Waldleben

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Abbildungen rechte Seite von rechts nach links: Waldharker im Solling, um 1920 Kampfrauen im Solling, um 1960 Schwellenhauer August Müller aus Silberborn Jagdszene aus dem Solling, um 1950

„Waldvergnügen“ im Solling zur Zeit der Jahrhundertwende

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 978-3-95954-036-0 © bei den Autoren der jeweiligen Beiträge Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung. Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlags und des Autors reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Alle nicht gekennzeichneten Abbildungen: Stadtarchiv Uslar und Privatsammlungen Verlag Jörg Mitzkat Holzminden 2017 www.mitzkat.de


Waldleben Bilder und Texte vom Leben und Arbeiten im Sollinger Walde Zusammengestellt von Daniel Althaus, Gerhard Brodhage, Sascha Kirchhoff und Wolfgang Schäfer


Ăœbersichtskarte Ăźber den Solling und angrenzende Gebiete, 1901

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Inhalt

Inhalt Grußwort

Torsten Baur

Einleitung

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Wald und Herrschaft

Michael Koch

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Wald und Weide

Michael Koch

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Waldfrevel ?

Daniel Althaus

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„Zusammengerottete Untertanen“

Sascha Kirchhoff

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„Der erste Tag im Amt“

August Tecklenburg

33

Die großen Waldfresser – Glashütten im Solling

Daniel Althaus

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Technik – Von der Axt zum Harvester

Horst Weinreis

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Waldnutzung

Interview Horst Weinreis

Althaus, Kirchhoff, Schäfer

57

Das wichtigste aller Waldgewerbe – Köhlerei

Wolfgang Schäfer

61

Asche aus Asche — Die Pottaschensieder im Solling

Gerhard Brodhage

75

Moos zu Geld — Torfgewinnung im Solling

Gerhard Brodhage

83

Schlarpe und die Heidelbeeren

Heinz Kühn

89

Wilfried Hartje

95

Wilderei und Jagd Mord auf der Weper Vivat, die freie Jagd (1848)

Wolfgang Schäfer

105

Der Held der kleinen Leute – Schätchen Bartels

Wolfgang Schäfer

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Dorf im Verhör — Die Sollinger Wildererprozesse 1927/28

Wolfgang Schäfer

121

Die Steinhoffs in Winnefeld

Daniel Althaus

127

Wölfe im Solling

Detlef Creydt

135

Wildschweine im Solling

Daniel Althaus

141

Wolfgang Schäfer

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Tourismus Der Sonntagsausflug

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Grußwort

Grußwort

D

er Wald prägte in hohem Maße die Geschichte unserer Region, er ist ein wichtiges Element unserer Gegenwart und wird auch die Zukunft beeinflussen. Ich habe mich deshalb sehr gefreut, dass die Sonderausstellung „Der Wilde Wald. Leben und Arbeiten im Solling“ in diesem Jahr im Museum Uslar realisiert werden konnte, und ich danke dem Verlag Jörg Mitzkat, dass er diese Ausstellung zum Anlass genommen hat, das vorliegende Buch neu und in erweiterter Form herauszugeben. Als sehr naturverbundener Mensch beobachte ich mit großem Bedauern, dass altes Wissen über den Wald immer mehr verloren geht. Ich denke dabei gar nicht so sehr an die in diesem Buch beschriebenen Heilkundigen, die mit Waldkräutern Krankheiten bekämpften, sondern an Kinder und Jugendliche, die früher viel über den Wald lernten, wenn sie in ihn durchstreiften. Heute sitzen sie lieber vor dem Computer, anstatt im Wald Buden zu bauen. Auch der traditionelle Sonntagsausflug, der früher oft aus einer Wanderung durch den Wald bestand, führte dazu, dass man den Wald mit allen Sinnen erlebte und vor allem auch die Waldgerüche aufnahm. Mich würde es deshalb sehr freuen, wenn dieses Buch eine Tür aufstößt und dazu anregt, sich wieder mehr mit dem Wald zu beschäftigen.

