#23 Winter 2012/2013 Reisen Zitrusfrüchte Naturwein Laverbread Hans Haas Weihnachtsgänse Kässpätzle
Magazin für Essen und Leben
#23 Winter 2012/2013
Wenn Speisen reisen Mit 80 Euro um die Welt –– Mit 6 Foodblogs hinterher –– Naturwein, gibt’s das? –– Kochen mit Zitrusfrüchten –– Essen in der Schule –– 25 Rezepte 23 4 197934 909809
Deutschland € 9,80 . EU € 11,00 . Schweiz sfr 20,00
Selbst an Weihnachten gilt: Der perfekte Braten fällt nicht
einfach vom Himmel. Darum beraten unsere Fleischexperten bei EDEKA immer besonders kompetent und
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ganz sicher ein Fest wird. Zugegeben: Wir haben es auch
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herrlich saftiges Roastbeef. Wir empfehlen dazu eine wür-
zige Kräuterkruste. Das klingt übrigens nicht nur himmlisch, sondern schmeckt auch so. Das Rezept für Roastbeef mit Kräuterkruste und leckere Beilagen dazu finden
Sie auf www.edeka.de/kochstudio
aus der redaktion Über bewegende Themen berichten kann jeder. Wir haben uns diesmal einem Thema gewidmet, das selbst in Bewegung ist: dem Reisen
Wodie Reisehingehen soll,fragenwiruns oftmehrmalsam Tag. WarumMen schenüberhaupt verreisen,haben wirdiesesMalun seren wissenschaftlichen Mitarbeiter ProfessorThomas Junkergefragt.Er hatesunsverraten (S.68).
Fotos: Martin Parr/Magnum (2), Kristian Ditlev Jensen
zugvögel
Effilee #23 Winter 2012/2013
Dieengli scheBahnhatden Rufeiner Aeroflot der Schiene.Unser Autorbenutztesie trotzdemundwur depromptbelohnt. Zweimitreisende Holzköpfeinspi riertenihnzuei nemEssayüberdie ZeitunddenSinn oderUnsinndes vorsätzlichenOrts wechsels(S.72).
ZÜGE
80Euro sindnichtgerade dieWelt.Oder doch?Kristian DitlevJensenspa ziertemitdieser Summeinseinen dänischenLieb lingssupermarkt, umzusehen,wie weiterkommt.Er brachteesaufer staunliche71 193 Kilometer(S.76).
distanzen
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Inhalt EDITORIAL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Mitwirkende .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Buffet .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Treffen sich zwei weine .. . . . . . . . . . . 20 gib mir 5 .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23/61/75/88 knigge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 gegessener käse .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 cartoon .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 impressum .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90/138 getrunkene flasche .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Susis Basics .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 weinTIPPS .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 restaurants .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 gute adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 deutschstunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Das letzte rezept .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 restaurant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Gewinnspiel .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
journal des luxus und der moden ZweiSeitenluftigeBetrachtungenmitein gebautemTiefgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 warum reist der mensch? Nach 493KilometernkonntenwirdenMann verhaften,derdieAntwortweiß .. . . . . . . . . . . . . . 68 die zeit läuft UndunserAutorJohn HannahistihreinganzesStückhinterher gelaufen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 mit 80 euro um die welt KristianDit levJensenhatesfürunsversuchtundviele schöneSachenmitgebracht .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 und mit 6 blogs hinterher Kon tinenthoppingmitRezeptblockundBack pinsel .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 kochkurs WirhabeneineGansfrittiert– selbstverständlichimGanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 der lebkuchenmann Diefastunglaub licheGeschichtevonArthur . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 trinken unter aufsicht Feinefran zösischeWeine,einkochenderChefundein wissenderWinzer . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 kann denn wein natürlich sein? UnserFachmannEckhardSuppversucht eineAntwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
4
C wie Zitrus HuhnliebtZitrone,PomeloschlürftAuster,Zitrus sichanBasilikum,sechsRezeptezumThemaSauer,SüßundLustig
-Wackelpuddingschmiegt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Effilee #23 Winter 2012/2013
Rezeptindex »Bang Bang«-Hühnchen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Bouillabaisse .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Gans im Fett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Garnelenburger mit Wasabisauce knusprigem Speck und Honiggurken .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Geröstetes Hähnchenfleisch auf japanisch gewürztem Reis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Glühwein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Gänsealarm … auf Herrn Kuntschkes Biohof .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
Schnelle Teller Hochgenuss in Bestzeit mal sieben .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6/18/22/60/65/71/133
Grünkohl mit Kochwurst und Birne »en papillote« .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Kalte Satsuma-Fenchel-Tapioka-Suppe mit Sichuan-Sticks .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Kässpätzle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Lachs-Ceviche .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Lauwarmes Saiblingsfilet mit Apfel, Sellerie und Holunderblütenfond .. . . . . . 98 Lebkuchenteig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Limetten-Kokos-Spaghetti mit Orangen-Garnelen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Marokkanische Tajine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Matcha-Teecreme mit Pflaumen und gerösteten Mandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Meine Variation des Szegediner Gulasch (Székelygulyás) mit Semmelknödelchips .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Mexikanischer Avocadosalat . . . . . . . . . . . . . . . 84 Muscheln in Petersilienbutter auf gerösteter Brioche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Pavlova mit karamellisierten Kirschen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
frutti di mare Die Bewohner von Wales pflegen ein kulinarisches Steckenpferd das nachhaltiger nicht sein könnte – sie essen Seetang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Pomelo mit Algen-Thunfisch-Salat und Austern .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Rüben und Wurzeln mit grünen Linsen in Senfrahm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Spaghetti mit Blattspinat, Buttermakrele und wachsweichem Ei .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Zitronenhuhn .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Zitrustarte mit Baiserschaum .. . . . . . . . . . . . . 29 Zitrus-Wackelpudding mit Thai-Basilikum-Vanillesauce . . . . . . . . . . . . . . 32
Alle Rezepte des Heftes sowie Wissenswertes über Zutaten und Zubereitungen finden Sie unter www.effilee.de schulessen Warum die Kinder dieser Welt es satt haben .. . . . . . . . . . . . . . . 52
Effilee #23 Winter 2012/2013
ein Teller Hans Haas bringt Saiblingsfilet und Holunderblütenfond zusammen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
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Schneller Teller #1 Rezept & Foodstyling: Stevan Paul Foto: Andrea Thode
Geröstetes Hähnchenfleisch auf japanisch gewürztem Reis Für 4 Personen Kross gebraten und würzig glasiert ruht das zarte Hähnchenfleisch aus der Keule auf japanisch gewürztem Rundkornreis. In Japan werden zu diesem Gericht grüne Shiso-Kresse-Blätter gereicht, hier wird Bittersalat als Kontrast zur würzigen Hähnchen-Reisschale serviert. 250 g Rundkornreis (Risotto-, Sushi-, oder Milchreis) Salz 1 Nori-Algenblatt 1 EL Sesamsaat 4 Hähnchenkeulen (vom Geflügelhändler ausgelöst, mit Haut, ohne Knochen) 4 EL Öl
100 ml Teriyakisauce 1 TL Sesamöl 6 EL süße Sojasauce einige Blätter Bittersalat, z. B. Rauke oder Frisée (Wichtig: Hähnchenfleisch 1 Stunde vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank nehmen und Zimmertemperatur annehmen lassen!) 1. Den Reis in einer Schüssel mit lauwarmem Wasser gründlich waschen, dabei verlieren die Körner Stärke. Reis durch ein Sieb gießen und in reichlich kochendem Salzwasser in ca. 20 Minuten bissfest garen. Noriblatt zerbröseln. Sesam in einer Pfanne ohne Fett rösten. 2. Hähnchenfleisch in 8 Stücke schneiden und in einer Pfanne im heißen Öl bei mittlerer Hitze zunächst auf der
Hautseite 6–8 Minuten goldbraun braten. Wenden und weitere 6–8 Minuten braten. Die Teriyakisauce mit 4 Esslöffel Wasser verrühren, zugeben und kurz dicklich einkochen. Mit Sesam bestreuen und warm stellen. 3. Reis absieben, mit heißem Wasser abbrausen und abtropfen lassen. Den heißen Reis auf zwei Schalen verteilen, in der ersten Schale mit dem zerbröselten Noriblatt und Sesamöl mischen. Den Reis in der zweiten Schale mit süßer Sojasauce verrühren. Die Reisschalen jetzt mischen und mit dem gerösteten Hähnchenfleisch und dem Bittersalat servieren. Alle Rezepte des Heftes sowie Wissenswertes über Zutaten und Zubereitungen finden Sie unter www.effilee.de
30 Min. 6
Effilee #23 Winter 2012/2013
Mitwirkende
Martin Parr erblickte im Jahr 1952 das Licht des Städtchens Epsom in der südenglischen Grafschaft Surrey. Sein der Hobbyfotografie verfallener Großvater weckte Martins Interesse fürs belichtete Bild, die Folge war ein Studium der Fotografie in Manchester, das er 1973 abschloss. Seine bisherige Produktivität scheint unermesslich, mittlerweile sind über 50 Bücher von ihm und mehr als 20 über ihn erschienen. Auf den Seiten 68 und 72 haben wir Fotos von ihm versteckt.
Gut, dass die Geschmäcker verschieden sind.
Josef Fischnaller kam 1964 in Oberösterreich zur Welt, wuchs auf, und landete schließlich in Wien, wo er 1982 seine Ausbildung zum Fotografen begann, und weil es so schön klingt, sei auch verraten wo: in der Höheren Graphischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt. Aus der Versuchsphase ist er offenbar raus, zahllose Ausstellungen, viele davon in seiner neuen Heimat Berlin zeugen davon. Wir verdanken Herrn Fischnaller das beeindruckende Porträt von Wilhelm Andraschko auf Seite 90.
John Hannah Über diesen Mann weiß man wenig, dafür aber nur Gutes. Er kam rund um 1960 in England zur Welt und begann irgendwann ganz hervorragend zu schreiben, in Deutschland bediente er unter anderem das Kursbuch und die Transatlantik. Ende der 1980er-Jahre wurde er letztmals lebend in der Redaktion des Frankfurter Satirefachblatts Titanic gesehen, wo er den grandiosen Text anbot, den wir ab Seite 72 wiedergeben. Die freundliche Genehmigung des Autors würden wir gerne einholen, wenn wir nur wüssten, wo er steckt.
www.oryza.de
Fotos: Collection Martin Parr/Magnum, M.Brus, PRIVAT
Axel Biesler wurde im Jahr 1970 gerade rechtzeitig zum Beginn der Weinlese geboren, allerdings in Hannover. Nach erreichen der Trinkreife verdingte er sich als freier Sommelier, freier Autor für Weinzeitschriften und gab den Winzer in Baden sowie im australischen Barossa Valley. Seine bisherige Bilanz: Es gibt keinen guten Wein, außer man trinkt ihn. Ab Seite 116 bringt er einer Handvoll interessierter Leser das Trinken bei.
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Buffet
Die bessere Wahl: Kürbis Der Hokkaido ist ein Riesenkürbis in kleinhaushaltsfreundlicher Größe. Allerorten leuchten jetzt knallorange Exemplare in den Regalen – hier ein paar Dinge, auf die Sie beim Kauf achten sollten Text: Kirsten Reinhardt Foto: Andrea Thode
Schale Drehen und wenden Sie den Hokkaido: Die Schale sollte nur matt glänzen. Unreife Kürbisse glänzen deutlich und besitzen wenig Geschmack, überlagerte hingegen haben eine stumpfe Oberfläche – ihr Fleisch ist meist faserig. Außerdem sollte die Schale glatt, sauber und ohne Flecken sein. Bräunliche Flecken und Druckstellen zeugen von geringerer Qualität. Ganze und unbeschädigte Winterkürbis se (mit anhaftendem Stiel) lassen sich monatelang lagern, wenn sie richtig ausgereift sind. Besonders Riesenkür bisse – und zu denen gehört der kleine Hokkaido – sollten zunächst einige Zeit warm liegen, bis die Schale ausgehärtet ist und sich mit dem Fingernagel nicht mehr einritzen lässt. So kann er die end gültige Reife erreichen. Danach beträgt die optimale Lagertemperatur allerdings nur noch zehn bis 13 Grad Celsius, was am besten in Kellern gewährleistet ist. Seine Schale ist übrigens das Argument für den Hokkaido in der Küche: Sie ist sehr dünn und damit essbar.
GröSSe Der Hokkaidokürbis ist wie der riesige Gartenkürbis ein Verwandter der Gurken und Melonen. Kein Gemüse, sondern eine große Beere. Greifen Sie beim Kauf zu den kleineren Hokkaido-Exemplaren: Ihr Fruchtfleisch ist fester, hat mehr Ge schmack und ist weniger faserig als das der größeren. Der Kürbis sollte schwer in der Hand liegen. Anhand der Klopfprobe können Sie feststellen, ob er den richtigen Reifegrad hat: Klopfen Sie mit dem Finger leicht auf die Schale, sollte ein hohles Geräusch zu hören sein.
Tipp: Probieren Sie das rohe Kürbisfleisch vor dem Verarbeiten. Schmeckt es bitter, gehört es in den Abfall, der bittere Geschmack kann ein Hinweis auf giftige Cucurbitacine sein. Diese sind aus kultivierten Kürbisgewächsen herausgezüchtet worden, in Zierkürbissen aber immer noch enthalten. Da sich Zierkürbisse aber mit Speisekürbissen kreuzen, können auch Speisekürbisse Cucurbitacine bilden. Besonders dann, wenn im eigenen Garten sowohl Zierkürbisse als auch Speisekürbisse angebaut werden.
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Stiel Kaufen Sie den Kürbis mit Stiel. Dieser verhindert, dass die Frucht frühzeitig austrocknet. Je verkorkter und verholzter der Stiel ist, desto besser: Kork und Holz sind ein Indiz dafür, dass zum richtigen Zeitpunkt geerntet wurde und der Kürbis somit lange haltbar ist. Der Stielansatz muss außerdem unversehrt sein. Ansons ten können an dieser Stelle Fäulnisbak terien eindringen und die Lagerfähigkeit extrem verkürzen.
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Das Merk ich mir Gayle Tufts Das Schlimmste Essen:
Das Schlechteste, was man zu sich nehmen kann, ohne auf der Stelle tot umzufallen, habe ich ein paar Jahre lang täglich vorgesetzt bekommen. Wenn Sie es mal nachessen wollen: Es gibt es in der Mensa der Brockton High School, 470 Forest Avenue in Brockton, Massachusetts. Dort hält man eine Pizza con tutti für gemischten Salat und Ketchup für Gemüse. Pizza gab’s viermal die Woche, und freitags Fischstäbchen mit Pommes. Das war offener Krieg gegen das Gehirn und die schlanke Hüfte. Aber meine Mutter konnte es leider auch nicht besser. Jeden Mittwoch gab es bei uns Spaghetti mit Meatballs. Die Meatballs machte sie, indem sie Hackfleisch aus der Packung nahm, ungewürzt mit der Hand zu Kugeln formte und im Inhalt einer Dose geschälter Tomaten mit Tomatensaft kochte. Vollkommen ungewürzt das Ganze. Ich hätte damals ein Königreich für einen Tropfen Maggi hergegeben. Ich bin also nicht ohne Grund nach Europa gekommen. Ich habe gewittert, dass es irgendwo da draußen besseres Essen geben muss … Das Beste essen:
Das beste Essen meines Lebens hatte ich zweimal und es hat mit einem Mann und zwei mal zwei Ziffern zu tun: Tim Raue. Er kochte im 44, als ich 44 wurde und zum Abendessen eingeladen wurde. Schon das Begrüßungssüppchen war eine Geschmacks-
Auf der Flucht vor den Meatballs ihrer Mutter in Europa gestrandet: Entertainerin Gayle Tufts
explosion. Und alles, was danach kam, war eine Steigerung der Explosion. Anfang dieses Jahres habe ich in seinem neuen Restaurant das Tasting-Menü zum Frühsommer gegessen und alles ist nur noch besser geworden. Ich weiß jetzt noch, wie die zehn Jahre gelagerte Sojasauce geschmeckt hat. Es gibt Leute, die halten das für überkandidelt, aber es ist eine ganz vernünftige Sache, die einfach nur dem Genuss huldigt. So ein Sterne-Koch-Essen ist eigentlich wie Sex: Zuerst wird es immer besser, und am Ende ist man glücklich.
Fotos: Andrea Thode, Fabian Maerz, Hersteller
Pro & Contra: Salatschleuder Eine Salatschleuder ist nicht besonders teuer. Da bleibt genug übrig, dass jeder sich eine eige ne Meinung leisten kann Vijay Sapre meint: Zu gegeben, die Salatschleuder ist groß, unhandlich und sieht nicht besonders cool aus. Ist sie aber. Denn sie eignet sich nicht nur, um Salat, das Lebensmittel mit dem Nähr wert eines Blatts Papier, tro cken zu schleudern, sondern
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auch für Spinat, Rucola, Pilze (!) und andere Ge müse, die, jedenfalls wenn man sie in Bio-Qualität einkauft, gern mal sandig sind und daher dringend gründlich gespült werden müssen. Richtig uncool ist nämlich das Geräusch, das Sandkörner auf dem frisch renovierten Gebiss machen.
Hans Kantereit kontert: Wenn ich meinen Salat in ein sauberes Küchentuch wickle, mich damit auf den Balkon stelle und mit einem Arm kreisende Bewegungen mit hoher Geschwindigkeit ausführe, habe ich mehrere Fliegen mit einer Klappe gekriegt: Erstens haben die
Nachbarn was zum Kucken und Außerirdische, die uns eventuell beobachten, was zum Grübeln. Zweitens hab ich endlich wieder mal jenen Muskel trainiert, der für kreisende Armbewegungen mit hoher Geschwindigkeit zuständig ist. Und drittens ist ganz nebenbei mein Salat trocken geworden.
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Buffet
Kantine des Monats: Liebherr india, Pune
Wände, blanker Betonboden, sehr einfache Tische und Bänke ge ben dem dunklen Raum eine dezent klaustrophobische Note. Das Essen wird täglich mit dem Mofa frisch angeliefert und Text & foto: Serge Gorodish dann auf zwei wackeligen Tischen angerichtet. Das Menü besteht aus rohem Gemüse, zum Beispiel Zwiebeln auf den Seiten ei ner Tageszeitung präsentiert und daneben ein Haufen Salatgurke ans Liebherr begründete sein schwäbisches Firmenimperi in Scheiben. Dann gibt es natürlich Reis und ein, zwei scharfe um 1949 mit der Idee eines mobilen, sich selbst errichten Chutneys. Also wirklich scharfe Chutneys, sodass man nach den Baukrans. 60 Jahre später ist daraus ein weltumspannender mittags nicht mehr sicher ist, ob der Magen immer noch auf die Baumaschinenkonzern geworden, der dank der tüftlerischen Ader Streptokokken oder die Schärfe des Essens reagiert. Dazu gibt es seiner Gründer auch Kühlschränke für Weinliebhaber, Hotels in eine tagesaktuelle Variante Dal, einen milderen Brei aus Linsen Schottland und Fahrwerksysteme für Flugzeuge im Portfolio hat. oder Kichererbsen und ein Gemüse, zum Beispiel Okraschoten. Seit 2010 ist Liebherr auch mit einem Standort für Baukräne Optisch ist beides kein Gewinn. Auch geschmacklich muss man und Betonmischer in der Stadt Pune auf dem indischen Subkon sich leider von der romantischen Vor tinent vertreten. Indien ist für viele deutsche In stellung lösen, hier auf das gelobte, dustrieunternehmen, gerade die exportorientier weil unverdorbene kulinarische Land ten, ein wichtiger Wachstumsmarkt. zu stoßen. In dem Produktionswerk von Liebherr, knapp Für europäische Verhältnisse ist eineinhalb Stunden außerhalb von Pune arbeiten die Verpflegung gewöhnungsbedürf 120 Mitarbeiter, darunter auch einige Europäer. tig, im indischen Kontext jedoch ver Für alle wird zur Mittageszeit kostenlos ein ty gleichsweise gehoben. Eine Diät aus pisches indisches Essen in einer eigenen Kantine trockenen Keksen und dreifach ge angeboten. Tatsächlich handelt es sich um einen süßtem Tee ist allerdings immer eine kleinen kahlen Raum im Erdgeschoss einer Ver Alternative. waltungseinheit mitten in der Fabrik. Unverputzte Nobel: Das Essen geht aufs Haus
H
Das rat ich dir …
Nach Feierabend verordne ich mir Bier, dafür hüte ich extra ein StellaArtois-Glas aus den 40er-Jahren und einen Krug aus dem Münchner Bürgerbräu. Rein kommt ein Bier, das ich auch im Restaurant ausschenke: Ergenzinger Ochsen-
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Aber unser Sommelier Andreas Lutz hat natürlich auch ein paar hervorragende Tropfen für die Gäste auf Lager:
2007 Saphir, Weingut Albrecht Schwegler, Korb/ Remstal, Württemberg Die Cuvée aus Zweigelt, Merlot und Syrah ist der zweite Wein von Albrecht Schwegler (auf hohem Niveau) und reift zwei Jahre in neuen 225-LiterEichenfässern. Das Ergebnis kann sich schmecken lassen – ein kraftvoller,
eleganter Rotwein mit Aromen von Zwetschgen, dunklen Beeren, Paprika, Pfeffer und Kakao. Ein guter Partner zu Alblammkeule mit Thymian aus dem Ofen und provenzalischem Gemüse.
2007 Château Anthonic, Cru Bourgeois, Moulis-en-Médoc, Bordeaux, Frankreich Das ist er: mein Feierabendwein. Ein guter Partner zum Filet vom Bœuf de Hohenlohe, mit seinen gut eingebundenen Tanninen und erdigen/beerigen
Aromen ein harmonischer Bordeaux – eine Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot und Petit Verdot 12 Monate im Barrique ausgebaut .
2011 Stettener Pulvermächer Riesling S, Weingut Karl Haidle, Stetten/Remstal, Württemberg Ein mineralischer Riesling mit gut integrierter Säure, der mit seinem Schmelz ein hervorragender Speisenbegleiter, auch zu aromastarken Gerichten ist.
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Fotos: Privat, Hersteller
Vincent Klink, Restaurant Wielandshöhe
bräu. Das ist ’ne feine Sache, die machen 3000 Liter pro Woche, das aber richtig. Kürzlich war der Chef hier, ein Herr Digeser, ich hab ihm gesagt, dass manche Gäste es als »ä bissl fad« bezeichnet haben, und seine Spontanreaktion war »Dann tu i halt bissl mehr Hopfe nei …«. Davon trink ich am Abend gern drei Flaschen. Wenn der große Durst gelöscht ist, kommt eine Flasche Bordeaux dran. Guter Bordeaux wird immer bequem vertragen, alles andere macht besoffen.
Das finden wir GUT
Geprüfte Meisterklasse.
Luftbrücke mal andersrum Wenig Zeit zum Essen? Kein Problem! Die KürbiskernNougat-Nusstorte des Kreuzberger Restaurants Jolesch kommt auch mit der Post und ein halbes Stück ersetzt zwei bis drei Hauptmahlzeiten. Für 25 Euro bei www.jolesch.de
KNOBLAuchalarm Zu alt für InterRail? Das Alioli von La Pescadería bringt Sie auch günstig nach Spanien. Für ein paar Peseten in vielen Edeka-Kühlregalen
Messer Champagner Lanson Seinen Vorgänger hat man bereits an Bord der Titanic verschüttet. Der White Label wurde komponiert, um auch bei Kollision mit Minze oder Orangenzesten geschmacklich nicht unterzugehen. Für unter 40 Euro in besseren Bordapotheken Effilee #23 Winter 2012/2013
Die neuen Qualitätsmesser von Fissler. Perfektion „Made in Germany“.
Fissler. Freu dich aufs Kochen. www.fissler.de
Oberkellner Robert Rant: Unverschämt! Im richtigen Leben arbeitet Robert Rant im Service eines sehr guten Restaurants. Höflich und formvollendet kümmert er sich um seine Gäste. Was er sich dabei denkt, steht hier
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Effilee #23 Winter 2012/2013
Illustration: Lechef Fotos: Privat, Hersteller
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ann immer es regnet, kommt es mir so vor, als ob es keine Zeit gäbe. Es ist zu allererst eklig und nass, erst dann irgendwie spät oder früh. Ich betrete meine Lieblingsbar und wundere mich, wie absurd voll es heute ist. »Es ist Samstagabend, du bist früh dran«, sagt mein Freund Tom, der Barkeeper. Ich schaufle eine Hand Nüsse in mich rein, während Tom mir einen Gin Tonic serviert. »Samstagsgäste?«, fragt er. »Doppelplussamstag«, bestätige ich seine Nachfrage. »Die Leute ticken nicht mehr richtig. Ein Sechsertisch schrieb vor sechs Wochen, er plane in die Stadt zu reisen, und wir sollten ihm mal ein Angebot unterbreiten, was wir denn für ihn kochen würden und wie er seinen Aufenthalt gestalten könne.« »Das Angebot hängt im Schaukasten, oder?«, fragt Tom. »Richtig, und steht im Internet. Da kannst du alles nachlesen. Aber die Leute wollen, dass man ihnen ein Angebot zuschickt. Individuell und persönlich. Per Post. Auf Papier. Am liebsten handschriftlich. Ich bin Kellner, kein Sekretär.« »Und was haste jetzt gemacht?«, fragt Tom, während er eine Batterie Juleps mit Minze bestückt. »Na, natürlich trotzdem alles losgeschickt. Du weißt ja nicht, welche Lawine du lostrittst: 16 Seiten Briefverkehr über eineinhalb Monate, Menüabsprachen bis ins Detail. Wo man sitzt, wie das Licht dort ist, ob es laut ist, ob eine Straße vorbeiführt, welche Farbe der Teppich hat und wie weit es zum Klo ist. Ein Staatsakt. Und nur, weil sechs Personen bescheidene vier Gänge zu Abend essen wollen.« »Und was waren das für Leute? Waren die dann okay?« »Keine Ahnung, die sind nicht gekommen. Eine Dame hatte Erkältung. Haben die Absage vergessen.« »Irre«, schüttelt Tom den Kopf. »Irre war der Dreier-Mädels-Tisch! Auch ein bisschen Mailverkehr, wenigstens keine 16 Seiten Papier für die Tonne. Nur ein, zwei Mails, eigentlich recht vorbildlich. Die eine hatte Laktose, die andere war Vegetarierin und einmal Gluten allergie. Harmlos eigentlich.« »Aber?« »Die standen dann mit zwei Wolfshunden und einem Rottweiler in der Tür.« »Wie meinst du?«, fragt Tom ahnend. »Das Restaurant ist ein Ort, an dem Menschen speisen. Hunde sind bei uns nicht erwünscht.« »Und du hast …?« »… die drei Mädels mitsamt ihren stinkenden Kötern in die regennasse Nacht entlassen. Unter Salven von Verwünschungen und Titulierungen, die in dieser kultivierten Bar wiederzugeben geradezu obszön wäre«, sage ich.
buffet
Favoriten: Andreas pufal Musik für den Herbst: Wenn meine Ohren von der vielen eintönigen und austauschbaren Musik im Radio verstopft sind, hilft nur eins: das Debütalbum von Dillon – This Silence Kills. Erfrischend anders, was die gebürtige Brasilianerin und Wahlberlinerin da mit ihrer teils zarten, aber auch kratzigen Stimme gezaubert hat. Unbeding mehrfach hören, weil man immer wieder neue Facetten der Arrangements entdecken kann. Herbstpilze sammeln: Es gibt nichts Schöneres, als jetzt in den Wald zu gehen und Pilze zu suchen. Doch – eins schon noch: Die gefundenen Schätze mit viel
Butter, Salz und Pfeffer in einer Pfanne anbraten und mit einem guten Glas Rotwein genießen. Wer sich wie ich auch Zecken mitbringt, kann auf einer Risikogebietskarte auf zecken.de nachschauen, ob er besser noch zum Arzt gehen sollte. DVD Gegen den Herbstblues: Herrlich skurril, tolle Farben, liebevolle Ausstattung: Moonrise Kingdom. Wes Andersons (Die Royal Tenenbaums) neuer Film über Pfadfinder, Inselpolizisten, Brieffreunde und die erste Liebe in Starbesetzung (Tilda Swinton, Frances McDormand, Bruce Willis, Bill Murray, Edward Norton, Harvey Keitel). Bezaubernd!
Promotion
Wenn sich Zeit in Genuss verwandelt
W
ährend der Wintersaison wird traditionell kräftiger, aber auch feiner gekocht. Die Menschen wissen seit jeher, dass man die dunkle Jahreszeit besser übersteht, wenn man sie mit ein paar erlesenen Genüssen auf hellt. Doch auch die festlichste Tafel ist nur das halbe Vergnügen, wenn in den Gläsern keine Essensbegleitung funkelt, die den gehobenen Genuss unterstreicht. Das weiß man auch bei der Traditionsbrauerei Duckstein, deshalb überrascht sie die Bierliebhaber rechtzeitig zu Beginn der Festtagssaison mit einem edlen Getränk, das gewachsene Brauerfahrung und gelungene Innovation zu einem eleganten Genuss vereint, der für viele Freunde der gehobenen Küche die Suche nach dem passenden Festtagswein dieses Jahr überflüssig machen könnte. Das Bier wurde aus fünf Malzsorten und edlem süddeutschem Hopfen gebraut. Aber erst durch die sechsmonatige Lagerung in andalusischen Sherry-
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Fässern konnte sich das Special Ale zu dem einzigartigen Genussmoment entwickeln. Das Bier, das jetzt als Duckstein Braukunst Edition 2012 von sich reden macht, ist ein Genuss für alle Sinne. Sein intensiver Duft nach reifen Kirschen und Zwetschgen, untermalt von honigartigen Heidekraut-Noten, betört die Nase schon beim Einschenken. Weiche, sherrytypische Aromen verbinden sich mit den feinen Bitternoten zu einem vollmundigen, komplexen Geschmackserlebnis, das sehr viele Genießer begeistern wird. Apropos viele: Das köstliche Vergnügen ist auf 5000 Flaschen limitiert. Die Duckstein Braukunst Edition 2012 wurde in elegante Sherry-Flaschen abgefüllt, in hochwertige Holzboxen verpackt und ist erhältlich in den Humidoren von Metro C&C, in ausgewählten norddeutschen Feinkostgeschäften sowie auf www.duckstein.de.
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Buffet
Halbwissen: Glühwein
Orange Brauchen wir fast gar nicht. Der Orangensaft wird vom Erhitzen sowieso nicht besser, stattdessen spritzen wir mit der Zeste ganz am Schluss ein, zwei feine Aromen ins Glas und hängen sie dekorativ über den Rand.
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Punsch Um dem Getränk Nachdruck zu verleihen gibt man gern Rum hinzu. Uns gefällt ein Schuss Gin, mit Wachholder und vielen weiteren Gewürznoten viel besser.
Glühwein Für 0,7 Liter 1 Flasche Riesling Kabinett 80–100 g Zucker 1 Orangenzeste 1 Zimtstange 1 Sternanis
Temperatur Wer erst einen Sirup kocht, dann den Wein zugibt und das Ganze genau so weit erhitzt wie nötig, also auf 60 bis 70 Grad, erhält nicht nur möglichst viel von den flüchtigen Aromen, sondern auch den Wärme spendenden Alkohol.
4 Nelken ½ Vanilleschote 3–4 Scheiben von einer Ingwerknolle 1 Lorbeerblatt 1. Den Zucker mit 100 ml Wein, Zimt, Vanilleschote und
Lorbeer aufsetzen und 5 Minuten sirupartig einkochen lassen. 2. Den restlichen Wein sowie die restlichen Gewürze zugeben und vorsichtig auf Trinktemperatur erhitzen.
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Fotos: Andrea Thode, Ana Baumgart
Riesling, was sonst? Es ist immer eine gute Idee, Ausgangsprodukte zu nehmen, die schon möglichst nah an dem sind, was man am Ende erreichen will. Warum also Rotwein mit Zucker und Fruchtsaft verbiegen? Ein einfacher Riesling Kabinett (ca. 5 Euro) bringt Frucht und Süße schon mit.
Neueröffnung: Glut & Späne
Termin
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it einer schwarz geangelten Forelle aus dem Dorfbach fing alles an. Damals war Michael Wickert sechs. Die Straftat geschah im Bodenseeraum, und dass der junge Mann auf der Flucht vor der Fischereiaufsicht schließlich in Berlin gelandet ist, kann den Kreuzbergern nur recht sein. Denn in der Räucherei Glut & Späne in der Markthalle Neun werden vor den Augen der Kundschaft die herrlichsten Fische über Buchenholzspänen geräuchert. Davor nehmen sie ein letztes Bad in der Salzlake, die Wickert nach einem alten Schweizer Rezept herstellt. Künstliche Aromen und Würzmischungen kommen hier weder in die Glut noch in die Späne. Hier kriegt die Tradition ihr Update
Gereifte Barolos aus Eckhard Supps Keller 23.11. 19 Uhr
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ckhard Supp ist einer der renommiertesten deutschen Weinexperten und seine Begeisterung für das Piemont geht viele Jahre zurück. Da man über Wein nicht nur schreiben kann, sondern ihn auch trinken muss, ist er für uns in seinen Keller gestiegen und hat einige gereifte Barolos aus den 80er-Jahren gefunden. Am 23. November ab 19 Uhr wollen wir
die im Poletto Vino e Gusto, neben der Poletto Winebar verkosten. Maximal zehn EffileeLeserinnen und -Leser können dabei sein. Die Anmeldungen werden strikt nach Eingang berücksichtigt. Kostenbeitrag 160 Euro Anmeldungen bis 15. November unter wein@effilee.de
www.glutundspaene.de
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Eva Solo White Line das neue Weiß in der Küche!
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Buffet
Was machen Köche in ihrem Urlaub? »Zwei Wochen bleibt die Küche kalt, wir fahren nach …« Genau das wollten wir etwas genauer wissen …
Wohin? Ich mache gerne Urlaub in, Paris, am Indischen Ozean oder in Istanbul. Warumgeradedorthin? Istanbul zum Beispiel, weil Ingo holland
Wohin? Am liebsten nach Südfrankreich – Luberon. Warumgeradedorthin? Das ist das Frankreich, wie ich es am liebsten mag. Es ist Tim Raue
Wohin? Ende Januar nach Phuket, ins Trisara. Mitte August zu Freunden nach Sizilien. Warumgeradedorthin? Das Trisara ist für uns eine Juan Amador
Wohin? Ich war gerade erst im Urlaub, in der Provence. Ganz privat, bei einem guten Freund, fernab von jeglichem Trubel und Touristen.
Harald Wohlfahrt
Wohin? Ich kann zwei bis drei Wochen Urlaub pro Jahr machen. Einmal im Januar, dann sind Schulferien in Baden-Württemberg und das Restaurant ist geschlossen. Im Sommer
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die Stadt in Aufbruchstimmung ist und sich die Gastronomie dort rasant weiterentwickelt. BesuchenSiedortauchandere Restaurants?Wennja,welche? Ich esse gerne im Zübeyir Ocakbaşı (Kebap), bei Doğa
Balık (Fisch ) oder im Pandeli (im Gewürzbasar). In Paris gehe ich gerne ins Bistro La Régalade oder ins Atelier von Joël Robuchon. Am Indischen Ozean freue ich mich immer auf die kreolische Küche, weil sie wunderbar leicht und voller Geschmacksexplosionen ist.
BesuchenSiedortauchandere Restaurants?Wennja,welche?
Am wenigsten Sternerestaurants. Hauptsächlich regionale Küche, die ist unkompliziert und unverkünstelt. Dort gibt es gutes Geflügel, gute Produkte, gute Tomaten. Wenn ich mal in ein Restaurant gehe, dann ins Petite Maison in Cucuron.
Energieaufladestation, die Verbindung aus absoluter Ruhe, dem Meer, der köstlichen thailändischen Küche und der entspannten Gesamtatmosphäre passt. Nach Sizilien reisen wir, weil Freunde von uns dort ein Haus haben.
BesuchenSiedortauchandere Restaurants?Wennja,welche? Klar, in Phuket essen wir allerdings nur im Trisara selbst. Auf Sizilien gehen wir am liebsten ins La Gazza Ladra, Accursio kocht für uns mit Abstand am besten auf der Insel.
unkompliziert, die Menschen sind nett, ich mag die Produkte, die Landschaft. Für mich ist es eher wie ein Zuhause. Ich fahre schon seit 20 Jahren regelmäßig dorthin.
Warumgeradedorthin? Dort kann ich den Kopf klären, den Akku aufladen und innigste Zweisamkeit pflegen.
man muss auch mal Urlaub vom Essen machen, natürlich ohne den Blick für Neues komplett zu verlieren. Deshalb darf es gerne einfach sein. Auf dem Markt etwas Schönes kaufen BesuchenSiedortauchandere und zusammen mit Freunden Restaurants?Wennja,welche? Generell beherrscht das The- verzehren, das kann ein ganz großer Genuss sein. ma Essen den Urlaub nicht, kommt oft ein kurzer Familienurlaub, da geht’s meist in die Türkei oder nach Spanien. Und im Winter folgt immer eine Woche Kroatien mit meiner Frau. Warumgeradedorthin? Aus verschiedenen Gründen.
Die historische Altstadt von Zadar zum Beispiel ist absolut sehenswert. BesuchenSiedortauchandere Restaurants?Wennja,welche? Ich finde die ganz einfache kroatische Küche ausgesprochen interessant.
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Fotos: Andrea Thode, Hersteller
Ali Güngörmüs˛
Weihnachtspromotion
Edle verpackungskunst »Alles was der Verkostung eines großen Weins vorausgeht, soll ein Vorbote des kommenden Vergnügens sein«, lautet die Devise im Hause Louis Roederer. In dem Sinne wurde auch für diese Saison wieder eine geschmackvolle Verpackungskollektion entworfen. Die Geschenkboxen für den Roederer Brut Premier, Brut Rosé 2007 und Vintage 2006 sind in der Tat eine würdige Umgebung für die eleganten Spitzenchampagner aus Reims. Ab sofort im gut sortierten Fachhandel erhältlich.
an Weihnachten denken? Aber Gerne! Mit Dingen, die so schön sind, dass man sie am liebsten selbst behalten würde, macht das Schenken gleich doppelt Spaß. Mit diesen exklusiven Flaschen können Sie nur gewinnen
Drei gipfel der genüsse Gewinnen Sie eins von zwei exklusiven Rémy-Martin-Paketen im Wert von jeweils 250 Euro. Einfach eine Postkarte mit dem Stichwort Rémy Martin an Effilee GmbH, Hospitalstraße 92, 22767 Hamburg. Mit etwas Glück können Sie gewinnen: eine Flasche Rémy Martin VSOP Mature Cask Finish, eine Flasche Cœur de Cognac de Rémy Martin sowie eine Flasche Rémy Martin XO Excellence. Einsendeschluss ist der 11.01.2013. Der Rechtsweg oder die Barauszahlung des Gewinns sind ausgeschlossen.
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ein geschenk ganz von herzen »Für Einsteiger leicht zugänglich und für Connaisseure eine Überraschung«, so versteht sich Cœur de Cognac von Rémy Martin. Und ganz nebenbei ist der Premium-Cognac auch noch ein Fest für Verpackungsmuffel: Der dezent herzförmige Dekanter bringt den Gabentisch ganz von alleine zum Strahlen.
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Schneller Teller #2 Rezept & Foodstyling: Stevan Paul Foto: Andrea Thode
Grünkohl mit Kochwurst und Birne »en papillote« Für 4 Personen Grünkohl auf die elegante Art, im Ofen in Papier gegart. Würzige Kochwurst, feiner Kohl und süße Birnenschnitze verbinden dabei ihre Aromen unter Pergament. Und die Wohnung riecht zudem weiterhin wie frisch gelüftet! 1 Glas Grünkohl (720 g EW) Salz Pfeffer 4 Bögen Backpapier
4 Kohlwürste (grobe Mettwürste) 1 kleine rote Zwiebel 2 kleine Birnen (z.B. ›Forelle‹) 4 TL gewürztes Gänseschmalz scharfer Senf 1. Grünkohl mittig auf vier Bögen Backpapier verteilen, leicht salzen und pfeffern. Die Würste einseitig mit den Zinken einer Gabel mehrfach einste chen und mit dieser Seite nach unten auf den Grünkohl legen. 2. Zwiebel in feine Ringe schneiden, Birnen achteln und entkernen und zu Wurst und Kohl geben. Gänseschmalz über alles verteilen und mit Pfeffer
würzen. Die Längsseiten des Back papiers über dem Gericht schließen, die Seiten wie bei Bonbons gegenein ander zusammendrehen. Die Päckchen im heißen Ofen bei 220 Grad auf der ersten Schiene von unten 20 Minuten garen. Mit Senf servieren. Tipp: Dazu passen Salzkartoffeln oder ein würziges Bauernbrot. Alle Rezepte des Heftes sowie Wissenswertes über Zutaten und Zubereitungen finden Sie unter www.effilee.de
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Treffen sich zwei weine: warm und kalt Text: Vijay Sapre Fotos: Andrea Thode
Für alles was wir darüber hinaus wahrnehmen, benutzen wir entweder die Nase oder den Tastsinn; Alkohol wirkt direkt auf die Nervenenden. All diese verschiedenen Sinneswahrnehmungen sind temperaturabhängig. Und zwar, und das ist das Entscheidende, unterschiedlich. All die vielen komplexen Verbindungen, die wir nur mit der Nase wahrnehmen können, müssen natürlich erst mal verdunsten, bevor sie dort ankommen. Das tun sie bei Kälte weniger, dementsprechend werden auch in diesem Bereich alle unschönen und unharmonischen Aromen überdeckt. Eine eigentlich aufdringliche Süße wird als feiner wahrgenommen, der Wein wirkt insgesamt weniger volumi-
Warm wird er von allein, den Roten daher lieber etwas kühler servieren
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hm«, sagt der Gast bei Probieren des Weißweins, »sehr schön, und bitte, stellen Sie um Himmels willen den Wein nicht ins Eis!« Der Sommelier, der sich extra die Mühe gegeben hat, den Eiskübel mitzubringen, reagiert überhaupt nicht genervt, im Gegenteil, sein Gesichtsausdruck entspannt sich. »Ja, Sie haben recht. Aber unsere meisten Gäste wollen das so.« Leider. Weißwein kalt, Rotwein Zimmertemperatur. So befiehlt die Binsenweisheit. Und Zimmertemperatur bedeute für die Leute dann »so warm wie es im Zimmer ist«. Bei den überheizten Räumen, an die wir uns gewöhnt haben, heißt das oft mehr als 20 Grad. So trinken die meisten die Roten zu warm und die Weißen zu kalt. Aber warum eigentlich? Unser Geschmackssinn, obwohl im Vergleich zu den meisten Tieren eher minderbemittelt, ist eine extrem komplexe Angelegenheit. Die Zunge selbst unterscheidet lediglich fünf Geschmäcker, süß, salzig, sauer, bitter und umami1.
1 Es gibt aktuelle Forschungsergebnisse, die darauf hindeuten, dass es auch für Fett einen eigenen Rezeptor gibt, aber das spielt beim Wein eher keine Rolle.
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Wer ein Thermometer benutzt, kommt in den See, mit einem Gewicht an den Füßen nös und – ganz wichtig – die Säure wird weniger stark wahrgenommen. Vielen Weißweinen, gerade wenn sie nicht aus der ersten Liga kommen, tun diese Effekte gut, obwohl dabei in der Regel maßlos übertrieben wird. Auch die besseren kann man so trinken, man verschenkt halt das gesamte aromatische Potenzial, gerade bei alkoholreichen und im Holz ausgebauten Weinen. Dass Rotwein bei niedrigen Temperaturen nicht schmeckt, liegt zum einen daran, dass die Kälte Bitternoten stärker hervortreten lässt, zum anderen an den Tanninen. Diese Gerbstoffe sorgen dafür, dass sich der Mund zusammenzieht. Dieser Effekt wird durch die Kälte nicht beeinflusst; da die meisten anderen Aromen weniger stark wahrgenommen werden, tritt er auf unangenehme Weise in den Vordergrund. Wird der Wein zu warm serviert, treten ähnliche Effekte auf: Der Alkohol kann aufdringlich wirken, viel davon verdunstet und geht in die Nase und verhindert hier die Wahrnehmung feinerer Aromen, die Säure tritt zurück, was den Wein
plump daherkommen lässt. Restsüße Weine wirken auf einmal unschön pappig. Man könnte nun natürlich rebsorten-, lagen- oder gar jahrgangsspezifisch ausgefeilte Tabellen aufsetzen, um für jeden Wein die optimale Temperatur zu finden, aber ich finde, man sollte die Kirche im Dorf lassen. Ein paar einfache Vorschläge hätte ich aber schon, um insgesamt den Genuss zu heben. Erstens: Lieber etwas kühler anfangen, warm wir der Wein im Glas ganz von allein. Langsam trinken hilft da. Zweitens: die Weißen etwas wärmer, dafür die Roten etwas kälter trinken. Irgendwas zwischen 13 und 14 Grad bei den Weißen und zwischen 16 und 17 Grad bei den Roten. Wer ein Thermometer benutzt kommt in den See, mit einem Gewicht an den Füßen! Ursula Hermacinski, die bei Christie’s für Weinversteigerungen zuständig war, hat stattdessen folgende brillante Faustregel: »20 Minuten vor dem Essen nimmst du die Weißweine aus dem Kühlschrank und legst die Roten rein.«
Je kälter er ist, desto weniger schmeckt man. Manchem Wein kommt das zugute
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ÖSTERREICH WEIN Von den Südausläufern des Ödenburger Gebirges bis zum Günser Bergland wächst in der pannonischen Sonne der Mittelburgenland DAC , ein großer, intensiv nach Waldbeeren duftender Rotwein aus der Spitzensorte Blaufränkisch. www.österreichwein.at
MITTELBURGENLAND KOSTBARE KULTUR
Schneller Teller #3 Rezept & Foodstyling: Stevan Paul Foto: Andrea Thode
Spaghetti mit Blattspinat, Buttermakrele und wachsweichem Ei Für 2 Personen Fein geräucherte Buttermakrele und Crème fraîche mit einem Hauch Knoblauch geben den Spaghetti mit Blattspinat, zu denen eine wachsweiches Ei serviert wird, ihre Würze. Schmeckt wie ein neuer Klassiker. 2 Eier (M) Essig 300 g Blattspinat 250 g Spaghetti
Salz 150 g Crème fraîche ½ Knoblauchzehe 80 g geräucherte Buttermakrele Pfeffer Weißwein 1. Eier anpieken und in kochendem Wasser mit einem Spritzer Essig 4–6 Minuten kochen. Kalt abschrecken und beiseitelegen. Blattspinat putzen, gründlich in lauwarmem Wasser waschen und abtropfen. 2. Spaghetti in Salzwasser nach Packungsanweisung garen. 1 Minute vor Ende der Garzeit den Spinat zugeben.
Crème fraîche mit durchgepresstem Knoblauch verrühren. Buttermakrele fein zerzupfen. Eier vorsichtig pellen. 3. Nudeln abgießen, gut abtropfen und zurück in den Topf geben. Mit Crème fraîche verrühren, aufkochen und mit Salz, Pfeffer und einem Spritzer Weißwein würzen. Den Fisch unterheben. Pasta auf vorgewärmte Teller verteilen, mit je 1 Ei krönen, Ei mittig anschneiden und servieren. Alle Rezepte des Heftes sowie Wissenswertes über Zutaten und Zubereitungen finden Sie unter www.effilee.de
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Gib mir
Töpfe
Was machen Profiköche nach Feierabend am liebsten? Genau! Topfschlagen, bis der Arzt kommt. Da ist ein guter Klang natürlich das A und O. Wie bei unseren fünf
Tajine von emily Henry In die Tajine kann alles rein, was sanft gegart auf den Tisch soll. Und alles, was rauskommt aus der Tajine, nennt sich dann auch Tajine. Die Keramik sorgt für mildes Garen. Der spitze Deckel lässt unnötigen Dampf ab und den Aromen den nötigen Freiraum, um zu zirkulieren. Praktisch: Ist das Gericht gar, einfach den Hut abnehmen, Tajine in die Zeltmitte stellen und los geht’s! Ab 59 Euro bei www.kochform.de
Edelstahltopf XXL Diese Frage fürchtet jede Hausfrau: »Mutti, wann gibt’s bei uns endlich wieder mal frittierte Gans?« Klare Ant wort: »Wenn unser Fünfzig-Liter-Edelstahltopf da ist, ohne den geht’s nämlich nicht!« Frittiergut braucht Bewe gungsfreiheit, das gilt für drei Kroketten genauso wie für eine Gans. Warum um alles in der Welt sollte jemand eine Gans frittieren wollen? Eine Handvoll guter Gründe finden Sie ab Seite 105. Und den Topf? Für runde 230 Euro bei www.edelstahl-in-bestform.de
Fotos: Andrea Thode, Hersteller
kasserolle von All-Clad So streng sieht man das nun mal in Pennsylvania: »Ein Gutes Werkzeug sollte exakt das tun, was man von ihm verlangt.« Deshalb hat der amerikanische Hersteller ein Verfahren entwickelt, verschiedene Metallschichten und Legierungen so zu verbinden, dass sich die Wärme im Kochgerät optimal verteilt. Der Topf umschließt seinen Inhalt von allen Seiten bis ganz nach oben mit einem per fekten Wärmefeld. Die Außenwände sind von Hand poliert, die edelstahlgenieteten Griffe sind für langlebige Profi einsätze geschaffen. Damit der Spaß niemals aufhört, bie tet der Hersteller eine lebenslange Garantie. Ab 265 Euro bei www.all-clad.de
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Töpfe
Lagostina Strahlendes Weiß auf dem Herd?! Und nun? Lebenslänglich Königsberger Klopse!? Keine Sorge, die da werden immer wieder weiß, auch wenn Popeye zu Besuch war. Eine raffinierte Keramikversiegelung macht das Kochgeschirr aus dem Piemont farbecht und resistent gegen Kratzer. Den Fleischtopf mit Deckel zum Beispiel gibt’s für 109 Euro im www.lagostina-shop.de
Nichts für egomanische Alleinherrscher am Herd! Denn der hier denkt mit: Aufsteigenden Dampf sammelt er an der Deckelwölbung und lässt ihn punktgenau auf den Braten zurücktropfen. Das ist sein Beitrag zum Thema Garen im eigenen Saft. Ein gerundeter Übergang zwischen Boden und Topfwand ist an die Form des Kochlöffels angepasst. Nichts hängt mehr rum, wo es nicht rumhängen soll. Und eine mit Silikon überzogene Verjüngung der Griffe senkt die Temperatur, damit die Griffel heil bleiben. Ab 99 Euro überall, wo es denkende Töpfe gibt
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Fotos: Hersteller
Luno von fissler
Haben Sie schon das Geschmackssiegel geöffnet? Herzhaft oder süß: Vielfalt für Ihren Speiseplan
of
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Ljutenica ist unser aromatisches Gemüsechutney. Als scharfes Pindjur oder mildes Ajvar ist es ein idealer Snack oder verfeinert Ihre Gerichte. Genießen Sie auch die würzig gegrillten Paprikaschoten.
