[Umrisse] 1/2020

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Konstruktionen aus Holz

Hauptsitz der Swatch Group in Biel Pilotprojekte von Basler & Hofmann im Kanton Zürich Sport- und Veranstaltungshalle in Le Vaud Schulcampus in Odelzhausen Dutch Mountain in Eindhoven

BIM-Special Erfahrungen aus dem Büro kister scheithauer gross

[Umrisse] Zeitschrift für Baukultur


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VORANKÜNDIGUNG

zum Symposium BRÜCKEN IN DER STADT

Tagungsort und Tagungsdatum: Mannheim 2020

Mit BRÜCKEN IN DER STADT wollen wir viele Anfragen insbesondere aus Städten und Kommunen beantworten, wann die nächste Veranstaltung vorgesehen ist, die nicht nur Geh- und Radwegbrücken thematisiert, sondern auch größere Bauwerke in den Innenstädten. 2020 werden wir, und zwar in Mannheim, dieses Thema aufgreifen und nicht nur große Querungen über Gleisanlagen oder innerstädtische Straßenzüge und Gewerbegebiete vorstellen, sondern natürlich ebenso Geh- und Radwegbrücken. Zwei große Wettbewerbe werden herausragende Vorschläge internationaler Planungsbüros und Architekten präsentieren. Und da für die Akzeptanz bei der Bevölkerung Voraussetzung ist, dass die Beleuchtung, dem Anlass entsprechend, ausreichend und harmonisch gestaltet und angepasst wird, kommt ihrer Konzeption genau wie der des Lärmschutzes eine hohe Bedeutung zu. Viele Vorschläge hierzu liegen uns bereits vor, weitere erwarten wir gerne. Wir freuen uns, wenn Sie sich dafür interessieren.

VERLAGSGRUPPE W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN

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Biebricher Allee 11 b 65187 Wiesbaden Tel.: +49/611/98 12 920 Fax: +49/611/80 12 52 kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de www.verlagsgruppewiederspahn.de www.mixedmedia-konzepts.de www.symposium-brueckenbau.de

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Materialwahl mit Mehrwert

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Übrigen genauso wie die inzwischen rasant anwachsende Zahl an Büchern, die in irgendeiner Form Heimat oder Geschichte thematisieren, da deren Lektüre offenbar in gleicher oder ähnlicher Weise die Erinnerung an vergangene und damit vermeintlich bessere oder glücklichere Zeiten wachzurufen hilft. Und dennoch gab und gibt bis heute Ausnahmen, wurden und werden trotz erkennbarer Rückwärtsgewandtheit nicht alle Konventionen, ohne zu fragen oder zu klagen, (einhellig) akzeptiert, was spätestens dann eintrat bzw. eintritt, wenn sie in den Ruf zu geraten droh(t)en, einen oder den Fortschritt zu be- oder verhindern, also eine Entwicklung zu beeinträchtigen oder zu unterbrechen, die das Arbeits- wie Privatleben zu erleichtern, es einfacher und komfortabler zu machen verspricht – und zwar ganz unabhängig von einem Phänomen, das sich quer durch die Jahrhunderte beobachten lässt: die Begeisterung für und das Staunen über Wunderwerke der Technik, die als revolutionär galten oder gelten und deren Realisierung, wie manche glaub(t)en, auf urplötzlich gewonnenen Ideen oder Geistesblitzen beruhte und beruht, wie etwa Eiffelturm oder Gotthardt-Basistunnel. Die meisten Prozesse verlaufen hingegen eher langsam, sie erbringen zudem keine solchen Wunderwerke der Technik, entspringt das Gros der Produkte und Strukturen in Architektur und Ingenieurwesen doch der Suche nach Optimierung und Leistungssteigerung und bedingt insofern zunächst des vorurteilsfreien Nachdenkens und anschließend ausgedehnter und tiefgreifender, ergo umfassender Analysen in Büro, Labor und Werkstatt, am Computer, beim Modellbau und im Windkanal, bevor die (erzielten) Resultate über die angestrebte Markt- und Einsatzreife verfügen.

Ein nachgerade hervorragendes Beispiel liefern hier die [Umrisse] mit »Konstruktionen aus Holz«, indem sie anhand von aktuellen, in puncto Gestalt, Tragwerk und Funktion(en) zweifellos überzeugenden Projekten aus Forschung und Praxis dokumentieren, welche Mehrwerte aus der Materialwahl erwachsen (können), wenn sie auf Basis detaillierter, sachlich wie fachlich adäquater Überlegungen und soliden Wissens um einen Werkstoff und dessen Potential getroffen wurde und wird – wie bereits die oben wie nachstehend zitierten Zeilen aus einen Text von Adolf Loos besagen, der mit »Das Prinzip der Bekleidung« überschrieben ist und in der Mitte des schmalen Bandes »Warum ein Mann gut angezogen sein soll«, einer Zusammenstellung von außerordentlich geistvollen Essays, einer oder seiner (Wieder-)Entdeckung harrt: »Ein jedes Material hat seine eigene Formensprache, und kein Material kann die Formen eines anderen Materials für sich in Anspruch nehmen. Denn die Formen haben sich aus der Verwendbarkeit und Herstellungsweise eines jeden Materials gebildet, sie sind mit dem Material und durch das Material geworden. Kein Material gestattet einen Eingriff in seinen Formenkreis. Wer es dennoch wagt, den brandmarkt die Welt als Fälscher, Die Kunst hat aber mit der Fälschung, mit der Lüge nichts zu tun. Ihre Wege sind zwar dornenvoll, aber rein.« Michael Wiederspahn

[Editorial

»Sind für den Künstler alle Materialien auch gleich wertvoll, so sind sie doch nicht für alle seine Zwecke gleich tauglich. Die Festigkeit und die Herstellbarkeit verlangen Materialien, die mit dem eigentlichen Zwecke des Gebäudes nicht im Einklang stehen. Hier hat der Architekt die Aufgabe, einen warmen, wohnlichen Raum herzustellen. Warm und wohnlich sind Teppiche. Er beschließt daher, einen solchen auf den Fußboden auszubreiten und vier Teppiche aufzuhängen, welche die vier Wände bilden sollen. Aber aus Teppichen kann man kein Haus bauen. Sowohl der Fußteppich als auch der Wandteppich erfordern ein konstruktives Gerüst, das sie in der richtigen Lage erhält. Dieses Gerüst zu erfinden, ist erst die zweite Aufgabe des Architekten. Das ist der richtige, logische Weg, der in der Baukunst eingeschlagen werden soll.« Der Mensch ist in vieler Hinsicht ein, wie es so schön heißt, Gewohnheitstier, das feste, aber keineswegs einengende Regeln, ja als bewährt empfundene Regularien und Rituale durchaus schätzt, sie deshalb oft und gerne oder sogar überwiegend befolgt, weil sie ihm auf die eine oder andere Art Halt bieten, in einer mitunter höchst verwirrend anmutenden Welt voller Konflikte und ungelöster Probleme unterschiedlichster Provenienz im Grunde wenigstens für ein bisschen Sicherheit und Orientierung zu sorgen scheinen. Dass sogenannte Seifenopern und Kinofilme älteren Datums nicht erst seit kurzem kontinuierlich wiederholt, letztlich stets dieselben Serien, Staffeln und Streifen im wöchentlich bis monatlich wechselnden Rhythmus auf den kleinen oder großen Bildschirmen beinahe unaufhörlich gezeigt werden, dürfte daher kaum überraschend sein, sondern primär ein oder der Ausdruck ebenjenes mehr oder minder unbestimmten Wunsches eines oder des Publikums nach Leit- und Traditionslinien von (möglichst) unbegrenzter Dauerhaftigkeit, im

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] Inhalt

Editorial

Materialwahl mit Mehrwert Michael Wiederspahn

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Konstruktionen aus Holz

Ambitioniert und amorph vieldeutig Stefan Teufel

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Parametrische Planung im Holzbau Stefan Teufel

Mit Zacken und Kanten Stefan Teufel

Kurzfristig umgeplant Arthur Schankula

Hoch hinaus in Holzbauweise Stefan Teufel

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[Inhalt

BIM-Special

BIM im Neubau und im Bestand [Umrisse] im Gespräch mit Ben Jutz und Eric Mertens

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Rubriken

Immobilienmarkt

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Produkte und Projekte

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Software und IT 46

Nachrichten

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Termine

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BĂźcher

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Impressum

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Brücke zur Cité du Temps mit Konferenzsaal © SWATCH

Ambitioniert und amorph vieldeutig Neuer Hauptsitz der Swatch Group in Biel Holzgitterschale als Schlusspunkt Nach insgesamt neun Jahren Planungsund Bauzeit konnte die Schweizer Uhrenmarke Swatch im Oktober des vergangenen Jahres die Fertigstellung ihres neuen Hauptsitzes in Biel – zumindest vorläufig – abschließen. Swatch, das sind jene bunten, fröhlichkreativen Armbanduhren, die seit Anfang der 1980er Jahre die bis dahin eher saturiert daherkommende Uhrenindustrie aufmischten und Zeitmesser zu trendigen und erschwinglichen Lifestyle-Produkten machten. Vater zwar nicht der Idee, aber des Erfolgs derselben war der 2010 verstorbene Unternehmer Nicolas George Hayek, unter dessen Ägide über die Zeit

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zahlreiche weltweit renommierte Uhrenhersteller, zu denen auch das traditionsreiche Bieler Unternehmen Omega gehörte, bis Ende der 1990er Jahre zur Swatch Group zusammenfanden. An der jahrhundertealten Bieler Omega-Produktionsstätte mit ihren teilweise denkmalgeschützten Industriebauten entstand in den letzten Jahren das Swatch-Hauptquartier – eine Hommage an Hayek wie an den Ort. Drei neue Bauten forderte der 2010 ausgeschriebene Wettbewerb, den der 2014 mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnete Japaner Shigeru Ban im Folgejahr für sich entscheiden konnte.

Neben der Hauptverwaltung der Marke Swatch waren dies ein bereits 2017 fertiggestelltes Produktionsgebäude für Omega sowie ein fast zeitgleich mit der Hauptverwaltung errichtetes Konferenzzentrum, in dem auch zwei großzügige Ausstellungsbereiche – je einer zur Markenhistorie Swatchs und Omegas – eine angemessene Bleibe fanden; das Omega Museum auf der zweiten und der sogenannte Planet Swatch auf der dritten Etage.

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Gesamtaufnahme Swatch-Hauptsitz und Umgebung © SWATCH

Aufsicht Kopfteil Hauptverwaltung und Cité du Temps © SWATCH

Beide Bauten entstanden als Hybridkonstruktionen aus Stahlbeton mit eingestellten Holzrahmen; der Fabrikationsbereich zurückhaltend in den Bestand eingefügt, das die Museensbereiche beherbergende Gebäude, die sogenannte »Cité du Temps«, mit seinem expressiven Betongewölbe, in dem der Eingangsbereich liegt, etwas prominenter als 28 m hoher abschließender Riegel des alten Areals. Über dem Sockel liegen vier großflächig verglaste Geschosse, deren letztes durch eine ellipsenförmige Ausstülpung, den beeindruckenden Nicolas-G.-Hayek-Konferenzsaal, akzentuiert wird, der markant in die neue, hier platzförmig geweitete gleichnamige Straße auskragt und dessen Dach

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den Straßenraum überspannt. Ein wenig wirkt es, als habe ein urzeitliches Reptil unbestimmbarer Spezies sein Haupt auf dem Gebäuderiegel zur Ruhe gebettet. Der »Körper« des scheinbar geschuppten riesigen Kaltblüters liegt breit auf der davorliegenden Grünfläche entlang dem kleinen Fluss Schüss und beherbergt seit kurzem die neue Hauptzentrale. Eine Holzbrückenkonstruktion verbindet beide Baukörper. Die Schuppen stellen sich bei näherem Hinsehen als Felder einer riesigen Holzgitterschale dar, die als Freiformtragwerk die gesamte Verwaltung der Swatch AG bis hin zu den Lagerräumen überspannt.

Mit diesem Bauwerk haben die Bauherren Nayla und Nick Hayek, Tochter und Sohn von Nicolas George Hayek und als Präsidentin des Verwaltungsrats respektive Präsident der Konzernleitung der Swatch Group aktiv in das Unternehmen eingebunden, ihr erklärtes Ziel, dem Vater zu huldigen und am Bieler Standort eine konzernwirksame architektonische Landmarke zu schaffen, zweifelsohne erreicht. Und es ist nicht die erste Zusammenarbeit zwischen der Swatch Group und Shigeru Ban. Bereits 2007 hatte er für das Unternehmen das Nicolas-G.-Hayek-Center in Tokio geschaffen.

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Aufsicht Gesamtareal © SWATCH

Lageplan © Itten+Brechbühl AG

Längsschnitt © Itten+Brechbühl AG

Grundriss Ebene +1 © Itten+Brechbühl AG Ansicht entlang der südlichen Fassade © SWATCH

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Die Hülle

Parametrische Planung

Mit insgesamt 240 m Länge und einer Breite von 35 m lagert die im hinteren Teil leicht geschwungene Freiform auf dem Areal. Sie wird von einem komplexen Tragwerk aus Holz überfangen, das an seinem höchsten Punkt im Haupteingangs- und Übergangsbereich zur Cité du Temps bis auf fast 27 m ansteigt und damit gewaltige Ausmaße hat. Über die insgesamt rund 11.000 m2 große Fläche verteilt, gewähren insgesamt neun Balkone mit variierenden Größen zwischen 10 m2 und 20 m2 auf mehreren Etagen Ausblicke aus der Hülle. Für Ban, der mit großen nachhaltigen Konstruktionen seit vielen Jahren aufsehenerregend experimentiert, war die Wahl von Holz als nachwachsendem Baustoff für die Tragstruktur naheliegend. Sie ist eingedeckt von einer Hülle aus elf verschiedenen wabenförmigen Fassadenelementen. Diese bestehen je nach den räumlichen und klimatischen Anforderungen der darunterliegenden Bereiche unter anderem aus geschlossenen gedämmten Elementen, transparenten Glasfeldern und opaken mit Sonnenschutzglas sowie aus Photovoltaikflächen und mit Luftkissen aus ETFE-Folie gefüllten Feldern oder weisen sogenannte Schweizer Kreuze auf. Diese dekorativen Holz-Kreuzelemente geben der Struktur eine ganz persönliche Swatch-Note und verbessern mit ihrer feinen Perforation die Raumakustik sowohl in den Außen- als auch in den Innenbereichen. Unter den rund 2.800 Waben der Fassade gibt es kaum zwei mit den gleichen Maßen. Für Ban war die Verwendung der Luftkissen ein Novum. Die Entscheidung für sie fiel aufgrund ihres geringen spezifischen Gewichts, das die Traglast auf die Trägerelemente aus Brettschichtholz reduzierte. Da durch diese Einheiten kein Licht eindringt, wurden sie schwerpunktmäßig im hinteren Teil über dem Warenlager eingesetzt. Insgesamt machen sie den größten Teil der Fassadenelemente aus.

Für das in enger Abstimmung mit dem gesamtleitenden lokalen Architekturbüro, der Itten+Brechbühl AG, und den Tragwerksplanern mit der Entwicklung und Ausführung der Konstruktion beauftragte Holzbauunternehmen Blumer Lehmann, das in der Vergangenheit bereits drei Projekte mit Shigeru Ban realisiert hatte, war die Gitterschale, die bislang größte seiner Firmengeschichte. Die Freiform wurde vorab in einer dreijährigen Planungsphase auf ihre Machbarkeit geprüft, bei der auch die Geometrie der Träger definiert wurde, da jedes der insgesamt 4.481 Trägerelemente ein Unikat ist. Hierzu mussten in Zusammenarbeit zwischen den Tragwerksplanern der SJB Kemptner Fitze AG und weiteren Fachingenieuren sowie den mit der Ausführungsplanung betrauten Architekten von Itten+Brechbühl vorab die Grundlagen ermittelt werden, um auf dieser Basis durch einen eigens hinzugezogenen Digitalspezialisten ein Koordinationsmodell von sehr hohem Detaillierungsgrad zu erstellen, das die weitergehende Planung und Ausschreibungen erst ermöglichte. Als Ausgangslage hierfür dienten teilweise sogar nur Handskizzen und wenige Pläne, die es in ein 3-D-Modell zu übersetzen galt. Als dann 2015 nach der Vergabe, um dem Bauherrenwunsch nach einer schlankeren Gebäudehülle entsprechen zu können, die Entscheidung fiel, die komplette Haustechnik sowie die Sprinkleranlagen, anders als bis dato vorgesehen, in die Tragstruktur zu integrieren, musste die Detaillierung nochmals grundlegend überarbeitet werden. Dies machte zusätzliche Abstimmungen mit den Holzbauingenieuren und Fachplanern erforderlich, da es galt, alle Durchdringungen bis zum letzten Bohrloch einzumessen und zu überprüfen. Erst im Anschluss konnten die diesbezüglichen 2-D-Pläne für die 3-D-Modellierung parametrisiert werden. Basierend auf diesem neuen 3-D-Modell wurden drei verschiedene Rohlingstypen aus Brettschichtholz definiert: »gerade«, »einsinnig gekrümmte« und »zweisinnig gekrümmte« Träger. Wie die geraden Träger eignen sich auch einsinnig gekrümmte Träger für schwach gekrümmte und leicht verdrehte Bauteile. Aufgrund der Gebäudeform kamen jedoch mehrheitlich zweisinnig gekrümmte Träger zum Einsatz, die in

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zwei Richtungen gebogen und verdreht zu Brettschichtholz verleimt sind. Im Zuge der Parametrisierung konnten auch die über 16.000 Stahlteile und 140.000 Verbindungsmittel auf einige wenige Typen reduziert werden.

Vorfertigung und Montage Um den vereinbarten Montagetermin auf der Baustelle einhalten zu können, wurden die Trägerelemente auf fünf verschiedenen Produktionsanlagen gefertigt, die teilweise vierschichtig betrieben wurden. Welche Bauteile auf welcher Anlage produziert wurden, musste frühzeitig festgelegt werden, um das notwendige Rohmaterial und die Produktionsdaten verfügbar zu halten. Die unterschiedlichen Krümmungsradien der bis zu 13 m langen Rohlinge erschwerten ihre Lagerung und brachten einen hohen Logistikaufwand mit sich. Eine weitere Herausforderung war die Planung der Montage vor Ort. Nachdem entschieden worden war, auf welche Weise die ineinandergreifenden Teile Stoß auf Stoß zu montieren waren, musste deren Reihenfolge festgelegt und auf die oben ausgeführte Produktion der Trägerelemente abgestimmt werden, was letztlich nur im 3-D-Modell möglich war. Vor der Montage hatte das Holzbauunternehmen ein Leergerüst erstellt, in dem die Auflagerpunkte exakt definiert worden waren. Die notwendigen Messdaten konnten gleichfalls dem Modell entnommen werden. Die Hilfskonstruktion stützte nicht nur die Hauptkonstruktion bis zu ihrer Fertigstellung, sondern erlaubte auch den Folgegewerken, die Installationen und die Fassadenarbeiten auszuführen. Da die Straße vor der neuen Hauptverwaltung auch während der gut neunmonatigen Montagephase befahrbar bleiben musste, wurde in fast 13 m Höhe eine zusätzliche Arbeitsplattform errichtet. Die Konstruktion der eigentlichen Gitterschale erfolgte in 13 aufeinanderfolgenden Etappen. Zu Beginn wurden die Schwellenelemente verankert, danach konnte von unten nach oben aufeinander zu gearbeitet werden, um in der Mitte in der Firstlinie zusammenzutreffen. Fortlaufende Kontrollen mit einem Tachymeter stellten sicher, dass eventuelle Differenzen, die glücklicherweise nicht auftraten, frühzeitig hätten erkannt und ausgeglichen werden können.

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Perspektive Tragwerk mit längstem durchlaufendem Träger © Blumer-Lehmann AG

Aufbau Brettschichtholzträger © Blumer-Lehmann AG

Explosionszeichnung Knotenpunkt Tragwerk © Blumer-Lehmann AG

Ansicht Fassadenaufbau im Foyer © SWATCH

Explosionszeichnung Aufbau Waben Tragwerk © Blumer-Lehmann AG Übergang Glasfassade Foyer und Dach mit Schweizer Kreuzen © SWATCH

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Foyer mit Empfang © SWATCH

Fassadenelemente Noch während die Tragkonstruktion errichtet wurde, begann der Einbau der Fassadenelemente, die teilweise aus jeweils bis zu 50 Einzelteilen sorgfältig »maßgeschneidert« sind. Einige von ihnen lassen sich zur Entrauchung öffnen, während andere, wie ausgeführt, mit Photovoltaikelementen versehen sind. Die ETFE-Luftkissen hingegen sind mit Luft »aufgepumpt« und in der Mitte zur Wärmedämmung mit lichtdurchlässigen Polykarbonatplatten versehen. Die Kissen, die auch einer Belastung durch Schnee oder Eis gewachsen sind, werden ständig leicht belüftet, damit sie dauerhaft unter Spannung stehen. In den transparenten Glaselementen befinden sich aus Gründen des Wärmeschutzes insgesamt jeweils vier Scheiben aus durchsichtigem Glas, zwischen die weiße Rollos eingelassen sind. Auch diese Elemente werden kontinuierlich leicht belüftet, damit sich kein Kondensat bilden kann.

