby das Gegenteil behauptet. Viele Beispiele in der Praxis belegen, dass es bei den heutigen 26
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wirtschaftlich sei (Bundesbauministerium 2012). Deren Datenbasis ist die Prognos AG-Studie, wonach der Ölpreis zwischen 2008 und 2025 um jährlich 0,52 Prozent steigen wird. Wie unrealistisch das ist, zeigt der vorhergesagte Prognos-Ölpreis für 2025 von 0,94 Euro pro Liter. Diesen Preis hatten wir bereits im November 2012. Bei zweimal zehn Prozent Verbesserung der Gebäudehülle bis 2016 ist dieses Haus immer noch um den Faktor drei höher im Energiebedarf als ein Passivhaus! Ab 2018 soll das »Plushaus« EU-Standard werden. Das entspricht einem Passivhaus mit südseitigem Photovoltaik-Dach. Die Ziele sind klar und dem Klimawandel geschuldet. Es gibt jedoch mehr und mehr Lobbyisten, die diesen Weg durch einseitige Argumentation verhindern wollen! Unser Weg in der Energiewende ist ein anderer: Je steiler die Einsparkurve, desto schneller haben wir Erfolg in der Zukunftssicherung unserer Region. Wir erhalten den Wohlstand und beeinflussen den Klimawandel im positiven Sinne.
Dieter Herz von Herz&Lang GmbH 87480 Weitnau www.herz-lang.com
Energiekosten wirtschaftlich ist, Passivhäuser zu bauen – und der Energiestandard eines Passivhauses ist weit besser und hat weit höhere Anforderungen an die Wärmedämmung und die Qualität der Gebäudehülle, als die EnEV nach der kritisierten Novelle vorschreiben wird. Wie aber kommen die Querdenker dann zu solchen Aussagen, fragt sich da der unbedarfte Leser. Beim Blick auf die in der Kritik zitierte Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland wird der Hintergrund nachvollziehbar. Für die Immobilienwirtschaft, die vom Verkauf und der Vermietung der Häuser lebt, geht es immer nur um die Investitionskosten bzw. den Verkaufspreis oder die Kaltmiete. Hauptsache, man kann Häuser so billig wie
möglich bauen, um sie mit maximalem Profit zu verkaufen oder zu vermieten. Ob und wie der Eigentümer oder Mieter dann die Heizkosten tragen kann, interessiert diese Lobbygruppe nicht. Das heißt, diese Lobby ist nicht daran interessiert, dass ein gesamtwirtschaftliches Optimum aus Investitionskosten und Betriebskosten erreicht wird, und wird daher jeden Schritt in diese Richtung kritisieren. Der geplante Bau eines Eigenheimes wird mit besseren Energiestandards übrigens nicht, wie in diesem Artikel behauptet, erschwert, sondern im Gegenteil erleichtert – denn schon oft haben sich Häuslebauer übernommen und sind an den zu hohen, stetig steigenden Energie- und Betriebskosten zusätzlich zur Kredittilgung gescheitert. Nach den Erfahrungen von eza! fällt die Verschärfung der EnEV übrigens viel zu gering aus und bietet noch zu viele Schlupflöcher, denn das wirtschaftliche Optimum liegt bei deutlich besseren Baustandards, als die EnEV vorschreibt. Zum zweiten Teil: Werden umweltbelastende Dämmstoffe gefördert? Öl und andere fossile Energieträger sind gleichzeitig wichtige Rohstoffe für unsere chemische Industrie, sie sind zu schade zum Verheizen. Natürlich wäre es am besten, wenn jeder sein Haus mit nachwachsenden Rohstoffen dämmen würde – aber dann wären die Kosten für die Wärmedämmung teilweise deutlich höher und wir hätten bei dem
heute in Deutschland bestehenden Sanierungsbedarf ein klares Mengenproblem, denn nachwachsende Rohstoffe stehen im Moment nicht in der in Deutschland für alle Sanierungen benötigten Menge zur Verfügung. Uns ist ein gut gedämmtes Haus lieber, auch wenn es mit konventionellen Dämmstoffen gedämmt wurde, als ein ungedämmtes Haus. Denn in wenigen Monaten spart die Wärmedämmung mehr Heizenergie ein, als für ihre Herstellung benötigt wurde. Übrigens, die Produkte der zitierten Firma Baufritz sind hervorragend, und den vorgestellten Dämmstoff aus Holzspänen kennen wir als sehr gutes, nachhaltiges Produkt, aber der Markt in Deutschland greift heute meist noch nach den billigeren konventionellen Dämmstoffen. eza! versucht seit einiger Zeit, nachhaltiges Bauen mit einer Begleitung von kommunalen Bauvorhaben voranzutreiben, und legt dabei seinen Fokus neben der Energie auch auf die Materialienwahl und Raumluftqualität. Leider ist das Bewusstsein beim Thema Nachhaltigkeit noch nicht soweit fortgeschritten wie beim Thema Energie. Die Resonanz ist noch recht gering.
Gut für Geldbeutel und Umwelt
in Frage kommenden Baustoffe auf. Wir gehen davon aus, dass in naher Zukunft auch bei uns in Deutschland – ähnlich wie in unserem Nachbarland Vorarlberg – neben dem energieeffizienten Bauen auch die Verwendung ökologischer Bauprodukte vom Staat finanziell gefördert wird. Wir können es uns weder leisten, die Umwelt weiterhin so zu verschmutzen wie bisher, noch können wir uns ständig steigende Energiepreise leisten. Energieeffizient und ökologisch zu bauen, ist die kostengünstigere, umweltschonendere und sozialere Alternative. Obwohl die Forderungen der EnEV noch weit vom Passivhausstandard entfernt sind, hat es noch keiner unserer Bauherren bereut, wesentlich mehr zu tun, als der Gesetzgeber verlangt – im Gegenteil, die sind stolz darauf, wenn sie nur noch 200 Euro Heizkosten im Jahr haben statt 200 Euro im Monat. Denn das käme heraus, wenn man die »Rückwärtsdenker« gewähren ließe.
Das Passivhaus gibt es seit über 20 Jahren. Es braucht umgerechnet nur noch 1,5 Liter Heizöl pro Quadratmeter und Jahr. Zahlreiche wissenschaftliche Studien sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Mehrkosten für diesen Baustandard je nach Gebäudegröße und Nutzungsart zwischen fünf und zehn Prozent liegen. Angesichts durchschnittlicher jährlicher Energiepreissteigerungen von sieben Prozent amortisieren sich diese Mehrkosten innerhalb weniger Jahre. Ebenso verhält es sich bei der energetischen Ertüchtigung von Altbauten, zumal diese zum weit überwiegenden Teil dann vorgenommen wird, wenn ohnehin eine Teil- oder Generalsanierung ansteht. Es entscheidet jeder Bauherr selbst, ob er Fenster aus Kunststoff oder Holz einbaut, synthetische Dämmstoffe oder solche aus nachwachsenden Rohstoffen einsetzt, mit Öl oder mit der Sonne heizt. Als Architekten, die gemäß ihrer Standesordnung nicht nur die Wünsche unserer Bauherren realisieren sollen, sondern auch dem Gemeinwohl verpflichtet sind, empfehlen wir unseren Kunden seit 25 Jahren, möglichst energieeffizient zu bauen und zu sanieren und klären unsere Bauherren über das Für und Wider der
Martin Sambale von eza! Energie- & Umweltzentrum Allgäu Gemeinnützige GmbH 87435 Kempten (Allgäu) E-Mail: info@eza-allgaeu.de
Dipl.-Ing. Univ. Michael Felkner Architekt und Stadtplaner 87448 Waltenhofen-Oberdorf www.architekt-felkner.de
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E-Mobil
Automatisch tanken
E-Mobile ohne Kabel laden
Foto: Kurt F. Domnik_pixelio.de
Im Spitzencluster Elektromobilität Süd-West ist das Projekt BIPoLplus – berührungsloses, induktives und positionstolerantes Laden – an den Start gegangen. Im Fokus steht die Erforschung berührungsloser Ladesysteme hoher Leistung für Elektrofahrzeuge.
Ladekabel schon bald Vergangenheit? Forscher arbeiten an der induktiven Ladung von E-Mobilen
ktuell werden Elektrofahrzeuge in der Regel per Ladekabel an normalen Haushaltssteckdosen aufgeladen. Die maximale Ladeleistung ist dabei üblicherweise auf drei kW begrenzt, sodass die Vollladung einer Fahrbatterie von etwa 20 kWh Kapazität ca. fünf bis acht Stunden dauern
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Spitzencluster Elektromobilität Süd-West Mit rund 80 Akteuren aus Industrie und Wissenschaft ist der Spitzencluster Elektromobilität Süd-West einer der bedeutendsten regionalen Verbünde auf dem Gebiet der Elektromobilität. Der Cluster, der von der Landesagentur e-mobil BW GmbH gemanagt wird, verfolgt das Ziel, die Industrialisierung der Elektromobilität in Deutschland voranzubringen und Baden-Württemberg zu einem wesentlichen Anbieter elektromobiler Lösungen zu machen. Unter dem Motto
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»road to global market« nutzt der Cluster die einmaligen Möglichkeiten der Region Karlsruhe – Mannheim – Stuttgart – Ulm, um renommierte große, mittlere und kleine Unternehmen aus den Bereichen Fahrzeugtechnologie, Energietechnologie, Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) sowie dem Querschnittsfeld Produktionstechnologie untereinander und mit Forschungsinstituten vor Ort zu vernetzen.
kann. Wird an öffentlichen Ladestationen angedockt, sind die Fahrer oft Nässe und Schmutz ausgesetzt. Im Projekt BIPoLplus, das eine Laufzeit von drei Jahren hat, wird ein berührungsloses Schnellladesystem mit 22 kW Ladeleistung erforscht, bei dem die Ladeenergie induktiv zwischen der Ladestation und dem Elektrofahrzeug übertragen wird – Ladekabel sind dann überflüssig. Die berührungslose Energieübertragung und die hohe Ladeleistung bringen für den Fahrzeugnutzer eine deutliche Steigerung des Komforts beim Ladevorgang bei gleichzeitig deutlich reduzierter Ladezeit. Auch kurze Stopps, zum Beispiel auf halböffentlichen Supermarkt-Parkflächen, können durch den vollautomatisch ablaufenden Ladevorgang bequem zum Aufladen genutzt werden. Um dieses Ziel erreichen zu können, sind jedoch noch Forschungsarbeiten notwendig. Das Projekt BIPoLplus wird daher vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit insgesamt rund 5,1 Millionen Euro gefördert.
Foto: Hochschule Kempten
E-Mobil
Peter Eisenlauer (l.), Studiendirektor und stellvertretender Schulleiter der Fachoberschule Sonthofen, mit am Projekt teilnehmenden Schülerinnen und Schülern
Stromauto (er)fahren
Fachoberschüler testen E-Autos
ndlich mobil sein, unabhängig von Eltern, Bus und Bahn, hat im ländlich geprägten Allgäu für unzählige Fahranfänger eine hohe Bedeutung. Im Hinblick auf steigende Benzinkosten und ein verändertes Umweltbewusstsein bringt die Hochschule Kempten die junge Fahrergeneration schon früh mit der Elektromobilität in Kontakt. In Kleingruppen haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für drei Monate selbstständig den E-Auto-Einsatz koordiniert – die Aufteilung untereinander, die Führung des Fahrtenbuches, den wöchentlichen Fahrzeugcheck und die Dokumentation der Nutzung. Die ins Projekt involvierten Lehrkräfte sowie wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschule standen dabei beratend zur Seite. »Die Fahrzeuge standen den Schülerinnen und Schülern sieben Tage die Woche und rund um die Uhr zur Verfügung. Aus den gesammelten Daten erhoffen wir uns neue Erkenntnisse, welche Anforderungen junge Menschen an die Elektromobilität stellen. Sie sind schließlich zukünftige potenzielle Nutzer«, erläutert Professor Dr.-Ing. Andreas Rupp, Vizepräsident für Forschung und Technologietransfer an der Hochschu-
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Im Rahmen der Elektromobilitätsprojekte der Hochschule Kempten wurden den Schülerinnen und Schülern der Berufsoberschule Kempten und der Fachoberschule Sonthofen verschiedene Elektroautos zur gemeinschaftlichen Nutzung kostenfrei zur Verfügung gestellt.
le Kempten. Peter Eisenlauer, Studiendirektor und stellvertretender Schulleiter an der Staatlichen Fachoberschule Sonthofen, ergänzt: »Es war spannend zu beobachten, wie selbstständig und schnell die Schülerinnen und Schüler die gemeinschaftliche Nutzung des E-Autos organisierten und sich für diese Art der Mobilität begeistern ließen.« Demnächst werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Einsatz- und Sharingkonzepte an der Hochschule Kempten präsentieren und von ihren Erfahrungen berichten. Info: www.hs-kempten.de/forschung
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Die Lehre der Vorfahren
Streuobstwiese – lebendiger Vorratsspeicher Der Ertrag von Streuobstwiesen bringt nur wenig Gewinn. Und was heute keinen Gewinn mehr verspricht, ist überwiegend dem Untergang geweiht. Doch gerade Streuobstwiesen mit ihrem Bestand alter, dem oft extremen Standort angepasster Sorten sind nicht nur eine Arche für in Vergessenheit geratene Früchte, sondern dank ihrer Blüten zugleich eine »Naschwiese« für Insekten wie Bienen, Hummeln und Schmetterlinge. ie Insekten in der Streuobstwiese wiederum stellen für die Vogelwelt einen reich gedeckten Tisch dar. Heckenrosen, Schlehen- und Weißdornhecken an ihrem Rand gewähren nicht nur Vögeln einen dornigen Schutzwall für ihre Nester, sondern bieten auch Eidechsen, der Ringelnatter und dem Steinmarder einen hervorragenden Biotop. Herabgefallenes Obst wird von Igel und Siebenschläfer, aber auch von überwinternden Vögeln gerne angenommen. Seltene und nicht so seltene Vogelarten finden in hohlen Astlöchern Nistmöglichkeiten. Auf Streuobstwiesen wurden mehr als 5.000 Tierarten nachgewiesen, damit zählen sie zu den artenreichsten Lebensräumen in Mitteleuropa und prägen mancherorts noch das Landschaftsbild.
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Wieder einmal waren es die Römer, die neben Walnuss und Edelkastanie auch veredelte Apfel-, Birnen-, Kirsch- und Pflaumensorten nach Nordeuropa brachten, wo sie ursprünglich nicht oder nur als Wildformen heimisch waren. Die Züchtung robuster und anspruchsloser Sorten wurde von den mittelalterlichen Klöstern weiter betrieben. Aber erst ab dem 18. Jahrhundert – oft von der Obrigkeit angeordnet – spielte der Obstanbau für die Ernährung der Bevölkerung eine größere Rolle. Streuobstwiesen machten Obstanbau auch auf weniger wertvollen oder flachgründigen Böden möglich. Im Gegensatz zu den niedrigstämmigen Bäumen von Obstplantagen, die ausschließlich der Obstproduktion dienen und sehr arbeitsaufwendig und krankheitsanfällig sind, lässt
sich auch der Boden unter den hochstämmigen Bäumen von Streuobstwiesen zum Beispiel als Schafweide nutzen. Das herabgefallene Laub wird als Einstreu genutzt, daher auch der Name Streuobstwiesen. Sie bringen Jahrzehnte lang Ertrag, auch deswegen, weil überalterte Bäume durch Neupflanzungen ersetzt und die Bestände dadurch verjüngt werden. Neben dem Verzehr des reifen Obstes werden die Früchte getrocknet und dadurch für den späteren Verzehr konserviert. Daneben lässt sich das Obst zu Säften pressen, zu Most keltern und weiter zu feinsten Obstbränden destillieren. Anders als im schwäbischen »Streuobstparadies«, das überwiegend in der Schwäbischen Alb liegt, mit noch rund 1,5 Millionen Bäumen ist der Rückgang von Streuobstwiesen bundesweit dramatisch. Im Allgäu gehörten noch im vergangenen Jahrhundert die »Eigenernten« zur willkommenen Abwechslung im oft kargen Ernährungsplan, der überwiegend auf selbst erzeugten Produkten beruhte. Kaum ein Haushalt, der nicht die Angebote der herbstlichen Ernte durch Einkochen übers ganze Jahr streckte. Vielfach ist gar nicht mehr bekannt, dass unsere Vorfahren je nach Höhenlage zwischen Unterallgäu und Oberallgäu ein ausgeklügeltes System hatten, unterschiedliche Obstbaumsorten zu pflanzen, die zu unterschiedlichen Zeiten reifen: vom Frühapfel, der bereits Ende August
Wanderausstellung ab Herbst Damit sich Gäste aber auch Einheimische über die außergewöhnliche Sortenvielfalt der Apfel- und Birnensorten im Allgäu informieren können, wird bis zum Herbst die Wanderausstellung »Altes Streuobst neu erleben« entwickelt. Darin werden die teils unerwarteten Ergebnisse des LEADER-Projekts »Kartierung alter Kernobstsorten und Sortenerhaltungsgarten« aufgearbeitet.
Streuobstwiese: im Frühjahr eine Augen- und Bienenweide und im Herbst ein Quell für Vitamine
zur Ernte lockt, bis zum Brettacher, einer Apfelsorte, die besonders robust gegen Witterungseinflüsse ist und erst Ende Oktober, Anfang November geerntet wird. Und selbst dann war der Brettacher Apfel noch nicht »genussfertig«. Er wurde entweder kühl gelagert und brachte dann zu Weihnachen die Kinderaugen als Bratapfel zum Leuchten, oder er wurde den ganzen Winter hindurch als Vitaminspender genutzt. Ähnlich unterschiedlich wurden Birnensorten mit verschiedenen Reifezeiten gepflanzt. Das Wissen über diese Anbauart ist im Allgäu weitgehend verloren gegangen. Streuobstwiesen gehören zu den am stärksten gefährdeten Biotopen – auch im Allgäu. Denn sie wurden meist von den Bauern angelegt, betreut und gepflegt. Sie waren in der Regel die natürliche Erweiterung des Bauerngartens. Mit dem Rückgang der kleinteiligen Landwirtschaft blieb oft nicht mehr die Zeit, einen Streuobstgarten zu erhalten. Manchmal mussten die Gärten auch dem Drang nach mehr Nutzfläche weichen. Organisationen wie die »Deutsche Wildtier Stiftung«, der BUND und NABU haben deshalb eigene Projekte zum Erhalt der Streuobstwiesen ins Leben gerufen. Der Erhalt und die Anlage von Streuobstwiesen werden zudem von den Bundesländern mit bis zu 75 Prozent der Kosten bei Neuanlage gefördert, in Verfahrensgebieten der ländlichen Entwicklung gar zu 100 Prozent. Thomas Niehörster
Kurzinfo Fotos: Volker Wille, Elgaß
Ansprechpartner finden sich unter www.landentwicklung.bayern.de. Informationen finden sich zudem auf der Internetseite des Landesbundes für Vogelschutz unter www.praxistipps.lbv.de. Weitere Infos unter www.deutschewildtierstiftung.de und www.streuobstland.com
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Bedingte Bienenweide
Einjährige Blumensamen auf Brachflächen Die Gemeinden in den Landkreisen Lindau, Oberallgäu Unterallgäu sowie die Stadt Memmingen bekennen in diesem Sommer Farbe, um ihre Gemeindeflächen zu verschönern. Die Aktion »Unser Landkreis blüht auf« verwandelt Grün- und Brachflächen in bunte Wildblumenwiesen, die ab Juli in voller Blüte stehen sollen. Allerdings sind die einjährigen Samenmischungen nicht immer für Bienen attraktiv.
usgesät wurde ab Ende April auf Kreisverkehrsinseln, vor Gemeinde- und Turnhallen und auf anderen öffentlichen Flächen. Hauptsponsor für die Aktion, die von 2012 bis 2014 läuft, ist die Sparkasse Memmingen-Lindau- Mindelheim. Weitere Sponsoren sind die Landkreise und Städte. Landrat Elmar Stegmann brachte Ende April eigenhändig die erste Aussaat auf einer Grünfläche vor dem Neubau der Turnhalle im Valentin-Heider-Gymnasium in Lindau aus. Zum Thema passend: Die Turnhalle wurde gerade neu als Passivhaus errichtet. Unterstützung bei der Aussaat erhielt der Landrat von Bernd Fischer, Mitglied des Sparkassenvorstandes Ulrich Pfanner, Bürgermeister von Scheidegg, und Bernd Brunner, Kreisgartenfachberater für Gartenkultur und Landespflege. »Wir schließen mit der Aktion an den Schulwettbewerb ‚Unsere Schulen blühen auf ’ an, der im Sommer 2012 großen Erfolg hatte«, so Landrat Elmar Stegmann. Im Vorjahr wurden vor allem Flächen vor Schulen mit Wildblumenwiesen und sogenannten »Bienen-Hotels« zum Nisten für Wildbienen bedacht. Auch Bernd Brunner, der Initiator der Aktion, zeigte sich erfreut, dass diese weitergeht: »In Wildblumenwiesen herrscht eine große Vielfalt an Pflanzen, Insekten und anderen Tieren. Somit wird zum Artenschutz
Samenmischungen für die Schulen bestehen zu 99 Prozent aus einjährigen Blumensamen
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Fotos: Volker Wille, Thonas Niehörster
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Bernd Brunner, Bürgermeister Ulrich Pfanner, Dipl.-Betriebswirt Bernd Fischer, Landrat Elmar Stegmann
dieser meist bedrohten Lebewesen beigetragen.« Rund 40 Kilogramm Wildblumensamen wurden in diesem Jahr ausgegeben. Partizipieren an der Aktion vor ihrem Gymnasium konnte auch die Umwelt-AG der 7. Klassen. Sie nahmen unter der Leitung ihrer Lehrerin Ursula Schneider-Müller an der Aussaat teil und konnten – solange der Vorrat reichte – Tütchen mit Wildblumensamen mitnehmen. 5.000 dieser Tütchen verteilte die Sparkasse zudem an die Kunden ihrer Filialen. Bernd Brunner ist auch für den Landkreis Oberallgäu zuständig, in dem die Aktion als Wettbewerb veranstaltet wird. Von den 28 Gemeinden im Oberallgäu nehmen in diesem Jahr 19 an der Aktion teil. Thomas Niehörster
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Mehr wert als nur Wiese
Fach-Führungen in Bad Grönenbach
Landauf, landab im Allgäu und darüber hinaus laufen »Aufblüh-Aktionen« – gefördert von Banken, Gemeinden und Landkreisen. Zu Tausenden werden Samen-Tütchen verteilt und Schulgärten, Rasen- und Restflächen vorbereitet, um darauf bunte Blumenwiesen zu pflanzen. Aber sind diese Aktionen wirklich sinnvoll? Sind die so entstandenen bunten Flächen ökologisch wertvoll? ie meisten Samenmischungen, die an Schulen oder in Aktionen verteilt werden, enthalten zu 98 Prozent Samen einjähriger Blühpflanzen. Teilweise wirken die Pflanzflächen in ihrer Blütenpracht schon unnatürlich bunt. Die Mischungen werden angeboten, so vermutet der Pädagoge und landwirtschaftliche Berater Marcus Haseitl aus Bad Grönenbach, weil man die robustesten Sorten
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zusammenfasst. Denn Lehrer, die sich mit ihren Schulklassen an den »Unsere Schule blüht auf«-Aktionen beteiligen, wollen im April aussäen und auf jeden Fall vor Ferienbeginn einen »bunten Erfolg« vorweisen können. Das sei verständlich, aber nicht der beste Weg.