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Für alle Interessierten findet sich in diesem Buch eine bunte Mischung an Themen, die verschiedenste Aspekte der Waldgeschichte behandeln. Dabei verbinden die Texte oft harte historische Fakten mit kleinen Anekdoten, die das Buch auch zu einem Lesegenuss machen. Die vielen historischen Fotos verdeutlichen uns, wie sehr unsere Kulturlandschaft im Wandel ist. Dennoch haben sie einen hohen Wiedererkennungswert und laden zu Vergleichen ein. Abschließend bedanke ich mich bei allen Autoren, die an diesem Werk mitgearbeitet und damit ihr individuelles Fachwissen in das Buch eingebracht haben. Ebenso danke ich aber auch den Zeitzeugen, die uns durch ihre Erinnerungen und Fotos einen kleinen Einblick in ihre Lebenswelt geben. So ist es möglich geworden, sich dem Thema aus sehr vielen verschiedenen Blickwinkeln zu nähern. Torsten Bauer Bürgermeister der Stadt Uslar


Einleitung

Einleitung

I

n der waldreichen Mittelgebirgsregion Solling prägte der Wald bis in die jüngste Vergangenheit hinein die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Bevölkerung. Der Wald stellte Bau-, Werk- und Brennholz bereit, das zu einem großen Teil in die städtischen Zentren Norddeutschlands geflößt wurde. Der Holzreichtum der Region zwischen Leine und Weser ermöglichte zudem die Entstehung von Waldschmieden, Eisenhütten, Wanderglashütten und Salinen; im 20. Jahrhundert wurde die Kleinstadt Uslar Zentrum einer blühenden Möbelindustrie. Die großen Wildpopulationen des Sollings machten diese Region in der Frühen Neuzeit zu einem bevorzugten

Mann mit Ochsenwagen beim Brennholzholen

Jagdgebiet der Herrschenden, die Jagdschlösser in Uslar, Nienover und Neuhaus errichten ließen. Die Jagdprivilegien des Adels provozierten jedoch immer wieder Widerständigkeiten und Proteste der ländlichen Unterschicht, die zeitweilig in blutige Auseinandersetzungen zwischen Jägern und Wilddieben mündeten. Das alte schwedische Sprichwort „Der Wald ist das Hemd der armen Leute“ galt lange Zeit auch für den Solling. In dem Waldgebiet zwischen den Kleinstädten Holzminden, Uslar, Moringen und Einbeck lebten nicht nur Förster, Holzfäller, Köhler, Pottaschesieder und Besenbinder vom Wald, sondern auch „Medicinhändler“, die in den Städten Nord- und Westdeutschlands Arnikatinktur und Hirschtalg verkauften. „Hökerweiber“ brachten Heidelbeeren, Himbeeren, Waldbutter und Pilze in langen Nachtmärschen auf die Märkte von Göttingen und Northeim. Für den eige-


Einleitung

Waldarbeiter im Solling, um 1920

nen Bedarf sammelten die Sollinger Bucheckern, aus denen sie Speiseöl gewannen, Laub als Einstreu in den Ställen und Totholz für den Herd. Im Herbst mästeten sie ihre Rinder, Ziegen, Schafe und Schweine im Wald. Die einzelnen Texte des vorliegenden „Waldbuches“, die in unterschiedlichen Arbeitszusammenhängen entstanden sind, vermitteln Einblicke in die Entwicklung der einzigartigen Kulturlandschaft Solling, welche die Menschen immer wieder vor allem unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten verändert haben. Trotz ihrer Ängste vor Waldgeistern, Werwölfen und dem wilden Jäger Hackelberg gehörte der Wald viele Jahrhunderte lang zu ihrem natürlichen Lebensraum. Im 20. Jahrhundert hat sich das geändert. Der Wald behielt seine Faszination, wurde jedoch auch in unserer Region vielen Menschen fremd. „Viel Holz, viel Ahnungslosigkeit, viel Liebe – das ist es, was im deutschen Wald wächst und west“, spottete der Journalist Horst Stern vor etwa vierzig Jahren.1 Stern hat damals viele Förster und Jäger verärgert. Viel1 Stern, Horst: Waldeslust gestern, heute, morgen, in: Stern,