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Blick aus dem Foyer zum Haupteingangsbereich © SWATCH

Die Lobby Der zur Nicolas-G.-Hayek-Strasse hin ausgerichtete komplett verglaste Eingangsbereich zeichnet sich durch seine großzügige Dimension sowie seine Transparenz, Offenheit und Helligkeit aus. Die der Holzgitterstruktur der Fassade geschuldete Zickzackverglasung im oberen Bereich ab einer Höhe von 5,50 m steift die Fassade gleichzeitig gegen auftretende Windlasten aus. Unterhalb der Verglasung befinden sich fünf großflächige Öffnungen, von denen vier durch automatisch öffenbare gläserne Hubstaffeltore geschlossen sind. Im geöffneten Zustand, beispielsweise bei Veranstaltungen oder hohem Gästeaufkommen, erleichtern sie den Besucherströmen den

Zugang in die Lobby und helfen, die Zirkulation auf dem Areal zu verbessern. Der offizielle Haupteingang befindet sich in der zentralen mittleren Öffnung. Zwei gläserne Aufzüge und eine vorgelagerte Treppenanlage geleiten Mitarbeiter und Besucher in die oberen Stockwerke sowie zur gläsernen Fußgängerbrücke im dritten Geschoß, die die Swatch-Verwaltung mit der Cité du Temps verbindet. Galerien auf drei Stockwerken bieten Aussichten auf den Eingangsbereich. Im Inneren des eingestellten Büroriegels befinden sich drei weitere große Treppenhäuser sowie Aufzugsanlagen, die eine Erschließung auf kurzen Wegen ermöglichen und als Fluchttreppenhäuser ausgelegt sind.

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Blick von der obersten Ebene auf die Arbeitsflächen © SWATCH

Situation auf der obersten Ebene © SWATCH

Das Innenleben des Reptils Im Inneren nimmt das Untergeschoß die gesamte Länge des Gebäudes ein. Hier ist neben den Technikräumen, der Lüftungszentrale und dem Archiv auch eine Tiefgarage mit Kapazitäten für 170 Pkws und 182 Fahrradstellplätzen untergebracht. Die Einfahrt zur Tiefgarage liegt am breit auslaufenden hinteren Gebäudeteil. Darüber erhebt sich, frei in die Tragkonstruktion eingestellt, auf fünf Geschossen der eigentliche Verwaltungsbereich, der zum rückwärtigen Bereich der abnehmen-

Gesprächsecke auf der dritten Ebene © SWATCH

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den Gebäudehöhe entsprechend abgetreppt ist und hier große freie Meetingflächen aufweist. Galerien mit Glasbrüstungen ermöglichen einen Blick auf die unteren Etagen. Insgesamt stehen rund 25.000 m2 Nettogeschoßfläche für sehr unterschiedliche Nutzungen zur Verfügung. Neben Standardarbeitsplätzen sind über das ganze Gebäude Gemeinschaftsflächen sowie kleine Pausenzonen verteilt, was dem Inneren neben seiner farbenfrohen

Ausstattung eine zusätzliche Dynamik verleiht. Diese wird noch verstärkt durch die sehr bunt gehaltene Ausstattung einer eigenwilligen Installation am Ende des dritten Geschosses, den sogenannten Reading Stairs, einer breitgelagerten Treppe ins Nichts, die den Abschluss des darunterliegenden Treppenhauses bildet und zu Kreativpausen einladen soll. Eine Cafeteria im Erdgeschoß, die Angestellten wie Besuchern offensteht, komplettiert das Raumprogramm.

Reading Stairs – Sitzlandschaft über Treppenaufgang © SWATCH

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Swatch-Drive-through © SWATCH

Nachhaltigkeit

Schlusspunkt

Das Energiekonzept basiert auf der Anwendung von Solartechnologie und Grundwassernutzung für die Lüftung, Kühlung, Heizung und Grundbeleuchtung, wodurch es möglich wurde, sowohl die neue Hauptverwaltung als auch die Cité du Temps autonom zu betreiben und eine sehr günstige CO2-Bilanz zu erzielen. Dabei sichert das Grundwassernutzungskonzept über Wärmepumpen die Beheizung und Kühlung beider Bauten. Hierfür wurden auf dem gesamten Areal neun unterirdische Brunnen angelegt und zwei ehemalige Öltanks zu Wasserspeichern umgebaut. Über die in der Wabenstruktur der Fassade befindlichen 442 gebogenen Solarelemente mit einer Gesamtoberfläche von annähernd 1.770 m2 können nach Unternehmensangaben pro Jahr rund 212,3 MWh Strom erzeugt werden, was dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 61 Haushalten entspricht. Das für die Tragkonstruktion verwendete Holz – mehrheitlich Fichte – stammt ausschließlich aus Schweizer Wäldern. Insgesamt wurden knapp 1.997 m3 davon verbaut; eine Menge, die in weniger als zwei Stunden nachwächst.

Als originelles Ausrufezeichen einer neueingeleiteten Swatch-Zeit ist dem Schuppentier zur Straße ein kleiner runder Pavillon vorgelagert, der in Anlehnung an populäre Fastfoodketten den laut Unternehmensangaben weltweit ersten SwatchDrive-through für Uhren beherbergt.

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Stefan Teufel Fachjournalist, München

Bauherr Swatch Group SA, Biel/Schweiz Architekt Shigeru Ban Architects Europe, Paris/Frankreich Gesamtleitende Architekten für Planung und Baumanagement Itten+Brechbühl AG, Bern/Schweiz Tragwerksplanung Holzbau SJB Kempter Fitze AG, NL Eschenbach/Schweiz Entwicklung und Ausführungsplanung, Produktion und Montage Holzbau Blumer-Lehmann AG, Gossau/Schweiz Digitale Planung Design-to-Production GmbH, Zürich/Schweiz Baukosten 125 Mio. CHF

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Erweiterungsbau mit Vorplatz und Pavillon © Basler & Hofmann AG/Stefan Kubli

Parametrische Planung im Holzbau Pilotprojekte am Erweiterungsbau von Basler & Hofmann im Kanton Zürich

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Das eigene Büro als Entwicklungslabor

Digitalisierungsmöglichkeiten ausloten

Am firmeneigenen Erweiterungsbau ihrer Niederlassung in Esslingen im Kanton Zürich erprobte die Basler & Hofmann AG in einer Entwicklungspartnerschaft mit der Professur für Architektur und Digitale Fabrikation der Eidgenössisch Technischen Hochschule (ETH) Zürich und dem Holzbauunternehmen Erne AG Holzbau neue Planungs- und Bauverfahren. So ist der Bürostandort in Esslingen schon mehrfach zum unternehmensinternen Entwicklungslabor geworden; beispielsweise 1996 mit dem ersten Minergie-Bürogebäude im Kanton Zürich oder 2010 mit einem annähernd energieautarken Bürohaus, dessen Energiebedarf dank eines neuartigen Erdspeicherkonzepts ganzjährig durch die Sonne gedeckt wird.

Beim jüngsten Erweiterungsbau lautete nun der Anspruch, die Möglichkeiten der Digitalisierung im Planungs- und Bauprozess maximal auszuloten. Das komplette Gebäude wurde im Haus vorab am Computer als digitaler Zwilling erstellt. Gebaut wurde dann direkt aus dem Modell, also von der Bauleitung über die Bauausführung bis zur Produktion von Bauteilen gänzlich ohne Papierpläne.

Der Erweiterungsbau liegt auf der Rückseite des bestehenden Gebäudes und bildet mit seinen beiden Seitenflügeln einen spitzen Winkel. In dem so gefassten Vorplatz sollte als Blickfang ein offener Außenpavillon entstehen, der sowohl aus der hier befindlichen großräumigen Cafeteria im Erdgeschoß als auch aus den darüber liegenden Stockwerken erlebbar ist.

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»Future Tree«-Konstruktion © Basler & Hofmann AG/Stefan Kubli

»Future Tree« Die »Future Tree« genannte Form, eine baumähnliche Konstruktion, besteht aus einer geometrisch komplexen »Krone« – einem Hebelstabwerk aus Holz – und einer ungewöhnlich geformten und strukturierten Betonstütze. Geometrisch komplexe Formen sind bislang mit konventionellen Planungs- und Baumethoden nur unter großem Aufwand realisierbar und bleiben daher meist Prestigebauten vorbehalten. Ziel des Vorhabens war es, mit Hilfe einer neuen parametrischen Planung und neuer Baumethoden die Realisierung dieser reichen architektonischen Formenwelt zu vereinfachen, um sie zukünftig auch bei alltäglicheren Bauobjekten anwenden zu können. Ein weiteres Experimentierfeld bot die Cafeteria selbst. Um eine möglichst optimale Raumakustik zu erreichen, wurden neue Wandaufbauten entwickelt, bei deren Konzeption und Montage gleichfalls ein neuartiges Bauverfahren zum Einsatz kam, das auf die sogenannte Augmented Reality (AR) – im Deutschen am ehesten übersetzbar als »erweiterte Realität« – setzt und den präzisen Bau höchstkomplexer Strukturen aus einem digitalen Modell ermöglicht.

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Der offene Pavillon entstand in einer Entwicklungspartnerschaft, bestehend aus der Basler & Hofmann AG, der unter dem Namen Gramazio Kohler Research geführten Professur für Architektur und Digitale Fabrikation an der ETH Zürich und der Erne AG Holzbau. Die kombinierte Holz-Beton-Konstruktion plante das Projektteam vollständig parametrisch. Das Holztragwerk, die Krone, wurde mit einem Fertigungsroboter im Werk des Holzbauunternehmens erstellt. Sie weist eine Fläche von insgesamt 120 m2 und ein Gewicht von rund 2 t auf. Für die geometrisch komplexe Betonstütze kam ein an der ETH Zürich neuentwickeltes Bauverfahren, das sogenannte Eggshell-Verfahren, zum Einsatz, das gänzlich neue Formen im Betonbau ermöglicht. Anders als bei einem herkömmlichen Entwurfs- und Planungsprozess wird bei einer parametrischen Planung die gewünschte Konstruktion nicht gezeichnet, sondern programmiert. Die Entwurfsabsicht wird anhand verschiedener Parameter in einem Programmcode erfasst. So entsteht ein parametrisches Modell des Bauvorhabens.

Einige Parameter sind fix vorgegeben wie zum Beispiel die Abmessungen des Pavillons, andere können, wenn das Modell einmal erstellt ist, beliebig variiert werden. Für den Entwurf und die Datengenerierung nutzten die Forschenden der ETH Zürich die Softwares Python, Grasshopper und Rhino. Die Dachstruktur des Future Tree besteht aus sogenannten reziproken, also in einem direkten gegenseitigen Wechselverhältnis stehenden Knoten, die aus acetylierter Radiata-Kiefer gebildet werden. Dieses Material besitzt eine hohe Formstabilität und ist von daher für frei bewitterte Konstruktionen besonders geeignet.

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Links: Geometrie der Krone. Rechts: Darstellung der maximalen Anschlusskräfte in Längsrichtung © Basler & Hofmann AG

Im parametrischen Modell konnten zum Beispiel Maschenweite, Knotengröße und Wölbung verändert und damit die gesamte Geometrie der Struktur automatisch angepasst werden. Da das Modell mit den Statik-Programmen RSA und Sofistik verknüpft war, konnte schnell überprüft werden, welche Auswirkungen eine Veränderung in der Geometrie auf das Tragverhalten hat. Auf diese Weise wurden in einem iterativen Prozess architektonischer Entwurf und Tragverhalten aufeinander abgestimmt und optimiert. So sind zum Beispiel die Knoten im Bereich der Auskragung größer dimensioniert, um der Struktur dort mehr Steifigkeit zu verleihen. Kaum ein Knoten gleicht einem anderen. Die sieben in der oberen Ebene geführten Vorspannkabel konnten so angeordnet werden, dass die aus Schraubverbindungen bestehenden Anschlüsse der Holzkonstruktion möglichst wenig beansprucht werden. Das parametrische Modell ermöglichte es zudem, die 30 cm langen Edelstahlvollgewindeschrauben mit einem Durchmesser von 10 mm Durchmesser kollisionsfrei in der komplexen Geometrie zu platzieren.

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Detail Verbindung »Stamm« und »Krone« © Basler & Hofmann AG/Stefan Kubli

Das parametrische Modell

Automatisierte Bauverfahren

Das parametrische Planen löst auch Veränderungen im Planungsprozess aus: Während beim konventionellen Vorgehen Architekt, Ingenieur und Unternehmer sequentiell oder abwechselnd tätig sind, verlangt der parametrische Planungsprozess eine kontinuierliche Zusammenarbeit – auch mit der Bauherrschaft. Im parametrischen Modell werden sämtliche Informationen zum Entwurf, zur Statik und zur Fertigung aufgenommen und abgestimmt. Damit Fertigungsdaten wie zum Beispiel Vorbohrungen bereits in das Modell einfließen können, ist bereits die Fertigungsplanung Teil der Entwurfsphase. Das parametrische Modell wird so zum Gemeinschaftswerk, das eine nahtlose Prozesskette vom Entwurf bis zur Montage ermöglicht.

Die parametrische Planung erzeugt hochkomplexe Strukturen, die in der notwendigen Präzision von Menschenhand kaum mehr gebaut werden können. Die Entwicklung der parametrischen Planung geht deshalb eng einher mit dem Einsatz von Robotern im Bauwesen. Die Daten aus dem parametrischen Modell des Future Tree flossen direkt an die Produktionsmaschinen des Holzbauers. Der Roboter sägt, bohrt und positioniert die Holzstangen entsprechend dem Modell, der Mensch überwacht den Prozess und übernimmt die finale Verschraubung der Elemente.

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Schalung aus dem 3-D-Drucker Um den Übergang zwischen dem ca. 2,50 m hohen »Betonstamm« und der Holzkonstruktion möglichst fließend zu gestalten, war für die Stütze eine außergewöhnliche Formgebung gewünscht. Ungewöhnliche Betonstrukturen verlangen bei einer herkömmlichen Bauweise eine aufwendige Schalungskonstruktion. Diese wird dabei oft fast zu einem eigenständigen Kunstwerk, das letztlich jedoch nur »Abfall« ist. Forscherinnen und Forscher der Gramazio Kohler Research entwickelten deshalb gemeinsam mit dem Forschungsteam der Professur für Physikalische Chemie von Baumaterialien an der ETH Zürich ein neues Verfahren, mit dem auf effiziente Weise außergewöhnliche neue Formen im Stahlbetonbau realisiert werden können. Hierbei wurde die Geometrie der Stütze gleichfalls parametrisch geplant. Die Daten aus dem Modell wurden direkt an einen 3-DDrucker übermittelt, der die Schalung aus Kunststoff druckte. Diese Schalung war nur 1,50 mm dick, weshalb sie zu Recht »Eggshell« genannt wird. In eine solch fragile Schalung kann kein herkömmlicher Beton gefüllt werden, da der Druck des Frischbetons sie zerstören würde. Die Materialwissenschaftler der ETH Zürich entwickelten deshalb eine Betonmischung, die sich durch eine hohe Frühfestigkeit auszeichnet.

Ansicht Cafeteria mit einer Akustikwand © Basler & Hofmann AG/Stefan Kubli

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Entfernung der Schalung von der Betonstütze © Gramazio Kohler Research, ETH Zürich

Einklang von Ästhetik und Akustik Die rund 700 kg schwere Stütze des Future Tree erhielt dank des Eggshell-Verfahrens eine organische Form mit einer feingliedrigen Gitterstruktur, die so mit einer herkömmlichen Schalung nicht hätte realisiert werden können. Die Schalung selbst kann nachfolgend eingeschmolzen und wiederverwendet werden. Im Oktober 2019 wurden die Bauteile des Future Tree nach Esslingen transportiert und vor Ort montiert. Auch wenn es sich um ein vergleichsweise kleines Objekt handelt, konnte damit der Nachweis erbracht werden, dass die neuen Entwurfs-, Planungs- und Baumethoden nicht nur im Labor, sondern auch für ein reales, gebrauchstaugliches Bauobjekt eingesetzt werden können. Der Future Tree gibt eine erste Ahnung davon, was mit diesen Methoden in Zukunft noch möglich sein wird.

Häufig ist die Raumakustik in modernen Gebäuden mit ihren großzügig ausgelegten Räumen, Glasfassaden und Betonwänden ein Problem. Zwischen den harten, vielfach parallelen Flächen werden die Schallwellen ungehindert hin und her reflektiert. Oft wird versucht, diesem Problem mit standardisierten Lösungen zu begegnen; anders beim Erweiterungsbau der Basler & Hofmann AG. Bei der Planung der Cafeteria war es das erklärte Ziel, die Möglichkeiten der Digitalisierung im Planungs- und Bau- bzw. Fertigungsprozess auch bezüglich einer ausgewogenen Raumakustik auszuloten. In einer Entwicklungspartnerschaft zwischen dem Ingenieurbüro Gramazio Kohler Research, der Professur für Architektur und Digitale Fabrikation an der ETH Zürich und der Erne AG Holzbau entstanden so Akustikwände, die zeigen, wie dank neuer digitaler Planungs- und Baumethoden Ästhetik und Raumakustik in Einklang gebracht werden können.

Zweite Akustikwand im Eingangsbereich © Basler & Hofmann AG/Stefan Kubli

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Blickfang aus über 8.500 Holzelementen Zum Planungsbeginn standen nur zwei Anforderungen fest: Neben einer exzellenten Raumakustik sollten die zu entwickelnden Elemente auch einen ästhetischen Blickfang bilden; Form, Material und Fertigungsmethode waren hingegen offen. In einem iterativen Entwurfs- und Planungsprozess nahm die Idee der Akustikwände allmählich Form an. Entstanden sind drei Reliefwände aus Holz mit einer Gesamtfläche von rund 90 m2, die aus mehr als 8.500 identischen Holzelementen bestehen. Die einzelnen Reliefelemente wurden dabei bewusst so angeordnet, dass sie im Tagesverlauf ein veränderliches, architektonisch beeindruckendes Licht-SchattenSpiel generieren.

Programmierte Akustik Die Akustikwände wurden von Forschenden der ETH Zürich parametrisch entworfen – das heißt, sie wurden anhand relevanter Parameter programmiert. Einige Parameter wie die Längen und Höhen der Wände waren fix vorgegeben, andere Parameter wie die Position der einzelnen Elemente in der Wand und ihre Rotation konnten beliebig variiert werden. Dadurch, dass die einzelnen Elemente versetzt zueinander positioniert wurden, entsteht die reliefartige Struktur. Diese sorgt für eine diffuse Streuung des Schalls. Durch bewusst gestaltete »Lücken« zwischen einzelnen Elementen wird zudem Schall in den Hohlraum hinter den Wänden absorbiert.

Akustische Simulation © Basler & Hofmann AG

Die einzelnen Holzquader aus Weißtanne sind an der sichtbaren Seite zweifach abgeschrägt: einerseits, damit der Schall diffus reflektiert wird, andererseits um durch den entstehenden Schattenwurf eine ästhetische Wirkung zu erzielen, da so an der Wand gezielt Muster erzeugt werden können. Waren die einzelnen Parameter erfasst, ließen sich innerhalb kürzester Zeit unzählige Gestaltungsvarianten (Graubilder) generieren. Die einzelnen Varianten wiederum konnten als digitale 3-D-Modelle direkt in das akustische Simulationsprogramm eingelesen, analysiert und mit dem Verfahren der Auralisation »hörbar« gemacht werden. Die Akustikingenieure hatten dadurch die Möglichkeit, relativ schnell zu überprüfen, welche Auswirkungen eine Veränderung in der Geometrie auf akustische Kennwerte wie Nachhallzeit und Sprachverständlichkeit hat. Und die Holzelemente konnten so

in enger Zusammenarbeit zwischen den Architekten und Akustikexperten im Modell optimal unter ästhetischen und funktionalen Gesichtspunkten angeordnet werden.

Augmented Reality Mit einem herkömmlichen zweidimensionalen Plan wäre es fast unmöglich gewesen, derart komplexe Bauelemente zu realisieren. Für den Bau der Akustikwände entwickelten Forschende der ETH Zürich eigens eine Augmented-Reality-Anwendung. Diese visualisierte den Monteuren auf einem Bildschirm die exakte Position jedes Holzquaders. Das wichtigste Werkzeug der Monteure des Holzbauunternehmens war ein kleiner Controller, ein Bedienelement mit integrierter Kamera. Mit dieser konnten sie die Lage eines Quaders erfassen. Stimmte die Position, fixierten die Monteure das Element mittels Klebstoff in der Wand. So nahmen die Wände Schicht für Schicht Form an.

Drehprinzip

Schattenbild Graustufenbild Visualisierung der Akustik mittels Grau- und Schattenbild © Gramazio Kohler Research, ETH Zürich

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[Umrisse]


Ästhetik und Akustik überzeugen Die Cafeteria mit den drei Akustikwänden wurde im Juni 2019 eingeweiht. Die Wände überzeugen sowohl mit ihrem einzigartigen architektonischen Ausdruck als auch mit ihrer akustischen Wirkung. Kontrollmessungen der Akustikingenieure haben gezeigt, dass Simulation und Realität übereinstimmen. Die Nachhallzeit und Sprachverständlichkeit sind sogar etwas besser als erwartet. Auch tiefe Frequenzen unterhalb von 250 Hz werden gut gedämpft, ein Ergebnis, das bisher ausschließlich mit sehr kostspieligen Tieftonabsorbern oder großen Aufbauten zu erreichen war. Die Akustikwände stehen damit stellvertretend für das Potential, welches sich aus der Verbindung von parametrischer Planung, Simulationen und neuartigen digitalen Bauverfahren ergibt.