Mehr lernen und verstehen In Bad Grönenbach ist man nach sechs Jahren Erfahrung mit der Aussaat von Samen schon weit über das Versuchsstadium hinaus. Die Kurverwaltung Bad Grönenbach lädt Gäste und Bevölkerung – im Zwei-Wochentakt von April bis September – zu verschiedenen Themenführungen rund um das bunte Projektthema ein. Marcus Haseitl als örtlicher Projektleiter, Imker und Referent im bundesweit agierenden Netzwerk »Blühende Landschaft«, geht dabei auf die verschiedensten Facetten ein: vom Naturerlebnis über praktische Tipps in der Gar ten- und Landschaftsgestaltung bis hin zu Bienenprodukten für die Gesundheit etc.. Dabei
gibt es immer Faszinierendes aus der Welt der fliegenden Blütenbesucher zu sehen und zu hören. Treffpunkt ist jeweils im Kurpark vor dem Kurcafe Neumair (In der Vogelweide, 87730 Bad Grönenbach) um 14 Uhr. Die Führungen sind kostenfrei und dauern jeweils ca. 90 Minuten. Sie sind dabei grundsätzlich für Kinder geeignet, wobei in den Ferienzeiten bei der Führung »Bienen, Blüten und Piraten« speziell das Erlebnis für Kinder im Vordergrund steht. Kontakt Kurverwaltung: Tel. 08334-605 31 www.bad-groenenbach.de
Die Führungen 2013 im Einzelnen Die Blumenwiese im eigenen Garten Wie es verschiedene Motivationen gibt, lebendiges Bunt in den eigenen Garten zu holen, so gibt es auch verschiedene Varianten, den Traum von einer Blumenwiese umzusetzen. Sei es ein Blumenrasen oder eine Blumenwiese, eine blühende Saummischung zum Gliedern für sonnige oder schattige Gartenbereiche – Sie erfahren Details zu Saatgutauswahl, Bodenverhältnissen oder auch zur Pflege. Termine: Freitag, 5. Juli. und Freitag, 13. September (jeweils 14 Uhr) Lebensgrundlage für Pflanze, Tier und Mensch Das Zusammenspiel zwischen Blüten und Bestäubern bildet die Grundlage zur Vielfalt. Ohne die Bestäubungsleistung ist die natürliche Nahrungskette nicht denkbar – vom Singvogel über den Pflanzenfresser bis hin zum Raubtier. Selbst unsere Nahrung hängt mit ca. 30 % von Fremdbestäubung ab, indirekte Zusammenhänge noch gar nicht berücksichtigt. Am Live-Bienenvolk erlebt man, wie Milliarden von Blütenbesuchen den Schlüssel zur Biodiversität bilden. Termin: Freitag, 19. Juli (14 Uhr)
Bienen, Blüten und Piraten Kinder (und Erwachsene) sind immer wieder von der Lebendigkeit eines Bienenvolkes fasziniert, wie es die Landschaft durchströmt und bestäubt. Die fleißigen Bienen lassen uns staunen: Bis zu 50.000 Einzelbienen sammeln und verarbeiten Pollen und Nektar. Allein für ein Pfund Blütenhonig besuchen sie ca. fünf Millionen Blüten. Der perfekte Bau des Wabenwerks, duftendes Wachs oder auch die spürbare Wärme des Brutnests – der »BienenKinderstube« – lässt nicht nur Kinder staunen. Und was es mit den Piraten auf sich hat, das zeigt der Imker und Pädagoge Marcus Haseitl am offenen Bienenvolk. Termin: Freitag, 16. August (14 Uhr) Gesundes aus dem Bienenvolk Honig, Pollen, Propolis oder Gelèe royale: Von der Apitherapie, einer Heilweise mit Bienenprodukten, bis zur Volksheilkunde finden Bienenprodukte ihre willkommene Verwendung. Der Umgang mit Bienen ermöglicht aber noch viel mehr Harmonisierendes, wie es auch schon der schwäbische Bienenvater
und Wasserdoktor Sebastian Kneipp kundtat. Das Erlebnis, wie Zehntausende von Bienen ihr Lebenssystem organisieren, gewährt hierzu die besten Einblicke. Termin: Freitag, 30. August. (14 Uhr) Die Welt der fliegenden Tänzer – Schmetterlingsführung Wer an Schmetterlinge denkt, insbesondere an die farbenprächtigen Tagfalter, der verbindet damit immer wieder Schönheit, Freiheit, Leichtigkeit oder auch Verwandlung. Doch Schmetterlinge brauchen auch unsere Unterstützung. Etwa 60 Prozent der Tagfalter stehen schon auf der Roten Liste. Erfahren Sie mehr von ihren Lebensräumen, bemerkenswerten Glanzleistungen und hören Sie praktische Hinweise, wie wir in unseren Gärten und der Landschaft verbesserte Lebensbedingungen schaffen können. Mit etwas Glück werden wir mit Bestimmungshilfen auch Ausschau nach dem einen oder anderen Gaukler der Lüfte halten. Termine: Freitag, 21. Juni, und Freitag, 2. August (jeweils 14 Uhr)
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Allgäu-Natur Produktionsräume
Nordwestdeutsches Tiefland (NW) Nordostdeutsches Tiefland (NO) Mitteldeutsches Flachund Hügelland (MD) Westdeutsches Berg- und Hügelland (WB) Südost- und Ostdeutsches Bergland (SO) Südwestdeutsches Bergund Hügelland mit Oberrheingraben (SW) Süddeutsches Bergund Hügelland (SD) Alpen und Alpenvorland (AV)
Herkunftsregionen 1 Nordwestdeutsches Tiefland 2 Westdt. Tiefland m. Unterem Weserbergland 3 Nordostdeutsches Tiefland 4 Ostdeutsches Tiefland 5 Mitteldeutsches Tief- und Hügelland 6 Oberes Weser- und Leinebergland mit Harz 7 Rheinisches Bergland 8 Erz- und Elbsandsteingebirge 9 Oberrheingraben mit Saarpfälzer Bergland 10 Schwarzwald 11 Südwestdeutsches Bergland 12 Fränkisches Hügelland 13 Schwäbische Alb 14 Fränkische Alb 15 Thüringer Wald, Fichtelgebirge und Vogtland 16 Unterbayerische Hügel- und Plattenregion 17 Südliches Alpenvorland 18 Alpen 19 Bayerischer und Oberpfälzer Wald 20 Sächsisches Löß- und Hügelland 21 Hessisches Bergland 22 Uckermark mit Odertal
Die Karte ist Teil der Zertifizierung unter dem Qualitätssiegel »VWW-Regiosaaten« des Verbandes deutscher Wildsamenund Wildpflanzenproduzenten e.V. (VWW). Sie weist acht Produktionsräume aus, die durch die Zusammenfassung naturräumlich ähnlicher Herkunftsregionen entstehen. Im Produktionsraum darf nur Saatgut, das in den jeweils zugeordneten Herkunftsregionen gesammelt wurde, vermehrt werden. Wir weisen unsere Mischungen im Katalog nach Produktionsräumen aus. Die eingehenden Einzelarten werden von uns nach den in der Karte ersichtlichen 22 Herkunftsregionen dokumentiert.
Ein Fachbetrieb
Ein kompetenter Verband
Eine professionelle Adresse für Samenmischungen gebietsorientierter Wildblumen finden Sie bei der Rieger-Hofmann GmbH. Seit 1983 beschäftigt sich dieser Betrieb mit Wildpflanzen. »Ein besonderes Anliegen ist für uns die Verwendung gebietsheimischer Wildblumen, Wildgräser und Leguminosen für Begrünungen in der freien Landschaft, aber auch im öffentlichen Grün oder Privatgarten. Durch den Ausschluss von Zuchtsorten in unseren Mischungen unterstützen wir sowohl die Artenvielfalt als auch die Anpassungsfähigkeit der Natur für Veränderungen in unserer Umwelt. Rieger-Hofmann GmbH In den Wildblumen 7 74572 Blaufelden-Raboldshausen www.rieger-hofmann.de
Der Verband deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e.V. (VWW) ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten. Im Vordergrund stehen Saatgutproduktion und -vermarktung von Kräutern, Gräsern und Gehölzen. Daneben werden auch Stauden als Topf ware angeboten. Im VWW organisieren sich Betriebe rund um den Einsatz von Wildpflanzen, neben den Produzenten auch Händler, Berater, Wissenschaftler und Sammler. Der VWW wurde im Juli 2005 gegründet. Verband deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e.V. Wetzlarer Straße 11 35581 Wetzlar-Münchholzhausen www.natur-im-vww.de
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»Verwendet man die angebotenen Mischungen mehrfach auf der gleichen Fläche, kann es nach vier bis fünf Jahren zur Verkrautung kommen. Besser wäre es auf jeden Fall, wenn bei den Blüh-Aktionen Sorten-Mischungen mit höherem Anteil an, Mehrjahres-Samen zum Einsatz kämen. Wir nutzen die RegioMischung von der Rieger-Hoffmann GmbH aus Blaufelden.« Marcus Haseitl ist über die Imkerei zu den blühenden Wiesen gekommen. Seit 2008 engagiert er sich in Bad Grönenbach für einen bunten und lebendigen Kurort. Viele Restgrundstücke und Gärten in und um Bad Grönenbach verwandeln sich seitdem in Blumenwiesen. Inzwischen finden im Unterallgäuer Ferienort im Frühjahr, Sommer und Frühherbst regelmäßig Führungen und Infoveranstaltungen statt. »Bei uns kommen unterschiedliche Saatmischungen zum Einsatz«, berichtet Haseitl. »Statt der Einheitsmischung setzen wir auf die regionale Mischung. Nicht alles wächst überall gleich gut.« Wer sich an diesen Lieferanten wendet, erfährt, dass auf Initiative des Verbandes deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e.V (VWW) im Rahmen eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projektes eine Karte mit 22 Herkunftsregionen für gebietsheimisches Saatgut aus Deutschland entwickelt wurde. Die Karte weist acht unterschiedliche Produktionsräume aus, die durch die Zusammenfassung naturräumlich ähnlicher Herkunftsregionen entstehen. Im Produktionsraum darf Saatgut aus den ihm zugeordneten Naturräumen beziehungsweise Herkunftsregionen vermehrt werden. Der Rieger-Hofmann GmbH und ihren Anbaupartnern ist es gelungen, die anspruchsvollen Standards zu erfüllen und das VWW-Zertifikat zu erwerben. Rieger-Hofmann und die Anbaupartner nutzen das Siegel seit seiner Einführung im Jahr 2007. Beeindruckend ist die Tatsache, dass diese Gesellschaft derzeit an rund 80 Standorten in der Bundesrepublik Deutschland auf etwa 300 Hektar Fläche und 1.500 Ackerschlägen etwa 400 verschiedene Wildblumenarten für standortgerechte Aussaat züchtet. Für das gesamte Allgäu kommt nur die Mischung »Alpenvorland und Alpen« in Frage. Will man mit einer Aussaat die Artenvielfalt fördern, empfiehlt es sich, auf Saatmischungen zurückzugreifen, die auch Gräsersamen beigemischt haben. Es gibt speziell auf Bienen- und Insektenweiden ausgerichtete Mischungen, die dieses besondere Ziel verfolgen. Dabei wird nicht in erster Linie auf die bunte Vielfalt der Blüten, sondern auf die Nützlichkeit für Insekten geschaut. Es sind dann natürlich auch weniger auffällige Pflanzen dabei.
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Das garantieren wir Ihnen: - individuelle Vorstellung Ihres Unternehmens - hochwertiger Journalismus von einem unserer Redakteure - dargestellt im professionellen Grafiklayout der Fachzeitschrift - die Veröffentlichung erfolgt nach einer finalen Abstimmung mit Ihnen allgäuALTERNATIV ist mit 50.000 Lesern im gesamten Allgäu die große Fachzeitschrift für den Energiezukunft und Klimawandel. Der Versand erfolgt an die komplette Energie-Fachbranche im Allgäu – vom Handwerksbetrieb über Architekten und Bauunternehmen bis zu energietechnischen Fachbetrieben in verschiedenen Sparten. Außerdem erhalten alle Allgäuer Gemeinden Freiexemplare für ihre Verwaltungen, Bauämter und die Stadt- bzw. Gemeinderäte. Während zahlreicher Messen und Fachveranstaltungen im Allgäu ist unser Team für Sie vor Ort und verteilt allgäuALTERNATIV an die Besucher (u. a. Allgäuer Altbau- sowie Passivhaustage, Allgäuer Festwoche).
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allgäu ALTERNATIV Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz
Fotos: Rau Geosystem
Schallschutz
Der grüne Lärmschutz
Schönheit kommt von selbst
Im Wohnungs- und im Gewerbebau wird hoher Flächenverbrauch vermieden. Herkömmliche Lärmschutzwälle benötigen allerdings viel Raum. Die Allgäuer Spezialfirma Rau Geosystem Süd GmbH hat platzsparende Lösungen entwickelt. Die grüne Lärmschutzwand aus Kaufbeuren stellt eine kostengünstige und einfache Alternative zu Betonwänden und Stein-Gabionen dar.
kologischer Lärmschutz vom Feinsten und eine runde Sache für Planer, Architekten, Bauingenieure und Schalltechniker: Bei immer mehr Bauprojekten in Europa kommt mittlerweile die »Grüne Hecke« der Rau Geosystem Süd GmbH mit Sitz in Kaufbeuren zum Einsatz. Die begrünbare ökologische Lärmschutzwand aus dem Allgäu kann bis zu einer Höhe von sechs Metern ohne Betonfundament und damit besonders preiswert verlegt werden, sie passt sich allen Kurvenradien an, reduziert die Feinstaubbelastung und ist mit ihrer begrünten Oberfläche auch noch ein echter Hingucker. Mittlerweile sind europaweit über 100.000 Quadratmeter Wandfläche der Rau-Lärmschutzwand R3 verbaut. Tendenz stark steigend. »Die Grüne Hecke hat sich voll durchgesetzt. Sie ist der Inbegriff für ökologischen und ökonomischen
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Lärmschutz. Denn die Installation ohne Betonfundamente spart Zeit und Geld. Außerdem bietet sie den Planern ganz neue Freiheiten, wenn es darum geht, flexiblen und preiswerten Emissionsschutz zu realisieren«, erklärt Erwin Königsberger, Geschäftsführer der Rau Geosystem Süd GmbH. Das Rau-Lärmschutzwandsystem wird als Metallgitterkonstruktion ausgeführt, die mit Geotextil ausgekleidet und mit Erdsubstrat verfüllt wird. Der Aushub aus dem Einbau der Schutzwand wird im Straßenbau verwendet. Die verzinkte Trägerkonstruktion und die Gittermatten sind absolut korrosionsbeständig und somit enorm haltbar. Die Korbgebilde können zusammengesteckt werden und sind als Endlossystem einsetzbar. Das Geotextil besteht aus unverrottbarem Faserflies mit aufgesteppter Kokosfaser. Die minimale Dicke der Rau-Lärmschutzwände beträgt 40 Zentimeter. Derzeit realisiert das Unternehmen eine 313-Meter-Wand in Babenhausen im Unterallgäu. Über 2.000 Tonnen Schotter und über 600 Setzlinge (370 Efeu, je 125 Wilder Wein und Geißblatt) pflanzen die Spezialisten aus dem Ostallgäu entlang der Bundesstraße B25. Mit Hilfe der Rau R3 sollen die Bewohner des Neubaugebietes »Weinrieder Feld« vor Straßenlärm geschützt werden. Dass die Wahl auf die Rau-Wand fiel, ist kein Zufall. Die Verantwortlichen in Baben-
Das Foto auf der linken Seite zeigt eine begrünte Schallschutz-Wand. Oben und links das zum Bewuchs vorbereitete Tragegerüst
Eine Kombinationslösung: die Schallschutzwand mit aufgesetzter Photovoltaik
hausen hatten sich im benachbarten Illertissen informiert, wo die Spezialisten von Rau im Jahr zuvor einem kompletten Kreisverkehr den Lärm nahmen. Sehr zur Freude der Bürgerinnen und Bürger und des städtischen Tiefbauamtes. Nicht nur für öffentliche Auftraggeber, sondern auch für Privat- und Gewerbebauten ist die »Grüne Hecke« die erste Lärmschutz-Wahl. Der große Vorteil gegenüber Stein-Gabionen und Betonwänden: Die Grüne Hecke lässt sich um bis zu 50 Prozent günstiger installieren und sorgt darüber hinaus aufgrund ihrer Bepflanzung für eine deutliche Feinstaubabsorption, was gerade in Städten besonders wichtig ist. Gegenüber aufgeschütteten Erdwallen punktet die Rau-Lärmschutz-Hecke durch die optimierte Flächenausnutzung. Denn für die vier Meter hohe RauWand wird eine geringe Gesamtbreite von gerade mal 2,40 Metern (1,40 Meter Wand plus je 50 Zentimeter Pflanzstreifen) benötigt. »Das macht pro Wandmeter eine Flächenersparnis von fast acht Quadratmetern aus. Wenn Kommunen diese Fläche zusätzlich als Bauland verkaufen, können sie sich durch diesen Flächengewinn sogar die kompletten Installationskosten für den Bau unserer Lärmschutzwand erwirtschaften«, erklärt Königsberger das Modell »Ökologischer Lärmschutz zum Nulltarif«. Die Rau-Wände haben eine Lebensdauer von bis zu 80 Jahren, bei absolut mini-
malem Pflegeaufwand. »Bei uns muss nicht kostenintensiv gemäht werden, es reicht, wenn man alle paar Jahre mal mit der Heckenschere über die Wand geht«, sagt Erwin Königsberger. Auch im Pflegeaufwand macht sich die deutlich geringere Fläche gegenüber dem Erdwall positiv bemerkbar. Genauso wie die Tatsache, dass in der Rau-Lärmschutzwand kein Unkraut wachsen kann, das entfernt werden muss.
Erfolg hoch zwei Der Gründer von Rau Geosystem ist der Landschaftsgärtner und Techniker Henning Knief aus Rotenburg. Als Geschäftsführer im Garten- und Landschaftsbau in Berlin machte er sich 1993 an die Verwirklichung seiner Vision: die Entwicklung einer wirtschaftlich und optisch attraktiven »grünen« Lärmschutz wand. Henning Kniefs bahnbrechende Innovation war so erfolgreich, dass er das Unternehmen Rau gründete, das er gemeinsam mit Erwin Königsberger leitet. Der Allgäuer Erwin Königsberger ist staatlich geprüfter Techniker im Garten-, Landschaftsund Sportplatzbau und seit der Technikerschule in Berlin mit Henning Knief befreundet.