Horst u.a. (Hg.): Rettet den Wald, München o.J., S. 22

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leicht haben Menschen wie er aber dazu beigetragen, das sich in den letzten Jahren unterschiedliche Wissenschaftler und Heimatforscher intensiv mit dem Wald beschäftigt haben. Etliche dieser Forschungsprojekte wurden im Solling realisiert. Unser Buch soll in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte dieser Region einführen. Michael Koch hat die frühe Waldgeschichte Südniedersachsens untersucht. Er zeigt, wie der Wald Feudalbesitz wurde („Wald und Herrschaft“) und wie im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit die heimischen Eichen- und Buchenwälder intensiv von der Bevölkerung der Sollingdörfer für die Waldweide genutzt wurden. Der schwer zugängliche, durch Wege und Straßen nur sehr begrenzt erschlossene Solling bildete in früheren Jahrhunderten in Kriegszeiten eine Schutzzone, in welche die Menschen fliehen konnten. Dies gilt vor allem für den Dreißigjährigen Krieg, in dem immer wieder unterschiedlichste Heere die Region zwischen Harz und Weser heimsuchten und ausplünderten. Sascha Kirchhoff vermittelt Einblicke in die große Not der Sollinger vor vierhundert Jahren und berichtet über die Bauernguerilla Stoffel Winkels, die sich gegen die Übergriffe der Söldner zur Wehr setzte. Die Einführung einer geregelten Forstwirtschaft hatte eine Einschränkung der überkommenen „Waldgerechtsame“ zur Folge. Im 19. Jahrhundert führte die Verfolgung von Laub- und Holzdiebstählen durch die Forstverwaltungen zu einem großen Unmut bei vielen Sollingern. Daniel Althaus’ Beitrag über „Waldfrevel“ spricht außerdem die sozialen Aus-


Einleitung

einandersetzungen zwischen Untertanen und Vertretern der Obrigkeit an. Einer der ärmsten Orte der preußischen Provinz Hannover war Silberborn im Hochsolling. Der Pädagoge und Volkskundler August Tecklenburg (1863 - 1923), der dort 1883 eine Stellung als Schulmeister und Kantor antrat, schildert anschaulich die Lebensverhältnisse in diesem verelendeten Glasmacherdorf zu Kaisers Zeiten. Der Solling war bereits im Hochmittelalter ein Zentrum des Glasgewerbes. Michael Koch und Daniel Althaus arbeiten die große Bedeutung unserer Wälder für diese „Protoindustrie“ heraus und geben eine Überblick über die Entwicklung der Branche in der Region. Dabei gehen sie ausführlich auf die Geschichte der berühmten Spiegelhütte zu Amelith ein, die ihre Produkte im 19. Jahrhundert global vermarktete. Der langjährige Revierförster Horst Weinreis beschäftigt sich mit der Geschichte der Waldarbeit („Von der Axt zum Harvester“) und zeigt, wie sich innerhalb weniger Jahrzehnte aus dem traditionellen Anlernberuf des Holzfällers der moderne Forstwirt entwickelt hat. Interviews mit Zeitzeugen ergänzen seinen Text und führen in die Lebens- und Arbeitswelt der Waldarbeiter und Kulturfrauen ein. Ein Abschnitt der Publikation ist der Herstellung von Holzkohle gewidmet. Wolfgang Schäfer hat die Geschichte dieses wichtigen Waldgewerbes recherchiert und beschreibt auf der Basis von Interviews mit Zeitzeugen den unspektakulären, harten Alltag der Köhler. Gerhard Brodhage untersucht zwei alte Waldberufe, die heute in Vergessenheit geraten sind und vor allem im Hochsolling betrieben wurden: die Pottaschesieder und die Torfstecher. Er beschreibt die Torfgewinnung im Raum Silberborn und geht dabei ausführlich auf die schwierigen Arbeitsbedingungen im Moor ein. Außerdem stellt er die Technik der Pottascheherstellung dar und arbeitet die große wirtschaftliche Bedeutung des „weißen Goldes“ heraus.

Wie die anderen Waldberufe hat sich auch der Beruf des Försters in den letzten Jahrhunderten grundlegend verändert. Daniel Althaus zeigt am Beispiel der Försterdynastie der Steinhoffs, die mehr als 200 Jahre lang in Winnefeld lebte und arbeitete, wie aus den Waldpolizisten und Jägern von vorgestern Waldmanager von heute wurden. Die Waldbeeren, welche Frauen und Kinder in den Sommermonaten ernteten, bildeten eine willkommene Ergänzung der oft kargen und eintönigen Alltagskost. In waldnahen Dörfern wie Sievershausen, Schlarpe, Schönhagen und Fürstenhagen ermöglichten die großen Heidelbeervorkommen zudem beachtliche Nebenverdienste. Heinz Kühn berichtet, wie die Bewohner des „Heidelbeerdorfes“ Schlarpe die Waldfrüchte „versilberten“. In den ausgedehnten Waldungen des Sollings waren immer Rehe, Hirsche und Wildschweine zu Hause, bis ins 18. Jahrhundert hinein auch Wölfe und Luchse. Mehrere Beiträge des Buches beschäftigen sich mit der Geschichte der Jagd und der „Freijagd“. Während Wilfried Hartje einer Wilderertragödie auf der Weper im Jahre 1828 nachgegangen ist, zeichnet Wolfgang Schäfer die Unruhen in den Sollingerdörfern („Vivat die freie Jagd!“) in der Revolution von 1848 nach. Außerdem porträtiert er den berühmten Sollingwilderer Georg „Schätchen“ Bartels aus Sievershausen und dokumentiert die großen Wildererprozesse der Jahre 1927 und 1928. Detlef Creydt und Daniel Althaus gehen auf zwei Jagdthemen ein, die in den letzten Jahren eine große Aktualität gewonnen haben: die Jagd auf Wölfe und die Wildschweine. Seit dem frühen 20. Jahrhundert haben sich einige abgelegene Walddörfer des Sollings zu Ausflugszielen bzw. zu kleinen touristischen Zentren entwickelt. Wolfgang Schäfer berichtet von Kutschfahrten und Wanderungen ins Grüne, von den ersten Sommergästen und von den schwierigen Anfängen des Tourismus, der früher „Fremdenverkehr“ hieß. Die Herausgeber