Detailansicht Akustikwand © Basler & Hofmann AG/Stefan Kubli

Stefan Teufel Fachjournalist, München

Bauherr Basler & Hofmann AG, Esslingen/Schweiz

»Future Tree«

Akustikwände

Architektur und Technologie Gramazio Kohler Research, Professur für Architektur und Digitale Fabrikation, ETH Zürich/Schweiz

Projektleitung Akustik Basler & Hofmann AG, Esslingen/Schweiz

Baustatik und Konstruktion Basler & Hofmann AG, Esslingen/Schweiz mit Erne AG Holzbau, Laufenburg/Schweiz und SJB Kempter Fitze AG, Herisau/Schweiz Entwicklung Bauverfahren und Produktion Holzbau Erne AG Holzbau, Laufenburg/Schweiz Entwicklung Bauverfahren und Produktion Betonstütze Gramazio Kohler Research, ETH Zürich/Schweiz mit Professur für Physikalische Chemie von Baumaterialien, ETH Zürich/Schweiz

Architektur und Parametrisierung Gramazio Kohler Research, Professur für Architektur und Digitale Fabrikation, ETH Zürich/Schweiz Entwicklung AR-Montagesystem Akustikwände Robotic Systems Lab, Institut für Robotik und Intelligente Systeme, ETH Zürich mit Gramazio Kohler Research, Professur für Architektur und Digitale Fabrikation, ETH Zürich Fachplaner Akustik Basler & Hofmann AG, Esslingen/Schweiz mit Strauss Elektroakustik GmbH, Bern/Schweiz Realisierungspartner Erne AG Holzbau, Laufenburg/Schweiz

[Umrisse]

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Stirnseite der Halle mit großen Dreiecksfenstern © LOCALARCHITECTURE/Matthieu Gafsou

Mit Zacken und Kanten Sport- und Veranstaltungshalle in Le Vaud im Kanton Waadt

Ein neues Zentrum Le Vaud ist eine Gemeinde am Südhang des Jura. Unweit des Genfer Sees gelegen, zählt sie mit ihren knapp 3,10 km2 Fläche und etwas über 1.300 Einwohnern zu den mittelgroßen Kommunen des Kantons. Ihre große Attraktion ist der Zoo La Garenne, ein zoologischer Garten, der in riesigen Freigehegen mehrheitlich europäische Wildtiere beheimatet.

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Für diesen entwarf das Schweizer Architekturbüro LOCALARCHITECTURE mit Sitzen in Zürich und Lausanne einen 2016 fertiggestellten signethaften konkaven Eingangspavillon in Holzbauweise. Vor kurzem konnte das Büro nun seinen zweiten – korrekterweise eigentlich seinen dritten – aufsehenerregenden Holzbau für Le Vaud fertigstellen.

Die neue Gemeindehalle im Herzen der Kommune neben Kirche und Schule gelegen – eingerahmt vom Friedhof und dem Schulsportplatz – soll zukünftig das Zentrum des Ortes sein. Als Multifunktionsbau konzipiert, können hier neben Sportveranstaltungen und Versammlungen auch Events stattfinden. Damit ergänzt sie nicht nur die schulischen Sportstätten, sondern eröffnet auch die Möglichkeit, Großveranstaltungen unterschiedlichster Art abzuhalten; ein Gewinn nicht nur für den Ort selbst, sondern auch für die benachbarten Gemeinden.

[Umrisse]


Südfassade zum Tal hin © LOCALARCHITECTURE/Matthieu Gafsou

Eingangsseite mit vorgelagertem Sportfeld der Schule © LOCALARCHITECTURE/Matthieu Gafsou

Im zweiten Anlauf

Ein besonderer Ort

Die Geschichte der Halle mit einer Nutzfläche von 1.200 m2 ist eine sehr eigene. Eigentlich war sie schon 2016 – und damit im selben Jahr wie das Eingangsgebäude der Wildtieranlage – fertiggestellt und sollte an die Gemeinde übergeben werden. Doch einen Monat vor der Eröffnung zerstörte im April ein Brand das gesamte Gebäude. Nachdem der erste Schock überwunden war, nahmen die Architekten die Gelegenheit wahr, auf Basis des Originalentwurfs und unter Einbezug der Erfahrungen des Planungs- und Bauprozesses, die Gestaltung und Konstruktion der Halle zu überarbeiten und zu verbessern. Zwei Jahre später erfolgte dann die Übergabe an die Gemeinde.

Von dem vorgelagerten Parkplatz aus führt der leicht ansteigende Weg entlang der Stirnseite an der nordwestlichen Seite in die Eingangshalle des kantigen, zackenbekrönten Bauwerks, das zum Teil auf einem in den Hang eingebetteten Betonsockel ruht, in dem die Umkleiden sowie Technik-, Lager- und Sanitärräume untergebracht sind. Oberhalb des Sockels liegt das luftig-großzügige Foyer, das gleichzeitig die Zuschauertribüne zur tieferliegenden Spielfläche bildet. Von hier bieten sich nach Norden der Blick auf die Kämme des langgestreckten Juragebirges und eine beeindruckende Aussicht auf die Alpen und den Mont Blanc.

[Umrisse]

Über beide erhebt sich die Holzkonstruktion als eigenwillige Interpretation der umgebenden Bergwelt mit ihren gegeneinander verschobenen hölzernen und metallverkleideten Fassadenelementen, von denen Letztere wie eine Reminiszenz an das dunkle Grau des Juragebirges wirken. Foyer und Halle sind je von einem symmetrischen Satteldach von unterschiedlicher Höhe überfangen, in dessen Mittelachsen an den Giebelseiten jeweils ein hohes dreieckiges Fensterfeld eingefügt ist, das einen durchgängigen Blick auch entlang den Stirnseiten erlaubt.

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Lageplan © LOCALARCHITECTURE

Grundriss Sockelgeschoß © LOCALARCHITECTURE

Grundriss Eingangsgeschoß © LOCALARCHITECTURE

Querschnitt © LOCALARCHITECTURE

Einbettung in die Landschaft © LOCALARCHITECTURE/Matthieu Gafsou

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Giebel und spitzwinklige Fenster sowie die leicht versetzten Dächer, deren innere Neigungswinkel nicht den äußeren entsprechen, da die Dachneigungen außen steiler als innen ausgelegt sind, schaffen ein vielfältiges kraftvolles Vexierbild unterschiedlicher Geometrien, das die umgebende Bergwelt interpretiert und den Geist des Ortes in eigenwilliger Weise widerspiegelt.

Auf diesen wird auch in weiteren charakteristischen Gestaltungselementen – mal mehr, mal weniger sublim – Bezug genommen. Das alles dominierende Holz wurde in den Wäldern im direkten Umfeld Le Vauds geschlagen und die Metalleindeckungen des Dachs und der Giebelseiten kommen vielfach bei den Stallungen der umgebenden Gehöfte zum Einsatz.

Der Sichtbeton ist wiederum eine Referenz an den direkt gegenüberliegenden Schulbau. Aus dem sorgfältig orchestrierten Zusammenspiel ist ein gleichzeitig selbstverständlich und verrätselt erscheinender Baukörper entstanden.

Blick durch die Halle auf Foyerebene © LOCALARCHITECTURE/Matthieu Gafsou

Treppenhaus © LOCALARCHITECTURE/Matthieu Gafsou

Treppenabgang auf Foyerebene © LOCALARCHITECTURE/Matthieu Gafsou

[Umrisse]

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Längssicht auf Ebene des Spielfeldes mit der Bühne im Hintergrund © LOCALARCHITECTURE/Matthieu Gafsou

Spielfeldebene im Sockelgeschoß mit Blick ins Foyer © LOCALARCHITECTURE/Matthieu Gafsou

Detailschnitt Giebel über dem Sockelgeschoß © LOCALARCHITECTURE

Innenleben Der an der Nordseite gelegene holzverkleidete Eingang liegt unter einem vorspringenden Überhang, der als Wetterschutz dient und sein entsprechendes Pendant an der Südseite findet, wo er als Schutz vor dem direkten Sonneneinfall dient. Die rund 500 m2 Dachflächen wurden mit vorgefertigten Akustikelementen mit einer Konstruktionshöhe von 28 cm realisiert. Im ansonsten offenen Foyer befindet sich ein Kubus, der als Informationsbox und Bar gleichermaßen dient. Darüber hinaus kann der gesamte Eingangsbereich durch verschiebliche Wände gegen die Sporthalle abgeschottet werden, um als Versammlungsraum genutzt zu werden.

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Das Dreieck ist auch im Inneren dominant. Es wird von den gleichschenkligen Streben im Bereich des Foyers ebenso aufgegriffen wie vom Tragsystem der beiden Satteldächer und erlaubt es, das gesamte Innere stützenfrei zu halten. Den in der Achse der beiden Satteldächer platzierten dreieckigen Fensterverglasungen sind vertikale hölzerne Lattenverstrebungen mit horizontalen Aussteifungen vorgesetzt, die den Lichteinfall filtern, bei nächtlicher Beleuchtung einen filigranen Schleier vor die großflächigen Öffnungen legen und über Tag die Halle großzügig mit Licht fluten.

Im Osten des Foyers schneidet sich, gerahmt von einem dreieckigen Fenster, die große Treppenanlage in das Gebäudevolumen. Im Westen des Spielfeldbereichs findet sich in der gleichfalls dreieckigen Fensterachse im Wandbereich ein großer Bühnenaufbau mit zugehörigen Nebenräumen. Die Halle wird an den jeweils gegenüberliegenden Giebelseiten durch große Auslässe natürlich belüftet, die entsprechend den Hauptwindrichtungen der Region ausgerichtet sind. Schon kurz nach ihrer Fertigstellung wurde ihr im Rahmen der Distinction Romande d’Architecture (DRA), der jährlichen Auszeichnung für qualitativ herausragende Bauten in der französischsprachigen Schweiz, eine Anerkennung zugesprochen. Stefan Teufel Fachjournalist, München Bauherr Commune de Le Vaud/Schweiz Entwurf LOCALARCHITECTURE Architectes EPFL FAS SIA, Lausanne/Schweiz Tragwerksplanung 2M ingénierie civile SA, Yverdon-les-Bains/Schweiz Holzbauingenieur Ratio Bois Sàrl, Ecublens/Schweiz

[Umrisse]


Ansicht von Südwest © Lothar Reichel

Kurzfristig umgeplant Neuer Schulcampus in Odelzhausen

Planung mit Hindernissen Beim Schulcampus Odelzhausen handelt es sich um einen Schulstandort des Schulzweckverbandes Odelzhausen, Sulzemoos und Pfaffenhofen sowie des Landkreises Dachau mit Grund- und weiterführenden Schulen, der ein großes, teilweise über den Landkreis hinausgehendes Einzugsgebiet abdeckt. Teil des pädagogischen Konzepts in Odelzhausen sind Ganztagesbetreuungsangebote, die im Lehralltag immer mehr an Bedeutung gewinnen. Da Schule so zunehmend zu einem Ort wird, an dem Heranwachsende die meiste Zeit verbringen, muss dieser für ihre besonderen Bedürfnisse gestaltet sein und ihnen eine inspirierende Umgebung bieten, welche die Förderung von Eigeninitiative und Eigenverantwortung begünstigt, um einen gelungenen Start ins Leben zu ermöglichen.

[Umrisse]

Im ursprünglichen Plan zum Ausbau des Standortes war vorgesehen gewesen, neben der bereits bestehenden Grund- und Mittelschule innerhalb kurzer Zeit einen dreigeschossigen Holzbau zu errichten, der eine neue kleine Realschule sowie gemeinschaftlich zu nutzende Fachräume aufnehmen sollte. In einem zweiten Schritt sollten dann gemäß einem Gemeindebeschluss Grund- und Mittelschule renoviert werden. Die Planung für den Neubau der Realschule war bereits weitestgehend abgeschlossen, als ein für die Renovierung der bestehenden Bauten beauftragtes Gutachten vorlag, in dem festgestellt wurde, dass diese wegen einer hohen Asbestbelastung zu teuer werden würde. Also kamen nur ein Neubau und der darauffolgende Rückbau der belasteten Schulbauten mit entsprechendem Planungsvorlauf in Frage. In dieser Situation bestand die Lösung darin,

kurzfristig das Raumprogramm der Planung so anzupassen, dass das Gebäude als ein erster Bauabschnitt der Gesamtmaßnahme möglichst viel Raum bot. Entsprechend wurde es um ein Stockwerk erhöht. Im Frühjahr 2019 konnte so dieser erste Bauabschnitt des neuen Schulcampus als eigenes frei stehendes Gebäude fertiggestellt werden. Es beherbergt neben den Grundschulklassen diverse Fachlehrsäle und die Mensa für den gesamten Standort. Nach Abschluss aller Bauarbeiten wird es hier eine neue Grund- und Mittelschule und eine Realschule geben, die miteinander kooperieren werden. Der Neubau ist bundesweit das erste Schulgebäude mit vier Geschossen in Holzbauweise. Diese Vorreiterrolle verdankt er nicht nur dem ökologischen Bewusstsein des Landkreises, sondern auch einem unverrückbaren Fertigstellungstermin.

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Fluchtbalkon © Sebastian Sels

Teilansicht Südost © Sebastian Sels

Gebautes Lehrkonzept Vor diesem Hintergrund ist ein sowohl von der äußeren Anmutung als auch der Innenraumorganisation und -gestaltung außergewöhnliches Haus entstanden. Umlaufende Fluchtbalkone verleihen der Holzfassade eine Leichtigkeit. Raumhohe Glastüren lassen das Tageslicht tief in die Klassenzimmer scheinen, und stirnseitig verglaste Flure erlauben Einblicke in die lichtdurchfluteten Innenräume.

Das Gebäude besteht aus zwei parallelen Riegeln, die von einem Glasdach überfangen werden. Dadurch entsteht zwischen ihnen eine mit Tageslicht versorgte Halle, die einerseits als zentraler Kommunikationsraum fungiert, andererseits aber geschoßweise durch individuelle Zonierungen in »öffentliche« Bereiche, »intimere Lernnischen« und sogenannte »Lernbrücken« aufgeteilt und so auf verschiedene Weisen in das Unterrichtskonzept einbezogen werden kann. Aufgrund des gewählten Brandschutzkonzepts, das auf außenliegenden Fluchtbalkonen und einer Brandmeldeanlage basiert, konnte die gesamte Halle ohne Auflagen hinsichtlich Brandlasten realisiert werden, was die flexible Nutzung erst ermöglichte.

Das Konzept erlaubte es auch, auf eine Brandschutzverkleidung der Oberflächen der Holzkonstruktion zu verzichten und diese sichtbar zu lassen. Die Klassenzimmer, Fachräume, der Speisesaal, die Büros und sonstigen Einrichtungen reihen sich entlang den zwei Längsfronten aneinander. Zwischen die einzelnen Klassenräume schieben sich kleine Gruppenräume mit vorgelagerten Aufenthaltsbereichen, die sogenannten Lernnischen, welche von den Lehrern für spezielle Aufgaben genutzt werden können. Diese Anordnung erlaubt die Realisierung unterschiedlicher pädagogischer Konzepte vom Frontalunterricht bis hin zur Arbeit in Kleingruppen.

Flächen in der Halle für eine moderne Unterrichtsgestaltung bzw. Aufenthalt in der Pause © SCHANKULA Architekten

Flexible Räume für verschiedene Unterrichtskonzepte © SCHANKULA Architekten

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[Umrisse]


Detailansicht und Detailschnitt Flurwand © SCHANKULA Architekten

Konstruktion

Akustik

Alle technischen Installationen wie Heizungs-, Wasser-, Strom- und Datenleitungen wurden im Bereich der tragenden Flurwände in eine Schrankzone integriert. Neben den Frischluftkanälen und -auslässen sind hier auch Waschbecken sowie diverse Schalter und das Klassentelefon untergebracht. Mit Ausnahme der beiden Treppenhäuser und des Technikgeschosses, die zum Teil mit Betonfertigteilen und teilweise in Ortbeton ausgeführt wurden, besteht die Konstruktion des gesamten Gebäudes aus Holzbauteilen. Bei diesen konnte ein sehr hoher Vorfertigungsgrad erreicht werden, sodass die Montagezeit mit 16 Wochen relativ kurz und die Belastung des Schulstandortes durch die Baustelle entsprechend geringer war. Das Haupttragwerk der beiden Riegel besteht aus tragenden Längs- und aussteifenden Querwänden, wobei die Außenwände in Skelettbauweise als StützenÜberzug-Konstruktion ausgeführt wurden. Dadurch konnten die Verglasungen bis zu den tragenden Decke gezogen und der Tageslichteintrag vergrößert werden. Die außenliegenden Flucht- und die innenliegenden Flurbalkone sind vom Dachtragwerk abgehängt und die Decken als Einfeldträger ausgebildet. Aufgrund der für Schulbauten üblichen Spannweiten und Lasten kamen dabei Holz-Beton-Verbunddecken (HBV) zum Einsatz.

In den tragenden sichtbaren Holzquerschnitt der Decken sind zusätzlich Akustikelemente integriert. Dadurch konnte auf den nachträglichen Einbau separater, abgehängter Akustikpaneele verzichtet werden. Diese kompakte, mehrere Anforderungen erfüllende Konstruktion führte neben Kosten- auch zu Zeiteinsparungen. Auch die Oberflächen der Holzdecken blieben sichtbar und tragen so zu einer behaglichen Atmosphäre im Innenraum bei.

Ein ähnliches Konzept setzten die Planer auch bei den tragenden Vollholzwänden um: Mit Hartholzdübeln verbundene Brettstapelelemente (Dübelholzelemente) mit Akustikprofilierungen reduzieren die Schallbelastung in der Halle. In den Klassenzimmern erhielten diese Wände aus Gründen des Brand- und Schallschutzes zusätzlich eine Bekleidung aus zwei Lagen Gipskartonplatten.

Unterrichtsraum mit Ansicht Decke © Sebastian Sels

Detailschnitt Akustikdecke Unterrichtsraum © SCHANKULA Architekten/Planungsgesellschaft Dittrich

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Lageplan © SCHANKULA Architekten

Blick aus dem 1. Obergeschoß in die Halle © Sebastian Sels

Längs- und Querschnitt © SCHANKULA Architekten

Grundriss Erdgeschoß © SCHANKULA Architekten

Grundriss 2. Obergeschoß © SCHANKULA Architekten

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Grundriss 1. Obergeschoß © SCHANKULA Architekten

Grundriss 3. Obergeschoß © SCHANKULA Architekten

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Brandschutz Da die Halle im Brandfall verrauchen kann, kam sie als erster Rettungsweg nicht in Frage. Der erste und zweite Rettungsweg aus den Klassenräumen führen stattdessen – wie bereits in der ursprünglichen dreigeschossigen Planung vorgesehen – vor der Fassade als offener Gang mit zwei Fluchtrichtungen zu den beiden stirnseitig gelegenen Treppenhäusern aus Beton. Ergänzt durch die Brandmeldeanlage erfüllt der Neubau die Anforderungen an den Brandschutz und strahlt dabei den Charme einer zeitgemäßen Schule in Holzbauweise aus.

Brettstapelwände und Holz-Beton-Verbunddecke Bei den Wänden handelt es sich um vorgefertigte Gesamtelemente in Blockständerbauweise mit einseitig aussteifender Beplankung. Aufgrund des zusätzlichen Stockwerkes ergaben sich nicht nur höhere Vertikal-, sondern auch größere Aussteifungslasten. Die HBV-Decke wurde in Form von vollflächigen Brettstapelelementen mit einer entsprechenden Aufbetonschicht konzipiert, wobei die Brettstapelelemente durch Hartholzdübel miteinander verbunden sind. Weil die im ursprünglichen Entwurf mit Normalbeton kombinierten HBV-Decken angesichts der für die höhere Gebäudeklasse (Gebäudeklasse 5) angesetzten neuen Bemessung zu schwer geworden wären, wählte der Tragwerksplaner eine Alternative mit Leichtbeton. Unterseitige Einfräsungen, die hinter einem schützenden Vlies mit Mineralwolle gefüllt sind, statten die Decke mit schalldämpfenden Eigenschaften aus und sorgen so für eine gute Akustik. Der Einsatz von Holz-Beton-Verbunddecken bei Schulen in Holzbauweise stellt eine sehr wirtschaftliche Möglichkeit dar, die meist erforderlichen Spannweiten von ca. 9,00 m zu erreichen. Wünschenswert hierfür ist jedoch ein modularer Aufbau mit vorgefertigten Elementen, die, da das Betonieren auf der Baustelle entfällt, kürzere Bauzeiten ermöglichen. Ein weiterer Vorteil des hohen Vorfertigungsgrades besteht darin, dass bereits mit dem Einheben der Elemente die volle Tragfähigkeit vorhanden ist und Unterstützungen in der Regel nicht erforderlich werden. Das in Odelzhausen gewählte HBV-Deckensystem aus Brettstapeln mit Akustikprofilierung und entsprechenden Einlagen ist aufgrund

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Halle im 3. Obergeschoß © Sebastian Sels

seiner kompakten Konstruktion in der Gebäudeklasse 3 empfehlenswert, da durch seinen Einsatz die in dieser Gebäudeklasse zulässige konstruktive Maximalhöhe trotz der in Schulen geforderten lichten Raumhöhe von 3,00 m eingehalten werden kann. In höheren Gebäudeklassen weist diese Konstruktion allerdings Nachteile auf: Dies betrifft zum einen die erforderlichen größeren Holzquerschnitte (260 mm) und zum anderen den Einsatz des Leichtbetons, der wegen der begrenzten Tragfähigkeit des Holzes erforderlich ist, um die Brandschutzklasse F90 zu gewährleisten. Im vorliegenden Fall sorgten die Verfügbarkeit der Konstruktionsvollhölzer und die Anlieferung des Leichtbetons ins Werk jeweils für logistische Probleme, so dass die wirtschaftlichen Vorteile der integrierten Akustikprofilierung konterkariert wurden.