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DIE UNION DER BETRIEBE ZUR VERARBEITUNG VON OBST UND GEMÜSE IN BULGARIEN
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eigener Herd
Zitronenhuhn und Limetten-KokosÂSpaghetti mit Orangen-Garnelen
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C wie Zitrus Sie haben meist eine weite Reise hinter sich und leuchtende Farben mitgebracht. In unseren Gerichten mit Huhn, Garnelen, Thunfisch, Austern und Algen führen Zitronen, Orangen, Limetten, Satsumas, Clementinen und Pomelos einen köstlichen Freudentanz auf Rezepte & foodstyling: Michaela pfeiffer Fotos: Andrea thode
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Pomelo mit AlgenThunfisch-Salat und Austern
Eigener Herd
Zitronenhuhn Für 2 gute Esser 6 kleine Rosmarinzweige 3 Oreganozweige 2 frische Knoblauchknollen 2 ½ Bio-Zitronen 100 g Butter 1 Hähnchen à 1,2 kg 2 EL flüssiger Honig 1 TL Paprikapulver, rosenscharf Salz 200 ml Hühnerbrühe 75 ml Weißwein, lieblich 100 g schwarze Oliven mit Stein (z. B. Kalamata) schwarzer Pfeffer aus der Mühle 1. Nadeln von einem Rosmarinzweig und Blätter von einem Oreganozweig hacken. 2 Knoblauchzehen hacken. Die Schale von einer Zitrone abreiben. Alles mit 50 g Butter mischen. Vom Huhn die Haut der Brust und der Keulen mit den Fingern von der Halsseite her lösen. Die Gewürzbutter unter der Haut verteilen, von außen mit den Händen verstreichen. Die abgeriebene Zitrone halbieren und mit 2 Rosmarin- und den übrigen Oreganozweigen ins Innere des Huhns stecken. 2. Huhn mit Küchengarn zusammen binden und auf ein Backblech legen. Honig, Paprikapulver und etwas Salz verrühren, Huhn mit einem Drittel davon einpinseln. Hühnerbrühe mit Weißwein mischen und die Hälfte auf das Back blech gießen. Im Ofen bei 200 Grad auf der untersten Schiene 65 Minuten garen. 3. Dabei etwa alle 20 Minuten mit der Honigmischung bepinseln und die rest liche Brühe-Wein-Mischung dazugießen. Die Knoblauchknollen in 2 Hälften brechen und nach 20 Minuten Garzeit auf das Backblech legen. Die übrigen Zitronen in Scheiben schneiden und nach 35 Minuten Garzeit auf das Backblech legen, die restliche Butter darauf verteilen. Salzen. Oliven mit den restlichen Rosmarinzweigen 10 Minuten vor Garzeitende dazulegen und alles pfeffern.
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Limetten-KokosSpaghetti mit Orangen-Garnelen
Pomelo mit Algen-Thunfisch-Salat und austern Für 4 Portionen
für 4 Portionen 4 Bio-Orangen 2 Bio-Limetten 2–3 Knoblauchzehen 40 g frischer Ingwer 1 TL getrocknete rote Chiliflocken 1 EL brauner Zucker 4 EL Öl (Erdnuss oder Olive) 400 ml Kokosmilch, ungesüßt Meersalz aus der Mühle 20 Garnelen ohne Kopf mit Schale à 20 g, aufgetaut 1 dünne Frühlingszwiebel 1 EL Sambal Oelek 400 g Spaghetti kleine Handvoll Basilikum 1. 2 Orangen auspressen (ca. 175 ml Saft). Von beiden Limetten die Schale fein abreiben und kalt stellen. Aus den Limetten 4 Esslöffel auspressen. Knoblauch pellen und hacken. Ingwer schälen und würfeln. Die Hälfte vom Knoblauch und Ingwer mit den Chiliflocken und dem Zucker in 2 Esslöffel Öl kräftig andünsten. Mit dem Orangensaft und Limettensaft ablöschen. Etwa auf die Hälfte reduzieren. Mit Kokos milch auffüllen. Salzen und 2 Minuten köcheln lassen. 2. Garnelenschale bis auf das letzte Segment ablösen. Garnelen entdarmen, kalt abwaschen und trocken tupfen. Frühlings zwiebel putzen. Schräg in sehr feine, lange Ringe schneiden. Von einer der beiden übrigen Orangen die Hälfte der Schale in feine Zesten reißen und beide auspressen. Orangenschale, Orangensaft, übrigen Knoblauch und Ingwer mit Sambal Oelek verrühren. 3. Die Nudeln al dente garen. Inzwischen die Garnelen salzen, in einer Pfanne im übrigen Öl bei mittlerer Hitze auf jeder Seite 1 Minute anbraten, mit dem SambalOelek-Gemisch ablöschen, 1 Minute einkochen lassen. Die Kokoscreme erhitzen. 4. Die gut abgetropften Nudeln mit der Kokoscreme und der Limettenschale mischen und erhitzen. Garnelen darauf verteilen und mit grob geschnittenem Basilikum und Frühlingszwiebeln bestreuen.
15 g getrocknete Wakame-Algen in kleinen Streifen (Asialaden) 1 rote Zwiebel 30 g frische Ingwerwurzel 3–4 EL Wasabi aus der Tube 5 EL Sojasauce Salz 50 ml Orangensaft 4 EL Limettensaft 5 EL Traubenkernöl 40 g Erdnüsse, geröstet und gesalzen 175 g Salatgurke 1 Stängel von einer Frühlingszwiebel ½ Pomelo (500 g) 4 Austern in der Schale 150 g roher Thunfisch Chiliflocken nach Belieben 1. Die Algen mit Wasser bedecken, ca. 6–8 Minuten quellen lassen, abtropfen lassen. Zwiebel pellen, fein würfeln. Ingwer schälen und würfeln. Beides mit Wasabi, Sojasauce, Salz, Orangen- und Limettensaft und Traubenkernöl verrühren. 2. Erdnüsse im Blitzhacker kurz fein hacken. Gurke in dünne Scheiben schneiden. Frühlingszwiebel-Grün in Ringe schneiden. Pomelo schälen. Die Pomelospalten aus der weißen Haut lösen und klein zupfen. 3. Austern öffnen und das Wasser ab gießen. Thunfisch in Würfel schneiden. Gurkenscheiben mit 4 Esslöffel Vinaig rette mischen, mit den Algen und dem Thunfisch anrichten. Austern dazulegen und jede mit 1 Teelöffel Vinaigrette beträufeln, mit Frühlingszwiebel-Grün bestreuen. Die restliche Vinaigrette mit den Pomelo-Segmenten darauf verteilen. 4. Portionsweise mit den Erdnüssen, restlichen Frühlingszwiebel-Ringen und Chiliflocken bestreuen.
ZitrusTarte mit Baiserschaum Für 1 Tarteform (ca. 24 cm Ø) 225 g Mehl 215 g Zucker Salz
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Eigener herd
Zitrustarte mit Baiserschaum und kalte SatsumaFenchel-Tapioka-Suppe mit Sichuan-Sticks
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Eigener Herd
145 g Butter, kalt 2 Eigelb 200 ml Orangensaft 100 ml Zitronesaft 100 ml Limettensaft 200 g Crème fraîche 6 Eier, 3 Eiweiß 70 g Puderzucker 1 EL geriebene Bio-Limettenschale 500 g Hülsenfrüchte zum Blindbacken 1. Für den Teig Mehl, 40 g Zucker, eine Prise Salz und 135 g kalte Butter in der Küchenmaschine kurz mixen. Eigelb dazugeben und weitermixen, bis sich ein homogener Teig bildet. Teig von Hand durchkneten, 30 Minuten kalt stellen. 2. Orangen-, Zitronen- und Limettensaft auf 200 ml einkochen und erkalten lassen. 3. Tarteform (ca. 24 cm Ø) mit der restlichen Butter ausstreichen. Teig auf der bemehlten Fläche zu einem 4 mm dicken Kreis mit 27–28 cm Ø ausrollen. In die Tarteform legen, andrücken. Den Rand etwa 0,5 cm überstehen lassen. Teigboden mit einer Gabel einstechen. 30 Minuten kalt stellen. Mit Backpapier und Hülsenfrüchten zum Blindbacken belegen. Dann im Ofen bei 200 Grad im unteren Drittel 25 Minuten blindbacken. 4. Die Saftmischung mit restlichem Zucker, Crème fraîche und 6 Eiern verquirlen. Nach 25 Minuten das Backpapier mit den Hülsenfrüchten entfernen und die Saft-Ei-Masse in die Form auf den Teig gießen. Ofen auf 150 Grad zurückschalten, die Tarte ca. 50 Minuten garen. Herausnehmen und 1 Stunde abkühlen lassen. 5. Ofen auf ›Grillen‹ schalten. Eiweiß mit 60 g Puderzucker cremig dick aufschlagen, Limettenschale untermischen. Eiweiß auf der Creme verteilen. Tarte in die Ofenmitte schieben, bis das Eiweiß hellbraune Spitzen bekommt. Mit restlichem Puderzucker bestäuben und servieren.
Kalte Satsuma-FenchelTapioka-Suppe mit Sichuan-Sticks Für 4 Portionen 100 g große Tapioka-Perlen ca. 0,5 cm Ø (aus dem Asialaden)
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150 g Fenchel 175 g Zucker 3 EL Zitronensaft ½ TL Fenchelsaat 1 EL Sichuanpfeffer 2 EL brauner Zucker 1 Eigelb 1 EL Milch 100 g Blätterteig aus dem Kühlregal 22 Satsuma-Früchte à 100 g 8 frische Minzeblätter 1. Tapioka in einem Sieb kalt abspülen. In einen Topf mit kochendem Wasser geben und ca. 45–60 Minuten kochen lassen, bis die Perlen fast durchsichtig geworden sind. Dann auf einem Sieb die ausgetretene Stärke gründlich kalt abbrausen, die Perlen trocken rütteln. 2. Fenchel putzen, in etwa 0,5 cm große Würfel schneiden. Fenchelwürfel mit 175 g Zucker, 300 ml Wasser, 3 Esslöffel Zitronensaft und Fenchelsaat bei kleiner Hitze etwa 45 Minuten köcheln lassen. 3. Sichuanpfeffer mörsern und mit braunem Zucker mischen. Eigelb mit Milch verquirlen. Blätterteig mit dem Ei bestreichen, mit Sichuan-Zucker bestreuen. Mit einem Teigrad in 8 Streifen schneiden, auf ein Backblech mit Backpapier legen. Im Ofen 8–10 Minuten goldbraun backen. 4. Aus 18 Satsumas ca. 700 ml Saft auspressen. Die restlichen Satsumas pellen und in Scheiben schneiden. Minzeblätter grob schneiden. Satsumasaft mit Fenchelsirup, Minze und Tapioka mischen und mit den Satsumascheiben in Schalen anrichten. Mit den Sichuan-Sticks servieren.
Zitrus-Wackelpudding mit thai-basilikumVanillesauce Für 8–10 Portionen 4 Bio-Orangen 1 rosa Grapefruit 5 Clementinen 1 Limette 45 g frische Ingwerwurzel 6 Kaffirblätter 200 g Zucker 14 Blatt weiße Gelatine 100 ml Aperol
1 Vanilleschote 4 Stängel Thai-Basilikum 250 ml Schlagsahne 3 Eigelb 1 EL schwarzer Sesam 8 Hornveilchenblüten zum Dekorieren 1. Von einer Orange die Schale in Zesten reißen, kalt stellen. Orangen, Grapefruit, Clementinen und Limette entsaften. Es sollten nun 900 ml Zitrussaft vorhanden sein. Ingwer schälen und fein reiben. Kaffirblätter in kleine Stücke reißen. Ingwer, Kaffir, Zitrussaft und 100 g Zucker etwa 3 Minuten kochen lassen. Vom Herd nehmen. Gelatine in kaltem Wasser einweichen, gut abtropfen lassen und im heißen Saft auflösen. Dann durch ein feines Sieb gießen und den Aperol untermischen. In eine beliebige Form mit 1 l Inhalt füllen und im Kühlschrank am besten über Nacht fest werden lassen. 2. Vanilleschote längs aufschneiden und das Mark herausschaben. 3 Basilikum stängel mit den Stielen klein schneiden. Vanille und Basilikum mit der Sahne langsam aufkochen und 20 Minuten ziehen lassen. Durch ein feines Sieb gießen. 50 g Zucker und die Eigelbe verquirlen. Die heiße Sahne langsam dazugeben und schnell unterrühren. Dann auf der Herdplatte mit dem Schneebesen so lange rühren, bis die Sauce cremig-dick wird (darf nicht kochen!). Die Sauce erkalten lassen, dabei regelmäßig umrühren, damit sich keine Haut bildet. Restliche Basilikumblätter kurz vor dem Servieren klein schneiden und unter die Sauce mischen. 3. Sesam in einer trockenen Pfanne unter Wenden rösten. Die Orangenzesten mit dem restlichen Zucker und 50 ml Wasser in einem kleinen Topf einkochen lassen, bis ein dicker Sirup die Orangenzesten umhüllt, und dann schnell auf Back papier ausbreiten. Erkalten lassen und den entstandenen Orangenkrokant mit einem Messer fein hacken und mit Sesam mischen. Blütenblätter vom Kelch zupfen. 4. Wackelpudding-Form in heißes Wasser tauchen, bis sich der Rand löst, und den Pudding aus der Form stürzen. Wackelpudding mit den Blütenblättern und der Krokant-Sesam-Mischung bestreuen.
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Zitrus-Wackelpudding mit 足Thai-Basilikum-Vanillesauce
erzähltes leben
Die Zukunft ist essbar Die einen betrachten ihn als Abfall, die anderen als Delikatesse. Er könnte dem Hunger auf unserem Planeten ein Ende machen und die meisten Zivilisationskrankheiten ausmerzen. Für die Menschen von Wales spielt Seetang seit Langem eine wichtige Rolle. Sogar schon zum Frühstück Text & Fotos: Stuart Freedman Übersetzung: traduset.de
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Walisische KĂźste: Quelle der Sagen und der Nahrung
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as Gras ist nass und rutschig un ter meinen Gummistiefeln. Der Regen wird leichter, und ich fol ge einem Mann, der sicheren Schrittes den steilen Hang zum Strand hinabgeht. Freshwater West sieht wild und bedrohlich aus. Die See ist noch rau, obwohl Nied rigwasser ist. Dort, wo vor Kurzem noch das Meer getobt hat, liegt nun ein Wald. Riesige graue und scharf kantige Felsen sind über und über mit dicken Büscheln aus Algen aller Art bedeckt. Die braunen und grünen Tentakel scheinen im Niesel regen zu pulsieren. Ein Haiku aus kräfti ger aber scheinbar wahlloser Vegetation. Beinahe wie auf einem anderen Planeten. Man hat mich vor Treibsand gewarnt, und prompt versinke ich bis zu den Oberschen keln in einem tiefen Steinpool. Jonathan Williams aber geht weiter und scheint gar nicht zu merken, dass ich in Schwierig keiten stecke. Er fängt schon mal an, nach dem zu suchen, wofür wir hergekommen sind. Jonathan, Inhaber des preisgekrönten Café Môr, bemüht sich, die fast vergessene walisische Tradition des Algenessens wie derzubeleben, und heute will er seine Vor räte aufstocken. Früher haben die Waliser zum Frühstück Laverbread (bara lafwr) gegessen – eine Mischung aus zerdrück ten Porphyra umbilicalis, die in Hafermehl gerollt, in Schinkenfett gebraten und mit Muscheln serviert wurde. Aber Jonathan Williams’ Rezepte sind viel zeitgenössi
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scher, und Algen gelten in Wissenschaft lerkreisen gar als Allheilmittel: Sie sind gesund und sollen die anstehende Lebens mittelkrise bewältigen helfen. Ich probiere Riementang (Himanthalia elongate). Er knirscht angenehm in mei nem Mund. Salzig, frisch … sauber, aufre gend – dann ruft Williams mir zu, dass in sieben Minuten die Flut kommt. Ich sehe
Das Meer ist für die Waliser eine Quelle der Sagen, der Zerstörung und des Essens zurück zum Land und fange an zu rennen, als der Regen in großen Schwaden aber mals über uns hinwegzieht. Wir überlas sen die Felsen ihrem Schicksal. Bald wer den sie wieder unter Wasser liegen.
Wales ist ein eigenständiges Land und setzt sich durch seine Andersartigkeit deutlich von England ab. Es definiert sich über seine Feinde und Angreifer. Wales ist eine alte und finstere Nation. In dem Buch The Matter of Wales vergleicht Jan Morris das Land mit »… der Glut, die ganz hinten in einem alten Kamin glüht«. Wäh rend England an die Angeln, Sachsen und Jüten fiel, wurde Wales nie eingenommen. Seine Einwohner sagen von sich, dass ihre Wurzeln in einem alten keltischen Stamm liegen und sie mit ihrem kleinen berg
umringten Königreich immer weiter zu rückgedrängt wurden. Mit dem Rücken zur See. Wales ist klein, und diese Kleinheit ist grundlegend und intensiv. Die Land schaft ist geprägt von merkwürdigen Steinkreisen und halb begrabenen Wall burgen. Tacitus beschreibt die Waliser als dunkel und kriegerisch: Roms entschlos senste Gegner, deren »Götter mit wilden Riten verehrt werden«. Die heutigen Wa liser, kolonisiert und gezähmt unter den mächtigen Burgen des normannischen Adels, beschreibt Morris als »Erben der römischen Urbanität und christlicher Hingabe und […] als Treuhänder einer verlorenen keltischen Zivilisation«. Entscheidend ist, dass das Meer für die Waliser allgegen wärtig ist – es ist eine Quelle der Sagen, der Zerstörung, des Handels und des Es sens. Nirgendwo in Wales ist man mehr als 80 Kilometer vom Meer und seinen Küsten entfernt.
Ich rieche Penclawdd Shellfish bevor ich den Betrieb sehe. Eine holperige Stra ße durch ein Gewerbegebiet führt mich zu einer Reihe flacher, von einem rosti gen Eisenzaun umringter Gebäude. Hin ter einem Tor und am Ende des dahinter liegenden Feldes erstreckt sich, so weit das Auge reicht, die breite, den Gezei ten ausgesetzte Flussmündung. Die Luft
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Familie Watts macht in Laverbread – und verkauft bis zu 60 Eimer am Tag
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ist feucht, salzig und duftet schwer nach Meereslebewesen. Seetang wird hier an der Küste schon seit prähistorischen Zeiten von den Einheimischen gesammelt und gegessen. Laut Bobby Freemans walisischem Kochbuch First Catch your Peacock, wird er im Bath Guide von 1766 zusammen mit Austern und Pasteten genannt. Die Alge wird heute immer noch per Hand geerntet. In den Wintermonaten sind die fetten, glitschigen Stränge beinahe schwarz, im Sommer, wenn das Meerwasser etwas wärmer wird, werden sie leicht grünlich. Das Sammeln von Muscheln und Seetang sind inzwischen die einzigen Gewerbe in Penclawdd. Bis ins 19. Jahrhundert herrschte hier ein reger Hafenbetrieb mit Kohle-, Zinnblech-, Kupfer- und Messingproduktion. Die industrielle Revolution war damals dafür verantwortlich, dass die Männer unten in den Minen geschuftet haben, während die Frauen mühsam Algen sammelten. Im Jahre 1995 hat sich eine Gruppe von Muscheln und Seetang sammelnden Familien zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen. Sie nannten sich Penclawdd Shellfish Processing und sind heute die erfolgreichsten Sammler der Gegend. Es ist Abend. In einem der einfachen, weiß getünchten Räume steht Luke, 17, ein schlanker Junge in weißem Overall und blauem Haarnetz und rührt mit einer beinahe anderthalb Meter langen Kelle in einem riesigen Tank voll von grünem Blubber. Der frisch gepflückte und gehackte Seetang wird hier erhitzt. In dem Raum nebenan steht Ieuan, ebenfalls schlanke 17. Er hat soeben eine weitere Ladung Algen auf einem Fließband mit einem Schlauch gespült: eine glänzende, schimmernde, ungeordnete Ansammlung von Pflanzen. In seinem spärlich eingerichteten Büro blickt Colin Parsons von seinem Schreibtisch aus über seine Schulter und durch das vergitterte Fenster. Er sieht, wie die Sonne hinter der Gower-Halbinsel untergeht, und seine Stimme verrät, dass er wohl den Tränen nahe ist. »Sagen wir mal so. Ich bin hier in Wales geboren, ich bin hier aufgewach sen … in einer kleinen Stadt, Machynlleth … als ich 21 war, bin ich nach Wirral (Mer seyside) gezogen und habe dort 30 Jahre lang gearbeitet. Und erst als ich schon ein paar Jahre
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weg war und eines Tages nach Hause fuhr, da habe ich gespürt: Ich habe dies alles nie richtig gewürdigt … wir hatten immer nur die Fel der und Berge und Flüsse zum Spielen … ich denke, dies ist wirklich der schönste Fleck der Erde.« Er schweigt einen Moment, um sich zu sammeln. Ein Sohn Wales’, der zurückgekehrt ist. Anders als die Iren, eine Nation von Emigranten, kehren die Waliser wieder zurück nach Hause. Sie nennen es Hiraeth. Es ist eine Art melancholisches Verlangen nach ihrem Vaterland. »Als ich hier vor fünf oder sechs Jahren die Leitung übernommen habe, wollte ich den Betrieb wa lisischer machen und unsere Produkte speziell im Hinblick auf eine walisische Kundschaft vermarkten. Wenn man zum Beispiel bei uns anruft und in die Warteschleife gerät, spielen wir walisische Chormusik …« Der Geniestreich des Betriebs war jedoch, das traditionelle Produkt, das sich lokal schon immer gut verkauft hat, in 120-Gramm-Dosen abzufüllen. Inzwischen sind sie Teil der niederländischen Meeresfrüchte-Gruppe Lenger und ihre Dosen kann man in allen großen Supermärkten Großbritanniens finden. Parsons sagt: »Wir haben erkannt, dass wir die Produktion erhöhen können, da inzwischen mehr Leute Algen in der Küche verwenden – zunächst haben wir über Tesco verkauft, aber nun stehen wir auch schon bei Asda, Somer field’s und Sainsbury’s in den Regalen …« »Zuerst«, sagt Parson, »haben uns die Leute gesagt, dass unser Produkt zu spezi ell sei, aber ich wusste, dass es sich verkaufen würde … Algen stehen schon seit Urzeiten bei uns auf dem Speiseplan, aber inzwischen sind
Seetang ist offensichtlich fester Bestandteil der gesunden walisischen Küche sie auch in Nordwales beliebt, wo sie vorher eher nicht gegessen wurden, da sie nicht frisch zu haben waren.« Im letzten Jahr hat der Betrieb etwa 10 Tonnen Dosen-Seetang verkauft.
Swansea – von Dylan Thomas als »schöne hässliche Stadt« besungen – hat seit 1652 eine Markthalle. Der Markt in seiner heutigen Form, der größte seiner Art
in Wales, ist eine eher triste 60er-JahreA ngelegenheit und steht mitten in der Fußgängerzone im Stadtzentrum. Drinnen schlägt einem der warme Duft von Tee entgegen und man taucht sofort ins Geschwätz und ins emsige Gewühl an Watts’ Meeresfrüchtestand ein, der hier schon seit Generationen steht. Ein älteres Ehepaar, Jim und Ilona kaufen neben Muschel-, Krebs- und anderen Schalentier dosen eine Dose Seetang (für ihn – »Ich kann das Zeugs nicht ausstehen«, sagt sie). Jeder scheint hier jeden zu kennen, und jeder kennt die Watts-Schwestern. »Der Stand geht zurück auf meinen Urgroßvater – mehr weiß ich nicht«, sagt Jo Watts und strahlt mich mit ihrem runden Gesicht von der anderen Seite des blitzblanken Glas- und Stahltresens an. »Damals, be vor wir elektrisch kühlen konnten, wurden die Waren auf langen Holztischen ausge breitet – ich zeig’s dir«. Sie kramt ein paar alte, sepiafarbene Fotos hervor, auf denen steif aussehende Männer und Frauen hinter großen Holzschüsseln voll von Tang und Algen zu sehen sind. »Sie haben frü her die Muscheln und Seetang zusammen am Strand gesammelt und dann mit der Bahn von Penclawdd, wo wir alle herkom men, auf den Markt gebracht … Wir sind vier Schwestern und wir sind damit groß ge worden. Ich esse das schon beinahe seit meiner Geburt.« Seetang ist offensichtlich fester Bestandteil der nicht sehr umfangreichen aber gesunden walisischen Küche. »Es gibt Welsh Cakes und Brote und Käse – und natürlich Lamm«, zählt Jo nachdenklich auf, »aber viel mehr nicht … Wo es am bes ten schmeckt? Oh, zu Hause natürlich …« Ich beginne zu verstehen, warum das Geschäft gut läuft – »Wir verkaufen meh rere Eimer am Tag, und sonnabends etwa 60 Kilo. Für ein Halbpfund-Töpfchen neh men wir 2,20 Pfund« [etwa 2,75 Euro]. Für Jo ist es »einfach eine Tradition – die meis ten braten den Tang mit Muscheln und essen das dann zum Frühstück. Meine Schwester (Carol) isst es gern morgens kalt auf Toast.« Und in dieser Form probiere ich es auch zum ersten Mal hier am Stand. Löffelweise verschwindet die glatte, seidige Paste in meinem Mund. Sie ist nass wie pürierter Spinat, aber etwas herzhafter. Alles in allem sehr lecker. Ich kann das Meer deut-
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lich herausschmecken, aber es erinnert nicht im Entferntesten an Fisch.
»Das Wichtigste ist, sich auf den Ge schmack zu konzentrieren. Das Problem ist, dass die meisten Leute Algen und Tang mit fauligen Haufen am Strand verbinden.« Ole Mouritsen, Professor für Biophysik an der Universität Süddänemark, hat eine ruhige, angenehme Stimme und ist ein BonVivant-Wissenschaftler, eine Seltenheit. »Stell dir vor, du hättest noch nie Äpfel gese hen und du würdest ein paar vergammelnde Äpfel am Boden sehen – du würdest nie dar auf kommen, dass man sie essen kann. Das ist die Assoziation, die die meisten Menschen mit Tang haben.« Mouritsen wirbt schon seit einiger Zeit für Algen und Tange und deren Potenzial. Sein neuestes Buch wird nächstes Frühjahr in der englischen Übersetzung erscheinen, Sushi: Food for the Eye, Body and Soul. Das Werk ergänzt sehr schön seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Beispiel über Molekulargastronomie, Biotechnologie und Biomedizin. Sein Interesse für Tang und Algen wurde in den späten 1980ern geweckt. Damals wohnte er in Vancouver und hat dort zum ersten Mal japanisch gegessen. Er hat sich selbst beigebracht, Sushi zuzubereiten, aber als er nach Skandinavien zurückgekehrt ist, musste er feststellen, dass die Leute dort nichts darüber wussten. Er ist der Überzeugung, dass der Westen vergessen hat, dass man Tang essen kann. In China, Japan und Korea essen Menschen seit Jahrtausenden Tang und schreiben auch darüber. Im Jahr 600 v. Chr., hat Sze Teu festgehalten, dass Tang-Gerichte für besondere Gäste oder Könige zubereitet wurden, und um 800 n. Chr. wurden in der japanischen Küche regelmäßig sechs Sorten Tang verwendet. Auf Hawaii wurden früher Kelp-Gärten unterhalten. Kürzlich haben Nachforschungen der National Geographic Society und des Dallas Museum of Natural History einige erstaunliche Ergebnisse zutage gebracht. Es scheint, dass Menschen vielleicht schon ein Jahrtausend früher nach Nord- und Südamerika gelangt sind als bislang angenommen. Der sogenannte seaweed trail, der Algen-
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pfad, der sich (möglicherweise) entlang der Küsten des Nordpazifiks bis nach Japan erstreckt hat, könnte die Menschen auf ihrer Reise ernährt haben. Traditionelles Tang-Essen ist vielerorts nur noch vage in den Köpfen der Menschen präsent und wird – wie in Irland – meist mit Armut verbunden. »Was ich den Menschen erzähle, wenn ich über Tange spreche ist, dass man sich auf das Geschmacksabenteuer freuen soll«, erzählt Mouritsen. Und dann bombardiert er mich mit den wissenschaftlichen Fakten. »Tang ist Teil des riesigen biologischen Reichs der Algen … und dieses Reich pro duziert beinahe das gesamte organische Ma terial unseres Planeten – sie sind also auch für den Großteil des Sauerstoffs in der At mosphäre verantwortlich … die Makroalgen sind die Wälder der Meere und voller Nähr stoffe … Paradoxerweise enthalten Algen alles, was der Mensch zum Leben braucht, außer Kalorien.« Mouritsen vergleicht den genetischen Unterschied zwischen Arten wie Kelp oder Wasserschlauch und dem walisischen Seetang mit dem genetischen Unterschied zwischen Tieren und Pflanzen. Die Welt der Wissenschaft ist sich noch nicht einmal sicher, wie viele Algenarten es überhaupt gibt. Und welcher Sektor interessiert sich am meisten für diese wahnsinnig vielversprechende Ressource, wo doch die halbe Welt am Hungertuch nagt? Die Energiebranche. Insbesondere die Bioethanol-Produktion. »Die Welt«, sagt Mouritsen, »will mehr Treibstoff, nicht mehr Essen.« Am meisten interessiert sich Mouritsen für die Gastrophysik, einen neuen wissenschaftlichen Zweig, der eine Brücke zwischen der experimentellen Welt des Kochens und theoretischer Gastronomie schlägt. Seiner Meinung nach muss Tang grundsätzlich nach gastrophysikalischen Aspekten untersucht werden, um diese Ressource wahrhaftig rundum zu erfassen und nutzen zu können. Im Westen erfuhr das allgemeine Interesse an Tang in den 1960ern und 1970ern einen gewissen Boom, als makrobiotische Ernährung modern wurde und die asiatische Küche, die schon lange für ihre gesundheitlichen Vorzüge bekannt war, zunehmend geschätzt wurde. Mouritsen befasst sich mo-
mentan mit freien Fettsäuren – Omega 3 und 6. Diese nehmen wir normalerweise mit Fisch auf, aber tatsächlich stammen sie von viel weiter unten in der Nahrungskette – von Mikroalgen. Zudem enthalten Tange natürliche Antioxidantien wie etwa Polyphenole, aber auch viele Mineralstoffe wie Kalzium, und sie sind voller löslicher und nicht löslicher Ballaststoffe. Zwei Hauptursachen für die schlechte Gesundheit des Westens – Bluthochdruck durch zu viel Salz und Fettleibigkeit (und damit auch Diabetes) durch zu viel Zucker – könnten ebenfalls dank der TangForschung gemindert werden. Inzwischen hat fast jeder schon mal von der Geschmacksrichtung Umami gehört. 1908 gelang es dem japanischen Professor Kikunae Ikeda, aus der Tang-Brühe
Algen enthalten alles, was der Mensch zum Leben braucht, außer Kalorien Dashi neben süß, sauer, bitter und salzig noch einen weiteren Geschmack zu isolieren. Er nannte ihn Umami (leckerer Ge schmack auf Japanisch). 1913 dann entdeckte Kodama, ein anderer japanischer Professor, dass Bonito-Flocken (Fisch) eine andere Sorte Umami enthalten. 1957 schließlich wurde ein weiterer Umami-Geschmack in Shiitake-Pilzen entdeckt. Was die drei Umamis verbindet, sind Ribonukleotide, die zusammen mit Glutamaten ein intensiveres Geschmackserlebnis bieten, als die Summe der beiden Stoffe vermuten lassen würde. Dieses synergistische Element ist laut Mouritsen besonders wichtig. In seinem Werk behauptet er, dass die Fähigkeit, das Gefühl des Sattseins – und somit die Menge der Nahrungsaufnahme – zu kontrollieren, mit dem Umami-Geschmack einhergeht. Deswegen wird Umami eine wichtige Rolle »sowohl gegen das Überessen als auch für einen ausgeglichenen Nährstoff haushalt älterer und kranker Menschen« spielen. Zudem kann aus Tang extrahiertes Umami Essen würzen, ohne dass Salz (ein sonst häufiger Auslöser von Herzproblemen) verwendet werden muss. Somit kann Umami der Schlüssel zu einer allge-
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mein gesünderen Ernährung sein – entweder direkt durch Tang auf dem Teller oder durch die Verwendung von TangExtrakten zum Würzen von Speisen mit wenig Eigengeschmack. Mouritsen und das American Journal of Clinical Nutrition haben herausgefunden, dass der menschliche Geschmack höchstwahrscheinlich evolutionär bedingt ist: Salziges verspricht Eisen, Süßes birgt Kohlenhydrate und Bitteres ist womöglich giftig. Umami scheint uns Aminosäuren und Proteine zu signalisieren und wird geschmacklich mit sogenannten freien Glutamaten assoziiert, die in Fruchtwasser und Muttermilch vorkommen. Das lässt vermuten, dass wir biologisch vorprogrammiert sind, den Umami-Geschmack zu schätzen. Außerdem kann Seetang womöglich die bevorstehende Welt-Nahrungsmittelknappheit mindern. Ein Bericht des Stockholm International Water Institute (SIWI) hat kürzlich erklärt, dass es nicht genug Wasser geben wird (gemessen an den heutigen Erntestandards), »um ausreichende Mengen an Nahrungsmitteln für die für 2050 prognostizierten neun Milliarden Erdenbürger zu produzieren, wenn wir dem jetzigen Ernährungstrend der westlichen Welt weiter folgen«. Lösungsansatz: Wenn die Menschheit mehrheitlich zu Vegetariern werden würde, könnte der Wasserhaushalt geschont und mehr Wasser in den konventionellen Feldfruchtanbau investiert werden. Laut Dr. Craig Rose von der Seaweed Health Foundation in Großbritannien, »decken Tange den gesamten menschlichen Nährstoffbedarf ab«. Sie brauchen weder Dünger noch Süßwasser noch Land, »von daher konkurrieren sie nicht mit anderen bewirtschafteten Flächen«. Aber aus seiner Sicht »liegt die Aquakultur etwa tausend Jahre hinter der Landwirtschaft zurück«. Mehr als 80 Prozent des Tangs, der für den Verzehr gezüchtet wird, stammt aus den Gewässern vor den Küsten Japans und Chinas, und die wahre Zukunft der Aquakultur liegt in einer Kombinationswirtschaft aus mehreren Spezies. »So könnte man Fische und Tange in einer Art Ökosystem züchten.« Das Problem mit Fischfarmen ist die Wasserverschmutzung – »Fische produzieren enorme Mengen an Stickstoff, aber Tange könnten diesen verwerten«. Es gibt
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bereits Versuchsfarmen in Norwegen und Kanada, wo diese Multi-Spezies-Modelle getestet werden. Übrigens hat der Tang-Anbau eine wenig bekannte britische Heldin. Kathleen Drew-Baker (1901–1957) war eine begabte Wissenschaftlerin, die sich intensiv mit der Erforschung von Seetang (Porphyra umbilicalis) befasst hat. Aufgrund ihrer Heirat musste sie ihre Universitätskarriere abbrechen, aber sie hat dennoch unbezahlt weitergearbeitet. Seetang ist eng mit dem essbaren Tang Nori verwandt, der seit vielen Jahrhunderten mit wechselndem Erfolg in Japan gezüchtet wird. 1948 wurde die Nori-Industrie durch den steigenden Einsatz von Düngemitteln und eine Reihe von Taifunen stark geschwächt. Im Jahr darauf erschienen Bakers Forschungsergebnisse über den Lebenszyklus der Seetangpflanze im Wissenschaftsjournal Nature und diese halfen japanischen Wissenschaftlern,
Seetang kann die bevorstehende Welt-Nahrungsmittelknappheit mindern erstmals künstliche Aussaattechniken zu entwickeln. Somit konnte die japanische Nori-Industrie gerettet werden. Leider ist Baker zehn Jahre später viel zu jung gestorben, aber bis heute versammeln sich in Uto auf Kyushu jedes Jahr dankbare NoriBauern im Sumiyoshi-Schrein-Park an einem Denkmal zu Ehren der Mutter des Meeres, wie sie in Japan genannt wird.
Als Swanseas unzählige Häuserreihen an meinem Zugfenster vorbeiziehen, färbt sich die graue Wolkendecke langsam schwarz. Die Hügel um das Tal herum sind bizarr gezackt, flintig und wild. Der Zug rattert durch rußverkrustete Tunnel und dunkle, nasskalte Landschaften, während fröhliche Singsang-Stimmen das Abteil erfüllen. Die Linie durchquert Täler und kleine, traurige Städtchen, die früher von der fernen Regierung ausgebeutet wurden und nun wie ausgeweidet daliegen. Große, stupsnasige Arbeiter haben sich unter Abdeckplanen zusammengerottet und sehen wie Flüchtlinge dem Zug nach, der einfach an ihnen vorbeirauscht. Eine un-
erschrockene, durchnässte Krähe scheint den fahrenden Zug verdutzt anzustarren; in meinem Abteil ist es inzwischen ruhig geworden, alle Aufmerksamkeit gilt der rauen Landschaft. Wir rollen und rattern nun an der Küste entlang: Kilometerweit erstreckt sich das Watt, eine neblige Sumpflandschaft, die permanent von Tausenden von winzigen Vögeln nach Leckerbissen abgesucht wird. In Freshwater, oberhalb der nahenden Wellen, zeigt Jonathan Williams mir die letzte verbleibende Tang-Hütte. Er ist so überschwänglich wie immer. »Früher waren hier 20 oder 30 Hütten. Die Leute haben hier den Seetang getrocknet, bevor sie ihn in Swansea verkauft haben … dies ist die letzte Hütte.« Ich starre angestrengt durch die Finsternis. Der Holzunterstand ist dreieckig mit einem Dach aus getrocknetem Gras. Die Grundfläche beträgt vielleicht einen Quadratmeter, und die Decke läuft knapp zweieinhalb Meter über mir spitz zusammen. »Ein Ehepaar hat die Hütte bis in die 1950er betrieben, bis dann der National Trust [Britischer Denkmalschutz] das Gebäude übernommen hat … Es riecht ein bisschen nach Pisse, da die Surfer es als Klohäuschen benutzen … Ich tu das nicht!«, fügt er schnell hinzu. Williams ist hier groß geworden. In seiner Kindheit hat er mit seiner Oma Cockels und Seetang gesammelt und am Strand gekocht. Wie so vielen seiner Landsleute, liegt ihm sein Heimatgefühl ständig auf den Lippen. Nach einem Geografiestudium in Swansea ging er auf Reisen. Er und einige Freunde sind zunächst in San Sebastian in Spanien hängen geblieben, wo die Basken sich sofort super mit ihren keltischen Brüdern verstanden. »Sobald du sagst, dass du aus Wales kommst, hast du einen neuen besten Freund.« Dann verbrachte er zwei Monate in Indonesien (»leckere Meeresfrüchte!«), bevor er schließlich einen Job als Koch in Australien ergattern konnte. Da er jedoch immer pleite von seinen Reisen zurückkam, hat er irgendwann einen Masterabschluss am Centre for Alternative Technology (CAT) in Wales gemacht (»ein Hippie-Nest«) und hat sich dann als Nachhaltigkeitsberater in Swindon niedergelassen. Der Job hat ihm beinahe den Verstand geraubt. »Ich habe mich so gelangweilt. Von neun bis
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Einmal waschen und legen, dann ist der Seetang reif f端r die Weiterverarbeitung
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Überwältigende Erfolge mit Algenküche – Jonathan Williams lehnt an der letzten Tang-Hütte
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Umrühren und fertig – 10 Tonnen Seetang jährlich verkauft Penclawdd Shellfish allein als Konserve 44
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1. Wer Zweifel hat, darf einfach mal probieren 2. Es ist genug für alle da: Herzmuscheln gehören zur walisischen Alltagsküche 3. So sehen Sieger aus: einer der Seetang-Pesto-Wraps, die den Koch Jonathan Williams bekannt gemacht haben
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fünf musste ich vorm Computer sitzen … Also habe ich eines Tages eine Liste geschrieben und die Dinge aufgezählt, die ich gern mag – ich mag gern an den Strand gehen und ich mag gern essen. So habe ich beschlossen, meinen eigenen Laden aufzumachen.« 2011 hat er sein Café Môr zunächst als mobile Catering-Einrichtung eröffnet und ist von Festival zu Festival gezogen, wo er frisch gesammelte Algen und Meeresfrüchte zubebereitet hat. »Ich hab erst mal total verrückte Sachen gemacht«, erzählt er. »Zum Beispiel Pembrokeshire Sushi – frisches Krebsfleisch mit Avocado – und ich habe Queller verwendet und dann all diese komischen Tang- und Algensalate angerichtet … Jetzt habe ich meine Speisekarte natürlich etwas verfeinert. Mein Markenzeichen sind meine Seashore Wraps.« Das sind ganz wunderbare Kreationen, eingewickelt in selbstgemachtem Fladenbrot auf Tang-Basis. Er verkauft auch Laverbread-Pasteten und Kuchen voller Algen. Sein Erfolg war von Beginn an überwältigend, und in diesem Jahr hat er bereits eine Investorin gefunden: die sehr erfahrene Susan Davenport, die einen Anteil von 20 Prozent an seinem jungen Betrieb gekauft hat. Pasta King – ein riesiges Food-Service-Unternehmen – war ihr Weg zum Erfolg, und mit ihrer Hilfe sieht Williams sein Café Môr schon national und international für Wirbel sorgen. »Ich möchte im Grunde global expandieren«, erklärt er und verzieht dabei keine Miene. Aus seiner Sicht gibt es mit Tang zwei Hürden zu überwinden: Erstens muss man die Leute dazu bringen, ihn zu essen, und zweitens muss man die etwas verstaubte Weise der Zubereitung revolutionieren. »Seetang ist sehr beliebt in Südwales, aber er wird überhaupt nicht gefördert. Wenn man sich die alten Rezepte ansieht, merkt man schnell, dass heutzutage Tang und Algen in vielen Rezepten in eine Nebenrolle gedrängt sind. Sie werden einfach unter den morgendlichen Haferbrei gerührt oder mit Schinken oder so gekocht. Aber früher haben die Frauen den Bergmännern Algen zum Beispiel in ihre Pasties [meist mit Fleisch gefüllte Pasteten] eingebacken. Da gab es Seetang-Sauce mit Lamm, und sie haben auch Meerforelle mit Käse und Seetang gefüllt.«
Effilee #23 Winter 2012/2013
Für Williams spielt Seetang eine ganz besondere Rolle. »Immer wenn ich Seetang esse, fühle ich mich zurück in meine Kindheit versetzt. Wie ich aufgewachsen bin, wie ich die Pflanzen gepflückt habe … Das löst Emotionen aus, die man sonst nirgendwo bekommen kann. In Pembrokeshire haben wir eine der schönsten Küsten der Welt und ich bin hier mit Surfen und Angeln aufgewachsen. Aber ich habe immer gedacht, dass sich das Essen nicht wirklich von seiner besten Seite zeigt … Wenn wir ans Mittelmeer gefahren sind – mein Opa ist Grieche –, dann habe ich gedacht: Warum machen wir das nicht auch so in Wales?« Als Teenager hat Williams am Strand Seespinnen gesammelt, »aber jetzt gibt es die hier nicht mehr, da sie alle nach Spanien exportiert werden – genau wie Hummer und Krebse. Das Beste, was man hier bekommen kann, ist Fish and Chips … Die walisische Esskultur ist über die Jahre verloren gegangen und lange galt das Essen hier als minderwertig. In Schottland promoten sie schon seit Jahren ihre heimischen Speisen, und genau das müssen wir bei uns auch tun.« Vielleicht sind die Waliser nicht ganz so im Einklang mit ihrer Identität? »Tja, das ist eine komische Sache mit den Walisern«, sinniert Williams. »Wir bekommen sofort Heimweh, wenn wir von zu Hause weggehen. Nicht wie die Iren, die überall immer als Erstes einen Irish Pub eröffnen. Ich habe es maximal ein Jahr fern der Heimat ausgehal-
gelegenen Ort in Angle südlich von Milford Haven. Lediglich eine RettungsbootStation ist in der Nähe. Die unbefestigte Straße wird mehrmals im Jahr für ein paar Stunden durch Springtiden vom Festland abgeschnitten. Ein schöner Ort zum Steckenbleiben. Heute zeigt sich die Sonne nur als verschwommene weiße Scheibe, verschleiert hinter den feucht-nebligen Wolken. Ein kleines Volksfest findet hier statt, um Geld für eine örtliche Wohltätigkeitsorganisation zu sammeln – kleine bunte Fähnchen, ein Spanferkel und Musik. Auf der anderen Seite des Wassers dampft die Ölraffinerie vor sich hin. Sie scheint dunkle Wolken magisch anzuziehen. Die Raffinerie ist der einzige richtige Arbeitgeber am Ort, und Jonathans Vater, wie die meisten Männer hier, hat dort jahrelang gearbeitet und tagein tagaus die verbrauchte, chemische Luft eingeatmet. Heute ist Jonathan nicht mit seiner selbstgebauten mobilen Einheit hier, stattdessen umgibt eine blaue Plane seinen Stand. Sie flattert im Wind. Darüber hängt ein kleines Treibholz-Schild mit einem Gedichtauszug von Dylan Thomas:
Du kannst versuchen, Wales zu verlassen, aber Wales wird dich nie verlassen
Die mobile Catering-Szene ist bekanntermaßen schwierig, unbeständig und manchmal rau. Einige der alten Straßenverkäufer, Veteranen Hunderter Konzerte und Festivals, können »recht verbittert« sein, sagt Williams. Die Arbeit ist hart, und alles ist sehr knapp berechnet. Und alles was schiefgehen kann, geht auch oft schief. Kurz vor den Olympischen Spielen wurde Williams von einer örtlichen Firma in Swansea, die seine Wraps hätte herstellen sollen, vor den Kopf gestoßen. »Vier Tage bevor ich meinen Stand aufmachen wollte, haben die gesagt, dass sie den Auftrag nicht erfüllen könnten … da der Teig Algen enthielt. Das habe ich erfahren, kurz bevor ich auf dem Hay-on-Wye Festival verkaufen wollte – da gehen Tausende von Leuten hin! Und meine Frau Hannah war kurz davor, unser Kind zur Welt zu bringen.«
ten … Wir sind ziemlich sentimental, glaube ich. Du kannst zwar versuchen, Wales zu verlassen, aber Wales wird dich nie verlassen. Ich denke, wir sind unserer Natur sehr verbunden … Wir vermissen die Fülle an Jahreszeiten, wenn wir woanders sind. Bei uns gibt es Frühling, Sommer, Herbst und Winter – manchmal haben wir einen Tidenhub von weit über zwei Meter – recht dramatisch.« Am folgenden Tag parkt Jonathan Williams seinen Wagen neben einem Country Pub. Vom matschigen Weg hat man einen Blick über die breite, den Gezeiten ausgesetzte Flussmündung. The Old Point House ist ein wunderschönes weiß getünchtes Steinhaus an einem ab-
sloeblack slow back crowblack fishing boat-bobbing sea
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erzähltes Leben
Knigge weiss Rat
Der Schwätzer Mein Chef hat mich und einige Kollegen zu seinem berüchtigten Gänseessen eingeladen. Ich habe gehört, das ist eine furchtbar öde Veranstaltung, denn wenn mein Chef redet, redet kein anderer, und eigentlich redet mein Chef immer, aber es wäre sehr unhöflich, nicht zu erscheinen. Was soll ich tun? »Öfters sind wir in dem Falle, dass uns durch Gespräche Langeweile gemacht wird. Vernunft, Vorsichtig keit und Menschenliebe gebieten uns dann, wenn nun einmal nicht auszuweichen ist, Geduld zu fassen und nicht durch beleidigendes Betragen unsern Überdruß zu erkennen zu geben. Man kann ja, je seelenloser das Gespräch und je geschwätziger der Mann ist, um desto freier neben her an andre Dinge denken; und wäre auch das nicht – ei nun! es geht im menschlichen Leben so manche verträumte Stunde verloren! Ist man denn nicht einige Aufopferung der Gesellschaft schuldig, mit welcher man umgeht?« Adolph Freiherr Knigge: Über den Umgang mit Menschen
Haben Sie ein Problem? Freiherr Knigge weiß Rat! Schreiben Sie ihm einfach eine E-Mail: Knigge@effilee.de Die beste Frage wird im nächsten Heft beantwortet.