Als dieser ihm von seiner »Mission« erzählte, war er sofort überzeugt. Einer Zusammenarbeit stand somit nichts mehr im Wege. Gemeinsam mit Henning Knief arbeitet Erwin Königsberger seither an der Weiterentwicklung der einzelnen Produkte, am Ausbau des Vertriebs und natürlich an weiteren Möglichkeiten zur Innovation der Lärmschutzwände von Rau, beispielsweise in Kombination mit Photovoltaik-Solar-Panels. Weitere Informationen: Rau Geosystem Süd GmbH Fichtenweg 8, 87600 Kaufbeuren Tel. +49 (0)8341/9957180 Fax +49 (0)8341/9957182 Mobil: +49 (0)174/1772383 info@rau-systeme-sued.de
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Hochschul-Projekt
Energielandschaft Allgäu Die vier Kraftzonen und die Moore Im Oktober vergangenen Jahres starteten Studenten der TU München (Landschaftsarchitektur) und der Hochschule Kempten (Tourismus und Maschinenbau) das Forschungsprojekt »Energielandschaft Allgäu«. Zweck dieser Studienarbeit war die Frage, wie die nötigen Maßnahmen des Energiewandels positiv und gestaltend in die Allgäuer Kulturlandschaft integriert werden können. n der letzten Ausgabe von allgäuALTERNATIV haben wir bereits zwei unterschiedliche Ansätze der Studenten-Teams vorgestellt. Hier folgen nun zwei weitere Vorschläge aus der Studentenschaft. In allen zehn Studien-Objekten ist festzustellen, dass es eine Kluft zwischen der derzeit gepflegten Planung der Studenten und Professoren auf der einen Seite und der Verwirklichung durch die Praktiker auf der anderen Seite gibt. Einige Studienarbeiten werden aufgrund der wertfreien Herangehensweise an die Kombination von Energie und Landschaft wenig Chancen auf Verwirklichung haben (z.B. die hier präsentierte Art der Energiespeicherung in geschützten Allgäuer Mooren). Aber in fast allen Konzepten stecken Ideen, die weiter verfolgt werden können (z.B. die Einrichtung eines Allgäuer Informationszentrums »Energie«).
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Fotos und Grafiken: FH Kempten/FH Weihenstephan
Naturverträglich die Wasserkraft durch Pumpspeicher-Kraftwerke nutzen (oben), Druckleitungen sichtbar verlegen (Skizze rechts)
Thema dieser beiden Arbeitsgruppen: Moorlandschaften mehrfach nutzen (ab Seite 42) und Einblicke in gemeinsame Energie-Räume (ab Seite 39)
Energielandschaft
Gemein schafft Energie –
Energie schafft Gemeinschaft Bei der Betrachtung des Allgäus im Luftbild und in diversen Geländekarten fallen prägnante unterschiedliche Strukturen auf. Versucht man, diese Strukturen in homogene Landschaftsstrukturen zu gliedern, kommt man auf vier Bereiche. Diese werden in dem Entwurf »Gemein schafft Energie – Energie schafft Gemeinschaft« näher bearbeitet.
Die vier natürlichen Energieund Naturräume im Allgäu
um einen bestimmt die homogene Landschaft die Struktur der Bereiche und zum anderen die mögliche Effizienz der einzelnen Energietypen. Beide stehen jedoch auch in Zusammenhang, da die Gemeinschaft der Allgäuer in jedem Bereich einen Anteil an der Finanzierung des jeweiligen Energietyps übernimmt und somit auch gleichzeitig die Gemeinschaft innerhalb des Bereiches stärkt. So kommt man von den ersten eingrenzenden Bereichen zu neuen Energiegemeinschaften. Jede Energiegemeinschaft besitzt eine regenerative Primär-Energie, die den größten Teil der Versorgung stellt. Sollte es wiederum zu einer Über- oder Unterproduktion der Energie kommen, kann auf die Sekundär- und TertiärEnergie zurückgegriffen werden, oder es kommt zu einem Austausch durch eine andere Energiegemeinschaft. Kommt es in jeder Energiegemeinschaft zu einer Über- oder Unterproduktion, wird die Energie entweder in der Energiegemeinschaft des blauen Bandes gespeichert, oder es wird Ökostrom in das Stromnetz von externen Anbietern gespeist. Die vier Energiegemeinschaften bestehen aus dem Windfang, dem Grünen Zentrum, dem Blauen Band und dem Südschwung.
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Der Windfang Die Energiegemeinschaft des Windfangs ist an die morphologischen Gegebenheiten der Landschaft im Norden und im Nordosten des Allgäus angepasst. Überwiegend sind dort Täler in Nord-Süd-Ausrichtung zu finden. Um diese Längsstruktur noch deutlicher zu betonen und sichtbar zu machen, wird in dieser Energiegemeinschaft die Landschaft durch Windräder betont. Diese werden fast immer an den höchs-
ten Punkten der Hügelketten platziert. Die Anordnung hängt jedoch nicht nur von der gegebenen Morphologie, sondern auch von den effizientesten Standorten ab. Das Holz der dadurch entstehenden Rodungsinseln wird in Holzhackschnitzelwerken des Grünen Zentrums genutzt. Um die Energie greifbarer zu machen, gibt es in jedem Windradstreifen ein
Der »Windfang« bietet auch die Möglichkeit, ein Windrad mit einer Aussichtsplattform zu bestücken
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Hochschul-Projekt
Biomasse-Anbau und Wanderwege entlang von Waldkanten ermöglichen Mehrfachnutzung
Windrad mit einer Aussichtplattform, um die Landschaft auch aus einem anderen Blickwinkel erleben zu können. Außerdem gibt es am Fuße eines Windrades einen Hochseilgarten, der als touristische Attraktion dient und die regenerative Energie fassbarer macht.
Das grüne Zentrum Die zweite Energiegemeinschaft ist das Grüne Zentrum, die von der Biomasseproduktion bestimmt ist. Diese Gemeinschaft ist geprägt von Großstrukturen wie den Wald- und Siedlungsflächen. Wieder wird durch die Form der Energie die Landschaft hervorgehoben und betont. Trotz der auf den ersten Blick ersichtlichen Großstrukturen gibt es teils zerklüftete Gebiete. Dieser Struktur wird durch Aufforstung und Anbau von Biomasse entgegengewirkt. Somit können wieder neue oder neu zusammengeführte Großstrukturen entstehen. Ein weiteres Ziel in der mittleren Gemeinschaft ist es, die Biodiversität zu stärken und die vorherrschenden Nadelwälder schrittweise durch Mischwälder zu ersetzen. Dies passiert durch Aufforstung an den Waldrändern. Gleichzeitig werden Streifen von Kurzumtriebsplantagen und Wildwiesen als Energielieferanten angrenzend an die Wälder gepflanzt. Sie können alle drei Jahre beziehungsweise jährlich geerntet werden. Wenn nach 20 Jahren die Kurzumtriebsplantagen keinen Ertrag mehr bringen, werden sie aufgeforstet. An anderer Stelle kann dafür wieder gerodet werden. So entsteht ein Kreislauf, der zum einen den
Leonie Wiemer, Constantin Boes und Franziska Cußmann
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Energielieferanten für Biogasanlagen und Blockheizkraftwerke beinhaltet, zum anderen die Biodiversität im Forst stärkt und auch zu einem dynamischen, sich langsam umstrukturierenden Wald beiträgt.
Ein blaues Band Das Blaue Band ist eine Energiegemeinschaft, die nicht produziert, sondern Energie aus Überproduktion speichert. Diese Seenplatte ist meist künstlicher Natur mit Speicherseen und angelegten Badeseen. Der Entwurf soll hier neben der Energiespeicherung auch gleichzeitig den Ausbau der Freizeit- und Erholungsnutzung sowie ökologische Maßnahmen als Zielsetzung beinhalten. Da die meisten Seen innerhalb des Blauen Bandes bereits als Speicher oder auch als Produzenten genutzt werden, galt es, weitere ausfindig zu machen, die ein entscheidendes Gefälle zueinander besitzen und gleichzeitig nicht weit voneinander entfernt sind. Zwischen Seen im großen Maßstab wie dem Weißensee und Alatsee sowie dem Schwansee und Alpsee wird ein neues Pumpspeicherkraftwerk entstehen. Die ersteren besitzen zueinander ein Gefälle von ca. 100 Metern, die letzteren von ca. 40 Metern. Da herkömmliche Anlagen nahezu keine Attraktivität besitzen und kaum erfahrbar sind, soll das Wasser hier über ein offenes Kaskadensystem hinuntergeleitet werden. Entlang und mit Stegen über dieses Wassersystem geführt sollen neue Wanderwege entstehen. Auch das Pumprohr, das das Wasser wieder zum oberen See leitet, bleibt oberirdisch sichtbar. Zum einen soll die Energiespeicherung sichtbar und nachvollziehbar sein, zum anderen erlebbar und »greifbar« gemacht werden. Die Form der Energiespeicherung bedingt
Energielandschaft
Mehrfachnutzung von Südhängen (links), PumpspeicherSpitzenstrom mit künstlichen Becken (ganz links)
zudem sehr dynamische Wasserstände, was zu der Entstehung von Verlandungszonen führt, an denen sich diverse Biotope mit neuen Arten ansiedeln können. Neben den zwei großen Pumpspeicherkraftwerken wird das System angepasst auch auf Seen im kleineren Maßstab übertragen. Angewandt wird es auf das Gebiet südlich der A7 zwischen Attlesee und Zell. Dort liegen bislang drei kleinere Seen und Weiher wie der Attlesee, der Kögelweiher und der Schweinegger Weiher. Die beiden ersteren werden bereits als Badeseen genutzt und sollen daher in ihrer Größe noch erweitert werden und über das bestehende Gefälle zueinander, das 25 Meter beträgt, ebenfalls als Energiespeicher dienen. Da der Schweinegger Weiher bisher noch keinen möglichen Gegenspieler besitzt, soll ein neuer Badesee zwischen den Ortschaften Zell und Rehbichel in einem ehemaligen Moorgebiet angelegt werden. Hier wird ein erstaunliches Gefälle von ca. 60 Metern genutzt, wobei in diesem Fall der Kögelweiher reiner Arten- und Biotop-Weiher bleiben wird und der neu angelegte »Boes-Weiher« der Freizeit - und Erholungsnutzung zugutekommt. Entlang der Badeseen sollen außerdem Liegewiesen entstehen und geeignete Parksituationen geschaffen werden.
Der Südschwung Die letzte Energiegemeinschaft ist der Südschwung, der durch Solarenergie bestimmt wird. Auch in dieser südlich gelegenen Gemeinschaft betont der Energietyp die Landschaft. Prägnant ist hier die dynamische, geschwungene Struktur von West nach Ost, die anhand von Relief, Morphologie und Waldelementen deutlich sichtbar ist. Die dadurch entstandene Struktur der Südhänge soll durch Solarpaneele aufgezeigt und bestärkt werden. Da keine Monofunktion angestrebt werden soll, wird an den Südhängen als Doppelnutzung das Prinzip einer dezentralen Rinderhaltung vorherrschen. Diese wird der reinen Fleischproduktion dienen. Die Rasse könnten die Murnau-Werdenfelser Rinder sein. Die Solaranlagen unterstützen die dezentrale Struktur in drei verschiedenen Modulen. Zum einen sollen die Solarmodule teils als Zäune für Wiesen dienen, und zum anderen sollen aufgeständerte Module den Rindern Schatten und Unterstand spenden sowie als Wassersammler
fungieren. Ein weiteres Modul befindet sich auf den Dächern der Stallungen. Es versorgt die dezentralen Stallungen mit Energie, sodass es möglich wird, ohne die Zufuhr von externer Energie und ohne tägliche Anwesenheit des Bauern die Stallungen in Betrieb zu halten.
Was bedeutet das neue Energiekonzept für den Allgäuer? Das neue Energiekonzept ermöglicht jedem Haushalt im Allgäu nicht nur die Versorgung durch die jeweilige Primär-Energie, sondern zudem auch ein Umschalten auf andere Energietypen, wenn es zu einer Überproduktion in anderen Energiegemeinschaften kommen sollte. So kann jeder Allgäuer über eine Internetseite steuern, wann und woher er seine Energie beziehen möchte. Diese Internetseite ist auch zugänglich für Nicht-Allgäuer, die sich über die Energieproduktion des Allgäus, die Effizienz der einzelnen Energiegemeinschaften sowie über Energiespartipps informieren möchten. Weiterhin kann man sich auf der Seite darüber informieren, wann und wo wie viel Energie produziert wird. Um auch den Touristen zu erklären, warum das Allgäu so aussieht, wie es aussieht, gibt es ein Energie-Informationshaus. Dieses informiert über die regenerativen Energien und versucht, diese den Besuchern etwas greifbarer zu machen.
Begriffserklärungen Biodiversität oder biologische Vielfalt bezeichnet »die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Meeres- und sonstige Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören«. Damit umfasst sie die Vielfalt innerhalb von Arten und die Vielfalt zwischen den Arten sowie die Vielfalt der Ökosysteme. Nach dieser Definition besteht die Biodiversität auch aus der genetischen Vielfalt. Kurzumtriebspflanzen. Als Kurzumtriebspflanzen (KUP) bezeichnet man schnellwachsende Baumarten, die auf landwirt-
schaftlichen Flächen angebaut werden können. Sie weisen eine kurze Umtriebsdauer auf, denn sie können alle zwei bis fünf bzw. zwei bis zehn Jahre mit Hilfe von in der Landwirtschaft etablierten Erntemethoden geerntet werden. Als Kurzumtriebspflanzen sind in Deutschland u.a. Pappeln, Weiden, Birken, Kastanien, Robinien und Erlen zugelassen. In der Praxis wird derzeit hauptsächlich der Anbau von Pappeln und Weiden durchgeführt. Beim Anbau von Kurzumtriebspflanzen (KUP) ist zu beachten, dass diese maximal 30 Jahre angebaut werden können, bevor die landwirtschaftliche Fläche als Wald deklariert wird.
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Hochschul-Projekt
Moorgen – Moore nutzen Theorie mit interessanten Denkansätzen Nicht immer müssen Theorien in aller Konsequenz »durchführbar sein«. Manche Theorie bringt aber andere Forscher wieder auf neue Wege. Teile der Theorie werden genutzt und weiterentwickelt, andere verworfen. So könnte es auch mit den Moor-Gedanken von Sylvia Huber, Christian Motz und Rebecca Wezstein sein. n der Analyse des Allgäus hat sich herausgestellt, dass Moore einen wichtigen Bestandteil der Natur darstellen. Diese Tatsache ist allerdings nur wenigen Personen bewusst. Ein Großteil der in Bayern vorkommenden Moore ist im Allgäu vorzufinden. Das ist auf ihre günstige Lage auf dem Molasserücken zurückzuführen, der sich während der Würmeiszeit gebildet hat. Der erhöhte Bedarf an Torf in vergangenen Jahrhunderten sorgte für eine Trockenlegung der Moore. Heute sind nur noch etwa fünf Prozent der ursprünglich vorhandenen Moore intakt. Moore haben eine große Bedeutung für den Wasserhaushalt einer Landschaft sowie für den Klimaschutz. Durch das enorme Wasserspeichervermögen leisten Hochmoore einen entscheidenden Beitrag zum
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Skizze oben: Blick in ein sommerliches Moorgebiet. Rechts: Sylvia Huber, Christian Motz und Rebecca Wezstein machten sich Gedanken über die Nutzung der Moore
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Wasserhaushalt und dienen dabei dem dezentralen Hochwasserschutz. Zusätzlich haben sie einen beachtlichen Einfluss auf das Kleinklima in Bezug auf Luftfeuchte und Temperatur. Die wichtigste Funktion eines Moores ist die dauerhafte Speicherung von Kohlenstoffdioxid im nassen Torfkörper. Durch die Einlagerung von abgestorbenem Pflanzenmaterial unter Ausschluss von Sauerstoff kann das Kohlenstoffdioxid nicht freigesetzt werden. So können in einem Hektar Moor etwa 700 Tonnen Kohlenstoffdioxid gespeichert werden. Im Vergleich dazu beträgt die Menge an im Wald gespeichertem Kohlenstoffdioxid nur etwa ein Sechstel davon. Moore sind aber nicht nur eine Stoffsenke, sondern auch Quelle des klimawirksamen Methans. Die positive Kohlenstoffdioxid-Bindung und die negative Methan-Freisetzung heben sich in der Klimawirksamkeit allerdings auf, sodass naturnahe Moore klimaneutral sind. Der hohe Mineralstoffgehalt in Niedermooren gewährleistet eine gute Nährstoffversorgung, wodurch sie artenreicher sind als Hochmoore. Sie stellen somit äußerst wertvolle Lebensräume für die Erhaltung der Biodiversität dar. In unserem Entwurf wollen wir gezielt die Moore schützen und in den Energiekreislauf einbinden, indem sie einerseits die Funktion eines Energiespeichers, andererseits die Funktion eines Energielieferanten übernehmen. Damit soll den Mooren mehr Aufmerk-
Energielandschaft
samkeit geschenkt werden. Durch eine Verkettung von nahe liegenden Mooren und eine Ausweitung der Moorgebiete soll so langsam die nötige Fläche geschaffen werden, um das Allgäu mit erneuerbarer Energie in Form von Wärme und Strom zu versorgen. Gleichzeitig soll den Mooren durch Ergänzung von Schilfbereichen, die sich in den Tieflagen der Moore befinden und zur Klärung nährstoffreichen Wassers dienen, ein neues Bild verliehen werden, um den prägenden Charakter der Moore in der voralpinen Landschaft zu erhalten und diesen zu verstärken.
Energiegewinnung Durch das Verfüllen von Entwässerungsgräben und den Bau von Dämmen wird Wasser in den Mooren zurückgehalten, und die Moore fungieren als natürliche Retentionsbecken. Bei Bedarf wird Wasser abgelassen, das eine Strom produzierende Turbine antreibt. Das Wasser fließt in das nächste, tiefer gelegene Moor und kann dort entweder erneut zurückgehalten oder abgelassen werden. In den angrenzenden Flächen um die angestauten Bereiche können sich Streuwiesen ausweiten. Im Verlauf mehrerer Jahre wird dies in den Bereichen, in denen der Boden noch Torf enthält, zu einer Erweiterung der bisher bestehenden Moore führen. Im Winter werden in den abgelassenen Staubereichen die Streuwiesen und Schilfbereiche gemäht. Das Mahdgut wird dann in die nächstgelegene Holzvergasungsanlage, einen sogenannten Heatpipe-Reformer, gebracht, um dort zusammen mit Holzabfällen aus der Umgebung zu brennbarem Methan vergast zu werden, aus dem Strom und Wärme gewonnen werden. Der Vorteil einer Holzvergasungsanlage ist, dass keine Energiepflanzen in Form von Nahrungsmitteln für die Energiegewinnung eingesetzt werden müssen, sondern das Mahdgut, das sonst nicht verwertet werden kann. Zusammen mit einer nachhaltigen Forstwirtschaft wird so ressourcenschonend und annähernd klimaneutral Energie gewonnen.
Energiespeicherung Am Ende des Moores, das sich im tiefsten Punkt der Verkettung befindet, kann bei überschüssiger Energie Wasser in ein höher gelegenes Moor zurückgepumpt werden, wodurch wie bei einem Speicherkraftwerk Energie im Wasser gespeichert wird. Die zweite Art der Speicherung geschieht einerseits in
Form des Mahdgutes, das beliebig gelagert und bei Bedarf vergast werden kann, andererseits in Form von Methan, das in bestehende Erdgasleitungen eingespeist und dort gespeichert werden kann. Um die Allgäuer Bevölkerung sowie die Touristen auf die Wichtigkeit der Moore aufmerksam zu machen, führen Holzstege durch die Gebiete. Bei einem Spaziergang kann man so die Energieproduktion vor der eigenen Haustüre erfahrbar machen. Unser Konzept hat nicht das Ziel das gesamte Allgäu mit erneuerbaren Energien zu versorgen. Es soll vielmehr ein Ansatz für die Umstellung auf erneuerbare Energien sein, sodass sich die Bevölkerung zeitgemäß darauf einstellen kann.
Oben links: Funktionsskizze der Moornutzung. Oben Mitte: Wassereinlass einer Turbine. Oben: Verkettung mehrerer Moorgebiete zur Wassernutzung
Die beiden Skizzen zeigen die touristische Zusatznutzung von Moorgebieten mit Besucherstegen
Anmerkung der Redaktion Sicher eine interessante Idee, Moore als Energiespeicher zu verwenden. Nur werden die Naturschützer nicht in Begeisterungsstürme ausbrechen. Denn schneller Wasserentzug und Wasserstau bedingen stark schwankende Wasserspiegel, die sich negativ auf die Tier- und Pflanzenwelt am Rande des Moores auswirken. Aus diesem Grund wurde beispielsweise vom Naturschutz abgelehnt, den Alpsee bei Immenstadt als Untersee eines Spitzenstromkraftwerkes zu nutzen, obwohl für den Obersee gute Voruntersuchungen erfolgt waren. Tägliche Schwankungen des Wasserspiegels von bis zu 20 Zentimetern seien nicht vertretbar, weil Fauna und Flora im Uferbereich geschädigt würden. So die Einschätzung des Naturschutzes. Auch die starken Strömungen beim Betrieb des Wasserkraftwerkes hätten diesen Effekt. Darüber hinaus bestünde die Gefahr, dass immer mehr Schwebstoffe aus den höhergelegenen Mooren in die tiefer liegenden abgetragen werden. Andererseits erscheint die Ausdehnung von Schilf-Bereichen und die thermische Nutzung durchaus sinnvoll.