Thema und Variationen Unter anderem aus dieser Erfahrung wählte das Planungsteam bei einem vergleichbaren weiteren Bauvorhaben ähnlicher Größe eine andere Lösung. Beim Bau der aktuell kurz vor der Fertigstellung stehenden Schule in Oberding im oberbayerischen Landkreis Erding kamen statt der Brettstapel in der Decke Brettschichtholz und bei den tragenden Wänden Brettsperrholz zum Einsatz. Bei dieser häufiger eingesetzten Deckenkonstruktion werden flächige Holzelemente aus Brettschichtholz oder Brettsperrholz mit einer Aufbetonschicht von 8 bis 12 cm verwendet. Der Schubverbund wird auch hier über Kerven realisiert. Durch die flächige Untersicht kann rechnerisch ein geringerer Abbrand berücksichtigt werden.

Damit stellt diese Deckenkonstruktion für eine Feuerwiderstandsdauer von 60 bzw. 90 Minuten in der Gebäudeklasse 4 und 5 das Optimum dar. Die Elemente für die Raumakustik sind dabei allerdings unabhängig vom tragenden Bauteil anzubringen, was zu einer größeren Konstruktionshöhe führt, die bei der Gesamthöhe des Gebäudes berücksichtigt werden muss. Vergleicht man die verschiedenen konstruktiven Ansätze, lassen sich folgende Feststellungen machen: Die Verwendung von Brettschicht- und Brettsperrholz ermöglicht mit Sicherheit eine größere Einsatzbreite. Diesem Vorteil stehen aber der kostenintensivere, hochindustrielle Fertigungsaufwand für die verwendeten Holzmaterialien gegenüber und nicht zuletzt ein größeres Bauteilvolumen, das sich unter Einbeziehung des akustischen Aspekts ergibt. Die etwas andere Anmutung der Wand- und Deckenflächen kann erst nach der endgültigen Fertigstellung des Gebäudes mit jenen in Odelzhausen verglichen werden. Prof. Arthur Schankula, Dipl.-Ing. FH Architekt SCHANKULA Architekten, München Bauherr Zweckverband Grund- und Mittelschule Odelzhausen Entwurf, Planung, Ausschreibung und Bauleitung SCHANKULA Architekten, München Tragwerksplanung und Brandschutz Planungsgesellschaft Dittrich mbH, München Außenanlagen TOPgrün GmbH, Dachau

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Ansicht vom Fluss © Studio Marco Vermeulen

Hoch hinaus in Holzbauweise Dutch Mountain – energieautarker Wohn- und Bürokomplex in Eindhoven

Eine Idee und ihre Entwickung Sehr viel Konkretes lässt sich noch nicht sagen über das ehrgeizige Großprojekt. Auch das planende Rotterdamer Architekturbüro Studio Marco Vermeulen hält sich bei Nachfragen noch bedeckt. Einzig ein paar spektakuläre Renderings und eine eigene Webseite geben Eindrücke von einem ambitionierten Vorhaben, das schon mehrere Ideenphasen durchlaufen hat und mittlerweile Teil einer großangelegten neuen Quartiersentwicklung ist. Dutch Mountain soll mit rund 150 m Höhe nicht weniger als das weltweit höchste Gebäude in Holzbauweise werden. Aktuell gilt das sogenannte HoHo in Wien mit 84,00 m als höchstes Holzhaus.

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Gemäß dem ursprünglichen Plan waren ein Baubeginn für 2020 und die Fertigstellung für 2021 sowie als Standort ein Areal entlang der A2 in der westlich von Eindhoven in der Provinz Nordbrabant gelegenen Gemeinde Veldhoven vorgesehen. Hier sollte im Rahmen einer breitangelegten Partnerschaft zwischen Unternehmen aus der High-Tech-Branche, Dienstleistern, Architekten und Projektentwicklern ein mit dem ebenso vielversprechenden wie vieldeutigen Label »biobased« versehenes Hochhausensemble für Wohnen, Gewerbe und Weiteres entstehen.

Low-Tech und Energieeffizienz waren die Schlagworte, unter denen sich die Partner für das im Gewerbegebiet der Kommune geplante Vorhaben zusammenfanden. Ein autark in sich geschlossenes System zur Energieversorgung und Wasser- sowie Abwasserregulierung sollte beispielgebend zu einer massiven Verringerung des CO2Fußab-drucks führen und für alle geplanten Nutzungen und Aktivitäten wie Konferenzzentren, Hotels, Wohnen und Gewerbe seine Energie selbst regenerieren.

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Dutch Mountain als Zentrum des neuen Distrikts © Studio Marco Vermeulen

Gleiche Idee, neuer Ort, neuer Entwurf Im ersten Stadium wies der Entwurf gewisse Ähnlichkeiten mit klassischen alten Holzachterbahnen in Freizeitparks auf. Mittlerweile ist aus der ehemals raumgreifenden Wohn-Arbeits-Skulptur eine komprimiert und pointiert in den Luftraum aufsteigende Landschaft geworden. Auch der Standort hat sich geändert, und die Ziele

sind noch ambitionierter geworden. So ist die Fassade insgesamt als eine energiegenerierende Schicht geplant. Anfangs soll diese Energie noch allein über Solarpaneele erzeugt werden, langfristig dem technischen Fortschritt entsprechend, sollen weitere Neuerungen inkorporiert werden. Außerdem wird der Komplex –

auch hier sind die Ausführungen noch wenig konkret – die Daten seiner Bewohner sammeln, um Informationen über ihr Nutzerverhalten zu generieren und so das Raumangebot auf wechselnde Marktanforderungen anpassen zu können.

Ansicht mit Bahntrasse im Hintergrund © Studio Marco Vermeulen

[Umrisse]

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Erster Entwurf am Standort entlang der A2 © Studio Marco Vermeulen

Dutch Mountain als Initiativprojekt Als neuer Standort wurde der sogenannte Internationale Knoop XL Distrikt nördlich des Hauptbahnhofs von Eindhoven gefunden. Aktuell leben hier rund 200 Einwohner. Im Laufe der nächsten 20 Jahre soll dort auf über 55 Hektar ein beispielgebendes nachhaltiges, autarkes, autofreies und durchmischtes Quartier mit über 15.000 Bewohnern und neuen Wohn-, Arbeitsund Lebenswelten entstehen. Ein Ort, der die Wirtschaftskraft der boomenden Region rund um Eindhoven sowohl verkörpern als auch weiter inspirieren soll. Als Brainport bezeichnen deshalb einige der Verantwortlichen das Vorhaben, das sie als neue Visitenkarte der Stadt betrachten.

Das Projekt soll das erste realisierte Bauvorhaben in diesem Areal werden, und das in prominenter Lage direkt am Ufer der Dommel, eines Nebenflusses der Maas. In diesem Bereich treffen wie in einem Drehpunkt das Stadtzentrum Eindhovens sowie die Technische Universiteit Eindhoven aufeinander. Und die Dutch Mountain – die «Niederländischen Berge« – mit ihrem breitangelegten Angebot sollen diesen Ort noch dynamischer machen. Zwei Türme mit Büros, Wohnungen und einem Hotel erwachsen aus einem wintergartenähnlich angelegten, Stadtfoyer genannten Sockelbau, der sich zum Flusslauf hin öffnet und zu einem lebendigen

Treffpunkt in einer ökologisch optimierten Umgebung werden soll. Zusätzlich sind Gastronomie, Wellness-Bereiche, Appartments für Kurzzeitwohnen sowie ein Geschäftszentrum geplant. Im Sommer 2019 konnte endlich eine Art Vorvertrag, eine Vereinbarung über die »Bodenreservierung« zwischen der Gemeinde und dem verantwortlichen Konsortium, unterzeichnet werden.

Wohnen im Dutch Mountain © Studio Marco Vermeulen

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[Umrisse]


Die Initiatoren der Dutch Mountains – The Mountains Corporation, eine Zusammenarbeit zwischen BLOC, Studio Marco Vermeulen und Urban Xchange – verkünden, dass sie mit diesem Projekt einen prominenten Beitrag zu einer gesunden und bewussten Urbanisierung des Bahnhofsgebietes leisten wollen.

Die »Niederländischen Berge« sollen so weit wie möglich aus natürlichen Materialien oder Ausgangsmaterialien wie beispielsweise Trägern aus kreuzweise laminiertem Brettschichtholz erstellt werden. Damit würde das Projekt nicht nur den hohen Ansprüchen der Gemeinde Eindhoven nach nachhaltigen Bauweisen entsprechen, sondern könnte auch neue Erkenntnisse über die Verwendung von Holz und anderen biobasierten Materialien in Hochhäusern liefern.

Aktuell klingt das nach sehr vielen und vielversprechenden, sicher aber auch Fragen aufwerfenden Visionen, die hier nur kurz skizziert werden können. Stefan Teufel Fachjournalist, München

Blick auf das Stadtfoyer © Studio Marco Vermeulen

Nach- und mitverfolgen kann man die weitere Konkretisierung dieser komplexen Idee auf den nachfolgenden Webseiten: https://www.thedutchmountains.nl/ https://www.metabolic.nl/projects/circular-area-development-eindhoven-internationale-knoop-xl/ https://www.bloc.nl/bloc-works/the-dutch-mountains-2/ https://marcovermeulen.eu/en/projects/the+dutch+mountains+eindhoven/

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BIM im Neubau und im Bestand Erfahrungen aus dem Büro kister scheithauer gross

Aktuell plant das Kölner Architekturbüro kister scheithauer gross architekten (ksg) mit BIM komplexe Labor- und Forschungsinstitute wie das neue Technikum des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven, Wohnprojekte, wie die beiden Türme »ZWEI« in Hannover-List oder mit »Q«, der Transformation des ehemaligen Quelle-Areals in Nürnberg, das laut Büroangaben nach dem Berliner Flughafen Tempelhof größte Transformationsprojekt in Deutschland, das zugleich eines der größten BIM-Projekte im Bestand darstellt. Anlass für ein Gespräch mit Ben Jutz, BIM Manger bei ksg, und dem ksg-Geschäftsführer Eric Mertens über die Aufgaben eines BIM-Managers sowie die Möglichkeiten und Besonderheiten, die das Planen mit BIM mit sich bringt, und die Schwierigkeiten, die es dabei zu bewältigen gilt.

[UMRISSE] im Gespräch Herr Jutz, Sie sind BIM-Manager bei ksg. Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere an BIM? Ben Jutz: BIM ist weit mehr als das zugegebenermaßen beeindruckende 3-D-Modell, von dem meist zuerst gesprochen wird: Die aktuell verfügbare Software revolutioniert die Projektkoordination und erlaubt uns, ein unvergleichliches Kommunikationsniveau zu erreichen. Richtig eingesetzt, zeigt die Methode früh Problemsituationen auf, die in einer konventionellen Planung erst sehr viel später erkannt würden und unter hohem Kosten- und Zeitaufwand korrigiert werden müssten.

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Im Gespräch mit:

Nachgefragt

Welche eindeutigen Vorteile ergeben sich also aus der BIM-Methode? Ben Jutz: Als Erstes sehe ich da die Transparenz im Planungsprozess. Allen Beteiligten stehen zu jedem Zeitpunkt alle planungsrelevanten Informationen, Dateien und Dokumente zur Verfügung. Wir sprechen damit über Arbeitsgrundlagen, die vollumfänglich und zweifelsfrei definiert sind. Ein weiterer echter Gewinn ist der Fokus auf Qualitätssicherung. Lassen Sie mich als anschauliches Beispiel die automatisierte Kollisionsprüfung nennen: Sämtliche Modellkollisionen können schon früh erkannt, kommuniziert und geklärt werden. Das gibt allen Verantwortlichen Sicherheit und sorgt bei der Behebung von Problemstellungen für eine schnelle und unkomplizierte Reaktionszeit. Ein Vorteil, der vor allem später die Probleme auf der Baustelle dezimiert. Da alle wesentlichen Entscheidungen mit BIM bereits in der Planungsphase getroffen werden, lassen sich außerdem die Terminierung und die Dauer des Bauprojekts viel exakter festlegen. Fachspezifische, komplizierte Planänderungen vermitteln sich anschaulich und nahezu selbsterklärend. Damit sind Bauherren auch bei eigenen Änderungswünschen immer 1:1 über den damit verbundenen Planungsaufwand informiert.

Als BIM-Manager haben Sie im Büro eine neue Rolle übernommen. Wie sieht diese aus und wie sind Sie dazu gekommen? Ben Jutz: Im Wesentlichen bin ich für die Implementierung aller BIM-Prozesse und die Betreuung der laufenden BIM-Projekte verantwortlich. Dabei stehe ich im engen Kontakt mit unseren Projektleitern und der Geschäftsführung. Im Projektverlauf verantworte ich den sogenannten BIMAbwicklungsplan (BAP). Darin legen wir den Fahrplan zur Erfüllung der an uns herangetragenen Anwendungsfälle fest und definieren die Vorgaben für die digitale Projektabwicklung. Darüber hinaus definiere ich bürospezifische Standards für die Abwicklung von BIM-Projekten und strukturiere unser BIM-Personal. Dabei kommt der Prüfung, welche Auswirkungen die neue Planungsmethode auf unsere Performance hat, eine besondere Bedeutung zu.

Dipl.-Ing. (FH) Ben Jutz BIM-Manager kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH, Köln/Leipzig

Dipl.-Ing. Architekt Eric Mertens Geschäftsführer kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH, Köln/Leipzig

[Umrisse]


Rendering des Technikums des Alfred-Wegener-Instituts (AWI), (Entwurfsphase) © ksg/rendertaxi

Es gilt zum einen Belange der BIM-spezifischen Projektabwicklung zu klären und zum anderen die Möglichkeiten der BIMPlanungsmethode an unser Geschäftsmodell anzupassen und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Da sich BIM stetig weiterentwickelt und neue spannende Möglichkeiten bietet, bleibt mein Aufgabenfeld abwechslungsreich. Im Architekturstudium habe ich mich schon früh für generative Entwurfsprozesse und ganzheitliche Arbeitsweisen interessiert. Da war die Aufgabe des BIM-Managers für mich die logische Konsequenz. Ist BIM auch bei den Planungspartnern schon weit verbreitet? Ben Jutz: Viele Fachingenieure arbeiten bereits in 3-D, sind jedoch mit den Möglichkeiten der BIM-Qualitätssicherung noch nicht vertraut. Auch da ist Kommunikation der Schlüssel zum Umdenken.

3-D-Koordination des AWI © ksg

So schaffen wir es, immer mehr Planungspartner, die bereits viele Projekte mit uns umgesetzt haben, zu überzeugen, den Schritt in diese Richtung zu gehen.

Nun gibt es ein großes Angebot an BIMSoftware, das sich in kleineren Funktionen unterscheidet. Welche Probleme stellen sich, wenn ein Partner ein anderes Programm verwendet? Und wie lassen sich diese nach Ihrer Erfahrung lösen? Ben Jutz: Prinzipiell sieht ein sogenannter Open-BIM-Prozess ja die Möglichkeit vor, dass gewerkeweise unterschiedlichste Programme zum Einsatz kommen können. Daher gilt es in der Regel primär die Möglichkeiten der Dateischnittstelle auszuloten und diese unter Berücksichtigung der Anwendungsfälle im BIM-Abwicklungsplan zu spezifizieren. Idealerweise geht dem ein Prozess-Workshop voraus, der zweifelsfrei die Arbeitsabläufe vom Großen ins Kleine für alle Beteiligten klärt.

Zusammengeführtes Koordinationsmodell des AWI © ksg

[Umrisse]

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Rendering der Konversation des Quelle-Areals in das »Q« (Entwurfsphase) © ksg/rendertaxi

Welche Bauherren braucht es für den Einsatz von BIM? Ben Jutz: Für einen vollwertigen BIM-Prozess ist die Einführung einer Strukturgrundlage in Form einer Auftraggeber-Informationsanforderung (AIA) unerlässlich. Auch auf Bauherrenseite ist also das Bekenntnis zu BIM gefragt. Wie tief muss das Verständnis des Bauherrn in die Funktionsweise der BIMMethode gehen? Und wie vermitteln Sie dieses? Ben Jutz: Wir beraten Bauherren primär und kommunizieren, dass es nicht zwingend notwendig ist, sich selbst ein tiefgehendes Verständnis für die Funktionsweise der BIM-Methode anzueignen. Sollte kein Wissen vorhanden sein, ist er aber gut beraten, einen BIM-Consultant, also einen Berater für alle BIM-spezifischen Fragen hinzuzuziehen, um den Erfolg des BIMProjektes sicherzustellen. Dieser agiert im Projekt dann beispielsweise als Verfasser der AIA, Hauptansprechpartner für Planer bei BIM-relevanten Themen und als letzte Kontrollinstanz bezüglich der Qualitätssicherung im Planungsprozess.

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Herr Mertens, Sie sind der Geschäftsführer des Architekturbüros. Wie lange findet BIM bei Ihnen mittlerweile Anwendung? Eric Mertens: Bei ksg wickeln wir BIMProjekte unterschiedlicher Levels seit etwa fünf Jahren ab. Ohne vertragliche Festlegung seitens der Bauherren und in Eigeninitiative sowie in Kollaboration mit TGA und TWP haben wir bereits sehr positive Ergebnisse erzielt. Einige der unumstrittenen Vorteile einer BIM-Planung zahlen sich aber, wie Herr Jutz schon anmerkte, erst aus, wenn Bauherren, Planer und Fachingenieure sich gemeinsam dem Geiste dieses neuen transparenten Planungsprozesses verschreiben. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich aus Ihrer Sicht bei der Implementierung von BIM in den Geschäftsbetrieb? Eric Mertens: BIM bringt eine ungekannte Tragweite an Neuerungen in die bisherige Büroorganisation ein und macht ChangeManagement notwendig. Eine transparente Veränderungskultur und klare Ziele helfen, allen Beteiligten, die Vorteile von BIM aufzuzeigen und damit Veränderung zu bewirken. Dabei ist eine strukturierte und transparente Herangehensweise ein Erfolgsgarant. Jeder hat in unserem Team seine Stärken. Diese gilt es zu erkennen und zu fördern. Eine Aufgabe, die auch unser BIM-Manager im Blick behält.

Wie wird BIM aus Ihrer Sicht von den ksg-Architekten angenommen? Eric Mertens: Der größte Vorbehalt gegenüber BIM war wohl tatsächlich dessen Implementierung im laufenden Tagesgeschäft. Diese Vorbehalte konnten wir durch gezielte Schulungen und konkrete Hilfestellungen durch unseren BIM-Manager schnell zerstreuen. Offene Kommunikation ist das Schlüsselwort und ein wirkungsvolles Werkzeug: In unseren regelmäßigen ksg-Akademien kommunizieren wir die Erfolge der BIM-Projekte und reduzieren so Hemmnisse. Eine positive Fehlerkultur ist dabei ein Eckpfeiler moderner Kommunikation. Es spielt keine Rolle, wer was zu verantworten hat, wichtig sind die Erkenntnis der Verbesserungsmöglichkeit und eine positive Geisteshaltung. Was waren oder sind die häufigsten und die typischen Fehler oder Probleme, die in diesem Zusammenhang auftreten können? Und welche Vorabhilfestellung empfehlen Sie Kollegen, die vor der Einführung von BIM stehen? Ben Jutz: Zuallererst sollte das Bekenntnis zur konsequenten BIM-Implementierung von der obersten Entscheidungsebene geteilt, wenn nicht sogar initiiert werden. Dann ist ein tiefgehendes Verständnis der Strategien, Prozesse und Softwareanwendungen essentiell. Es empfiehlt sich daher, zuerst ein Management für die BIM-Implementierung zu etablieren, das die strategische Ausrichtung des Büros bezüglich BIM vertritt und übersetzt. Danach sollten Software- und Personalstrukturen geschaffen werden und können erste BIM-Pilotprojekte erfolgen. Empfehlenswert sind Projekte mit rationaler Gebäudestruktur und realistischen Terminplänen. Halbwissen führt in der Regel immer zu Fehleinschätzungen. Das gilt, muss man sagen, sowohl für das Management als auch für den operativen Bereich.