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Wald und Herrschaft

Landesordnung des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel über den Bergbau, Bodenschätze und Jagdordnung von 1572, mit einem Abbild Herzog Julius von 1569.

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Wald und Herrschaft

Wald und Herrschaft Michael Koch

H

errschaft entwickelte sich im deutschen Raum mit der Bildung fester Niederlassungen im 5. bis 7. Jahrhundert (Völkerwanderungszeit) stets auf der Grundlage der Wälder. Die Wälder boten alle notwendigen Rohstoff- und Energieressourcen für das menschliche Leben: Holz, Weidefläche, wilde Früchte und jagdbares Wild. Mit zunehmender Besiedlungsdichte mußte die freie Waldnutzung durch erste Waldordnungen ersetzt werden. Zugleich entstanden „gemeine“ Wälder, die genossenschaftlich bewirtschaftet wurden. Jeder Anwohner eines solchen Gemeinwaldes besaß darin gemäß des Bedarfs für seinen Haushalt Holz- und Weidenutzungsrechte. Eine starke Zentralgewalt im Fränkischen Reich und das sich damit entwickelnde Lehnswesen und die Grundherrschaft bewirkten eine entscheidende Reform der Waldverfassung. Die fränkischen Könige forsteten herrenloses Land ein und nahmen es somit in Besitz. Dabei stützten sie sich insbesondere auf das königliche Bodenverfügungsrecht über alles herrenlose Land und auf ein königliches „Schutzbannrecht“ (= Ordnungs- und Polizeirecht) über den Wald. Die Landesherren erhielten im Laufe des modernen Staatsbildungsprozesses (ca. 13.-15. Jahrhundert) die Verfügungsgewalt über die Forsten, über Kloster- und Kirchengüter. Auch andere autonome Herrschaften, wie kleinere Grundherren und die Städte mußten allmählich dem Druck des Landesherren weichen. In der Residenzstadt zentralisierte staatliche Institutionen wie Kanzlei und Hofrat, Hof- und Obergericht, Kammer, Berg- und Forstamt förderten den staatlichen Vereinheitlichungs- und Durchdringungsprozeß. Das Fürstentum wurde systematisch in mehrere Verwal-

tungsbezirke, die Ämter, Gerichte und Forstbezirke untergliedert. Die für den Solling zuständigen Ämter und Forstbehörden hatten ihren Sitz auf den Schlössern zu Fürstenberg, Nienover, Erichsburg und in den Städten Holzminden, Uslar, Hardegsen und Moringen. Auch der Solling war im Mittelalter ein genossenschaftlich genutzter Wald und zugleich ein herrschaftlicher Forst. Seit dem 14. Jahrhundert herrschten die Welfen als Landesherren über den größten Teil des Sollings. Vor dem Hintergrund ihrer landesherrlichen Forsthoheit und im Namen des Gemeinwohls erließen die braunschweigischen Herzöge Rodeverbote und regulierten Waldnutzungen, z. B. um Berg- und Salzwerke zu fördern. In Belangen der Waldnutzung, insbesondere des Holzbezugs, sowie der Verstöße gegen die Wald- und Forstordnung trafen sich die Untertanen des Amtes Fürstenberg unter freiem Himmel auf dem Holzgerichtstag vor dem Schloß Fürstenberg. Da es in der frühen Neuzeit noch keine öffentliche Informationsverbreitung durch moderne Medien gab, war es für den Zeitgenossen wesentlich, daß Verhandlungen „furm Lanndtgerichtte nicht heimblich, unndt im Winckell sonndernn offentlich unndt fur Jedermeniglich unnterm blawen Himmel“ durchgeführt wurden, wie es nach „gebrauch unndt gewonheitt (...) vonn Altters geschehen, unnd noch alle Jahr geschicht“1. Vor dem zumeist im Frühling und im Herbst abgehaltenen Holzgerichtstag mußten die herrschaftlichen Beamten die Wälder bereiten und den Bestand an Hölzern aufnehmen. Der Gesamtbedarf der Amtsuntertanen an Holz wurde mit Hilfe von Kerbhölzern oder Registern verzeichnet und abgerechnet. 1 StA Wolfenbüttel 26 Alt Nr.1405, vom Jahre 1583