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Das moderne neue Firmengebäude von Primavera Life in Oy-Mittelberg ist eingebettet in die ländliche Umgebung
Kosmetik
Gütesiegel für Primavera
Green Brand nach Oy-Mittelberg vergeben Besonderes Highlight auf Biofachmesse Vivaness in Nürnberg für ein Allgäuer Unternehmen: Die Primavera Life GmbH aus Oy-Mittelberg erhielt das Zertifikat zu den Green Brands Germany für den Zeitraum 2013/2014. ie internationale Green Brands-Organisation zeichnet Unternehmen und Marken aus, die umweltfreundlich produzieren, immer im Hinblick auf die eigene Mitverantwortung für die Bewahrung natürlicher Lebensgrundlagen handeln und sich in hohem Maße der Erhaltung und dem Gleichgewicht der Natur sowie der Nachhaltigkeit verpflichten. Das Verfahren der Auszeichnung zu den Green Brands ist weltweit einzigartig und gliedert sich in drei Phasen. So wurde Primavera Life im Rahmen einer repräsentativen Befragung der deutschen Bevölkerung durch das Marktforschungsinstitut Ipsos in der Kategorie Kosmetik nominiert. Damit konnte sich das Unternehmen dem aufwendigen und vom wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsinstitut Seri betreuten Prüfungsverfahren (Validierung) unterziehen, das mit Bravour bestanden wurde. In letzter Instanz bestätigte die hochkarätige Jury die Auszeichnung und Verleihung des internationalen Gütesiegels. Umweltschutz, Nachhaltigkeit und biologische Rohstoffe sind seit jeher die wichtigsten Parameter in
Kurzinfo Mit der Begeisterung für naturreine ätherische Öle fing alles in Sulzberg an. 1986 wurde der Grundstein für die Firma Primavera Life gelegt. Bei der Namensgebung stand die römische Frühlingsgöttin Patin, die die harmonisierende, belebende Kraft der Natur verkörpert. Sie dient heute als Qualitätssiegel für anspruchsvolle Naturkosmetik und reinste ätherische Öle. Das Unternehmen Primavera Life beschäftigt
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inzwischen 150 Mitarbeiter. Seit 2008 befindet sich die Logistik in Oy-Mittelberg, seit 2010 arbeitet auch die Verwaltung im dortigen Neubau. Die Produkte werden bisher in 30 Ländern vertrieben. Primavera Life GmbH, Naturparadies 1, 87466 Oy-Mittelberg Tel. 08366 8988-0 www.primaveralife.com
Fotos: Primavera
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Auf dem Messestand erhielt die Geschäftsleitung von Primavera Life, Ute Leube und Kurt Ludwig Nübling, von Norbert Lux von der Green Brands Organisation sowie Fritz Lietsch und Peter Parwan als Vertretern der Jury das Zertifikat überreicht
der Unternehmensphilosophie von Primavera. Das Unternehmen über sich selbst: »Unsere Produkte sind Nahrung für Haut und Sinne. Für ganzheitliches Wohlbefinden jeden Tag. Seit mehr als 26 Jahren widmen wir uns mit Liebe und Engagement den Heilpflanzen und ihren Wirkstoffen.« Das Unternehmen sieht die Auszeichnung als Bestätigung und weiteren Ansporn, den eingeschlagenen Weg fortzuführen. Geschäftsführer Kurt Ludwig Nübling: »Als Pionier für ökologisches und nachhaltiges Handeln freuen wir uns sehr über die internationale Auszeichnung als Green Brand. Wir leben alle von und mit der Natur. Wenn wir uns nicht mit aller Kraft für ihren Erhalt einsetzen, entziehen wir uns damit unsere eigene Lebensgrundlage. Daher möchten wir mit kleinen Schritten Großes bewegen, und das können wir nur gemeinsam. Wir danken Ihnen und allen, die uns unterstützen!«
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Meldungen Energieführerschein für Kinder Der Bund Naturschutz Kempten/ Oberallgäu und das Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza!) machen mit dem »Energieführerschein« für Acht- bis Zwölfjährige
Energie für Kinderaugen sichtbar. Mitarbeiter kommen dafür in Schulklassen und haben viele Experimente dabei. Die Schüler erfahren, wie man Energie herstellen und
den Verbrauch reduzieren kann. Dabei erkennen sie, warum manche Arten der Energiegewinnung umweltfreundlicher sind als andere. Die Kinder können auch ein Messgerät ausleihen und zu Hause mit ihren Eltern auf die Suche nach »Energiefressern« gehen. Der »Energieführerschein«, den die Schüler am Ende des Kurses erhalten, erinnert sie dann im Alltag an ihre guten Vorsätze.
Foto: eza!
Da strahlten die Martinszeller Drittklässler und ihre Lehrerin Irene Klug: Birgit Liebl (oben rechts), Wolfgang Kubutsch vom Bund Naturschutz (untere Reihe links) und Manuel Allgaier von eza! (daneben) überreichten ihnen Urkunden und einen Geschenkkorb
EnBW: »Energiekiste« für Westallgäuer Kinder Die EnBW-Energiekiste ist ein Koffer voller Wissen und Phänomenen zum Thema Energie. Sie enthält 40 spannende Versuche und die dafür benötigten Materialien. Bis zu sechs junge Entdecker ab fünf Jahren können damit unter Anleitung gemeinsam experimentieren. Als Versorgungsunternehmen in BadenWürttemberg hat die EnBW großes Interesse, die frühkindliche Bildung in den Bereichen Naturwissen-
schaft und Technik. Ziel ist es, dass die Kinder bereits im Kindergartenalter naturwissenschaftliche Zusammenhänge erlernen und ein Bewusstsein für das Phänomen Energie bekommen. Um die Versuche der EnBW-Energiekiste zusammen mit Kindern durchzuführen, muss man kein Energieexperte sein. Im beiliegenden Begleitheft sind alle Experimente beschrieben. Ausserdem gibt
es eine eintägige kostenlose Schulung mit den Versuchen der EnBWEnergiekiste. Die EnBW-Energiekiste kann man nicht kaufen. Sie steht Kindergärten und Tageseinrichtungen leider nur im baden-würtembergischen Allgäu kostenlos leihweise zur Verfügung. Bei Interesse oder Fragen kann per E-Mail Kontakt aufgenommen werden: energiekiste@enbw.com
Allgäuer Solarmeister wird gekürt Der Bund Naturschutz in Bayern und eza! stellen am 4. Juli die Siegergemeinden und -städte der 5. Allgäuer Solarmeisterschaft der Öffentlichkeit vor. Sonnensieger ist derjenige Ort, der am meisten Fläche an Solarkollektoren und Photovoltaikanlagen zu bieten hat. Jeder Solar-Quadratdezimeter und jede 46
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Kilowattstunde sind Punkte wert. Die Bewertung richtet sich nach der bundesweiten Solarliga. Allgäuer Gemeinden können sich ab jetzt für die Solarmeistersaison 2014 bewerben. Ein Infotelefon zur Allgäuer Solarmeisterschaft gibt es beim Bund Naturschutz unter 0831/15111 oder bei eza! unter 0831/9602860.
Termin Meisterfeier 4. Juli 2013 Hohes Schloss Pappenheimerstr. 1 87730 Bad Grönenbach Anmeldung per Fax 0831/960286-79 oder E-Mail: frank@eza.eu
Meldungen Allgäuer Know-how für weltgrößtes Passivhausprojekt In Norwich/Großbritannien beraten Herz & Lang beim Bau des weltgrößten Holz-Passivhauses, in Irland holen sie sich Inspirationen im Neubau für Ingenieurwissen der Universität Galway (Foto links)
Foto: Herz & Lang
Das Oberallgäuer Planungsbüro Herz & Lang (wir berichteten in Ausgabe 1/12) wird im britischen Norwich bei der Umsetzung des derzeit weltgrößten Passivhaus-Projektes in Holzbauweise eine Schlüsselrolle spielen. Die Spezialisten für energieeffizientes Bauen aus Weitnau sollen die britischen Architekten und Handwerksbetriebe in sämtlichen Fragen zur Passivhaus-Bauweise und den Holzbaudetails beraten sowie für die Qualitätssicherung zuständig sein. Die Fertigstellung des neungeschossigen Gebäudekomplexes mit insgesamt 250 Wohn-
Info einheiten in der 170.000-Einwohner-Stadt nordöstlich von London ist für 2014 geplant. Die Baukosten liegen bei rund 40 Millionen Euro. »Nachhaltigkeit wird in England ganz eng mit der Holzbauweise verbunden«, so Herz. Er und Florian Lang wünschen sich generell
für das Allgäu mehr Großprojekte mit dem stetig nachwachsenden Baustoff aus den heimischen Wäldern. Gerade im Wohnbau gebe es hier noch einen großen Nachholbedarf. Ein Trip nach Irland in den Neubau für Ingenieurwissen in Galway diente der Weiterbildung.
Dipl.-Ing. (FH) Dieter Herz Herz & Lang Ritzensonnenhalb 5a 87480 Weitnau Tel. 08375/921133-0 Fax 08375/921133-55 E-Mail: dieter.herz@herz-lang.de www.herz-lang.de
Oberstdorf: E-Bikes mit Sonne getankt Als eine von zwölf Pilotregionen beteiligt sich Oberstdorf an dem Projekt »AlpStore«, das im Alpenraumprogramm der EU (Interreg IV B) gefördert wird. Thema des Projektes: Die Energiewende wird ohne Speichermöglichkeiten nicht gelingen. Doch wie viele brauchen
wir, welche und wo? Das sind Fragen, mit denen sich sowohl die Stromversorger und Netzbetreiber als auch die Verantwortlichen in Kommunen und Regionen beschäftigen. In Oberstdorf sollen beispielsweise mit gespeicherter Solarenergie E-
Bikes für die Oberstdorfer Gäste »betankt« werden. E-Bikes erfreuen sich bei diesen immer größerer Beliebtheit. Die Teilnahme am Pilotprojekt soll Tourismus Oberstdorf einen medialen Mehrwertzum Thema Nachhaltigkeit bringen. Anzeigen
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Meldungen Schreibwettbewerb von »U20 bis Ü60«
Beiträge in digitaler Form unter Angabe des Alters und Kontaktdaten an: redaktion@lizzynet.de oder auf CD an: LizzyNet GmbH Stichwort U20-Ü60 Amsterdamer Str. 192 50735 Köln
weniger. Wir werden vielfältiger. In diesem Zusammenhang geht es auch um das künftige Zusammenleben von Jung und Alt. Ob Science-Fiction, Abenteuergeschichte, philosophische Abhandlung, Film oder Kunstwerk – alle
Formate sind erlaubt. Einsendeschluss ist der 3. Oktober 2013. Eine Fachjury belohnt die besten Beiträge mit Sachpreisen wie Smartphones und Buchpaketen. Teilnahmebedingungen und Infos gibt es auf der Homepage www.lizzynet.de
Foto: Schwester Klara_pixelio.de
Das Internetportal LizzyNet hat einen Schreib- und Kreativwettbewerb »So wollen wir zusammen leben« ausgeschrieben. Gesucht werden die besten Geschichten zum Miteinander der Generationen. Autorinnen und Autoren unter 20 bis über 60 Jahre sind eingeladen, ihre Ideen in kreativer Weise einzubringen. Im Mittelpunkt stehen die drei Aspekte des demografischen Wandels: Wir leben länger. Wir werden
Das Zusammenleben von Alt und Jung ist das Thema eines Kreativwettbewerbs des Internetportals LizzyNet
Nachwuchs in »freier Wildbahn« setzt. Pädagogische Aktivitäten im Wald sollen Kinder sensibilisieren und ihnen Werte wie Respekt gegenüber der Natur und nachhaltiges Handeln vermitteln. Die neue Waldstation wird vor allem als Lagerraum, Schutzraum für schlechtes Wetter sowie Rast- und
Ruheplatz genutzt. Das Haus ist sehr einfach ausgestattet. Es gibt dort weder fließendes Wasser noch Strom oder Heizung. Die Waldstation und das umliegende Gelände können ganzjährig genutzt werden. Sie sind für alle Memminger Kindertageseinrichtungen kostenlos .
Fotos: Häfele/Pressestelle Stadt Memmingen
Um umweltpädagogische Angebote weiter zu fördern, hat die Stadt Memmingen für 66.000 Euro die marode Waldstation am Madlenerberg (zwischen dem Memminger Stadtteil Amendingen und der Unterallgäuer Gemeinde Trunkelsberg) durch ein neues Gebäude er-
Buben und Mädchen des Memminger Westermannkindergartens mit Betreuerinnen vor der neuen Waldstation am Madlenerberg
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Die Station ist als Lager-, Schutz- und Rastgebäude für Kinder gedacht, aber auch pädagogische Fortbildungen finden hier statt
Meldungen Marktchance: E-Mobile im Lieferverkehr E-Mobile machen in nächster Zeit im gewerblichen Gebrauch mehr Sinn als im Privathaushalt. Das trifft auch für die Region Allgäu zu. Das ist das Ergebnis einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe. 350 gewerbliche Fahrprofile wurden dafür bundesweit erhoben und ausgewertet. Bei bis zu einer Million kleiner Lieferwa-
gen und Pkw kann es sich künftig für die Betreiber lohnen, von Modellen mit Verbrennungsmotoren auf Elektroautos zu wechseln. Das ist ein Viertel aller im deutschen Gewerbeverkehr eingesetzten Autos. Im Cluster »Regional Eco Mobility 2030« (www.rem2030.de) wurde mittlerweile eine umfangreiche Datenbank aufgebaut. Beteiligt sind
neben weiteren Forschungsinstituten Fahrzeughersteller, Kommunen und Verbände. Die Marktanalyse soll Daten liefern, um ein modernes Fahrzeug zu entwickeln, das die Vorteile von Batterie und Brennstoffzelle kombiniert sowie intelligente Softwarelösungen integriert. Dieses Fahrzeug ist nicht nur in der Stadt, sondern auch für Regionalstrecken sinnvoll.
Minister helfen bei der Sanierung Um das Thema energetische Gebäudesanierung stärker ins Blickfeld zu rücken, haben das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung einen »Sanierungskonfigurator« gestartet. Das neue Internet-Werkzeug richtet sich an private Hauseigentümer und Mieter. Es soll helfen, die energetische Qualität privater Gebäude oder Wohnungen zu bewerten, und zeigt in einfachen Schritten Möglichkeiten zu deren Verbesserung auf. Der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Peter
Ramsauer: »Der Konfigurator ist Teil unserer Kampagne 'Gut für Sie, gut fürs Klima'. Damit setzen wir unseren Kurs fort, die Energiewende mit Augenmaß in die Breite zu tragen und sinnvolle Sanierungen zu unterstützen.« Nach der Eingabe einiger Gebäudedaten und der Auswahl möglicher Sanierungsmaßnahmen erhält der Nutzer Informationen darüber, wie hoch die erreichte Energieeinsparung ist, um welchen Betrag die CO2-Emission damit gemindert wird, wie viel die Sanierung in etwa kostet und welche Fördermittel zur Verfügung stehen.
Der Sanierungskonfigurator dient der Verbraucherinformation, er kann und soll keine Alternative zu einer individuellen professionellen Energieberatung darstellen. Zur Nutzung des Online-Tools sollten folgende Unterlagen und Informationen bereitgehalten werden: - Angaben zum Gebäude (z.B. Baujahr, Flächen, Zahl der Wohnungen) - Kenntnis über bereits durchgeführte Sanierungsmaßnahmen - Kaminkehrerprotokoll (sofern vorhanden) - Energiekostenabrechnung der letzten Heizperiode
Info Sie finden das neue Tool im Internet unter dem Link www.sanierungskonfigurator.de Ein Erklärungs-Video ist auf der Homepage integriert.
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Meldungen Stromsparer zu Gast im Allgäu-Stern In der Hotelbranche zählt ein unnötig hoher Energieverbrauch zu den eher unwillkommenen Gästen. Das Hotel Allgäu-Stern in Sonthofen hat dem hohen Verbrauch den Kampf angesagt und ein Blockheizkraftwerk der Firma agenitor mit der enerquinn Energiesystemtechnik GmbH eingebaut. Die Rechnung geht voll auf: Etwa 50 Prozent seines benötigten Stromes erzeugt das Hotel nun selbst. Das bedeutet unterm Strich eine erhebliche Reduzierung der Energiekosten sowie des CO2-Ausstoßes – und, dass sich die Investitionskosten innerhalb weniger Jahre amortisieren werden. Verantwortlich für die Planung,
Lieferung, Einbringung sowie die Steuerungstechnik der BHKW-Anlage war das Unternehmen enerquinn aus Weingarten, installiert wurde sie von der Firma Scholl und Karg aus Bad Hindelang. Bei diesem Projekt waren Spezialisten gefragt. »Die besondere Herausforderung bestand darin, dass wir die Anlage unter schwierigen räumlichen Bedingungen aufstellen mussten, nämlich bei engen Platzverhältnissen innerhalb des Hotels und noch dazu in unmittelbarer Nähe des Wellnessbereiches. Hier war also eine exakte Vorbereitung inklusive Schallschutz gefragt«, so der Energieberater Peter Lechleiter.
»Aber alles kein Problem, schließlich haben wir bereits zahlreiche Projekte dieser Art umgesetzt.« Ebenso beeindruckend wie die wirtschaftlichen Vorteile lesen sich die technischen Daten des nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung arbeitenden Systems: Das BHKW bringt 240 kW elektrische sowie 365 kW thermische Leistung und wird in voraussichtlich 6.500 Betriebsstunden ca. 1,5 Millionen kWh Strom und 2,4 Millionen kWh Wärme produzieren. Diese Werte entsprechen dem Stromverbrauch von etwa 350 Einfamilienhäusern und dem Wärmebedarf von rund 90 Standard-Einfamilienhäusern.
Kaufbeuren: Diskussionsrunde zur Energiewende nen auf dem Podium: An der Energiewende führt kein Weg vorbei. Allerdings zeigte sich, dass es sehr unterschiedliche Ansätze gibt, das Ziel zu erreichen. Leider waren die zwei Stunden viel zu kurz und die Runde zu groß, um tiefer in die Materie einszusteigen. So blieb es bei plakativen Statements. In der Runde: Thomas Neumann (Q3), Ger-
hard Bucher (Bürgermeister Kaufbeuren), Frank Backwies (Vereinigte Wertach-Elektrizitätswerke), Axel Skuthan (Axun-Solar), Martin Sandler (Energie für Gebäude), Thomas Blechschmidt (Piratenpartei) und die Landtagsabgeordneten Thomas Gehring (Grüne), Bernhard Pohl (Freie Wähler) und Paul Wengert (SPD).
Foto: Viola Elgaß
Eine große Runde an Fachleuten und Politikern versammelte die Q3 Energieelektronik GmbH kürzlich im Innova-Park. Die Probleme und Chancen der Energiewende standen im Mittelpunkt dieser Gesprächsrunde, die später auch für Fragen der rund 80 Zuhörer geöffnet wurde. Erstaunlich war die Übereinstimmung bei den Perso-
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Meldungen Die Kinder entdecken die Elektro-Mobilität Drinnen im im ThomasDachser-Auditorium und draußen im Freigelände der Hochschule Kempten stand der Forschungsdrang der Kinder im Vordergrund. »Elektro-Mobilität« stellte Charlotte Wallin kürzlich den »Nachwuchs-Studenten« vor
Fotos: Viola Elgaß
Seit acht Jahren lädt die Hochschule Kempten regelmäßig Acht- bis Zwölfjährige in den großen Hörsaal. Rund 6000 Kinder haben bisher das Angebot genutzt. Die abwechslungsreichen Themen der Vorträge werden von den Professoren und Dozenten speziell für Kinder ausgewählt und altersgerecht aufbereitet. Die jungen »Studenten« lernen so viel Spannendes aus Wissenschaft und Forschung kennen. Die Vorlesungen beginnen jeweils um 15.30 Uhr. Die Dauer beträgt ca. 30 Minuten, anschließend haben die Kinder noch ca. 15 Minuten Zeit für Fragen und Antworten. Die Teilnahme ist kostenfrei. Anmeldung ist erforderlich. Info: www.hochschule-Kempten.de
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eza!-Partner
Der Weltmarktführer
Holzdämmstoff Pavatex aus Leutkirch Pavatex aus dem Westallgäu hat sich konsequent auf hochwertige Holzfaserdämmsysteme für die Gebäudehülle spezialisiert. Umweltfreundlichkeit beim Produkt und bei der Herstellung stehen im Vordergrund. allgäuALTERNATIV hat Anwendung und Produktion des Weltmarktführers unter die Lupe genommen.
eit der Firmengründung 1936 spielt der Umweltaspekt bei Pavatex eine herausragende Rolle. Die Produktionsstandorte in der Schweiz und seit April 2013 auch in Frankreich zählen zu den leistungsfähigsten und umweltfreundlichsten der Branche. Sowohl bei Rohstoffen als auch bei Herstellung und Transport achtet Pavatex auf Nachhaltigkeit. Neben den gesetzlichen Vorgaben senkt Pavatex zum Beispiel den fossilen Brennstoffverbrauch und nutzt regenerative Energieträger, wie zum Beispiel ein Biomassekessel, der Holzreste aus der Produktion thermisch verwertet. An allen Produktionsstandorten steht Ökologie, Effizienz und Umweltverträglichkeit an erster Stelle. In Golbey (F) geht zur Zeit die leistungsfähigste und umweltfreundlichste Holzweichfaseranlage der gesamten Branche in Betrieb. Hier wurde eine spezielle Wärmerückgewinnung installiert, die bei gleichem Produktionsaufkommen 20 Prozent der thermischen Energie einspart. Ein neuer Abluftreiniger, der Staub- und VOC-Emissionen auf ein Minimum reduziert, sorgt für saubere Luft während des Herstellungsprozesses. Die Produktion von Holzfaserplatten begann mit der Erfindung der Holzzerfaserung im Jahr 1926. Holzfaserplatten waren damit einer der ersten indu-
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An die Wand klatschen... Die neue Pavatex-Innovation: der Pavawall-Bloc für den energetischen Wärmeschutz von Gebäuden. Der Wärmespeicher-Dämmblock auf Holzfaserbasis kommt als verputzbare Vormauerdämmung vor Massivwänden sowie bei der Dämmung von Boden, Drempelwand und Kellerdecke zum Einsatz. Seine Vorteile liegen in seinem handlichen, praktischen Format und der unkomplizierten Verarbeitung. Gleichzeitig stellt der Pavawall-Bloc als ökologisch hochwertiger und diffusionsoffener Baustoff eine echte Alternative zu herkömmlichen Kunststoff-Dämmplatten dar und eröffnet so ganz neue Perspektiven in der Gebäudedämmung.