[Umrisse]


Paseo Carré in München (Erteilte) Baugenehmigung für M-Concept Straße sowie einer neuen, begrünten Promenade zu errichten: Entwickelt werden sechs Gebäude mit ca. 200 Eigentumswohnungen und Sharing-Flächen sowie ein Bürohaus. »Seit 1999 entwickelt und realisiert M-Concept elegante Wohn- und moderne Gewerbeimmobilien an den Standorten München

Künftiges Wohn- und Gewerbequartier in Pasing © M-Concept Real Estate GmbH & Co. KG

und Kitzbühel. Mit dem Paseo Carré planen wir jetzt ein Quartier, das Wohnen und Gewerbe inkludiert. Dabei setzen wir im Wohnbereich sowohl auf großzügige Einbis Vierzimmerwohnungen als auch auf kleine Apartments für Singles, Pendler oder Studenten. Diese Mischung kommt bei Eigennutzern und Investoren an. Bereits im exklusiven Vorverkauf sind ca. 65 % der Apartments von Bestandskunden reserviert worden«, so Stefan Mayr, M-Concept-Geschäftsführer. Paseo Carré entsteht in vier Bauabschnitten bis Ende 2022 auf einem ca. 8.500 m² großen Grundstück, das zum sogenannten Stückgutgelände gehört und Teil der »Zentralen Bahnflächen München« ist. Das Quartierkonzept ist in enger Abstimmung mit Steidle Architekten und der Stadt München erarbeitet worden, der Innenhof wird von liebald + aufermann Landschaftsarchitekten gestaltet. www.paseo-carre.de www.m-concept.de

[Immobilienmarkt

Die Lokalbaukommission der Landeshauptstadt München hat Ende vergangenen Jahres die Genehmigung für den Neubau des Wohn- und Gewerbequartiers »Paseo Carré« im Stadtteil Pasing erteilt. Der Bauträger und Projektentwickler M-Concept Real Estate plant hier ein Ensemble entlang der Offenbachstraße, der Landsberger

Richtfest in Wiesbaden Studentenappartements »der« Nassauischen Heimstätte Der Rohbau steht, das Vorhaben liegt im Zeitplan: Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte realisiert in zentraler Lage in der Landeshauptstadt Wiesbaden 109 Studentenappartements. Erst vor kurzem haben Geschäftsführerin Monika Fontaine-Kretschmer, Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir und Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende gemeinsam mit Vertretern des Architekturbüros Kissler + Effgen, am Bau beteiligten Firmen sowie Gästen aus der Kommunalpolitik und der Nachbarschaft Richtfest gefeiert. Das Projekt ist Teil einer umfangreichen Quartiersentwicklung, bei der durch qualitätsvolle Neubauten und behutsame Altbausanierung das einstige Gerichtsviertel aufgewertet wird. Das Bauen an diesem geschichtsträchtigen Ort ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die unter anderem die Berücksichtigung von historischen Mauerresten sowie Hinweise auf die frühere Nutzung mit sich gebracht hat.

[Umrisse]

Die Nassauische Heimstätte hat das ca. 5.300 m² umfassende Areal zwischen Moritz-, Oranien-, Albrecht- und Gerichtsstraße vor zwei Jahren vom Land Hessen erworben. Auf einem Teilstück an der Oranienstraße errichten die Wiesbadener Architekten Kissler + Effgen das Studentenwohnheim: Die 109 Appartements werden in L-Form angeordnet und bieten eine Gesamtwohnfläche von ca. 2.700 m², hinzu kommen eine Tiefgarage mit 97 Plätzen und 109 Fahrradabstellplätze im Hof. Jedes der bis 25 m² großen Appartements verfügt über eine Einbauküche und einen schnellen Internetanschluss, die ebenso wie Strom, Wasser und Heizung in die Gesamtmiete ab 390 € eingehen. Läuft alles (weiterhin) nach Plan, können die ersten Studenten zum Wintersemester 2020 einziehen. www.naheimst.de

Rohbau nach Fertigstellung © Nassauische Heimstätte Wohnungsund Entwicklungsgesellschaft mbH

Ansicht: Baukörpergliederung © Nassauische Heimstätte Wohnungsund Entwicklungsgesellschaft mbH

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Schulneubau in Berlin-Mahlsdorf

Produkte und Projekte

]

Schalldämmende Holzwolle-Leichtbauplatten von Fibrolith Das Architekturbüro NKBAK aus Frankfurt am Main konzipierte für das Land Berlin den Neubau einer integrierten Sekundarschule in modularer Holzbauweise mit vorgefertigten Raumeinheiten in Berlin-Mahlsdorf, die im August 2019 nach nur einem Jahr Bauzeit eröffnet wurde. Bereits in der Planungsphase wurde neben der Gebäudesicherheit und dem Brandschutz auch an moderne pädagogische Bedürfnisse von Lehrern und Schülern gedacht. Der durchschnittliche Lärmpegel in Bildungsstätten kann sich häufig störend auf die Aufmerksamkeit und das Konzentrationsvermögen von Lehrenden und Lernenden auswirken. Der Raumakustik kommt daher eine wichtige Rolle zu. Deckenplatten für pädagogische Einrichtungen müssen deshalb gleich mehrere Kriterien erfüllen: Sie sollen optisch ansprechend sein, aus nicht gesundheitsgefährdenden, natürlichen Rohstoffen bestehen, möglichst nichtbrennbar und ballwurfsicher sein und eben gute Schallabsorptionswerte aufweisen. Im Fall der Berliner Sekundarschule nahmen die Architekten diese Anforderung sehr ernst und schrieben für die akustische Verkleidung aller Decken Holzwolle-Leichtbauplatten (HWL-Platten) aus; 8.290 m² in der Schule und zusätzlich 1.600 m² in der Sporthalle. Den Zuschlag für die Akustikplatten bekam die Fibrolith Dämmstoffe GmbH aus Kempenich. Die Module für die Schule wurden von einem Unternehmen in Vorarlberg als werkseitig teilvorgefertigte Elemente nach Berlin geliefert und erst dort in einer Montagehalle zusammengefügt. Die »Serienproduktion« in witterungsunabhängiger Umgebung nahe der Baustelle stellte nicht nur eine hohe Ausführungsqualität sicher,

Neue Sekundarschule in Berlin-Mahlsdorf © Thomas Mayer/Fibrolith Dämmstoff GmbH

sondern ermöglichte eine dem Bauverlauf entsprechende termingerechte Anlieferung. Auch die Holzwolleplatten wurden bereits in der Montagehalle an die Decken der einzelnen Module montiert. Dabei handelte es sich um mit dem »Blauen Engel« sowie dem »PEFC-Siegel« ausgezeichnete mineralisch gebundene Akustikplatten nach DIN EN 13168 (WW DI dm / WI dm) aus superfeiner Holzwolle (1 mm) mit der Produktbezeichnung »Fibro-Kustik Barcelona« im Format 1.200 mm x 600 mm x 25 mm. Für eine helle und freundliche Atmosphäre wurden in Verkehrsflächen wie den Fluren oder der dreigeschossigen Eingangshalle sowie in den Klassenräumen weiße Holzwolleplatten eingesetzt.

Deckengestaltung in Naturoptik mit Akustikplatten © Thomas Mayer/Fibrolith Dämmstoff GmbH

Helle Deckengestaltung in den Verkehrsbereichen © Thomas Mayer/Fibrolith Dämmstoff GmbH

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In der Sporthalle kamen solche in Naturoptik zum Einsatz. Um den Schülern eine Art Wegeleitsystem zur Orientierung in dem 128 m langen Schulgebäude zu bieten, hatten die Planer alle fünf Fluchttreppenhäuser mit den dazugehörigen sogenannten Chill-out-Nischen jeweils durchgängig vom Boden über die Wände bis zur Decke in einer individuellen Farbe gestaltet, weshalb dort bereits werkseitig farbig gespritzt Akustikplatten Verwendung fanden. Laut Herstellerangaben sind die HWL-Platten in sämtlichen RAL- und NCS-Farben lieferbar. Neuerdings bietet das Unternehmen seinen Kunden sogar mit individuellen Fotomotiven, Grafiken oder Schriftzügen bedruckte Platten an. www.fibrolith.de

Chill-out-Ecke mit Farbakzentuierung © Thomas Mayer/Fibrolith Dämmstoff GmbH

[Umrisse]


Hotelneubau in Wiesbaden Überzeugende Wandflächenoptik dank Erfurt & Sohn

[Umrisse]

bauweise aufkleben. Nach der Trocknung erhält man eine sehr einheitliche Oberfläche mit geschlossenen Nähten, die sich leicht weiterbearbeiten lässt. Da die Variovliese T 130 und T 150 Airless über guteingebundene Fasern verfügen, ist die Oberfläche extrem verfestigt und somit sehr glatt. Dadurch stellen sich die Fasern im Gegensatz zu herkömmlichen Zellulosevliesen bei der Beschichtung im Airless-Verfahren nicht auf. So gibt es keine »Knötchenbildung« auf der Oberfläche und damit keine Notwendigkeit zur Nachbearbeitung, was eine große Zeitersparnis bedeutet. Im Anschluss kann umgehend mit dem Farbauftrag im Airless-Verfahren begonnen werden. Die in diesem Fall gewählte Wandfarbe wies die Nassabriebklasse 2 auf und ließ sich mit einer 519er-Düse bei einem Mindestdruck von 150 bar problemlos auftragen. In Kombination mit der glatten Vliesoberfläche sorgt sie für eine sehr gute Reinigungsfähigkeit – ein unverzichtbarer Vorteil für die Hygieneanforderungen im Hotelbetrieb. Ein weiterer Vorteil des Vlieses ist die Tatsache, dass es nicht nur frei von PVC und Weichmachern, sondern auch feuchtigkeitsregulierend und diffusionsoffen ist und damit für angenehme und gesunde Raumverhältnisse sorgt. www.erfurt.com

Ansprechende Farbgestaltung der Räume © Erfurt & Sohn KG

[Produkte und Projekte

Zentral gelegen, modern und einladend: Im August 2019 öffnete das Holiday Inn Express Wiesbaden seine Türen. Das neuerbaute Objekt der IHG Hotelgruppe bietet insgesamt 162 lichtdurchflutete, komfortable und freundlich eingerichtete Zimmer, die einen Blick über viele Sehenswürdigkeiten der hessischen Landeshauptstadt gewähren. Die besondere Gestaltung der Wände in den Gastbereichen und Zimmern war von Beginn an Teil des Wohlfühlkonzepts. Diese sollen nicht nur das stimmungsvolle Ambiente farblich unterstützen, sondern dank strapazierfähiger, pflegeleichter Oberflächen auch eine dauerhaft ansprechende Optik gewährleisten. Um die insgesamt über 3.500 m2 Fläche innerhalb eines engen Zeitrahmens dementsprechend zu bearbeiten, entschied sich das ausführende Unternehmen für den Einsatz des überstreichbaren Erfurt-Variovlies T 130 Airless. Das Glattvlies ermöglicht aufgrund seiner innovativen Eigenschaften eine Beschichtung im Airless-Verfahren bei einem äußerst geringen Zeit- und Arbeitsaufwand. Dadurch eignet es sich bestens für eine Anwendung in Großobjekten. Außerdem weist das Vlies ein sehr gutes Schneideverhalten auf und lässt sich problemlos und schnell auf verputzten Wänden oder solchen in Gipskartonständer-

Freundliche Anmutung durch Variovlies © Erfurt & Sohn KG

Leichte Verarbeitbarkeit als Vorzug © Erfurt & Sohn KG

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Wanderhütte am Polarkreis

Produkte und Projekte

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Klimatrotzende Holzelemte von Kebony Im Norden Norwegens, dort, wo die Nordlichter oberhalb des Polarkreises funkeln, schuf das Osloer Architekturbüro SPINN in Zusammenarbeit mit dem englischen Ingenieurbüro FORMAT eine organisch anmutende hölzerne Wanderhütte mit grandiosem Ausblick auf den Ort Hammerfest. Um das Projekt in dieser Umgebung realisieren zu können, bedurfte es einer besonderen Konstruktion, äußerst dauerhafter Materialien und viel Engagement. Bereits die ersten Skizzen zum Projekt »Varden« aus dem Sommer 2015 zeigten eine organisch anmutende Holzkonstruktion, die sich in die karge Landschaft einfügt und eine schützende Hülle mit atemberaubendem Ausblick bietet; ein Ort, der den harten Polarwintern trotzen kann und Wanderern einen Platz zum Aufwärmen bietet. Um aus dem Entwurf ein umsetzbares Konzept zu entwickeln, holten sich die Architekten Unterstützung bei dem englischen Ingenieurbüro. Die nachfolgenden Konstruktionspläne basierten auf der Grundidee, die Hütte auf dem Bergplateau so zu konzipieren, dass sie von freiwilligen Helfern ohne bautechnische Vorkenntnisse gebaut werden konnte. Am Computer wurde unter Einsatz verschiedener CAD-Software eine aus 77 Teilen bestehende Gebäudehülle aus kreuzweise angeordnetem Brettschichtholz entwickelt, die sich wie ein Puzzle ineinanderfügen. Das so entstandene Modell wurde in mehreren Simulationen auf seine Eignung zum Beispiel in arktischen Winterstürmen oder unter großen Schneelasten getestet. Auch die Konstruktion sowie die Fassadenverkleidung wurden auf ihre Fähigkeit, den Witterungsbedingungen zu widerstehen, geprüft, bevor die Ausführungsplanungen begannen.

Inneres mit Ausblick © Tor Even Mathisen/Kebony AS

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Hütte als Teil der Landschaft © Tor Even Mathisen/Kebony AS

Mit Hilfe von Crowdfunding, Spenden und durch ehrenamtliches Engagement konnten die anspruchsvollen und speziellen Entwürfe für die Wanderhütte letztlich realisiert werden. Während lokale Unternehmen Arbeitskraft und Material beisteuerten, stellte das Unternehmen Kebony das gleichnamige Holz für die Fassade bereit, um dieser die notwendige wartungsarme Dauerhaftigkeit zu geben. Kebony-Hölzer sind aufgrund einer speziellen Imprägniermethode besonders wartungsarm und in der Lage, widrigsten Witterungseinflüssen standzuhalten. Hierfür verbessert das Unternehmen in einem umweltfreundlichen, patentierten Verfahren die Eigenschaften nachhaltiger Weichhölzer wie beispielsweise Kiefer unter Einsatz von Hitze mit einer biobasierten Flüssigkeit, die die Zellstruktur des Holzes nachhaltig stärkt und härtet. Das so entstandene Hochleistungsholz weist im Anschluss die Eigenschaften von Harthölzern auf.

Neben den konstruktiven Vorteilen unterstreicht die Anmutung von Kebony das Design von »Varden«, denn die silbergraue Patina, die sich bei direkter Bewitterung ausbildet, fügt sich ebenso wie die organische Form der Wanderhütte harmonisch in die raue, felsige Landschaft. Anhand präziser und laienverständlicher 1:1-Zeichnungen aus dem Ingenieurbüro waren Freiwillige in der Lage, die Rahmen und Paneele für die Fassade aus Kebony auszumessen und zu schneiden. Auf diese Weise entstanden zahlreiche unterschiedliche Polygonelemente. Sie konnten letztlich – ebenfalls durch Freiwillige – ohne Probleme an das im Werk vorgefertigte und dann aufwendig auf den Berg transportierte, hölzerne Tragwerk angebracht werden. Da die Wanderhütte »Varden« ein solcher Erfolg war, ist eine zweite in Planung. Sie soll auf dem Berg Tyven auf der gegenüberliegenden Seite des Ortes Hammerfest gebaut werden. www.kebony.com

Detailansicht Fassadenelemente © Tor Even Mathisen/Kebony AS

[Umrisse]


Museumsneubau in Eskişehir s Großformatige Fassadenverglasungen von Jansen Ausgerechnet im anatolischen Eskişehir, bisher nicht gerade als Eldorado zeitgenössischer Kunst bekannt, macht ein Museumsneubau auf sich aufmerksam – ein Ensemble aus mit Kantholz gebildeten Kuben über einem verglasten Sockel: Der Entwurf der japanischen Architekten Kengo Kuma und Partner ist eine Hommage an die Region, in der Holzbearbeitung und Holzhandel eine jahrhundertelange Tradition haben. Namensgeber des Museums sind die Odunpazari, die historischen Lehmhäuser, welche die Altstadt von Eskişehir bis heute prägen.

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Odunpazari Modern Museum als Ensemble aus Kuben © Polimeks Istanbul/Batuhan Keskiner/Jansen AG

Das Odunpazari-Kunstmuseum beherbergt eine auch international bedeutende Sammlung moderner Kunst, Exponate aus den 1950er Jahren bis in die heutige Zeit umfassend. Zusammengetragen hat sie der Architekt, Sammler und Kunstmäzen Erol Tabanca, dessen Initiative der Museumsneubau im Zentrum der Altstadt zu verdanken ist. Den verwinkelten Gassen setzen die japanischen Architekten mit dem gläsernen Sockel eine »klare« Struktur entgegen, die Orientierung ermöglicht und Transparenz signalisiert. Für die Realisierung der großformatigen Fassadenverglasungen wurde das Stahlprofilsystem Viss von Jansen gewählt, das die Ausführung hochwärmegedämmter Konstruktionen mit Passivhauszertifikat ermöglicht. Seit der Eröffnung des Odunpazari-Museums im Herbst 2019 können Besucher auf drei Etagen durch eine Vielzahl von Ausstellungsräumen unterschiedlicher Qualitäten flanieren, angefangen mit den großen Sälen im Erdgeschoß bis hin zu kleineren Räumen in den oberen Ebenen, die sich um ein lichtdurchflutetes Atrium gruppieren. Bei den zum Innenhof angeordneten Fassaden gewährleistet wiederum Viss Fire den geforderten Brandschutz, wobei entsprechende Anker die Scheiben auch im Brandfall in der richtigen Position halten, was den Durchtritt von Feuer und Rauch zuverlässig verhindert. www.jansen.com

[Umrisse]

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Schwimmhalle in Luxembourg-Cents

Produkte und Projekte

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Weitspannende Holzrippenkonstruktion dank Metsä

Bauwerk im Rohbau © Metsä Wood

Die bestehenden Schulbauten der Stadt Luxemburg werden durch den Neubau eines Centre sportif (Schulsportzentrum) sowie einer Schulerweiterung zum Campus ausgebaut. Durch die Auflassung der bestehenden Rue Kauffmann entsteht nach Abbruch veralteter Sporteinrichtungen die Möglichkeit, bestehende und vorhandene Bauten um einen zentralen Stadtteilplatz landschaftlich zu verknüpfen. Der Baukörper der Schwimmhalle bildet den baulichen Schwerpunkt der Anlage. Das Schulsportzentrum in LuxembourgCents besteht aus einer Sporthalle und einer Schwimmhalle. Die Schwimmhalle mit Abmessungen von 37 m x 40 m befindet sich im ersten und zweiten Obergeschoß des bis zu viergeschossigen Hallenbauwerks.

Untersicht der Konstruktion © Metsä Wood

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Einheben der Träger © Metsä Wood

Das Stuttgarter Ingenieurbüro Knippers Helbig entwarf zusammen mit dem gleichfalls in Stuttgart ansässigen Architekturbüro Auer+Weber Architekten die Dachkonstruktion der Schwimmhalle als filigrane Holzrippenkonstruktion. Die Holzdecke wurde mit schlanken Rippen und einer überdurchschnittlichen Steghöhe konzipiert. In enger Zusammenarbeit mit dem ausführenden Holzbaubetrieb Amann aus Bannholz konnten die Ideen der Ingenieure in der Werkstatt- und Montageplanung umgesetzt werden. Es war ihr lösungsorientierter Ansatz, der unter Verwendung von Kerto® LVL Q-panel-Furnierschichtholz-Platten die Dachkonstruktion ermöglichte. Die Dimensionen des Dachs sind beeindruckend. Ziel der Architektur war es, eine Holzrippendecke mit tiefen Kassetten und maximaler Spannweite für das große Raumvolumen zu schaffen. Es besteht aus einer gerichteten Holzrippenkonstruktion

aus Furnierschichtholz mit einem Abstand von jeweils 80 cm, die auf Pfeiler und einem Ringbalken aus Stahlbeton lagert. Die Rippen sind schubstarr mittels Schraubenpressverleimung mit der Dachplatte verbunden. Die hohe Dimensionsstabilität des Kerto® LVL-Furnierschichtholzstegs war dabei von großem Vorteil. So konnten die Furnierschichtholzstege mit einer Höhe von 110 cm und einer Dicke von lediglich 75 mm gefertigt werden. Ihre Spannweite beträgt beeindruckende 23,75 m. Die Dachelemente aus Holz wurden bei Holzbau Amann werkseitig vorgefertigt und von überlangen Lkws zur Baustelle geliefert. Auch wenn die Elemente beinahe 24 m lang sind, verlief ihre Montage schnell und erforderte vor Ort nur zwei Zimmerleute. Die Stirnseiten wurden mit Endschotts geschlossen, so dass das Gesamtbild der Rippendecke entstand. www.metsawood.de

Werkseitige Fertigung der Elemente © Metsä Wood/Holzbau Amann GmbH

[Umrisse]


Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten Nachhaltige Hart- und Edelholzerzeugung bei treeme Die Fasern sind gerade und haben eine grobe, ungleichmäßige Maserung. Das gestreifte, porige Aussehen des Paulownia-Holzes ähnelt dem der Eiche. Es überzeugt durch seine gute Verarbeitbarkeit und eignet sich durch die geringe Harzabsorption für eine Vielzahl von Klebstoffen, Beizen und Oberflächenbehandlungen. Darüber hinaus ist es besonders widerstandsfähig gegen Schimmel, Pilzbefall sowie Fäulnis und weist eine hohe Resistenz gegenüber Insektenbefall auf. Die Qualitäten ermöglichen die Verwendung von Paulownia-Holz für verschiedene Bereiche, insbesondere auch in Verbundkonstruktionen, bei denen strukturelle Stabilität und Gewicht entscheidend sind. www.treeme.com www.green-wood-international.com

Eingnung für Fassadenkonstruktionen © treeme

[Produkte und Projekte

Das Unternehmen treeme kultiviert an mehreren Standorten in Deutschland und Spanien Paulownia-Bäume auf ökologisch bewirtschafteten Plantagen. Die Bäume werden durch die hauseigene Green Wood Service GmbH intensiv gepflegt, wodurch die bestmögliche Holzqualität erreicht werden soll. Diese Form der nachhaltigen Edelholzerzeugung vermeidet lange Transportwege und wirkt der (illegalen) Abholzung tropischer Edelhölzer entgegen. treeme-Paulownia-Holz ist durch die Materialprüfanstalt Brandenburg GmbH (MPA Eberswalde) als Hart- und Edelholz zertifiziert. Trotz seiner Stabilität ist das Holz mit einer durchschnittlichen Trockendichte von 267 kg/m3 sehr leicht. Die Paulownia gehört mit einem Flammpunkt von circa 420 °C zu den schwer entflammbaren Hölzern. Das Kernholz ist üblicherweise blass-graubraun, manchmal mit einem rötlichen oder violetten Farbton.