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Williams hat also schnell eine Gruppe Freunde zusammengetrommelt und in einer Nachtschicht ist doch noch alles fertig geworden. Ähnlich erging es ihm in Weymouth bei den Segelwettbewerben der Olympischen Spiele. Der Organisator musste Konkurs anmelden. Das hat Williams zwischen 5000 und 10 000 Pfund gekostet. »Wenn ich meinen Investor nicht
Der Seetang-Pesto mit walisischem Cheddar und Tomaten entpuppt sich als genial hätte, wäre ich jetzt pleite.« Es ist jedoch ganz offensichtlich, dass sein Partner das Marktpotenzial erkannt hat, besonders da walisisches Essen momentan im Kommen ist. Laut einer Umfrage des Journals Rural Geographies ist Wales für britische Urlauber derzeit eins der Top-Drei-Ziele für Gastro-Tourismus. Wales, the true taste [zu Deutsch: Wales, der wahre Geschmack] ist eine Initiative, die von der Food, Fisheries and Market Development Division (FFMDD) der walisischen Regierung ins Leben gerufen wurde, und es finden nun mehrere walisische Festivals statt, das berühmteste in Abergavenny. Elisabeth Luard, Autorin des Buches A Cook’s Year in a Welsh Farmhouse, hat kürzlich in der britischen Tageszeitung The Guardian a ngemerkt, dass »die Leute sich für grüne Autarkie interessieren, für die Einheimischen, die ihr Leben lang isoliert in den Bergen und traditionell am Rande des Existenzminimums gelebt haben.« Eine etwas verknöcherte Einstellung hält sich jedoch bis heute in den Tälern des Landes – eine engstirnige Art, die die moderne Nation bremst. »Als rauskam, dass ich diesen großen Preis gewonnen habe, hat mich ein walisischer Fernsehproduzent angerufen, aber als er gemerkt hat, dass ich kein Walisisch spreche, hat er einfach aufgelegt. Die haben dann noch mal angerufen, als sie gehört haben, dass ich einen Standplatz bei den Olympischen Spielen bekommen habe. Also habe ich auch aufgelegt. « Williams dreht die Gasflamme unter einer weiten Paella-Pfanne auf und drückt mit einem Bräter auf die Wraps. Der Geruch lockt Ki, den Pub-Collie, an den Stand. Unbemerkt und unbedient markiert
die Hündin gründlich die Ecke einer der Infotafeln, die Williams’ Lager säumen und die die positiven Eigenschaften von Tang und Algen propagieren. Zufrieden mit ihrem Werk zieht sie zum Spanferkelverkäufer nebenan, um dort weiter zu betteln. Der Seetang-Pesto mit walisischem Cheddar und Tomaten entpuppt sich als genial. Im glatt gemixten Pesto spürt man noch einen gewissen Seegeschmack, aber gleichzeitig ist es nussig und balanciert die Restsäure der Tomaten perfekt aus. Die grüne Füllung quillt verführerisch aus ihrer goldenen Hülle, als ich sie auf breche. Das Fladenbrot ist erstaunlich dick – eher wie eine Pasty als ein orientalisches Brot, aber es ist leichter, als es aussieht. Die Beach Brownies – extrem schokoladig – sind dank der Algen wunderbar feucht. Ich kann nichts Meerartiges aus den Sea Spaghetti Cookies herausschmecken, aber die Wissenschaft hat ja bewiesen, dass sie mich dennoch mit allem versorgen, was ich brauche. Am besten schmeckt mir jedoch der Pembrokeshire Bacon, Herzmuschel und Laverbread Wrap. Eine geschickte Anspielung auf das traditionelle walisische Gericht, ohne dass individuelle Geschmackskomponenten verloren gehen. Eingehüllt im Brot ist es ein perfektes Beispiel für synergistisches Essen. Ein kleines Meeresgedicht, warm verpackt.
Williams hält einen Stapel Sea Wraps in der Grillpfanne warm und träumt von seiner Zukunft. »Ich würde gern ein Café aufmachen, kein Restaurant. Überschaubar. Acht Sitzplätze. Großartiges Essen, keine Betriebskosten. Ich langweile mich schnell und ich liebes es, mich zu bewegen – wie damals, als ich in den australischen Küchen gejobbt habe … Im Grunde meines Herzens bin ich einfach nur ein Surfer … Ich kann meinen Ruhestand kaum abwarten – dann kann ich meine Tage mit Kochen und Gartenarbeit verbringen …« Die Zeiten ändern sich, sowohl für Jonathan Williams als auch für Wales. »Weißt du, die verkaufen jetzt Sushi im Tesco an den Pembroke Docks«, erzählt er ungläubig. »Ich hätte nie gedacht, dass ich das jemals erleben würde …«
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gegessener K채se
Lygre Livsgard, Norwegen Geitost Text: Ursula Heinzelmann Foto: Andrea Thode
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b beim Käse oder sonst im Leben, wie viel leichter täten wir uns oft ohne Erwartungen. Das denke ich seit frühester Kindheit: Weihnachten, Wunschzettel, Geschenke unterm Tannenbaum, abends im Bett Tränen und erst im Lauf der folgenden Tage langsames Versöhnen mit der Wirklichkeit. Wie viel vergnüglicher ist das Gegenteil: Der Wetterbericht war mies, dann scheint doch die Sonne – Glücksgefühl. Vor Monaten meldete sich meine halb norwegische Freundin, sie führe in ihre nördliche Teilheimat und ob ich eigentlich einen original norwegischen Käsehobel besäße. Bei mir schrillten sofort die Alarmglocken – die große ChaosSchublade mit Entbehrlichkeiten war auch ohne einen solchen Ostehøvel voll genug. Ich erwehrte mich daher so höflich und direkt wie möglich jeglicher weiterer Bestückung besagter Schublade. Auf der Suche nach einem Direkt und original für euch aus Norwegen mitgebracht-Ersatz fiel mir in der Eile Käse ein – was sonst. Ablehnung und Wunsch wurden etwas kühl quittiert, und ich vergaß das Ganze. Bis mir meine Freundin neulich ein knapp handtellergroßes, in Alufolie gewickeltes Päckchen in die Hand drückte: »Da ist dein Käse, war nicht einfach, ihn auf meiner Reise nicht in irgendeinem Kühlschrank zu vergessen! Es ist richtiger, handwerklicher, schwer aufzutreiben.« Oh.
Geit-brun-mysost gehört auf alle Fälle zum norwegischen Nationalerbe Pflichtschuldigst wickelte ich den dicken Taler aus und murmelte Unverbindliches. Packte ihn in den Kühlschrank und dachte erst einige Tage später wieder daran. Dann betrachtete ich ihn misstrauisch. Statt Rinde war das glatte, feste Dunkelmokkabraun von einer hauchdünnen weißen Wachsschicht umhüllt. Das weiße Etikett auf dem silbernen Stanniol deutete ganz klar auf bewusste Abgrenzung von jedweder industriellen Verbindung. Der sogenannte Käse – meine Er-
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wartungen pendelten irgendwo zwischen Nutella und Erdnussbutter – roch süßlich und erinnerte an (zugegebenermaßen sehr gute) Milchkaramell-Schokolade. Trotzdem aufs Schlimmste gefasst, schnitt ich ein paar hauchdünne Scheibchen herunter. Und dann kam natürlich, was nach dieser langen Einleitung kommen musste: Das Zeug schmolz überaus angenehm säuerlich und herzhaft auf der Zunge, schmeckte weder übertrieben nussig noch süß, war nicht klebrig, nicht bitter, nicht aufdringlich sahnig, sondern umami-herzhaft und fest und weich zugleich wie ein Block frische Hefe, im Gegensatz zu dieser aber im Nachhall grandios frisch statt streng. Doch was war das vor mir nun eigentlich? Grundsätzlich ist Geitost, wörtlich Ziegenkäse, ein Molkenkäse: Mehr oder weniger fette Molke wird wie für Ricotta auf-, aber wesentlich länger eingekocht, wobei ab einem gewissen Punkt der Milchzucker karamellisiert. Gegen Ende dieser Prozedur wird meist Sahne zugegeben, und es ist wichtig, die eingekochte Masse zum Schluss so schnell wie möglich kalt zu rühren, damit sich keine körnigen Kristalle bilden. Die Nomenklatur dieses über lange Wintermonate hinweg beinahe unbegrenzt haltbaren Käses ist verwirrend, denn eigentlich (sagen Norweger), handelt es sich um Brunost, braunen Käse, da bei Weitem der geringste Anteil des großflächig vertriebenen Geitost aus reiner Ziegenmilch entsteht. Traditionell wurden die in Norwegen allgegenwärtigen Quader als Mysost vermarktet, Molkenkäse. Auf alle Fälle gehört Geit-brun-mysost längst zum norwegischen Nationalerbe. Mitte des 19. Jahrhunderts soll eine junge Käsemacherin namens Anne Hov erstmals auf die Idee gekommen sein, die eingekochte Molke mit Sahne anzureichern. Ihre Krea tion war derart erfolgreich, dass angeblich ihr ganzes Heimattal, das lang gezogene Gudbrandsdalen nördlich von Oslo, davon einen wirtschaftlichen Aufschwung erfuhr. Der norwegische König höchstselbst verlieh der alten Dame 1933 für ihre
Erfindung eine anerkennende Medaille. Gudbrandsdalsost ist heute eine Marke und besteht aus Kuhmolke und -sahne mit einem Anteil von zehn Prozent Ziege. An sich sind Kuh- oder Ziegenmilch, Sahne oder nicht und auch der Grad des Karamellisierens Geschmackssache, doch der Geitost vor mir heißt zu Recht Ziegenkäse. Er stammt aus Lygre, das südlich von Bergen in der Fjordlandschaft des Hordaland bei Fusa liegt. Dort bewirtschaften Dag Kyrre und Veronica Lygre seit Anfang der 1990er sechs Hektar Ackerland, umgeben von 300 Hektar bergigem Wald, und melken etwa vierzig Ziegen – ihr kleiner Biohof ist das Gegenteil der großen Marken wie Tine oder Synnøve Finden. Wie man Geitost isst? In Norwegen angeblich dauernd und meistens auf Brot, sei es nun hell oder dunkel, flach wie norwegisches Lefse oder sauerteig-getrieben. Oder auf warmen Waffeln mit Marmelade. Oder sonst irgendwie – Geit-brun-mysost geht immer. Die hierzulande kommerziell erhältliche Variante ist allerdings am besten in einer Sauce aufgehoben, besonders zu gebratenem Wild mit Wacholder ergibt das einen wunderbar würzigen, sämigen Fond. Die feine handwerkliche Variante aus Lygre würde ich im Winter gern auf Früchtebrot packen, zu Portwein, doch dazu muss ich auf die nächste Direktlieferung warten. Meine Erwartungen in Sachen Geitost sind auf positive Weise gewaltig übertroffen worden. Man könnte es dem gesunden Lokalpatriotismus der Norweger anlasten, dass sie das gute Zeug selbst essen und die Industrieware exportieren – aber tun wir das nicht alle? Englischer Käse etwa ist hierzulande zum größten Teil eine Karikatur seiner selbst. Allem Warenaustausch zum Trotz im Zeitalter der Globalisierung – vor Ort wartet die wahre Ware. Ich will nach Norwegen! Lygre Livsgard Dag Kyrre und Veronica Lygre 5646 Nordtveitgrend, Norwegen dagkyrre@gmail.com
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Brasilien
Großbritannien
Malediven
Japan
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Japan
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USA
Taiwan
Großbritannien
Deutschland
Japan
Finnland
Kanada
Österreich
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Schulkinder aus aller Welt fotografieren ihr Mensaessen – auf neverseconds.blogspot.de kann man das Ergebnis bestaunen
Hauptsache satt? Hunderte neuer Schulmensen entstehen seit einigen Jahren in Deutschland. Leider kein Grund zum Jubeln, denn die Chance, die Kinder gut und gesund zu verpflegen oder gar einen Grundstein in der Ernährungserziehung zu legen, wird selten genutzt. Warum, warum nur ist das so schwer? Text: Maike Steenblock Fotos: neverseconds.blogspot.de (Privat)
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ochen Schepp hat einen Traum. Seine Tochter, die im nächsten Jahr in der Ganztags-Grundschule Rothestraße eingeschult wird, soll in der Schule mit einem guten Mittagessen versorgt werden. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit in einer der reichsten Volkswirtschaften der Welt – sollte man meinen. Doch seit
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dem Leistungsschock, den die erste PISAStudie auslöste, geht es in der deutschen Schulpolitik drunter und drüber. Vor lauter Konzepten sieht man manchmal kaum die Schüler mehr. Das Zauberwort dagegen ist überall gut zu hören: Ganztagsschule. Schepp ist ein zurückhaltender Mann, dunkelblond, seine Augen blicken beschei-
den. Doch beim Thema Schulverpflegung gerät er in Wallung. Schließlich geht es um seine Kinder. »Im Prinzip ist die Ganztagsschule ein gutes Modell«, findet er. »Aber sie muss auf eine vernünftige Weise eingeführt werden, nicht im Hauruckverfahren. Wenn die Kinder nachmittags nur in den Klassenräumen
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erzähltes Leben
verwahrt werden, reicht das nicht. Schon gar nicht, wenn sie auch noch ein mieses Mittag essen essen müssen.« Jürgen Kleine, schlank, elegant, mit grau meliertem Haar, sitzt neben ihm und nickt. Seine Miene ist so ernst wie das Thema. Er hat zwei Kinder in der Rothe straße, und gemeinsam mit Schepp enga giert er sich in der Mittagessen-AG, die Lehrer und Eltern im Zuge der Umwand lung zum Ganztagsmodell an der Schule gebildet haben. Die Schule Rothestraße liegt im Ham burger Stadtteil Ottensen, wo Öko und Nachhaltigkeit großgeschrieben werden. Ende 2011 stellte sie den Antrag, Ganztags schule zu werden. Erst im Sommer 2012 kam die endgültige Zusage von der Schul behörde. Es bleibt ein Jahr – zu wenig, um
Israel
die Schule so umzugestalten, wie es nötig wäre. »Wir haben keine Mensa. Für die Um baupläne gab es mal Zusagen, dann wieder Ab sagen. Nichts ist geregelt«, erzählen die beiden Väter. Die zuständige Behördenstelle Schul bau ist überlastet, denn bis zum Schuljahr 2013/14 soll es an allen Hamburger Grund schulen ein Ganztagsangebot geben. Die Mittagessen-AG der Rothestra ße holte Informationen ein und besuchte Schulen im nahen Umfeld, um zu sehen, wie dort die Verpflegung gehandhabt wird. »Teilweise war es wenig attraktiv, was wir zu sehen oder zu hören bekamen«, beschreibt Schepp die Zustände diplomatisch. An ei ner Schule wurden die Kinder im 20-Mi nuten-Takt durch die Mensa geschleust, denn der Raum war viel zu klein für alle Schüler. »20 Minuten, von der Essensausgabe bis zum Abwischen der Tische. Dann mussten sie wieder draußen sein.« Und an manchen Schulen wurden die schlimmsten Klischees
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bestätigt: Auf den Tisch kamen Pommes und Hähnchen-Nuggets. 2004 ordnete die Kultusministerkon ferenz an, dass alle Ganztagsschulen eine warme, qualitativ hochwertige Mittagsver pflegung anbieten müssen. Doch bei der Umsetzung werden die Schulen alleinge lassen. Nicht einmal konkrete Vorgaben für eine kindgerechte Verpflegung werden gemacht. Schulpolitik ist Ländersache, für die Finanzierung der Schulverpflegung sind wiederum Städte und Kommunen zustän dig. Ein Dschungel, in dem der Schwar ze Peter meist an der Schulleitung kleben bleibt. »In Hamburg bekommen die Schulleiter von der Behörde eine Liste mit Caterern an die Hand. Das ist alles.« Die Mittagessen-AG der Rothestraße will mehr. Sie wünscht sich eine Produk
Südkorea
tionsküche an der Schule, in der BioLebensmittel aus der Region verarbeitet werden. In Sachen Schulverpflegung ein ausgesprochen ehrgeiziges Konzept, für das eine ganze Reihe Probleme gelöst werden müssen, vor allem die Finanzierung. In Hamburg darf ein Schulessen maxi mal 3,50 Euro kosten. Davon ist kein Cent von der Stadt subventioniert. »Von dem Be
Für Kinder kann man nicht einfach kochen wie für eine Betriebskantine trag müssen auch noch 19 Prozent Mehrwert steuer abgeführt werden. Pro Mahlzeit sind das immerhin fast 70 Cent. Bei 400 Mahl zeiten in der Rothestraße pro Tag, wenn alle Kinder am Essen teilnehmen, wären das im Monat rund 5000 Euro«, rechnet Kleine vor. »Davon könnte man schon zwei Köche bezah len. Wenn dieser Betrag durch eine Essenssub
vention wieder an die Schulen zurückfließen würde, wäre es ja noch vertretbar. Aber das geschieht nicht.« Nebenbei bemerkt: Für Fast Food und Hundefutter sind nur 7 Prozent Mehrwertsteuer fällig. »Weil man zu einem Preis von 3,50 Euro keine hochwertigen Mahlzeiten mit Fleisch realisieren kann, soll in der Rothestraße ve getarisch gekocht werden. Zu Hause essen wir schon mal Fleisch, aber wir achten darauf, wie es erzeugt wurde. Wir möchten nicht, dass un sere Kinder Wiesenhof-Kram essen. Sie wer den auch in der Kita vegetarisch verpflegt, das funktioniert super.« Schepp schwärmt von Martin Sievers, dem Koch der Kita Die Motte, die seine Tochter derzeit besucht. »Er kennt alle Kinder, weiß, was sie gerne mö gen und bezieht sie mit ein. Er schafft es, sogar Gemüsemuffel dazu zu bewegen, Gemüse zu
Deutschland
Argentinien
probieren, oft mit nachhaltigem Erfolg. Von ihm weiß ich: Für Kinder kann man nicht ein fach kochen wie für eine Betriebskantine.« Wichtiger noch als die Nährstoffe im Essen ist den Vätern das pädagogische Ge samtkonzept. »Mit einer Küche vor Ort kann man die Kinder viel direkter ans Thema her anführen. Sie sehen, wie gekocht wird – das ist in vielen Familien nicht mehr selbstverständ lich. Schulen könnten einen großen Einfluss ausüben, wenn sie die Ernährungserziehung ernst nehmen.« »Wenn man zumindest einem Teil der Kinder nachhaltig ein besseres Ernährungs verhalten vermitteln kann, hätte das doch auch Auswirkungen auf andere Bereiche.« Kleine ist schon wieder am Rechnen. »Auf den Kauf hochwertiger Lebensmittel. Auf medizinische Folgekosten.« 40 bis 60, nach anderen Stu dien sogar 70 Milliarden Euro geben die Krankenkassen jährlich für ernährungsbe dingte Krankheiten aus. »Sogar die Klima
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kosten ließen sich senken, wenn an allen Schulen vegetarisch gekocht würde.« Alle Kinder sollen in der Rothestraße am Mittagessen teilnehmen. Erstens sinkt der Preis pro Mahlzeit, wenn die Zahl der Teilnehmer steigt. Außerdem ist es der AG wichtig, dass alle Kinder ein gesundes, warmes Essen bekommen und dass gemeinsam gegessen wird. »Aber damit kommen wir zum nächsten Problem: Wenn alle teilnehmen sollen, muss das Essen auch für alle bezahlbar sein.« 3,50 Euro sind notwendig, um die Kosten zu decken, aber für diejenigen, die mehrere Kinder auf der Schule haben, wird es schnell teuer. Städtische Subventionen könnten helfen, doch dazu fehlt offenbar der politische Wille. »Immer wird auf die klammen Kassen verwiesen, obwohl für andere Projekte an-
Kanada
Finnland
scheinend Geld da ist«, ärgern sich die Väter. »Die steigende Zahl der Ganztagsschulen soll belegen, wie erfolgreich das Konzept ist. Aber wie es konkret an den Schulen aussieht, wie die Qualität der Betreuung, die Arbeitsbelastung für Lehrer und Schulleiter, der Alltag für die Kinder aussieht, das scheint nicht zu interessieren. Schon gar nicht das Essen.«
Mehr als 10 000 Ganztagsschulen gibt es in Deutschland mittlerweile. In gut zwei Dritteln davon wird die Mittagsverpflegung extern geliefert, manchmal von einem Caterer, manchmal aus einer Zentralküche, die Krankenhäuser oder Altenheime versorgt, manchmal vom örtlichen Schlachter. Warmhaltezeiten von mehr als fünf Stunden sind keine Seltenheit – Vitamine haben sich da längst ins Nirwana verflüchtigt, von Geschmack und Konsistenz ganz zu schweigen. An anderen Schulen kochen
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ltern oder des Hausmeisters Frau. Auch E das ist oft keine optimale Lösung, denn es fehlt an küchentechnischem Know-how, manchmal sogar an Hygienestandards. Nach einer Strukturanalyse der Deutschen Gesellschaft für Ernährung von 2008 waren in den Schulmensen durchschnittlich 2,43 Euro pro Mahlzeit zu zahlen. In Berlin darf die Verpflegung in manchen Bezirken gerade mal 2 Euro kosten. Davon bleiben nach Abzug von Mehrwertsteuer, Personal- und Gerätekosten 40 bis 45 Cent Wareneinsatz übrig – ein Witz, der nicht zum Lachen ist. Die Durchfallepidemie, die Ende September mehr als 10 000 Kinder, Jugendliche und Betreuer in den neuen Bundesländern erfasste, macht unschön deutlich, wohin das Billiggebot führen kann, auch wenn die Cateringfirma Sode-
Japan
xo, die die Mehrzahl der betroffenen Schulen und Kitas belieferte, die Verantwortung für die Krankheitswelle zurückweist. An Projekten und Initiativen zur Verbesserung der Situation mangelt es auf den ersten Blick nicht. Alle machen mit: das Bundesministerium mit der Gesundheitskampagne in Form, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung mit dem Projekt Schule + Essen = Note 1, Wissenschaftler, der Deutsche LandFrauenverband, der Europaverband von Slow Food, neuerdings und auf den Spuren von Jamie Oliver, der für Qualität in britischen Schulmensen kämpft, auch prominente Köche. Offensichtlich kommt wenig davon dort an, wo es gebraucht wird. »Die Bilanz ist traurig«, seufzt Michael Polster. Seit zwei Jahren ist er für das DNSV, das Deutsche Netzwerk Schulverpflegung aktiv, einen Verein, der aus privater Initiative entstand und sich durch Spen-
den und Fördermitglieder finanziert. Er organisiert Kongresse und Veranstaltungen zum Thema und versucht, den Informa tionsaustausch unter den Beteiligten zu fördern. Auch etliche Köche unterstützen das DNSV, unter anderem Johann Lafer, der
So wurschtelt ein jeder vor sich hin, und jede Schule muss das Rad neu erfinden am Gymnasium am Römerkastell in Bad Kreuznach im Projekt food@ucation gerade selbst eine Vorzeige-Schulmensa entwirft, die im November 2012 ihre Türen öffnet. »Die Verpflegung von Kindern darf man nicht dem Gesetz der Marktwirtschaft überlassen, wie es durch die Politik aktuell geschieht. Man sieht ja, was dabei herauskommt.« Pols-
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ters Stimme wird grimmig. »Es gibt keine verbindlichen Vorschriften. Die Standards sind teils vage formuliert, und nirgends findet eine zentrale Qualitätskontrolle statt. So wurschtelt jeder vor sich hin, und jede Schule muss das Rad neu erfinden.« Der Teufel steckt oft im Detail. Zum einen ist da die geringe Teilnahme an der Schulverpflegung, die das Essen verhältnismäßig teuer macht. Meist essen nur 10 bis 20 Prozent der Kinder in der Schulmensa. Vor allem die älteren Schüler, die das Schulgelände verlassen dürfen, versorgen sich anderswo. »Mensa ist uncool«, lautet das Motto. Da lärmen die Fünftklässler am Nachbartisch, und dann gibt’s Gemüseauflauf. Womöglich mit Haaren im Essen. Nee, da zieht man sich lieber Burger, Döner oder Pizza von um die Ecke. Is’ doch eh billiger. Zumindest gefühlt. Die Kleinen, die auf dem Schulgelände bleiben müssen, ziehen gekonnt nach: Wer keinen älteren
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Kumpel losschicken kann, bestellt sich per Handy den Pizzaservice ans Schultor. Viele Mensen haben nicht mehr Charme als eine Bahnhofshalle, doch das Geld für Umbaumaßnahmen fehlt. Manchmal sind die Pausen zu kurz zum Essen, weil der Zeitplan mit dem öffentlichen Nahverkehr konform gehen muss. Schulleiter und Lehrer sind oft überfordert. Sie sind keine Ernährungsexperten und ohnehin oft schon durch die Lehrtätigkeit überlastet. »In anderen Ländern ist die Schulver pflegung schon lange etabliert und hat einen viel größeren Stellenwert«, erzählt Polster sehnsüchtig. »In Schweden ist das Schulessen kostenlos, es wird aus Steuergeldern finanziert. In Rom gibt es an jeder Schule eine Küche, die von einem Caterer betrieben wird, mit Bio-
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Lebensmitteln und Fleisch aus nachhalti ger Erzeugung. Aber in Deutschland scheint kaum Interesse zu bestehen, die Kinder gut zu verpflegen.« Jetzt wird auch Polster wütend. »Es fehlt vollkommen an einer Ernährungs erziehung. Wie soll man eine gute Schulver pflegung umsetzen, wenn die Lehrer in der Pause selber lieber Fast Food essen?« Mit einer Unterschriftenaktion protestiert das DNSV gegen den hohen Mehrwertsteuersatz auf die Schulverpflegung. »Inzwischen haben wir mehr als 10 000 Un terschriften gesammelt und an die Bundesregie rung geschickt. Aber es hat lange gedauert, bis wir bei der Politik überhaupt Gehör fanden.« Braucht es erst den Skandal, damit nachhaltig und flächendeckend gehandelt wird?
Wer mehr will als den unbefriedigenden Standard, muss sich selbst engagieren.
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Am Hamburger Christianeum, einem humanistischen Traditionsgymnasium im betuchten Stadtteil Othmarschen, sind es knapp 130 Eltern, die für den Betrieb der Mensa sorgen. Auf den ersten Blick wirkt die Schule wenig einladend: ein funktionalistischer Betonbau der frühen 70er-Jahre, der irgendwie mit der Landschaft verschmelzen soll, aber mit seinen Schornsteinen eher nach Fabrik ausschaut. Die dunkle Decke hängt schwer über der lang gezogenen Eingangshalle. Einziger Lichtblick sind die bunten Stühle der Schulmensa, blaue, gelbe und türkisfarbene Tupfen in einer Ecke des Raums. Es ist 12 Uhr. Hinter dem Holztresen vor der Küche der Mensa bereiten sich fünf Mütter auf den Mittagsansturm vor. Heu-
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te wird er eher mau ausfallen, denn es ist Montag, und am Nachmittag finden nur AGs statt. Die Mütter legen letzte Hand an die vorbereiteten Salatteller, nebenbei halten sie Klönschnack über die Kinder, die Lehrer, die Schule. MiC nennt sich die Schulmensa, was sowohl Mittag wie Mütter im Christianeum bedeutet, denn es sind ausschließlich Frauen, die hier ehrenamtlich im Einsatz sind. »Wir versuchen immer wieder, auch Väter zu rekrutieren«, erzählt Ulrike Lorenzen, eine der fünf Mütter des Organisationsteams, das den Mensabetrieb koordiniert. »Aber bislang gibt es eben nur Frauen. Es wird auch zunehmend schwieriger, helfende Mütter zu finden, weil immer mehr berufs tätig sind.« Freundlich zeigt sie die kleine Küche, grüßt hier einen vorbeikommenden Lehrer, wechselt dort ein paar Worte mit einer Mutter und prüft routiniert, ob irgendwo etwas fehlt.
»Früher kam das Essen von einem Ca terer, der es zwischen 5 und 7 Uhr morgens zubereitet hat. Dann wurde es bis zum Mittag warm gehalten. Vor einiger Zeit haben wir das System umgestellt. Wir haben den Caterer ge wechselt, außerdem bereiten einige Mütter des Organisationsteams das Essen teilweise selbst zu und verfeinern es. Frisch belegte Brötchen und Obst runden das Sortiment ab. Und statt des Online-Vorbestellsystems gibt es Essens marken, die die Kinder in der Mensa kaufen können. So müssen sie sich vorher nicht fest legen und bezahlen nur, wenn sie auch wirklich in der Mensa essen.« Von den 130 Helferinnen hat jede im Schnitt einmal im Monat Einsatz. Alles organisieren sie selbst: den Einkauf der Lebensmittel, die Bestellung beim Caterer und die Mengenkalkulation, die Buch-
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haltung, die Schichtpläne, den Betrieb der Küche. Unterstützt werden sie von einer Küchenhilfe, die auf Minijobbasis angestellt ist. Demnächst soll eine zweite Kraft dazukommen, denn die Zahl der ausgegebenen Essen steigt. Von Montag bis Donnerstag gibt es warmes Mittagessen, wahlweise ein Hauptgericht oder eine kleinere Mahlzeit wie Ofenkartoffeln, Kartoffelpuffer oder Pfannkuchen. Das Essen wird gekühlt vom Caterer Mr. Deliver geliefert. Die Mütter wärmen es auf und stellen es fertig, bereiten Salat, eine Tagessuppe und Gemüsesnacks wie geschälte Karotten zu. Einen kleinen Salat gibt es als Beilage zu den Hauptgerichten, man kann auch einen großen Salatteller mit Brot bekommen. »Der ist besonders bei den Mädchen beliebt.« Neben den warmen Gerichten können die Kinder Müsliriegel, Kekse, belegte Brötchen, Croissants und Äpfel kaufen. Auch eine Truhe mit Eis
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steht hinter dem Tresen – ganz ohne Süßes geht es wohl nicht. In dieser Woche stehen Nudeln mit Lachs und Tomatensauce, Lasagne Bolo gnese und Putengeschnetzeltes mit Rösti ecken auf dem Plan. Montags, wenn nur etwa 50 Kinder in der Mensa essen, gibt es ein Überraschungsessen, das die Müt ter aus eingefrorenen Resten der vorigen Woche zubereiten. Heute ist das Chili con Carne mit einer großzügigen Portion Reis und Nudelauflauf mit Schafskäse. Die Mensa wirtschaftet weitgehend unabhängig. Nur bei größeren Anschaffun gen springt der Schulverein ein, ansonsten trägt sich der Betrieb durch die Einnahmen beim Essen, 3 Euro für das Hauptgericht, 1,50 Euro für die kleine Mahlzeit oder den großen Salat.
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Um kurz nach eins ertönt die Pau senklingel. Es dauert noch ein Weilchen, dann tröpfeln die Kinder gruppenweise an den Mensatresen. Manche holen sich war mes Essen, viele kaufen auch Müsliriegel oder ein Eis. An den Tischen herrscht bald Leben. Heute finden alle Platz, aber am Dienstag, wenn etwa 400 Essen ausgege ben werden, wird es eng. Insgesamt besu chen 1200 Schüler das Gymnasium. Schon länger wünschen sich die Mütter einen ei genen Mensabau mit größerer Küche und einem schöneren Essbereich. Bislang ist noch nichts daraus geworden – auch das Christianeum hängt im Stau bei der zu ständigen Behördenstelle Schulbau. Dank des Einsatzes der Eltern funk tioniert das Mensasystem, und die Mütter sind stolz auf das Erreichte. »Aber ich vermute, wir sind hier auf einer kleinen Insel«, sagt Lorenzen. Dann verabschiedet sie sich, um nach Hause zu fahren und für ihre Kin
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der zu kochen – die haben heute schon am Mittag Schulschluss.
Zu denjenigen, die beim Stichwort Schulverpflegung in Wut geraten, gehört auch Volker Peinelt, Professor für Ökotro phologie an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach. Seit Jahren schreibt er Artikel, Bücher und hält Vorträge über die Schulverpflegung. Stundenlang könnte er über das Thema sprechen. In Rage geredet hat er sich schon nach einer Minute. Anfang 2012 veröffentlichte sein In stitut eine Studie, für die fünf Jahre lang Daten von rund 200 Schulen gesammelt wurden. Das Ergebnis: In 90 Prozent der untersuchten Mensen gab es Qualitäts mängel, meist war der Standard schlechter
USA
als in Betriebskantinen und Hochschul mensen. »Eins der größten Probleme ist, dass wir in Deutschland in diesem Bereich überhaupt keine Professionalisierung haben, wie es in anderen Ländern der Fall ist«, klagt Peinelt. »Die skandinavischen Länder und Frankreich haben dagegen vorbildliche Systeme aufgebaut. Besonders beeindruckt hat mich Japan: Da haben die Schulen einheitliche Küchen mit ausgebildetem Personal. Das Essen wird höchstens eine halbe Stunde warmgehalten, die Schüler servieren es selbst in den Klassenzimmern, die dazu umgerüstet werden. Alle nehmen daran teil, das gemeinsame Essen gehört zum Schulprogramm. Es gibt Themenwochen in den Schulmensen, auf saisonale und regionale Speisen wird großen Wert gelegt.« 2005 entwickelte Peinelts Institut auf grund zahlreicher Nachfragen von Schu len zusammen mit der Verbraucherzentrale Nordrheinwestfalen ein Zertifizierungssys
tem für Caterer und Schulmensen. Die dazu ins Leben gerufene AG Schulverpflegung formulierte Qualitätsstandards, die sämtli che Aspekte der Verpflegung umfassen, von Arbeitsrecht und Hygiene über Kommuni kation und Service bis hin zum Speiseplan. »Der muss eine vollwertige, abwechslungsreiche Ernährung enthalten. Aber nicht nur die Nährstoffe sind wichtig, das Essen muss von den Kindern auch akzeptiert werden«, betont Peinelt. Denn was Kinder nicht mögen, bleibt auf dem Teller liegen – so viel ist er wiesen. Es muss einen Mensabeirat geben, in dem Schüler, Schulpersonal, Eltern und Caterer oder andere Produzenten vertreten sind. Die Reklamation von schlechtem Es sen muss Konsequenzen haben. Seit 2007 wird die Zertifizierung an geboten, doch bislang haben sich kaum
Indien
Küchen prüfen lassen, und nur 19 Produ zenten haben das Zertifikat – eine, zwei oder drei Kochmützen – erhalten. Peinelt ärgert sich, dass die Vernetzungsstellen der Länder nicht mit der AG Schulverpfle gung kooperieren. »Erst fordert man Qualitätsstandards und ein Prüfmodell, dann hält man sich vornehm zurück. Als ob es uns ums Geldverdienen ginge. Dabei machen wir das allenfalls zum Selbstkostenpreis.« 3000 Euro kostet die Zertifizierung. Kein Pappenstiel, aber für einen Betrieb eine sinnvolle Investition, wenn sie ihm Kunden beschaffen würde, die auf ge prüfte Qualität Wert legen. »Es ist etwas anderes, ob ein Caterer, der Krankenhäuser und Altenheime beliefert, nebenbei auch noch für Schulen mitkocht, oder ob sich ein Betrieb professionell auf die Verpflegung von Kindern ausrichtet – auf spezielle Nährwertanforderungen und auf den Geschmack.« Doch die Caterer haben meist nur einen Jahresver
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trag, da lohnen größere Investitionen in das Projekt nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung bietet inzwischen ebenfalls eine Zertifizierung an, doch die wird nur unwesentlich mehr genutzt als die Zertifizierung der AG Schulverpflegung. Die Kampagnen, Konzepte und Initiativen von staatlicher Seite sind für Peinelt purer Aktionismus. »Was bringt es, wenn einmal im Jahr an der Schule ein Ernährungstag durchgeführt wird, wo alle ein Essen probieren können?« Ihm geht es darum, nachhaltig und flächendeckend eine gute Ernährung für Schulkinder umzusetzen. Alle sollen erreicht werden, nicht nur die Kinder der Oberschicht oder die, die das Glück haben, auf ein engagiertes Erwachsenenumfeld zu treffen.
Australien
»Das Ideal wären natürlich Küchen vor Ort an den Schulen, aber die sind aus Kostengründen kaum zu realisieren.« Deshalb schlägt er ein entkoppeltes Verpflegungssystem vor: In kommunalen Zentralküchen soll das Schulessen zubereitet und dann auf 3 bis 0 Grad heruntergekühlt oder schock-
Martha fotografierte das Essen, dass ihr täglich in der Schulkantine serviert wurde gefroren werden. In den Mensen der Schulen müsste es nur noch aufgewärmt werden. »Verwendet man hochwertige Zutaten, käme man dabei auf 4 bis 5 Euro pro Mahlzeit. Das kostet insgesamt auch die derzeitige externe Warmverpflegung. Die scheint bloß billiger, weil in den Kommunen nicht über alle Posten Buch geführt wird. Natürlich müsste man Geld investieren, aber auf lange Sicht wäre ein solches System sogar günstiger als eine schlechte
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Warmverpflegung. Rund 2 Milliarden Euro würde den Staat eine Schulverpflegung im entkoppelten System kosten, an der alle Schulkinder kostenlos teilnehmen können.« Das entspricht ungefähr der Summe, die für das von CSU und CDU geplante Betreuungsgeld errechnet wird.
Manchmal sind es die Kinder selbst, die die Sache in die Hand nehmen. Die britische Schülerin Martha Payne, ganze neun Jahre alt, machte vor, wie das gehen kann: Mit ihrem Blog Neverseconds sorgte sie im Mai international für Aufsehen – einfach dadurch, dass sie das Essen fotografierte, das ihr täglich in der Schulkantine serviert wurde. Das sah nicht nur miserabel aus, es reichte oft nicht mal zum Sattwerden. Mal
Deutschland
als 100 000 britische Pfund sind inzwischen dabei zusammengekommen, ein Erfolg auf der ganzen Linie. Auch an der Husumer Klaus-GrothGrundschule waren Kinder an der Einführung von Projekten rund um die Ernährung beteiligt. Überall in den lichtdurchfluteten Fluren der Schule sieht man die Ergebnisse: Fotos von Kindern beim Kochen, bei der Arbeit im Schulgarten und bei Bewegungsprojekten. »2008 hatten wir unseren ersten GebbiTag«, erzählt Inga Muhl. Sie ist Mitte 30 und unterrichtet seit einigen Jahren an der Schule, außerdem ist sie Mitglied der Lehrer-Arbeitsgruppe Ernährung. Gebbi steht für die pädagogischen Eckpfeiler des Konzeptes Gesunde Schule: Gemeinschaft, Erleben, Bewegung, Er-
Großbritannien
drückte sich ein Stückchen Pizza mit einer einsamen Krokette und ein paar tristen Maiskörnern auf dem Plastiktablett herum, mal ein trockenes Burgerbrötchen mit einer käsegetränkten Frikadelle, zwei Kroketten und drei Gurkenscheibchen. Die zuständige Behörde versuchte, den Blog zu verbieten, doch die Protestwelle war bereits zu groß. Selbst Jamie Oliver schickte Unterstützungsgrüße an Martha. Und dann, sehr schnell, änderte sich tatsächlich etwas: An Marthas Schule gab es größere Portionen, bald wurde durchgesetzt, dass die Schüler unbegrenzt Salat, Obst und Brot essen durften. Noch mehr Positives hat der Blog angestoßen: Kinder aus aller Welt tauschen sich jetzt dort mit Fotos und Kommentaren über ihr Schul essen aus. Martha rief zu einer Spendenaktion für die Hilfsorganisation Mary’s Meals auf, die sich für Schulessen in den ärmsten Ländern der Welt einsetzt. Mehr
China
nährung und Stille. Es bedeutet aber auch, gesunde Ernährung braucht besondere Initiativen. An denen mangelt es an der KlausGroth-Schule nicht. Etliche Urkunden im Flur weisen darauf hin: Unter anderem wurde sie zur Zukunftsschule SchleswigHolstein ernannt und von der Gesundheitskampagne in form ausgezeichnet. Der Gebbi-Tag war die erste Ernährungsinitiative der Schule. Ausgedacht haben sich das Projekt Schüler des benachbarten Fachgymnasiums, das einen Fachzweig Ernährung und Chemie anbietet. »An mehreren Stationen konnten die Kinder etwas über Essen, Kochen und Bewegung erfahren. Jede Station wurde von Lehrern und von älteren Schülern des Gymnasiums betreut. Ich hatte so meine Zweifel, ob das gut geht – immerhin haben wir 350 Schüler, das gibt ein ganz schönes Gewusel – aber es war ein voller Erfolg. Seither veranstalten wir den Gebbi-Tag jedes Jahr im Mai. Zwei ehemalige Schüler des Fach-
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erzähltes Leben
gymnasiums sind gelernte Köche. Sie helfen uns ehrenamtlich, bereiten in der Nacht vorher das Essen vor und machen am Tag ein ShowKochen. Gezeigt werden einfache, aber leckere und gesunde Gerichte. Zum Beispiel Pommes Rot-Weiß: Ananasstreifen mit Himbeersauce und Joghurt. Die sind super angekommen.« Die positive Resonanz des Gebbi-Tages hat weitere Aktionen nach sich gezogen. Regelmäßig macht Muhl mit ihren Schülern den aid-Ernährungsführerschein. Für die Erstklässler gibt es eine BrotdosenAktion, bei der ihnen und ihren Eltern erklärt wird, was in eine Pausenbox gehört: Vollkornbrot, Obst und Gemüse. »Das ist leider keine Selbstverständlichkeit«, seufzt Muhl. Im BUND-Schulgarten werden Kräuter, Obst und Gemüse angebaut, einmal hat eine Referendarin sogar eine Ho-
Japan
Kanada
nigschleuder mitgebracht. Außerdem wird in der Küche der Schule gekocht. »Wir haben zum Beispiel Gemüse im Schulgarten geerntet und daraus Suppe gekocht.« Aber die alte, graue Einbauküchenzeile in der Schulküche ist viel zu klein und für die Arbeit mit Kindern nicht richtig ausgestattet. An den weißen und kirschroten Wänden prangen zwar zwei fröhliche, wundervoll dickbäuchige Köche, die der Stadtmaler von Husum für die Schule gemalt hat. Aber es gibt nur einen Herd. »Wenn ich mit einer Klasse von 26 oder 27 Kindern hier koche, kann ich nur etwas vormachen. Die Kinder möchten natürlich alle mal im Topf rühren, aber das ist kaum möglich.« Also nahm die Schule mit einem Nutzungskonzept am Wettbewerb Küchen für Deutschlands Schulen teil, der von Tim Mälzer unterstützt und von Nolte-Küchen gesponsert wird – mit Erfolg. Anfang 2013 wird die neue Küche eingebaut. »Dann
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soll es kleine Kochinseln mit Arbeitsflächen in kindgerechter Höhe geben, an denen die Kinder selbst arbeiten können.« Jeden Tag gibt es in der Küche eine Brötchenecke, in der Mütter Pausenbrötchen schmieren. »Man bekommt dort auch Schalen mit klein geschnittenem Obst und Gemüse. Die kommen auch bei den Lehrern sehr gut an.« Sogar ein kostenloses Frühstück wird vor Unterrichtsbeginn angeboten, für die Kinder, die zu Hause keins bekommen. »Es gibt Müsli mit Milch, denn wir wollen, dass alle Kinder gut versorgt in den Schultag starten können. Man muss sich dafür nicht anmelden. Die Kinder kommen ganz von alleine.« Und es sind nicht wenige. Die Lebensmittel für das Frühstück, die Brötchenecke, Aktionen wie der GebbiTag und die Pausenbrotdosen werden durch
Großbritannien
Sponsoren finanziert. Im Flur der Schule, neben den Fotos und den Urkunden, hängt eine Tafel, auf der sie genannt werden: der Rotary Club, die AOK und etliche Privatleute. Größere Aktionen wie die neue Schulküche werden durch Wettbewerbe finanziert. »Anders ginge es nicht.« Muhl zuckt mit den Schultern. Für sie ist das Engagement eine Selbstverständlichkeit. Das Kollegium ist jung, viele haben am Thema Essen Interesse, und sie sind bereit, zusätzliche, unbezahlte Arbeit in Projekte zu stecken.
»Yeah, Pfannkuchen!« Drei kleine Zeigefinger patschen begeistert auf den Aushang mit dem Speiseplan der Woche, denn unter den Pfannkuchen steht ein magisches Wort: Nutella. »Aber das ist doch für Mittwoch«, dämpft einer der Jungs die Vorfreude. »Heute ist Dienstag.«
Und am Dienstag gibt es Nudelauflauf, wahlweise mit Schinken oder Brokkoli. Die Mundwinkel sacken nur kurz herunter, dann stürmen die drei an einen der sieben Kindertische im Hort Max und Milla. Der Hort liegt im ersten Stock der Klaus-Groth-Schule und wird vom Kinderschutzbund betrieben. Hier bekommen die Kinder, die nachmittags bleiben, ein warmes Mittagessen. Etwa 70 Kinder nutzen das Angebot. Mehr Anmeldungen liegen vor, aber die Kapazitäten des Hortes sind erschöpft. Grüne Besteckständer, Wasserflaschen, Gläser und Serviettenhalter stehen auf den Tischen. Bald haben sich 15 Kinder an die Tische gesetzt. Um 12 Uhr waren Erstund Zweitklässler an der Reihe, jetzt, um 13 Uhr, sind es die Dritt- und Viertkläss-
Brasilien
ler. André Christen, der Erzieher, gibt das Startsignal, und die erste Tischgruppe holt sich Teller vom Geschirrwagen und stellt sich vor die Arbeitsfläche der Küchenzeile, an der eine Kollegin von Christen den Nu-
Unter den Pfannkuchen steht ein magisches Wort: Nutella delauflauf ausgibt. Nach Wunsch kommt noch ein großzügiger Klacks Tomatensauce darüber, dann wird gefuttert. Die Kinder unterhalten sich leise und entspannt. Christen, der mit an einem der Tische sitzt und ebenfalls isst, ragt groß zwischen ihnen heraus. »Können wir noch einen Nachschlag bekommen?« Die drei Jungs an Christens Tisch haben den Auflauf bereits verputzt. Der Erzieher schaut kurz in die Runde, wie weit die anderen Kinder sind, dann nickt er.
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Hortes leider nicht drin ist.« Aberlängstnicht allehabenetwasdabei. »Und was gibt es abends bei euch zu essen?« fragtChristendieJungs. Nachdenkliches Schweigen. »Ich hole mir nachher einen Döner«, sagt schließlich einer von ihnen. »Ich esse Wurst«, meint der zweite. »Ohne Brot?« Naja,Brotistwohlauchdabei. Max weiß es nicht genau. »Manchmal essen wir abends warm. Manchmal gibt es Brot.« Die Teller sind leer, schnell ist das ThemaEssenvergessen. »Dürfen wir aufstehen?« Christennickt, unddiedreibringenihreTellerzurückzum Geschirrwagen.AuchihrenTischwischen sieab,bevorsiedenRaumverlassen.
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MehralsdieHälfteholensicheinezweite Portion. »Seit einigen Wochen wird das Essen vom Husumer Restaurant ›Zum Seehund‹ geliefert«, erzählt Christen. »Vorher kam es aus der Küche des Altersheims. Es gab Schwierigkeiten mit den Absprachen, außerdem hat es mengenmäßig oft nicht gereicht. Manche Kinder essen fünfmal in der Woche im Hort, da sollen sie eine vernünftige Mahlzeit bekommen und satt werden.« »Aber früher gab es Nachtisch.« Max, ei ner der Jungs an Christens Tisch, hat ein gutes Gedächtnis für die wesentlichen Dinge. Christen grinst trocken. »Wir sind der Meinung, dass die Eltern den Zuckerhaushalt ihrer Kinder schon selbst gut genug regeln«, sagterinmeineRichtung.
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Der Inhaber des Seehunds war vor et lichen Jahren Koch im Altersheim, dann hat er sich selbstständig gemacht. »Unser Geschäftsführer Gregor Crone hat sich an ihn erinnert und ihn gefragt, ob er nicht das Essen liefern kann.« ChristenunddieKindersind imGroßenundGanzenzufriedenmitsei ner Küche. »Wir sind noch in der Testphase. Manche Gerichte kommen gut an, andere weniger. Letzte Woche gab es zum Beispiel einen Quarkauflauf, der ging gar nicht.« »Der hat nach Mehl geschmeckt«, erklärt Maxbestimmt. »So etwas können wir dann mit dem Seehund besprechen und den Plan entsprechend ändern.« 2,50 Euro kostet eine Mahlzeit, Sa lat oder Obst ist beim Essen nicht dabei. »Nachmittags gibt es noch eine Zwischenmahlzeit. Wir haben die Eltern gebeten, ihren Kindern dafür etwas mitzugeben, Obst zum Beispiel, weil das im finanziellen Rahmen des
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Christen erzählt, wie er als Jugend licheraneinemSchulaustauschnachFrank reich teilgenommen hat. »Da gab es damals schon zwei Sozialarbeiter an der Schule, das war ganz normal. Sie waren Vertrauenspersonen für die Kinder, nicht ein verlängerter Arm des Sozialamtes, wie es hier oft der Fall ist. Deutschland hat es seit Jahrzehnten versäumt, in die Schulentwicklung zu investieren, auch, was Verpflegung und Ernährung betrifft. Das lässt sich so schnell nicht nachholen.« Es wird wohl noch dauern, bis in Deutschland gute Schulmensen Standard sind. Auch an der Schule Rothestraße, wo JochenScheppjetztschonweiß,dassseine TochterimnächstenJahrwohlersteinmal Essen vom Caterer in einem räumlichen Provisoriumbekommt–fallsnichteinklei nesWundergeschieht.