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striell hergestellten Holzwerkstoffe. Sie fanden schnell im Bauwesen Verwendung. Durch Stabilität und Großformatigkeit erfuhr der neue Werkstoff eine rasche Weiterentwicklung. Zur Herstellung von Faserplatten werden überwiegend Fichte und Tanne verwendet, gelegentlich kommen auch Föhre oder Lärche aus nachhaltiger Holzwirtschaft zum Einsatz. Als Rohstoffsortimente werden vor allem sägefrische Resthölzer aus Sägereien in Form von Schwarten und Spreißeln sowie Hackschnitzeln verwendet. Schwarten und Spreißel werden im Werk zu Hackschnitzeln weiterverarbeitet. Diese werden thermisch und mechanisch zerfasert. Je nach Verfahren werden die Fasern verdichtet und zur Aushärtung der Platten die holzeigenen Bindemittelkräfte aktiviert. Bei der Herstellung werden keine Althölzer eingesetzt und keine Pestizide, Flammschutzmittel oder formaldehydhaltige Zusatzstoffe zugegeben, sondern nur unbedenkliche Hilfsstoffe eingesetzt. Im neuen französischen Werk kommt ein neues Zwei-Komponenten-Leimsystem zum Einsatz, das zudem einen geringeren Leimeinsatz verspricht. Unabhängig vom Herstellungsverfahren sind alle Pavatex-Produkte besonders hochwertige und baubiologisch unbedenkliche Baustoffe, deren Nachhaltigkeit unter anderem durch die EPD Umwelt-Produktdeklaration dokumentiert wird. Pavatex-Produkte werden regelmäßig von unabhängigen Instituten zertifiziert, und erfüllen nachweisbar deren strengen Kriterien für Wohngesundheit, u.a. Öko-Test, natureplus und Sentinel-Haus-Institut. Wenn bei einzelnen Produkten trotzdem Bindemittel (ca. zwei Prozent) zugesetzt werden, geschieht dies, um damit Qualitätsverbesserungen zu erzielen, die mit dem Rohstoff allein nicht zu erreichen wären. Die einlagig herstellbaren Dicken betragen bei Holzfaserdämmplatten ungefähr acht bis 30 Millimeter. Die Rohplatten (ca. 2,5 x 5,25 Meter) werden zur Herstellung von dickeren Platten zu mehrlagigen Blöcken verklebt. Im Trockenverfahren können einschichtige Platten bis 300 Millimeter hergestellt werden. Anschließend werden sie auf Format geschnitten
Fotos: Pavatex
und je nach Produkt mittels eines Doppelendprofilers mit Nut und Kamm/Feder versehen. Gut gedämmte Gebäude zählen zu den wichtigsten Faktoren des aktiven Klimaschutzes. Durch die Verwendung von Holzfaserdämmstoffen wird der Energiebedarf gesenkt, der Ausstoß von CO2 reduziert und Kohlenstoff durch die bauliche Verwendung von Holz gebunden. Die Systeme verbinden den Klimaschutz mit Wohnkomfort. Sie stellen die Gebäudehülle für nachhaltige Bauprojekte dar. Pavatex gehört zu den Pionieren der Branche und reagiert auf neue Trends. Neue Lösungen gibt es zum Beispiel in der Dachsanierung, die sich in den letzten Jahren mit über drei Millionen Quadratmetern sanierter Dächer bestens bewährt hat. Bei ausgebauten und bewohnten Dachgeschossen ist in den meisten Fällen eine Sanierung nur von außen möglich. Diese Sanierung ist mit Pavatex-Produkten kostengünstig und technisch gut machbar, ohne auf den Wohnraum im Dachgeschoss verzichten zu müssen. Die Aufbauten bleiben diffusionsoffen. Die Haftkomponenten der Systemlösungen sorgen für die dauerhafte, sichere Dichtheit bei multifunktionalen Gebäudehüllen – jetzt auch garantiert durch die neue Pavatex-Gewährleistung. Sie bietet im Schadensfall umfangreiche Service-Leistungen und erhöht so einmal mehr die Sicherheit.
Einsatz von Pavatex an der Umweltstation Unterallgäu in Legau
Info Die Pavatex GmbH mit Sitz in Leutkirch in Allgäu wurde 1992 als Tochterunternehmen des Schweizer Holzfaserproduzenten Pavatex SA gegründet und ist verantwortlich für den Vertrieb der Pavatex-Produkte in Deutschland und Österreich. Kompetente technische Pavatex Beratung und weitreichender Service sind wesentliche Markenzeichen der Pavatex GmbH. Pavatex bezeichnet sich als weltweiter Marktführer für hochwertige Holzfaserdämmsysteme für die moderne Gebäudehülle. Das Leistungsspektrum der Dämm- und Dichtsysteme von Pavatex ist einzigartig. www.pavatex.de Anzeige
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Interview
Die Zukunft fest im Blick
Die Allgäuer Überlandwerke als Dienstleister
Fotos: Elgaß
allgäuALTERNATIV hat sich mit Michael Lucke, dem Geschäftsführer der AÜW, über die kommenden Entwicklungen auf dem Energiemarkt und die Rolle der Überlandwerke in Sachen Energiezukunft unterhalten. Als kommunales Unternehmen will der regionale Stromversorger aus Kempten seine Position nicht nur halten, sondern gezielt ausbauen.
AllgäuALTERNATIV: Herr Lucke, Sie haben sich neulich in der Hochschule als Ostfriese »geoutet«. Gibt es Ähnlichkeiten zwischen Allgäuern und Ostfriesen? Michael Lucke: Absolut, das ist schon ein ähnlicher Menschenschlag. Es gibt viele Parallelen. Ostfriesen und Allgäuer haben lange in strukturschwachen Gebieten abseits der Handelswege gelebt. Insofern hat man es als Ostfriese im Allgäu doch leichter, da einem diese Gegebenheiten vertrauter sind, als wenn man beispielsweise aus einem Ballungsgebiet wie Berlin kommt. Sie haben kürzlich davon gesprochen, dass sich die Allgäuer Überlandwerk GmbH zukünftig immer mehr zum Dienstleister entwickeln wird. Wie haben Sie das gemeint? Wenn die Energiewende so kommt, wie wir das erwarten, also die dezentrale Produktion erneuerbarer Energien ansteigt, werden wir Privatkunden, aber auch Gewerbekunden verlieren, die sich dann selbst versorgen. Heute kann bereits bei Einfamilien- oder 54
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Reihenhäusern festgestellt werden, dass die ersten Besitzer auf Eigenverbrauch umstellen. Dabei hilft ihnen die Entwicklung von Energiespeichern. Solch ein Speicher muss nicht im eigenen Haus stehen, das sehen wir in Wildpoldsried. Er kann ausgelagert platziert werden und mehrere Häuser gleichzeitig bedienen. Mit dem Batteriespeicher in Wildpoldsried haben wir erste Praxiserfahrung gesammelt. Wir werden natürlich weiter Strom erzeugen und verkaufen, aber es gilt auch, die Zulieferungen beispielsweise der vielen Photovoltaik- und Windanlagen zu steuern. Das gesamte Management wird komplexer werden. Hier sehen wir zukünftig vermehrt unsere Aufgaben. Infrastruktur und Dienstleistung werden ganz wichtige Zukunftsthemen. Die Kunden müssen dem Management vertrauen können. Hat der durchschnittliche AÜW-Kunde ein Gefühl für seinen Stromverbrauch? Und wie beeinflusst er seinen persönlichen Verbrauch, nimmt der Kunde Sie hier als Partner wahr? Spielt es darüber hinaus eine Rolle, dass die AÜW ein gewachsenes Allgäuer Unternehmen in kommunaler Hand sind? Beim Thema Strom fehlt den Menschen immer noch die Wertigkeit. Wenn man sie nach ihrem Verbrauch fragt, können viele noch die monatliche Abschlagszahlung nennen, aber den Gesamtverbrauch haben sie nicht so parat. Sie wissen noch eher, wie viel der letzte Urlaub gekostet hat. Wertiger Strom aus der Region hat ein anderes Preisgefüge als der vom Discounter – das hat gerade die Insolvenz von Flexstrom gezeigt. Wir haben Potenzial im Allgäu, weil die Menschen ein ökologisches Herz und Spaß an Innovationen haben. Photovoltaik, Speicher, Elektromobilität und intelligente Netze, Zähler und Haussteuerung – dafür ist im Allgäu ein Markt vorhanden. Und wo ein Markt ist, muss es jemanden geben, der diesen Markt bedient. Der Informationsbedarf wird größer werden – und das Thema Datensicherheit wird immer wichtiger. In Sachen Vertrauen können wir von den AÜW als Unternehmen in kommunaler Hand aus der Region für die Region auch beim Kunden punkten. Je mehr Kunden auf Eigenversorgung umstellen, desto weniger Strom werden die AÜW liefern müssen. Werden Sie zur großen USV (Unabhängigen Stromversorgung), wenn die Selbstversorgungsnetze mal nicht funktionieren? So gern wir sagen würden, wir sind die große Unabhängige Stromversorgung: Das wird doch letztlich
gesetzlich geregelt werden müssen. Es gibt viele Haushalte und Stromabnehmer, die kein Haus besitzen und sich nicht selbst versorgen können. Die Netze müssen ja erhalten bleiben, die Kosten dafür müssen auf alle Kunden gerecht verteilt werden – ein Problem, das der Bundesnetz-Agentur bekannt ist. Wird es Steuern für Eigenproduktionen geben? Das ist die große Frage. Ich glaube, man wird das über einen höheren Grundpreis steuern können. Zum Beispiel über ein Vignetten-System wie bei der Autobahnnutzung in vielen europäischen Ländern üblich, das Viel- und Wenigfahrer gleichermaßen trifft. Anderes Thema: Die AÜW sind an Windkraftund Kohlekraft-Anlagen beteiligt. Können Sie uns dazu Daten und Zahlen nennen? Offshore-Windkraft in der Nordsee wird weiterhin zur sicheren Stromversorgung und zum Strommix beitragen, den wir zukünftig brauchen. Diese Beteiligung würde ich heute wieder machen. Wir halten 2,2 Prozent Anteile an der Trianel-Windkraft Borkum GmbH & Co. KG. Dieser Anteil entspricht einer Anlage mit einer Leistung von 5,3 Megawatt. Wir sind optimistsich, dass der Offshore-Windpark im August dieses Jahres in Betrieb geht. Beim Trianal-Kohlekraftwerk haben wir eine Beteiligung von 5,28 Prozent, das entspricht gut 40 Megawatt. Das Kraftwerk in Lünen ist mit 45,7 Prozent das aktuell effizienteste Kohlekraftwerk in Deutschland. Hocheffiziente Kohlekraftwerke wie in Lünen sind notwendig, um alte, ineffiziente Kraftwerke zu ersetzen und so die CO2-Emissionen langfristig zu senken. Die CO2-Ersparnis gegenüber einem durchschnittlich effizienten Kohlekraftwerk mit einem Wirkungsgrad von rund 36 Prozent beträgt etwa 1,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Wir werden an grundlastfähigen Kraftwerken wie dem Kohlekraftwerk in Lünen auch mit Zuwachs an erneuerbarer Energie nicht vorbeikommen. Es werden in den nächsten Jahren Atomkraftwerke vom Netz gehen. Es gibt kein abgestimmtes parteiübergreifendes Konzept, wie das Zusammenspiel von regenerativer Energie auf der einen Seite und Kraftwerkskapazitäten auf der anderen Seite aussehen soll. Hier erwarte ich nach der kommenden Bundestagswahl klare Rahmenbedingungen. Es kann doch nicht sein, dass ein Braunkohlekraftwerk, das 36 Prozent mehr CO2-Emissionen erzeugt als das, was wir gebaut haben, derzeit am Netz ist, weil es wirtschaftlicher ist. Über diese beiden Beteiligungen hinaus haben wir auch noch weitere Engagements im Bereich Photovoltaik und Windkraftanlagen. Thema Spitzenstrom und Pumpspeicherkraftwerke: Was besteht bereits, und was wird mit welcher Leistung geplant?
Wir haben bereits ein Gas- und Diesel-Kraftwerk mit 30 Megawatt in der Au zur Produktion von Spitzenstrom-Bedarf. Darüber hinaus glaube ich, dass es im Allgäu mit Blick auf den Aufbaubedarf und die schwankenden Leistungsspitzen notwendig sein wird, zwischen 60 und 90 Megawatt Spitzenstrom durch Pumpspeicherkraftwerke zu erzeugen. Leider sind auch hier Prognosen schwierig, denn Pumpspeicherkraftwerke sind teuer. Man rechnet derzeit pro Megawatt eine Million Euro. Es hängt viel davon ab, welche politischen Regelungen für dauerlastfähige Gaskraftwerke gefunden werden. Wir müssen uns klar darüber sein, dass Pumpspeicherkraftwerke innerhalb von Sekunden zugeschaltet werden können und je nach Wasserzufuhr bei Voll-Last bis zu sechs Stunden den benötigten Höchstbedarf an Strom überbrücken können. Gerade bei den Protesten gegen Windkraft wurde von den Gegnern immer wieder angeführt, dass die Wasserkraft in unserer Region noch besser genutzt werden sollte. Wie steht es damit? Wirtschaftlich attraktive Standorte für Laufwasserkraftwerke mit größerer Fallhöhe sind im Allgäu relativ ausgeschöpft. Potenzial sehen wir bei Laufwasserkraftwerken, bei denen ein neuer Turbinentyp bei bestehenden Wehrstufen zum Einsatz kommt, sogenannte Very-Low-Head-Turbinen. Diese sind extra für sehr kleine Fallhöhen konzipiert. Ebenfalls Potenzial sehen wir für ein sogenanntes Dotationskraftwerk an der Kaufbeurer Straße in Kempten mit etwa 0,3 Megawatt. Dann können wir jetzt das Thema Windkraft nicht auslassen. Im Wirkungskreis der AÜW weht Ihnen ja starker Wind entgegen. Können Sie sich denn vorstellen, außerhalb der Region in weitere Windkraftanlagen zu investieren – zum Beispiel im Unteroder im Ostallgäu? Das ist für uns ein Thema, und es laufen auch Untersuchungen. Wir bieten uns den Kommunen als Partner an und präsentieren uns. Wir versuchen, die strategischen Leitplanken umzusetzen, die für die vier
Interview Allgäuer Landkreise mit der Politik, der eza! und der Allgäu GmbH entwickelt wurden. Da wurden ehrgeizige Ziele formuliert. Jedes unserer Projektvorhaben geht vor unseren Verwaltungsrat, und wir haben vier Grundsätze zu erfüllen: Es muss wirtschaftlich sein, es muss vom Landschaftsschutz her machbar sein, es muss vom Umweltschutz her funktionieren und im Rahmen des Klimaschutzes vertretbar sein. Im Falle des Falles: Wird der Bürger die Möglichkeit haben, sich zu beteiligen? Auf jeden Fall. Es stellt sich die Frage, ob wir noch einmal Inhaberschuldverschreibungen auflegen oder andere Formen der Beteiligung schaffen. Die Modelle haben sich geändert. Aber nach wie vor ist die Bürgerbeteiligung ein Teil unserer Strategie. Gegen Windkraft sind unsere Bürgerinitiativen Sturm gelaufen, bei den Photovoltaik-Flächenanlagen, die derzeit gebaut werden, gibt es so gut wie keine Proteste. Ein Phänomen – können Sie das erklären? Nein, das haben wir gerade auch intern diskutiert. Beides, Windkraft und Flächenanlagen, haben eine einschränkende Wirkung auf die Landschaft. Dass es keine Proteste gegen Freiflächenanlagen gibt, finden wir insoweit nicht schlimm, weil wir selber an ein paar Freiflächenanlagen beteiligt sind. Mit dem ZAK zusammen haben wir die SEA, die Solarenergie Allgäu, gegründet, die sich an Projekten anderer Investoren beteiligt oder selber Anlagen baut. Die Vergütungen sind inzwischen für Dachflächenanlagen so reduziert, dass sie sich praktisch nicht mehr lohnen. Auch die Margen bei Freiflächenanlagen sind bereits an einer kritischen Grenze, kann es sein, dass die Investoren bald die Finger davon lassen? Ich glaube, dass es dann auch wieder Bewegung bei den Modulherstellern geben wird. Die Anlagen werden günstiger werden. Allerdings hängt es ganz davon ab, wie die EU oder China die Subventionen dafür auslegen. Meines Erachtens wird es zukünftig weiter möglich sein, Anlagen so zu konzipieren, dass es sich lohnt, zu investieren. In letzter Zeit wird vermehrt von Wasserstoff, Methan und Gasspeichern geredet. Wie schätzen Sie die Chancen dieser Technologie ein? Wir beobachten dieses Thema sehr interessiert. Ich denke, wenn wir die 'power to gas'-Technologie auf einer Zehner-Skala der wirtschaftlichen Realsierung einordnen wollen, dann sind wir höchstens bei der Stufe drei. Es wird sich zeigen, wie schnell die Innovationsschritte sind. Da glaube ich noch nicht so richtig dran. Elektromobilität – welche Chancen geben Sie dieser Technologie im Allgäu? 56
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Die Elektromobilität hat gerade einen Dämpfer bekommen. Es war allen auch klar, dass die Jahre 2012 und 2013 eine Durststrecke werden. Es sind noch nicht genug Autos am Markt, und mit Preisen von 30.000 bis 50.000 Euro sind das eher Nischen- und Liebhaberautos. Erst, wenn es mehr E-Fahrzeuge gibt, werden die Preise sich ändern. Ein Elektroauto entspricht im Verbrauch etwa einem Haushalt, auf ein Jahr gerechnet, beide brauchen etwa 3.500 Kilowattstunden. In 20 Jahren, so eine Studie von Siemens, bestellen wir unsere E-Autos günstig im Internet, und dann lohnt sich vielleicht auch der Blick auf die Batteriespeicher der Fahrzeuge zur Refinanzierung. Im Moment wird die Elektromobilität leider etwas unterschätzt. Wenn die Batterien leistungsfähiger und billiger werden, wird es wieder einen großen Schub geben. In China beschäftigen sich über 250 Firmen nur mit E-Mobilität. Stellen Sie sich vor, was passiert, wenn die Autos nur noch 10.000 Euro kosten. Es kommt dazu, dass es richtig Spaß macht, solche Autos zu fahren. Schauen Sie sich die Entwicklung bei den Fahrrädern an. Ich hatte gerade einen Prospekt in der Hand, da waren bereits über die Hälfte E-Bikes. So wird das auch bei den Elektroautos kommen. Die AÜW brauchen Planungssicherheit über längere Zeiträume. Wie zufrieden sind Sie mit der Richtlinienkompetenz der Bundes- und Länderregierungen beim Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG)? Nicht zufrieden. Für mich ist das Bild relativ einfach: Die Energiewende wird uns bis zu 350 Milliarden Euro kosten, und wir haben kein vernünftiges Finanzierungsmodell. Das EEG ist nicht geeignet, die große Energiewende zu finanzieren. Es fehlt ein parteiübergreifendes Konzept. Und auf Bayern bezogen: Für die Gaskraftwerke und das Gasleitungsnetz gibt es keine ausreichenden Planungen. Es gibt unterschiedliche Interessen der Lobby-Vertreter bei den Regierungen – auf der einen Seite die mittelständischen Unternehmen wie die AÜW, die ganz andere Ziele verfolgen als die großen wie EON oder RWE. Dann gibt es die energieintensiven Industrien, die an einem günstigen Strompreis interessiert sind, und es gibt in der EUEcke auch noch Interessenvertreter, die ihre Ziele verfolgen. München und Berlin haben es sicher nicht ganz leicht. Aber mir fehlt im Moment die politische Ehrlichkeit, den Menschen zu sagen: Das kostet so und so viel – und so wollen wir es machen. Das richtige Modell zu entwickeln, ist nicht leicht. Es birgt allerdings auch eine große Chance. Was bei uns in Deutschland zurzeit passiert, wird im Ausland mit hohen Erwartungen und Respekt begleitet. Wir haben als Technologie-Vorreiter eine gute Chance, zumindest zu einem Teil die Kosten der Energiewende zu refinanzieren. Herr Lucke, wir danken für das Gespräch.
Windkraft
Schalter umlegen!