Holzstruktur mit »Lebendigkeit« © treeme

Ästhetik und Leistungsfähigkeit Massive Decken- und Dachelemente von Steico Auf der Dach+Holz International 2020 im Januar in Stuttgart präsentierte Steico die neueste Furnierschichtholz-Entwicklung des Unternehmens: massive Decken- und Dachelemente aus Steico GLVL (Glued Laminated Veneer Lumber) in FinelineOptik, die durch eine Kombination aus Ästhetik und Leistungsfähigkeit überzeugen. Die massiven Elemente sind verfügbar in Längen bis 18 m, Breiten bis 96 cm und Höhen bis 40 cm. Dank ihrer außergewöhnlichen Festigkeiten ermöglichen sie selbst bei geringer Konstruktionshöhe besonders hohe Spannweiten. Gleichzeitig sind die Elemente so einfach zu verarbeiten wie Nadelvollholz. Laut Hersteller sind sie dreimal druckfester als Vollholz (C 24 / BSH), 2,4-mal schubfester als Vollholz (C 24) und 1,8-mal biegefester als Vollholz (C 24 / BSH GL 24).

[Umrisse]

Bauteile aus Furnierschichtholz © Steico SE

Die Massivelemente sind sowohl in Rohformaten als auch montagefertig abgebunden erhältlich. Standardisierte Konstruktionsdetails und Elementstöße erlauben dabei schnellen Arbeitsfortschritt und sichere Verbindungen z.B. über eingefräste Schubverbinder. Die Verwendung der Massivelemente ermöglicht aufgrund

stehender Furnierlagen die Ausbildung von Deckenkonstruktionen mit reduziertem Querholzanteil. Selbst hohe punktuelle Lasten können laut Unternehmensangaben ohne Verstärkungsmaßnahmen sicher durch die Elemente geleitet werden. www.steico.com

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Befestigung vieler Bauteile

Produkte und Projekte

]

Neue Spanplattenschraube von fischer Mit der fischer Power-Fast II etabliert der Befestigungsspezialist eine neue Spanplattenschraube am Markt, die technologisches Know-how mit Designqualität vereint. Um ein breites Anwendungsspektrum abzudecken, verfügt die Power-Fast II über eine innovative Schraubengeometrie, welche den Einsatz mit geprüften Lasten im Kunststoffdübel ermöglicht, aber auch für sichere Verbindungen von Bauteilen aus Holz sowie Metall mit Holz sorgt. So kann die Power-Fast II flexibel auch in tragenden Holzkonstruktionen verwendet werden, um Teile aus Vollholz (Nadel- und Laubholz) sowie Brettschicht- und Brettsperrholz, Furnierschichtholz als auch ähnlich verleimten Holzbauteilen und Holzwerkstoffplatten zu verbinden. Genauso eignet sie sich zur Befestigung von Metall-

beschlägen, Winkeln, Balkenschuhen und anderen Komponenten auf Holz. Damit benötigen Anwender für zahlreiche Befestigungsaufgaben nur noch eine einzige Schraube. Außerdem verfügt die Schraube über eine spezielle Unterkopfgeometrie mit optimiertem Doppelkonus und Frästaschen. Dadurch werden aufgerissene Oberflächen im Holz und in Holzwerkstoffen sowie Beschädigungen auf Metallbauteilen vermieden. Die Power-Fast II ist mit Senk- und Linsensenkkopf sowie Pan-Head als auch in zahlreichen Größen verfügbar. Die fischer Power-Fast II wurde zum Jahresbeginn 2020 im Markt eingeführt und ist bereits mit dem German Design Award 2020 in der Kategorie »Building and Elements« ausgezeichnet. www.fischer.group/de-de

Einfache Holz-Holz-Verbindung © fischerwerke GmbH & Co. KG

Einschrauben in Kunststoffdübel © fischerwerke GmbH & Co. KG

Natur als Designer Neue Gneisplatte von Bettazza Graniti Das Spektrum der Gneisplatten wird durch einen eleganten, originellen und auserlesenen Stein mit dem Namen Rovana bereichert. Benannt ist er nach dem Wildbach, der im Maggiatal von der Walserkolonie Bosco Gurin nach Cevio fließt, wo sich der Steinbruch Boschetto der Firma Bettazza Graniti befindet. Hier kam es kürzlich zu einem überraschenden und einzigartigen Fund. In einer Gneisader stieß man auf eine Art geologische Blase, eine etwa 15 m dicke Gneisschicht mit wellenförmiger Struktur. Mauro Bettazza, dessen Unternehmen sich auf die Gewinnung von Granit spezialisiert hat, erklärt: »Wir haben festgestellt, dass es in der Hauptader Aufschlüsse von unterschiedlichem Material gab, und weiter in diese Richtung gegraben. So haben wir eine 6 m dicke Ader mit ästhetischen Eigenschaften gefunden, die sich stark von jenen des Boschetto, unseres traditionellen Produkts, unterscheiden.« Weitere Grabungen führten zur Entdeckung einer zweiten 15 m dicken Ader.

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Lebendige Landschaften in Stein © Bettazza Graniti SA

Der Stein besticht durch expressive weiße Wellen und Linien, die den schwarzen Hintergrund durchziehen. Seine Beschaffenheit dürfte großes Interesse hervorrufen, denn er eignet sich sehr gut für Inneneinrichtungen. Mit Rovana kann man Platten auch großer Dimensionen zusammen-

fügen, um Fußböden oder Oberflächen zu gestalten, welche die Eleganz dunkler Farben und die Kreativität der Natur in sich vereinen. Nun ist es an den Architekten und Designern, das ästhetische Potential in verschiedenen Anwendungen im Bausektor auszuloten. www.bettazzagraniti.com

[Umrisse]


Zutrittsmanagement mit System Effiziente Steuerungssysteme von Miditec

Zutrittsleser mit PIN-Code © Miditec Datensysteme GmbH Zugangskontrolle zum Hotelzimmer © Miditec Datensysteme GmbH

Die offene Systemarchitektur von Miditec ist aufgrund verschiedener Schnittstellen mit vielen externen Systemen kompatibel und ermöglicht darüber hinaus eine permanente Erweiterung von Hard- und Software an wechselnde Anforderungen. Speziell für das Hotelgewerbe können die Online-Leser mit illuminierten Zimmernummern sowie Zustandsanzeigern für Serviceleistungen wie »Do not disturb« (DND) und »Make up

[Produkte und Projekte

Überall dort, wo der Zugang mehrerer Personen zu verschiedenen Zeiten und zu verschiedenen Bereichen geregelt werden muss, führt kein Weg an einem elektronischen Zutrittsmanagement-System vorbei. Miditec Datensysteme GmbH bietet hierzu effiziente Steuerungssysteme für komplexe Hard- und Software-Lösungen. Ob in Krankenhäusern, Apotheken, Flughäfen, Banken, Rechenzentren oder Hotels – komplexe Gebäude mit komplexen Anforderungen erfordern neben sicheren Schließsystemen smarte, individualisierbare Lösungen. Mit dem Software-Modul MTZ Access von Miditec können Zutrittsrechte räumlich und zeitlich reglementiert, protokolliert und verwaltet werden. Bei Bedarf lassen sich sowohl die elektronischen Türterminals als auch Zutrittsleser und Zeitterminals vollständig in das modulare Online-System von Miditec integrieren. Über ein entsprechendes Anwenderprogramm werden Zugangsberechtigungen individuell parametriert und konfiguriert und über die Bereichszählung sind sämtliche Bewegungen im Gebäude sowie die Anzahl der vorhandenen Personen jederzeit erfass- und einsehbar.

room« (MUR) ausgestattet werden. Eine integrierte Rückfallebene garantiert die uneingeschränkte Funktionsfähigkeit auch bei Netzunterbrechung im Offline-Modus. www.miditec.de

Abdichtungsarbeiten im Winter Vorteilhafter Flüssigkunststoff von Revopur Auch bei kalten Temperaturen fallen Abdichtungsarbeiten im Innen- und Außenbereich an, um zu vermeiden, dass es bei Bauten zu undichten Stellen kommt. Mittel der Wahl in dieser Situation ist der Flüssigkunststoff, denn aufgrund seines Aggregatzustandes lässt er sich selbst dann noch verarbeiten, wenn dies bei anderen Materialien nicht mehr möglich ist. Aber nicht nur die Verarbeitungsfähigkeit vor Ort spielt eine tragende Rolle; die Abdichtung darf nicht flüssig bleiben, sondern muss vollständig aushärten. Unter Beachtung spezifischer Gegebenheiten können so auch im Winter gute Ergebnisse erzielt werden. Hierzu bedarf es eines Produkts, das sich bei kalten Temperaturen einer-

[Umrisse]

Abdichtung eines Flachdachs © Revopur GmbH

seits verarbeiten lässt und andererseits auch in kalten Nächten mit bis zu -10 °C noch ausreagiert. Hierzu empfiehlt sich Revopur. Das Produkt basiert auf der zweikomponentigen Polyaspartic-Technologie, die schnell reagiert und geruchsneutral ist.

Es ist lösemittel- und weichmacherfrei und zugelassen nach ETAG 005/AbP. Damit verfügt das System über signifikante Vorteile zur Verarbeitung im Winter, da es auch bei hohen Minusgraden noch vollständig und schnell ausreagiert. www.revopur.de

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Höchstmaß an Mobilität und Komfort

Software und IT

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Neues Surface Hub 2S von Microsoft Mit dem Surface Hub 2S hat Microsoft die Möglichkeiten für die flexible Zusammenarbeit am Arbeitsplatz für Bauingenieure auf ein neues Level gehoben: Das Gerät bietet noch mehr Mobilität und Komfort durch eine einfachere Einbindung von Office 365 mit den Businessanwendungen Microsoft Whiteboard und Microsoft Teams. Egal, ob kreatives Scribbeln, Brainstorming oder Videomeetings – mit dem Surface Hub 2S sind kreativer Teamarbeit keine Grenzen mehr gesetzt, denn es wurde speziell für den Modern Workplace konzipiert und ist prädestiniert, um als digitales Whiteboard, Meeting- und Kollaborationstool zu dienen. Mit Windows 10 als Basis lässt sich nach einer schnellen Anmeldung sofort auf alles zugreifen, was für kreatives Arbeiten benötigt wird: auf unternehmenseigene Software, auf Office-365-Dateien und natürlich auf Microsoft Teams genauso wie auf Apps von Drittanbietern. Eingebunden ist zudem das Microsoft Whiteboard, eine digitale

Vereinfachung jedweder Teamarbeit © Microsoft Deutschland GmbH

Leinwand, auf der die Anwender geräteübergreifend gleichzeitig freihand zeichnen und sich Notizen machen können, wobei eine integrierte KI-Funktion die entstandenen Zeichnungen oder Handschriften automatisch verbessert. Surface Hub 2S ist deutlich schlanker und leichter als sein Vorgänger, was ihn spürbar mobiler macht. Außerdem punktet es mit einem 50“-Multi-Touch-Display

in 4K+-Auflösung, und es sorgt dank der integrierten Lautsprecher und Mikrofone sowie einer 4K-Webcam dafür, dass auch von extern in das Meeting eingewählte Teilnehmer den Eindruck haben, live vor Ort zu sein. Für perfekte Konnektivität stehen im Übrigen mehrere USB-C-Ports zur Verfügung, unter anderem auch für Displayport, Mini-Displayport sowie USB Typ A. www.microsoft.com

BIM im Wohnungsbau Agiles Arbeiten mit Planstack

Modell mit Integration von Sonderwünschen © Planstack GmbH

Die Baubranche verzeichnet aktuell so viele Aufträge wie noch nie, gleichzeitig befindet sich Deutschland aber in einem Baustau: 60 % aller Projekte werden zu spät oder mit erheblichen Mängeln fertig. Und im Schnitt benötigt ein Bauunternehmen für die Bemusterung und die Planung von Sonderwünschen 50 Stunden pro Wohnung, was unter anderem an ineffizienten Prozessabläufen liegt. Die Gründer Linda Mayr, Alexander Koslowski und Sascha Schütz bringen mit Planstack nun erstmals agiles Arbeiten

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Vereinfachung des Projektmanagements © Planstack GmbH

auf die Baustelle. Das heißt, in der webbasierten Anwendung werden alle Projektbeteiligten auf einer zentralen Plattform zusammengeführt – und alle Aufgaben von der Bemusterung über das Sonderwunsch- und Mängelmanagement bis hin zur Schlüsselübergabe werden in der Software koordiniert. Käufer erhalten zudem einen eigenen Zugang zur Anwendung und können ihre Bemusterung und Sonderwünsche online integrieren, das Bauunternehmen erhält dann sämtliche Informationen zur gewünschten Ausstat-

tung und bearbeitet die Aufgaben im digitalen Projektmanagement-Tool. Und auch die Beauftragung von Nachunternehmern und ergänzenden Gewerken erfolgt direkt in Planstack. Planstack setzt bei der Bemusterung auf Building Information Modeling (BIM). Ein Projekt wird also digital geplant und anschließend real gebaut, wobei die Kommunikation über einen Echtzeit-Messenger läuft, zum Soll-Ist-Abgleich dienen wiederum BIM-Modelle, die sich direkt in der Anwendung visualisieren lassen. www.planstack.de

[Umrisse]


Projektmanagement mit Effizienz Gezielter Ressourceneinsatz dank Weise

[Software und IT

In Zeiten einer boomenden Baukonjunktur einer- und des offenkundigen Fachkräftemangels andererseits ist das Personal eine wichtige, zugleich aber kostenintensive Ressource. Sie optimal einzusetzen, selbst bei unvorhersehbaren Ereignissen, ist deshalb für den Projekterfolg zumindest mitentscheidend. Wird der Personaleinsatz nun mit Hilfe digitaler Ressourcenplaner zentral geplant, wie etwa mit dem neuen Projekt-Manager-Modul von Weise Software, lassen sich Projektlaufzeiten optimieren, Kosten besser kontrollieren und Termine verlässlicher einhalten. Weise bietet neben den aktuellen Software-Versionen daher auch erstmals den neuen Projekt-Manager 2020 an. Dessen wichtigste Neuerung ist das Modul »Ressourcenplanung« – mit dem es möglich ist, den Einsatz von Personal, Geräten, Fahrzeugen oder anderen Betriebsmitteln projektübergreifend zu planen. Anhand übersichtlicher Graphiken sieht man hier auf einen Blick, wer und was, wo und

Kombination aus Planung und Auswertung © Weise Software GmbH

wann mit welcher Auslastung tätig ist, welche Arbeiten wann beendet sein müssen und welches Gerät wann wieder zur Verfügung steht. Und das erleichtert, die richtigen Mitarbeiter zur richtigen Zeit und ihren Fähigkeiten entsprechend einzusetzen, passende Teams zusammenzustellen und schnell zu reagieren, sobald ein Ausfall zu verzeichnen ist. Darüber hinaus

[Umrisse]

erlaubt das Modul, Auslastungsgrade, Abwesenheitszeiten und Urlaubszeiten zu definieren, wobei die Ressourcen eine konkrete Person, eine abstrakte Personengruppe oder Betriebsmittel und Material sein können. Und: Bei Planungsänderungen verschieben sich alle abhängigen Elemente automatisch mit, so dass die Konsequenzen sofort erkennbar sind.

Sollte es dabei zu Konflikten mit anderen Gewerken oder Baustellen kommen, werden diese angezeigt. Ausgewertet werden im Übrigen Ressourcen, deren Auslastung und Kosten sowie Abwesenheitszeiten in Form von Diagrammen, Wocheneinsatzplänen und Jahresübersichten, Kostenübersichten und Kostenverläufen, Meilensteinlisten oder Soll-Ist-Vergleiche. www.weise-software.de

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Informationsmanagement mit Künstlicher Intelligenz

Software und IT

]

Neuer Markenauftritt und aktuelles Software-Release von PMG Die PMG Projektraum Management GmbH, führende Anbieterin hochsicherer, cloudbasierter und branchenunabhängiger Softwarelösungen unter anderem für Bauprojekte, setzt beim Thema effizientes Informationsmanagement zunehmend auf Künstliche Intelligenz (KI): Bei der Zuweisung selektierter Informationen an bestimmte Empfänger, beim Erkennen von Auffälligkeiten und ungewöhnlichen Veränderungen in Dokumenten oder bei der automatischen Datenablage hilft die KIEngine der PMG, strategische Entscheidungen künftig schneller und auf valider Grundlage zu treffen und derart Fehlerkosten zu vermeiden. Neben einer neuen Wort- und Bildmarke präsentiert das Unternehmen nun auch neue Namen für ihre beiden Hauptprodukte, und zwar »Pave« für den Projekt- und »Dyve« für den virtuellen Datenraum. Pave wurde gezielt für die Baubranche entwickelt und begleitet den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie. Das heißt, die Collaboration-Software optimiert die Zusammenarbeit zwischen Bauherren, Planern und anderen Projektbeteiligten,

Optimierung der Zusammenarbeit © PMG Projektraum Management GmbH

selbst bei komplexen Vorhaben, und macht sämtliche Informationen und Dokumente optimal sortiert und aufbereitet zentral verfügbar. Dyve wiederum ist eine moderne und intuitive Cloudlösung für M&A, Immobilientransaktionen, Asset Management etc. Und das bedeutet, der virtuelle Datenraum besitzt den höchsten verfügbaren Sicherheitsstandard und macht zum Bei-

spiel bei Due-Diligence-Prozessen alle Informationen digital und strukturiert verfügbar. Pave wie Dyve sind modular aufgebaut, die einzelnen Module lassen sich dementsprechend nach Belieben aktivieren bzw. deaktivieren, wobei sämtliche Module integriert arbeiten und Dateien voneinander übernehmen können. www.pmgnet.de

Berechnung von Lagern Sichere Kalkulation dank Getzner Zum Schutz vor unerwünschten Schwingungen werden Gebäude oftmals elastisch gelagert, denn durch den gezielten Einsatz abgestimmter Elastomere lassen sich Vibrationen und Lärm auf ein guterträgliches bzw. kaum mehr wahrnehmbares Maß reduzieren. Bei der Wahl des Materials sind aber nur die für den Komfort relevanten dynamischen Eigenschaften zu beachten, sondern es gilt auch die Lager selbst hinsichtlich ihrer Tragsicherheit und der des zu lagernden Bauwerks zu bewerten und auszulegen.

Der zulässige Widerstand der Elastomerlager muss durch eine unabhängige Prüfstelle nachgewiesen und mit einer gültigen Zulassung belegt werden, so handelt es sich im Fall von Sylomer® und Sylodyn® um die Dokumente Z-16.8-467 bzw. Z-16.8-468. Um nun die Erstellung der entsprechenden statischen Nachweise zu erleichtern, bietet Getzner ein von Grund auf überarbeitetes, freizugängliches Bemessungskonzept, das online verfügbar ist und alle notwendigen Schritte unter verschiedensten Lasteinwirkungen anzeigt, und zwar inklusive der erforderlichen Gleichungen und Bemessungswerte. www.getzner.com

Programm für Tragwerksplaner © Getzner Werkstoffe GmbH

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[Umrisse]


Plus-Programme und Erweiterungen Aktuelle Softwareversionen bei Frilo

[Software und IT

Ab sofort stehen aktuelle Versionen zum Download bereit: So gibt es in den Plus-Programmen nun die Möglichkeit, Ausgabeprofile zu speichern, sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzurufen und an anderen Arbeitsplätzen zu verwenden. Diese Speicherfunktion wurde zudem in »Fahnenblech«, »Mehrfeldträger Holz« und »Leimholzbinder« implementiert. »Mehrfeldträger Holz« ist im Übrigen die neueste Lösung zur Berechnung von ein- und mehrfeldrigen Holzträgern, »Leimholzbinder« dient zur Bemessung und Optimierung verschiedener Bindertypen, und zwar inklusive des Fischbauchträgers, der hier eingebaut wurde.

Arbeitshilfe(n) für Tragwerksplaner © Frilo Software GmbH

Im Frilo-Gebäudemodell namens »Geo« lässt sich jetzt auch eine Massenermittlung durchführen: eine Zusatzoption, wobei die Steuerung der Ausgabe über einen separaten Dialog mit zahlreichen Einstellalternativen erfolgt. Und in allen Holz- und

Dachprogrammen wurde der neue österreichische Holzbau-Eurocode ÖNORM B 1995-1-1:2019-06 integriert, darüber hinaus verfügt die Stabwerklösung zugleich über das Material Holz. www.frilo.eu

Sofistik-Gebäude in Nürnberg BIM-Schalungsplanung durch Doka Mit Hilfe von BIM lassen sich sämtliche Projektinformationen von der Planung über die Errichtung bis hin zur Fertigstellung und Wartung eines Bauwerks koordinieren, dessen kompletter Lebenszyklus wird also digital und zentral an einem Ort verwaltet. Der Bausoftwarehersteller Sofistik AG zählt zu den Pionieren für BIM in Deutschland, sein neues Bürogebäude in Nürnberg plant und realisiert es daher mit jener Arbeitsmethodik. Für Doka war dies nun ein ideales Projekt, um neue praktische Erfahrungen mit BIM zu sammeln und zu vertiefen, zumal die Zusammenarbeit aller Beteiligten virtuell auf Basis der BIM-Software Autodesk Revit erfolgte, um einen umfassenden und effizienten Ablauf sicherstellen zu können. Daraus ergab sich, dass auch Doka die Schalungsplanung in Revit abgebildet hat, so dass Informationsverluste beim Austausch der Daten vermieden wurden.