Lupenreiner Genuß Bei Herbaria kommen nur beste Rohstoffe aus ausgewählten Regionen in die Dose – in perfekter Bio-Qualität. Bei Gewürzen mit vielen verschiedenen Zutaten wie unseren Currys ist das ziemlich aufwendig. Doch wir wollen Ihnen eben den reinen Genuss bieten. Unsere große Sorgfalt wurde auch schon ausgezeichnet: Ökotest gab dem Good Old Mild Curry die Note „Sehr gut“!
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Ausgabe 10/2011
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Schneller Teller #4 Rezept & Foodstyling: Stevan Paul Foto: Andrea Thode
Matcha-Teecreme mit Pflaumen und gerösteten Mandeln
1 Glas eingelegte Pflaumen (ca. 560 g EW)
Für 4 Personen
1. Seidentofu abtropfen und mit Matcha-Tee und Ingwermarmelade mit dem Schneidestab cremig pürieren. Im Kühlschrank kalt stellen. 2. Mandelblättchen auf einem Blech mit Backpapier ausbreiten und mit Puderzucker durch ein feines Sieb bestäuben. Im heißen Ofen bei 250 Grad auf der zweiten Schiene von oben in wenigen Minuten goldbraun rösten (am besten dabeibleiben!). 3. Pflaumen abtropfen, auf Teller verteilen und mit der Teecreme toppen. Mit den gerösteten Mandeln bestreut servieren.
Die süßherbe Matcha-Teecreme auf Basis von Seidentofu wird nur leicht mit Ingwermarmelade gesüßt und auf eingelegten Pflaumen serviert – die im Ofen karamellisierten Mandelblättchen sorgen für Knack und Knusper. 600 g Seidentofu (›firm‹, siehe Tipp) 1 TL Matcha-Tee 80 g Ingwermarmelade 80 g Mandelblättchen 2 EL Puderzucker
Tipp: Tofu wird aus weißem Sojabohnenteig gewonnen, der bei der Gerinnung von Sojamilch entsteht. Im Gegensatz zu den festen Tofusorten wird der weichere Seidentofu nicht abgetropft oder gepresst und hat einen höheren Feuchtigkeitsgehalt. Es gibt ihn in zwei Festigkeitsstufen, cremig (›soft‹) und schnittfest (›firm‹). Erhältlich ist Seidentofu in Bio-Supermärkten, im Asialaden und in Reformhäusern. Alle Rezepte des Heftes sowie Wissenswertes über Zutaten und Zubereitungen finden Sie unter www.effilee.de
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Getränke
Bei einer so einfachen Alltagshandlung wie dem Trinken darf das Besondere nicht zu kurz kommen. Fünf Tipps, wie man auch beim Trinken gezielt an seinem Image arbeiten kann
Wein
Fotos: Flickr CC, User OIMAX, Hersteller
168 000 Australische Dollar kostet die Ampoule von Penfolds. Das streng limitierte (12) handgefertigte und signierte Gefäß enthält 0,7 Liter Wein. Und zwar von Block 42 Kalimna, das ist ein Cabernet Sauvignon von Reben, die vermutlich 130 Jahre alt sind. Der Jahrgang 2004 gilt bei Penfolds als einer der wirklich herausragenden Jahrgänge. Die Ampoule wurde eigens für diesen Wein gestaltet und wird selbstverständlich nicht mit einem Korken, sondern vom Glasbläser verschlossen. Bleibt neben dem Preis also die Frage, wie man den Wein ins Glas bekommt, wenn einen die Lust übermannt. Aber auch dafür ist gesorgt, denn im Kaufpreis inbegriffen ist, dass Winemaker Peter Gago (oder wenn der Wein recht lange lagert, sein Nachfolger) persönlich vorbeikommt um die Ampoule zu öffnen.
Wasser Apropos teuer: Levitiertes Wasser geht im Prinzip so: Man nimmt Leitungswasser, filtert es, lässt es durch verschiedene Röhren fließen und füllt es in Flaschen ab. Dann verkauft man, was man für unter 0,2 Cent eingekauft hat für 70 Cent pro Liter. Wer die esoterischen Heilsversprechen nicht braucht, kann stattdessen Tafelwasser kaufen, das ist überteuertes Leitungswasser für Agnostiker.
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Bier Artisanale Braukunst und Biersommeliers in allen Ehren, aber diese Jungs sind richtig cool! Die Schotten von Brewdog brauen Beer for Punks, nach allen Regeln der Kunst und mit den besten Zutaten, aber ohne jede Hemmung. Ständig werden neue Sorten entwickelt, zu jedem Bier gibt es ein Factsheet, auf dem genau vermerkt ist, welche Hopfen- und welche Malzsorten verarbeitet wurden. Punk IPA (IPA steht für India Pale Ale, eine stark gehopfte, bittere Biersorte) ist derzeit das bestverkaufte alternative Bier in Großbritannien und selbst das Noma schenkt Bier von Brewdog aus.
Kaffee
Champagner Wenn einer eine anspricht, sie mit schönen Worten auf sein Zimmer lockt, ihr dort ein Glas hinstellt und dann zum Kühlschrank geht, um diesen runden Köcher herauszuholen, dann muss er darauf gefasst sein, dass sie fragt: »Was soll das denn sein?« »Sieht man doch«, wird er antworten, »das ist der Schalldämpfer meiner Kanone!« Wenn beide dann mit Lachen fertig sind und die Kombination des Zahlenschlosses erraten haben, können sie sich wichtigeren Dingen zuwenden, nämlich dem Inhalt.
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Fotos: Flickr/dennis_tang, Hersteller
Wie so oft ist auch beim Kaffee das teuerste Produkt eins, das ursprünglich von den Ärmsten erfunden wurde. Die sammelten in Indonesien die Kaffeebohnen, die der wilde Fleckenmusang, eine Schleichkatzenart, gefressen und wieder ausgeschieden hatte. Sorgfältig gereinigt und geröstet kann man Kaffee daraus brauen, der besonders fein und mild ist. Das hat sich rumgesprochen, mittlerweile kostet das Kilo Kopi Luwak, so der Markenname, zwischen 250 und 300 Euro.
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Toulouse
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Pau
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Frankreichs äußerster Südwesten steht seit jeher für Lebensqualität und Sinnesfreuden. Hier werden bemerkenswerte Weine angebaut, die auf ganz eigene Art und Weise einzigartig sind: Es gibt sie nur hier Gaillac – Weinregion der 7 Weine
Tarbes Lourdes
Paris Frankreich
Seit 2000 v.Chr. wird Weinbau in Gaillac betrieben. Das vielseitige Terroir entlang des Tarn-Tals sowie die autochthonen Sorten ergeben
Begrenzung der Weinregion Sud-Ouest & Anbaugebiet Comté Tolosan
Toulouse
vielschichtige Weine in sieben Weinstilen. Rebsorten rot: Duras, Fer Ser-
Madiran & Pacherenc du Vic-Bilh – kraftvoll trifft edel
vadou, Prunelart Rebsorten weiSS: Loin de l’Œil,
In Madiran prägt der Tannat den Stil der komplexen Rotweine. Das weiße Pen
Mauzac, Ondenc
dant sind die Weine aus Pacherenc du Vic-Bilh, die auch als Süßweine ausge
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baut werden. Rebsorten rot: Tannat, Cabernet franc, Cabernet Sauvignon, Fer Servadou. Rebsorten weiSS: Petit und Gros Manseng, Petit Courbu, Arrufiac www.madiran-story.fr
Côtes de Gascogne – der fruchtige Akzent
Saint Mont – Weine als Kunsthandwerk
Im Departement Gers wird der Großteil der Weine mit
Zwischen Toulouse und Biarritz liegen die Weinberge von
geschützter geografischer Angabe Côtes de Gascogne
Saint Mont. Die Weine sind handgefertigt auf Basis alter
hergestellt. Die Weißweine bestechen mit ihren fruchtigen
Rebsorten, die authentische und komplexe Weine erzeu-
Zitrusnoten und den Aromen exotischer Früchte.
gen – Spiegelbild ihres einzigartigen Terroirs.
Rebsorten weiSS: Colombard,
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Ugni-Blanc und Gros Manseng.
Gros Manseng. Rebsorten
Rebsorten rot: Tannat, Merlot,
rot: Tannat, Pinenc, Caber-
Cabernet-Trauben
net franc und Sauvignon
www.vins-cotes-gascogne.fr
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Cartoon
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Effilee #23  Winter 2012/2013
Schneller Teller #5 Rezept & Foodstyling: Stevan Paul Foto: Andrea Thode
GarnelenBurger mit WasabiSauce, knusprigem Speck und Honiggurken Für 4 Personen Der Begriff ›Fast Food‹ bezieht sich hier wirklich nur noch auf die Zubereitungszeit, wenn knackige Garnelen und knuspriger Speck sich zum ›surf & turf‹ auf einem HamburgerBrötchen treffen. 4 EL Mayonnaise 1 EL Sauerrahm 1 TL Wasabipaste (grüne Meer rettichpaste)
Salz 60 g Honiggurken a. d. Glas ½ rote Zwiebel 4 Eisbergsalatblätter 8 Scheiben durchwachsener Speck 2 EL Olivenöl 4 Burgerbrötchen 400 g Garnelenschwänze, küchen fertig Pfeffer 1. Mayonnaise mit Sauerrahm und Wasabi glatt rühren, mit Salz würzen. Honiggurken fein würfeln. Zwiebel in Ringe schneiden. Salatblätter waschen und auf Küchenpapier abtropfen. Ofen auf 80 Grad schalten.
2. Speck in einer Pfanne im Öl knusprig braten. Speck auf ein Blech mit Küchenpapier legen und mit den Burgerbrötchen in den Ofen schieben. 3. Garnelen 3–5 Minuten im Speckfett braten, mit Salz und Pfeffer würzen. Burgerbrötchen aus dem Ofen nehmen, die Böden mit der Wasabicreme be streichen, Salatblätter und Garnelen auflegen. Mit den Gurkenwürfeln, Zwiebeln und Speckstreifen toppen, den Deckel aufsetzen und sofort ser vieren. Alle Rezepte des Heftes sowie Wissenswertes über Zutaten und Zubereitungen finden Sie unter www.effilee.de
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tellerrand
Journal des Luxus und der Moden Illustrationen: Roland Brückner, bitteschön.tv
Der schönste Citroën, den BMW je gebaut hat
Limousine BMW 6er Gran Coupé
Viel hat sich geändert, seit Henry Ford sagte: »Das T-Modell können Sie in jeder Farbe haben, solange es schwarz ist.« Heute kann man tatsächlich allerlei Farben, Schattierungen und Effekte bekommen, die alles andere als schwarz sind (und einen Sack voll Schwarztöne dazu), nur weiß man leider nicht mehr, was das eigentlich ist, was einem da vor die Tür gestellt wird. Denn den Strategen der Automobilhersteller reicht es nicht mehr, einfach nur tolle neue Autos zu entwickeln, es muss jedes Mal gleich eine neue Fahrzeugklasse sein. Früher gab es Sportwagen, Limousinen, Lastwagen und ein paar Sonderfälle wie zum Beispiel das Coupé. Das war eine Limousine, die man hinten ein Stück flacher gemacht hatte, mit zwei Türen und einem insgesamt sportlichen Antritt. Wer ein Coupé fuhr, dem ging es nicht so sehr um den Nutzwert als um die Ästhetik. Er fuhr um des Fahrens willen. Heute nimmt man stattdessen ein Auto, macht es länger, baut zwei zusätzliche Türen ein und nennt es Gran Coupé.
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Wenn das Auto nicht so großartig wäre, hätte man jetzt einen Grund, unverzüglich den Oldtimerhändler aufzusuchen, aber glücklicherweise ist die Benennung das Einzige, worüber man sich aufregen muss. Wenn man sich von dem Coupé-Gedanken verabschiedet und das Auto als das betrachtet, was es ist, als sehr elegante, souveräne und leistungsfähige Limousine, dann bereitet es wirklich ausschließlich Freude. In München wird man das nicht gern hören, aber das ist der schönste Citroën, den BMW je gebaut hat, mit Fahrleistungen, wie sie nur die Münchner hinkriegen. Große automobile Faszination mit großer Tradition. Davon hat man schon in den 60ern geträumt. Marcus Hesemeier
autsch! ist mitgefühl jetzt auch schon 80er?
Wenn man schon an einen ausgesprochen wortgewandten Kieferchirurgen
gerät, kann man beim Versuch, dem eigenen Bammel vor jeder Art von medizinischem Zugriff ein Bein zu stellen, ja ruhig mal ein bisschen auf die Pauke hauen. Und einfach darauf setzen, dass Wortgewandtheit auch automatisch auf eine gewisse Portion Mitgefühl hindeutet, immerhin ist der gute Mann ja einer von uns. Dann allerdings kann einem beim Vereinbaren des unaufschiebbaren Operationstermins das Folgende widerfahren: Patient: »Ich würde mich übrigens nicht diskriminiert, sondern sogar wohler fühlen, wenn Sie ein großes S auf mein Krankenblatt schreiben. S für schmerzempfindlich.« Arzt: (schweigt und sieht den Patienten mit einem Gesichtsausdruck zwischen Amüsement und Besorgnis an) Patient: »Na gut, von mir aus auch ein H. H für Hosenscheißer.« Arzt: (schweigt beharrlich weiter, mustert den Patienten einmal von oben bis unten, nimmt dann mit großer Geste einen Kugelschreiber in die Hand, macht ein Zeichen auf sein Krankenblatt und schickt sich an, das Besprechungszimmer zu verlassen)
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Patient: »Und? Was ist es geworden?« Arzt: (bereits in der Tür) »Ein I!« Hans Kantereit
nachgedacht Alles halb so schlimm
Am Sonntagmorgen, beim Versuch in der eigenen Küche zu frühstücken, kam der Autor zu einer Erkenntnis, die auf den ersten Blick nicht aussieht, als müs se man sie dringend einem Millionen publikum zum Lesen geben; auf den zweiten Blick, auch in Hinsicht auf die erprobt trostspendende Wirkung, dann aber doch: Wenn einem Brot und Butter gleichzeitig ausgehen, ist der Ärger im Grunde nur halb so groß. Hans Kantereit
Troubleshooting Die bahn fährt bei jedem Wetter
vor sich hin brummte. In allen anderen Wagen brummte längst etwas anderes, dort lagen die Temperaturen an diesem heißen Spätsommertag mittlerweile jen seits der 40. Herr Schaffner hätte also entspannt reisen können, wären da nicht die dienst lichen Expeditionen durch die mittler weile heiß gelaufene Bimmelbahn gewe sen. Ständig nötigten ihn irgendwelche reisenden Jammerlappen zu Klimade batten, hielten ihm bereits von der Hit ze erledigte ältere Mitreisende unter die Nase und warfen ihm – wie aus einem Mund – Sätze an den Kopf, in denen das Wort Klimaanlage eine tragende Rolle spielte. Gegen Letzteres hatte sich der – dem Dialekt nach – aufrechte Sachse in Windeseile einen Schlachtruf zurecht gelegt, der an nachdenklich machender Hinterlist und augenscheinlicher Effi zienz kaum zu überbieten war, machte er doch fast alle überlebenden Passagie re, die ihn vernahmen, für die verblei bende Fahrtzeit mundtot weil sprachlos: »Die läuft ganz nach Vorschrift, Sie spüren’s nur nicht!« Hans Kantereit
Neue Medien zeitfalle broterwerb
Sich nach überstandener Fahrt schrift lich über das Transportwesen Bahn zu mokieren, gilt zu Recht als ungefähr so einfallsreich wie an der Autobahn stehen und den Lastwagen hinterherwinken. Deshalb soll hier und heute mal ein kur zes Lob erklingen für einen Schnellkurs in Troubleshooting, den uns der Zug chef eines ICE während der Fahrt von Berlin nach Hamburg erteilt hat. Der Fahrensmann selbst reiste bequem, lag sein Dienstraum doch im einzigen Wa gon des Zuges, in dem eine Klimaanlage
Effilee #23 Winter 2012/2013
An der Diskussion um die Frage, ob und (wenn ja) wie die Neuen Medien unser Leben verändern, habe ich zwar mangels Zeit, Interesse oder artverwandter De fizite bislang noch nicht teilgenommen, aber seit ich dieser Tage in einem Bus das folgende Gespräch zwischen zwei äußer lich aufgeweckt erscheinenden jungen Damen belauschen durfte, habe ich das Gefühl, ich könnte mitreden: Die mit der Golfmütze: »Die Ersten sagen schon ich bin facebookfaul, aber was soll ich machen? Komm gerade noch dazu, ab und zu mal was zu liken oder zu posten, wo ich bin! Hallo …! Geht’s noch? Ich muss jeden Morgen um 9 diesen Laden aufschließen?«
Die mit der Sonnenbrille: »Heißt das, du hast diesen Job bekommen?« Die mit der Golfmütze: »Das heißt es!« Die mit der Sonnenbrille: »Ja wie scheiße ist das denn?!« Ulf Wendelstein
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»Ach, du bist Chirurg? Das ist ja toll, eigentlich operiere ich auch Blinddärme, aber ich habe neben meinem Beruf viel zu wenig Zeit dafür.« – Zugegeben, so hört man diesen Satz selten, aber ersetzen Sie mal Chirurg durch Fotograf. »Jeder Mensch ist ein Künstler« hat Joseph Beuys mal gesagt, damit aber – was regelmäßig un terschlagen wird – kein Urteil über die Qualität der entstehenden Werke fällen wollen. Karl Valentin wiederum sagte viele Jahre vorher: »Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.« Das schöne an der Fotografie ist, dass sie zu den Künsten zählt und eigentlich nicht allzu viel Arbeit macht. Deshalb gibt es so viele, die eigentlich Fotografen sind. Denen ist natürlich wichtig, dass sie sich von den Hunderttausenden, die auch eine Kamera haben, aber eigentlich keine Fotografen sind, unterscheiden. Da hilft die gelegentliche Anschaffung einer neu en Kamera, vor allem, wenn sie den Profi namen schlechthin trägt. Funktionieren wird das aber nur bei denen, die nicht wissen, dass es sich dabei eigentlich um eine Sony NEX-7 handelt, die für knapp ein Fünftel des Preises zu haben ist. Vijay Sapre
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erzähltes Leben
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Hallo?! Jemand zu Hause? Ein großer Teil der Menschheit fühlt sich in Zügen, Flugzeugen und Automobilen durchaus wohl und nimmt allerlei Unwägbarkeiten und Risiken in Kauf, um sich in der Welt umzusehen. Ist Unterwegssein vielleicht der Normalfall? Interview: Hans Kantereit Foto: Martin Parr/Magnum
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s bedarf keines journalistischen Spürsinns, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass die Mensch heit in Bewegung ist. Ein Blick von einer Autobahnbrücke oder auf ein Eisenbahn drehkreuz genügt vollkommen. In welchem Ausmaß es unsere Mit bürger von hier nach da zieht, erstaunt bei genauerem Hinsehen dann allerdings doch: Pro Minute besteigen weltweit etwa 10 000 Menschen ein Flugzeug. Die An zahl der Passagiere, die sich in jeder (auch in dieser) Sekunde gleichzeitig in der Luft aufhalten, können auch Luftfahrtexper ten nur schätzen: Es wird vermutet, dass sich ungefähr zwei Millionen Erdenbürger permanent nicht auf der Erde befinden. Reisen zu können, scheint uns Men schen ein geradezu körperliches Bedürfnis zu sein. Wieso eigentlich? Die Antwort war uns eine Reise zum Evolutionsbiolo gen Professor Thomas Junker wert. Herr Junker, es gibt Tage, da kommt man in die Züge fast nicht mehr rein und dann nicht mehr raus. Zwei komplette Millionenstädte befinden sich nicht mehr auf der Erde sondern umkreisen sie am Himmel. Warum reist der Mensch? Die Frage stellt sich so fast gar nicht. Leben hat schon immer Bewegung bedeutet: Zugvögel und Wale legen un glaubliche Strecken zurück. Die Herden in den Steppen und Savannen wandern
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permanent. Riesige Heringsschwärme pflügen unablässig durch die Weltmeere. Reisen gehört zu unserer Natur. Eigent lich ist die Sesshaftigkeit, die vor unge fähr 10 000 Jahren mit dem Ackerbau begonnen hat, das Unnatürliche. Und aus der Sicht des Biologen ist es eher erstaunlich, dass es heutzutage Menschen gibt, die es schaffen, einen ganzen Tag auf dem Sofa zu verbringen. Menschen die nicht reisen wollen, müssten diese Eigenschaft theoretisch behandeln lassen. Die Menschheit ist, auch was ganz große Entfernungen angeht, permanent unter
Essen und Frauen sind die beiden stärksten Anreize, unser Zuhause zu verlassen wegs, und das seit fast zwei Millionen Jahren. Selbst der Riesenkontinent Afrika wurde immer und immer wieder durch wandert. Und unser eigentlicher Vorfahr, der Homo sapiens, hat vor vielleicht 100 000 Jahren begonnen, innerhalb von 50 000 Jahren alles zu besuchen und zu besiedeln, was er erreichen konnte. Diese kollektive Unruhe kostet sehr viel Energie. Dann hat sie doch sicher einen tieferen Sinn? Den hat sie auch. Zum einen zählen wir Menschen zu den Raubtieren, und Neugier ist für Raubtiere ein Überlebens
vorteil. Wären wir Murmeltiere oder Hasen, kämen wir nie auf die Idee, frei willig und ungeschützt aus Neugier durch die Gegend zu ziehen. Zum anderen gibt es zu verschiedenen Jahreszeiten verschie dene Nahrung an unterschiedlichen Or ten. Seien es vorbeiziehende Tierherden oder einfach nur die besonders frischen Kräuter ein Tal weiter. Man kann schon annehmen, dass es bei einem Großteil aller Reisen dem leckeren Essen hinter herging. Essen und Frauen sind wahr scheinlich die beiden stärksten A nreize, unser Zuhause zu verlassen. Eine uralte Gesetzmäßigkeit lautet: Dort wo viel Nahrung ist, sind viele Weibchen. Ent sprechend interessieren sich die Männ chen für Orte, wo viele Weibchen sind. Das meint, wenn ich auf einer Wanderung an einem Dorfplatz vorbeikomme, auf dem massenhaft tolle Frauen stehen, fühle ich mich wohl, weil ich hoffe, dass es gleich was zu essen gibt? Und nicht, weil ich sie attraktiv finde? Na ja, das, was Sie als Attraktivität wahrnehmen, ist tatsächlich die Tatsache, dass die Frauen gesund und fit sind und ihre Nachfahren zuverlässig versorgen könnten. Tatsache ist auch, neuere Un tersuchungen unter Naturvölkern haben das gezeigt, dass Frauen durch Sammeln fünfzig Prozent unseres Kalorienbedarfs und mehr erwirtschaften. Die Männer
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bringen das begehrtere Fleisch, aber nur wenn sie Glück haben. Das verschafft ihnen einen höheren Status, aber für den überlebenswichtigen Grundstock sorgen die Frauen. Könnte diese Überlebenswichtigkeit, die Reisen für uns hat, auch das nicht rational zu begründende Reisefieber erklären, das sogar mit körperlichen Symptomen einhergehen kann? Reisefieber ist vergleichbar mit der Angst vor Prüfungen. Das Wissen, dass man sich auf Risiken einlässt, aber dass man auch etwas enorm Wichtiges gewin nen kann. Da draußen kann schließlich alles auf uns warten. Wir können jäm merlich zugrunde gehen, oder mit einem neuen Partner nach Hause kommen. Und wenn man eine Reise in die Ferne plant, ist die Aufregung deutlich g rößer, als wenn man nur ins nächste Dorf wandert. Geht es vielleicht auch darum, seine Gene möglichst weit zu tragen? Bestimmt geht es darum, den Genpool in der Ferne zu ergänzen. Je weiter Sie Ihre Gene tragen, desto besser für den Genpool. Im Alter zwischen fünfzehn und dreißig werden die weitesten Dis tanzen zurückgelegt. Dabei geht es der Natur sicher darum, die Gene möglichst weit wegzutragen, damit der Pool sauber ergänzt wird. Wir verlassen unser Haus mit dem Hintergedanken, uns fortzupflanzen? Das spielt eine große Rolle. Die Suche nach Nahrung und paarungswilligen Partnern sind, wie schon gesagt, einfach die beiden größten Anreize zu reisen. In Gönnersdorf bei Bonn haben Archäo logen einen Platz ausfindig gemacht, an dem sich in der Altsteinzeit immer wie der Gruppen von weit her zu bestimmten Jahreszeiten getroffen haben müssen, um zusammen zu feiern und sich bei der Ge legenheit natürlich auch einen Partner zu suchen. Die Hoffnung, das Gras auf der anderen Seite des Tals sei grüner, gibt es schon sehr, sehr lange. Ältere Menschen, die sich aus dem Fortpflanzungsprozess zurückgezogen
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haben, sind aber auch ganz schön eifrig unterwegs. Was treibt die denn in die Fremde? Die Chance, möglichst viele neue Erfahrungen zu sammeln. Ältere Art genossen haben bei uns Menschen eine Aufgabe, die es im Tierreich sonst nicht gibt. Sie dienen als Erfahrungsspeicher. Kein Tier geht nach der Reproduktions phase nochmal rund vierzig Jahre durchs Leben. Die meisten sterben einfach ganz flott. Aber ältere Menschen sollen noch Erfahrungen sammeln. Das erklärt auch die lange Lebensdauer von Frauen nach der Menopause. Sie sollen Zeit haben, ihre Erfahrungen an die Töchter und Söhne weiterzugeben. Man darf nicht vergessen, dass der ganze Kulturprozess auf dem unsere Effektivität, auch unsere biologische, beruht, nichts anderes ist als Erfahrungsweitergabe. Sie hat uns enor me Überlebensvorteile verschafft. Ohne sie hätte jede Generation die Jagd oder den Ackerbau neu erfinden und lernen müssen. Vor der Erfindung der Schrift geschah das einfach durch Geschichten. Man musste sich die Fakten merken, deswegen lieben wir heute noch Reime und Gedichte. Gereimtes kann man sich leichter merken. Es vereinfacht das Me
Je weiter Sie Ihre eigenen Gene tragen, desto besser für den Genpool morieren und memorieren ist wichtig, um eine Geschichte präzise weiterzutragen. Auch Muster und Melodien werden des halb als lustvoll empfunden, weil man sie sich durch ihre Regelmäßigkeit leichter merken kann. Reisen scheint eine sehr alte Kulturübung zu sein. Es gibt Menschen, die sie karikieren, indem sie einmal im Jahr Richtung Ballermann abdüsen, meist betrunken losfliegen und betrunken zurückkommen. Was tun die wirklich? Vielleicht fahren die im Geiste ins Zentrallager Gönnersdorf. Man trifft einmal im Jahr seine Kumpels, macht Radau und feiert, dass man trotz allem schon wieder ein Jahr überstanden hat.
Danke, das leuchtet ein! Viel interessanter sind übrigens Ver änderungen in Menschen, die man nicht reisen lässt. Es gibt eine neue, noch un bestätigte Theorie zum Thema Hyperak tivitätsstörung ADS. Die legt nahe, dass diese Kinder ganz einfach außergewöhn liche Fähigkeiten haben. Sie sind gene tisch darauf programmiert, sich besonders viel und weit zu bewegen, das ist nützlich wenn man zum Beispiel den Späher in einer Truppe von Jägern abgeben möchte. Die nehmen in der modernen Käfighal tung zwischen Schule und Wohnzim mer natürlich Schaden. Das heißt, man nimmt ihre natürlichen Fähigkeiten in dieser falschen Umgebung einfach nicht wahr und pathologisiert stattdessen ihr Verhalten als krank. Obwohl sie einfach nur, qua Mutation, mit der besonderen Fähigkeit ausgestattet sind, die Sie Reise lust nennen. Zumindest auf einige Fälle könnte das zutreffen. Der Leidensdruck dieser Kinder dürfte fürchterlich sein, nicht umsonst sperrt man Menschen in Gefängnisse, um sie zu bestrafen, weil sie die Einschränkung der Bewegungsfrei heit als ganz grauenhaft empfinden. Was geht in den Menschen vor, die auf der Autobahn dem Geschwindigkeitsrausch erliegen. Warum stellen sich bei denen Lustgefühle ein, während sie mit 280 Sachen auf der linken Spur ihr Leben aufs Spiel setzen? Mit hoher Geschwindigkeit unterwegs zu sein, erzeugt ein Machtgefühl. Man beweist Kraft und Ausdauer, Geschwin digkeit vermittelt das Gefühl körperli cher Leistungsfähigkeit. Und wer schnell ist, dem ist natürlich das Jagdglück am ehesten hold. Bisschen albern ist es halt, wenn die ganze Veranstaltung im Merce des stattfindet. Das Jagdglück, schon wieder. Die Evolution geht ja scheinbar komplett durch den Magen? Diese starke Vereinfachung geht auf Sie! Thomas Junker lehrt Geschichte der Biowissenschaften an der Universität Tübingen. www.thomas-junker-evolution.de
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Schneller Teller #6 Rezept & Foodstyling: Stevan Paul Foto: Andrea Thode
Muscheln in Petersilienbutter auf gerösteter Brioche Für 4 Personen Dampfende Miesmuscheln baden in hausgemachter Petersilien-Knoblauchbutter und werden mit getoastetem Brioche-Brot serviert. Dazu ein gut gekühltes Glas Weißwein ›Entre deux mers‹ und man kann beim Essen direkt das Meer rauschen hören. 2 kg Muscheln 200 ml Weißwein 2 Lorbeerblätter
Salz ½ Brioche-Brot (wahlweise Toastoder Kastenweißbrot) 125 g Butter 1 großes Bund Petersilie 1 Knoblauchzehe 1. Die Muscheln in kaltem Wasser waschen, die Bärte an den Muschelseiten abziehen. Geöffnete Muscheln, die sich auf Nachdruck nicht mehr schließen, wegwerfen. 150 ml Weißwein aufkochen, 150 ml Wasser und Lorbeer zugeben, leicht salzen und wieder aufkochen. Die Muscheln hineingeben und zugedeckt 5 Minuten kochend dämpfen.
2. Muscheln abgießen und zugedeckt warm stellen. Brioche in dicke Scheiben schneiden und toasten. Butter in einem Topf schmelzen. Petersilie und Knoblauch hacken und alles unter die Butter rühren. 3. Kräuterbutter mit übrigem Weißwein einmal aufkochen, mit Salz würzen und über die Muscheln gießen. Die Muscheln mit den warmen BriocheScheiben auf vorgewärmten Tellern anrichten. Alle Rezepte des Heftes sowie Wissenswertes über Zutaten und Zubereitungen finden Sie unter www.effilee.de
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Erzähltes leben
Die Zeit läuft England in den 1980er-Jahren. Drei mehr oder weniger nachdenkliche Männer sitzen in einem Eisenbahnabteil und kommen ins Grübeln über Raum und Zeit. Der Nachdenklichste von ihnen war unser Autor text: John Hannah Foto: Martin Parr/Magnum Übersetzung: Doris Engelke
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ls ich das letzte Mal das Vergnügen hatte, London zu verlassen, stürzte, gerade als der Zug anruckelte, ein Vertreter der englischen Mittelklasse in mein Abteil. Da er den Zug von der Sperre her im Galopp begleitet hatte, befand sich seine äußere Erscheinung in großer Auflösung, sein Gesicht hatte einen violetten Schimmer und er schnaufte wie ein Walross in Leidenschaft. Nachdem er Platz genommen und seine Kleidung geordnet hatte, fing er an, sich zu entschuldigen, dass sein Benehmen, dieses Hineinhechten in einen schon fahrenden Zug, keine Art sei und er so etwas normalerweise auch nicht täte, er sich im Gegenteil als Engländer einer frei gewählten Ordnung
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unterwürfe, na ja, haha. Er sei aber auf dem Weg zur Hochzeit seiner Tochter und befürchte, zu spät zu kommen. Dieser eilige Herr sprach weniger zu mir – ich trug eine rosa Latzhose, er eine Krawatte – sondern zu einem anderen korrekt gekleideten Herrn, der ihm eine Weile lächelnd beistimmte, bis der immer noch leicht violett Schimmernde ins Philosophieren geriet: »Ich weiß nicht, warum wir heutzutage alle so herumhetzen – mit all diesen modernen Verkehrsverbindungen, die uns rasch von einem Punkt zum andern bringen. Und trotzdem scheinen wir es immer eiliger zu haben als zu jenen Zeiten, als alles noch viel langsamer vor sich ging. Das ist doch Wahnsinn, aber ich mache jeden Tag
mit und es hilft mir überhaupt nicht, dass ich mir sage, dass ich ja noch die ganze Ewigkeit vor mir habe.« Den angesprochenen Passagier packte angesichts dieser geballten Ladung Metaphysik, die ein Wildfremder da ins Abteil getragen hatte, kalte Panik. Er nickte also nur ein wenig und steuerte rasch den festeren Boden der Meteorologie an: »Ja stimmt, stimmt, jawohl, ein äußerst trüber Tag heute, sehr trüb.« Dies war ziviles, verständliches Geplauder, wie es den Köpfen durchschnittlich gebildeter liberaler Engländer entspringt. In der Regel besteht es aus unendlich vielen kleinen Variationen völlig offenkundiger Tatbestände wie: Es regnet
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Am gescheitesten ist es immer noch, sich überhaupt nicht fortzubewegen
oder es regnet ja immer noch oder oh je, Sie scheinen in ein 20 Meter tiefes Loch gefallen zu sein, fehlt Ihnen was? Und so weiter. Niemand im Zugabteil sprach mehr ein Wort, nachdem das Wetter gründlich diskutiert worden war. Indessen hatte der eiligeManneinenwundenPunktbeimir berührt.Erwarmirinseinerganzenmit telmäßigenErscheinungderermunternde Beweis dafür, dass auch andere Leute ein Unbehagen verspüren, wenn sie über die Zeitnachdenken.DasssiedasGefühlha ben,dieZeitglitteihnenausdenHänden. Stattmitunszusein,wieeswohlnurrech tens ist, stellt sie sich als heimtückische, unangreif bareFeindingegenuns.Wirer
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innernunsvielleicht,dassMickJaggervor Jahren einmal gesungen hat, die Zeit sei aufseinerSeite,seitNeuestemjammerter nun, dass die Zeit auf niemanden warte. DerMannwirdscheint’sauchälter. Die Sorge um die entgleitende Zeit ist natürlich kein neues Phänomen. Neh menwirnurmalStonehenge.Werimmer und zu welchem Zweck diese Klötze in die Landschaft gestellt hat, wird das mit seinem Schöpfer ausgemacht haben, vor allenDingen,wennesstimmt,dassdieses Monstrum eine präzis gehende Sonnen uhr gewesen sein soll. Nun stell dir vor, du wohntest weit weg von diesem Zeit messer.EskostetedichTage–wennnicht Wochenmärsche, um die genaue Zeit zu
erfahren. Auf dem Hin- und Rückweg waren Drachen zu besiegen – furchtbar. DennochbringtunsdiesesGedankenspiel auf den richtigen Pfad. Am gescheitesten ist es immer noch, sich überhaupt nicht fortzubewegen. Wer sich von einem Ort zum andern begibt, verliert Zeit. Sehr schnellsogar.Wersichindessennichtvon der Stelle rührt, verfügt theoretisch über jede Menge Zeit, nicht zu tun, wozu er keine Lust hat. Denn wer seine Zeit mit unsinnigerBewegungverplempert,hatam Endekeinemehr,etwaswirklichAmüsan teszuunternehmen. DasistimhöchstenMaßeunfair,spe ziell für Leute, die in der Stadt leben. In demDorf,ausdemichherkomme,könnte
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erzähltes Leben
impressum Effilee GmbH Hospitalstraße 92 22767 Hamburg Telefon: +49 40 / 80 90 53 8-0 Fax: +49 40 / 80 90 53 8-22 info@effilee.de Herausgeber / Chefredakteur
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Hans Kantereit Artdirektor
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Andrea Thode Online
Dirk Müller Schlussredaktion
Thomas Rach Mitarbeiter dieser Ausgabe
Ana Baumgart, Axel Biesler, Sebastian Bordthäuser, Roland Brückner, Melanie Buml, Doris Engelke, Josef Fischnaller, Stuart Freedman, Serge Gorodish, John Hannah, Ursula Heinzelmann, Marcus Hesemeier, Andreas Hohenester, Kristian Ditlev Jensen, Alexander Kasbohm, Alexandra Klobouk, Köche ohne Grenzen, Fabian Maerz, Kai Mihm, Martin Mischkulnig, Norbert Müller, NeverSeconds, Martin Parr, Stevan Paul, Michaela Pfeiffer, Stuart Pigott, Christoph Raffelt, Robert Rant, Rattelschneck, Kirsten Reinhardt, Stephan Reinhardt, Susanne Schanz, Peggy Schatz, Ingo Scheuermann, Nils Schiffhauer, David Seitz, Maike Steenblock, Eckhard Supp, Christoph Teuner, Hendrik Thoma, Traduset, Max Vanderveer, Ulf Wendelstein, Susi Wilkat, Dirk Zehrt Verlagsleitung
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ich eine ganze Woche lang auf einem Bein herumstehen und kein Mensch würde Anstoß nehmen. Ich gebe zu, ich habe das noch nicht ausprobiert, denn eine Woche wäre wahrscheinlich sehr langweilig, aber ich halte mir die Möglichkeit offen. Wenn du dagegen in der Stadt wohnst, musst du in Bewegung bleiben, denn die Zeit ist dort schneller. Diese Tatsache verwirrt und betrübt die Menschen, aber das muss eigentlich nicht sein. Nimm dir mal eine Minute Zeit und bedenke Folgendes: Es gibt Zeit und es gibt Raum wie in der Science-Fiction. Wenn du bleibst, wo du bist, gehören dir 24 Stunden am Tag. Du verharrst im Raum
Wer sich nicht bewegt, verfügt über jede Menge Zeit, nicht zu tun, wozu er keine Lust hat und hast jede Menge Zeit zur Verfügung. Klar? Wenn du aber anfängst, herumzuziehen, was passiert? Du wirst mit deiner Zeit für Raum bezahlen. Du wirst herumrasen wie ein gedopter Windhund und die Zeit wird immer knapper, je schneller du dich bewegst. Unglücklicherweise versagen die meisten Menschen bei der Einsicht in diese simplen Tatsachen. Ein Beispiel dafür liefert die Polizei, die schlichtweg unfähig ist, den inneren Plan eines Menschen zu begreifen, der an einer Stelle verweilen möchte. Es bring sie dermaßen aus der Fassung, dass sie, falls die Person darauf beharrt, sich nicht im Raum zu bewegen, ihr die Bewegungsfreiheit völlig abschneidet. Diesen Vorgang nennen wir Festnahme oder in der Folge Arrest. So, langsam kommt Ordnung in die Sache, sehr nett. Jemand, der eine Gefängnisstrafe verbüßt, sitzt seine Zeit ab. Genau so ist es. Beim Militär ist es üblich, als Disziplinarmaßnahme Zeit vorzugeben, für die kein Raum zur Verfügung steht, zum Beispiel die bekannte Übung, bei der man auf der Stelle trampeln muss. Sinnlos, aber geräuschvoll. Als Gefreiter fiel ich einem Unteroffizier auf, als ich über die metaphysischen Dimensionen dieses Befehls nachgrübelte. Er ließ mich daraufhin zwei Mal um den Paradeplatz marschieren mit einem Rucksack voll Sand,
wobei ich Bewegungen ausführen musste, die man beim Militär on the double nennt. Das bedeutet, dass doppelt so viel Raum in derselben Zeit zur Verfügung steht oder umgekehrt derselbe Raum in der halben Zeit. Mann, war das aufregend. Was mich in den letzten zwei Jahren so richtig fertigmacht, ist der Wechsel von Sommer- und Winterzeit. Da wankte ich eines morgens in der Zuversicht, nur eine Viertelstunde zu spät zur Arbeit gekommen zu sein, plötzlich 45 Minuten zu früh in die leere Fabrikhalle. Das machte meinem Hirn eine Weile schwer zu schaffen, bis so ein Heini von Vorarbeiter aufkreuzte und mir den Trick erklärte. Er schickte mich trotzdem ans Werk, andeutend, dass es für die zu viel aufgewendete Zeit mehr Geld gäbe. Aber das klappte nicht, denn die Stechuhr, in die ich meine Karte stecken musste, um zu beweisen, dass ich in eigener Person präsent war, diese Stechuhr legte mich rein, die Sau, denn als es acht schlug machte sie etwas ganz hinterfotziges, eine Art Zeitsprung, der bewies, dass ich tatsächlich 15 Minuten zu spät dran gewesen war, woraufhin ich prompt einen Anschiss bekam. Wie Immanuel Kant sagte: Guten Morgen, Mutter. Wenn unsere Zeit schließlich abgelaufen ist, was von der Geburt aus gesehen am anderen Ende des Lebens der Fall ist, erleben wir das unvermeidliche Schauspiel eines Beerdigungsszugs. Egal wo, stets fahren Leichenwagen und die Autos mit den Trauergästen so langsam wie möglich, während die Leute auf der Straße stehen bleiben und zugucken. In den meisten Fällen führte die Person, die da vorbeigekarrt wird, ein völlig bedeutungsloses Leben, aber nun im Tod hat sie anerkanntermaßen ein großes Problem gelöst: das von Raum und Zeit. Vor einer Woche noch mag sie zur Arbeit gerannt oder im Verkehrsstau stecken geblieben sein, und hinter ihr schrie jemand: »Mach doch hinne!« oder »Penn nicht ein!« Nun aber braucht sie sich um Raum und Zeit nicht mehr zu kümmern, nun kontrolliert sie mühelos den Verkehr.
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Gib mir
Bücher The finest wines of Germany Das Fine Wine Magazine, nicht zu verwechseln mit Fine, das Weinmagazin, gibt in loser Folge eine Reihe von Führern durch die Weinregionen der Welt heraus. Für die deutschen Weine verpflichteten sie den Effilee-Autor Stephan Reinhardt. Ein Standardwerk, sorgfältig recherchiert, mit großartigen Fotos von John Wyand, die allerdings in der Litho etwas mehr Sorgfalt verdient gehabt hätten. Amerikanische Ausgabe, 20,95 Euro
schlaraffenland Wer das Glück hat, es zu dürfen, lernt mit Stevan Paul einen bemerkenswerten Menschen kennen. So eindrucksvoll lebendig leuchten seine Augen, dass man stets glaubt, das gesamte Wetter der letzten Woche in ihnen nachlesen zu können. Und so eindrucksvoll schreibt er auch. Wenn Autor Paul für seinen Leser isst, dann schmeckt der mit, wenn er für ihn trinkt, wird der besoffen, und wenn er für ihn lauscht, dann hört der. Man kann gar nicht anders, bei Hörbildern wie diesem: Unter Wasser lauschen. Das feine Klirren der Ankerketten im weit entfernten Fischereihafen … 15 brillant erzählte Geschichten, die man so schnell nicht vergisst, weil sie nachklingen. Weil Paul zu den Menschen gehört, die erst aufhören können, wenn der Letzte glücklich ist, gibt’s dazu auch noch 15 passende Rezepte. 18,90 Euro
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Apropos angeber
Ruhlman’s 20
In diesem »Backbuch« finden sich 41 Fotos von Ruth Moschner (auf vielen versucht sie sogar witzige Gesichtsausdrücke) und eines von Johann Lafer. Eindeutiges Urteil unserer Jury: Johann Lafer ist die schönere Frau. 16,99 Euro
Ruhlman bricht das Kochen auf 20 Techniken herunter, die jeden – durchaus auch den Könner – weiterbringen. Wer glaubt, dass Kochen mit Intelligenz zu tun hat, muss dieses Buch lesen. Amerikanische Ausgabe, 29,95 Euro
Liebe Droste, Heidelbach und Klink hatten wundervolle Bücher schon verfasst, über Wurst, Weihnachten, Wein, Wild und Gemüse. Damit diese feine Assoziationskette nicht unterbrochen würde, beschlossen sie, der Serie ein weiteres Werk hinzuzufügen und schrieben, zeichneten und kochten ganz zauberhaft zum Thema Liebe. 24,99 Euro
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2436 Kilometer
Die afrikanische Sonne wärmt auch in Dänemark. Man muss sie nur aus der Dose lassen
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erzähltes leben
Mit 80 Euro um die Welt Schon seit Menschengedenken hat Europa den Rest der Welt kolonisiert. Und selbst heute existieren noch Kolonien. Aber am einfachsten kommt man an die Rohstoffe fremder Länder, indem man dem örtlichen Supermarkt einen Besuch abstattet Text & Fotos: Kristian Ditlev Jensen Übersetzung: Traduset.de
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as sind das: Kolonialwaren? Ich habe ewig gebraucht, das dänische Wort Kolonial – im Sinne von Lebensmittel – zu verstehen. Heute kenne ich die Bedeutung. Däne mark war eine der großen Kolonialmächte. Spuren davon kann man auch heute noch in unseren Geschäften, Städten und Ge schichtsbüchern finden. Zigarren und alles, was mit Tabak zu tun hatte, war in Däne mark eine wichtige Sache. Und Vanille. Und Schokolade aus Ghana – dort florierte übrigens auch unser gigantisch angelegter Sklavenhandel. Es gab quasi einen Drei eckshandel, denn neben Ghana – wo man immer noch die Burg Christiansborg besu chen kann – besaßen wir auch Kolonien in
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Westindien. Auf Saint Thomas und Saint Croix tragen einige Straßen auch jetzt noch dänische Namen. Und Grönland – die größte Insel der Welt – ist heute noch unter dänischer Herrschaft. Kolonien hat es schon immer gegeben. In der Antike war Marseille eine griechi
Brasilien war portugiesisch. Kanada war französisch. Die Philippinen waren spanisch … sche Kolonie. Die Normandie in Frank reich hat ihren Namen von den Wikin gern bekommen, die die gesamte Gegend kolonisiert und von dort Wein, dunkel haarige Frauen und andere Kolonialwaren
importiert haben. Und Köln war früher eine römische Kolonie. Der Name Köln kommt auch tatsächlich vom lateinischen Wort colonia, das übersetzt Kolonie be deutet. Im englischen Namen Cologne, kann man das noch deutlicher sehen. Bis vor Kurzem waren noch sehr viele Länder oder Regionen im Kolonialbesitz von an deren Ländern. Alaska war zum Beispiel eine russische Kolonie, bis sie 1867 an die Vereinigten Staaten von Amerika verkauft und 1959 zum 49. Staat ernannt wurde. Australien war eine britische Straf ko lonie, seit Teile der Ostküste von Leut nant James Cook in Anspruch genommen wurden. Portugal besaß Macau, gegen über von Hongkong – was seinerseits den
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2. Schweiz
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Briten gehörte. Die Liste lässt sich endlos fortsetzen. Brasilien war portugiesisch. Kanada war französisch, dann britisch. Die Philippinen waren spanisch, bis die USA übernommen haben. Die USA waren ursprünglich selbst in dreizehn klar voneinander getrennte englische Kolonien in British America unterteilt. Und – als Teil ihrer Raumfahrtprogramme – hegen viele Nationen den Wunsch, den Weltraum zu kolonisieren. Bislang haben wir dort noch keine echten Kolonien, aber der Mond, der Mars, diverse Asteroiden und sogar frei schwebende Kapseln mit genügend Platz für menschliches Leben sind schon ernsthaft in Betracht gezogen worden. Wenn Sie nicht gerade nach Französisch-Polynesien oder in eine der anderen noch existierenden Kolonien reisen wollen, dann besuchen Sie am besten Ihren örtlichen Supermarkt. Über das Essen können Sie dort den ganzen Planeten in nur einer Stunde erkunden. Das kann Erinnerungen an frühere Reisen hervorrufen. Oder aber zu neuen Reisen anregen. Oder Sie können sich auf einen entspannten Trip zum Mars begeben – indem Sie sich den Schokoladenriegel kaufen, den Forrest Mars 1932 erfunden hat. Der wird immer noch im drittgrößten Privatunternehmen in Amerikas allererstem Staat produziert: Die Kolonie Virginia – die erste der britischen Kolonien in Amerika – wurde später zu den Vereinigten Staaten
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von Virginia, was sich dann wiederum in die USA, wie wir sie heute kennen, entwickelte. Oder Sie gehen die Sache gleich richtig an. So wie ich: Ich habe heute die ganze Welt mit nur 80 Euro bereist und dabei bin ich lediglich ganz langsam ein paar Hundert Meter durch meinen örtlichen Supermarkt gegangen. Haben Sie eine Stoppuhr, oder wichtiger noch, einen Taschenrechner parat? Vielleicht können wir es einfach Phileas Fogg aus Jules Vernes Roman Le tour du monde en quatre-vingts jours (In 80 Tagen um die Welt) von 1873 gleichtun. Fogg begibt sich darin von seiner Junggesellenbude in der 7 Saville Row, London, auf eine zweieinhalb Monate lange Reise um die ganze Welt, um am Ende eine Summe, die heute etwa anderthalb Millionen Euro entsprechen würde, zu gewinnen. Mein örtlicher Supermarkt heißt Irma. Nicht etwa, weil er aus Deutschland oder Österreich importiert wurde, sondern weil das Akronym JRMA diesem Name ähnelte. Das Logo – ein Mädchen, das wie Heidi aussieht – kam erst später dazu. Nicht viele Deutsche wissen das heute noch, aber früher war Irma eine so große Ladenkette, dass es auch Filialen in Hamburg, Kiel und Flensburg gab. Und das war zu Zeiten, als Norddeutschland keine dänische Kolonie war. Interessanterweise ist Irma die zweitälteste Super-
1. Litauen
1: 814 Kilometer 2: 1034 Kilometer marktkette der Welt. Nur Sainsbury’s in Großbritannien ist älter. Also hat Irma natürlich alles. Ich beginne meinen Einkauf in der Gemüseabteilung. Die Zwiebeln und Kartoffeln und so kommen natürlich aus Dänemark. Erst später, als ich noch mal darüber nachdenke, fällt mir ein, dass Kartoffeln ja ursprünglich aus Peru stammen. Ich entscheide mich für eine Mango aus Peru – von eben den Spaniern importiert, die das Land vor vielen Jahren kolonisiert haben. Ich nehme auch eine Ananas aus Costa Rica mit. In meiner Kindheit war Datteln ein abfälliges Wort für Immigranten. Später wurde das Wort dann auch als Synonym für Geld benutzt. »Hast du heut schon ’n paar Datteln verdient?« Ich persönlich assoziiere Datteln immer mit Weihnachten. Und da die Weihnachtszeit naht und wir den Geburtstag eines wichtigen Mannes aus dem Nahen Osten feiern, werde ich ein bisschen sentimental und ich greife zu einer Packung iranischer Datteln. Es muss mein Glückstag sein: Als ich die Schachtel öffne, finde ich einen Aufkleber, der mir versichert, dass die Datteln »bester Qualität« sind. In Skandinavien importieren wir auch viele Güter aus Europa. Und nicht nur das, wir importieren auch Menschen. Dänische Bauern importieren Arbeiter aus Lettland, Estland und Litauen, die die anstrengen-
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den und zeitaufwendigen Jobs erledigen, die die Dänen nicht mehr machen wollen. Aber in den ehemaligen Ostblockstaaten scheint Geld noch einen anderen Wert zu haben. Also grinse ich zufrieden, als ich meine litauischen Pilze – bestimmt sorgfältig handverlesen – einpacke. Die Blaubeeren in dem sündhaft teuren Saft, den ich in meinen Wagen stelle, sollen ebenfalls exquisit sein. Fast 10 Euro kosten mich die gepressten schweizerischen Früchte. Es wird als medizinisches Produkt verkauft, und auf der Flasche steht, dass ich einen Deziliter vor jeder Mahlzeit trinken soll. Früher war es noch ein Löffel amerikanisches Öl vorm Frühstück – zumindest in den Donald-DuckCartoons, die ich als Kind gern gesehen habe. Die amerikanischen Waren bekommen in meinem Wagen ihre eigene kleine Ecke. Und der Berg wächst. Rosinen aus Kalifornien. Die Dame auf der Verpackung ist noch immer dieselbe wie schon zu meiner Kindheit, was mich an die kleinen Schachteln mit Vanillezucker denken lässt. Ein afrikanisches Mädchen, das dem Ganzen einen exotischen Anstrich geben sollte, war da vorne aufgedruckt. Das Bild war so unverkennbar, dass der dänische Autor Ib Michael einen Roman mit dem Titel Das Vanillemädchen verfasst hat, worin er ihr ein ganzes Leben zusammenspinnt. Ich habe kürzlich gehört, dass es eine weitere
schwarze Schönheit – das Mädchen vom Cirkel-Kaffee vom dänischen Supermarkt Brugsen – wirklich gegeben hat. Das Bild, das auch heute noch die Kaffeepackungen ziert, wurde von einem Künstler gemalt, der einmal einen dänischen Matrosen in einer Bar in Kopenhagen getroffen hat. Dieser Matrose hatte eine Frau aus Afrika. Und die beiden Männer haben vereinbart, dass diese Frau als Kaffeemädchen Modell stehen sollte. Ich entdecke ein weiteres Teil vom nordamerikanischen Kontinent, aus Ka-
In den ehemaligen Ostblockstaaten scheint Geld noch einen anderen Wert zu haben nada: Ahornsirup. Der Klassiker. Ich finde eine Bio-Version und komme darüber ins Grübeln, ob die anderen nicht eigentlich auch sowieso bio sind? Wachsen Ahornbäume nicht wild? Als Nächstes greife ich zum Corona-Bier, das eine Art DoppelImport-Export-Geschichte hat. Zunächst haben die spanischen Conquistadores das Christentum und den Glauben an Jesus Christus nach Mexiko und Lateinamerika exportiert. Dann haben die Mexikaner ihr Bier nach dem Heiligenschein über Jesus’ Kopf benannt. Corona heißt Krone oder Heiligenschein. Und dann haben sie es zurück nach Europa exportiert – mit riesigem Erfolg.