Jeder kann mitmachen Jetzt ist Zeit für neue Energien
Das Unterallgäu baut auf regionalen Wind
u diesem Zweck hat Landrat Hans-Joachim Weirather eine Entwicklungsgesellschaft als GmbH + Co. KG für Windkraftanlagen initiiert, die demnächst gegründet werden soll. Im Landratsamt in Mindelheim wurden die Pläne zunächst einmal den Bürgermeistern aus dem Landkreis vorgestellt. Das Konzept wurde gemeinsam mit der Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim und den Volksbanken und Raiffeisenbanken erarbeitet. Die Beteiligungen an der geplanten Entwicklungsgesellschaft teilen sich VR-Bank (255.000 Euro), Sparkasse (255.000 Euro), Baywa r. e. Wind (250.000 Euro) und der Landkreis Unterallgäu (40.000 Euro). Für die kaufmännische Leitung ist der Holzgünzer Bürgermeister Paul Nagler vorgesehen, die technische Leitung wird Simon Sturm übernehmen. Die Geschäftsstelle wird bei der Unterallgäu Aktiv GmbH in Bad Wörishofen untergebracht. Laut Weirather sind im Unterallgäu bis zu 50 große Windkraftanlagen (Gesamthöhe 200 Meter) mit einem Investitionsvolumen von jeweils 4,5 Millionen Euro vorgesehen. Wo genau Windmühlen gebaut werden könnten, sei derzeit noch nicht abschließend geklärt. Es seien zehn bis zwölf Vorranggebiete für Windkraftanlagen im Gespräch, über die der Regionalverband Donau-Iller im Frühjahr 2014 beschließen werde, sagte der Landrat und schätzte, dass 50 Prozent der Anlagen auf Privatgrund und 50 Prozent auf öffentlichem Grund stehen werden. Die »Projektentwicklungsgesellschaft Windkraft Unterallgäu« soll die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Gemeinden und Bürger an den Windkraftanlagen mitwirken können. »Aus Betroffenen Beteiligte machen!« sei die Devise, sagte Paul Nagler und gab zu verstehen, dass schon jetzt der eine oder andere Vertreter auswärtiger Investoren versuche, Vorverträge mit Grundstücksbesitzern abzuschließen. »Sagen Sie uns Bescheid, wenn Sie davon etwas mitbekommen!« Die neue Entwicklungsgesellschaft will auf Information und Aufklärung setzen. »Es gibt nichts zu mauscheln. Wir kommen gerne überall dahin, wo Informationsbedarf besteht«, bot Nagler den Bürgermeistern an. Die Rückläufe der Träger öffentlicher Belange beim Planungsverband Donau/Iller gestalte sich der-
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Foto: Landratsamt Unterallgäu
Die Energiewende soll im Unterallgäu aktiv durch die Bürger mitgestaltet werden. Deshalb sollen sie laut Landrat Hans-Joachim Weirather beim Thema Windkraft eingebunden werden und als Investoren davon profitieren können. Die Projektentwicklungsgesellschaft »Windkraft Unterallgäu« soll die Bürgerbeteiligung in die Wege leiten.
zeit nicht sehr ergiebig, berichtete der Landrat. Bei der Bundeswehr habe es beispielsweise erst einmal nur unverständiges Schulterzucken gegeben. Während beim Planungsverband 16 (Landkreise Lindau, Oberallgäu und Ostallgäu) Hunderte kritischer und ablehnender Stellungnahmen bereits im informellen Verfahren eingingen, läuft das gleiche Verfahren beim Planungsverband 15 im Unterallgäu recht friedlich. Lediglich naturschützerische Bedenken seien vermehrt eingegangen. »Wir wollten es nicht Dritten überlassen, was im Landkreis Unterallgäu passiert«, betonte Hermann Kerler vom Unterallgäuer Energieteam und Mitglied der Arbeitsgruppe »Projektentwicklung Wind Unterallgäu«. Die gesamte Region solle etwas von der Windkraft haben. Deshalb habe die Arbeitsgruppe aus Vertretern des Landkreises, der Sparkasse und der Volksbanken und Raiffeisenbanken ein Konzept erarbeitet, mit dem es gelingen soll, die Sicherung von Grundstücksflächen, die Planung und den Bau von Windkraftanlagen regional zu steuern. Aufgabe der Gesellschaft ist laut Kerler die Projektplanung, also zum Beispiel die Prüfung auf Machbarkeit, das Genehmigungsverfahren oder die Vorfinanzierung. Zum Betrieb der Anlagen können die Gemeinden oder Initiatoren nach seinen Worten eine Gesellschaft gründen und den Bürgern eine Beteiligung anbieten. Eine Betreibergesellschaft könne dann das von der Entwicklungsgesellschaft vorbereitete Projekt übernehmen. Kerler beschwor den interkommunalen Gedanken, der hinter dem Projekt steht: »Wenn eine Gemeinde kein Vorranggebiet hat, sollen sie und ihre Bürger die Möglichkeit erhalten, sich bei der Nachbargemeinde zu beteiligen.« Die Geschäftsstelle der Gesellschaft soll bei der Unterallgäu Aktiv GmbH in Bad Wörishofen angesiedelt werden.
Die Bürger im Unterallgäu sollen beim Thema Windkraft eingebunden werden. Zu diesem Zweck haben Vertreter des Landkreises, der Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim sowie der Volksbanken und Raiffeisenbanken ein entsprechendes Konzept erarbeitet. Unser Bild zeigt Hermann Kerler, Simon Sturm, Christian Baumann, Michael Stoiber, Landrat Hans-Joachim Weirather, Albert Egg, Anton Jall, Thomas Munding und Paul Nagler (von links)
Viele Informationen rund ums Unterallgäuer Klimaschutzkonzept sind im Internet unter www.unterallgaeu.de/ klimaschutz zu finden.
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Energiezukunft
Neben der Zielvorgabe?
Allgäuer Kreise und Städte zu optimistisch
Lange Gesichter beim Klimagipfel im Landratsamt in Sonthofen und bei der Allgäu-Konferenz in Kaufbeuren: Die selbst gesteckten hohen Ziele bei der Energiewende werden wohl kaum erreicht. Stimmt die optimistische Vorgabe nicht, oder liegt es am Widerstand gegen die Windkraft? Landrat Gebhard Kaiser hielt mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg: »Ohne Windkraft schaffen wir es nicht!«
Foto: Viola Elgaß
»Mit Solarstrom allein werden die Klimaziele im Allgäu nicht zu erreichen sein,« sagt Gebhard Kaiser
limakonferenz im Landratsamt Sonthofen: eza! berichtet, dass die Wasserkraft-Reserven im Allgäu nicht besonders hoch sind. Lediglich Effizienzerhöhung und neue Kraftwerke an bestehenden Stufen seien noch denkbar. Der Boom der Solar-Dachanlagen sei beendet, die Einspeisevergütung fällt ständig und ist als Einnahmequelle bei Neuanlagen uninteressant geworden. Alfons Hörmann von der Solar T4 Allgäu GmbH & Co. KG berichtete, dass die Gewinnspanne bei den Freiflächenanlagen nur noch bei Cent-Bruchteilen liege. Sinke sie noch mehr, würden auch die Flächenanlagen sich nicht mehr lohnen. Dass die Biomasse als Alternative im Unterallgäu bereits die Landschaft fest im Griff habe, sei allgemein bekannt. Die Maisfelder sind im Vormarsch auf das Oberallgäu. »Immer neue Wiesen werden gepflügt, damit Mais angepflanzt werden kann«, stellte der Oberallgäuer Landrat fest. Es dürfe nicht so weitergehen, machte Gebhard Kaiser klar. Also auch in Sachen Bioeneregie sind natürliche Grenzen aufgezeigt. Zwei große Gesprächsrunden fanden in letzter Zeit zu Energie und Klima statt: Im Oberallgäu ein Kli-
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magipfel im Landratsamt in Sonthofen und die periodisch stattfindende Allgäu-Konferenz für die drei kreisfreien Städte und die vier Allgäuer Landkreise in Kaufbeuren, die sich allerdings auch mit anderen allgäutypischen Themen beschäftigt. Bei der Allgäu-Konferenz in Kaufbeuren sagte Gebhard Kaiser: »Die Sachstandsberichte sorgen doch für einige Ernüchterung. Das sind Tatsachen, an denen man nicht vorbeikommt. Ohne Windkraft werden wir unsere Ziele nicht erreichen!« gab er unmissverständlich zu Protokoll. Einige Teilnehmer des Sonthofener Klimagipfels erinnerten sich daran, dass der grüne Landtags- und Kreistagsabgeordnete Adi Sprinkart fürs Oberallgäu sogar statt der beschlossenen 70 Prozent Stromerzeugung aus alternativen Energien sogar 100 Prozent bis 2022 gefordert hatte. Die Hoffnung auf »Ersatz« durch Wasserkraft für Windenergie wurde durch die umfangreiche Studie von eza! in Kaufbeuren zunichte gemacht. Die RestPotentiale reichen nicht aus, um die teilweise recht hoch gesteckten Ziele der Landkreise und kreisfreien Städte zu erreichen (dazu die Tabelle der Wunschziele auf der nächsten Seite).
Die Energie-Ziele der Allgäuer Landkreise und der kreisfreien Städte Landkreis Oberallgäu Beschluss im Juli 2011: 70 Prozent des Stromanteils aus erneuerbaren Energien bis 2022.
gemeinschaftlich zu meistern. Ferner lässt sich der Landkreis ein Energie- und Klimaschutzkonzept erstellen, das Leitziele, weitere strategische Vorgehensweisen und konkrete Maßnahmen beinhaltet.
Landkreis Ostallgäu »Masterplan Energiezukunft 2020«. Ziel des Masterplans ist, in den nächsten acht Jahren den Anteil der erneuerbaren Energie am gesamten Strom- und Wärmeverbrauch im Ostallgäu auf 50 Prozent zu steigern.
Landkreis Lindau Ziele: Der Landkreis Lindau wird seiner Rolle auf zweierlei Weise gerecht: • Er saniert Zug um Zug seine Liegenschaften vorbildhaft in Bezug auf Ökologie und Ökonomie auf einen optimalen energetischen Standard. • Im Sinne der Landkreisordnung steht er den Kommunen des Landkreises als Bindeglied zur Verfügung, die Energiewende
Landkreis Unterallgäu Der Landkreis setzt sich das Ziel, bis zum Jahre 2021 mindestens die Anteile der erneuerbaren Energien, die dem bayerischen Energiekonzept zugrunde liegen, zu erreichen. Dies bedeutet für den Bereich Strom insgesamt einen Anteil von 50 Prozent der erneuerbaren Energien am Endenergiebedarf bis 2021.
Stadt Kempten »Masterplan 100 Prozent« – die Stadt betrat mit diesem Plan 2011 Klimaschutz-Neuland und erarbeitet Strategien, wie der Energieverbrauch bis ins Jahr 2050 mindestens halbiert und der Ausstoß klimaschädigender CO2-Emissionen und sonstiger Treibhausgase
wie Methan oder Lachgas deutlich um bis zu 95 Prozent gesenkt werden kann.
Stadt Kaufbeuren Erstellung einer ausführlichen Energiebilanz im November 2012. Die Bilanz soll alle drei Jahre fortgeschrieben werden. Es wurden keine Beschlüsse über bestimmte Ziele gefasst. Wohl aber sollen mit der Bilanz die Weichen für einen besseren Klimaschutz sowie Energie-Einparung und Stromverbrauch dokumentiert und erreicht werden.
Stadt Memmingen Klimaschutzkonzept im Dezember 2012 verabschiedet. Das Aktivitätenprogramm mit 33 konkreten Projekten von A wie Abwasserwärmenutzung bis Z wie Zusammenarbeit mit Unternehmen ist im Klimaschutzkonzept enthalten. Die Bevölkerung wird in die Projekte mit eingebunden. Es wurden keine konkreten »Fernziele« formuliert.
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Strom
Kraftwerk fürs Haus
Strom selber »machen« und speichern Eine ganze Reihe von Anbietern ist in letzter Zeit im Markt aufgetaucht und bietet intelligente Anlagen für die komplette Eigenversorgung von Häusern mit Solarstrom an. Die Verbindung zum E-Werk dient nur noch der Sicherheit. Wir haben uns eine solche Anlage vor Ort angesehen und mit dem Betreiber gesprochen. ildes Seeklima im Winter und sonnenreiche Sommer zeichnen die Bodenseeregion aus. Eingebettet zwischen Hopfenfeldern, Obstwiesen und Weingärten im Hinterland des Sees liegt Tettnang. Hier leben Peter und Hannelore Wirth (Namen wurden geändert) in ihrem Haus mit Einliegerwohnung mitten im über Jahre gewachsenen Wohngebiet. Weil das einst neu gebaute Haus jedoch energetisch nicht mehr zeitgemäß war, entschied sich das Ehepaar dafür, es mittels Eigenstromerzeugung zukunftsfähiger zu gestalten. Dafür machte sich Peter Wirth auf die Suche nach seinem eigenen kleinen Kraftwerk. Doch den Strom »nur« selbst herzustellen, war ihm nicht genug: »Für mich macht es einfach keinen Sinn, sich eine Photovoltaik-Anlage für die Eigenstromversorgung auf dem Hausdach installieren zu lassen, wenn man den Strom nicht speichern und auch dann verbrauchen kann, wenn die Sonne nicht scheint.« Durch eine Endkundenveranstaltung kam er schließlich auf Azur Independa und blieb dabei. Denn das Eigenstromsystem macht seinen Besitzer bis zu 80 Prozent unabhängig vom öffentlichen Netz und verteilt den selbst hergestellten Strom intelligent im Haus. Es versorgt die elektrischen Verbraucher wie Herd, Wasch- und Spülmaschine oder den Trockner mit ausreichend Energie und lädt gleichzeitig die recycelbaren Blei-Gel-Batterien auf. So steht der eigene Strom auch dann zur Verfügung, wenn die Sonne nicht scheint. Ist der eigene Speicher mal voll, wird die überschüssig produzierte Energie einfach ins öffentliche Netz eingespeist. Nur, wenn die Speicher leer sind, greift das intelligente Eigenstromsystem auf das
Fotos: AES
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Peter Wirth mit seiner Anlage Azur Independa bei der Bedienung des Azur Monitoring mit übersichtlichem Touch-Display
Beim Ehepaar Wirth wurde eine Anlage Azur Independa in der Größe S mit einem Speicher der Größe M und insgesamt 29 Solarmodulen P-240 mit Splitterbox installiert
Info AES heißt Alternative Energie Systeme GmbH. Der Spezialist für Solarlösungen im Allgäu ist Im Alpenblick 30 in Wangen-Primisweiler zu Hause (aes-solar.de). Das System Azur Independa hat AES schon öfter installiert und kann entsprechende Referenzen nachweisen.
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Ausführliche Beratung wird von der Wangener Firma angeboten. Das System Azur Independa wurde mehrfach ausgezeichnet. »Die Übermorgenmacher«, Plus X-Award als bestes Produkt 2012 in den Kategorien Innovation, Bedienkomfort, Funktionalität und Ökologie. Deutscher Energiesparpreis 2012 in der Kategorie Erneuerbare Energien.
öffentliche Netz zu. Einen Überblick über die Leistung der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, die eigene Autarkie, den Stromverbrauch, den Ladestand des Solarspeichers und das öffentliche Netz gibt das einfach bedienbare Touch-Display des Monitoring. Für die Wirths ist das Beobachten am Bildschirm nicht nur reine Information über die Leistungsfähigkeit der Anlage, sondern bringt gleichzeitig einen Lerneffekt mit sich: »Durch das eigene System hat sich auch unser Umgang mit der Ressource Strom gewandelt, wir nutzen unsere elektrischen Verbraucher, soweit möglich, jetzt eher mittags, wenn die Anlage durch die Sonneneinstrahlung am effizientesten arbeitet.« Die Einspeisevergütung für den überschüssigen Strom, der ins Netz geliefert wird, ist zwar inzwischen ziemlich tief gesunken, und es wird über kurz oder lang auch eine gewisse »Sicherheits-Gebühr« für den Anschluss ans öffentliche Netz geben, aber der EigenStrom hilft den Verbrauchern weiterhin, kräftig Geld zu sparen. »Vor der Installation des Eigenstromsystems haben wir bei einem Jahresstromverbrauch von 5200 Kilowatt 1620 Euro für die große und die kleine Wohnung mit insgesamt 153 Quadratmetern bezahlt. Jetzt bezahlen wir noch 40 Euro pro Monat an den Stromversorger und erhalten etwa 70 Euro inklusive Mehrwertsteuer für das Einspeisen«, erzählt der Konstruktions-Ingenieur in Rente. »Es gibt Tage, da beziehen wir nur 0,4 Kilowatt Strom aus dem öffentlichen Netz, speisen aber bis zu 45 Kilowatt pro Tag ein. Das Eigenstromsystem funktioniert zuverlässig und produziert sogar im Winter unseren eigenen Solarstrom.« In puncto Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit war es Peter Wirth wichtig, dass nicht nur die SolarModule, sondern das gesamte System inklusive Speicher »Made in Germany« sind. »Einen höheren Strompreis für den Trassenbau, um den Öko-Strom aus Windenergie von Norddeutschland bis zu uns in den Süden anzuliefern, halte ich ökologisch gesehen ebenfalls für wenig nachhaltig«, so Peter Wirth. »Strom sollte deshalb dezentral produziert werden, also dort, wo er direkt verbraucht wird. Und genau das sollte der Staat auch fördern.«
Strom
Energie im Schwarm
Dezentrale Stromerzeugung koordiniert
Die deutsche Energielandschaft befindet sich in einem rasanten Wandel. Früher lieferten 400 bis 500 Großkraftwerke den Strom. Binnen kurzer Zeit sind etwa 1,3 Millionen dezentrale Kleinkraftwerke – Photovoltaikanlagen, Windräder und Blockheizkraftwerke – hinzugekommen. Dieser rasant wachsende »Schwarm« aus Minikraftwerken und Speichern muss im Einklang mit dem Stromnetz und dem Energiebedarf von Millionen Verbrauchern sinnvoll gesteuert werden. in neues Betriebssystem für die dezentrale Energiewirtschaft soll in Zukunft die Versorgung intelligent steuern. Demnächst werden mit Elektroautos und neuen Batterietechnologien
Fotos: djd/LichtBlick SE/Amac Gabe
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Unter dem Aspekt einer auch künftig sicheren und bezahlbaren Energieversorgung wurde mit dem »SchwarmDirigenten« eine Software entwickelt, die die intelligente Steuerung, Vernetzung und Optimierung dezentraler Kraftwerke und Speicher ermöglicht
Sichere Stromversorgung In Deutschland stehen genügend Technologien zur Ver fügung, um auch bei hohen Anteilen von Wind- und Sonnenstrom eine stabile Energieversorgung sicherzustellen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie im Auftrag des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE). Einen wichtigen Beitrag leisten dabei flexible, mit Gas betriebene Zuhause-Kraftwerke. Sie springen ein, wenn nicht ausreichend Wind- und Sonnenstrom erzeugt werden kann. Mehr Informationen zur Studie gibt es unter www.bee-ev.de, Informationen zum dezentralen ZuhauseKraftwerk findet man unter www.lichtblick.de im Internet.
zudem Millionen dezentrale Speicher zur Verfügung stehen. Unter dem Aspekt einer auch künftig sicheren und bezahlbaren Energieversorgung hat beispielsweise der Hamburger Ökostrom-Anbieter LichtBlick eine Software entwickelt, die die intelligente Steuerung, Vernetzung und Optimierung dezentraler Kraftwerke und Speicher ermöglicht: den »SchwarmDirigenten«. »Unsere Software ist ein Betriebssystem für die Energiewende. Denn die Energiewelt wird nicht nur grüner, sondern auch kleinteiliger«, betont Gero Lücking, Vorstand Energiewirtschaft von LichtBlick. Erst im Schwarm könne diese neue, dezentrale Energielandschaft von morgen eine sichere Versorgung, stabile Netze und vor allem auch geringere Energiekosten für die Verbraucher garantieren. Der »SchwarmDirigent« wird derzeit bereits erfolgreich zur Steuerung von 700 dezentralen ZuhauseKraftwerken eingesetzt. Diese von Volkswagen entwickelten Mini-Blockheizkraftwerke erzeugen im optimierten Betrieb Wärme für Gebäude und »SchwarmStrom«, der bedarfsgerecht ins Netz eingespeist wird. Die Anlagen sind so konzipiert, dass sie sich jederzeit an den »SchwarmDirigenten« anbinden lassen. Im ersten Schritt können die Anlagenbetreiber dann online auf ihre Minikraftwerke zugreifen, um den Betrieb zu überwachen und Daten auszulesen. Mehr Informationen zu den Möglichkeiten dezentraler Energieversorgung gibt es unter www.lichtblick.de im Internet. (djd) Moderne Kommunikationstechnik: Der »SchwarmDirigent« vernetzt heute bereits mehr als 700 dezentrale ZuhauseKraftwerke. In Zukunft sollen so Zehntausende Kraftwerke und Speicher gesteuert werden
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Auszeichnungen
Glass und Feneberg topp Erfolge beim Bayerischen Gründerpreis
Der Bayerische Gründerpreis zeichnet herausragende unternehmerische Erfolge in unterschiedlichen Phasen aus – vom Aufbau über Wachstum bis zum Erhalt und zur Nachfolge. Zwei der dreizehn Sieger kommen aus dem Allgäu. ie Preisverleihung fand am 16. Mai im NürnbergConventionCenter NCC Ost der Messe Nürnberg im Rahmen einer feierlichen Gala mit TV-Aufzeichung statt. Der Preis wird in sechs Kategorien an bayerische Unternehmer und Initiativen vergeben: Konzept, StartUp, Aufsteiger, Nachfolge, Sonderpreis und Lebenswerk. In der Kategorie »Nachfolge« konnte sich die die Glass GmbH Bauunternehmung aus dem Unterallgäu durchsetzen. Das familiengeführte Unternehmen wurde bereits erfolgreich an die dritte Generation übergeben. Die Glass GmbH ist in den Bereichen Hochbau, Tiefbau und Ingenieurbau tätig. Hier liegen die Schwerpunkte beim Brückenbau und Kraftwerksbau mit Wasser-, Heiz- und Gaskraftwerken. Im Bereich der Bioenergie verfügt das Unternehmen über umfangreiches Sonderwissen im Behälterbau aus der Errichtung von Biodiesel-, Biogas- und Bioethanolanlagen. Im Bereich Tunnelbau ist das neueste Bauwerk die zweite Röhre des Pfändertunnels. Der Stammsitz
Fotos: Brigitte Aiblinger
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der Unternehmensgruppe mit 800 Mitarbeitern ist in Mindelheim. Der zweite Sonderpreis ging an die Feneberg Lebensmittel GmbH aus Kempten, die sich als vorbildliches »Unternehmen für die Region« präsentiert. Mit der Philosophie »kein Discount – hochwertige Lebensmittel – möglichst aus der Region« vereint der Lebensmittelhändler Bio-Qualität und regionale Erzeugung: Produzenten und Verarbeitungsbetriebe dürfen maximal in einer Entfernung von 100 Kilometern um den Firmensitz in Kempten angesiedelt sein. Das Unternehmen engagiert sich für Natur und Umwelt, fördert den Erhalt der regionalen Landwirtschaft und ist wie kaum ein anderer Lebensmittelhändler in der Region verwurzelt. Ein Grund dafür: Hier wird seit drei Generationen Allgäuer Familiengeschichte geschrieben. Ein weiterer Grund: Mit einem austauschbaren Sortiment, mit »viel und billig« hätte Feneberg nicht überleben können in der hart umkämpften, discountergeprägten Lebensmittel-Landschaft.