[Umrisse]

Entwicklung eines 3-D-Modells © Deutsche Doka Schalungstechnik GmbH

Eine weitere Anforderung war die 4-D-Simulation der Schalungsplanung, die räumliche 3-D-Darstellung um die Dimension Zeit ergänzend. Nicht nur das Bauwerk an sich wurde simuliert, sondern der gesamte Ablaufprozess mit Daten über Beginn und Fertigstellung sowie Zeitangaben für einzelne Bauabschnitte. Das Bauunternehmen war so in der Lage, den Baufortschritt zu

einem bestimmten Datum anzusehen, stets den Überblick zu wahren und immer zu wissen, inwieweit der Bauzeitplan eingehalten wird. So wurde eine einheitliche und transparente Informationslage über alle Projektbeteiligten hinweg geschaffen. www.doka.de

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Neue Fachmesse nach Premiere

Nachrichten

]

Enormer Zuspruch für und bei digitalBAU Mit ihrer erfolgreichen Premiere hat die digitalBAU der Baubranche einen kräftigen Schub verliehen, denn vom 11. bis 13. Februar erzeugten mehr als 270 Aussteller und ca. 10.000 Besucher auf dem Kölner Messegelände eine regelrechte Aufbruchstimmung, wobei sich alle Beteiligten einig waren: Die Digitalisierung eröffnet Chancen entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Bauwesens, sie erhöht Produktivität und Effizienz im Bauprozess und sichert so langfristig den Erfolg. Trotz widriger Wetterbedingungen im Vorfeld hat die digitalBAU alle Erwartungen übertroffen. Schon kurz nach Öffnung der Veranstaltung war die 17.000 m² große Halle 7 der Koelnmesse sehr gut gefüllt. Die Entscheidung der Veranstalter, der Messe München und des Bundesverbands Bausoftware (BVBS), mit der digitalBAU in die Domstadt zu gehen und damit einen

zweiten zentralen Standort neben der BAU in München zu etablieren, erwies sich als richtiger Schritt, wie Dr. Reinhard Pfeiffer, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München, hervorhob: »Der enorme Zuspruch aus der Branche unterstreicht den Erfolg unseres neuen Konzepts. Gemeinsam mit der Industrie haben wir ein neues Kapitel aufgeschlagen: Die digitalBAU fördert den Dialog der Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette und begleitet so digitale Entwicklungen, Trends und Dienstleistungen für die Bauindustrie.« Auch Prof. Joaquín Díaz, BVBS-Vorstandsvorsitzender, ist überzeugt: »Die Digitalisierung erfordert ganz neue Antworten auf die aktuellen Fragen der Baubranche, die von traditionellen Messen bisher nicht adressiert werden. Die ehemals getrennten Bereiche der Planung, Ausführung, des Betriebs sowie der Bauprodukte selbst,

rücken immer mehr zusammen und müssen durch die fortschreitende Digitalisierung integral betrachtet werden. Die Branche sucht nach Lösungen, die in der Zusammenführung von Software, Produkten und Prozessen liegen.« Die überraschend große Resonanz sorgte bei den Ausstellern rundum für Begeisterung. Die Nemetschek-Group war hier mit 10 ihrer 16 Tochtermarken vertreten und stellte ihre digitalen Produkte und Lösungen vor. Marcel Flir von Liebherr freut sich ebenfalls über den großen Zulauf: »Wir haben neue Kontakte knüpfen können und das auf sehr hohem Niveau.« Und Xella, zugleich Aussteller auf der BAU in München, ist laut Dr. Jochen Fabritius »äußerst zufrieden mit dem Resultat«. Die nächste digitalBAU findet vom 15. bis 17. Februar 2022 wieder in Köln statt. www.digital-bau.com

Kransteuerung per Touchscreen Konzept der Technischen Universität München Wer einen Kran benutzt, will damit in der Regel eine Last zu einem anderen Ort transportieren. »Das heißt, ich will den Haken, an dem die Last hängt, von A nach B bewegen«, so Felix Top, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik. Allerdings wird bei den bestehenden Kransteuerungen nicht der Haken, sondern die einzelnen Antriebe des Krans angesteuert. Der Grund: Früher waren die Stellhebel direkt mit den Antrieben gekoppelt. Für jedes Gelenk des Krans existierte ein Stellhebel, der sich in verschiedene Richtungen bewegen ließ. Der Fahrer oder die Fahrerin musste dann umrechnen, welche Gelenke wie zu bewegen sind, um den Haken in die gewünschte Richtung zu steuern. Mittlerweile funktioniert die Steuerung der Antriebe zwar mit Hilfe von Funksignalen, aber die Belegung der Stellhebel ist immer noch die gleiche. Gemeinsam mit Lorenz Prasch vom Lehrstuhl für Ergonomie arbeitet Top an neuen Steuerungskonzepten, wobei die Forscher drei unterschiedliche Lösungen entwickelten: »Bei allen neuen Steuerungsvarian-

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ten wird nicht mehr der Kran, sondern die Last direkt gesteuert«, so Prasch. Das neue »Gerät« besteht aus einem Steuerungsmodul mit zwei Joysticks. Mit einem Hebel kann die Bewegung des Hakens in der Horizontalebene dirigiert werden. Wird der Stick nach rechts vorne geschoben, fährt auch der Haken aus Perspektive der Steuerung nach rechts vorne. Der zweite Joystick steuert das Heben und Senken der Last durch Heranziehen oder Wegdrücken des Sticks. Hierbei bewegen sich automatisch alle Kranantriebe gleichzeitig, so dass der Haken genau die gewünschte Bewegung macht. Auf dem Tablet realisierten die Wissenschaftler ein ähnliches Prinzip: Eine Kamera an der Kranspitze zeigt ein Livebild. Durch Wischen auf dem Display vermag der Nutzer zu bestimmen, wohin sich der Kran bewegen soll. Das Heben und Senken wird durch die Zoom-Geste bedient. Bei einer weiteren Applikation auf dem Tablet ist der Kran mit allen Antrieben visualisiert: Wird der Antrieb mit dem Finger in eine bestimmte Richtung gelotst, fährt auch

Tablet als Bedienelement © Technische Universität München

der Kran in diese Richtung. Hier wird zwar nicht direkt die Richtung der Last beeinflusst, sondern der Kran selbst. Doch der Benutzer muss nicht mehr wie früher überlegen, in welche Richtung der Antrieb gesteuert werden muss. Ob die Konzepte in Zukunft von der Industrie genutzt werden, wissen die Forscher nicht. »Aber intuitive Konzepte für Baumaschinen liegen im Trend«, so Top. »Und wir haben gezeigt, dass dieses Konzept auch für den Kran umsetzbar ist.« www.tum.de

[Umrisse]


Zukunftsperspektiven für 2050 »Grundsätzliche« Szenarien-Studie von Arup

[Nachrichten

Es ist möglich, dass die Menschen mit den planetaren Ressourcen erfolgreich haushalten und wirksame Maßnahmen gegen den fortschreitenden Klimawandel und soziale Ungerechtigkeiten ergreifen: Resultat einer der vier Zukunftsszenarien für unseren Planeten, die das internationale Planungs- und Beratungsbüro Arup in einer neuen Studie veröffentlicht hat. Laut aktuellen Prognosen wird die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 um weitere zwei Milliarden Menschen von 7,70 Mrd. auf 9,70 Mrd. anwachsen. Vor diesem Hintergrund skizziert Arup unter dem Titel »2050 Scenarios: Four Plausible Futures« vier unterschiedliche Perspektiven der langfristigen ökologischen und gesellschaftlichen Entwicklung. Das heißt, Humans Inc., Extinction Express, Greentocracy und PostAnthropozän beschreiben mögliche Zukunftsszenarien, die von der existentiellen Krise der Menschheit und des Planeten bis hin zum erfolgreichen Wandel zu einer ökosozial gerechten Welt reichen. So kann in Human Inc. dem Klimawandel nicht wirksam begegnet werden und die Erderwärmung schreitet weiter voran. Die Menschen kämpfen mit Hilfe von global koordinierten Maßnahmen ums Überleben. Immer gravierender werdende Wetterereignisse wirken sich nachteilig auf die Städte und Ökosysteme aus, doch dank des technologischen Fortschritts konnte die Armut reduziert, die Bildung verbessert und die Anzahl der Arbeitsplätze gesichert werden. Extinction Express wiederum beschreibt den dramatischen Zusammenbruch unseres Ökosystems und unserer Gesellschaft bei einem weltweiten Temperaturanstieg > 2 °C. Die langzeitige Untätigkeit unserer

Post-Anthropozän als eine Möglichkeit © Arup Deutschland GmbH

Gesellschaft und die kontinuierliche Ausbeutung der ökologischen Ressourcen führten zur Gründung von Kolonien auf dem Mond und unter Wasser. Bei Greentocracy erholt sich hingegen das Ökosystem unseres Planeten, wofür massive Einschränkungen im gesellschaftlichen Leben notwendig sind. Die Lebensbedingungen haben sich stark verschlechtert, Konflikt- und autoritäre Regime herrschen vor. Der globale Temperaturanstieg bleibt aufgrund von Klimaschutzmaßnahmen und der Förderung der Biodiversität ≤ 1,50 °C. Im Post-Anthropozän schließlich leben die Menschen in Harmonie mit der Natur. Einschneidende Folgen des Klimawandels wie beispielsweise das Schmelzen von 15 % des arktischen Meereises katalysieren die globale Zusammenarbeit für Klimaschutzmaßnahmen und helfen dabei, den globalen Temperaturanstieg ≤ 1,50 °C zu halten. Die Gesellschaft verbraucht nur noch so viele Ressourcen, wie das Ökosystem regenerieren kann. Für jeden Menschen wird eine Kohlendioxidquote festgelegt.

»Zukunftsszenarien sind Werkzeuge, um das Undenkbare zu denken«, so Dr. Gereon Uerz, Leiter Foresight Europa bei Arup. »Als bildliche Darstellungen sollen sie dabei helfen, zu verstehen, in welche Richtung die Menschen sich bewegen müssen, um die gewünschte Zukunft Realität werden zu lassen. Wir möchten mit den von uns erarbeiteten Szenarien einen Beitrag zur gesellschaftlichen Diskussion über die Frage ›Wie wollen wir in der Zukunft leben?‹ leisten, denn wir sind davon überzeugt, dass es nicht genügt, sich auf die Zukunft vorzubereiten – wir müssen sie aktiv mitgestalten.« »2050 Scenarios: Four Plausible Futures« wurden auf Basis detaillierter Trendforschungen und Prognosen von Think-Tanks, Regierungen, NGOs und Forschungseinrichtungen sowie der Auswertung statistischer Daten entwickelt – und ist direkt bei Arup downloadbar. www.driversofchange.com www.arup.com

IN DER ZEITUNG STIMMT NUR DER WETTERBERICHT. DAS WÄRE DEIN LEBEN OHNE PRESSEFREIHEIT. [Umrisse]

[51 WWW.REPORTER-OHNE-GRENZEN.DE/SPENDEN


Andernach als »Essbare Stadt«

Nachrichten

]

Ergebnisse des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung

Nutzpflanzen auf öffentlichen Grünflächen © Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung

Viele Bürgerinnen und Bürger kennen ihren Wohnort auch als »Essbare Stadt«: Seit 2010 verfolgt Andernach das Ziel, öffentliche Grünflächen neu und anders zu nutzen, weshalb auf ausgewählten öffentlichen Arealen nicht »Betreten verboten«, sondern »Pflücken erlaubt« gilt,

gedeihen auf selbigen doch Kräuter ebenso wie Tomaten, Kohl und Kürbis oder verschiedene Obstsorten. Pflücken tun indessen nur wenige, hat nun eine Umfrage des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung (IÖR) ergeben. Das Konzept der »Essbaren Stadt« kennt zwar mehr als die Hälfte gut oder sehr gut, 70 % Prozent der Befragten haben hier aber noch nie Obst oder Gemüse geerntet. »Die Umfrage zeigt, dass das Konzept der Essbaren Stadt einen großen Beitrag zur Attraktivität Andernachs leistet. Um die positiven Auswirkungen noch zu stärken, könnte die Stadt weitere Aktivitäten planen und so Bürgerinnen und Bürger noch stärker in das Projekt einbinden«, so Dr. Martina Artmann, IÖR-Projektleiterin. Beet-Patenschaften wären daher genauso denkbar wie Kochveranstaltungen, die zeigen, welche Gerichte sich aus dem geernteten Gemüse herstellen lassen.

Das Projekt »Essbare Städte – Evaluierung von Begrünungsstrategien als systematische Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen der Urbanisierung. Konzipierung eines Bewertungskonzeptes und Erprobung am Beispiel essbarer Städte in Deutschland« wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Zu den Praxispartnern gehören die Stadtverwaltung Andernach, die Gemeindeverwaltung Haar sowie Green City e. V., München. Die Ergebnisse von Befragungen in Andernach und München fließen in die weiteren Arbeiten ein. Basierend auf den Konzepten der Mensch-Natur-Verbindung und Ortsverbundenheit wurde eine multidimensionale Bewertungssystematik entwickelt, um Auswirkungspotentiale der essbaren Stadt im Kontext einer sozio-ökologischen und sozio-räumlichen Nachhaltigkeitstransformation zu evaluieren. www.ioer.de

Großmosaik in Erfurt Restaurierung durch Wüstenrot Stiftung Nach vierjähriger Planungs- und Restaurierungszeit ist das Großmosaik »Die Beziehung des Menschen zu Natur und Technik« (1980–1984) des spanischen Künstlers Josep Renau (1907–1982) wieder an den Moskauer Platz in Erfurt zurückgekehrt. Das Wandbild konnte 2012 noch vor dem Abriss des dortigen Kultur- und Freizeitzentrums vor der Zerstörung bewahrt werden, wurde dann fachgerecht abgenommen und bis zu seiner Restaurierung in Containern eingelagert. Die Wüstenrot Stiftung verfolgt mit unterschiedlichen Projekten die Erforschung, Erhaltung und Sichtbarmachung von kulturellem Erbe in Deutschland, zu dem auch jenes der DDR zählt: Obwohl es sich ebenfalls durch große schöpferische Leistungen auszeichnet, ist es durch fehlende Wertschätzung immer noch besonders gefährdet. So sind zahlreiche Wandbilder von DDR-Künstlern inzwischen entfernt oder zertrümmert worden und nicht selten längst in Vergessenheit geraten, da deren hoher künstlerischer Wert zu einem nicht

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»Die Beziehung des Menschen zu Natur und Technik« im Jahr 1985 und heute © Stadtarchiv Erfurt/Wüstenrot Stiftung

geringen Teil bis heute durch die Wahrnehmung der oftmals ideologischen Inhalte überdeckt wird. Mit der Rettung des ca. 7 m x 30 m großen Mosaik-Außenwandbildes »Die Beziehung des Menschen zu Natur und Technik« von Josep Renau hat die Wüstenrot Stiftung erstmals exemplarisch ein Werk architekturbezogener Kunst im öffentlichen Raum saniert – und ist derart dem Wunsch vieler Menschen nachgekommen, »ihr« Wandbild als identitätsstiftendes und stadtbildprägendes Element wieder zurückerhalten zu wollen. Unterstützt von bürgerschaftlicher Initiative und durch das Thüringische

Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie konnte die Wüstenrot Stiftung gemeinsam mit der Stadt Erfurt die erneute Anbringung des Mosaiks ermöglichen, wo es nun auf einem zeitgemäßen Trägerkonstrukt in »originärer« Frische erstrahlt. www.wuestenrot-stiftung.de

[Umrisse]


Hyparschale in Magdeburg Sanierung und Wiederbelebung durch gmp

[Nachrichten

Die 1969 errichtete Hyparschale am östlichen Magdeburger Elbufer gehört zu den ca. 50 noch erhaltenen Schalenbauten von Ulrich Müther – und nach über 20 Jahren Leerstand beginnt jetzt ihre denkmalgerechte Sanierung nach dem Entwurf der Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp). Der Bauingenieur Ulrich Müther prägte mit seinen kühnen Betonschalen die Architekturmoderne in der DDR, wobei er mit der Magdeburger Struktur, einer der größten ihrer Art, am Rotehornpark bewusst ein modernes Pendant zur angrenzenden Stadthalle realisierte – einem expressiven Backsteinbau aus den 1920er Jahren, der ab Mitte 2020 ebenfalls von gmp denkmalgerecht saniert werden wird. Der Entwurf von gmp für den Schalenbau soll die seit 1997 ungenutzte und stark verfallene Mehrzweckhalle als multifunktionalen Veranstaltungs- und Ausstellungsort revitalisieren. Neben der Stärkung des Ensembles aus Hyparschale und Stadthalle geht es dabei insbesondere um die innenräumliche Wirkung des Dachs: Müther konstruierte die Betonschale aus vier hyperbolischen Paraboloiden. Das heißt, die regelmäßig doppelt gekrümmten Dachflächen

Bestandsbauwerk © Marco Dziallas

überspannen eine Fläche von 48 m x 48 m und gewährleisten derart Stützenfreiheit im Innern. Im Rahmen der Sanierung wird nun die Tragfähigkeit des Daches wiederhergestellt und durch den Einsatz von Carbonbeton sogar erhöht. Zudem werden die über Kreuz zwischen den Schalen verlaufenden Oberlichter wieder geöffnet, die Lichtbänder betonen die Schalenform und bieten eine optimale Belichtung für das Zentrum der Halle: Neueingefügte Galerieebenen und begehbare Brücken machen den offenen Raum mit seinem geschwungenen Dach vielfältig nutz- und erlebbar. Stahlkonstruktionen und Fassa-

Künftiger Innenraum als Perspektive © gmp Architekten

den im Innenraum knüpfen konstruktiv und gestalterisch an die ursprünglich industriell geprägte, vertikal betonte Außenfassade aus Stahl und Glas an. www.gmp.de

Wärmedämmstoffe aus Typha-Pflanze Zukunftsorientiertes Forschungsprojekt der Jade Hochschule Zur Wärmedämmung von Gebäuden werden oft Styropor (EPS) oder Mineralwolle, also künstlich hergestellte Stoffe eingesetzt. Eine biologische Alternative untersuchen nun Wissenschaftler der Jade Hochschule in dem deutsch-niederländischen Forschungsprojekt »BioÖkonomie – Grüne Chemie«. Anhand von Messungen in einem Musterhaus überprüfen Prof. Dr. Heinrich Wigger, Leiter des Instituts für Materialprüfung der Jade Hochschule und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Murat Ince, inwiefern sich die Typha-Pflanze, auch Rohrkolben oder »Lampenputzer« genannt, für die Wärmedämmung eignet. Die Vorteile der Wasser- und Sumpfpflanze Typha liegen auf der Hand, so Ince, denn diese Pflanze wachse schnell und vor allem in Moorgebieten, die in Deutschland, insbesondere im Nordwesten häufig sind:

[Umrisse]

»Die Moorflächen lassen sich landwirtschaftlich nicht nutzen. Zudem trocknen sie aus und setzen dabei Kohlendioxid frei.« Würde das Moor durch die Ansiedelung der Typha-Pflanze befeuchtet werden, hätte das auch positive Effekte für den Klimaschutz. Außerdem eigne sich die Pflanze durch ihren Aufbau als Dämmmaterial, enthalte sie doch viele Hohlkammern mit Luft, einem Hauptbestandteil zahlreicher Dämmstoffe. Schwierigkeiten könne jedoch ihre Ernte bereiten, da sie nur im Winter möglich sei, weil die Erntemaschinen für weiche Böden zu schwer seien. Zwei »Tiny Houses«, 6,70 m x 6,70 m und aus Holz, sollen jetzt kurzfristig als Musterhäuser aufgebaut und mit einer entsprechenden Wärmedämmung versehen werden, um Temperatur und Feuchtigkeit sowie die Beständigkeit der Pflanze überprü-

Biologische Alternative: Wachstum und Ernte © Jade Hochschule Wilhelmshaven Oldenburg Elsfleth

fen zu können. Ince: »Die Typha-Pflanze ist als Sumpfpflanze von Natur aus resistent gegen Feuchtigkeit. Alles Weitere ist in unseren Augen eher eine Frage der konstruktiven Ausbildung.« Einmal geerntet, dann gehäckselt, getrocknet und gesiebt, lasse sie sich unter anderem zu Platten weiterverarbeiten oder wie getrocknetes Stroh in die Räume zwischen den Ausfachungen blasen. www.jade-hs.de

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Faserplatte aus nachwachsenden Rohstoffen

Nachrichten

]

Patentiertes Forschungsresultat (an) der Universität Stuttgart

Rohstoff und Resultat © Universität Stuttgart

»Bioflexi« für Freiform-Anwendung © Universität Stuttgart

Jun. Prof. Dr. Hanaa Dahy, Leiterin des Instituts für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) an der Universität Stuttgart, hat eine neue, völlig flexible