Einen Gang weiter entdecke ich ein amerikanisches Retro-Souvenir. Oder wie nennt man das, wenn man etwas findet, das einen an einen ganz bestimmten Ort zurückversetzt? Ich habe vor langer Zeit einmal Avery Island in Louisiana, USA, besucht. Dort machen sie die echte Tabascosauce. Ich kann mich noch genau an den schwül-heißen Sommer erinnern. Nachts haben die Zikaden gezirpt, und ich bin in der extremen Luftfeuchtigkeit fast umgekommen. Die eigentliche Tabascopflanze birgt ein wahres Wunder – die grüne Tabascosauce. Sie ist viel milder und viel, viel aromatischer als die rote. Auf der Sco ville-Skala erreicht die normale rote Tabascosauce 2500 bis 5000. Die grüne Sauce misst einen Wert von 600 bis 800. Wer einen echten Kick braucht, muss eine Flasche Habanero-Tabasco trinken. 12 000 auf der Scoville-Skala. Das ist also nur etwas für Verrückte. Im Irma gibt es nur die rote Ausgabe, und das ist auch okay. Das erinnert mich daran, dass ich bald einen riesigen Topf Chili kochen muss. Oder Chile. Oder Chilli. In Amerika gibt es keine offizielle Schreibweise, da das Land so ein unglaublicher Schmelztiegel der Kulturen ist. Eine alleingültige Schreibweise würde nur all die anderen Minderheiten beleidigen. Aber ich kenne die Chili-Geschichte, und ich weiß, dass es in Wahrheit kein mexikanisches Gericht ist. Es ist amerikanisch – und man braucht dafür Tabasco. Ganz viel.
4. Costa Rica 3. Thailand
3: 8630 Kilometer 4: 9516 Kilometer Effilee #23 Winter 2012/2013
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erzähltes leben
Um mit dem nordamerikanischen Kontinent abzuschließen, kaufe ich noch etwas Schwedisches. Die Schweden sind nicht nur zu Tausenden emigriert, sie im portieren auch jährlich tonnenweise ame rikanisches Essen. Viele Anthropologen nennen sie gar die Amerikaner Europas. Die Schweden fahren gerne lange Stre cken mit dem Auto, sie mögen Demokra tie und Freiheit, und sie lieben … Cookies! Letzteres ist allein meine Theorie. Die ist vielleicht nicht wissenschaftlich erwiesen, aber grundlos sage ich das dennoch nicht: Marabou hat gerade einen Cookie mit der berühmten schwedischen Schokolade her ausgebracht. Viele Dinge entpuppen sich bei nähe rem Hinsehen als versteckte Importe. Ei nige Produkte halten wir für einheimisch, dabei sind sie in Wahrheit importiert … Als ich eine Tüte Stevi-Lakritz von Hari bo in die Hand nehme, erinnere ich mich plötzlich, dass ich erst als Erwachsener ge merkt habe, dass Haribo keine dänische Marke ist. Und als ich mir die Tüte genau er ansehe, lese ich, dass die Stevia-Fabrik in Südamerika steht. Die Aufschrift ver rät mir außerdem, dass Stevia schon seit Ewigkeiten in Japan anstelle von Zucker verwendet wird. Ich denke, es kann kaum noch exotischer werden, da bemerke ich, dass ich Lakritz als so dänisch empfinde, dass ich mir nie wirklich Gedanken darü ber gemacht habe, dass es auf einer chine
sischen Wurzel basiert, die mit der Erbse verwandt ist. Vielleicht empfinde ich es als so dänisch, gerade weil mein Volk immer die Welt bereist und kolonisiert hat? So oder so, Lakritz ist in Dänemark sehr, sehr stark, und so ist es schon immer gewesen. Alle dänischen Kinder kennen das gera dezu schmerzhafte Gefühl, einen echten dänischen Lakritzbonbon im Mund zu haben. Sie sind tatsächlich so stark, dass die EU sie zunächst verbieten wollte. Erst nach langen und hitzigen Verhandlungen war die Zukunft der dänischen Sorten ge
Viele Anthropologen nennen die Schweden die Amerikaner Europas sichert – jedoch müssen sie heute als Nur für Erwachsene deklariert werden. Um der Lakritz-Geschichte noch eine bizarrere Anekdote zu verleihen, mache ich mich auf in eine ehemalige Kolonie Däne marks. Seit 1944 ist Island unabhängig, aber als ich das letzte Mal dort war, habe ich diesen Umbruch noch sehr deutlich zu spüren bekommen. Ich konnte mich mit allen Leuten unter 40 auf Englisch unter halten – alle älteren Leute sprachen jedoch unglaublich fließend Dänisch. Noch son derbarer sind die isländischen Süßigkeiten. Als ich in meinem Irma die Schachtel mit Pipar Perlur – Pfefferperlen – sehe, füh le ich mich sofort in eine dunkle Winter
nacht in Reykjavik zurückversetzt, wo ich diese Dinger im Kino gegessen habe: mit Schokolade überzogener Lakritz in Lak ritzpulver gewälzt. Ideal zum Übertönen von unangenehmem Mundgeruch, wie man ihn zum Beispiel nach dem Verzehr von Walsteaks hat. Einige der exotischen Dinge, die ich in meinen Einkaufswagen lege, sind in Wahr heit eher exotische Momente aus meinem Leben. Es gibt beinahe vergessene kleine Inseln in meinem Gedächtnis, die ich erst jetzt wieder besuche. Ein Schwiegervater, der Vater einer meiner Freundinnen aus Teenagerjahren, hat mir beispielsweise ge zeigt, wie man grüne Pfeffersauce macht: einfach eine Dose grünen Pfeffer aus Ma dagaskar mit etwas Sahne in eine Pfanne kippen. Und ich erinnere mich plötzlich, wie ein Mitstudent damals in den 90ern einen Haufen Harissa auf eine Schawar ma getan hat. Ich war mir sicher, dass er sterben würde, da ich immer nur etwas von dem Öl auf mein Essen geträufelt habe. Er hat mich ausgelacht. Und dann hat er mit erklärt, dass der Großteil nur Tomaten püree ist. Seitdem habe ich schon so einige gestandene Männer mit demselben Trick beeindruckt – und genauso oft habe ich die süßen Tomaten genossen. Einmal, auf einem Roadtrip durch den Süden Portugals war die Straße vor mir plötzlich von parkenden Autos blo ckiert. Überall liefen Leute umher. Und
5. Brasilien
6. Argentinien
5: 9812 Kilometer 6: 12079 Kilometer 80
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7. Madagaskar 8. Neuseeland
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dann haben wir plötzlich gemerkt, dass sie alle die teuren Pinienkerne vom Boden sammelten. Einige Familien, in denen alle Männer, Frauen und Kinder mithelfen, erwirtschaften so ein kleines Vermögen. Ich muss beinahe 5 Euro für das winzige Tütchen Pinienkerne zahlen, das ich heute vom Regal nehme. Und diese sind den weiten Weg aus Pakistan gekommen. Manchmal erzählen die Produkte im Supermarkt nicht nur Geschichten, sondern vermitteln auch Geschichte. Auf die Caprice-Waffeln in der kleinen Dose dort trifft beides zu. Ich erinnere mich daran, dass mein Vater die immer mit Eis serviert hat. Für einen Kuchenbäcker hatte er einen furchtbaren Geschmack für Süßes. Aber dann lasse ich meine Gedanken schweifen. Warum kommen die kleinen knusprigen Waffelröllchen ausgerechnet aus Griechenland? Beinahe alle Süßigkeiten in Europa haben denselben Ursprung: den Nahen Osten. Sie sind mit dem otto manischen Baklava, dem französischen Nougat (das in Wahrheit sizilianisch, also halb arabisch ist) und gezuckerten Nüssen aller Art verwandt. Wir importieren viele Dinge, denen wir dann unseren eigenen Stempel aufdrücken. Eines der dänischsten Getränke überhaupt ist Cocio-Kakao. Traditionell wird er mit den roten dänischen Hotdogs getrunken und gilt daher als Fast Food und deswegen als schlecht. Zwar mag er nicht
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supergesund sein, aber wirklich schlecht ist er nicht. Er besteht aus Milch, Zucker und – besonders wichtig – aus ganz feiner Schokolade, die von der Elfenbeinküste in Westafrika importiert wird. Und das ist etwas, das wir uns ganz bestimmt nicht zu eigen machen wollen. Wir wollen, dass es weiterhin exotisch, fremd und abenteuerlich bleibt. Und so was spiegelt sich auch oft in der Verpackung wider. Immer wenn ich Couscous der Marke Ali Baba kaufe, fühle ich mich sehr arabisch. Ich kann kaum abwarten nach Hause zu kommen und ihn mit zimtwürzigem Lamm, Datteln und Aprikosen zu kochen – vielleicht sogar in meiner Tajine aus Algier. Aber wenn man das Kleingedruckte auf der Packung liest, muss man feststellen, dass der Couscous in Italien hergestellt wird. Und das ist auch eigentlich nicht anders zu erwarten. Würden die Araber etwa 1001 Bulgur-Nacht an sich selbst vermarkten? Nein, wahrscheinlich nicht. Die Geschichte von Ali Baba und den 40 Räubern ist das Verlangen nach etwas Exotischem, ein europäischer Traum vom Orient. Die Südsee, Tahiti und letztendlich Hawaii haben später für uns dieselbe Traumrolle eingenommen. Und auch heute träumen wir noch vom Fremdartigen, vom Abenteuer. Vielleicht existiert es noch in Japan. Vielleicht kann man es in Städten wie Mekka finden, die für Nicht-Muslime unzugänglich sind und deswegen fantastisch erscheinen. Vielleicht
7: 8894 Kilometer 8: 17978 Kilometer suchen wir aber auch nach einem geheimnisvollen, wilden Dschungel – wie den, den ich im Kühlregal entdecke. Die Dose Guaraná-Drink ist pflanzengrün, und jeder Schluck verspricht, mir den Zauber des brasilianischen Regenwaldes etwas näher zu bringen. Einige Produkte in meinem Einkaufswagen finde ich eher überraschend als exotisch. Die argentinische Dulce de leche ist in Wahrheit schlicht gekochte, süße Kondensmilch. Basmatireis heißt übersetzt eigentlich nichts anderes als Duftreis. Und die Packung Rohrzucker ist in ein Land importiert worden, das einst zu den größten Zuckerproduzenten Europas zählte – dank dem Rohrzucker aus den Kolonien. Nach einer guten Stunde im Laden stehe ich endlich mit meinen Kolonialwaren an der Kasse, zahle mit meiner Kreditkarte – eine amerikanische Erfindung aus den 1920ern – und steige in ein Taxi. Und der Fahrer – bester türkischer Import – fährt mich in Nullkommanichts vor meine Haustür … Hier ging unser Autor auf Reisen: Irma, Falkoner Plads, Sylows Alle 17, 2000 Frederiksberg, Dänemark Bis die abgebildeten Waren in Frederiks berg landeten, haben sie zusammen eine Luftlinie von 71 193 Kilometern zurück gelegt.
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eigener herd
Mit sechs Blogs um die Welt So pünktlich wie der Ruf des Muezzin hallt die Frage zur Mittagszeit durch den Redak tionsflur: »Türke? Vietnamese? Koreaner? Inder? Marokkaner?« Die Vielfalt, die uns um gibt, ist erstaunlich und macht Lust, gelegentlich mal im größten lebendigen Kochbuch der Moderne zu blättern. Wir haben sechs Foodblogger gebeten, uns ihre Lieblings rezepte von jeweils einem Kontinent zu schicken
Europa: Meine Variation des Szegediner Gulasch (SzÉkelygulyás) mit Semmelknödelchips Für 3–4 Personen 1 kg Rindergulasch 2 ½ EL Butterschmalz 50 g Speckwürfel 250 g Zwiebeln, in halbe Ringe geschnitten 5 Knoblauchzehen 4 Karotten, längs halbiert 1 TL Paprikapulver, edelsüß ½ TL Salz 700 ml Rinderbrühe (evtl. mehr) 500 g Sauerkraut 200 g saure Sahne 1. In einem großen Topf ½ Esslöffel But terschmalz erhitzen und die Speckwürfel darin anbraten. Aus dem Topf nehmen und beiseitestellen. Im gleichen Topf einen weiteren Esslöffel Butterschmalz erhitzen und die Zwiebeln und die Karottenhälften darin goldgelb anbraten, dann Knoblauch zehen dazugeben und kurz mitbraten. Herausnehmen und beiseitestellen.
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2. Nun den letzten Esslöffel Schmalz erhitzen und das Fleisch scharf darin anbraten. Zwiebeln, Karotten und Speck hinzufügen und vermischen. 3. Paprikapulver und Salz unterrühren und mit 600–700 ml Rinderbrühe knapp bedecken. Zugedeckt 1 ½ Stunden leise köcheln lassen. Gelegentlich umrühren, dabei eventuell Flüssigkeit nachgießen. Sauerkraut untermischen und nochmals 20 Minuten köcheln lassen. 4. Mit Semmelknödelchips und saurer Sahne servieren. Semmelknödelchips 5 altbackene Semmeln, klein gewürfelt 1 mittlere Zwiebel, klein gewürfelt 1 EL Butterschmalz 1 EL Petersilie, fein gehackt 2 Eier (Größe M) 200 ml Milch ½ TL Salz 30 g Mehl etwas Olivenöl
zu den Brotwürfeln geben. Petersilie ebenfalls im heißen Fett kurz braten und zufügen. 2. Eier mit der Milch verquirlen und unterrühren. Masse salzen. Gut verrühren. Zum Schluss das Mehl untermischen. 3. Nun mit feuchten Händen etwa 10 Knödel formen. Wasser aufkochen lassen und salzen. Hitze reduzieren und Knödel darin 10–15 Minuten ziehen lassen. Sie sind fertig, wenn sie anfangen, sich um ihre Achse zu drehen. Herausnehmen, abtropfen und abkühlen lassen. 4. Knödel in dünne Scheiben schneiden, auf ein Backblech legen und mit Olivenöl beträufeln. Bei 180 Grad 10–15 Minuten zu knusprigen Chips rösten. Rezept und Foto: Susanne Schanz www.fotografie-schanz.de www.la-petite-cuisine.blogspot.com
1. Semmelbrotwürfel in eine große Schüssel füllen. Zwiebel in heißem Butterschmalz goldgelb anbraten und
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Der Schmelztiegel Europa hat’s gut: Kraut und Rüben mit feiner Beilage
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eigener herd
Buntes Treiben in der Neuen Welt: Avocado meets Speck und Radieschen
Nordamerika: Mexikanischer avocadosalat für 2 Personen als Hauptgericht oder für 4 Personen als Beilage Der Mann und ich sind schon seit Jahren diesem superleckeren Salat verfallen. Er passt einfach zu (fast) allem und ist im Sommer wie im Winter – mit Reis, Brot oder zum Grillen, zum Picknick, allein, als Beilage – einfach immer prima. Die Zutatenliste löst bei vielen Leuten erst einmal Stirnrunzeln aus (Radieschen?!). Hat man aber einmal probiert, will man eigentlich nur noch diesen Salat essen. 4–5 große, reife Tomaten 2 reife (!) Avocados Zitronen- oder Limettensaft 1 Bund Frühlingszwiebeln 1 Bund Radieschen 100 g gestreifter Speck (Bacon) 1 TL Olivenöl 3 EL Rotweinessig
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1 Prise Cayennepfeffer Salz Pfeffer 1 Prise (Rohrohr-)Zucker 1. Die Tomaten in schmale Spalten schneiden, dabei den Stielansatz ent fernen. 2. Avocados längs halbieren, mit einem Löffel das Fruchtfleisch von der schmalen Seite her in einem Stück auslösen und in Spalten schneiden. Die Avocadospalten mit Zitronen- oder Limettensaft beträu feln, damit sie sich nicht verfärben. 3. Frühlingszwiebeln putzen und den wei ßen und grünen Teil in Ringe schneiden. 4. Radieschen ebenfalls putzen und entweder von Hand in dünne Scheiben schneiden (braucht etwas Geduld) oder in der Küchenmaschine durch den Raspel aufsatz jagen (geht sehr schnell). 5. Den Speck in Würfel oder Streifen schneiden und in einer Pfanne mit 1 Tee löffel Olivenöl bei mittlerer Hitze langsam ausbraten. Aus der Pfanne nehmen und
zur Seite stellen. Zu dem verbliebenen Bratöl 3 Esslöffel Rotweinessig, eine Prise Cayennepfeffer, Salz, Pfeffer und eine Prise Zucker geben und einmal aufko chen lassen. 6. Die warme Marinade über den Salat geben und mit dem gebratenen Bacon bestreuen. Salat einmal behutsam durch mischen und servieren. Rezept und Foto: Melanie Buml www.GourmetGuerilla.de
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China: Am Ende kommt es knüppeldick
Asien: »Bang Bang«-HÜhnchen Für 4 Personen Keine Angst, der Rezeptname soll Sie nicht dazu animieren, ein Huhn zu erschießen. Er steht für ein sehr leckeres und einfaches, aber extrem aromatisches Rezept aus China, genauer Sichuan. Sternanis, Sichuanpfeffer und einige andere Zutaten wetteifern darum, Ihnen die Sinne zu rauben. Bang Bang wird in China in verschiedenen Varianten produziert, diese fand ich besonders lecker. Was es mit dem »Bang-Bang« auf sich hat, erfahren Sie in den Zubereitungstipps! 300 g Hühnerbrust 4–6 Ingwerscheiben 5–8 Körner Sichuanpfeffer 2 Stück Sternanis ½ Gurke
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2 Knoblauchzehen 2 EL Sesampaste 2 EL Sojasauce 2 EL Zucker 1 EL Apfelessig 2 TL Sake ½ TL Fleur de Sel 1 EL Wasser 1 EL geröstete Erdnüsse
8. Nun die Hühnerbrust mit der Hand in lockere Streifen zerlegen. 9. Gurken- und Hühnerstreifen ver mengen. 10. Die fertig gemischte Sauce darübergießen. 11. Die Erdnüsse mit dem Nudelholz grob zerdrücken, darüberstreuen und servieren.
1. Wasser mit Ingwer, dem Sichuanpfeffer und Sternanis aufkochen. 2. Die Hühnerbrust reintun und je nach Größe etwa 15 Minuten gar kochen. 3. Die Gurke (Bio) in sehr feine Streifen schneiden. Nun die Sauce mischen. 4. Zuerst die Knoblauchzehen sehr fein hacken. Dann … 5. Sesampaste, Sojasauce, Zucker, Essig, Sake, Salz und Wasser hinzufügen und alles gründlich mischen. 6. Die Hühnerbrust rausnehmen und auf ein sauberes Schneidebrett legen. 7. Ein Nudelholz (Bang Bang!) nehmen und auf die Brust schlagen.
Tipp: Durch kräftiges Klopfen wird die Struktur des Fleisches lockerer. Rezept und Fotos: Dirk Zehrt www.gourmet-blog.de
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Südamerika: Lachs-Ceviche für 2 Personen 300 g Lachs, ohne Haut 1 große Limette 1 kleine rote Spitzpaprika 1 kleine gelbe Spitzpaprika 2 Frühlingszwiebeln 1 Schalotte ½ Chilischote 8 Tropfen Sesamöl frischer Koriander Fleur de Sel, Pfeffer 1. Den Lachs von Haut und braunem Tran befreien, in kleine Würfel schneiden und in eine Schale geben. Mit dem Saft der Limette begießen, durchmischen und beiseitestellen. 2. Paprika wenn möglich häuten und genauso wie Frühlingszwiebeln, Zwiebel und Chili in sehr kleine Stücke hacken. Die Zutaten nach 15 Minuten zusammen mit dem Öl zum gesäuerten Lachs geben.
Afrika: Marokkanische Tajine Für Ca. 8 Personen
Alles frisch in Südamerika: Limetten, Chili, Fisch und Koriander
Korianderblätter klein zupfen und unter die Ceviche mischen. 3. Mit Fleur de Sel und Pfeffer abschmecken. Wem die starke Säure nicht bekommt, der kann sie mit etwas braunem Zucker mildern. Sofort servieren, damit der Garvorgang durch die Säure nicht zu weit fortschreitet.
Rezept und Foto: David Seitz
www.schlaraffenwelt.de
Tipp: Auf geröstetem Weißbrot angerichtet, kann die Ceviche auch als südamerikanischer Bruschetta-Ersatz serviert werden.
8 mittelgroße Kartoffeln (800 g) 4 mittelgroße Karotten (400 g) 5 Tomaten (500 g) 2 große Zwiebeln 4 Knoblauchzehen 1 TL fein gehackter Koriander 2 EL fein gehackte Petersilie 4 cl Olivenöl etwas Wasser Ras el-Hanout 120 g Oliven 250 g getrocknete Pflaumen 1 kleine Dose Erbsen (140 g) Salz Pfeffer
3. In einem Tajinetopf Öl erhitzen und die Zwiebeln mit Knoblauch anbraten. Wenn die Zwiebeln glasig sind, die Karottenund Kartoffelstücke und ca. 300 ml Wasser dazugeben. 4. Sobald die Kartoffeln halb gar sind, die Tomatenwürfel, die Kräuter, Ras el-Hanout, Oliven, Pflaumen und Erbsen hinzugeben und ca. 10 Minuten kochen. 5. Anschließend mit Salz und Pfeffer abschmecken und ca. 5 Minuten auf kleiner Flamme kochen lassen. Rezept und Foto: Verein Köche ohne Grenzen www.koeche-ohne-grenzen.com
Alles gar in Marokko: viel Gemüse und Ras el-Hanout
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1. Kartoffeln und Karotten schälen und Kartoffeln längs etwa daumendick schneiden. Karotten in gleich dicke Scheiben (diagonal) schneiden. 2. Die Tomaten blanchieren, schälen, entkernen und in kleine Würfel schneiden. Zwiebeln würfeln, Knoblauch klein hacken, Kräuter fein hacken.
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Oben Kirschen unten Sahne: So mag man’s in Down Under
Neuseeland: Pavlova mit karamellisierten Kirschen für 4 Stück 3 Eiweiß (M) 1 Prise Salz 125 g Zucker 1 TL frisch gepresster Zitronensaft ½ TL Zimt 500 g Süßkirschen 2 EL Amaretto 1–2 EL brauner Zucker (Muscovado) 200 g Schlagsahne 100 g Crème fraîche oder Schmand 1–2 EL gehackte, ungesalzene Pistazien 1. Backofen auf 100 Grad vorheizen. 2. Das Eiweiß mit einer Prise Salz in einer hohen Schüssel mit dem Hand mixer schlagen. Wenn das Eiweiß beginnt, Spitzen zu formen, langsam den Zucker zugeben und anschließend den Zitronen saft. So lange weiterschlagen, bis das Eiweiß glänzend und richtig steif ist (kann einige Minuten dauern). Zum Schluss den Zimt auf kleiner Stufe vorsichtig unter rühren.
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3. Ein Backblech mit Backpapier aus legen. Mit Spritzbeutel und großer Tülle 4 Körbchen (jeweils Boden plus Rand, etwa 10–15 cm Durchmesser) aufspritzen. 4. Auf mittlerer Schiene im Backofen 2 Stunden trocknen. Sofern der Herd keinen Entlüftungsschlitz hat die Tür einen Spalt offen lassen. Dann dauert das Trocknen länger. Die Baiser-Körbchen im Backofen auskühlen lassen. Sie sollten sich beim leichten Klopfen auf den Boden hohl anhören. Man kann das Baiser bereits einige Tage zuvor herstellen und in luftdicht verschlossenen, trockenen Behältern aufbewahren. 5. Für die karamellisierten Kirschen den Backofen auf 200 Grad erhitzen. 6. Die Kirschen waschen, trocknen, hal bieren und entsteinen. In einer Schüssel mit dem Amaretto und dem braunen Zucker vermischen und einige Minuten marinieren. 7. Die Kirschen auf ein Backblech mit Backpapier streuen und auf oberster Schiene im Backofen bei angeschaltetem Grill 5–10 Minuten rösten, bis die Kirschen weich und karamellisiert sind. Sie können heiß, warm oder kalt mit der Pavlova serviert werden. Allerdings zerläuft die
geschlagene Sahne etwas, wenn die auf liegenden Kirschen zu warm sind. 8. Für die Sahnefüllung Schlagsahne und Crème fraîche (bzw. Schmand) in einer Schüssel steif schlagen. Die ungesüßte geschlagene Sahne in die ausgekühlten Baiser-Körbchen füllen und obenauf oder als Beilage die karamelli sierten Kirschen mit (oder ohne) Pista zienstreuseln servieren. Tipp: Um unkontrolliertes Gleiten der Pavlovas auf dem Teller zu vermeiden, kann man einen Klecks der geschlagenen Sahne auf den Teller geben und die Pav lova damit fixieren. Quelle: Blog delicious days Rezept und Foto: Peggy Schatz www.multikulinarisch.de
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Gib mir
Schokolade
Unser Redaktionsprogrammierer schwört drauf: die Schokoladendiät. Schlägt garantiert nicht auf die Laune. Wichtig: Auf Abwechslung achten, um Mangelerscheinungen vorzubeugen
EDELBITTER Früher nannte man es Herrenschokolade, um Frauen und Kinder fernzuhalten. Heute versuchen die Mädels, ganze Kerls damit anzulocken. Die Zeiten ändern sich, das Rezept bleibt. Erst kommen mindestens 70 Prozent Kakao rein, Milch und Zucker können sich um den restlichen Platz streiten. Feine Sache! Für runde 6 Euro bei www.mutterland.de
Für Spachtler Davon träumt nicht nur Bob der Baumeister! Wer sich zu fein ist, sein Nutellabrot zu schmieren wie jeder andere auch, der greife zur Spachtelmasse von Deli-Garage. Eine Freude fürs Auge. Bei der Schokolade, die der mitgelieferte, vollautomatische Handspachtel verstreicht, muss man allerdings eins zudrücken. Für süße 18,60 Euro pro 250 Gramm bei the-deli-garage.de
Fotos: Andrea Thode, Hersteller
NICE TO SWEET YOU So schmeckt Fusionsküche noch mal so gut. Die bewährte Vollmilch von Lindt bekommt Besuch aus den USA. Man kann es hier zwar nicht sehen, aber schmecken: Die Brownie-Karamell-Füllung verleiht der Leckerei ein wenig amerikanische Unbekümmertheit. Auf Deutsch: delicious, crispy, crunchy, tasty und yummy. Für 2 Euro und ein paar Zerquetschte an jeder besseren Ecke.
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Gib mir
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Schokolade
Hamburg schokt Nein! Da steht nicht kokst. Hamburg schokt ist das Motto des Kakao Kontors Hamburg. Alles handgemacht, der Milchschokolade mit gesalzenen Erdnüssen von unserem Beweisfoto schmeckt man die Liebe an. Wer auch Zuneigung braucht: Auf www.kakao-kontor.de umsehen und seine 75 Gramm für 4,50 Euro per Mail bestellen. Der Webshop wird gerade noch handgemacht.
Wohlfahrts Salzstäbchen Der Prenzlauer Berg ist doch für was gut! Denn dort steht das Labor von Schokotüftler Wohlfarth. Seine 20 Zentimeter langen und angenehm dünnen Essstäbchen enthalten neben allerbester Schokolade 1 Prozent Meersalz, das die edle Süße so geschickt mit einem rauen Ton unterlegt, dass man im Prinzip erst wieder aufhören kann, wenn beide Hände auf dem Rücken gefesselt sind. Gibt’s in Weiß, in Milch und in Kakao für angemessene 6,50 Euro pro 75 Gramm bei www.wohlfarth-schokolade.de
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Menschen
Wilhelm Andraschko Der stillstand birgt das Scheitern in sich Text: Ursula Heinzelmann Foto: Josef Fischnaller
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in Wiener Weltenbummler, den es Ende der 1970er nach Berlin verschlägt, wo alles so viel beweglicher und im Werden ist: »Leben ist immer Aufbruch, Aufmerksamkeit und Lernen, nicht Stillstand.« Das Leben des Wilhelm Andraschko, von allen nur der Willy genannt, ist alles andere als Stillstand. Wien sei so »gesettled«, klagt der 55-Jährige, dort neue Formate einzuführen, sei quasi unmöglich. Berlin biete immer neue Felder, sei immer unfertig. Doch er wäre nicht Wiener, wenn er nicht gleich auch die Nachteile Berlins anprangern würde. In Berlin erwarte man nie, auf bewährte Formate zurückzufallen, sondern reite täglich neu auf der Schaumkrone der Trendwelle, ohne verlässlich Bleibendes zu hinterlassen. Nahezu unmöglich sei es hier, positive Ikonen wie ein Wiener Kaffeehaus oder eine italienische Kaffeebar zu installieren. Das ist natürlich – wiederum ganz dem Wiener Ursprung entsprechend – gehörige Tiefstapelei. Andraschko hat das 1978 von Uschi Bachauer gegründete Café Einstein in Berlin als Mitbesitzer und -betreiber geprägt wie kein Zweiter. Und obgleich er sich bereits vor sieben Jahren aus dem Einstein zurückgezogen hat, lassen ihn Film und Fernsehen dort immer wieder mit Zeitung und Mélange posieren. Genaue Vorstellungen zum Thema Kaffeehaus hat er, keine Frage. Als das Gespräch aufs Hawelka kommt, ein Heiligtum unter den Wiener Adressen und offensichtlich auch für Andraschko ein Orientierungspunkt, graust es ihn vor der »internationalen Versandhaus-Plastikwäsche«, die da kunterbunt und scheußlich umherliege. Als Nicht-Cafétier geht einem erst nach einigen Momenten auf, dass er wohl Mäntel und Jacken der touristischen Hawelka-Besucher meinen wird. Der weiche Wiener Singsang lässt die Bemerkung allerdings etwas liebenswerter klingen, als sie sich liest. Man müsse sich Respekt verschaffen, sonst kippten Ikonen schnell zur Staffage ab, werde aus dem Kaffeehaus eine Konditorei. Idealerweise
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fungiere ein Kaffeehaus wie ein Salon, sei ein Zugangsort für Fremde. Das Einstein war zu Andraschko-Zeiten alles andere als eine Konditorei. Ende der 1970er war das Café in der alten Villa Roßmann bei Weitem nicht so schick und aufgeputzt wie heute, sondern ein kultureller Freiraum. Ein Ort, an dem man als Schüler des benachbarten Französischen Gymnasiums seine Freistunden verbringen konnte, wo ein freier Geist herrschte und bis Ende der 1980er allwöchentlich Konzerte mit der Avantgarde der NeueMusik-Szene stattfanden. Als sei ihm der Kaffeehausbetrieb nicht mehr interessant genug gewesen, begann Andraschko sich Anfang der
Man macht im Leben eh alles richtig, sonst müsste man ja alles in Frage stellen 1990er mit dem Kaffeerösten zu beschäftigen. Die italienische Tradition war ihm bereits vertraut, doch jetzt lernte er die amerikanische Specialty Coffee Association kennen und knüpfte Kontakte in der damals jungen Szene dort. Er schaute, und fragte, und probierte, Methoden, Bohnen, Maschinen, Händler. Und stellte schließlich im Vorraum des Café Einstein einen Röster auf, aus dessen Betrieb sich eine gestandene Kaffeerösterei entwickelte, die heute als Einstein Kaffee Rösterei in einem alten Charlottenburger Fabrikgebäude residiert. Beinahe nebenbei gründete er außerdem eine Familie – der Willy ohne die Elisabeth ist heute quasi undenkbar – und eröffnete 1996 zusammen mit Geschäftspartner Gerald Uhlig das Café Einstein Unter den Linden. Doch auch damit setzte er sich nicht zur Ruhe (»Der Stillstand birgt das Scheitern in sich!«). An der amerikanischen Westküste hatte er die Café-Form kennengelernt, die seine Vorstellung von Italianità – ein schneller, aber guter Kaffee an der Theke bestellt und bezahlt – auch für Nicht-Italiener erlebbar machte. Im August 1999 eröffneten Einstein
Coffeeshops in der Friedrichstraße und am Hackeschen Markt. Das Angebot war so klar und einfach wie in Amerika, ohne Kellner »mit blöden Sprüchen« und ohne Hemmschwellen, doch die Einrichtung elegant-europäisch mit Marmor, dunklem Holz und weißen Porzellanleuchten. »Das war eine irrsinnige Aufbruchzeit, mit ungeheurer Bewegung, alles hat funktioniert.« 25 Shops sollten es werden in Berlin, 180 deutschland-, ja, europaweit. So schwer vorstellbar es heute scheint: In Deutschland kam Andraschko Starbucks beinahe drei Jahre zuvor. Doch dann platzte die Dotcom-Blase, alles fuhr »von der Autobahn aufs Schotterbett«, und nach nur drei Jahren musste Andraschko mit den Coffeeshops in Ermangelung von Investorengeld Insolvenz anmelden. Scheitern trotz Bewegung? Der Wiener sieht das anders: »Man macht im Leben eh alles richtig, sonst müsste man ja alles in Frage stellen.« Für ihn war alles Vorherige wichtig, um zum heutigen Lebensinhalt zu finden: Kaffee kaufen, rösten und verkaufen. Arabica, Spitzenqualität, in knallrote Tüten verpackt. Mit der Gastronomie hat er endgültig abgeschlossen. »Jetzt läuft alles in so schön geradlinigen Einzelschritten, ich wünschte nur, ich hätte das a bisserl eher erkannt.« Er reist zu den Ursprüngen seiner Kaffeebohnen, möchte irgendwann einmal alle Produzenten persönlich kennen und bevorzugt trotzdem in der Tasse die Mischung, »nur so erreicht man diese ungeheure Komplexität, die so glücklich macht«. Wenn das jetzt untypisch nach Angekommensein und gesettled klingt, ob auf Wienerisch oder Berlinerisch – Andraschko wäre nicht der Willy, wenn er nicht nebenbei Coffeeshops als Franchise-Unternehmen betreute und schon wieder an einem neuen Projekt bastelte: ein virtuelles Kaffeehaus namens Moka Consorten. Kein Scheitern, sondern stets ein Werden. www.andraschkokaffee.com
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Ein Teller von Hans Haas: Lauwarmes Saiblingsfilet mit Apfel, Sellerie und Holunderblütenfond Interview: Vijay Sapre Fotos: Andrea Thode
Kochkunst
Das Tantris gilt vielen als die Wiege der deutschen Gourmetküche. Nach Eckart Witzigmann und Heinz Winkler ist Hans Haas seit 1991 erst der dritte Küchenchef in 41 Jahren und zeigt auch heute noch, wie man kochen muss, wenn man nicht nur höchste Bewertungen, sondern auch regelmäßig ein volles Haus haben will
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Kochkunst
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inwunderschönerGang,Herr Haas,vorallemderHolunder duft.Wiekriegtmandashin? Nun, wir schütteln die Holunderblüten sorgfältig aus, zupfen die Stiele ab und nehmen nur die weißen Blütenblätter. Die werden in Öl eingelegt, lauwarm zwei Tage stehen gelassen und danach abgeseiht. Dazu gibt es eine Tomaten essenz, die wird ganz leicht reduziert, etwas Kartoffel hineingerieben, noch etwas Limettensaft und zum Schluss wird das mit dem Öl aufmontiert. MachenSiedasselbst,dasÖl? Ja, es ist ganz wichtig, dass das selber gemacht ist. So was bekommt man nir gends, das hat keiner. Wichtig ist, wenn man die Blüten erntet, dass es vorher nicht geregnet hat, dann haben die einen ganz anderen Geschmack. UndderFisch? Man kann Saibling nehmen, oder Huchen, Forelle, das ist alles sehr gut dazu. Der Fisch wird unter der Folie gegart. UnterderFolie,alsonichtsous-vide? Nein. Ich nehme einen Teller, etwas Butter drauf, dann würze ich den Fisch leicht, mit Salz und weißem Pfeffer, lege ihn da drauf, bestreiche den Fisch mit etwas Butter und gebe eine Klarsichtfolie darüber. Dann schiebe ich ihn in den Ofen, bei 80 Grad, 15 bis 20 Minuten. Entwickelt habe ich das Gericht eigent lich mit dem Tellerrechaud, weil das hat ungefähr diese Temperatur. Drunter kommt ein Selleriepüree, dar auf der Fisch, obendrauf fein geschnitte ner Apfel und ein bisschen Erbsenschote dazu der Sud und das war’s schon. Dasklingtallesganzeinfach! Das ist auch einfach. Aber in der Einfachheit liegt oft auch die Schwie rigkeit. Da muss das Produkt stimmen, alle Zutaten müssen passen, und es muss harmonieren. So war schon immer meine Philosophie. Einfach und konzentriert auf den Geschmack. Es muss vor allem schmecken. Das ist das Wichtigste beim Essen, oder?
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WielangekochenSiedasschonso? Das gibt es schon lange. Das mit der Folie habe ich schon vor Jahren erfunden und das Gericht so acht, neun Jahre. VondendreiKöchenimTantrissindSie derdienstälteste? Ja, der Eckart Witzigmann war sieben Jahre hier, der Heinz Winkler 13 Jahre und bei mir sind es jetzt 21 Jahre. Wirwarengestern,aufeinenDienstag abend,hierundwarenbeeindruckt,wie volleswar. Ja, Sie haben gesehen, was da passiert! Bei uns läuft ja was. Wir kochen ja nicht nur für 20 Couverts, sondern – so wie gestern, das haben wir tagtäglich. EinesehrlebendigeAtmosphäre,gar nichtandächtig. Wissen Sie, was ganz wichtig ist, in einem Gasthaus muss Leben sein. Und wir sind auch ein Gasthaus. Das Essen muss passen, ganz klar, aber wenn jeder nur ehrfürchtig und still über dem Essen sitzt, ist das auch keine Freude. Ich geh ja auch ins Restaurant, um mich zu un terhalten.
Das Tantris ist ein Gasthaus, und in einem Gasthaus muss Leben sein WokommtderSaiblingher? Den krieg ich aus Landsberg am Lech. Ich habe mittlerweile viele kleine Bauern, die uns schon jahrelang beliefern und immer top Qualität liefern. Wir fahren viel nach Tirol und holen da unser Fleisch. Ich kaufe auch noch ganze Kälber und halbe Rinder, auch um den Leuten in der Küche das beizubrin gen. Das kann ja keiner mehr, irgendwas auslösen. Die sind schon gut, wenn sie die Teile einer Keule wissen. Daswirdnichtmehrgemacht. Ja, ich sag immer, irgendwann wird das wichtigste Gerät die Schere, weil dann musst es nur mehr aufschneiden. SchereundPinzette? Ja, das ist auch wichtig!
AberdiePinzettebenutzenSieauch nicht,oder? Nein! (lacht) Sind Sie da draufgekom men? Haben Sie das gestern gesehen? Sind keine Hummereier hingezirkelt worden? Mein Stil war immer so ein bisschen locker. Locker und trotzdem perfekt. WiesindSiezumKochengekommen? Ich sag immer, eigentlich war mein Bruder schuld. Wo ich herkomme, aus der Wildschönau in Tirol, da hat’s ja nicht viel gegeben, ein paar Bauern und ein bisschen Fremdenverkehr. Mein Bruder half in einem Gasthof aus und hat mich einmal mitgenommen. Die Chefin hat gesehen, wie ich mit angepackt habe, und gefragt: »Du, Hans, kannst nicht morgen wiederkommen?« Da war ich elf Jahre alt. So bin ich in den Kochberuf hinein gerutscht. Sie haben mir einen Kochhut aufgesetzt, wenn ich keine Ohrwascheln gehabt hätte, wäre mir der ins Gesicht gerutscht. Alle meine Ferien hab ich dort verbracht. Mir hat’s Spaß gemacht und dann war für mich klar, dass ich Koch werde. Meine Lehre hab ich auch in die sem Gasthof gemacht. DieAlternativewäreSkifahrergewesen? Ich bin früher sehr gut Ski gefahren, aber damals gab es nicht die Möglich keit. Von zu Hause war kein Geld da und die Förderung war auch noch nicht so wie heute. Aber das hat schon alles ge passt. Das Skifahren ist noch immer ein Riesenhobby. Dann war mein Ziel aber, einfach gut kochen zu lernen. Von dort kam ich zum Bachmair in Weißach am Tegernsee, dazu hat mir der Metzgermeister, der uns immer beliefert hat, verholfen. Da war ich zweieinhalb, drei Jahre und danach beim Erbprinz Ettlingen. Da war ich auch knapp drei Jahre. Danach bin ich zum Haeberlin gekommen. Wiekamesdazu? Ich wollte beim Erbprinz weg und dann sagte der Chef: »Ja, Haas, wo wollen Sie denn hin?« Ich sag: »Gern zum Haeberlin«, sagt er: »Wenn Sie noch ein halbes Jahr bleiben, dann helfe ich Ihnen,
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1. Unter der Folie gart der Saibling schonend bei ca. 80 Grad 2. Hans Haas und Sous-Chefin Sigrid Schelling beim Anrichten 3. Für das Foto bringt der Chef den Teller persönlich
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Kochkunst
Eine Symphonie in Orange – seit diesem Jahr steht das Tantris unter Denkmalschutz
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dass Sie da hinkommen!« DieZeitver streicht,irgendwannkommterdaher, hautmiraufdieSchulterundsagt: »Hans, zum Haeberlin kannst nicht, aber du kannst ins Krokodil nach Straßburg«.Daswärauch okaygewesen,aberHaeberlinwardas, woraufichmicheingestellthatte.Dahat derChefGardemanger,derBuck,gesagt: »Weißt was, ich hab jetzt Geburtstag und ich fahr da rüber, da kommst einfach mit.« Der kannteauchdenMarcHaeberlin.Wir sinddarübergefahren,habengegessen underhatmitihmgesprochen.Dannsagt er: »Jetzt gehst du noch hin zum Chef und redest mit ihm!« Undichhabmitihmkeine dreiSätzegesprochen,dasagter: »Hans, fangst am 3. März an.« WielangewarenSieda? BeimHaeberlinwaricheineinhalb Jahre.Damalswaresnochso,dassdie ÖsterreichernichtsolanginFrankreich bleibendurften.Danachhatergesagt: »Jetzt gehst zum Eckart.« Indie Aubergine? Indie Aubergine.Dawarichdannvier einhalbJahrelangSous-Chef.Daswar wirklicheinesuperZeit.EckartWitzig mannwareinsuperChef.Sehrstreng, abermanhateinfachsovielgelernt. Danachbinichinden Brückenkellernach Frankfurt,daswardamalseinunbekann tesHaus,dawarichviereinhalbJahre langChef.Unddannhatmich1991Herr Eichbauerins Tantrisgeholt. Dasscheintjagutgepasstzuhaben? Ja,ichdurftemachen,underhatgese hen,dassesgutist.IchhabefreieHand, unddasistwichtig.Nursokannman sichentfalten.
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UndsindSiezufrieden? Jasehr.Ichglaube,wennmannicht zufriedenwäre,könntemansowasnicht solangeaufdemNiveaumachen.Dann wirdesverkrampft. Was,glaubenSie,machtdenUnter schiedauszwischeneinemrichtigguten undeinemmittelgutenKoch? IchglaubeesistauchdiesesDurch haltevermögen.ImmerjedenTagvon
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Kochkunst
Architektur, Schriftzug, Betonskulpturen und natürlich die Küche machen das Tantris zum Gesamtkunstwerk
NeuemGaszugeben.Niezusagen,das passtschonso.Sondernimmerwieder Motivationzuzeigen.Etwaszuerreichen, istschonschwer,aberdasdannauchzu halten,istjanochvielschwerer.
Lauwarmes Saiblings filet mit Apfel, Sellerie und Holunderblütenfond für 4 Personen 4 Saiblingsfilets von je etwa 60–80 g 1 Apfel (Granny Smith) 1 Stange Sellerie 6 Zuckerschoten etwas Kartoffelpüree Holunderblütenöl Holunderblüten neutrales Pflanzenöl
Selleriepüree 500 g Knollensellerie, grob gewürfelt Salz 1 Spritzer Zitronensaft 50 g Sahne 3 EL gebräunte Butter Cayennepfeffer Holunderblütenöl 1. Holunderblüten von den Stielen zupfen. Anschließend in einem Messbecher bis 500 ml füllen und mit ca. 50 Grad war mem Öl aufgießen. 2. Ca. 2 Tage an einem warmen Ort ziehen lassen und passieren. An einem dunklen kühlen Ort hält sich das Öl etwa 1 Jahr.
Tomatenfond 12 vollreife Tomaten Salz, Cayennepfeffer, Zucker Gin Champagneressig Saft von 1 Limone
Tomatenfond 1. Tomaten waschen und fein zerschnei den. Mit Salz, Cayennepfeffer und Zucker würzen, mit Gin, Champagneressig und Limonensaft im Mixer pürieren. 2. In ein Passiertuch geben, dieses am Ende zubinden und über einem Topf aufhängen. Den Saft (es sollte ca. 500 ml ergeben) über Nacht abtropfen lassen.
Holunderblütenfond 500 ml Tomatenfond 200 ml Holunderblütenöl 1 Limone Salz, Cayennepfeffer
Holunderfond Tomatenfond auf 250 ml reduzieren, Saft von 1 Limone, Salz und Cayenne pfeffer zugeben. Vom Ofen nehmen und das Holunderblütenöl einrühren.