Foto oben: (v.li.n.re.) Theo Zellner (Präsident des Sparkassenverbandes Bayern), Björn Glass, Geschäftsführer der Glass GmbH Bauunternehmung Mindelheim, Bernd Fischer, Mitglied des Vorstands der SparkasseRoland Schmautz (Vizepräsident des Sparkassenverbands Bayern)
Foto links: (v.li.n.re.) Theo Zellner, Hannes Feneberg und Roland Schmautz
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PR-Bericht
»Herr Dietmayer, wie sehen Sie die Energieversorgung der Zukunft?« Zwei kurze Fragen an Klaus-Peter Dietmayer, erdgas schwaben Geschäftsführer
Wird es in Zukunft eine klimaverträgliche, zuver-
Das Erdgas-BHKW gilt als ökono-
lässige und bezahlbare
mischste Erdgastechnik der Zukunft.
Energieversorgung geben?
In den letzten Jahren wurden BHKW-
Dietmayer: ›Energie‹ ist kein einfaches
Anlagen immer kleiner und kompakter,
Thema, aber eines, das uns alle betrifft.
so dass sie heute bereits in Privathäu-
Denn wir alle verbrauchen täglich
sern eingesetzt werden können. Mit so einem Mikro-Kraftwerk hat jeder die
Energie. Der Wunsch nach sauberer Energie ist da. Bei der Nutzung rege-
Möglichkeit, Strom und Wärme selbst
nerativer Energien ist unsere Region vielen anderen voraus. Im Allgäu sind
Eine von erdgas schwaben in Auftrag
Pioniere zuhause, die die Energie-
gegebene Untersuchung stellt fest:
wende als Chance nutzen. Dezentral,
Wenn in jedem dritten Haus in Bayern
kommunal und grün – das ist die Ener-
ein BHKW installiert wird, könnte eine
gie der Zukunft. Das ist der ›erdgas
Stromleistung bereitgestellt werden,
schwaben Weg‹.
die drei Isar-1-Reaktoren ersetzt.
Was empfiehlt erdgas schwaben
Durch die Vernetzung vieler kleiner dezentraler BHKWs entsteht ein gro-
als Energieversorger vor
ßes virtuelles Kraftwerk. Man könnte
Ort seinen Kunden für den
es ›Schwaben Kraftwerk‹ nennen. //
›privaten Atomausstieg‹? Dietmayer: Eine der effizientesten Lösungen stellt die dezentrale und gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme in nahezu jedem Haus dar.
zu erzeugen und sich so weitgehend unabhängig von Kernenergie und Co zu machen. Konsumenten werden so zu Produzenten. Besonders umweltschonend, da fast klimaneutral, ist die Kombination aus schwäbischem Bio-Erdgas und BHKW. Über 20.000 Haushalte können bereits heute mit regenerativer Bio-Energie von erdgas schwaben versorgt werden. Infos zur Energiestrategie von erdgas schwaben unter: www.erdgas-schwaben.de
Wasserkraft
Begrenzt ausbaufähig
Energiezukunft fällt nicht ins Wasser
Das Energiezentrum Allgäu (eza!) hatte den Auftrag, eine aktuelle Studie zu den Ausbaupotenzialen von Wasserkraft im Allgäu zusammenzustellen. Vor allem in der Diskussion um die Windenergie riefen immer wieder Bürger zum Verzicht auf Windräder und zum Ausbau der Wasserkraft auf. Die Wasserkraft-Analyse der eza! führt zu einer gewissen Ernüchterung bei Bürgern und Politik. ei den Kleinwasserkraftwerken (bis 50 kW Leistung) sieht eza! ein Erweiterungs- und Ausbau-Potenzial von 25 Prozent, bei den Großwasserkraftwerken sogar nur von zehn Prozent. In Zahlen ausgedrückt können bei den Kleinwasserkraftwerken (Stand 2011: 11.742 Megawattstunden) noch 2.936 Megawattstunden durch Zubau erzeugt werden (auf 14.678 Megawattstunden). Bei den Großwasserkraftwerken waren 2011 insgesamt 479.557 Megawattstunden verfügbar, hier sieht die Studie noch eine Ausbaureserve von 47.956 Megawattstunden auf 527.513 Megawattstunden. eza! geht bei den möglichen Steigerungen davon aus, dass alle Umweltanliegen berücksichtigt werden
Fotos: Archiv EDITION ALLGÄU
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Das AÜW-Kraftwerk in der Keselstraße erzeugt Strom mit zwei Kaplanturbinen. Das neue Kraftwerk der Überlandwerke erforderte Baumaßnahmen in Höhe von 15 Millionen Euro. Das geplante Kraftwerk in der Au soll als sogenanntes VLH-Kraftwerk mit minimalen Bauten auskommen
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und damit auch Verbesserungen der gewässerökologischen Situation erreicht werden. Einkalkuliert wurden Ersatzbauten und Modernisierung veralteter Kraftwerke und die Reaktivierung bereits bestehender Anlagen. Nur an bereits vorhandenen Querbauten sollen neue Anlagen entstehen. Neue Wasserkraftwerke stoßen vor allem im Oberallgäu auf starken Widerstand. Beispielsweise im Rappenalptal bei Oberstdorf: Dort soll ein acht Millionen Euro teures neues Wasserkraftwerk entstehen, Grundbesitzer ist der Oberstdorfer Verschönerungsverein, der erst kürzlich die Fläche im Tausch gegen die Nebelhorn-Aktien bekommen hat. Der Bau sollte zusammen mit den Oberstdorfer Rechtlern und der Manfred-Kurrle-Naturschutzstiftung »Allgäuer Hochalpen« erfolgen. Allerdings gibt es gegen den Bau erheblichen Widerstand von den Naturschützern, die neben der Unterbrechung des Wasserlaufes auch eine Verschandelung der touristisch wertvollen Landschaft befürchten. Ähnlich verhält es sich mit einem Wasserkraftwerk an der Ostrach bei Hindelang. Seit vielen Jahren gibt es immer wieder Projektplanungen, die Befürworter und Gegner auf die Palme bringen. Auch hier befürchten die Naturschützer erhebliche Eingriffe in die empfindliche Landschaft: »Wasserkraft in der Eisenbreche am Oberlauf der Ostrach? Nein Danke: Zerstörung der Ökologie des Wildflusses und der Klamm durch Wasserausleitung und Anstau im Oberlauf. Die Eisenbreche liegt im FFH und Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen und steht auch als geologische Besonderheit unter Schutz«, formuliert der Bund Naturschutz in seiner Jahresbroschüre. Als Wasserbau-Ingenieur beurteilt der Bürgermeister der Stadt Immenstadt, Armin Schaupp, die Möglichkeiten für neue Wasserkraftwerke wenig positiv. »Wir können alle Möglichkeiten untersuchen – aber es werden nur wenige Anlagen zusätzlich möglich sein. Die jedoch bringen im Streben um die 70 Prozent Strom aus Erneuerbaren Energien nicht sehr viel weiter.« Schaupp stimmt dem Oberallgäuer Landrat Gebhard Kaiser zu, der sich ganz eindeutig für Windkraft ausspricht.
Foto: Dominik Ultes
Die vorhandene Schwelle in der Iller »An der Au« bei Kempten-Hegge könnte nach Plänen des AÜW mit einem neuartigen VLH-Wasserkraftwerk ausgestattet werden
Wasserkraftanlagen im Allgäu – wo und wie? Wasserkraft im Unterallgäu Keine Anträge für neue Wasserkraftanlagen vorliegend. Die Vorarbeiten für eine Anlage an einer bestehenden Querverbauung sind weitgehend abgeschlossen. Die Genehmigung liegt vor: Die Ausbauleistung dieser Restwasserkraftanlage beträgt etwa 480 kW. Verzeichnis über bestehende Altrechte auf Wasserkraftnutzung im Landkreis besteht. Bei allen bestehenden Altrechten wird Wasserkraftnutzung betrieben. Die Altrechte aller stillgelegten oder nicht mehr betriebenen Wasserkraftanlagen wurden in den vergangenen Jahren widerrufen. Wasserbenutzungsrechte kleiner Wasserkraftanlagen (Mühlen) an Gewässern 3. Ordnung: bestehende Altrechte 93 widerrufene Altrechte ca. 70
Wasserkraft in Memmingen Aktuell keine Anträge für neue Wasserkraftanlagen vorliegend. Aktuell keine Projekte für
Re- Powering vorliegend. Es erfolgt eine Datenerhebung federführend durch das Landesamt für Umwelt gemeinsam mit der Regierung von Schwaben zur Wasserkraft.
Wasserkraft in Kempten Aktuell keine Anträge für neue Wasserkraftanlagen vorliegend. Evtl. Bau eines Restwasserkraftwerkes an der St.-Mang-Brücke rechtsseitig der Iller in Kempten. Vorhandene Altrechte sind im Wasserbuch aufgelistet und werden in der Regel auch genutzt. Aktuell keine kommunal getragenen Initiativen zur Wasserkraft bekannt (Informationsstand eza!).
Wasserkraft im Ostallgäu Drei Anträge für eine Wasserkraftanlage vorliegend. Die Kreisverwaltungsbehörde hält ein Wasserbuch vor, in dem alle Erlaubnisse oder Bewilligungen von Wasserkraftanlagen abgelegt sind. Dieses enthält alle Altrechte und Bescheide seit 1963 von Anlagen, die in Betrieb
sind. Eine Wasserkraftdatei wird beim Bayer. Landesamt für Umwelt geführt – aktuell kein Zugriff seitens des Landratsamtes. Im Auftrag des Umweltministeriums (LfU) wurden alle potenziellen Standorte für die Errichtung neuer Wasserkraftanlagen durch das Wasserwirtschaftsamt Kempten bereits überprüft.
Wasserkraft im Oberallgäu Laut der im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes vom Landkreis Oberallgäu ermittelten Daten stellen sich die verfügbaren Potenziale Wasserkraft wie folgt dar: Ziel des Landkreises 70 % Bilanz 2010 29 % EE-Anteil Bilanz 2011 33 % EE-Anteil Anteil Wasserkraft 2011 12 % Ermitteltes freies Potenzial Wasserkraft: 2.357 MWh. Aktuell keine kommunal getragenen Initiativen zur Nutzung von z.B. Altrechten bei der Kleinwasserkraft bekannt.
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Wasserkraft
Die langsame Energie
VLH-Konzept: kleine Schwellen nutzen Die Allgäuer Überlandwerke (AÜW) zusammen mit den landeseigenen Bayerischen Landeswasserkraftwerken planen an der Iller in der Au bei Hegge ein neues Wasserkraftwerk. Dabei soll die noch seltene Very-Low-Head-Turbine (VLH) eingesetzt werden. Das Projekt soll sieben Millionen Euro kosten, 3,5 Millionen Kilowattstunden im Jahr produzieren und schon 2015 ans Netz gehen. Wie funktioniert VLH? iner der ausgewiesenen Fachleute für die VLH-Technik ist Marc Leclerc, GeneralManager von MJ2 Technologies in Frankreich. Er beschreibt die Vorteile der Technik so: »VLH hat das Potenzial, mit nur minimalen Auswirkungen auf die Umwelt viel grünen Strom zu erzeugen. Es sind keine großen Fallhöhen des Wassers nötig (very low head = sehr wenig Höhendifferenz), es sind nur sehr wenige Bauwerke erforderlich, und die Störung der Wasserfauna ist sehr gering, da keine Druckleitungen und Wasserverdichtungen wie bei Francis- oder PeltonTurbinen erforderlich sind.« Die VLH-Kraftwerke haben einen LaufradDurchmesser von drei bis fünf Metern. Bereits bei 1,3 Metern Höhenunterschied lassen sich diese »Wasserräder« in bestehende Querbauwerke einfügen. Viel-
Fotos: MJ2, Archiv
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Die VLH-Turbine In Millau beim Einbau (Foto oben). Die Turbine kann hydraulisch höhenverstellt werden
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Liste der bisherigen Wasserkraftwerke der Allgäuer Überlandwerke (lt. Wikipedia) Name
Typ
Turbine/n
Baujahr (Ausbau/Neubau)
Leistung
Gewässer
Kraftwerk Kempten (Illerstraße)
Laufwasserkraftwerk
Francis-Turbine/ Kaplan-Turbine
1901 (1926)
1.050 kW
Iller
Kraftwerk Kempten (Keselstraße)
Laufwasserkraftwerk
Kaplan-Turbine
1958 (2010)
1.200 kW
Iller
Kraftwerk Kempten (Füssener Straße)
Laufwasserkraftwerk
Kaplan-Turbine
1927 (im Umbau bis 2011)
850 kW
Iller
Kraftw. Felsenwehr (unter Vertrag)
Laufwasserkraftwerk
Kaplan-Turbine
1851 (1895/1891/ 1922/2001)
2.300 kW
Iller
Kraftwerk Lechbruck
Laufwasserkraftwerk
Kaplan-Turbine
1903 (1940/1958)
4.988 kW
Lech
Kraftwerk Horn
Laufwasserkraftwerk
Kaplan-Turbine
1951/1952
4.992 kW
Lech
Kraftwerk Haslach
Laufwasserkraftwerk
Kaplan-Turbine
1960
1.168 kW
Wertach
Kraftwerk Jungholz
Laufwasserkraftwerk
Francis-Turbine
1901 (1926)
200 kW
Wertach
Kraftwerk Rubi
Laufwasserkraftwerk
Pelton-Turbine
1909
136 kW
Gaißalpbach
Drehachse
Direktantrieb des Generators
Öffnungsklappe für Reinigung Hydraulische Hebeeinrichtung
Abstreifender Rechenreiniger
Verteiler mit fischfreundlichem Profil
Kaplan Laufrad
Welle
Kontrollmechanismus für die Laufrad-Blätter
Selbstschließende Laufradblätter
Das Innenleben der VLH-Turbine und die wesentlichen Bauteile (oben) und ein Durchströmungs-Prinzip (Zeichnung rechts)
fach versuchte man bisher, an kleinen Wasserschwellen Turbinen einzusetzen, die kleine Laufräder und Schaufeln, hohe Durchflussgeschwindigkeiten und große Drehzahlen hatten. Um die effektiv zu betreiben, sind teure Zu- und Ablaufbauwerke nötig. Bei den VLH-Turbinen ging man den gegenteiligen Weg: große Laufraddurchmesser, geringe Durchflussgeschwindigkeit und kleine Drehzahl. Auf ein Turbinenhaus kann verzichtet werden, da der Generator in oder auf die Nabe des Laufrades aufgesetzt werden kann. Wie bei der Wasserschnecke erzielt die VLHTurbine schon bei wenig Durchfluss einen hohen Wirkungsgrad. Das kann bei Gebirgsflüssen wie der Iller mit stark schwankender Wasserführung von Vorteil sein. Im Falle eines Hochwassers kann die ganze Einheit hydraulisch aus dem Gefahrenbereich herausgehoben werden. Sogar der Rechen und der Rechenreiniger, der wie ein konzentrischer Scheibenwischer funktioniert, sind als Einheit angebaut. Das VLH-Konzept hat weitere ökologische Vorteile: Die Geschiebetätigkeit des Gewässers nicht beeinflusst und die Strömung im Fluss wird praktisch nicht verändert. Da die Turbine weitgehend unter Wasser arbeitet, ist auch die Lärmentwicklung zu vernachlässigen. Die Eingriffe in Landschaft und Flusslauf sind verhältnismäßig gering.
Im Jahre 2004 wurde das VLH-Projekt erstmals umgesetzt und gebaut. Im März 2007 wurde in Millau in Zentralfrankreich am Fluss Tarn von der Firma MJ2 Technologies eine Versuchs- und Messanlage in Betrieb genommen. Dort wurde vor allem überprüft, wie sich die VLH-Turbine auf die Fluss-Fauna auswirkt. Man ging davon aus, dass die neuen Turbinen vor allem zur Reststromgewinnung an vorhandenen Schwellen oder zur Reaktivierung von ungenutzten Wasser-Querbauwerken verwendet werden. So, wie an der Iller geplant. In Millau stellte der französische Hersteller fest, dass die Fische am Querbauwerk entlangschwimmen, um einen Durchlass zu finden. Gibt es einen solchen nicht, durchschwimmen sie auch die Turbine. Da die VLH-Turbine das Wasser kaum beschleunigt, ist die Schwimmgeschwindigkeit der Fische ausreichend, um durch das Laufrad hindurch unbeschadet das Unterwasser zu erreichen. Bei Drehzahlen unter 40 in der Minute ist eine Gefährdung der Fische durch die Flügel des Laufrades kaum gegeben. Für den Aufstieg über die Schwelle muss den Fischen jedoch eine Hilfe angeboten werden, denn von unten durch die Turbine können sie nicht aufsteigen. Aber auch bei Anlage einer Fischtreppe kommt dem Erbauer zugute, dass er nur Schwellen zwischen 1,3 und 3,5 Metern überbrücken muss.
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Wasserkraft
Strom im Schneckentempo
Fotos: Alfred Bullermann
Kleine Wasserkraftwerke haben Chancen
Die alte Wassermühle in Friesoythe wurde von einem Bürgerverein renoviert. Neben dem Wasserrad, das eine Schaumühle antreibt, wurde eine Wasserschnecke zur Energiegewinnung dazugebaut
Während für große Laufwasserkraftwerke im Allgäu kaum noch neue Standorte zu finden sind, die auch Naturschutz-Kriterien genügen, gibt es noch viele alte Staustufen und Wehre, die mit kleinen alternativen Wasserkraftwerken ausgestattet werden könnten. Diese Wasser-Kleinkraftwerke bringen zwar nur ein paar Prozent mehr in der Allgäuer Energie-Gesamtbilanz, aber sie erzeugen grundlastfähigen Strom. it der Wasserschnecke wurde ein Prinzip des Archimedes technisch »umgedreht«. Während der alte Grieche damit Wasser von unten nach oben transportierte, nutzen die heutigen Wasserschnecken das Gewicht des Wassers auf dem Weg nach unten, um damit Bewegungsenergie zu erzeugen. Dabei leisten die Wasserkraftschnecken Er-
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Generator Getriebe Wasserkraftschnecke
Höhenunterschied
Oberwasser
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Unterwasser
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Das Prinzip der Wasserkraftschnecke funktioniert ab einer Fallhöhe von 1,1 Metern. Das Gewicht des Wassers treibt die Schraube an. Getriebe und Generator sind oben über dem Wasserspiegel angesetzt
staunliches. Sie haben nämlich einige faszinierende Vorteile gegenüber den herkömmlichen Turbinen. Sie können bereits ab Fallhöhen von einem Meter eingesetzt werden, und bereits ab 500 Liter Wasser pro Sekunde beginnen sie sich zu drehen. Allerdings gibt es auch Schnecken, die bis zu einer Fallhöhe von zehn Metern eingesetzt werden können, und die größten Wasserkraftschnecken vertragen bis zu fünf Kubikmeter Wasser in der Sekunde. Wenn mehr Wasser zur Verfügung steht, können auch zwei Schnecken nebeneinander eingebaut werden. Mit einem Wirkungsgrad zwischen 85 und 90 Prozent sind die Schnecken nicht so effizient wie moderne Turbinen. Sie haben aber den Vorteil, dass sie bereits mit 40 Prozent Wassermenge 79 Prozent Wirkungsgrad erreichen. Damit sind die Schneckenanlagen diejenigen unter den Wasserkraftwerken, die am meisten Wassermengen-Schwankungen wegstecken. Sie können bei Hochwasser sogar schadlos überströmt werden. Wasserschnecken drehen sich zwischen 20- und 80-mal in der Minute, brauchen daher üblicherweise ein Getriebe vor dem Generator. Da Turbinen generell
am Tiefpunkt der Wasserkraftanlage stehen, brauchen sie ein wasserdichtes Gebäude und dichte Druckleitungen. Da bei der Schnecke das Getriebe und der Generator am oberen Ende angebracht sind, braucht es keine zusätzlichen teuren Gebäude. Entweder wird die stählerne Schnecke in einen vorbereiteten Betontrog eingepasst, oder die Anlage kommt komplett montiert für den Einsatzort mit Schnecke, Stahlblechwanne und Krafteinheit direkt vom Hersteller. In diesem Fall kann eine Montage sogar innerhalb eines Tages erfolgen. Hier die Leistungsdaten eines der kleinsten Schneckenkraftwerke bei der Diebacher Rödermühle an der Fränkischen Saale: Fallhöhe 1,1 Meter, Wassermenge bei Vollast 1000 Liter pro Sekunde, erzeugte Strommenge 9,5 Kilowattstunden. Das entspricht etwa 75.000 Kilowattstunden im Jahr. 20 DurchschnittsHaushalte könnten damit versorgt werden. Alle Wasserkraftanlagen haben das Problem der Fischverträglichkeit. Dabei sind besonders die Turbinen im Verruf. Umweltschützer schätzen, dass jeder dritte Fisch in Deutschlands Fließgewässern durch Wasserkraftwerke getötet wird. Der Bayerische Fischereiverband spricht von 250.000 Fischen täglich, die in den Turbinen der deutschen Flusskraftwerke sterben. Hier kommt ein weiterer Vorteil der Wasserkraftschnecke zum tragen: Fast alle Fischarten, sogar langsam schwimmende Groppen und Gründlinge, passieren die Schnecke unverletzt nach unten. Zum Aufstieg brauchen die Fische allerdings auch die üblichen Fischtreppen neben dem Kraftwerk. Da aber die Fallhöhe der Schnecken meist gering ist, sind keine aufwendigen technischen Fischtreppen nötig, sondern eine natürliche Umgehung erfüllt diesen Zweck. Es gibt inzwischen Schnecken, die am oberen Ende Bürsten oder Gummileisten haben, um Fische am Einlauf vor Verletzungen zu schützen.