Faserplatte entwickelt, die aus schnell nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird. Solche sogenannten Biokomposite oder -verbundstoffe können eine Alternative zu konventionellen Materialien sein, da sie nicht mit gesundheitsschädlichen Harzen produziert werden. Die Erfindung ist patentrechtlich geschützt und wurde kürzlich unter dem Namen »Bioflexi« als Marke eingetragen. Durch den niedrigen Rohstoffpreis bietet sich »Bioflexi« als eine attraktive Alternative im Möbelbau und für architektonische Freiform-Applikationen an. Diese hochdichte und flexible Faserplatte lässt sich sowohl zur Anfertigung von frei geformten Möbeln und Trennwänden als auch als Bodenbelag mit rutschhemmenden und schlagabsorbierenden Eigenschaften verwenden. Die Platten werden mit etablierten Produktionsmethoden hergestellt, indem das Stroh zunächst compoundiert und jenes Halbzeug dann ge-

presst und durch Deckschichten in der gewünschten Form fixiert wird. Die neuentwickelte HDF-Platte besteht zu 80–90 % aus jährlich nachwachsenden Rohstoffen wie Stroh: eine weltweit verfügbare Naturfaser, die wenig kostet und sich zudem nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion befindet. Zur Herstellung bieten sich Weizen-, Mais-, Reis-, Hafer-, Gersten- oder Roggenstrohfasern an, wobei Reisstroh den zusätzlichen Vorteil aufweist, dass der Silikatanteil bis 20 % des Trockenfasergewichtes erreicht. Da Silikat ein natürlich feuerhemmender Stoff ist, wird die DIN 4102-B1 Materialklassifikation »schwer entflammbar« bereits durch Zusatz rein mineralischer Additive erfüllt. Und: Als Bindemittel kommt ein umweltverträgliches thermoplastisches Elastomer zur Anwendung, was eine problemlose Wiederverwertung und sogar Kompostierung der Faserplatte gewährleistet. www.itke.uni-stuttgart.de

Veränderungen im Vorstand Generationswechsel bei Sofistik 1987 gegründet als Softwareunternehmen für Statik und Konstruktion, hat sich Sofistik in den letzten Jahrzehnten zu einer festen Größe im Markt entwickelt. »Mit der raschen Verbreitung von MS-DOS in den 1980er Jahren hielten die PCs Einzug bei den kleinen und mittleren Ingenieurbüros«, erinnert sich Thomas Fink. »Eine wahre Gründerwelle war die Folge – lauter Softwarefirmen, die Spezialanwendungen für Ingenieure entwickelten. Sofistik ist eines der wenigen Unternehmen aus dieser Zeit, die sich bis heute erfolgreich behaupten konnten.« »Wir waren immer neugierig, und wir haben seit 1976 stets beobachtet, was sich auf dem Markt tut. Als AutoCAD von Autodesk kam, haben wir das Potential erkannt und unser bestehendes Programm zum Quasistandard für Schalund Bewehrungsplanung entwickelt«, so Casimir Katz. »Und als Revit noch in den Kinderschuhen steckte, war uns schon klar, dass das das nächste große Ding ist, und wir haben unsere BIM-Hausaufgaben gemacht«, ergänzt Fink. An diesem Erfolgsrezept soll sich auch nach der Stabübergabe an Frank Deinzer und Stefan Maly nichts ändern. Für das

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Gründer und Nachfolger (v.l.n.r.): Frank Deinzer, Casimir Katz, Thomas Fink, Stefan Maly © Sofistik AG

neue Vorstandsteam, dessen Vorsitzender Frank Deinzer ist, gilt es, den eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen. Als wichtigster Erfolgsfaktor soll die Kundenorientierung der Produkte zunehmen. Frank Deinzer freut sich, die Zukunft des Familienunternehmens Sofistik mitzugestalten: »In einer Welt mit immer globaleren Planungsteams ist die Digitalisierung der Prozesse alternativlos. Wir wollen als Partner des Kunden mit unserer Software dafür den

passenden Beitrag leisten.« Beide Vorstände betonen, wie wichtig die sorgfältige Planung des Generationswechsels durch die Gründer war: »Da wir schon lange in operativer Verantwortung an Bord sind, kennen wir Kunden und Prozesse aus dem Effeff, so dass wir nun auch eigene Impulse gleich strategisch umsetzen können, da wir uns nicht erst einarbeiten müssen«, so Stefan Maly. www.sofistik.de

[Umrisse]


[Nachrichten

Setzen Sie Ihr Geld richtig ein. Zum Beispiel für Brücken. Sie sichern den Zugang zu Lebensmitteln, medizinischer Versorgung, Bildung und Arbeit. Und sind dabei viel mehr als nur Infrastruktur, denn sie verbinden Menschen. Als gemeinnützige Hilfsorganisation bauen wir Brücken zusammen mit lokalen Partnern. Denn unser Ziel ist technische Hilfe zur Selbsthilfe. Unterstützen Sie unsere Projekte mit einer Spende oder Fördermitgliedschaft! Spendenkonto: IBAN: DE89 5335 0000 1030 3333 37 BIC: HELADEF1MAR Greifswalder Str. 4 | 10405 Berlin Telefon: +49 (0)30 32 52 98 65 www.ingenieure-ohne-grenzen.org [Umrisse]

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Otto Pruscher. Allgestalter der Wiener Moderne

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Ausstellung im Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien bis 17. Mai; Di 10–21 Uhr, Mi–So 10–18 Uhr.

Termine

MAK Museum für angewandte Kunst Stubenring 5, A – 1010 Wien Tel.: 00 43/1/7 11 36-2 48

Ausstellungen Unterm Radar. Architektur des Territoriums Ausstellung im Schweizerischen Architekturmuseum (SAM) in Basel bis 15. März; Di –So 10–17 Uhr.

Schweizerisches Architekturmuseum Steinenberg 7, CH – 4001 Basel Tel.: 00 41/61/2 61 14 13

Brunnquell. Lampendesign aus Ingolstadt Ausstellung im Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt bis 19. April; Di–So 10–17 Uhr.

Museum für Konkrete Kunst Tränktorstraße 6–8, 85049 Ingolstadt Tel.: 08 41/3 05 18 71

Frau Architekt Ausstellung im Zentrum Architektur Zürich bis 10. Mai; Mi– So 14–18 Uhr.

Zentrum Architektur Zürich Höschgasse 3, CH – 8008 Zürich Tel.: 00 41/44/5 45 80 01

Retail Apocalypse Ausstellung im Departement Architektur der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich bis 15. Mai; Mo–Fr 8–18 Uhr.

ETH Zürich Departement Architektur Stefano-Franscini-Platz 5, CH – 8093 Zürich Tel.: 00 41/44/6 33 29 36

Albert Speer in der Bundesrepublik. Vom Umgang mit deutscher Vergangenheit Ausstellung im sogenannten Marchivum in Mannheim bis 31. Mai; Di–So 10–18 Uhr, Mi 10–21 Uhr.

Marchivum Archivplatz 1, 69169 Mannheim Tel.: 06 21/2 93 70 27

Énergie animale Ausstellung im Museum für Gestaltung in Zürich bis 7. Juni; Di–So 10–17 Uhr, Mi 10 – 20 Uhr.

Museum für Gestaltung Zürich Ausstellungsstraße, CH – 8031 Zürich Tel.: 00 41/43/4 46 67 67

Experience in Action! Designbuild in der Architektur Ausstellung im Architekturmuseum der Technischen Universität München in der Pinakothek der Moderne in München bis 14. Juni; Di–So 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr.

Architekturmuseum der Technischen Universität München in der Pinakothek der Moderne Arcisstraße 21, 80333 München Tel.: 0 89/2 38 05-0

Widerstand und Wandel. Über die 1970er Jahre in Tirol Ausstellung im aut. architektur und tirol in Innsbruck bis 20. Juni; Di–Fr 11–18 Uhr, Sa 11–17 Uhr.

aut. architektur und tirol Lois-Welzenbacher-Platz 1, A – 6020 Innsbruck Tel.: 00 43/5 12/57 15 67

Balkrishna Doshi. Architektur für den Menschen Ausstellung im Architekturzentrum Wien bis 29. Juni; täglich 10–19 Uhr.

Architekturzentrum Wien Museumsplatz 1, A – 1070 Wien Tel.: 00 43/1/5 22 31 15

Raimund Abraham Ausstellung im Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien bis 19. Juli; Di 10–21 Uhr, Mi–So 10–18 Uhr.

MAK Museum für angewandte Kunst Stubenring 5, A – 1010 Wien Tel.: 00 43/1/7 11 36-2 48

Happy Birthday Karl Marx! Ausstellung im Architekturzentrum Wien bis 31. Juli; täglich 10–19 Uhr.

Architekturzentrum Wien Museumsplatz 1, A – 1070 Wien Tel.: 00 43/1/5 22 31 15

Die Neue Heimat (1950–1982) und ihre Bauten Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt am Main bis 2. August; Di–So 10–18 Uhr.

Deutsches Architekturmuseum Schaumainkai 43, 60596 Frankfurt am Main Tel.: 0 69/2 12-3 63 18

Anna Rubin. In die Luft gebaut Ausstellung im Gewerbemuseum Winterthur bis 16. August; Di–So 10–17 Uhr.

Gewerbemuseum Winterthur Kirchplatz 14, CH – 8400 Winterthur Tel.: 00 41/52/2 67 51 36

Aby Warburg: Bilderatlas Mnemosyne Ausstellung im Haus der Kulturen der Welt in Berlin bis 22. Juni; Di–So 10–18 Uhr.

Haus der Kulturen der Welt John-Foster-Dulles-Allee 10, 10557 Berlin Tel.: 0 30/3 97 87-0

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[Umrisse]


Veranstaltungen Home Stories. 100 Jahre, 20 visionäre Interieurs

Ganzjährige Veranstaltung mit Ausstellungen, Besichtigungsmöglichkeiten, Diskussionen etc. zum Thema der urbanen Zukunft in Graz bis 31. Dezember; Auskünfte und Anmeldung:

Vitra Design Museum Charles Eames Straße 1, 79576 Weil am Rhein Tel.: 0 76 21/7 02 32 00

Norm. It‘s not complicated Ausstellung im Museum für Gestaltung in Zürich bis 6. September; Di–So 10–17 Uhr, Mi 10–20 Uhr.

Museum für Gestaltung Zürich Ausstellungsstraße, CH – 8031 Zürich Tel.: 00 41/43/4 46 67 67

Die City – das Land Ausstellung im Museum der Moderne in Salzburg (vom 16. Mai) bis 13. September; Di–So 10–18 Uhr, Mi 10–20 Uhr.

Museum der Moderne Mönchsberg 32, A – 5020 Salzburg Tel.: 00 43/6 62/84 22 20

Terunobu Fujimori Ausstellung in der Raketenstation Hombroich bis 4. Oktober; Fr–So 12–17 Uhr.

Stiftung Insel Hombroich Raketenstation Hombroich 4, 41472 Neuss Tel.: 0 21 82/8 87-0

Ingo Maurer intim. Design or what? Ausstellung in der Neuen Sammlung in der Pinakothek der Moderne in München bis 18. Oktober; Di–So 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr.

Neue Sammlung in der Pinakothek der Moderne Arcisstraße 21, 80333 München Tel.: 89/2 38 05-0

Messen

[Termine

Graz Kulturjahr 2020

Ausstellung im Vitra Design Museum in Weil am Rhein bis 23. August; täglich 10–18 Uhr.

Trafo Schillerstraße 29, A – 8010 Graz Tel.: 00 43/6 60/1 02 41 80

IFAT 2020 Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft in München vom 4. bis 8. Mai; Auskünfte und Anmeldung:

Messe München GmbH Messegelände, 81823 München Tel.: 0 89/9 49-0

Techtextil 2020 Internationale Leitmesse für Technische Textilien und Vliesstoffe in Frankfurt am Main vom 5. bis 7. Mai; Auskünfte und Anmeldung:

Messe Frankfurt GmbH Ludwig-Erhard-Anlage 1, 60327 Frankfurt am Main Tel.: 0 69/75 75-0

Wettbewerbe Deutscher Ingenieurbaupreis 2020 Auszeichnung(en) für beispielhafte Ingenieurbauwerke oder -leistungen, Anmeldeschluss ist der 28. April; Auskünfte und Anmeldung:

Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin Tel.: 0 30/1 84 01-0

Bayerischer Denkmalpflegepreis 2020 Würdigung von hervorragend instandgesetzten Bauwerken in Bayern, Einsendetermin ist der 8. Mai; Auskünfte und Anmeldung:

Tagungen

Bayerische Ingenieurekammer-Bau Schloßschmidstraße 3, 80639 München Tel.: 0 89/41 94 34-0

HBW 2020 Kongress zum Thema HolzBauWirtschaft (HBW) in Bad Wörishofen vom 18. bis 19. März; Auskünfte und Anmeldung:

forum-holzbau Bahnhofplatz 1, CH – 2502 Biel Tel.: 00 41/32/3 27 20 00

Digitalisierung in der Restaurierung Tagung zu ebenjenem Thema an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim vom 13. bis 15. Mai; Auskünfte und Anmeldung:

HAWK Hildesheim Hohnsen 4, 31134 Hildesheim Tel.: 0 51 21/881-0

[Umrisse]

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Bücher

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Leipzig nach Plan

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Städte unterliegen einem nachgerade als rasant zu bezeichnenden Wandel, was verschiedene Ursachen hat, die sich in der gebotenen Tiefe hier aber weder in toto noch en détail erörtern lassen. Einer jener, wie es Neudeutsch heißt, Treiber, der ihre Gestalt zumindest seit mehreren Dekaden maßgeblich und nicht selten sogar maßstabsprengend zu beeinflussen vermochte und weiterhin vermag, darf an dieser Stelle gleichwohl nicht unerwähnt bleiben, befördert er doch nicht nur bauliche Einschnitte oder Veränderungen von oftmals arg unterdurchschnittlichem Niveau, sondern eben auch eine Art der Geschichtsverdrängung und -beseitigung, die sich aus dem politisch gewollten Irrglauben an ein unaufhörliches Wirtschaftswachstum und das Allheilmittel eines Fortschritts ohne irgendwelche negativen Begleiterscheinungen zu speisen pflegt. Wenn ökonomische Interessen die Oberhand gewinnen, verringert sich die Halbwertzeit von Büro-, Kauf- und Wohnhäusern fast unweigerlich, müssen sie de facto immer häufiger und schneller zu(un)gunsten von vermeintlich zukunftsorientierteren Gebäuden weichen, wobei Fragen nach ihrer Relevanz für Kontext und Stadtbild, ihrer Bedeutung als identitätsstiftendes Element oder als Zeugnis der Vergangenheit höchstens sporadisch Berücksichtigung finden. Eine Veröffentlichung, die (wenigstens) zu erinnern hilft, indem sie ein längst vergessenes und zudem gerne ignoriertes Kapitel der sogenannten Nachkriegsmoderne thematisiert, verdient infolgedessen größte Aufmerksamkeit. »Plan! Leipzig, Architektur und Städtebau 1945–1976« betitelt, veranschaulicht sie den Wiederaufbau der sächsischen Metropole und damit, durchaus exemplarisch, eine Entwicklung, die keineswegs kontinuierlich verlief, da sie stets von staatlich diktierten Periodisierungen geprägt wurde. Und das zeigt sich bereits an der Gliederung in die drei Hauptteile »Verdrängung und Bewahrung«, »Neubeginn« und »Die moderne sozialistische Stadt«, deren eingehende Lektüre schon allein deshalb lohnt, weil sie einen trotz sämtlicher Generalplanungsversuche und der offiziell verordneten Bemühungen um Typisierung und Massenproduktion mit vielen außerordentlich qualitätvollen Beispielen aus Beton, Stahl und Stein konfrontiert, die (überwiegend) nicht mehr oder lediglich in später überarbeiteter, ergo verzerrter Form existieren.

Wer die (jüngere) Vergangenheit nicht einfach abzuhaken gedenkt, die Auseinandersetzung mit ihr und die Kenntnis ihrer positiven wie negativen Charakteristika generell als wichtig erachtet, um frühere wie heutige Diskussionen besser verstehen und aktuelle Entwurfsresultate auf solider Basis treffender kritisieren zu können, wird in und mit dem Buch zweifelsohne fündig. Die Empfehlung sollte, ja muss daher lauten: Kaufen und lesen. Michael Wiederspahn Christoph Kaufmann, Peter Leonhardt, Anett Müller: Plan! Leipzig, Architektur und Städtebau 1945–1976. Hrsg. v. Stiftung Sächsischer Architekten. Sandstein Verlag, Dresden 2018. 168 S., 188 Abb., br., 20 €.

Farbige DDR Das Haus des Lehrers in Berlin-Mitte mit seinem umlaufenden Mosaikfries ist vielen Architekturinteressierten mittlerweile ein Begriff, wird es doch gerne als Illustration bemüht, wenn es gilt, die Kunst auf dem Staatsgebiet der ehemaligen DDR pointiert darzustellen. Fast folgerichtig bildet es das Auftaktbild eines Überblicks der baubezogenen Kunst in der DDR, der, als Kunstführer konzipiert, tatsächlich eine beeindruckendeund nachdenklich machende Werkschau ist. Dass in jener Zeit zahlreiche weitere Arbeiten dieser und ähnlicher Art entstanden, ist meist allenfalls bekannt; wo jedoch sie sich befinden, dürfte den wenigsten präsent sein. Dabei waren die häufig unübersehbar im Stadtraum verteilten Werke mit stark didaktischer Ausrichtung einst Teil der Alltagskultur im Arbeiterund-Bauernstaat und integraler Bestandteil einer gesellschaftspolitischen Selbstdarstellung und Erziehung, der man sich nicht entziehen konnte. Damit unterscheiden sie sich grundlegend von der zeitgleich in der BRD entstandenen Kunst am Bau, weshalb ihre Bezeichnung als »baubezogene Kunst« hilfreich ist. Wie es war, in ihrem »Schatten« heranzuwachsen, davon gibt der 1982 in Eisenhüttenstadt geborene Martin Maleschka Zeugnis. Bereits kurz nach der Jahrtausendwende, nachdem durch erste Abrisse auch die mit den Bauten verbundenen Werke allmählich verschwanden, hat er sein Interesse für diese Kunst entdeckt und mit ihrer Dokumentation begonnen. In über 15 Jahren ist daraus ein umfangreiches Archiv erwachsen.

Aus diesem hat er für die nun vorliegende Publikation 120 noch existente Werke ausgewählt, die er, nach Bundesländern geordnet, katalogartig und mit reichem Bildmaterial versehen, vorstellt; eine Einladung zur Entdeckungsreise in eine noch nicht sehr ferne Vergangenheit. Eingeleitet wird sie mit der sehr persönlichen »Aufgewachsen inmitten von Kunst« betitelten Stellungnahme des Autors. Sein Ziel: zu zeigen, wie farbig die DDR war. Zwei wissenschaftliche Exkurse zur Entstehung und Einordnung der Kunst aus den Federn von Thomas Topfstedt und Peer Pasternack vermitteln Hintergrundwissen, bevor sich dem Leser auf den Folgeseiten eine sehr eigene, manchmal fremd anmutende Welt eröffnet: großformatige Wandbilder in Außen- und Innenräumen, Mosaiken, Plastiken, Reliefs, Fensterbilder und Brunnenskulpturen, mehrheitlich figurative, seltener abstrakt gehaltene Darstellungen, meist farbintensiv und in vielfältigen künstlerischen Techniken. Auffällig oft finden sich als Titel der Arbeiten Stereotype wie Mensch und Natur, Mensch und Bildung, Industrie und Landwirtschaft, Wasser und Leben. Aber auch »neuhistorischen« Ereignissen sowie einzelnen Wissenschaften und Wirtschaftszweigen und ihrer gesellschaftlichen Bedeutung wird Platz eingeräumt. Die Kunst ist in frontalen Fotografien eingefangen, oft durch Detailaufnahmen ergänzt und wird meist komplettiert durch Aufnahmen, die sie im Kontext ihrer Umgebung zeigt. Und die ist gelegentlich von erschreckender Monotonie oder durch Vernachlässigung gekennzeichnet. Der Verzicht auf eine distanzierende künstlerische Überhöhung der Motive macht ihre »Alltäglichkeit« erfahrbar. Jedes Werk ist mit Standort, Titel, Entstehungszeit und Künstler angegeben und zur leichteren Auffindbarkeit mit einem QRCode versehen. In den knappen erläuternden Texten setzt der Autor sehr individuelle Schwerpunkte. Die Publikation ist mehr als ein beeindruckender architekturhistorischer Überblick, denn sie erlaubt in ihrer verdichteten Form und Intensität teilhabende Einblicke in die vergangene Lebenswelt der DDR. Elisabeth Plessen Martin Maleschka: Baubezogene Kunst. DDR. Kunst im öffentlichen Raum 1950 bis 1990. DOM publishers, Berlin 2019. 504 S., 500 Abb. 4c, br., 48 €.

[Umrisse]


Herausgeber

Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn

Chefredaktion Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de

Verlag

VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN

mit MixedMedia Konzepts Biebricher Allee 11 b 65187 Wiesbaden Tel.: 06 11/84 65 15 Fax: 06 11/80 12 52 www.verlagsgruppewiederspahn.de

Satz und Layout

Christina Neuner

Fotos Titel und Inhalt

Hauptsitz der Swatch Group in Biel © SWATCH Pilotprojekte von Basler & Hofmann © Basler & Hofmann AG/Stefan Kubli Sport- und Veranstaltungshalle in Le Vaud © LOCALARCHITECTURE/Matthieu Gafsou © LOCALARCHITECTURE Schulcampus in Odelzhausen © Sebastian Sels Dutch Mountain © Studio Marco Vermeulen Erfahrungen aus dem Büro kister scheithauer gross © ksg

Druck

Schmidt printmedien GmbH Haagweg 44, 65462 Ginsheim-Gustavsburg

Erscheinungsweise [Umrisse] und Bezugspreis Zeitschrift für Baukultur erscheint 6 x pro Jahr. Einzelheft: 9,50 € Doppelheft: 19,00 € Jahresbezugspreis: 57,00 € Abonnement Ausland: 63,00 €

[Impressum

[Umrisse] Zeitschrift für Baukultur ISSN 1437 - 2533 20. Jahrgang Ausgabe 1∙2020 www.umrisse.de Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare Sprache übertragen werden. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar.


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