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Selleriepüree 1. Selleriewürfel mit Wasser bedecken, mit Salz und Zitronensaft würzen und weich kochen. 2. Das Kochwasser gut zur Hälfte abgie ßen und den Sellerie mit dem Rest sowie der Sahne und der gebräunten Butter in der Moulinette pürieren. Warm halten. 3. Vor dem Servieren gut durchrühren und mit Cayennepfeffer abschmecken. Fertigstellen 1. Die Saiblingsfilets entgräten, dann auf beiden Seiten leicht salzen. Eine feuer feste Form mit Butter ausstreichen. Die Filets nebeneinander hineinlegen und mit etwas Butter bestreichen. 2. Die Form mit Klarsichtfolie fest ver schließen und den Fisch auf der unteren Schiene des auf 80 Grad vorgeheizten Ofens in 10–12 Minuten je nach Dicke der Filets garen. Die Form aus dem Ofen nehmen und die Saiblingsfilets ein paar Minuten ziehen lassen. 3. Apfel, Sellerie und Zuckerschoten in feine Würfel schneiden und im Holunder fond leicht erwärmen. 4. 1 Esslöffel Selleriepüree in einem vor gewärmten Teller geben. Vom gegarten Saiblingsfilet die Haut abziehen, leicht salzen, Apfel, Sellerie und Zuckerscho ten zugeben, auf das Püree setzen und mit ca. 5 Esslöffel Holunderblütenfond übergießen.
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Erzähltes Leben
Das Leben ist kein Gänsehof Schneeweiß, warm angezogen und munter schnatternd über die Wiesen spazieren … So ein Gänseleben ist das Schlechteste nicht. Vorausgesetzt man verbringt es auf dem richtigen Hof Text: Alexander Kasbohm Fotos: Andrea Thode
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Gänsefleisch mit dem Fotografieren aufhören? Zusammenhalt geht den scheuen Schwarmtieren über alles
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Oben: Essen fassen – ausgesuchtes Futter ergibt ausgesuchtes Fleisch Unten: Alois Kuntschke – mit ganzer Seele Gänsezüchter
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erzähltes leben
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s ist Dienstagabend und ich rufe den Gänsehalter Alois Kuntschke an. Ich möchte einen Termin und ich möchte ihn schnell. Mittwoch. Die Zeit drängt wie ein Porschefahrer auf der Überholspur. Bald ist Weihnachten – zumindest wenn man nach der Gebäckauswahl im Supermarkt geht – und wir wissen noch gar nicht, wo die Gänse eigentlich herkommen. Alois Kuntschke ist sofort bereit, meldet aber Bedenken an: »Ob morgen der richtige Tag ist? Ich hab grad Wetterbericht gesehen. Morgen soll hier Weltuntergang sein. Nehmen Sie lieber Gummistiefel mit.« Also wird solides Schuhwerk eingepackt. Der Weltuntergang schreckt mich nicht. Nasse, kalte Füße schon. Am nächsten Morgen machen wir uns bei leichtem Nieselregen in Hamburg auf den Weg, verfahren uns einmal quer durch Mittelholstein und kommen bei heiter bis wolkigem Wetter auf dem Hof an. »Der Wetterbericht ist auch nicht mehr, was er mal war«, sagt Alois Kuntschke mit einem Blick in den hellgrauen Himmel. »Seit der nicht mehr vom Deutschen Wetterdienst kommt, sondern jeder offenbar seinen eigenen Bericht macht, stimmt da gar nichts mehr.« Alois Kuntschke ist groß, zupackend, hat eine kräftige Stimme, die das Gänseschnattern mühelos übertönt. An den Schläfen werden die Haare langsam grau. Er zeigt die Landstraße entlang: »Wir gehen dann am besten mal zu Fuß rüber zu den Gänsen.« Neben der Straße führt ein Trampelpfad vom Haus der Kuntschkes direkt an den Auslaufzonen des Geflügels vorbei, der Chef geht in Bomberjacke und Jeans voran. »Hier um den Hof rum haben wir einen elektrischen Zaun wegen der Füchse. Die hauen sonst auch gerne mal über 20 Gänse in einer Nacht weg. Die denken halt, der ganze Schwarm sei ein Tier, und dann beißen sie so lange zu, bis sich nichts mehr bewegt. Und wenn die dir in der Nacht 50 Gänse reißen, kannst du am nächsten Morgen deinen Jahresurlaub
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vom Hof karren.« Wir schlagen uns weiter durchs Buschwerk. »Die Krähen sind auch gefährlich.« Ich bin erstaunt. Krähen greifen Gänse an? »Ja. Gänse, Hasen. Vor allem die Jungtiere. Was die Grünen erzählen ist alles Quatsch. Also ich bin ja nun weiß Gott kein Schwarzer oder Jäger oder typischer Bauer. Aber Krähen und Raben sind verdammt schlaue Biester. Die jagen im Team, da haben die Gänse keine Chance.« Wir sind jetzt, an den Barbarie-Enten vorbei, bei den Gänsen angelangt. »Klettern Sie am besten mal hier über den Zaun rüber. Da ist zwar Strom drauf, aber nicht so doll.« Wir stehen zwischen den Gänsen, die uns aus sicherer Entfernung beobachten. »Also, um das klar zu sagen: Ich bin kein zertifizierter Bio-Mäster. Ich arbeite mit
Die Füchse hauen auch gerne mal über 20 Gänse in der Nacht weg Bio-Höfen zusammen und werde von denen auch beliefert. Meine Schlachterei hier hat aber ein Bio-Zertifikat. Nicht, dass Sie da Quatsch schreiben und die Beamten dann denken, ›Was erzählt der Kuntschke da für ’nen Scheiß‹. Das ist ja alles streng geregelt.« Die Gänse bewegen sich im Pulk langsam über die Wiese. »Unsere Biobauern füttern hofeigenes Getreide und Zusatzfutter von zertifizierten Zulieferern. Im Prinzip werden die Tiere wie Bodybuilder ernährt, mit viel Eiweiß. Was die Tiere essen, wirkt sich natürlich auch auf das Fleisch aus, auf den Geschmack. Es gibt Halter, die füttern ihre Gänse mit Apfeltrester. Wir versuchen, so zu füttern, dass das Fleisch mager, aber zart ist. Die Leute wollen ja immer mageres Fleisch.« Früher war Alois Kuntschke als Ingenieur bei der Lufthansa mit Triebwerkswartung beschäftigt, bis er 1980 den Hof gekauft hat. »Wir hatten in der Familie schon immer Gänse gehabt, aber nicht im großen Stil. Irgendwann kamen dann immer mehr Nachfragen und dann habe ich mich
darauf konzentriert. Zurzeit habe ich etwa 3800 Gänse hier.« Alois Kuntschke kratzt sich am Kopf. »Für jemanden, der zu Hause zwei Katzen hat, sind das natürlich eine Masse Tiere. Für ein Geschäft sind es nicht so viele. Wir halten hier Holsteiner Freilandgänse. Die sind relativ wenig gezüchtet, recht klein und nah an der Natur.« Wir stehen mitten auf dem Hof, in unserem Rücken die Landstraße, rechts Gänse, links Gänse, noch weiter links Enten und dann das Haus. Am Horizont Wald, und der Himmel über Mittelholstein wird immer dunkler grau. Um die Gatter herum sieht es aus, als hätte Frau Holle einen besonders enthusiastischen Tag gehabt. »Die Gänse mausern alle sechs Wochen. Jetzt nach der Herbstmauser kann man noch so zwei Wochen rechnen, bis es ans Schlachten geht. Die Daunen unserer Gänse werden zu Betten und Polstern verarbeitet.« Alois Kuntschke hebt eine von den kleinen, weichen Brustfedern auf und zeigt wie filigran sie verästelt ist, um isolierende Luftpolster zu bilden. »Etwas Besseres gibt es nicht, da kommt Chemie nur schwer mit.« Die Tiere leben immer in Gruppen von Gleichaltrigen zusammen. »Die Gänsedamen fangen im Februar schon an, die ersten Eier zu legen, und dann legen sie bis zu 50 Stück. Das heißt, die ersten Küken schlüpfen im März, die letzten dann im Juni. 24 bis 28 Wochen dauert es dann, bis sie schlachtreif sind. Früher hat man Gänse erst mit 36 Wochen geschlachtet. Aber je älter sie werden, desto fester und weniger zart ist das Fleisch.« Wir versuchen, uns näher an die Gänse heranzupirschen. »Ich habe extra das Wasser und das Futter nach vorne gestellt, damit sie etwas rankommen für die Fotos. Gehen Sie mal ein büschn hier rüber, hier ist nicht so viel Gänsescheiße.« Wir stehen jetzt auf Höhe der metallenen Futterbehälter, die auf der Wiese stehen wie zwei rostige Öltanks, und geben dem Federvieh Zeit, sich an unsere Anwesenheit zu gewöhnen.
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Erzähltes Leben
»Ich habe mich mit dem Verkauf auf Ham burg spezialisiert.« Alois Kuntschke gesti kuliert grob in eine Richtung in der un gefähr Hamburg liegen könnte. »Was soll ich nach Frankfurt oder Berlin liefern, wenn ich die reichste Stadt Deutschlands direkt vor der Tür habe?« Der Gänseschwarm schiebt sich vorsichtig näher. Die Tiere bleiben immer zusammen auf einem Haufen, und langsam verstehe ich, dass ein Fuchs so einen Schwarm für einen einzigen großen Organismus halten muss. Ich frage Alois Kuntschke, ob es da nicht oft zu großen Verlusten kommt, wenn die Gänse immer auf einem Haufen stehen. »Das geht, da passiert nicht so viel. Doof ist, wenn man eine Order über 2000 Gänse hat und der Kunde abspringt. Das ist mir auch schon passiert. Da musste ich dann hier über die Dörfer fahren und versuchen, die loszuwerden.«
»Gans kann man ja auf sehr unterschied liche Weise zubereiten. Gerade zu Weihnachten natürlich vor allem sehr traditionell. Grund sätzlich darf man Gans nicht zu lange kochen, dann wird sie fest und trocken. Bei Gastro nomen hat sich inzwischen rumgesprochen, wie das im Prinzip geht.« Alois Kuntschke schaut zu seinen Gänsen herüber, die sich langsam zu ihrem Futter trauen. »Klar, sonst würde ja auch niemand in die Restau rants kommen. Aber die Köche haben auch alle eigene Methoden. Das ist halt Geschmacks frage. Es gibt in Hamburg ja sehr verschiede ne, sehr gute Restaurants. Zum Teil auch ganz
Bei kräftigem Westwind stellen sie sich in den Wind und flattern ein paar Meter unscheinbar, dass sich da kein Tourist hin ver laufen würde, weil es von außen aussieht wie eine Seeräuberkneipe.« Ich wundere mich, dass die Gänse nicht über die niedrigen Gatter ausbüxen. »Nee. Die können ja nicht fliegen.« Der gelernte Flugzeugingenieur schaut mit gefurchter Stirn zu seinen Gän sen. »Hm, vielleicht könnten sie. Wenn man sie anders füttert. Wenn kräftiger Westwind weht, dann stellen sie sich in den Wind und flattern ein paar Meter. Dann landen manch mal auch welche auf dem Feld auf der anderen Straßenseite. Aber die Gänse kommen immer
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Die Federn sind gelassen. Der Topf kann kommen
von alleine zurück zu ihren Kumpels, alleine fühlen die sich nicht wohl.« »Da drüben beim Haus ist unsere neue Schlachterei. Der Vorteil bei uns ist der ex trem kurze Weg. Vor dem Schlachten kommt die Gans eine Nacht in die Ruhebox und dann ist innerhalb einer halben Stunde alles vorbei. Wir müssen die Tiere nicht tagelang im Last wagen herumkarren. Tiere artgerecht zu hal ten, wie es so heißt, kostet natürlich mehr Geld als industriell.« Alois Kuntschke lehnt sich an den Zaun. »Bei Lebensmitteln da sind die Leute geizig wie ’ne Wand. Für ein neues Handy nehmen sie Kleinkredite auf und den Fernseher bezahlen sie auf Raten, aber das Essen soll immer schön billig sein. Und wenn sie dann auf ihrem neuen Fernseher eine Re portage über Massentierhaltung sehen, sind sie schockiert.« Am Himmel hängen inzwi schen schwer bedrückend schwarze Wol ken, aus denen erste Tropfen auf uns fal len.. »Wollen Sie noch einen Kaffee trinken?« Wenn es keine Umstände macht, gern. »Umstände macht es natürlich, aber das ist okay, sonst hätte ich ja nicht gefragt.« Wir gehen den Trampelpfad zwischen Geflügel und Straße zurück und erreichen das Haus Sekunden vor dem Wolkenbruch.
Am Küchentisch sitzen Frau und Töchter und ein Enkelkind beim Kaffee trinken. Stühle werden gerückt und wir werden mit Kaffee und selbstgebackenem, noch warmem Apfelkuchen versorgt, während draußen jetzt doch noch der Weltuntergang anbricht. Aber wir sind ja drinnen. Bezugsquelle Einen Hofverkauf betreibt Alois Kuntschke nicht. Interessenten in und um Hamburg haben jedoch die Möglichkeit, die Bokelholmer Bio-Gänse über das Restaurant Landhaus Scherrer zu beziehen. Eine Gans kostet: roh und ungebunden
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roh und gebunden
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gebraten
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gebraten mit Beilagen (4 Pers.) 158 Euro http://landhausscherrer.de/enten-gaensebestellung/effilee
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kochkunst
Gans im Fett Statt in den Ofen stecken wir die Gans in einen Topf mit heißem Fett. Der Vorteil: Statt mehrerer Stunden braucht sie 45 bis 50 Minuten, um gar zu werden, und man braucht keine Angst zu haben, dass sie austrocknet. Einige Vorsichtsmaßnahmen sollte man allerdings beachten Text: Vijay Sapre Fotos: Andrea Thode
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Kochkunst
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1. Außen knusprig, innen saftig. So soll die Gans sein. 2. Die Konstruktion mit Draht und Topfdeckel macht es leicht, die Gans langsam und kontrolliert in das Fett hinabzulassen. 3. Vorher mit Wasser abmessen, wie viel Fett man braucht, um die Gans zu bedecken. 4. Die Füllhöhe (ohne Gans) kann man wie gezeigt mit einem Stab markieren. 5. Das Fett braucht eine ganze Weile, bis es geschmolzen ist und die nötige Temperatur erreicht hat. 6. 45 Minuten im sprudelnden Fett genügen der Gans. 7. Sorgfältig abtropfen lassen. Anschließend gönnen wir der Gans 30 Minuten Ruhezeit, während wir Kartoffeln und Rotkohl zubereiten …
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m Süden der Vereinigten Staaten ist die Methode, einen ganzen Truthahn in heißem Fett zu frittieren, in den letzten Jahren sehr populär geworden. Zum einen geht es schnell und das Ergebnis ist wirklich außerordentlich zart und knusprig. Warum, haben wir gedacht, soll man das Gleiche nicht mit einer Gans zu Weihnachten machen? Man braucht eine Gans, eine ganze Menge Fett, einen ausreichend großen Topf, einen Gasbrenner und gutes Wetter, denn die Aktion eignet sich nicht für die Küche, sondern sollte unbedingt in den Garten verlegt werden. Außerdem einen Drahtkleiderbügel, wie man ihn von der Reinigung mitbekommt, und einen kleinen Topfdeckel. Den Kleiderbügel biegt man auseinander und befestigt an einem Ende den Topfdeckel. Das andere Ende zieht man durch die Gans hindurch, vom unteren Ende zum Hals, die dann praktisch auf dem Topfdeckel sitzt und mit dem Draht später in das Fett hinabgelassen werden kann. Den Gasbrenner stellt
man an einer freien Stelle so auf, dass er auf keinen Fall umkippen kann. Als Nächstes messen wir ab, wie viel Fett wir brauchen, um die Gans schwimmen zu lassen. Dafür legen wir sie in den Topf, gießen so viel Wasser zu, bis sie bedeckt ist und nehmen die Gans wieder heraus. Nun kann man – zum Beispiel mit einem Stab – markieren, bis zu welcher Stelle das Fett reichen muss.
Wichtig ist gutes Wetter, denn für die Küche eignet sich die Aktion nicht Anschließend muss die Gans unbedingt innen und außen sorgfältig abgetrocknet werden. Salzen und pfeffern, dann ist sie schon mal so weit fertig. Um das Fett zu erhitzen, sollte man sich Zeit nehmen. Idealerweise erhitzt man es in Etappen, erst auf 100 Grad, lässt es eine Viertelstunde ruhen, erhitzt dann auf 130 Grad, lässt erneut ruhen und erhitzt anschließend auf 175 Grad. Wich-
tig ist, das Wetter im Auge zu behalten, denn ein Topf mit heißem Frittierfett und ein Regenguss sind eine hochgefährliche Kombination, vor allem, weil ja unter dem Topf ein offenes Feuer brennt. Natürlich wird das Fett heftig sprudeln, wenn die Gans hineingegeben wird. Deshalb muss man unbedingt, sobald die Temperatur von 175 Grad erreicht ist, den Brenner abschalten. Dann erst wird die Gans vorsichtig in das Fett hinabgelassen. Sobald das Fett sich etwas beruhigt hat, kann man den Brenner wieder einschalten. Wichtig ist, die Temperatur im Auge zu behalten, sie sollte sich die ganze Zeit über bei ca. 170 bis 180 Grad befinden. Die Garzeit beträgt 8 bis 10 Minuten pro Kilogramm, unsere Gans war nach 45 Minuten außen knusprig und innen zart und saftig. Anschließend aus dem Fett nehmen, am langen Arm gründlich abtropfen lassen und auf einem Blech, das mit Küchenkrepp ausgelegt wurde, mindestens 20 Minuten ruhen lassen.
SafEty first Heißes Fett ist gefährlich, vor allem, wenn eine offene Flamme in der Nähe ist. Wir haben einige Tipps und Regeln zusammengestellt, die sicherstellen sollen, dass nichts passiert 1
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1. Feuerlöscher 2. standsicherer Gaskocher 3. Koch thermometer 4. Gasflasche 5. Drahtbügel 6. kleiner Deckel 7. sehr großer Topf 8. Frittierfett
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Ein Feuerlöscher sollte unbedingt griffbereit sein. Wichtig: bei Fettbränden muss es ein Pulver- oder ein CO2-Löscher sein. Auf keinen Fall mit Wasser löschen!
Nur geeignetes Frittierfett mit hohem Rauchpunkt (190 Grad) verwenden.
Der Gasbrenner muss auf einer feuerfesten ebenen Fläche stehen, sodass er auf keinen Fall umkippen kann.
Die Gans muss von innen und außen sorgfältig abgetrocknet werden, damit es nicht zu sehr spritzt.
Der Topf muss groß genug sein, sodass, auch wenn das
Das heiße Fett nie unbeaufsichtigt lassen!
Fett sprudelt, nichts überschwappt.
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getrunkene Flasche
Penfolds Grange 2004 Text: Vijay Sapre Foto: Andrea Thode
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rahtig, schlank, mit einem schwarz-weiß karierten Jackett erscheint Peter Gago zum Termin. Er sieht aus wie Lou Reed in den 90er-Jahren. Der Winemaker von Penfolds ist auf Welttour – gestern Köln, morgen Frankfurt, am Wochenende Los Angeles. Der Jetlag nagt, aber er lässt sich kaum etwas anmerken. Später wird es ein gesetztes Essen geben, bei dem verschiedene Penfolds-Weine verkostet werden, der Flieger morgen geht um sieben, aber jetzt sind wir verabredet, um erst mal eine Flasche Grange 2004 zu trinken. Abgemacht ist abgemacht! »Zum Glück«, sagt er, »ist das ein sehr trinkbarer Wein. Der kann sicherlich noch einige Jahrzehnte liegen, aber man kann ihn jetzt schon wunderbar genießen.« Stimmt. Das ist ohne Zweifel ein großer Wein, aber auch ein sehr zugänglicher. Ob ich die Geschichte des Grange kenne, fragt er, und »klar«, sage ich, »ich habe mich vorbereitet, aber erzählen Sie ruhig noch mal.« In den 50er-Jahren hieß der Wine maker bei Penfolds Max Schubert. Der war neugierig, aufgeschlossen und ehrgeizig. Von einem Besuch der wichtigen Weinbaugebiete Europas kam er zurück mit dem Plan, einen australischen Wein zu machen, der mindestens 20 Jahre lager fähig wäre. Außerdem brachte er moderne Techniken der Vinifikation mit, vor allem Temperaturkontrolle und Fässer aus neuer französischer Eiche. Er entschloss sich, Shiraz zu verarbeiten, die Traube, die in Europa Syrah heißt und aus der zum Beispiel Hermitage gekeltert wird, an der nördlichen Rhône. Deshalb hieß der Grange zunächst auch Grange Hermitage, was aber später wegen der Verwechslungsgefahr zu Grange geändert wurde. Shiraz war (und ist) die häufigste rote Rebsorte in Australien, und so konnte er sicherstellen, dass immer ausreichend Trauben von allererster Güte zur Verfügung standen. Der erste Jahrgang war 1951. Schubert arbeitete mit Wärmetauschern, um die Fermentationszeit exakt zu kontrollieren,
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und füllte einen Teil des Weins in neue Fässer und einen anderen zur Kontrolle in einen gealterten, neutralen Fuder. Nach zwölf Monaten waren beide Chargen klar, körperreich und von großartiger, dunkler Farbe. Während der Wein aus dem Fuder sehr gut, aber nicht außergewöhnlich war, war jener aus den Holzfässern ein in jeder Hinsicht großer Wein. So dachte jedenfalls Max Schubert. Andere waren anderer Meinung. Der Wein schmecke nach »wilden Früchten, getrockneten Beeren, wobei zerquetschte
Ein Kritiker schrieb, der Wein schmecke nach Früchten, Beeren und zerquetschten Ameisen Ameisen dominieren«, schrieb ein renommierter Kritiker. Kein Wunder, dass die Eignerfamilie nach einiger Zeit unruhig wurde, angesichts der jedes Jahr größer werdenden Menge von offensichtlich unverkäuflichen Flaschen, die Schubert produzierte. 1957 bekam er daher die schriftliche Anweisung, die Produktion des Grange Hermitage einzustellen. Zum Glück war Schubert stur und produzierte seinen Wein weiter. Die entsprechenden Trauben abzuzweigen, gelang ihm relativ einfach, allerdings war es unmöglich, heimlich neue Eichenfässer zu kaufen. So mussten zunächst die Fässer aus den Vorjahren herhalten; nach Schuberts Einschätzung fallen die entsprechenden Jahrgänge auch etwas schwächer aus. Wäre die Sache in diesen Jahren aufgeflogen, hätte Schubert sich sicherlich eine neue Stelle suchen müssen und die Welt wäre um einen großen Wein ärmer. Die Zeit war auf Schuberts Seite, die ersten Jahrgänge reiften und wurden feiner und weicher. Jetzt gab es nicht mehr nur Tadel, sondern auch erstes Lob für den Grange. Nach und nach drang das auch in die Chefetage durch, und 1960 erhielt Schubert den Auftrag, die Produktion wieder aufzunehmen. Angesichts dessen wurde das Geständnis, sie wäre nie
unterbrochen worden, eher freudig aufgenommen. 1962 auf der Weinshow in Sydney fegte der 1955er Grange alle Konkurrenten weg. Insgesamt gewann dieser Jahrgang in der Folge 50 Goldmedaillen. Robert Parker nannte den Grange den einzigen Grand Cru, das einzige Große Gewächs Australiens. Dieser Begriff legt die Herkunft der Reben aus einer exakt begrenzten geografischen Lage nahe. Beim Grange ist das nicht der Fall, stattdessen werden jedes Jahr aufs Neue aus allen verfügbaren Lagen die besten Trauben ausgesucht. »In gewisser Weise«, gibt Gago zu, »ist das das Gegenteil eines Einzellagen-Terroirweins. Die Puristen mögen die Nase rümpfen, aber für uns ist das wirklich das Beste, was aus einem Jahrgang herauszuholen ist. Es gibt keine Regeln, außer, dass der GrangeStil erhalten bleiben muss und dass das Niveau erreicht oder übertroffen werden muss. In manchen Jahren fügen wir etwas Cabernet Sauvignon hinzu, 2004 zum Beispiel 2500 Liter vom Block 42 Kalimna.« Die Grundweine werden separat fermentiert und anschließend von dem verantwortlichen Panel blind verkostet. Zunächst wird festgelegt, welche Weine in die Cuvée kommen, die dann zum Reifen in neue Fässer gefüllt wird. Der Stil dieses Weins ist tatsächlich sehr eigen. Etwas satter als viele Hermitages, aber keineswegs so wuchtig, wie es das Vorurteil gegenüber australischen Weinen will. Eine feine, schmeichelnde Süße zieht einen gewissermaßen in die Flasche hin ein, die denn auch langsam, aber sicher geleert wird. Am Ende zeichnet sie sich durch das aus, was laut Gago einen großen Wein ausmacht: »Wenn die Flasche alle ist, und du denkst, ›Hätt ich bloß eine Magnum aufgemacht!‹.« Penfolds www.penfolds.com Aktuell im Handel ist der Jahrgang 2007, wer sucht, findet auch 2004.
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Der Lebkuchenmann Die Geschichte von Arthur war ursprünglich eine Weihnachtsgeschichte. Fast so unglaubwürdig wie eine Wandersage über Mitmenschlichkeit, spontane Hilfsbereitschaft, Fürsorglichkeit und süße Lebkuchen. Doch Geschichten verwandeln sich im Laufe des eigenen Lebens. Die wahre Geschichte über den Lebkuchenmann aus meiner Kindheit erfuhr ich erst, als ich erwachsen war Text: Kristian Ditlev Jensen Foto: plainpicture/C&P Übersetzung: Norbert Reiter
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ines der ersten Dinge, an die ich mich erinnern kann, ist die elegante Goldkette. Arthur ist bei uns zu Besuch. Er sitzt im vornehmen alten Sessel, ein Erbstück von Großmutter. In einen adretten Anzug – sogar mit Weste – gezwängt. Über dem sich abzeichnenden Bäuchlein baumelte die Goldkette. Eine Uhr habe ich nie gesehen. Die Kette hängt da nur. Alle meine Erinnerungen an den Besuch von Arthur bei meinen Eltern sind Momentaufnahmen von unten. Ich kann mich an seine Schuhe erinnern, das braune Leder, ganz nah. Seinen Kopf über meinem. Die feinen Linien seines faltigen Gesichts. Die liebenswürdigen blauen Augen. Und das schüttere graue Haar um seine hellen, nordischen Gesichtszüge. Doch mehr als alles andere ist mir dieser Geschmack im Gedächtnis geblieben. Der Geschmack von Lebkuchen. Ich habe sie noch vor mir, die dünne, knöchrige Hand, die mir den kleinen viereckigen Kuchen entgegenstreckt. Dahinter ein Lächeln, das breiter und größer wird. Genau so! Ich beiße ab. Mein erwachsener Mund beißt in eben dieser Sekunde in den industriell hergestellten Lebkuchen derselben Marke, die Arthur damals mitbrachte. Ich habe ihn gestern gekauft, um mich in jene Zeit zurückzuversetzen, doch es ist nicht mehr derselbe Mund. Damals war es eine Geschmacksexplosion exotischer Gewürze, orientalischer Süße, afrikanischer Schokolade. Der ganze Erdball, die ganze Welt, das ganze Leben in einem Bissen. Ich hatte
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noch nie davor etwas Ähnliches gekostet. Doch für meinen erwachsenen Mund – dem schon so viel zugemutet wurde bei Weinverkostungen und Cupping Sessions mit fein differenziertem Espresso-Kaffee – ist er viel zu süß. Die Schokolade wirkt billig, mit klebrigem, schlechtem Fett versetzt. Die Marmelade, es ist Aprikosenmarmelade, schmeckt absolut synthetisch. Er schmeckt falsch, platt, kitschig. Aber die Erinnerung an Arthur ist echt. Sie wird von echter Wärme, richtiger Süße und erwiderter Liebe getragen.
Es war Anfang Dezember. Ein klassischer Weihnachtsausflug von Leuten aus der Provinz Ich erinnere mich an ihn als einen etwas schüchternen, zurückhaltenden Herrn. Stets gepflegt, elegant, fast übertrieben höflich. Ein alter, etwas vorsichtiger … besonnener Mensch. Er verhielt sich fast immer passiv. Er sprach nur, wenn er angesprochen wurde. Nahm nur, was ihm angeboten wurde. Trug nicht wirklich etwas bei. Er beobachtete meist bloß das Leben um ihn herum. Ich glaube, ich habe ihn nur zwei-, dreimal getroffen. Mein Onkel und seine Frau reisten gerne. Sie besaßen, ein wenig ungewöhnlich für unsere Familie, bereits Anfang der 1970er-Jahre ein Auto und einen Wohnwagen. Sie fuhren manchmal nach Schweden und sogar bis nach Deutschland. Aber sie kamen auch in Dänemark herum. Mit Auto. Oder bloß mit der Bahn. Meine Eltern reisten, als ich Kind war,
nie irgendwohin. Dazu waren wir zu arm. Einmal waren Jørgen und Sus, so hießen mein Onkel und seine Frau, in Kopenhagen. Sie wollten sich die Stadt ansehen, shoppen. Es war Anfang Dezember, ein klassischer Weihnachtsausflug von Leuten aus der Provinz. Wie es zuging, weiß niemand mehr genau. Doch irgendwie kamen sie mit Arthur in Kontakt. Der ältere Herr in seinem tadellosen Anzug zog irgendwie ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie dürften ihn wohl in einem Hotel getroffen haben, in dem sie irgendetwas zu erledigen hatten. Vielleicht hatten sie im Restaurant gegessen, vielleicht wartete Sus in der Lobby auf Jørgen. Es hieß, Arthur arbeitete im Hotel. Als was, erfuhr ich damals nicht. Wie auch immer, sie kamen mit ihm ins Gespräch und fanden heraus, dass er alleinstehend war. Wie gesagt, war es bereits Dezember und irgendwie kam man auf das bevorstehende Weihnachtsfest zu sprechen. Worüber genau gesprochen wurde, weiß ich nicht. Daran kann sich bestimmt niemand mehr erinnern. Ich weiß von der Geschichte nur so viel, dass es einiger Überredungskünste bedurfte, bis es abgemacht war. Denn Arthur wollte bestimmt niemandem zur Last fallen. Doch mein Onkel und seine Frau bestanden darauf. Am Heiligen Abend dürfe niemand alleine sein. Sie hätten doch genügend Platz und auf einen mehr am Tisch käme es nicht an. Ach Gott, es würde doch die ganze Familie kommen. Wir waren ohnehin schon fast 20 Personen. Also blieb es dabei.
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erzähltes leben
Weihnachten 1974. Ich war drei, fast vierJahrealt.Ichkannmichannichtmehr viel erinnern. Aber ich kann mich daran erinnern,dassnebenalldenanderenalten Verwandten, die man kaum kannte und diefürsichschonausreichten,umsichfast zu Tode zu fürchten, noch jemand Frem des war, den ich noch nie gesehen hatte. Das war bisher noch nie vorgekommen. Zu Weihnachten bleibt man im engsten Kreis.EsisteinFamilienfest.Aberdasaß er nun. Ein älterer Herr mit einer Gold brille. In einem eleganten Anzug. Wäh rend des ganzen Heiligen Abends nahm ich kaum Notiz von ihm. Es gab Ge schenke, die ausgepackt werden mussten. SchüsselnvollerKonfekt,diegeleertwer denwollten,undMandelgeschenke,diees zugewinnengalt. Doch irgendwann, wie ich mich er innere, wurde ich ihm ganz formell vor gestellt. »Das hier ist Arthur.« »Tag«,sagteich. Seine Hand war warm, aber seine Haut fühlte sich merkwürdig an. Viel zu glatt. Und auch viel zu groß für die Fin ger. Er lächelte lange, während er immer noch meine Hand haltend mir auf eine Weise tief in die Augen blickte, die ich bereits damals irgendwie als maßlos in tensivempfand.Icherinneremich,dasses etwas merkwürdig war. Dann spielte ich amBodenweiter. ArthursEigenartigkeitsolltesichbe reits kurze Zeit später zeigen. Ich habe EndeJanuarGeburtstag,amgleichenTag wieMozart.AlsdergroßeTagvorderTür stand, lag ein großer Stapel Geburtstags karten im Flur. Grüße aus nah und fern. DawareineKarte,dieichnichtzuordnen konnte. Meine Mutter wusste ebenfalls nicht, von wem sie stammte. Doch als sie den Umschlag öffnete, kam eine schöne, sehrkindlicheGeburtstagskartezumVor schein. Sie war mit viel Bedacht für ein Kind ausgesucht, kann ich heute sehen. Meine Mutter las den beiliegenden Brief vor,währendichandenbeweglichenTei lenderGlückwunschkartezogundzerrte und damit die toten Figuren zum Leben erweckte; eine ziemlich mittelmäßige Darstellung eines lebendigen, spielenden Kinderpaars.
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»Mein lieber kleiner Freund Kristian, alles Gute zum Geburtstag …« DiezarteHandschriftwareckigerals die der meisten Dänen. Der Brief wandte sich–sowiedievielenfolgendenBriefe– direkt an mich persönlich. Ich glaube, es wardasersteMal,dassmichjemanddirekt anredete. »An Kristian.« Und »födselsdagen«, das dänische Wort für Geburtstag, war miteinemoundzweiPünktchendarüber geschrieben, so wie man in Schweden ö schreibt,stattdemSchrägstrich,dereszu einemrichtigendänischenømacht.Meine Mutter erzählte mir später, das sei des halb,weilArthurDeutscherwar.Erkönne nichtsogutDänisch.Ichnicktebloßund zoganderPappeweiter,sodassdiebeiden JungenaufderGeburtstagskarteraufund runterschaukelten,raufundrunter. Als mein Vater um vier Uhr aus der Schlachterei nach Hause kam, las meine Mutter den Brief nochmals vor. Er trank seinen Kaffee am Küchentisch und hörte zu. »Ich hoffe, du kannst das Geschenk gebrauchen, Kristian, mein kleiner Freund. Es ist Geld, für das du dir selbst etwas Schönes kaufen kannst. Du sollst dir das kaufen, was du am allerliebsten möchtest. Am Geburtstag soll man das bekommen, was man möchte«, lasmeineMutter. Zuletzt las sie sein PS ganz am Ende desBriefs. »PS: Ich lege auch einen extra Geldschein für deine Mutter bei. Für das Geld soll sie dir Süßigkeiten und Schokolade kaufen. Es ist sehr wichtig, dass Kinder Süßigkeiten essen. Kinder brauchen Zucker!« Mein Vater sah verwundert von der Kaffeetasse auf. Sein Blick war nicht we niger verblüfft, als meine Mutter ihm die 100 Kronen zeigte, die bar beilagen. Für diesen Betrag könnte man sich 2012 ein ausgezeichnetes Menü kaufen. Ein Glas guter Wein inklusive. Meine Familie war nichtbesondersreich.Deshalbwardasin der Tat viel Geld. Sehr viel Geld – pein lichvielGeld–,dasmankaumannehmen konnte. Als ich dem letztens nachging, fand ich bei Danmarks Statistik heraus, dass der Betrag heute dem Wert von fast 60Euroentspricht. AlsArthurdenselbenBetraganmei nen Bruder sandte, als er im September
desgleichenJahresseinenGeburtstagfei erte,wardasfürmeineElternzuviel.Sie luden Arthur ein, uns zu besuchen. Als eineArtDankeschön.VondiesemBesuch stammtmeineErinnerungandieLebku chen. Arthur hatte sie den ganzen Weg vonKöbenhavn-Valby–wieerinderDa tierung seiner Briefe ganz oben schrieb – mitgebracht. Valby ist für Dänen ein eigenständiger Vorort von Kopenhagen. Ja, es ist bloß ein Ort. Valby. Doch für Arthur hingen sie zusammen. Ungefähr wieAltonaundHamburg,wennderZug in den Bahnhof Hamburg-Altona ein fährt. Die kleinen, mit Schokolade über zogenen Vierecke haben sich in meinem Gedächtnis festgesetzt. Seither muss ich immer,wennichLebkuchenesse,anAr thurdenken. Am darauffolgenden Weihnachten kam er wieder zu Besuch. Ich kann mich daran erinnern, dass er die meiste Zeit bloß auf einem Stuhl in der Ecke saß. Er tanztenichtmitunsumdenWeihnachts baum.Erliefnichtunentwegthinundher, wiediessogarmeineGroßmuttertat.Half nicht,wiesie,beimAuftragenundAbräu men des Tisches. Er war ja auch eine Art Ehrengast. Erst Jahre später wurde mir bewusst, dass sie doch viel älter gewesen war als er. Daran dachte ich damals aber gar nicht. Da saß bloß ein netter älterer HerrineinemStuhlinderEcke.Ichging
All die alten Verwandten, die für sich schon ausreichten, um sich fast zu Tode zu fürchten … vollkommendarinauf,mitmeinemneuen JeepüberdievierRingmappen,dieichzu einerRampeaufgestapelthatte,zumanö vrieren,ohnedasserumstürzte. Nach diesem Weihnachten habe ich Arthurniewiedergesehen.AberdieBrie fe kamen weiterhin. Einer. Zwei. Drei. Vier.MehrereJahresandteerjedesJahrzu meinem Geburtstag seine Grüße. Kleine Geburtstagskarten. Zierlich geschriebene Briefe. Und immer mit dem gleichen PS. »Ich lege einen Geldschein bei, damit deine Mutter Süßigkeiten und Schokolade kaufen kann … Kinder brauchen Zucker!« Viele Jahre bewahrte ich die Briefe auf. Lange lagen sie in einer chinesischen
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Truhe, in der ich als Teenager wichtige Papiere verwahrte. Später kamen sie mit allem Möglichen aus meiner Kindheit in eine schwarze Auf bewahrungsbox. Dann lagen sie einige Zeit in einem Ordner. Ich hob sie immer an schönen, besonderen Or ten auf. Ich hatte immer dieses sonderbare Gefühl, dass ich verpflichtet wäre, auf sie aufzupassen. Je älter ich wurde, umso merkwürdi ger erschien es mir, dass mir irgendeine fremde Person so intime Briefe geschrie ben hatte. Das »Mein Liebster«, »Mein kleiner Freund« und die direkte Anrede »Mein Kristian« – als wäre er mein Vater. Oder Großvater. Und jetzt – als ich als junger Mann die Briefe las – erschien es mir bei nahe absurd. Er kannte mich doch über haupt nicht. Ich konnte mich doch selbst kaum an ihn erinnern. Nur an die Uhr kette. Die braunen Lederschuhe. Die Au gen. Die Lebkuchen. Als 24-Jähriger wurde ich an der Schriftstellerschule von Kopenhagen auf genommen. Abgesehen vom Namen der Einrichtung, der einige saftige Ohrfeigen für diese Überheblichkeit gebühren – als könne die Schreibkunst gelehrt werden –, ist es wirklich eine sehr gute Schule. Für die Aufnahme wird viel verlangt – die Einsendung von Texten, lange Gespräche und ein fast grotesker Ausleseprozess. Von den knapp 300 Bewerbern meines Jahr gangs wurden nur sechs Schüler aufge nommen. Insgesamt besuchen die Schule nur zwölf Schüler gleichzeitig. Wer auf die Schriftstellerschule ging, hatte große Ambitionen. Man war Künstler. Großge schrieben. Einmal beschäftigten wir uns in ei ner Vorlesung über kunsthistorische The men mit dem französischen Begriff Objet trouvé. Der französische Künstler Marcel Duchamp perfektionierte das Konzept – das darauf hinausläuft, dass man vorge fundene Gegenstände in neue Kunstwerke einbaut – mit seiner Anfang des 20. Jahr hunderts entstandenen Serie aus soge nannten Readymades. Sein berühmtestes Werk heißt Fountain und stammt aus dem Jahr 1917. Es besteht in seiner ganzen Einfachheit darin, dass er ein Urinal, das er in einer Eisenwarenhandlung gekauft hatte, in einem Kunstmuseum ausstellte.
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Er stellte es auf ein Podest und nannte das Kunst, womit er eine noch immer aktu elle Kunstdebatte entfachte. Denn ist das wirklich Kunst? Oder ist das ein Pissoir? Ist das verpisst künstlerisch? Oder wird eher auf die Kunst gepisst? Ich hatte Literaturwissenschaft stu diert und einen ersten Abschluss, als ich an der elitären Schriftstellerschule anfing. Ich wusste, wer Duchamp war. Plötzlich fiel mir ein, dass man doch Texte auf die selbe Weise verwenden könnte. Echte Gebrauchstexte nehmen und behaupten, dass dies Kunst sei. Sie in einen neuen Zu sammenhang stellen und ihnen eine neue Bedeutung verleihen. Man könnte doch, dachte ich, keinen Unterschied erkennen, ob die Texte echt waren oder ob sie jemand erfunden hatte. Gesagt, getan. Ich kramte Arthurs alte Briefe hervor und breitete sie auf dem Schreibtisch aus. Ich schloss einen Augen blick meine Augen. Dann öffnete ich sie wieder und sah die Briefe in einem ganz anderen Licht. Ich setzte meine text analytische Brille auf, wie man so sagt. Ich betrachtete die Texte als Literat: Wenn ich die Texte noch nie zuvor gesehen hätte, was würde der Text aussagen, der Text al lein? Was kann ich allein aus den Buchsta ben herauslesen? Welchem System folgen diese Texte? Was verbirgt sich hinter der Sprache, dieser Textur aus Zeichen? Meine Interpretation war radikal. Ich machte einen komplett neuen Text, in dem ein namenloser Leser Arthurs Briefe ana lysierte, als wären es seine eigenen, und dieser Leser las zum Beispiel selbst aus den Zeilen etwas heraus, das sich inter pretieren ließ. Er sah darin ein schwarzes Gitter, einen Zaun, Drähte, hinter denen sich eine noch wahrere Geschichte ver barg als jene, die die Texte mit allen ihren Wörtern zu verstecken trachteten. Mein fiktiver Leser las die Briefe an ein kleines Kind als Erwachsener, der mit sich selbst spricht, der mitschreibt und dem Kind in ihm Nachrichten sendet. Der Leser unter zog den Text, Arthur, einer Psychoana lyse, er suchte und wühlte darin. Doch gleichzeitig projizierte ich ohne Weiteres meine eigenen persönlichen Traumata in die Texte, und mein neuer fiktiver Leser gelangte – in einer Weise, die ich bis heute
nicht zu erklären vermag – auf verwinkel ten Wegen zu dem Schluss, dass diese Ge burtstagsbriefe von einem traumatisierten KZ-Häftling stammen mussten, der zuvor interniert war. Der Häftling rief sozusagen von einem Ort hinter dem geschriebenen Zeilengitter aus der Gefangenschaft. Es war ein sehr gekünstelter und moderner Text. Mein scharfsinniger Professor, der Ly riker Poul Borum, fällte indessen sein un barmherziges Urteil. Diese Texte könnten
Mein Vater nickte zu allem, zog die Schultern hoch und schlug noch ein Ei auf unmöglich meine eigene Fiktion sein. Da für wären sie zu, ja, zu wirklich, sagte er. Die wären zu echt. Und diese bloß in einen neuen Text zu kleistern – kleistern war als vernichtende Kritik gemeint –, zeuge von meiner mangelnden künstlerischen Rei fe. Der Text sei, wie er es ausdrückte, ein absolutes Fiasko. Hier diese berührenden Briefe. Und dann ginge ich hemmungslos mit den plattesten Klischees aus Filmen und rührseligen Romanzenheftchen auf sie los. Das sei Missbrauch, meinte er. In der gleichen Woche fuhr ich am Wochenende zu meinen Eltern heim in die Provinz. Ich war die ganze Zugfahrt über von Kopenhagen nach Holbæk ziemlich niedergeschlagen. Saß da und schmollte. Einen derart idiotischen Professor findet man so schnell kein zweites Mal. Ich selbst fand, die Texte hätten etwas getroffen. Mir gefiel besonders gut die spekulative Idee, man könnte in einem Text gefangen sein. Dass man in der Sprache gefangen sein könnte. Von einer Geschichte gefes selt. So, dass es kein Entrinnen gab. Zu Hause in der Küche klagte ich mein Leid meinem Vater, der in der klei nen Wohnung, in der ich aufgewachsen bin und in der meine Eltern noch immer wohnten, das Essen zubereitete. Ich legte ihm den heutigen Begriff von Kunst dar, sprach von der harten Behandlung, die der Postmoderne von der gegenwärtigen Literaturkritik widerfuhr, vom Ende der Geschichte und der unerträglichen Leich tigkeit des Poststrukturalismus. Mein Va ter nickte zu allem, zog die Schultern hoch
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und schlug noch ein Ei auf. Er war Arbeiter in einem Schlachthof und hätte im Grunde kein ganzes Buch lesen können – funktionaler Analphabetismus wird das genannt. Dennoch hatte er auf alle meine Qualen eine Antwort parat. »Ihr lernt doch Schreiben auf der Schule, nicht?«, fragte er. »Ja«, antwortete ich. »Kannst du dann nicht einfach die Geschichte vorlesen? Wenn sie gut ist – wenn sie mir gefällt –, dann ist sie wohl okay? Es geht doch wohl darum, dass sie dem Leser gefällt?« Ich fand zwar nicht, dass es so einfach sei. Schließlich gibt es doch auch noch so was wie Rezeptionstheorie. Dennoch holte ich den Text hervor und setze mich an
Arthur war Deutscher. Er wohnte in Kopenhagen in einem Hotel. Das war alles den Tisch. Ich nahm einen Schluck aus meiner Kaffeetasse. Während mein Vater weiterkochte, las ich den ganzen Text vor. Mehrmals irritierten mich Fremdwörter und andere Dinge im Text. Ob er überhaupt meine Idee verstehen würde? Während ich las, bemerkte ich aus den Augenwinkeln, dass sich mein Vater an den Esstisch gesetzt hatte. Als ich kurz auf blickte, hielt er seinen Kopf zwischen den Händen und sah sehr überrascht aus. Beinah etwas ungläubig. Ich las weiter. Über den merkwürdigen Leser, der das Unglaublichste aus den Geburtstagskarten lesen konnte. Am Ende angelangt – der Text schloss mit irgendeiner prätentiösen Wendung wie: »Das werden wir nie erfahren« –, sah ich endlich auf. Der Gesichtsausdruck meines Vaters hatte sich vollkommen verändert. Sein Gesicht war bleich wie Kreide. Er sah entsetzt aus. Eine Mischung aus schockiert – und tatsächlich sehr böse. »Wer hat dir das erzählt?«, fragte er. »Was?« »Wer!« »Was meinst du?« »Wer hat es dir erzählt? Wer? War es Jørgen?«, wollte er wissen. Erst später, als wir über die Geschichte sprachen, verstand ich. Ich hatte in mei-
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ner kurzen Novelle einen Leser erschaffen, der zum Schluss kam, dass der Absender der Briefe ein traumatisierter Häftling aus einem Lager war. Ein KZ-Häftling aus Deutschland. Ich selbst war mit dem Teil der Geschichte unzufrieden. Es waren ja nicht die Deutschen, die in den Lagern saßen. Das waren die Juden. Das weiß doch jedes Kind. Mein Vater war noch immer sichtlich erschüttert, als er mir erklärte, wie die Dinge zusammenhingen. Die Sache war nämlich die, dass die Erwachsenen eine Art Pakt geschlossen hatten, erzählte er. Sie gelobten feierlich und gaben sich das Ehrenwort: Arthur sollte selbstverständlich Weihnachten mit uns feiern dürfen. Niemand sollte am Heiligen Abend alleine sein. Und er sollte meine Familie besuchen dürfen, wenn es ihm ein so großes Bedürfnis war. Aber niemand von den Erwachsenen dürfe jemals den Kindern verraten, wer Arthur in Wirklichkeit war. Und er hatte selbst versprochen, nichts davon zu erzählen. Wir Kinder sollten einfach nichts über seine Geschichte erfahren. Arthur war Deutscher. Er wohnte in Kopenhagen in einem Hotel. Das war alles. Dann begann mein Vater zu erzählen. Über den armen deutschen Mann, der während des Zweiten Weltkriegs von den Soldaten gefangen genommen und ins Gefängnis gesteckt wurde. Niemand in der Familie wusste genau, weshalb er verhaftet wurde. Denke ich selbst zurück, vermute ich, dass es aufgrund seiner Homosexualität gewesen sein könnte. Vielleicht wegen kommunistischer Agitation oder irgendeiner sonstigen politisch motivierten Aktion. Oder war er einfach Jude? Oder war er ein entarteter Maler – ein Künstler – wie ich selbst? Das glaube ich nicht. Aber ich weiß es tatsächlich nicht. Kurz und gut, er saß mehrere Jahre im Gefängnis und schließlich wurde er in ein KZ überstellt, wo er auch noch lange eingesperrt war. Es war eines der schlimmen Lager, denn als wir ihn kennenlernten – viele Jahre nach dem Krieg –, war er noch sehr schwach. Ausgemergelt, knochig, sehnig und nur das kleine Bäuchlein verriet, dass er doch ein wenig zu essen bekam. Noch etwas ließ meine Eltern und den Rest der Familie vermuten, dass es
eines der schlimmen Lager gewesen sein musste, denn er hatte so furchtbare Dinge gesehen, dass er für sein Leben gezeichnet war. Er sei ganz allgemein psychisch gebrochen gewesen, sagte mein Vater. Doch besonders tief traumatisiert war er davon, dass er so viele Kinder an Unterernährung hatte sterben sehen. Immer wieder hatte er Kinder verhungern sehen. Er und die anderen Häftlinge hätten verzweifelt versucht, ihr Essen mit ihnen zu teilen – doch oft vergebens. Arthur war nach Kriegsende aus Deutschland geflüchtet. Wie auch einige andere Deutsche, die nicht länger in ihrem Heimatland, in Deutschland, leben wollten, ging er nach Skandinavien. Seine Endstation war Dänemark. Das war seine Rettung – und seine Hölle. Denn die Dänen konnten die Deutschen nach dem Krieg nicht ausstehen. Ich selbst gehöre einer Generation an, deren angeborener Hass langsam in eine neue Liebe für alles Deutsche umgeschlagen ist. Jüngere als ich lieben alles Deutsche. Man braucht bloß St. Pauli zu sagen und ihre Augen strahlen. So war das nicht in meiner Generation. Ich selbst musste erst als Erwachsener lernen, dass Deutsch tatsächlich eine schöne Sprache ist. Dass die deutsche Literatur schöne Dinge – nicht zuletzt die Romantik – hervorgebracht hat und es viele ästhetische und einzigartige Dinge in Deutschland gibt. Erst im Erwachsenenalter entdeckte ich deutsche Produkte, deutsches Essen und deutsche Musik. Erst als ich erwachsen war, wurde beispielsweise Berlin wieder so hip wie vor dem Zweiten Weltkrieg, als jeder dänische Schriftsteller, der etwas auf sich hielt, mindestens ein paar Jahre in dieser Stadt lebte. So war das, gelinde gesagt, keinesfalls, als ich aufwuchs. Als Kind lernte ich direkt und indirekt, dass alle Deutschen und alle deutschen Dinge, ja alles Deutsche unappetitlich, abstoßend, unpassend oder einfach schlecht sei. Wenn etwas gut war, dann auf eine eiskalte, technische, fast schon halb psychotische Weise. Deutsche Technik war so gesehen ganz okay. Autos und Küchenmaschinen. Doch das war auch schon alles. Alles andere von der Gastronomie bis zur Kunst
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wurde konsequent schlechtgemacht. Obwohl man in der Schule Deutsch lernen musste, wurde einem von allen Seiten auch in der Schule vermittelt, dass die Sprache hart und hässlich – und die Grammatik völlig unmöglich zu erlernen sei. Eine gefühllose Sprache, wenn von Literatur die Rede war. Man könne auf Deutsch nicht singen. Man könne auf Deutsch »Ich liebe dich« nicht sagen. Und lernte man einen Deutschen kennen, so durfte man von ihm nicht viel mehr Positives erwarten, als dass er vermutlich pünktlich sein würde. Diese Atmosphäre – hoch zehn – schlug Arthur entgegen, als er in Kopenhagen ankam. Im Moment, in dem ich dies niederschreibe, sitze ich beispielsweise bloß 500 Meter von der deutschen Abteilung im Vestre Kirkegård in Kopenhagen entfernt. In diesem Teil dieses Friedhofs liegen ganze Familien begraben, die auf unerklärliche Weise alle am selben Tag verstorben sind. Das sieht man auf den Grabsteinen. Sie wurden vermutlich in der rachsüchtigen und chaotischen Zeit gleich nach Kriegsende liquidiert. Das war die Stimmung in Kopenhagen in jenen Tagen. Auch in den Folgejahren – eigentlich bis zum Fall der Berliner Mauer kurz vor den 1990er-Jahren. Wiewohl Arthur nichts mit alledem zu tun hatte – war ihm doch offensichtlich Deutschland zutiefst zuwider –, traf ihn dennoch der gleiche Widerwille. Wenn ein Mann, der vom Aussehen her ein Däne hätte sein können, in der damaligen Zeit den Mund aufgemacht und mit deutschem Akzent um einen Schilling gebeten hätte, dann hätte er sehr wahrscheinlich eher eine auf die Rübe bekommen. Zumindest wären ihm einige Schimpfwörter nachgerufen worden. Mein Vater berichtete, dass Arthur sich über längere Zeit auf der Straße durchgeschlagen habe. Ohne Arbeit, ohne einen Platz zum Wohnen, ohne genügend zu essen zu bekommen, ohne Geld. Er sei wirklich einige Zeit nah am Verhungern gewesen. Doch niemanden habe es gekümmert. Es gab genug Elend in diesen Tagen. Und die Dänen kamen zuerst. Eines schönen Tages erbarmte sich immerhin ein Mann seiner. Er nahm Arthur zu sich. Es war ein Hoteldirektor in Kopenhagen, der den ausgemergelten
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Mann schon länger auf der Straße gesehen hatte. Er hatte ab und an mit ihm ein paar Worte gewechselt. Bald wurde ihm klar, dass Arthur stark mitgenommen war. Und nach und nach sah er ein, dass er nur eines der vielen Opfer des Krieges war. Es wurde so eingerichtet, dass Arthur irgendwo im Hotel ein Zimmer bekam, das ohnehin niemand benutzte. Er bekam im Laufe des Tages auch ein wenig Essen und eine tägliche Mahlzeit im Restaurant des Hotels. Und er bekam einen Job im Hotel. Er verrichtete Botendienste, trug Briefe aus, holte Pakete ab. Als ich meinen Vater fragte, welches Hotel in meiner Kindheit noch Boten hatte, verstand ich gleich. Die Geschichte stimmte vorne und hinten nicht. Arthurs Job als Bote war vermutlich nur eine Wohltätigkeit. Eine Art, ihm seine Würde, sein Selbstwertgefühl zurückzugeben. Ihn so wieder Mensch sein zu lassen. Arthur ist vielleicht manchmal zur Hand gegangen. Aber mehr nicht. In Wirklichkeit ließ man ihn bloß da sein und er bekam etwas Trinkgeld. Als Überlebender und Kriegsflüchtling hatte er kein Vermögen. Er bekam auch nie einen richtigen Job. Das bisschen Trinkgeld, vielleicht einen minimalen Lohn und zuletzt vielleicht die kleine Volkspension, muss er aufgespart haben, damit er uns die hohen Geldbeträge schicken konnte. Mein Vater erzählte mir, Arthur sei vollkommen außer sich gewesen an jenem Heiligen Abend, als ich ihn zum ersten Mal sah. Die vielen spielenden und lachenden Kinder, die Süßigkeiten und Weihnachtskonfekt aßen, hätten ihn sehr gerührt. Mein Vater sagte, Arthur habe mehrmals hinausgehen müssen, weil er weinen musste. Doch als der ältere Herr später fragte, ob er meine Familie besuchen dürfe, musste die Angelegenheit beraten werden, denn das Ganze wirkte so sonderbar. Was war das mit ihm und den Kindern? Doch da war nichts, außer dass Kinder für Arthur Leben bedeuteten. Oder besser: Die Kinder, die er hatte sterben sehen, verkörperten für ihn den Tod. Und den konnte man nur auf eine Weise auf Distanz halten. Mit Süßigkeiten. Mit Konfekt. Mit Zucker. Oder mit Lebkuchen.