Ein Problem, das die Laufwasserkraftwerke belastet, entsteht bei Schnecken erst gar nicht: Treibgut muss nicht mit automatischen Rechen abgefangen werden. Die Gitterabstände beim Schneckenkraftwerk können bis zu 20 Zentimeter betragen. Lediglich größere Äste müssen abgefangen werden. Laub und anderes Treibgut, das bei Turbinenkraftwerken abgefangen und tonnenweise entsorgt werden muss, passiert eine Laufschnecke problemlos. Bisher hatten die Schneckenwasserkraftwerke einen großen Nachteil: Sie erzeugen deutlich mehr Lärm als Turbinen. Dieser Lärm entsteht hauptsächlich am Ende der Schnecke, wenn das Wasser die Laufbahn verlässt. Allerdings wurden in letzter Zeit erhebliche Lärmreduzierungen durch technische Veränderungen am Wasseraustritt erreicht.
Einspeisevergütung laut EEG für neue Wasserkraftwerke Anlagenleistung
EEG 2009
EEG 2004
Bis 500 kW
12,67 Cent je kW/h
9,67 Cent je kW/h
500 kW bis 2 MW
8,65 Cent je kW/h
6,65 Cent je kW/h
2 MW bis 5 MW
7,65 Cent je kW/h
6,65 Cent je kW/h
Einspeisevergütung für modernisierte Wasserkraftwerke Anlagenleistung
EEG 2009
EEG 2004
Bis 500 kW
11,67 Cent je kW/h
9,67 Cent je kW/h
500 kW bis 2 MW
8,65 Cent je kW/h
6,65 Cent je kW/h
2 MW bis 5 MW
8,65 Cent je kW/h
6,65 Cent je kW/h
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Alpenklima
Veränderung im Bergwald
Menschliche Einflüsse im alpinen Ökosystem
Die Ökosysteme der Alpen sind besonders vom Klimawandel betroffen. Das macht sie noch verletzlicher gegenüber Störungen und Veränderungen in ihrem Lebensraum. Das Projekt Klimagrad, finanziert vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, hat die Auswirkungen von Umweltveränderungen auf das Ökosystem der Alpen im Detail untersucht. Die Erkenntnisse sind für das Allgäu von großer Bedeutung. ie Jahresmitteltemperatur in den Alpen hat sich um etwa das Doppelte (1,5 Grad Celsius) gegenüber dem globalen Durchschnitt (0,7 Grad Celsius) erhöht. Darüber hinaus wird das Leben in den Hochlagen durch Kälte, Wind und extreme Topografie geprägt, worauf alpine Tier- und Pflanzenarten angepasst und spezialisiert sind. In einem Teilprojekt haben Mitarbeiter des Fachgebietes für Ökoklimatologie der Technischen Universität München (TUM) die Phänologie von Bäumen im Bergmischwald beobachtet, das heißt, die Eintrittszeitpunkte von Entwicklungsphasen wie etwa Blühbeginn oder Blattentfaltung. Wann im Jahresverlauf diese Stadien eintreten, wird hauptsächlich von der Temperatur gesteuert. Darum gelten Veränderungen in der Phänologie als besonders gute Indikatoren des Klimawandels. Durch den natürlichen Temperaturrückgang mit steigender Höhe konnte Dipl.-Geoökologin Christina Schuster den Einfluss der Temperatur auf die Eintrittstermine von sieben Baumarten bestimmen. Das Ergebnis: Bei einer Erwärmung von einem Grad Celsius tritt der Knospenaufbruch der Bäume früher ein – bei der Tanne um drei Tage, bei der Rotbuche sogar um zehn Tage. Der Blattfall der untersuchten Laubbäume hingegen verspätet sich um
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acht bis neun Tage. Konkret heißt das: Pro Grad Celsius Erwärmung verlängert sich die Vegetationszeit deutlich um etwa zwei Wochen.
Pflanzen brauchen Ruhe Ergrünen und blühen Bäume nun in einem wärmeren Klima immer früher und früher? »Nein«, antwortet Projektkoordinatorin Prof. Dr. Annette Menzel vom Fachgebiet für Ökoklimatologie. »Die meisten Pflanzen brauchen im Winter eine Ruhezeit mit entsprechend niedrigen Temperaturen. Ist die Witterung mild, sind höhere Temperaturphasen im Frühling nötig, damit Bäume austreiben und blühen.« Wie die Wissenschaftler nun wissen, spielt dieser Effekt vor allem bei Laubbäumen eine große Rolle. Ob es eine bestimmte Grenze gibt, einen frühesten Termin, der auch bei noch höheren Temperaturen nicht unterschritten werden kann, ist noch Gegenstand der Forschung.
Laubbäume sind Gewinner Christina Schuster hat auch das Stammwachstum von Rotbuche und Fichte anhand kleiner HolzkernProben, sogenannter Microcores, untersucht. Diese Proben wurden zu dünnen Schnitten verarbeitet und
Begriffserklärungen
Die Phänologie befasst sich mit den im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Entwicklungserscheinungen in der Natur und die Phänometrie mit der Erfassung dieser Erscheinungen.
digitalisiert. Anhand der Vermessung dieser Dünnschnitte konnte die Doktorandin den Zuwachsverlauf eines Jahrringes ableiten. Wie erwartet nimmt der Stammzuwachs der Bäume mit der Höhe ab. Eine für die Forstwirtschaft weitere wichtige Erkenntnis: Bei den Laubbäumen beeinflusst die Verlängerung der Vegetationsperiode auch die Dauer des Stammwachstums. Dadurch profitieren sie mehr von steigenden Temperaturen als Nadelbäume.
Ein neues Netzwerk Im Tiefland stellen die langzeitlichen Beobachtungen der Internationalen Phänologischen Gärten (IPG) bereits eine wichtige Datengrundlage dar, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Vegetation zu untersuchen. In arktischen und alpinen Gebieten, die besonders von der globalen Erwärmung betroffen sind, fehlen jedoch vergleichbare und vor allem längerfristige Erhebungen. Daher initiierte Dr. Andreas Gröger vom Botanischen Garten München-Nymphenburg in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Systematische Botanik (LMU) ein europäisches Netzwerk arktisch-alpiner botanischer Gärten. Neben dem Alpengarten auf dem Schachen nehmen bislang sieben ähnliche Gärten in Italien, Frankreich und Norwegen an dem neuen Beobachtungsprogramm teil.
Mensch und Tier stören Den Einfluss von Mensch und Tier auf die Vegetation des Zugspitzplatts untersuchten die Wissenschaftler der Universität Augsburg. Wichtige Grundlage der Arbeitsgruppe Biogeografie war es, eine detaillierte Vegetationskarte des Untersuchungsgebietes zu erstellen. Der Einfluss des Menschen war vor allem an den Flächen rund um die größeren Gebäude wie Knorrhütte oder Sonn-Alpin massiv: Großteils waren diese Flächen durch das ständige Begehen sogar vegetationslos. Die Vegetation entlang der Skipisten und Wanderwege war ebenfalls durch Tritt und mechanischen Druck deutlich beeinflusst. Zusätzlich veränderten weidende Schafe die Pflanzendecke deutlich.
Ozon ist ein aus drei Sauerstoffatomen bestehendes Molekül. Einerseits ist es ein starkes Oxidationsmittel, wodurch es bei Menschen und Tieren zu Reizungen der Atemwege führen kann. Andererseits schützt das Gas in der Ozonschicht die Lebewesen vor der Schädigung durch energiereiche ultraviolette Strahlung der Sonne. Biogen ist alles, was biologischen oder organischen Ursprungs ist, also durch Leben oder Lebewesen entstanden ist. In der Biologie, der Medizin und anderen Lebenswissenschaften bezeichnet man damit ein Stoffwechselprodukt – Stoffwechsel ist eine kennzeichnende Eigenschaft von Leben.
Stickstoff belastet Bergwälder Eine weitere Bedrohung der Bergwälder entsteht durch übermäßigen Stickstoffeintrag. Einerseits steigert Stickstoff zwar das Wachstum der Bäume, andererseits führt ein Überschuss zu einer geringeren Biodiversität, zu veränderter Vegetationszusammensetzung und Versauerung des Bodens. Weitere Folgen sind, dass Lachgas verstärkt emittiert wird und die Nitratbelastung des Grundwassers steigt. Die Kooperationsgruppe »Comprehensive Molecular Analytics« des Helmholtz-Zentrums München hat den Einfluss der komplexen Geländeform und der meteorologischen Bedingungen auf die Stickstoffablagerung in Fichtenwälder untersucht. Die Feststel-
Fotos: Archiv Heimat Allgäu und Christine Cornelius/TUM
Anthropogen steht für »durch den Menschen entstanden«, vom Menschen verursacht, hergestellt oder beeinflusst. Bei Eingriffen des Menschen in die Umwelt und bei vom Menschen verursachten Umweltproblemen wird häufig der Begriff anthropogen verwendet. Als Gegensatz zu anthropogen wird häufig der Begriff natürlich verwendet. Viele Einflüsse auf die Umwelt können sowohl anthropogen als auch natürlich bedingt sein.
Verlängerte Vegetationszeiten: Im Herbst lauben die Bäume später ab, im Frühjahr spriest früher zartes grünes Laub
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Alpenklima lung der Forscher: Durch Emissionen aus Verkehr, Hausbrand und landwirtschaftlichen Praktiken ergibt sich auch in den Bergwäldern eine hohe Gesamtstickstoffdeposition von bis zu 30 Kilogramm pro Hektar und Jahr – eine Menge, die bereits über dem kritischen Wert für Waldschäden liegt.
Dem Ozon auf der Spur Dr. Michael Leuchner vom Fachgebiet für Ökoklimatologie erfasste entlang von Höhengradienten und an der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus (UFS) Luftschadstoffe. Da die Luft auf Deutschlands höchstgelegener Forschungseinrichtung (2650 Meter) nicht durch lokale Schadstoffemissionen belastet ist, können umfassendere Aussagen über den Zustand der Atmosphäre getroffen werden. Fokus der Forschung waren flüchtige organische Verbindungen (VOC). Dies sind Kohlenwasserstoffverbindungen, die unter Strahlungseinfluss bei der Entstehung von troposphärischem Ozon beteiligt sind. Troposphärisches Ozon wirkt nicht nur als Reizgas und ist schädlich für Mensch und Tier, sondern trägt als klimaaktives Gas auch zum anthropogenen Treibhauseffekt bei. Die wichtigste anthropogene VOC-Quelle ist die unvollständige Verbrennung von organischen Substanzen. Erste Messungen zeigten: Die höchsten VOCKonzentrationen wurden im Tal gemessen, wo die meisten Erzeuger zu finden sind. Mit zunehmender
Christina Schuster (rechts) und Hannes Seidel (links) vom Fachgebiet für Ökoklimatologie bei der Montage einer Klimastation
Auch auf das Allgäu übertragbar Auch, wenn die Erkenntnisse des Klimagrad-Projektes im Raume Garmisch-Partenkirchen gewonnen wurden, sind sie 1:1 auf die verschiedenen Höhenregionen des Allgäus zu übertragen. Die Veränderungen durch Umwelteinflüsse zwingen auch hier die Waldbesitzer zu Reaktionen. Diese finden vor allem in der Bergwaldoffensive, die derzeit in einigen Allgäuer Regionen aktiv ist, ihren Niederschlag.
Höhe sanken die Werte, stiegen aber am höher gelegenen Kreuzeck durch den Seilbahnbetrieb wieder an. Eine natürliche Quelle stellt die Vegetation dar: Sie gibt während der Fotosynthese oder als Stressreaktion biogene VOCs (BVOCs) ab. »Durch den fortschreitenden Klimawandel sind Pflanzen erhöhtem Temperaturstress ausgesetzt, wodurch die Emissionen von BVOCs künftig noch weiter steigen könnten«, erläutert Dr. Michael Leuchner.
Klimadaten als Grundlage Basis des Klimagrad-Projektes war ein groß angelegtes Messnetz entlang von vier Höhengradienten im Werdenfelser Land, die sich von 700 bis auf 1800 Meter erstreckten. An jeweils einem Gradienten installierten die Wissenschaftler des Fachgebietes für Ökoklimatologie eine Klimastation zur Messung sämtlicher wichtiger Wetterelemente (z.B. Luft-, Oberflächen- und Bodentemperatur, Niederschlag und Sonneneinstrahlung). Zusätzlich erfassten 42 Datenlogger Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit. Auch die vom Deutschen Wetterdienst betriebenen Stationen in Garmisch und auf der Zugspitze sowie die Messungen der UFS trugen zu der umfangreichen Datenbasis des Projektes bei.
Forschung geht weiter Obwohl die Laufzeit des Projektes nach mehr als drei Jahren Anfang 2013 endete, ist nun der Grundstein für weitere Forschung gelegt. Die vier Klimastationen sind für den Dauerbetrieb vorgesehen. Auch die Emissionsmessungen werden fortgesetzt: Ein Gaschromatograf misst VOCs, ein CO2-Isotopengerät sowie ein Formaldehyd-Messgerät dienen dazu, den biogenen und anthropogenen Anteil der Luftmassen aufzuschlüsseln. Um die Vegetationsdynamik auf dem Zugspitzplatt langfristig zu untersuchen, errichteten die Forscher der Universität Augsburg Dauerbeobachtungsflächen. Ferner ist mit dem neuen arktisch-alpinen botanischen Beobachtungsnetzwerk nicht nur die Brücke zur Zusammenarbeit mit Institutionen in ganz Europa geschlagen. Durch die fortführenden phänologischen Beobachtungen ist künftig auch eine breite Datenbasis der Vegetationsentwicklung in den Alpen sichergestellt.
Gemeindenetzwerk
Leben in den Bergen
Über 300 Gemeinden tauschen Ideen aus
Die Jahrestagung des Gemeindenetzwerkes »Allianz in den Alpen« (AidA) beschäftigte sich in Grassau südlich vom Chiemsee mit dem natürlichen und sozialen Lebensraum in den Alpen, vom Klimawandel über Naturschutz bis hin zu Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Mitglieder dieses Netzwerkes sind unter 308 Gemeinden auch alle Naturparkgemeinden Nagelfluh, Bad Hindelang und Sonthofen, die Region Westallgäu, Leutkirch und Wildpoldsried. ie Herausforderungen an die alpine Gesellschaft erinnern an ein verzweigtes Wurzelgeflecht. Sie sind vielschichtig und komplex miteinander verwoben. Die isolierte Betrachtung einzelner Problemfelder läuft Gefahr, kurzsichtig und einseitig zu sein. Über die Zukunft der Alpen und die konkreten Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden diskutierten rund 100 TeilnehmerInnen aus sieben Ländern. Dass es Mut erfordert, den Herausforderungen zu begegnen, ist klar. So forderte auch Wolfgang Pfefferkorn in seinem Leitreferat die Anwesenden auf, couragiert und zukunftsorientiert zu handeln. Um Lebensqualität auf lange Sicht zu sichern, müsse eine naturverträgliche Gesellschaft über Wachstum und übermäßigen Güter- und Rohstoffverbrauch gestellt werden. Pfefferkorn plädierte außerdem für die Wertschätzung aller in einer Gemeinde ansässigen Menschen und ihrer Ideen. Wichtig sei es auch, den Austausch zwischen den Gemeinden zu fördern und externe Impulse einzubeziehen.
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Gemeinden packen an Vernetzte Gemeinden haben es leichter! Sie können von den Erfahrungen ihrer Partner profitieren. Vier Exkursionen vermittelten in Grassau und Umgebung lokale Strategien auf Gemeinde- und Regionalebene. In Workshops konnten die Gemeindevertreter
ihre eigenen Ideen und Visionen einbringen. Sie diskutierten zu den Themen Klima, Naturraum, soziale Handlungsfähigkeit und regionale Wertschöpfung. Die Ergebnisse aus den Workshops fließen in die zukünftige Arbeit von AidA ein und bestimmen die Themen der nächsten Veranstaltungen. Gleichzeitig bieten sie erste Anhaltspunkte für zukünftige gemeinsame Programme und Projekte.
Programmstart dynAlp-nature Die Jahrestagung bildete zudem den Rahmen für den Programmstart von »dynAlp-nature«. Das neue dynAlp-Programm wird länderübergreifende Kooperationsprojekte fördern, die Maßnahmen zum Schutz der Natur umsetzen – etwa die Schaffung und den Erhalt von Biodiversität, die naturnahe Bewirtschaftung von privaten und öffentlichen Grünflächen oder biologische Landwirtschaft. Bereits umgesetzte Projekte zum Thema Klima konnten während der Tagung bei einer Posterausstellung bestaunt werden. Die vom Programm dynAlpclimate geförderten Gemeinden konnten ihre wertvolle Arbeit präsentieren und gleichzeitig neu erworbenes Know-how an andere Mitglieder weitergeben. Das Gemeindenetzwerk »Allianz in den Alpen« trifft sich zur nächsten Jahrestagung im Juni 2014 im Zillertal/Österreich.
Fotos: AidA
Allianz in den Alpen (AidA)
Ergebnis-Feststellung in der Diskussionsrunde der Teilnehmer am Workshop in Grassau
Das Gemeindenetzwerk »Allianz in den Alpen« ist ein Zusammenschluss von Gemeinden und Regionen aus Staaten des Alpenraumes (Österreich, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Slowenien, Schweiz und Deutschland) und besteht seit 1997. Mehr als 300 Mitgliedsgemeinden setzen alles daran, gemeinsam mit ihren Bürgern den alpinen Lebensraum zukunftsfähig zu entwickeln. »Austauschen – Anpacken – Umsetzen« ist dabei der Leitgedanke des Gemeindenetzwerkes. Grundlage und Leitfaden für eine nachhaltige Entwicklung ist
Exkursion bei der dynAlp-Tagung
die Alpenkonvention. Ihre Umsetzung soll dort mit Leben erfüllt werden, wo der/die Einzelne mitgestalten kann – in der Gemeinde.
Info: www.alpenallianz.org
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Vorschau auf die Themen der Herbstausgabe von
allgäu ALTERNATIV Energie erzeugen Windkraft Wasserkraft Photovoltaik
Wo im Allgäu neue Windräder gebaut werden Pro und Kontra: Kraftwerke oder Naturschutz? Wer bietet Komplettsysteme zur Eigennutzung? Flächenanlagen im Allgäu – Beitrag zur Energiezukunft?
Mobilität Elektroautos E-Bike
Die neuen Modelle: Kauf, Miete und Probefahren Dienstfahrzeug auf zwei Rädern
Energiesparen Winterfest werden Wirtschaft Dämmstoffe Recycling Kraft-Wärmekopplung Sanierung
Richtig heizen mit sparsamen Heizkonzepten Kampf gegen Stromfresser in Allgäuer Supermärkten Naturdämmstoffe weiter auf dem Vormarsch ZAK stellt sein neues Fettnäpfchen vor Komplett-Systeme, die bares Geld sparen Alles über Fördermittel, Programme und Hilfsangebote
Regionales Pistenreport 2030 – wo liegt zukünftig noch Schnee? Landwirtschaft pflegt das touristische Allgäu-Bild Nachhaltiges Reisen – die Top-Angebote der Region
Reportage Forschung Firmenportrait Allgäuer Banken Bürgerinitiativen
Projekt »Energielandschaft Allgäu« – letzter Teil Hochprozentiges Energiesparen in einer Brennerei Wer hat die besten Angebote zum Energiesparen? Die »Sonnenwende e.V.« in Bad Hindelang
Die nächste Ausgabe erscheint am 7. Oktober 2013
Fotos: Volker Wille, RainerSturm_pixelio.de
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Ausgabe 2/2013
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