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Wald und Herrschaft

Häufig traten Meinungsverschiedenheiten zwischen der worden, oder noch itzo zur Huede gebrauchet werden, bei staatlichen Obrigkeit und der Land- und Stadtbevölkerung ein ander nach ihrer ungefehrlichen Proportion und Grösse, auf, die ihre aus alter Zeit überlieferten Gewohnheitsrechte nebst beigefügten Nahmen, enthalten (...)“. Zugleich sollte gefährdet sahen. Während der Zeit des Dreißigjährigen die vermeintliche „Holzverwüstung“ in Augenschein Krieges (1618-1648) hatten sich in die gewohnte Nutzung genommen werden, Erkundigungen bei Einwohnern und der Wälder des Sollings Missbräuche eingeschlichen. Im Hirten eingezogen und protokolliert werden. Der Weg von Jahre 1654 wurde u. a. von den landesherrlichen Beamten in der mündlichen Tradition gewohnheitsmäßiger Rechte zur Fürstenberg, Holzminden, Bevern sowie Schäfern und schriftlichen Form war das Mittel der fürstlichen VerwalWeideinteressenten die Beschwerde vorgebracht, „daß die tung, um Rechtssicherheit herzustellen und eine bessere althergebrachte gerechtigkeit und befugnus ohn Uhrsach Übersicht und Planungsgrundlage für den Staat zu erhalten. von den Forstbedienten Mit Hilfe regelmäßiger Forstgehindert“ und auf diese Weise bereitungen bzw. Forsteinrich„unsere Ambter, Unterthanen tungen – für den Solling zuerst und andere Berechtigte an ihren aus dem Jahre 1587 überliefert – juribus pascui et compascui (= sowie einer wiederholten umfasHüte- und Mithüterechte) versenden Landesaufnahme bis hin hindert werden“. Aufgrund zum Kataster des 19. Jahrhunsolcher Klagen sollten die Komderts schuf der Staat wirksame missare mit den Amtleuten, Plan- und Kontrollinstrumente. Jägern und Förstern „den Der Staat setzte sich langfristig Söllinger Waldt von einem ende gesehen mit seinen Ordnungsvorbis zum anderen beziehen, einen stellungen durch. Eine auf Nachhaldeutlichen Abris deßelben, auch tigkeit angelegte moderne Forstseiner Situation (...) solcher wirtschaft und die Bildung von gestalt entwerfen, daß darin nicht Staats- und Interessentenwäldern allein die jenige Berge undt waren das Ergebnis. Staatliche Thäler, welche vor Jahren und Beamte und Förster mußten die noch itzo zu den Wildfuhren oder Waldaufsicht vor Ort gewährleisten. Jagdten geleget, und mit Saltz Sie mußten tagtäglich im Wald lekker beschlagen werden, präsent sein und für Ordnung sondern auch die Hegeholtzer sorgen, Holz mußte angewiesen, (...), nicht weiniger auch die VorHirten beaufsichtigt und Wilddiebe höltzer und die ienige Orter, auf frischer Tat gefangen werden. Berge und Thale, dahin die Hude und Weide von Rind- und Beispiel für die Abhaltung eines Gerichtstages Schafvieh vor Jahren verstattet unter freiem Himmel, Böhmen/Prag 1600.

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Wald und Herrschaft

„Herrschaftliche Einteilung des Solling-Gebietes in Ämter und adlige Gerichte (18. Jh.).“ (Aus: E. Tacke, Die Entwicklung der Landschaft im Solling, Oldenburg 1943, Abb.1, S.10, nach: G. Schnath, Historischer Handatlas von Niedersachsen)

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