Susis Basics Lebkuchenteig Der Teig für Honigkuchen ist ein klas sischer Lagerteig. Er sollte mindestens drei Tage, besser drei bis vier Monate gelagert werden, bevor er verarbei tet wird, umso aromatischer werden Lebkuchen & Co. Man benötigt für ca. 1000 ml 200 g Honig 200 g Weizenmehl, gesiebt ½ TL Zimt ½ TL Ingwer 1 Prise Muskat ½ TL gemahlene Nelken 1 Eigelb 1 TL Pottasche 1 Prise Hirschhornsalz Eiweiß oder Milch So wird’s gemacht 1. Honig erwärmen. Abkühlen lassen. 2. Das Mehl unter den Honig rühren, zu einem Teig verkneten, in ein luftdichtes Gefäß geben und kühl stellen. 3. Nach der Ruhezeit Gewürze, Eigelb, Pottasche und das Salz kräftig unter den Teig kneten. Diesen auf einer be mehlten Arbeitsfläche ca. 7 mm dick ausrollen, mit Formen ausstechen und auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen. 10 Minuten ruhen las sen, damit der Teig sich beim Backen nicht zusammenzieht. 4. Im Ofen bei 180 Grad auf der mittleren Schiene 20 Minuten backen. Noch heiß mit Eiweiß oder Milch be streichen. Abkühlen lassen. Das ist wichtig Der Honig darf nicht über 80 Grad erwärmt werden, sonst gehen die Ge schmacksstoffe verloren. Er sollte auf ca. 40 Grad abgekühlt werden; ist er zu heiß, gerinnt das Eiweiß im später zugefügten Mehl und die Stärke ver kleistert. Zutaten nur kurz miteinander verkneten, sonst wird der Teig zäh.
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Aussehen tun sie beinahe gleich, schmecken tun beide gut, dennoch waren die beiden Rotweine im Charakter völlig unterschiedlich
Sud-Ouest an der Elbe Sud-Ouest, wie der Name sagt, im Südwesten Frankreichs gelegen, ist sicherlich die Weinregion in Frankreich, die am meisten für Überraschungen gut ist. Spannend blieb, wie gut das Essen an der Elbe dazu passen würde Text: Marcus Hesemeier Fotos: Andrea Thode
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1. Frontalunterricht gab’s auch, aber nur kurz 2. Viele Gläser 3. Konzentrierte festliche Stimmung 4. Die Vielfalt von Sud-Ouest
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as erste Weinseminar exklusiv für Effilee-Leser sollte natürlich etwas ganz Besonderes werden, daher stellte Effilee-Herausgeber Vijay Sapre nicht nur seine Wohnküche zur Verfügung, sondern sich selbst auch gleich hinter den Herd. Axel Biesler, der regelmäßig zu Weinthemen in Effilee schreibt und ausgewiesener Experte für die Region Sud-Ouest ist, übernahm die Weinauswahl, und gemeinsam wurde ein Menü geplant. Von vornherein klar war, dass es zum Hauptgang ein Cassoulet geben würde, einen deftigen Bohneneintopf, der in dieser Region zu Hause ist. Davor Geflügelleber und Stockfisch – die Atlantikküste lässt
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grüßen – und als Dessert Gâteau Basque, Kuchen aus dem Baskenland. »Die Region zeichnet sich durch eine außerordentlich große Vielfalt aus«, erklärte Axel Biesler, »vor allem werden hier viele autochthone Sorten angebaut, Sorten also, die nur hier und nirgends sonst wachsen. Das sind Weine, die mit energischen, kräftigen Aromen bestens zurechtkommen.« Um die Vielfalt deutlich zu machen, wurden zu drei Gängen jeweils zwei Weine gleichzeitig serviert. So hatten alle Teilnehmer den direkten Vergleich und konnten auch beide Weine jeweils in der Kombination mit dem Essen probieren und genießen. Für Biesler als Weinautor war das ein
spannendes Experiment: »Ich habe versucht, die jeweiligen Pärchen auf verschiedene Weisen zu beschreiben, die einen sachlich, andere mit Symbolen oder mit Musik.« Die Aufgabe der Teilnehmer war dann, zu erraten, welche Beschreibung zu welchem Wein gedacht war. Gerade für Weinautoren ist die Frage, ob ihre Leser überhaupt nachvollziehen können, was sie aufschreiben, natürlich hochinteressant. Das Ergebnis sprach für den Autor und noch mehr natürlich für die Teilnehmer: Beim ersten Pärchen tippte die Mehrheit korrekt auf die Attribute fruchtbetont und Sofortschmecker für den Côtes de Gascogne 2011 Saint-Lannes blanc und auf steinig und
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1. Chefsache: Vijay Sapre am Herd 2. Genießen wie im Südwesten: Geflügelleber muss sein 3. So trinkt der Fachmann: Axel Biesler versenkt sich in einen Roten
Langstreckenläufer für den Saint Mont 2010 L’Empreinte blanc. Bei den Weinen zum Stockfisch gelang die Zuordnung weniger gut. Dem etwas verschlossenen Pacherenc du Vic-Bilh 2010 Cuvée Erika sollte ein Bügelschloss zugeordnet werden, dem würzigen Saint Mont 2009 Le Faîte blanc eine Vanillestange. Die Teilnehmer suchten aber weniger nach der Metapher als nach dem konkreten Geschmack (Metall und Vanille), sodass die Zuordnung nicht eindeutig gelang. Umso besser und eindrucksvoller fiel dafür der dritte Versuch aus. Die Rotweine zum Cassoulet, ein leichtfüßig eleganter Gaillac 2008 Le Grand Tertre und ein kräftiger, tanninreicher Madiran 2005 Château Montus wurden einhellig und eindeutig den Musikstücken zugeordnet, die Axel Biesler dazu ausgesucht hatte, der Gaillac zu Erik Saties Gnossienne #5 und der Montus zu Bridge over Troubled Water in der atemberaubenden Interpretation von Johnny Cash. Der Wein zum Dessert, Côtes de Gascogne 2009 Les Dernières Grives durfte dann wieder ohne Schularbeiten genossen werden.
bei tisch kam zusammen, was zusammen gehört: APERITIF
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Gaillac 2009 Mauzac Nature brut,
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und Gestein, etwas Aprikose.
süßlicher Toastnote. Am Gau-
Gâteau Basque
Puristisches Bouquet aus Apfel-
Unnahbar. Doch mit erstaun-
men überraschend frisch und
Côtes de Gascogne 2009 Les Der
schale und hefig-würzigen Nu-
licher Kraft und Intensität am
belebend.
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ancen. Zarte Perlage, die Frucht
Gaumen.
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Cassoulet
Üppiges Bouquet aus kandierten
malig authentische Erfrischung
Stockfisch
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Gelbfrüchten, Honig und einem
mit feiner Länge und wunder
Pacherenc du Vic-Bilh 2010 Cuvée
Domaine de la Ramaye
Hauch weißer Trüffel. Opulen-
barer Finesse.
Erika, Château Lafitte Teston
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erzähltes Leben
Kann denn Wein natürlich sein? Eine kleine Gruppe von Weinliebhabern fordert, die Trauben wieder ausschließlich mit der Weisheit und nach den Methoden unserer Großväter zu verarbeiten. Wissen die Enkel wirklich, wovon sie da reden? Text: Eckhard Supp Foto: Andrea Thode
N
un schwappt sie doch noch zu uns herüber, die Naturwein-Debatte, die schon seit zwei oder drei Jahren vor allem in angelsächsischen Ländern mit Verve, oft aber auch mit dogmatischer Härte geführt wird. Und das, obwohl das Wörtchen Natur im Zusammenhang mit Wein bei uns eigentlich Tabu sein sollte. Das jedenfalls geben unsere Weingesetze vor, denen der Standpunkt heilig ist, dass jeder Wein per Definition Natur, das heißt – im Unterschied zum sogenannten Kunstwein – aus dem Most von Weintrauben gekeltert sein muss. Der altehrwürdige VDP (Verband Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter e. V.) hieß ursprünglich einmal der Verband der Naturweinversteigerer, musste aber, dieser Logik folgend, umbenannt werden, um nicht in Verdacht zu geraten, sich über den Namen einen illegitimen Wettbewerbsvorteil verschaffen zu wollen. Denn wer, so die Überlegung des Gesetzgebers, sich selbst als Besonderheit attestiert, natürlichen Wein zu keltern, unterstellt implizit den Konkurrenten, dass sie nicht natürlichen Wein erzeugen. Hält man sich an Manifeste und Events angelsächsischer Naturwein-Anhänger, so ist diese Überlegung nicht ganz von der Hand zu weisen. The real wine fair, Messe des echten Weins, heißt zum Beispiel eine Londoner Veranstaltung, auf der sogenannter Naturwein angeboten wird. Weine, die dort nicht präsentiert werden (dürfen),
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gelten dann mehr oder weniger explizit als fake wines, als künstliche W eine. Dabei stellt sich die Frage, ob Wein natürlich sein kann, im Grunde gar nicht, jedenfalls nicht, wenn man das Wort natürlich einigermaßen ernst nimmt. Natürlichen Wein gibt es spätestens seit jenem Moment nicht mehr, als vor etwa 8000 Jahren Menschen im heutigen Südanatolien entdeckten, dass zweigeschlechtliche, selbstbefruchtende Rebstöcke höhere und stabilere Traubenerträge brachten als getrenntgeschlechtliche. Sie suchten und vervielfältigten in der Folge genau solche Pflanzen und gaben damit den Startschuss
Dabei stellt sich die Frage, ob Wein natürlich sein kann, im Grunde gar nicht für eine lange Geschichte der Rebenselektion und -züchtung. Die Weinrebe war von einer Natur- zu einer Kulturpflanze geworden. Ein Blick auf die Weinberge unserer Zeit – wie natürlich oder traditionell deren Winzer auch arbeiten mögen – verdeutlicht das ebenfalls. Spezialisierte Monokulturen aus in der Regel hochgezüchteten Kulturrebsorten oder sogar rigide selektierten Klonen haben nichts mehr mit Natur und natürlicher Vegetation gemein. Und was für die Rebe gilt, gilt auch für den Rest der Weinbergs- und Kellerarbeit. Auch die hier ablaufenden Prozesse sind nur noch
zu einem infinitesimalen Teil natürlich. Es sind Prozesse, die mithilfe von jahrtausendelang verfeinerten Kulturtechniken gesteuert werden, und das ist auch gut so. Sonst würde aus den Mosten in der Mehrzahl der Fälle kein Wein, sondern Essig.
Industriewein ist langweilig Zwar dürfte diese Tatsachen kaum ein Fan der neuen Bewegung leugnen, dennoch aber hat diese sich Naturwein, natürlichen Wein, auf die Fahnen geschrieben. Was jedoch meint der Begriff, wenn Wein gar nicht (mehr) natürlich sein kann? Die amerikanische Journalistin Alice Feiring, eine der streitbarsten Anwältinnen des Naturweins, hat ihre Vorstellungen auf einem Symposium in Georgien im Sommer 2011 einmal so formuliert: »Wir wollen Weine, denen nichts hinzugefügt wird, keine Hefe, keine Bakterien, keine Enzyme, keine Additive wie etwa Gummi arabicum. Die Menschen sind von den übermäßig manipulierten ›Industrie‹-Weinen nur noch gelangweilt. Sie wollen stattdessen traditionelle, mit der Weisheit unserer Großväter gemachte Weine.« 1 Mit der Weisheit der Großväter gemachte Weine? Ganz ohne Additive? Keine Additive im 19. Jahrhundert, im 18. Jahrhundert, bei den alten Römern und Griechen? Ich kann mich des Eindrucks 1
nach eigenen Notizen zitiert.
Effilee #23 Winter 2012/2013
Ein edler Tropfen sieht anders aus. Aber muss man denn gleich 端bertreiben?
Erzähltes leben
nicht erwehren, dass die meisten Anhänger der Naturwein-Bewegung nicht einmal die Zeit vor den 1970er- und 1980erJahren bewusst, d. h. als Teil der Weinwelt, erlebt haben. Damals war Wein, man verzeihe mir den Zynismus, tatsächlich noch viel spannender – einfach deshalb, weil er häufig nur schwer trinkbar war. Fehlerhafte, stinkende, saure und dünne Tröpfchen waren nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel. Ich erinnere mich noch gut an eine der ersten Verkostungen, die ich im Piemont organisierte. Nach einem blind verkosteten Dolcetto-Flight kam einer der Winzer zu mir und bat mich seine Wertung eines Weines nicht zu berücksichtigen, da er ihn als den eigenen erkannt hatte und dadurch nicht mehr unparteiisch gewesen sei. Auf meine Frage, wie er den Wein denn erkannt habe, kam die lakonische Antwort: »puzzava« – er stank. Halten wir also fest, dass Weine heute in ihrer Gesamtheit besser, trinkbarer sind als damals, wahrscheinlich auch als je zuvor in der Geschichte. Natürlich hat die Weinbranche in ihren Bemühungen um technische Qualität – saubere Fruchtaromen, Ausgewogenheit von Körper und Frische, von Süße und Säure am Gaumen, reife, d. h. relativ weiche Tannine etc. – gelegentlich weit überzogen, hat aus den Weinen so lange die Ecken und Kanten herausgefiltert und geschönt, bis das Resultat ein gesichtsloses, langweiliges Massengetränk war. Auch die bei Naturwein-Freunden verhasste Figur des reisenden önologischen Beraters, der sich als verlängerter Arm der Chemiekonzerne versteht, existiert tatsächlich und ist keine reine Erfindung. In diesem Punkt hat die Bewegung mit ihrer Kritik nicht einmal Unrecht. Die Frage ist nur, ob vieles von dem, was sie verdammt und verwirft, nicht so sein soll, sein muss, und ob der von ihr geforderte Naturwein wirklich eine valide Alternative darstellt.
Sehnsucht nach Werten Hinter der Naturwein-Bewegung steckt eine Sehnsucht nach mehr Authentizität, die sich nicht nur in der Weinwelt manifestiert, sondern alle Lebenbereiche erfasst hat. Es ist die Suche nach neuen (alten)
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Identitäten, der Wunsch nach weltbildlichen Sicherheiten, der sich in der Geschichte immer mal wieder Bahn gebrochen hat. Das Besondere der Weinwelt: Ihr romantischer, nostalgischer Diskurs hat sich mit dem Gedankengut der ökologischen Bewegung getroffen und versucht sogar, diese durch eine ganz neue Radikalität zu übertrumpfen. Zum Wunsch nach authentischeren, charaktervolleren Weinen gesellt sich so eine recht pauschale Kritik an praktisch der gesamten modernen Kellertechnik und Weinchemie. Bestärkt sehen sich die NaturweinBewegten in ihrer Radikalität noch durch die Tatsache, dass vieles von dem, was sich heutzutage ökologisch oder biologisch nennen darf, von den Praktiken des konventionellen Weinbaus gar nicht so weit entfernt ist. Am deutlichsten wird das bei der Lektüre der gerade erst von der EU verabschiedeten Bestimmungen für die Produktion der neuen Weinkategorie Biowein. Die erlauben auch dem Biowinzer ganz ungeniert den größten Teil des önologischen Laborkastens, der dem konventionellen Winzer zur Verfügung steht: von
Fehlerhafte, stinkende, saure und dünne Tröpfchen waren eher die Regel den Reinzuchthefen über das Diammoniumsulfat oder das Thiaminum-Dichlorhydrat bis hin zum Gummi arabicum und den Eichenchips. Natürlich geht den Naturbewegten so etwas nicht weit genug. Allerdings vergessen sie bei ihrer Kritik an der industriellen Geschmacksmanipulation, dass es bei den meisten Techniken und Hilfsstoffen gar nicht um eine direkte Beeinflussung, ja Veränderung eines wie auch immer gearteten natürlichen Weingeschmacks geht, sondern darum, überhaupt ein verkehrsfähiges und gesundheitlich akzeptables Produkt in die Flasche zu bekommen. Schönungsmittel, Mittel zur Korrektur von Weinfehlern, Hefenährstoffe und Enzyme zur Verbesserung der Gäreigenschaften, Gase, die u. a. zum Auffrischen dienen, und schließlich Stabilisierungs- und Konservierungsmittel – die fünf Gruppen der wichtigsten chemischen
Hilfsmittel – sind für moderne Weinmacher, für die Artisten am Gärtank, für die Risikoverwalter der großen Kellereien im Grunde so etwas wie Netz und doppelter Boden, eine Art Rückversicherung für unzureichendes Traubengut und andere Unwägbarkeiten. Es sind Mittel, um auch unter widrigen Umständen noch mehr oder weniger große Mengen trinkbarer Weine erzeugen zu können.
Unnütze Polemik So nachvollziehbar einige der Kritikpunkte der Naturwein-Anwälte auch sind, so unnötig, ja abstoßend ist die Schärfe und Härte ihres Diskurses. Isabelle Legeron beispielsweise, eine in London lebende Weinkritikerin aus dem französischen Südwesten, serviert gerne starken Tobak: »Die meisten Weine, einige Crus classés aus Bordeaux, Champagner renommierter Häuser oder Handelsmarken inbegriffen, werden heutzutage nicht mehr ausschließlich aus Trauben gemacht. Es sind Produkte der agrochemischen Lebensmittelindustrie.« Und der deutsche Weinblogger Huub Dykhuizen alias Weinbastard sekundiert ihr: »Manche Weine von großen Weinproduzenten sind nicht viel besser als ein künstliches Mischgetränk wie Coca Cola. So sind in Weinen künstliche Hefen, Enzyme, Zucker- und Säurezusätze sowie zugesetzte Gerbstoffe, Extrakte und weitere Additive zu finden, die den gewünschten Weingeschmack erzeugen … Ob wir Verbraucher mit seinem Getränk eventuell biologischen Selbstmord begehen, scheint wie so oft hinter wirtschaftlichen Interessen zurückzustehen.« Das Ganze natürlich ohne auch nur mit einem Wort zu erklären, wieso der Mensch mit zugesetzten Gerbstoffen, Extrakten und weiteren Additiven gleich biologischen Selbstmord begeht. Mit den Problemen des Weinbaus hat solcherart Argumentation, mit Verlaub gesagt, nicht viel zu tun. Tatsächlich wäre diese ganze Naturweindebatte überhaupt kein Ärgernis, wenn nicht viele ihrer Wortführer den Rest unserer großen und facettenreichen Weinwelt nur beschimpfen und ihre Produkte als agroindustrielles Teufelswerk diffamieren müssten. Dabei darf an dieser Stelle allerdings auch nicht verschwiegen werden, dass viele
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Foto: privat
erklärte Gegner der Bewegung sich eben falls nicht unbedingt durch Sachlichkeit und überzeugende Argumentation aus zeichnen. Robert Parker, der amerikani sche Weinguru, titulierte die Bewegung einmal als »eine der größten Gaunereien, die Weinkonsumenten je untergejubelt wurden«, eine sicher ebenso unnötige und über zogene Kritik, denn jeder, der auch nur einen Funken historischen Gedächtnis ses besitzt, erinnert sich an weit größere Schweinereien, die sogar Todesfälle zur Folge hatten. Reflektiertere Vertreter der neuen Be wegung wissen allerdings durchaus sowohl um die Fragwürdigkeit des Begriffs Naturwein, wie auch um die Fallstricke des dogmatischen Diskurses. Die englischen Autoren Jamie Goode und Sam Harrop beispielsweise haben ihr im letzten Jahr erschienenes Buch deshalb nicht Natural Wine, sondern Authentic Wine genannt, und nur im Untertitel taucht das natürlich auf: Toward natural and sustainable winemaking heißt es da, hin zum natürlichen und nachhaltigen Weinmachen. Die bei den retten sich aus den geschilderten defi nitorischen Schwierigkeiten dadurch, dass sie von einem Kontinuum der Natürlich keit sprechen, innerhalb dessen es mehr oder weniger natürliche Weine gibt. Ziel guter Weinmacher soll ihnen zufolge sein, möglichst natürliche Weine zu erzeugen. Nur! Wer legt hier die Grenzen fest? Ist ein Stahltank wirklich weniger natür lich als ein Plastiktank oder ein Holzfass, als eine vielleicht aus mit Schwermetallen verunreinigtem Ton gebrannte Amphore? Kann ein Strohwein, ein Amarone – noch schlimmer ein Ripasso – nach der Definiti on von Feiring überhaupt je als Naturwein Anerkennung finden? Ist eine Beerenaus lese im Kontinuum von Goode noch ein natürlicher Wein, wenn man eine seiner Maximen anlegt: »Angemessene Reife – die Trauben müssen früh genug gelesen sein, um dem Wein Frische zu erhalten und einen zu hohen Alkoholgehalt zu vermeiden …« Umgekehrt gefragt: Ist denn wirklich alles Chemie, was die viel geschmähten Hexenmeister der Industrieweinfertigung dem Wein so alles beifügen? Gummi ara bicum beispielsweise, ein Ausscheidungs produkt bestimmter Akazientypen, das
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Alice Feiring im erwähnten Symposium als ihr meistgehasstes Additiv geoutet hat, ganz so, als ob es für einen solchen Ti tel nicht viel ekelerregendere Kandidaten gäbe. Wie auch immer man zu diesem
Ist ein Stahltank wirklich weniger natürlich als ein Plastiktank oder ein Holzfass? Hilfsmittel steht, Tatsache ist, dass es sich dabei nicht um eine chemische, synthe tische, sondern um eine natürliche Sub stanz handelt, die übrigens in unzähligen Lebensmitteln als Zusatz erlaubt ist und im Wein für Vollmundigkeit und weichere Tannine sorgt. Tatsache ist allerdings auch, dass ein guter Winzer oder Weinmacher dieses Gummi arabicum nicht braucht, so wie gute Winzer in den Jahrzehnten, in denen ich die Weinbranche beobach tet habe, auch schon so wenig Spritzmittel wie möglich im Weinberg benutzten, so wenig Schwefel wie eben nötig zugaben, so wenig Ansäuerung oder Entsäuerung wie möglich praktizierten. Und das ganz ohne sich den Naturwein auf die Fahnen geschrieben zu haben. Auch viele der klassischen Schö nungsmittel wie etwa Bentonit, Eiweiß, Gelatine, Hausenblase, Siliziumoxid, Kasein oder Tannin sind ja animalischer, pflanzlicher oder mineralischer Natur, d. h. natürlichen Ursprungs; gemeinsam ist ihnen, dass sie zusammen mit ihren Reaktionspartnern aus dem Wein zu ent fernen sind und im Idealfall keine Rück stände hinterlassen.
Zwei Universen Je nach ideologischer Härte ihrer Positi on machen die Vertreter des Naturweins oder des authentischen Weins ganz unter schiedliche Vorgaben dessen, was sie im Wein, in der Weinbereitung akzeptieren und was nicht. Entweder gehören sie zu den Hardlinern, deren rigide Theorien kaum in die Praxis des Qualitätsweinbaus zu übernehmen sind – und natürlich geste hen selbst die absoluten Ultras wie Alice Feiring dann und wann auch ein, dass bei spielsweise ein wenig Schwefel im Wein doch ganz nützlich sein kann –, oder ihre
Definition von Naturwein verschwimmt im amorphen Kontinuum, aus dem sich dann jeder herauspicken darf, was ihm gerade in den Kram passt. Um dieser Zwickmühle zu entkom men, sprechen manche Autoren auch nicht von Naturwein, sondern vom handwerklichen Wein, wobei natürlich auch dieser Begriff darunter leidet, dass die Grenze zwischen Handwerk und Industrie ge rade im Weinbau fließend ist. So wie in die Spitzengastronomie mit der Moleku larküche gewisse Techniken und Ingre dienzen der Lebensmittelindustrie Ein zug gehalten haben, so wurden natürlich auch viele Methoden der Weinindustrie im handwerklichen Bereich adaptiert. Und dass handwerklich gemachter Wein jede Menge Weinchemie enthalten kann, wird ernstlich auch niemand bestreiten wollen. Natürlich könnte man jetzt darüber philosophieren, ob es überhaupt eine in dustrielle Weinproduktion geben muss, aber das wäre eine Diskussion, die genau so elitär wäre wie die gesamte NaturweinBewegung. Natürlich ist die Weinwelt heute in zwei diametral entgegengesetzte Universen gespalten: Eines, das Massen preiswerter Kellereiweine hervorbringt, und ein anderes, in dem handwerklich er zeugte, charaktervolle und natürlich auch teurere Produkte dominieren. Wer das in dustrielle Universum nicht mag, der soll te den Hunderttausenden oder gar Mil lionen, die von Hartz IV leben oder aus anderen Gründen kaum genügend Geld zur Verfügung haben, um am Monats ende noch ihren Einkaufskorb bei Aldi füllen zu können, konsequenterweise das Weintrinken gleich per Gesetz verbieten, denn mit Naturweinen wird er ihren Durst nicht stillen können. Eckhard Supp 1950 im rheinland-pfälzischen Bad Ems geboren, schreibt gerne über Reisen und Speisen, am liebsten aber über Wein. Unter www.enobooks. de gibt er eine der wichtigsten deutschen Onlinepublikationen zum Thema Wein heraus.
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kritik: wein
Toskana
2007 Castello Di Brolio, Chianti Classico DOCG Wie ein Weingut nach der Massenproduktion den Weg zur Tugend zurückfindet
E
Das Haus Ricasoli ist nicht nur vers ist Mitte Oktober. Ich fahre mit antwortlich für den Erfolg des Chianti, dem Önologen Massimiliano Biagi sondern veranschaulicht auch sehr gut die durch die teils sehr jungen Rebanlagen jüngere Geschichte der Region. Der Vades Castello di Brolio und er erzählt, was ter Francesco Ricasolis verkaufte in den sich alles verändert hat, seitdem der Ba70er-Jahren die kompletten Markenrechrone Francesco Ricasoli 1993 die Firma te an Castello di Brolio samt Kellerei an zurückgekauft hat. den kanadischen Getränke-Großkonzern Im Jahr 1141 ging das Castello di BroSeagrams. Der schraubte die Jahresprolio in den Besitz der Adelsfamilie Ricasoli duktion in schwindelerregende Höhen von über. Der Chianti, wie wir ihn heute kenüber zehn Millionen Flaschen. nen, war damals als solcher noch nicht deDoch parallel passierte einiges in der finiert. Bis 1872 ein gewisser Bettino RicaToskana: Die Super Tuscans soli den Codex Ricasoli festlegt. nehmen den Platz ein, den die »Ricasolis Formel ist mit folkloristische Massenware einigen Änderungen noch heuChianti freigegeben hat. te in Kraft. Es dürfen sogar 100 Das Elend setzte sich fort, Prozent Sangiovese verwenbis Francesco, der bis dato mit det werden, auch internationale Wein nichts zu tun hatte, auf Verschnittpartner wie CaberSebastian Bordthäuser Bitten seiner Familie 1993 die net Sauvignon und Merlot sind schreibt über vor der Insolvenz stehende Firmittlerweile zugelassen«, erzählt Wein, Sake und ma zurückkauft. Massimiliano und zeigt mir zur Cocktails und Massimiliano erzählt: »Es Linken die Einzellage Collediist Sommelier in Steinheuers war Zeit sich neu zu positionieren la, die als reiner Sangiovese auf Restaurant und gründlich aufzuräumen. Der den Markt kommt.
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Spitzen-Chianti, der in diesem Preissegment seinesgleichen sucht ca. 30 Euro bei koelner-weinkeller.de
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Das Castello di Brolio ist seit 1141 im Besitz der Familie Ricasoli
Barone begann dies mit äußerster Sorg falt, indem er sich an die Universität Florenz und an die Versuchsanstalt für Weinbau in Arezzo wandte. Bezüglich der Klone unterschied man bislang in Sangiovese grosso und Sangiovese piccolo. Durch die Untersuchung des genetischen Materials bekam man jedoch folgendes heraus: Über 70 endemische Kreuzungen der Sangiovese waren über die Jahrhunderte mutiert und wuchsen wild durcheinander, viele voller Viren. Auch der Befall durch Esca, einen Pilz, war enorm. Aus diesem Genpool wurden zwölf Klone selektiert, die seitdem Plot für Plot neu angepflanzt werden. 204 Hektar sind bislang neu bestockt.« Daher die vielen jungen Rebanlagen. Um optimale Ergebnisse zu erzielen erweiterte man die Forschung auf geologische Untersuchungen. Das gesamte Anwesen wurde bezügliche seiner Bodenformationen, der chemisch-physikalischen Eigenschaften, der Höhenunterschiede der Lagen sowie deren Ausrichtung und ihres Mikroklimas untersucht, um so die bestmöglichen Voraussetzungen für einen Spitzen-Chianti zu schaffen. Ich probiere mit dem Kellermeister Marco Cerqua die einzeln geernteten und hauptsächlich in Tonneaux statt in Barriques ausgebauten Partien der Weine. Jede Rebsorte zeigt ihre sortentypische Charakteristik, der Merlot schmeckt tuscanified. Der 2007er Castello di Brolio hat eine präzise Nase nach Kirschen, vermählt mit zehn Prozent Merlot und zehn Prozent Cabernet zu einem Feuerwerk. Ätherische Noten nach Pfeffer und Kräutern vermischen sich mit etwas Vanille und Tabak. Gewachsen auf Kalk-Kiesböden hat er eine solide Mineralität und im Mund einen guten Grip. Castello di Brolio zeigt, dass nicht nur kleine Weingüter, sondern auch ein Unternehmen mit 230 Hektar außerordentliche Qualität liefern kann, die Maßstäbe setzt.
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Effilee #23 Winter 2012/2013
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kritik: wein
Weingut Schön Rüdesheimer Berg Schlossberg Spätburgunder Auslese trocken 2011 Rheingau, Deutschland Das Rheingauer Weingut Schön liegt ziemlich versteckt hinter Assmanns hausen in Aulhausen und ist ein echter Insidertipp. Hier arbeitet der Quali tätsfanatiker Klaus Schön in Weinberg, Keller und an drei Abenden wöchentlich in seiner Wein stube. Zeit für PRArbeit bleibt ihm so wirklich nicht. Dazu kommt, dass er seine Rotweine Stuart Pigott selten im Barrique bezeichnet seine fass reifen lässt, Art über Wein sondern eine neue zu schreiben als Gonzo-WeinjourInterpretation nalismus. Sein der deutschen aktuelles Buch Rotwein-Stilistik heißt Wein weit pflegt. Die meisten weg seiner Rotweine schmecken daher frucht- statt eichenbe tont, was manche Weinfreunde verwirrt und andere kalt lässt, weil ihnen etwas fehlt. Wer unter diesem Problem nicht leidet, wird von der gesamten Palette der 2011er Spätburgunder-Rotweine von Schön begeistert sein. Sie fangen bei 8 Euro die Flasche an und gipfeln in diesem großartigen Wein für 16,50 Euro, der mir eher wie ein 40 oder 50 Euro teu rer Tropfen schmeckt! Er duftet herrlich nach reifen Süßkirschen und hochwer tiger Bitterschokolade, birgt aber in sich noch viel mehr Nuancen, als jetzt wahr zunehmen sind. Dies ist keine Trink empfehlung für nächsten Samstagabend, sondern ein dringender Hinweis, diesen Wein mindestens einige Monate, besser noch einige Jahre, im Keller zu vergessen.
Weingut Kühling-Gillot Riesling GG Pettenthal 2011 Rheinhessen, Deutschland Vor ein paar Wochen präsentierte HansOliver Spanier, vom Weingut BattenfeldSpanier aus Rheinhessen im Hamburger St. Pauli Weinklub seine neue Kollek tion. Dabei kam es zu einer Begegnung der dreidimensionalen Art. Der kurze Augenblick, auf den es ankommt, bei dem alles zählt. Den Wein mag ich oder eben nicht. Ein Volltreffer mitten in mein Geruchszentrum. Ein trockener 2011er Riesling aus der Lage Pettenthal, vom Weingut Kühling-Gillot. Dieses Weingut gehört seiner Frau Carolin und die Rieslinge werden von Hans-Oliver ausgebaut. Würzig-pfeffrige Noten, reife Früchte und mit einer Wahnsinnsdichte ausgestattet. Das, was diesen Wein zu einem Monument erhebt, ist das, was ich sonst an trocke nen Burgundern so schätze. Er hat eine transparente Frucht mit Span nung und Tiefe. Hendrik Thoma Trotzdem tänzelt ist einer der er fast schwerelos bekanntesten über die Zunge. deutschen Eine echte Grat Sommeliers. Er ist Gastgeber wanderung, die nur beim Videoblog sehr selten gelingt. weinamlimit.de Beim Pettenthal ist sie perfekt gelungen. Mehr geht nicht. Dieser Wein ist einer der besten trocke nen Weine, die ich jemals verkostet habe. Der Pettenthal ist für mich einer der monumentalsten Rieslinge der Neuzeit 35 Euro bei kuehling-gillot.de
Fendt Weinfamilie Spätburgunder ›ZWEINULLZEHN‹ 2010 Baden, Deutschland Ich bin bekennender Befindlichkeits trinker, als solcher bevorzuge ich manchmal einen filigranen Wein, ein anderes Mal vielleicht einen kolossalen. Mit Entscheidungen, ob nun der eine oder andere tatsächlich der unumstößlich bessere sei, tue ich mich schwer. Meiner Befindlichkeit bewusst, ziehe ich gerade Jürgen und Maren Fendts Spätburgunder aus dem kapriziösen Jahrgang 2010 dem üppigen 2009er vor. Weil mir justament nach Feinheit und Grazie und nicht so sehr nach Fül le und Schmelz zumute ist. Doch Klasse haben beide Weine. Jürgen und Maren Fendt Axel Biesler bewirtschaften ist gelernter Winzer und fast drei Hektar Sommelier. Er Reben in der Or lebt, schreibt und tenau und zudem trinkt in Köln. ein paar winzige www.diewein.de Schieferflecken an der mittleren Mosel. Ein überschauba res Projekt könnte man meinen, wenn man nicht wüsste, dass Jürgen Fendt fünf Tage in der Woche als Chef-Sommelier dem noblen Hotel Bareiss verpflichtet ist. Fendts Frau Maren kümmert sich fast ausschließlich um die Weine. Ihre Spät burgunder mit den monolithischen Titeln ZWEINULLZEHN und ZWEINULLNEUN sind nicht nur flüssige Aufzeich nungen zweier dramatisch unterschied licher Jahrgänge, sondern auch einfach köstlich: fragil und zartfruchtig der 2010er, kraftvoll und konzentriert der 2009er. Von jenem Letzten jetzt noch ein Schluck: Delikat. Erkenntnis: Was stört mich mein Geschmack von vorhin.
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• = Weniger empfehlenswert •• = Geht so ••• = Gut, mit Luft nach oben •••• = Unbedingt empfehlenswert ••••• = Göttlich
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allgäu trifft schwarzwald Weingut von Racknitz Gemengelage 2011 Nahe, Deutschland DasWeinrechttreibthierunddarecht seltsameBlüten.Sohabensichdie W ienerdenBegriff Gemischter Satz gesichertundalle anderenhaben dasNachsehen. Entsprechend habensichLuise vonRacknitzund ihrMannMatthias Christoph Adamsfüreinen Raffelt ist Texter und Begriffausdem schreibt seit Ackerbauent Jahren unter schiedenumeinen originalverkorkt.de Weinzubenen über Wein nen,dersichaus unterschiedlichenRebsortenauseinem Weinbergzusammensetzt. DieGemengelagestammtvoneinem kleinenWeinbergdirektvordemGuts hofdesehemaligenKlostersDisiboden berg.DasEhepaar,dasimGebietNahe einesderspannendstenWeingüterführt, hatmitdem2011erJahrgangseineerste Gemengelageherausgebracht.Nicht etwa,weilGemischterSatzvielleicht geradeetwasenvogueist,siehabendies bewusstgetan,umgenetischalteReb stöckezuschützen.Sostammtbeispiels weisederverwendeteTraminerauseiner uraltenAnlagebeiDresdenundderRote Veltlineristähnlichbetagt. DerWeinselbst,derzunächstein wenignachkaltemRauchriecht,bevor sichfeineFrucht-undBlütenaromenin denVordergrundschieben,isteinzartes Geschöpf.Erwirktfeineralserwartet, dabeisehrernsthaftundmitvielExtrakt, gleichzeitigschwebendundunbestimmt, miteinemHauchvonnassemStein,Ro senduftvomTraminer,WürzevomSil vanerundKernobstfruchtvomRiesling. Gemischter Satz aus uralten
Markus Molitor Graacher Domprobst Riesling Kabinett (trocken) 2011 Mosel, Deutschland WiedersindesdieRieslinge,diemich beiMarkusMolitorammeistenberüh ren.SiestammenausguteinemDutzend renommierterLagenvonMoselundSaar undwerden,jenachLesezeitpunktund ZustandderTrauben,teilstrocken,teils feinherbundfruchtsüßundteilsedelsüß ausgebaut.Der kleinsteWeinkostetetwa 10Euro,derteuersteüber3400Euro. Kaumanderswo habeich2011er verkostet,diezum einensostarkden reifen,fruchtin tensivenJahrgang repräsentierten, Stephan dabeiaberdennoch Reinhardt hat zuletzt das frischundlebhaft Buch The Fine waren,nochdazu Wines of GermavoneinerAtem ny veröffentlicht beraubendenBril lanzundPräzision, sodasssieihreHerkunftaufdiedenkbar sinnlichsteArtzumAusdruckbrachten. EinermeinerLieblingsweineistder trockeneKabinettausdemGraacher Domprobst(weißeKapsel).Erzeigt,dass manbeiMolitorWeltklasseweineschon fürwenigerals12Euroerstehenkann: SehrfeinesSchieferbukettmitkühler, dennochreifer,auchtropischerFrucht. BodenundFruchtscheinenschonim Bukettperfektundspannungsreich vereint.Enormsaftigunddelikatam Gaumen,zeigtdieserKabinettSchmelz, Rasseundeinenachhaltigkühle,pikantsprödemineralischeAder.OderSeele? Egal,abindenKellerdamitundin zehnJahrendarüberphilosophieren.Der Weinjedenfallsistkomplexgenugfürein langesFlaschenlager.
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Kritik: Restaurants
Einfach mal die Klappe halten!
F
rüher ging man gut essen, wenn man einen Anlass hatte. Einen Hochzeitstag, Geburtstag, ein einzufädelndes oder ein erfolgreich abgeschlossenes Geschäft. Das Restaurant war ein besonderer Ort, aber einer mitten im Leben. Heute gibt es immer mehr Restaurants, die man für solche Anlässe nur noch sehr bedingt empfehlen kann. Man stelle sich nur das Paar vor, das sich nach 20 Jahren Ehe gegenübersitzt, die letzten drei Jahre hatte man nicht so viel miteinander geredet, aber jetzt erinnern beide sich daran, wie es damals war, die erste gemeinsame Reise, als es nach Paris gehen sollte, aber das Auto in Osnabrück zusammenbrach, sie schon schwanger, hatte es ihm aber noch nicht gesagt. Und man blickt sich in die Augen und ist gerade dabei etwas lang Vergessenes wiederzufinden, da kommt räuspernd der erste Gang: »Für Sie, meine Dame, haben wir einen Gang, da hat unser Koch sich etwas ganz Besonderes überlegt, die ›Meeresbrise‹. Ganz links finden Sie unsere Gillardeau-Auster, das ist die beste Qualität, ›Spéciale de Claire‹, die werden für Sie ganz leicht im eigenen Saft anpochiert. Daneben, das Grüne, da haben wir für Sie Queller, eine Alge, die …« »Und für Sie, mein Herr, haben wir unsere Terrine von der Gänseleber, d afür nehmen wir die Gänseleber und legen sie für Sie drei Tage lang in 15 Jahre alten Madeira …« »Dann wünsche ich Ihnen einen guten Appetit!« »… ??!?« Jetzt sitzen beide da, Besteck in der Hand und verarbeiten das Gehörte. Wo waren wir stehen geblieben? Schade, es hätte ein schöner Abend werden können. Es ist gewissermaßen eine kopernikanische Wende, die hier stattgefunden hat,
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In der Ruhe liegt die Kraft und oft genug auch der Genuss
nur leider in die falsche Richtung. Während früher der Gast die Sonne war, um die sich alles drehte, und er dafür kräftig zur Kasse gebeten wurde, dreht sich heute alles um den Koch, und dafür wird er immer noch kräftig zur Kasse gebeten. Diese neue Form der Gastronomie kann mit der Vorstellung, dass den Gast so banale Dinge beschäftigen wie seine Ehe, die neue Liebschaft, ein Geburtstag oder auch ein einzufädelndes Geschäft, nichts anfangen. Also werden die Verhältnisse geradegerückt. Wie der Lehrer mit dem Zeigestock: »Hier!!, Hier spielt die Musik, geschwätzt wird nicht!« Nicht, dass Sie mich jetzt missverstehen, ich habe nichts gegen Künstler am Herd und Kunst auf dem Teller. Was mich anstrengt, ist der Kunstunterricht, der leider immer mehr überhandnimmt. Im Prinzip ist es nämlich genau wie mit dem Witz, der genau in dem Moment keiner mehr ist, in dem einer anfängt, ihn zu erklären.
Es ist mir tatsächlich schon passiert, dass man mir sagte, nachdem ich erklärt habe, dass ich ein wichtiges Gespräch führe und gebeten habe, auf die Erklärungen zu verzichten, dass es sich um eine Direktive des Hauses handle, und man nicht darauf verzichten dürfe. Sehr sympathisch sind im Gegensatz dazu kleine Kärtchen, die man zu den Gängen reichen kann, auf denen detailliert alle Elemente beschrieben sind. Die haben einen Riesenvorteil: Man kann sie lesen, muss aber nicht. Ich empfinde es, ehrlich gesagt, auch überhaupt nicht als Respektlosigkeit, wenn ich ein Essen einfach nur essen will und mich dabei über etwas ganz anderes unterhalte. Man kann ja schließlich auch Mozart hören beim Autofahren. Oder Schostakowitsch. Beziehungsweise eine Oper genießen, ohne jede Kadenz, jeden Tonart- oder Rhythmuswechsel wirklich verstanden zu haben. Muss nämlich gar nicht sein. Rein in die Ohren, und direkt ins Herz, das ist völlig in Ordnung. Wenn man es danach doch genauer wissen will, kann man sich ja die Partitur kommen lassen. Wir müssen aufpassen, dass wir vor lauter Verstehenwollen und -müssen nicht komplett verlernen, Dinge auch zu genießen. In Wirklichkeit ist gerade das eine Form von Demut vor dem Werk. Und Restaurants, die es mit der Erklärerei zu weit treiben, brauchen sich nicht zu wundern, wenn sie irgendwann nur noch Einzeltische mit Notizblock und Kamera haben. Klaus Erfort hat mal in einem Interview in Effilee den schönen Satz gesagt: »Erfolg ist für mich, wenn die Leute eine zweite Flasche Wein bestellen.« Und die bestellen sie nicht, weil sie beeindruckt sind, sondern weil sie zufrieden sind und sich wohlfühlen. Und dazu gehört ein Dialog mit Fingerspitzengefühl.
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Foto: Andrea Thode
Wo bin ich eigentlich, im Restaurant oder auf der Schulbank? Ist es wirklich nötig, jeden Klecks auf dem Teller einzeln zu erklären? Von Vijay Sapre
Berlin, Deutschland PAULY-SAAL Das Team vom Grill Royal bespielt seit einigen Monaten auch ein Restaurant auf der Galeriemeile des Scheunenviertels, den Pauly-Saal in der ehemaligen jüdischen Mädchenschule. Während die coolen Menschen aus der Kunst- und Mitte-Szene in den niedrigen Räumen des Grills zu fortgeschrittener Stunde und mit abnehmender Nüchternheit ziemlich schräg und schrill erscheinen können, sorgen der hohe Raum der ursprünglichen Turnhalle und das Licht der bernsteinfarbenen Muranoleuchter hier bei ähnlicher Besetzung für eine weniger aufgeheizte Stimmung. Die Weinkarte ist jedoch genauso trinkfreundlich kalkuliert und bietet etliche deutsche Weine, der Service überrascht mit freundlicher Professionalität. Fazit: Es gefällt uns hier. Sogar sehr, auch mittags, bei Tageslicht. Das Essen? Deutsche Küche der goldenen Berliner Jahre der 20er und 30er wird auf der Website als Inspiration zitiert, mit Gerichten für mehrere Personen statt Diktat des Tellers. Vor Ort wird daraus ein mitunter etwas unbeholfener Spagat zwischen großen Schüsseln und engen Tischen. Auch die Küche schwankt zwischen mediterranen Erwartungen der figurbewussten Designerklientel und dem selbstgewählten mitteleuropäischen Konzept, das nach Geschmortem in braunen Saucen, Innereien und Eingelegtem verlangt und sich betont regional gebärdet. Spiegelt sich hier unbewusst das Nichtfassenkönnen der Küche Berlins wider, durch ständig neuen Zufluss immer im Werden? Oder die extreme geografische Vielfalt der jüdischen Küche? Wie auch immer, es schmeckt, und die Atmosphäre stimmt. Ursula Heinzelmann
Köln, Deutschland La Vision Hans Horberth
Berlin, Deutschland OTITO Nguyen van Hien
Dieser Wasserturm im Herzen Kölns ist eine der schönsten Immobilien, in die man ein Restaurant setzen kann. Wenn man dann noch an einem Samstagabend kommt, das Restaurant wirklich vibriert, weil es ausgebucht ist und die Menschen – Rheinländer eben – nicht flüstern, sondern plaudern und scherzen, dann muss man sich nur noch zurücklehnen und genießen. Hans Horberths Küche ist auf zweierlei Weise wegweisend. Zum einen hat er ein Konzept, das über den nichtssagenden Begriff Sterneküche hinausgeht, einen Grundgedanken, aus dem sich die Gerichte auf der Karte fast folgerichtig entwickeln. In diesem Fall sind es Pärchen von Produkten, die nicht von vornherein zusammenzupassen scheinen, Schnecke und Birke, Garnele und Kohlrabi, Schwein und Rhabarber. Das könnte banal sein, aber da Horberth konsequent in der Durchführung ist, fügen sich die Dinge auf zaubrische Weise bei jedem Gang zu einem harmonischen Ganzen, ohne dabei je die Spannung zu verlieren. Ja, ja, das Wort Dialog drängt sich auf, aber Horberth verwendet es dankenswerterweise nicht. Zum anderen muss man, obwohl hier einer kocht, dessen wichtigstes Organ nicht der Bauch, sondern das Hirn ist, nicht auf den geschmacklichen Unterbau verzichten, auf das, was der Schwabe Schlotzigkeit und der Japaner Umami nennt. Nicht unerwähnt bleiben darf auch der gleichermaßen zurückhaltende wie kompetente Service. Am 4. Oktober wurde Hans Horberth bei einem Autounfall schwer verletzt, wir wünschen ihm von hier aus gute und schnelle Genesung. Vijay Sapre
Wir drei Vietnamveteranen fanden unser Glück in Mitte, wo einen lärmender Qualmverkehr sofort nach Hanoi oder Saigon versetzt. Wie die Gerichte, die aus dieser Garküche stammen. Pho, eine nahrhafte Nudelsuppe in aromatischscharfklarer Brühe; vegetarisch, mit Fisch oder Fleisch ist ein Hauptgang, angesichts dessen, ginge es gerecht auf der Welt zu, sich unter allen Pommesbuden ein Loch auftun müsste. Sommerrollen läuteten diese Kumme ein: blanchierte, knackige Gemüsestreifen mit Reisnudeln, gehackten Erdnüssen, Chili und Koriander sowie – für den Herrn – mit Garnelen: Fest umhüllt in durchscheinendem Reispapier tunkt man sie in einen Chiliessig. Zur Linken kam Cary Gà auf den Tisch, ein gelbes Curry mit Galgant, Ingwer, Chili von Zitronengras, dem Kokosmilch, Süßkartoffeln und Möhren ein wenig zu viel Süße einhauchten. Rechts freute sie sich an angebratenem Tofu auf Reisnudeln, Erdnüssen und Kräutern, mit Zitronengras und Chili, wobei Sojasauce der Vegetarierin die Limetten-Fischsauce ersetzte. Eine Flancreme aber ist doch nicht vietnamesisch? Denk an die Plantagenszene in Apocalypse now (Redux)! Kaffee (ca phe) zum Abschluss: Ölig tröpfelt ein vanillig-schokoladiger Sud aus dem Alufilter auf die schneeweiße gesüßte Kondensmilch im Glas. Macht den Kopf klar, ohne das Herz in Raserei zu schicken. Nils Schiffhauer
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Kritik: Restaurants
Maastricht, Niederlande Beluga Hans van Wolde
Vaassen, Niederlande De Leest Restaurant Jacob Jan Boerma
Zwolle, Niederlande De Librije Jonnie Boer
Wild thing – Monterey, Gitarre in Flammen, Jimi Hendrix sind vermutlich die ersten Assoziationen, die viele damit verbinden. Wir denken dabei mittlerweile an einen anderen Rockstar: Hans van Wolde vom Beluga, der uns mit seiner Performance sehr beeindruckt hat. Schon die Amuse wie das Mundgefühl in 5 Geschmacksrichtungen (Gurke, Baumtomate, süße Orange, Essigpulver, Mokka, salzige Kartoffel, und Pfeffer/ Oregano) zeigten seinen Stil aus modernster Technik und nuancierten Aromen, die den Gast kulinarisch nie überfordern. Diese Unterhaltung auf höchstem Niveau fand ihre Fortsetzung in Ceramique 2012, einer sehr leichten Foie gras, kombiniert mit Karamell und einer Pflaumencreme, die optisch Assoziationen mit Minecraft oder Tetris weckte und Referenzklasse hatte. Auch die teils zehn Jahr alten Klassiker, die viele Gäste noch bis heute wünschen, sind hervorragend, zeigen aber gleichzeitig die kulinarische Entwicklung von der klassisch französischen Küche hin zu modernster Technik, die nie Selbstzweck ist. Dass fast ausschließlich regionale Produkte verwendet werden, ist vielleicht nicht außergewöhnlich, dass als eines der Highlights der tollen Weinbegleitung zum lokalen Käse ein Beluga-Bier serviert wurde, wohl schon. Den krönenden Abschluss des Menüs bildete dann Wild thing, I think I love you (wilde Beeren, Wildkirsche, Balsamico und Kürbis), ein Feuerwerk von Aromen, Texturen und Intensität, wie man es selten erleben darf – Death by Chocolate in Früchteform. Max Vanderveer, highendfood.org
Als Einstimmung gibt es einen mit Sepiatinte gefärbten und Makrelencreme gefüllten Maccaron. Er verschwindet in dem Moment, in dem ich auf ihn beiße, so leicht ist er. Der wuchtige und doch elegante Geschmack hallt lange nach. Während ich noch vibriere, kommt einer der besten Gänge: Blutwurstcreme mit unwirklich karottigem Karottenmousse. Süße plus Süße, Erdigkeit plus Erdigkeit – die Geschmäcker potenzieren sich auf geheimnisvolle Weise. Boerma konstruiert aus wenigen Elementen solide Fundamente: Thunfisch, Blumenkohl, Yuzu. Wolfsbarsch, Algen, Soja, Zucchini. Kalbsbries, Kohl, rote Bete. Und er baut, mithilfe aufwendiger Bausteine, höchst komplexe Geschmacksgebäude darauf. Er spielt auf virtuose Weise mit Texturen, Temperaturen und Süß-Sauer-BitterSalzig-Kontrasten, findet die Balance zwischen Ideen und Technik, hat ein Gefühl für Maß und ein Gefühl für den Esser. Alles wirkt fast schon spektakulär in seiner Bescheidenheit. Der Hummer aus Holland ist überwältigend frisch und zart. Dazu moosige Champignons, die roh und dünn gehobelt beziehungsweise fein gewürfelt und mariniert sind – und deren Aroma durch eine winzige Gänse lebermatte verstärkt wird. Wagemutig viel Zimt, Muskat, Kardamom und Koriander im Sud. Ein in seiner Intensität und Schönheit erlösender Gang. Boermas Desserts sind gut, aber langweilig. Die Gastgeberin, Boermas Frau Kim Veldman, ist schön, würdevoll, zurückhaltend charmant und präsentiert dem deutschen Esser deutsche Weine, von denen er noch nie gehört hat. Christoph Teuner
Die größte Attraktion von Zwolle sind nicht die vielen gut erhaltenen alten Gebäude sondern Jonnie & Thérèse Boer, die in diesem historischen Stadtkern ein Hotel in einem ehemaligen Gefängnis, das Restaurant Librije’s Zusje und ihr Flaggschiff De Librije betreiben. Boer ist Mitbegründer der neuen Generation von Topköchen in Benelux. Er liebt das Unkonventionelle, was nicht nur die Harleys vor der Tür zeigen: Kartoffeln auf einem Räuchertopf, Kabeljau präsentiert auf einer großen Gräte und Rindertatar mit Auster, auf dem Handrücken des Gastes zubereitet, zeugen von der Lust an spektakulärer Präsentation. Leider liefern einige Komponenten nur texturellen, aber keinen aromatischen Mehrwert, wie etwa der Kabeljau, der zwischen Speck, Haselnuss und Topinambur kaum zu schmecken war. Aus geglichen wird das aber durch so groß artige Gerichte, wie die Jakobsmuschel mit Sellerie BBQ oder die Wildente mit Rotkohlsaft und Mais – ein SignatureDish in dem man eindrucksvoll auf der Zunge die Intensität von fermentiertem Gemüse spüren konnte, die typisch für die Küche von Jonnie Boer ist. Legendär war dann auch der Nachtisch Kiss from Thérèse, ein Kussmund aus Mangoeis, Litschi, grünem Tee, Kokos und Puffreis, ebenso wie der essbare Joint, der schon weit über die Grenzen bekannt ist. Außergewöhnlich sind ebenso die vier Sorten Hauswein Kus van Thérèse wie die Möglichkeit, einen Tisch direkt in der Küche zu reservieren, aus der es auch einen Livestream per Webcam gibt. Max Vanderveer, highendfood.org
Begeisternde Küche in topmodernem Ambiente- Da muß man
Insgesamt ein wirklich beson Fahren Sie nach Vaassen!
deres Erlebnis für Essensbegeisterte
gewesen sein
Kerkweg 1, 8171 VT Vaassen
Broerenkerkplein 13–15, 8011 TW Zwolle
Centre Ceramique Plein 1992 – No 12
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6221 JP Maastricht, rest-beluga.com
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Maastricht, Niederlande Tout à Fait Bart Ausems
Duffel, Belgien Nuance Thierry Theys
Brüssel, Belgien Restaurant bon-bon Christophe Hardiquest
Wenn eine Stadt wie Maastricht mit gerade einmal gut 100 000 Einwohnern alleine fünf Sternerestaurants beherbergt und in 50 Kilometer Umkreis sich weitere 20 befinden, führt dies zwangsläufig zu einem erhöhten Maß an Kreativität. Im Tout à Fait spürt man den Einfallsreichtum schon beim Betreten des Restaurants, wo man hinter der traditio nellen Fassade von einem sehr eigenständigen und modernen, aber dennoch gastfreundlichen Interieur überrascht wird. Die Küche kann man mit ähnlichen Attributen beschreiben. Ein Steaktatar vom Thunfisch in Gänseleber und Baumkuchen mit kalt frittiertem Onsen-Ei ist nicht nur eine ungewöhnliche Variation der Gänseleber als Vorspeise, sondern überrascht auch durch Texturen und Temperaturen, die gepaart mit Süße und leichter Würze zu einem unvergleichlichen Geschmacks erlebnis auf der Zunge führen – ein ab soluter Referenzgang. Auch der sous-vide gegarte Schellfisch an Tomatencoulis und Seegras mit Avocado/Oliven-Confit und der Salat vom Hummer und BärlauchZabaione auf gebackener Grapefruit waren sehr eigenständige Gänge, die zu überzeugen wussten und auf das zweite Highlight einstimmten – ein Dessert von Birnen und Schokolade. Abgerundet durch Rhabarber und Minze bot dieser Gang eine so grandiose Variation der beiden Grundelemente, wie man sie sonst nur in der absoluten Top-Gastronomie findet. Dies alles zu Preisen serviert, bei denen man sonst eher Bistroküche erwartet, macht das Erlebnis umso vergnüglicher. Max Vanderveer, highendfood.org
Der 28-jährige Thierry Theys gehört zu den Shootingstars der belgischen Gastroszene: Nach Stationen unter anderem bei Alain Ducasse in Paris und im Beluga in Maastricht eröffnete er 2008 ein eigenes Restaurant in der Nähe von A ntwerpen. Von Beginn an erhielt das Nuance glänzende Kritiken und wurde innerhalb von nur drei Jahren mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Die Atmosphäre im angenehm hellen Gastraum ist freundlich und entspannt, Theys’ Partnerin leitet den Service mit einer authentischen Herzlichkeit. Nicht ganz so überzeugend wirkte dagegen manches, was bei unserem Besuch auf die Teller kam. Bestachen die AmuseGueules noch durch Finesse und Filigra nität, waren einige der Menügänge allzu simpel konzipiert. Bei der Langoustine mit Balsamico-Vinaigrette, diversen Tomatenstücken und Mozzarellaeis, zum Beispiel, bleibt es bei dem wenig aufregenden Eindruck, eine klassische Caprese mit einer gut gegarten Langoustine zu essen. Ganz ähnlich bei der Brust vom Bresse-Huhn mit Zucchini und Haselnuss oder beim Dessert aus Schokoladencreme und Himbeeren: Es schmeckt alles durchaus nicht schlecht, nur eben nicht sonderlich spannend oder gar individuell. Fast immer fehlt das gewisse Quäntchen Originalität, das aus einem soliden Gericht ein besonderes macht. Über die Preise (6 Gänge 95 Euro) kann man nicht meckern, aber angesichts der Guide-Bewertungen sollte man die Erwartungen etwas herunterschrauben. Kai Mihm
Kongo von David van Reybrouck gelesen: Auf nach Brüssel ins Afrikamuseum! Auf dem Weg dorthin fährt die Tram 44 am bon-bon vorbei – gut. Hardiquests Aromensymphonie startet mit einem Carpaccio von Austern (Perle blanche), die Crème fraîche einhüllen, begleitet von Zubrowka-Gelee. Die folgenden alten Tomatensorten sind in einer Petrischale auf einem gelierten Spiegel von Ziegenkäse angerichtet und zeigen das sensationelle Spiel von Säure und Süße dieser schlichten Gartenfrucht, wobei ein Nocken Gurkeneis intensivsten Aromas auch von der Temperatur her die ideale Ergänzung bildet. Eine Consommé aus Tomatenwasser erscheint, die am Tisch eine Flamme in einen zweiten Glaskolben hochdrückt. Bei 85 Grad Celsius nimmt die auf einem Filterpapier liegende Aromen unter anderem von spanischem Safran auf. Ein ideenreicher Hochgenuss, der fast auf die Ravioli und Fenchelstreifen verzichten kann, die sie im tiefen Teller umspült. Den 90 Minuten langsam in Aromaten glasig gegarten taufrischen Petersfisch von riesigen Ausmaßen präsentiert der Service zunächst komplett, bevor Tranchen davon den Gast erfreuen; dazu Datteltomaten. Lamm auf dreierlei Art: ein saftiges Schulterstück als Barren, als ebenso kleine wie intensive Wurst (Merguez) und als hebend gewürzte Jus. Taube folgt, ein geniales Stück, umrahmt von Artischockenschnitzen, Morcheln, frischen Erbsen und Kartoffeln mit Vanilleschaum. Himbeeren mit Elementen von Pistazie (Creme), Mandelmilch und Anis (Gelee) beenden die Vorstellung. Nils Schiffhauer
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gesparten Geld noch shoppen gehen!
Killaanstraat 6, 2570 Duffel
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Kritik: Restaurants
Madrid, Spanien Restaurante Ramon Freixa Ramón Freixa
London, England Dinner by Heston Ashley Palmer-Watts
London, England Apsleys Heros De Agostinis
Ramón Freixa hat seine in Barcelona noch ungezügelte Avantgarde kanalisiert und scheint sich im kosmopolitischen Madrid befreit zu fühlen: Im wunderschönen Designhotel Único präsentiert sich sein Restaurante ein bisschen wie ein Spiegelbild seiner Küche – ungewöhnliche Kombinationen von Jugendstil und Moderne, was in gewollte Provokation mündet. Harmonie sucht man bei Freixas Kompositionen meist vergeblich – nachhaltig von Pierre Gagnaire beeinflusst besteht jedes Gericht aus einem Sammelsurium von kleinen Tellern, deren interaktive Degustation zu einem größeren Ganzen führen soll. Beim Amuse, einer sehr wohlschmeckenden Deklination von verschiedenen Rebhuhnzubereitungen, die alle sehr klassisch herausgekocht sind, funktioniert die Reihum-Verkostung noch bestens, während schon beim ersten Gang, einer Trüffelüberraschung, die Begeisterung deutlich nachlässt: Eine getrüffelte Gänseleberkugel mit Muskateller-Gelee, ein getrüffelter Toast mit einem Löffel von Trüffelcreme und eine Bohnensuppe mit geräucherter Avocado (und Trüffeln) generieren einen Trüffeleinheitsbrei ohne Spannungsfelder und ohne besonders intensiven Trüffelgeschmack – leider daneben, Señor Freixa. Was bleibt? Die Erkenntnis, dass weniger mehr ist, dass Provokation um jeden Preis kulinarisch nicht wirklich zielführend ist. Freixa spielt leider nicht in der Liga von Adrià oder Gagnaire. Ingo Scheuermann, highendfood.org
Eine Kritik über eines der besten Restaurants Europas, die mit Pommes frites beginnt? Ja! Und noch mal Ja! Denn die Briten-Fritten sind göttlich! Auf ihre Weise so gut wie Robuchons Püree! Die fries werden grob geschnitten, vorgekocht, frittiert in Pflanzenöl bei 130 Grad, gefriergetrocknet, noch einmal frittiert, dieses Mal bei 180 Grad und in reinem Rinderfett. 4,50 Pfund kostet eine kleine Schale. Ich esse zwei – nach einem kompletten Menü. Die Portionen sind klein hier und teuer. Man bezahlt auch den grandiosen Blick auf den Hyde Park durch die hohen Fenster. Und das Küchenkino, wenn man andersherum sitzt. Dinner by Heston hat ein tolles Konzept. Historische britische Gerichte werden kompromisslos modernisiert. Die Wurzeln der meat fruit reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Man denkt, man habe eine Mandarine auf dem Teller. Fruchtig-herbes Gelee umhüllt Geflügelleber-Parfait. Dazu über Holzkohle getoastetes Weißbrot. Genial in seiner Einfachheit. Das gilt auch für das geröstete Rindermark von 1720, das in einem Stück Knochen serviert wird: Mark, Schnecken, Semmelbrösel, frische Kräuter und eingelegtes Gemüse mit Koriandersamen. Der Steinbutt danach ist fantastisch frisch. Er wird serviert mit Herzmuschelketchup (1830), einer leicht gelierenden, süßlichen Sauce aus Muschelfond, in der Essig, Kapern und Cornichons die Säure liefern. Die Gewürztaube mit Artischocken (1780) schmeckt zwar kaum nach Gewürzen, ist aber so perfekt zubereitet, dass man das vergisst. Christoph Teuner
Heinz Beck gehört in Italien zu den Stars der kulinarischen Szene. Sein Restaurant La Pergola in Rom ist auf Monate ausgebucht, er selbst tritt regelmäßig in populären Kochsendungen auf und hat unter anderem ein Standardwerk zur Kunst und Wissenschaft des Service verfasst. 2009 eröffnete er im Londoner Luxushotel Lanesborough sein zweites Restaurant: das Apsleys ist gemäß der vermögenden Hotelklientel prunkvoll eingerichtet, es herrscht eine betont elegante Atmosphäre, der Service agiert in klassisch italienischer Manier sehr formell. Die Küche bietet einige Klassiker aus Becks Repertoire in teilweise leicht vereinfachter Version an. Zugleich spürt man die Ambition, irgendwann vielleicht in der gleichen Liga zu spielen wie das Mutterschiff in Rom. In manchen Bereichen, etwa bei den hervorragenden Pasta-Gerichten, ist man schon fast so weit. Die WildTortellini mit Kürbis und Parmesan oder die legendären Fagotelli La Pergola könnten besser nicht sein. Bei anderen Gängen hingegen spürt man noch einen deutlichen Mangel an Feintuning. Die Gänseleberterrine mit geräuchertem Apfel und Amaretti war fad gewürzt, das Gemüseragout zum gebratenen Heilbutt zu süß abgeschmeckt, und die Entenbrust mit Topinambur war zwar butterzart, wurde in dunkler Sauce jedoch förmlich ertränkt. Wählt man das Richtige aus, kann man hier sicher sehr gut essen, aber Luft nach oben ist durchaus vorhanden. Kai Mihm
Weil kulinarische Irritation manchmal interessant, kulinarische Brillanz und Harmonie aber immer besser ist
Lohnt vor allem für die Pasta von Weltklasse
Maximaler Wohlgeschmack
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Hyde Park Corner, London, SW1X 7TA www.lanesborough.com
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Schneller Teller #7 Rezept & Foodstyling: Stevan Paul Foto: Andrea Thode
Rüben und Wurzeln mit grünen Linsen in Senfrahm Für 4 Personen Die Wurzeln und Rüben für dieses winterliche Gericht aus der französischen Gemüseküche werden im Ganzen mit Biss gegart und mit knackigen LePuy-Linsen in Rahmsauce mit RotisseurSenf und scharfem Meerrettich gereicht. 150 g grüne Linsen (Le-Puy-Linsen) 750 g bunte Möhren 250 g Petersilienwurzeln Salz 40 g Butter 200 ml Milch 200 ml Gemüsebrühe
200 ml Sahne 30 g Mehl 1 EL körniger Senf 1–2 EL trockener Weißwein Zucker 1 Kressebeet 1 Stück frische Meerrettichwurzel, geschält 1. Die Linsen in Wasser ohne Salz 20 Minuten kochen. Wurzelgemüse mit der Gemüsebürste abschrubben, dickere Wurzeln längs halbieren. Wurzeln und Möhren in kochendem Salzwasser je nach Dicke 12–15 Minuten bissfest gar kochen. 2. Für die Senfsauce Butter, Milch, Brühe, Sahne und Mehl mit einem Schneebesen in einem Topf verrühren.
Auf den Herd setzen und bei mittlerer Hitze unter ständigem Rühren mit einem Schneebesen aufkochen. 2 Minuten kochen lassen. Senf einrühren, mit Wein abschmecken und mit Salz und einer guten Prise Zucker würzen. 3. Linsen abgießen, heiß abbrausen und mit der Sauce verrühren. Wurzeln abgießen und abtropfen lassen. Rahmlinsen mit den Möhren auf Tellern anrichten. Mit Kresse vom Beet und frisch geriebenem Meerrettich bestreut servieren. Alle Rezepte des Heftes sowie Wissenswertes über Zutaten und Zubereitungen finden Sie unter www.effilee.de
30 Min. Effilee #23 Winter 2012/2013
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Hier gibt’s Effilee und andere Gute Sachen
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playing with eels Buchhandlung, Bio-Café und Galerie Urbanstr. 32 10967 Berlin +49 175 /98 29 536
Passion Vin Weinhandel Weinhandel KöpenickerStr. 18 - 20 10997 Berlin +49 30 / 61 78 96 05
Tischkultur am Mexikoplatz Tischwäsche Limastr. 2 14163 Berlin +49 30 / 36 75 23 33
Klosterprodukte, Kunsthandwerk, Delikatessen und Café Klosterstr. 1a 18209 BadDoberan +49 170 / 43 27710
20000 Oliviers & Co. Olivenöle und mediterrane Spezialitäten EuropaPassage Ballindamm 40 20095 Hamburg +49 40 / 33 47 52 56
Freuzeug Delikatessen Bogenstr. 11 20144 Hamburg +49 40 / 41 62 25 20
Beisser GmbH & Co. KG Handel, Feinkost, Fleisch und Catering EppendorferBaum 4 20249 Hamburg +49 40 /48 00 558
Kaffee Leverkusenstr. 54 22761 Hamburg +49 40 / 85 19 283
Wein & Delikatessen Ditmar-Koel-Str. 34 20459 Hamburg +49 4121 / 26 88 41
Beisser GmbH & Co. KG
Genussladen Sohl Delikatessen Sand 15 21073 Hamburg +49 40 / 38 67 06 46
Galerie mit kleinem Café Fleischhauerstr. 67 23552 Lübeck +49 151 / 62 91 14 66
Gartenfachmarkt Maldfeldstr. 2 21077 Hamburg +49 40 / 75 11 58 90
Emma Plus Knooper Weg 39 24103 Kiel +49 431 / 88 81 923
Sandpassage Lüneburg Delikatessen und Feinkost AmSande 8 21335 Lüneburg +49 4131 / 73 75 17
Wein und Gastronomie Elbchaussee 520 22587 Hamburg +49 40 / 39 33 44
Handel, Feinkost, Fleisch und Catering OttenserHauptstr. 9 22765 Hamburg +49 40 / 48 00 558
quartier – feine Künste
Garten von Ehren GmbH
Ravenborg pan y vino
Becking AG
Emma Plus Holtenauer Str. 85 24105 Kiel +49 431 / 64 73 46 50
Stenkamp‘s Schokoladen Schokolade und Kaffee LübeckerStr. 14 24306 Plön +49 4522 / 50 35 94
Effilee #23 Winter 2012/2013
Foto: Sembritzki
00000 Blauer Hirsch, Weinkontor Friedrichstadt
Die Weintafel
WeinSinn Nr. 4
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Feinkost und Wein Bahnhofstr. 13 33790 Halle +49 5201 / 15 89 421
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Genussschule Jo & Co
Küchenartikel Marktstr. 25 26382 Wilhelmshaven +49 4421 / 22 555
Das Kontor Weine, Feinkost, Bistro, Küchen und Geschenkartikel GroßeNeustr. 8 - 9 26506 Norden +49 4931 / 16 87 30
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Koch Kunst Ostertorsteinweg 78 28203 Bremen +49 421 / 74 353
SansiBar Michael Sondermann Catering und Delikatessen StraßburgerStr. 84 28211 Bremen +49 421 / 43 09 865
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Genussschule Fellenweg 36 36093 Künzell +49 661 / 93 37 371
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Effilee #23 Winter 2012/2013
Kommen wir ins Geschäft? Wenn wir bei Ihnen in den Laden dürfen, kommen Sie bei uns ins Heft. Egal, ob Sie ein Restaurant betreiben, mit Lebensmitteln handeln, Küchen einrichten oder Küchengeräte verkaufen: Wenn Ihre Kunden Essen nicht nur verzehren, sondern auch darüber nachdenken, lohnt es sich für Sie, Effilee mit anzubieten. Sie bekommen von uns Hefte, einen eleganten Plexiglas-Aufsteller, eine gute Marge und volles Rückgaberecht. Schicken Sie einfach eine E-Mail an vertrieb@effilee.de oder rufen Sie an: +49 40 / 80 90 53 80 135
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Das Schokoladenhaus in der Limburger Altstadt
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Patisserie Audenstr. 1 61348 BadHomburg +49 6172 / 12 36 404
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Effilee #23 Winter 2012/2013
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SpezialitätenCompagnie Feinkost und Kaffeerösterei Stegstr. 8 72116 Mössingen +49 7473 / 94 110
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Prohoga Ortenau GmbH & Co. KG Gastronomie Großhandel Gewerbestr. 11 77749 Hohberg +49 7808 / 94 92 23
Prohoga GmbH & Co. KG Gastronomie Großhandel Salinenstr. 56 78054 VillingenSchwenningen +49 7720 / 83 35 22
Zum Goldenen Ochsen Ringhotel Restaurant Bar Restaurant ZozneggerStr. 2 78333 Stockach +49 7771 / 91 840
Pfeffer Lebensmittel – Feinkostversand
Confiserie Rafael Mutter
Feinkostversand FrankfurterStr. 16 / 1 74072 Heilbronn +49 7131 / 39 00 997
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Fischhaus Freiburg GmbH
Küchenaccessoires, Glas und Porzellan HeilbronnerStr. 50 74211 Leingarten +49 7131 / 40 937
Spezialitäten Müssle GmbH Delikatessen und Feinkost Marktplatz 8 75175 Pforzheim +49 7231 / 10 28 86
City and More – Individuelle LebensArt Feinkost AmMarkbach 13 76547 Sinzheim / Baden-Baden +49 7221 / 99 28 99
Fisch Brand 24 79677 Schönau +49 7673 / 88 89 59 01
80000 Manufactum brot&butter im Alten Hof Feinkost Dienerstr. 12 80331 München +49 89 / 23 54 59 00
Bergwein Wein aus Südtirol Corneliusstr. 18 80469 München +49 89 / 20 20 68 08
Effilee #23 Winter 2012/2013
Walter & Benjamin
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Weinhandlung, Weinbar und Restaurant Rumfordstr. 1 80469 München +49 89 / 26 02 41 74
Feinkost Mühlstr. 4 a 86919 Uttinga.Ammersee +49 8806 / 95 94 33
Gundelinde Feinkost
Buchhandlung Friedrichstr. 53 88045 Friedrichshafen +49 7541 / 70 06 62
Feinkost und Mittagstisch Gundelindenstr. 11 80805 München +49 89 / 95 44 60 15
Magazinivini Feinkost, Outlet und Wein Martin-Kollar-Str. 11 81829 München +49 89 / 42 00 90 90
Sembritzki Feinkost, Tagesbar und Küchenzubehör Tutzinger-Hof-Platz 4 82319 Starnberg +49 8151 / 55 09 526
Juliana Essbar & Caffe Süße Delikatessen Schulstr. 2 83209 Prien +49 8051 / 96 14 786
Lebensart... alles Küche Küchen, Küchenartikel und Kochraum Kirchhofplatz 9 83512 WasserburgamInn +49 8071 / 44 47
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Kolonial Feinkost, Küchenartikel und Kochbücher Jakobsplatz 13 86152 Augsburg +49 821 / 22 74 035
Buchhandlung Gessler
Georg Hack – Haus der guten Weine Weinhandel Schützenstr. 1 88709 Meersburg +49 7532 / 49 450
Albholz Küchen e.K. Küchenmanufaktur BeimKreuzstein 5 89160 Dornstadt +49 7336 / 57 61
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90000 delikatEssen Delikatessen und Einzelhandel Weinmarkt 14 90403 Nürnberg +49 911 / 20 29 132
Restaurant Lönneberga Restaurant Uhlandstr. 21 90408 Nürnberg +49 911 / 36 68 896
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Dictum GmbH Versandhandel Handwerkzeuge und Küchenmesser Donaustr. 51 94526 Metten +49 991 / 91 09 901
Österreich Göttfried im Gasthof Schrott Restaurant AlteHauptstr. 38 4072 Alkoven +43 7274 / 71 400
Cafe Stella OG Kaffee Rösterei Reichenfeldgasse 5 b 6800 Feldkirch +43 699 / 19 68 28 56
Zum Kochen Küchenutensilien, Gewürze, Delikatessen und Kochkurse Theodor-Körner-Str. 37 8010 Graz +43 664 / 84 18 080
Schweiz Buchecker-Cascade AG Tischkultur und Küchenartikel Bundesstr. 38 6003 Luzern +41 41 / 21 05 770
Vinoversum A. Gatti AG Weinhandel Tösswiesenstr. 8 8413 Neftenbach +41 52 / 21 30 020
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Bioladen ProfessorStahlstr. 6 92637 Weideni.d.Opf. +49 9656 / 17 46
Wein & Mehr Wein, Feinkost und Kochschule Ziegetsdorferstr. 117 93051 Regensburg +49 941 / 46 68 00
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Menschen
christian Romanowski der messermann Text: Hans Kantereit Foto: Andrea Thode
E
s ist sicher nicht das erste Mal, dass das Leben eine Erfolgsstory schreibt, die einen schmunzeln lässt. Der Startschuss für das Lebenswerk von Christian Romanowski, dem Betreiber von Kochmesser.de, kam jedenfalls von seinem ärgsten Feind und Neider: dem Industrieverband Schneidwaren in Solingen. Aber die Geschichte eines der nützlichsten Küchenhelfer der gehobenen Gastronomie verdient es, der Reihe nach erzählt zu werden: Den ersten wichtigen Schnitt auf dem Weg dorthin, wo Romanowski heute steht, machte, wie so oft, die Schule für ihn. In diesem Fall das Walther-Rathenau-Gymnasium in Berlin, das den jungen Mann zum Dank für diverse besondere Leistungen, darunter das wiederholte Ausrufen der Weltrevolution, kurzerhand und ohne jeden Abschluss vor die Tür setzte. Romanowski tat das Beste, was man in dem Fall tun kann, und nahm seine weitere Ausbildung selbst in die Hand. Erste Lektion: Schnupperkurs Gastronomie. Es war Anfang der 1980er-Jahre, und frisch gepresster Orangensaft auf Straßenfesten war ein Novum, das die Kundschaft
Er machte den Anfängerfehler, mit der Fingerkuppe zu prüfen, ob das Messer scharf ist in Scharen anzog. Irgendwann betrieb Christian dreißig Stände, die ab fünf Uhr morgens mithilfe zweier Busse in der Stadt verteilt sowie auf- und schließlich wieder abgebaut werden mussten. Es floss bereits im ersten Jahr beträchtliches Geld in die Kasse. Doch dann kam das, was Romanowski einen richtigen deutschen Sommer nennt, der Dauerregen spülte das Verdiente den Rinnstein hinunter und die Kassenstände lagen Abends regelmäßig unter dem Stand, den sie qua Wechselgeld am Morgen gehabt hatten. »Da habe ich begriffen, dass ich zu allem Übel auch noch von den eigenen
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Mitarbeitern bestohlen wurde …«, erinnert sich Romanowski, »und hab aufgehört.« Ganz folgenlos sollte der missglückte Ausflug in die Saftwirtschaft jedoch nicht bleiben. Romanowski saß seiner arbeitslosen Saftpresse der Marke Hamilton Beach gegenüber und geriet ins Grübeln. Er fand und sah keinen Grund, warum das schlichte Ding mit 700 DM gehandelt wurde. Er bereiste gezielt Länder, in denen Orangen angebaut werden, und sah sich um. In der Türkei wurde er fündig, fortan durfte Christian sich Saftpressenimporteur nennen. Die zu dieser Zeit an jeder Ecke zu findenden sogenannten Designläden waren begeistert. Romanowski legte nach, importierte Boston-Cocktailshaker und verwandten, nützlichen Kleinkram aus den USA, und bald war die Firma Romanowski Design geboren. Auf einer Einkaufstour für das junge Unternehmen lief Christian dann ins Messer: An einem kleinen Frankfurter Messestand stand er vor einem Stahlmesser mit schwarzen Punkten am Griff, das er einfach nur schick fand. Er machte den blutigen Anfängerfehler, mit der Fingerkuppe zu prüfen, ob es auch wirklich scharf ist, erlebte einen unvergesslichen Aderlass, und als die Blutung gestillt war, konnte er sich weltweit erster Importeur des Global Messers nennen. Romanowski hatte sich kein zweites Mal geschnitten, das Global verkaufte sich fast von selbst. Bald erreichte ihn eine erfreuliche Nachricht aus England: Die britische Ausgabe der Stiftung Warentest hatte Global unter die Lupe genommen und zum Messer aller Messer gekürt. Diesen Wissensvorsprung wollte Chris tian seinen Kunden nicht vorenthalten. Im Rundfax stand kurz und knapp: »Wir haben das beste Messer der Welt!« Dieser kleine Freudenschrei genügte, um die Eingangs erwähnte Spaßbremse Industrieverband Schneidwaren aus Solingen auf den Plan zu rufen. Den Inhalt des Schreibens, das Romanowski postwendend bekam, fasst er heute so zusammen: Er solle sich
s eine beschissenen Kackmesser gefälligst irgendwohin schieben, wo die Sonne nie hinscheint, und aufhören, große Sprüche zu klopfen. Die besten Messer kämen aus Solingen und basta! Anlage: Eine kostenpflichtige Abmahnung. Der Bundesverband hatte die Rechnung ohne Romanowskis Streitlust gemacht: Er schickte Global Messer an die hundert besten Köche Deutschlands und bat um ihr Urteil. Siebzig antworteten, 68 davon waren begeistert. Romanowski begann, Köche mit seinen Messern zu besuchen, und hatte das Gefühl, er trage ihnen das Glück direkt in die Küche. Sie dankten ihm für ein Werkzeug, mit dem man einfach nur mühelos und gern schneidet. An der Stelle, erinnert sich Christian, fing er an, sich im Thema Messer so wohl zu fühlen, dass er Romanowski Design ohne Wehmut verkaufte, um sich künftig ganz und gar dem Schneiden widmen zu können. Fragt man ihn heute nach seinem Wohnort, erfährt man, dass er sich häuslich ganz gut in »Immer unterwegs« eingerichtet hat. Erfolgserlebnisse können süchtig machen. Christian hat seit dem einschneidenden Start auf jener Frankfurter Messe nicht aufgehört, die Welt nach guten Messern abzusuchen, die er glücklichen deutschen Köchen an die Hand geben kann. Und immer noch fragt er, wenn er ein Messer für gut befunden hat, so viele Zwei- und Drei-Sterne-Köche wie möglich nach ihrer Meinung, ehe er das neue Schneidwerkzeug ins Programm nimmt. Überhaupt hält ihn die feste Überzeugung, dass man auf dieser Welt nur durch ständigen Austausch vorankommt, ziemlich auf Trab. Fast unnötig zu erwähnen, dass diese Arbeitsweise dem Mann, der das Glück in so viele ambitionierte Küchen bringt, jede Menge nahrhafte Freundschaften mit Spitzenköchen beschert hat. Ein bisschen Glück bekommt der Herr Romanowski, der so gerne gut isst, also zurück. www.kochmesser.de
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Eigener Herd
HerrN Paulsens Deutschstunde Kässpätzle Text, Rezept & Foodstyling: Stevan Paul Foto: Andrea Thode
Mit der Hand vom Brett geschabt – alles andere ist Murks
S
pätzleschaben funktioniert nicht wie Fahrradfahren, Spätzlescha ben, so richtig per Hand vom Brett, das verlernt man, stelle ich fest. Durch den aufsteigenden Wasserdampf blicke ich sorgenvoll ins Siedewasser, ein mit Teig verschmiertes Frühstücksbrett chen in der einen, einen klebrigen Teig schaber in der anderen Hand. Da tauchen die ersten Ergebnisse meiner Bemühun gen auf, steigen trudelnd an die Wasser oberf läche, die ersten handgeschabten Spätzle seit … ich denke, zwei Jahrzehn te ist es her. Es sind lange, dicke, breite Teigklumpen. »Sag mal! Was für riesige Ronken riebelscht du dir denn da zurecht!«, schimpfte mein Lehrherr schon zu Aus bildungszeiten, plötzlich scheint er wieder hinter mir zu stehen, ungläubig den Kopf schüttelnd. So was, nach all den Jahren! Eigentlich müsste ich das doch können. Ich bin im Schwäbischen aufgewachsen, habe ebendort eine Kochausbildung ge nossen, in deren Verlauf ich alsbald fähig war, in kürzester Zeit und mal eben ne benbei 180 Portionen Spätzle von Hand zu schaben, für die Hochzeitsgesellschaft im großen Saal. Hier in der Effilee-Redaktionsküche sieht es zwanzig Jahre später nicht so aus, als bekämen wir heute noch ein Foto in den Kasten. Kässpätzle soll es geben, ne ben der Maultasche und dem Kartoffel salat das größte kulinarische Heiligtum der schwäbischen Küche. Handschabung war in Schwaben schon immer Ehrensache. An jeder Kü chenwand hing das klassische Spätzle brett aus Holz mit abgeflachter Schnitt kante und langem Griff und daneben das Spätzlemesser, mit dem der Teig strei fenfein direkt ins Kochwasser geschabt wurde. Heute sieht man das nicht mehr so streng im Ländle: Spätzlepressen und Spätzlehobel zur Herstellung sogenannter Faule-Weiber-Spätzle gehören jetzt ganz selbstverständlich zur Küchengrundaus stattung. Der frühere Regierungspräsi dent von Nordwürttemberg, Manfred Bulling, erfand sogar eine Presse mit un gleich geformten Austrittslöchern, um so das Handgeschabte zu simulieren. Schlau ist er wirklich, der Schwabe, und dieses andere, völlig haltlose Klischee, er sei ein
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Geizkragen, kann ebenso am Spätzleb rett widerlegt werden: Emmer oi Oi meeh verwenda lautet die Rezeptformel für per fekten Spätzleteig – immer ein Ei mehr verwenden als im Rezept angegeben. Den sprichwörtlichen Fleiß lebt der Schwabe dann am fertig verrührten Spätzleteig aus, der gründlichst und anhaltend geschlagen werden muss, bis er weich wird, glänzt und Blasen wirft. Ohne Schwitzen keine Spätzle. Dann erst darf geschabt werden. In der Redaktionsküche läuft es plötz lich besser. Ich habe die Abläufe verlang samt, wie in Zeitlupe streiche ich den Teig konzentriert aufs Brettchen, tauche Brett chen und Schaber zwischendurch kurz ins Kochwasser um zu verhindern, dass der Teig festklebt, schiebe sorgfältig sehr dün ne Teigstreifen ins Kochwasser. Langsam werde ich sogar wieder etwas schneller, es brodelt im Topf und vom Grund stei gen echte Spätzle auf. Nebenan duften und dunkeln die Zwiebeln in der Pfan ne, es fehlt noch der Käse, den reibe ich jetzt frisch vom Stück. In Schwaben ist man sich, was die Verwendung des Kä ses angeht, uneinig beziehungsweise stark bis stur regional orientiert: Geschmolzen wird, was oms Eck gekäst wird, dabei spielt der Allgäuer Bergkäse eine wichtige Rolle. Spätzle und Käse werden jetzt in eine Auf laufform geschichtet und vermählen sich im Ofen zu einem großen ganzen Glück. Ich hole die original Hamburger Käs spätzle aus dem Rohr, es duftet warm und würzig, ich richte an, da passiert es: Drei lange Käsefäden legen und ziehen sich einseitig über den ansonsten blank polier ten Tellerrand. Achselzuckend stelle ich den Teller trotzdem vor die Kamera: »Des ghert so!«, sagt der Schwabe, wenn er der Ansicht ist, dass etwas genau so ist, wie es sein sollte.
Kässpätzle für 4–6 Personen 5 Eier (L) 500 g Mehl (Typ 405) Salz 3 große Gemüsezwiebeln 4 EL Öl 1 TL Zucker
50 ml trockener Weißwein (wahlweise Apfelsaft) Pfeffer 150 g Allgäuer Emmentaler 150 g Voralberger Bergkäse 150 g Greyerzer Käse ½ Bund Schnittlauch Zubereitungszeit: ca. 1 ½ Stunden 1. Für die Spätzle die Eier mit 150 ml Wasser verquirlen. Mit dem gesiebten Mehl und einer guten Prise Salz zu einem Teig verrühren. Mit einem Kochlöffel oder der Hand den Teig in der Schüssel mit Greifbewegungen so lange schlagen, bis er eine cremige Konsistenz bekommt und Blasen wirft. Zugedeckt kurz ruhen lassen. 2. Zwiebeln in Ringe schneiden. Öl in ei ner großen Pfanne erhitzen, die Zwiebel ringe hinein geben, salzen und bei milder Hitze unter Rühren in 15–20 Minuten weich und goldbraun schmoren. Zucker unterrühren, mit Weißwein ablöschen und aufkochen. Mit Pfeffer würzen, eventuell nachsalzen. 3. Während die Zwiebeln noch schmoren, einen großen Topf mit Salzwasser auf kochen lassen. Den Spätzleteig portions weise mit einer Palette auf ein befeuchte tes Holz- oder Plastikbrettchen mit glatter Oberfläche streichen, sodass der Teig zum Ende hin dünn zuläuft. 4. Jetzt mit dem Spatel dünne Teigstrei fen vom Brett direkt ins kochende Wasser schaben, bis die Hälfte des Teigs auf dem Brettchen verbraucht ist. 5. Die Spätzle im Wasser aufsteigen lassen, 2 Minuten weiterkochen. Heraus nehmen und in kaltem Wasser abschre cken. Spätzle abtropfen lassen und auf einem Blech ausgebreitet und mit einem feuchten Tuch bedeckt beiseitestellen. 6. Käse reiben und mischen. Eine Auflaufform buttern und abwechselnd Spätzle, Käse und Zwiebeln einschichten. Im heißen Ofen bei 200 Grad (Umluft 180 Grad) auf der zweiten Schiene von unten 35 Minuten backen. Schnittlauch in Röllchen schneiden und über die Käs spätzle streuen.
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Das letzte Rezept
Bouillabaisse
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Effilee #23  Winter 2012/2013
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restaurant am ende des universums
… im südaustralischen Iron Knob, und zwar in jeder Hinsicht. Seit die örtliche Eisenmine kein Eisen mehr hergibt, wohnt hier nämlich fast niemand mehr. Umso banger wartet man im Restaurant des Iron Knob Motel Roadhouse auf Gäste. Aber wehe es kommt wirklich einer: Der Fish und die Chips schmecken, gelinde gesagt, ausdruckslos. Den Rest sagen die misstrauischen Blicke des Personals: »Beschwer dich ruhig, Fremder! Dein Grab ist schon geschaufelt!« Haben Sie auch ein Foto von einem Restaurant am Ende des Universums? Schicken Sie es an info@effilee.de, Stichwort Ende des Universum. Die schönsten Bilder werden veröffentlicht.
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Effilee #23 Winter 2012/2013
Foto: Martin Mischkulnig
Es ist Nacht geworden …
Effilee #23  Winter 2012/2013
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Gewinnspiel
Das kann doch nicht wahr sein! Wein, Käse, Essig – viele Lebensmittel werden besser, wenn sie reifen dürfen und Bakterien, Enzyme, Hormone und chemische Zersetzungsprozesse in Ruhe ihr Werk verrichten können. Ist da nicht etwas faul? Eine der folgenden Aussagen ist es ganz sicher. Welche?
2. Rund 20 Jahre dauert es, bis ein Olivenbaum zu voller Fruchtbarkeit herangereift ist. 3. Schwarze Maroni gelten im Schweizer Kanton Luzern als besondere Delikatesse. Die von Edelfäule befallenen Kastanien werden erst spät im Jahr geerntet. Beim Rösten färben sie sich schwarz, daher der Name der Spezialität. 4. Unreife Bananen werden mit Hilfe des Pflanzenhormons Ethylen kontrolliert gereift. Dieser Wirkstoff wurde früher auch beim Menschen eingesetzt: als Narkosemittel. 5. Zu Sauerkraut gereifter Kohl beglückt nicht nur den Menschen. Christian Johann Friedrich Dießkau empfahl das Kraut in seiner 1779 erschienenen Naturgeschichte der Nachtigall als Heilmittel für cholerische Nachtigallen. 6. Ein spanischer Spitzen-Bellota-Schinken kann sieben Jahre und länger reifen.
Unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir zusammen mit Duckstein eine Genießerreise nach Hamburg für zwei Personen im Wert von 700–900 Euro. Im Preis inklusive ist die Anreise mit der Bahn, eine Übernachtung im East Hotel Hamburg, das mit ausgefeiltem Design und der Nähe zur Reeperbahn lockt, sowie ein Genießermenü im hoteleigenen Restaurant.
Die Lösung schicken Sie bitte per Post an: Effilee GmbH, Hospitalstraße 92, 22767 Hamburg oder per E-Mail an: info@effilee.de, Stichwort: Gewinnspiel
7. Reinofix Rapid ist ein universelles Schnellreifemittel für jede Art von Rohwurst.
Einsendeschluss istder11.1.2013. Eine Barauszahlung des Gewinns ist nicht möglich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Auflösung und der Gewinner werden im nächsten Heft bekannt gegeben.
8. Neuerdings dürfen auch Hopfen und Malz mehrere Monate ins Sherry-Fass, um zu exklusiven Bierspezialitäten zu reifen.
Die richtige Lösung des Gewinnspiels in Effilee #22 war Nummer 4. Gewonnen hat Markus Wagner, Niederwerth.
Die nächste Effilee erscheint am 15. Februar 2013
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Effilee #23 Winter 2012/2013
Fotos: Flickr/Tambako the Jaguar, Hersteller
1. Im Mai bebte in der Emilia-Romagna die Erde und ließ so manchen Parmesan in den Reifekellern zu Schaden kommen. Das Käseland Niederlande startete prompt eine Hilfsaktion: Unter dem Motto Rette einen Käse kauften fast 8000 Niederländer mehr als 11 000 Kilogramm der Bruchstücke.
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