La città di Brescia sul magazine svizzero Belvedere

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belvedere Frühling 2021 belvederemagazin.ch € 8 / CHF 12

Das alpine Erlebnis- und Reisemagazin

Aufgeblüht: Frühling im AARGAU ITALIANITA

BLÜTENRAUSCH

EBIKE TOUR

Die Seele am GARDASEE Wenn zehntausende Durch den Naturpark baumeln lassen APFELBÄUME blühen JURA VAUDOIS


BRESCIA, GARDASEE

ITALIANITÀ: DIE SEELE BAUMELN LASSEN Die norditalienische Stadt Brescia hat kulturell und historisch eine Menge zu bieten und rund um den nahen Gardasee zelebriert man Leichtigkeit und Lebensfreude.

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Regula Zellweger

lle die deutschsprachigen Dichter, Musiker und Künstler wie Johann Wolfgang Goethe, Felix Mendelssohn Bartholdy oder Arnold Böcklin, die das Land, wo die Zitronen blühen, begeistert beschrieben haben, müssen die Region Brescia besucht haben. Denn rund um den Gardasee wuchsen damals Zitronen in gepflegten, winterfesten Kulturen 12

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und die Region Brescia hat kulturell viel zu bieten. Die Stadt Brescia ist der ideale Ausgangspunkt, um die gleichnamige Region in der Lombardei zu entdecken und dem italienischen Lebensstil zu frönen – oder dem, was man sich darunter vorstellt. Italianità umfasst das Wesen, die Art, die Natur und den Charakter


PA R A DIES AU F ZEIT

Italiens und der Italiener – was man bei einem so widersprüchlichen Land wie Italien aber kaum auf einen Nenner bringen kann. Die norditalienischen Städte zeigen den Besuchern den Lebensstil einer modernen, wohlhabenden Industrie- und Wirtschafts­ region basierend auf einer reichen, traditionellen Geschichte. Rund um die Stadt und insbesondere am 30 Kilometer entfernten Gardasee geniesst man das Landleben, macht Wassersport und wandert durch eine vielfältige Landschaft. Und überall geniesst man das hervorragende italienische Essen und den regionalen Wein. Italianità!

Der ursprüngliche Name, Piazza del Duomo, Domplatz, wurde nach dem Tod von Papst Paul VI., dem Papst aus der Provinz Brescia, geändert: Piazza Paolo VI. © iSTOCK

BRESCIA GESTERN UND HEU TE Brescia ist sowohl eine Stadt mit rund 200’000 Einwohnern als auch eine italienische Provinz in der Lombardei. Die Stadt ist wie ein Geschichtsbuch mit vielen neben- und hintereinander gestapelten Kapiteln. Vor den Römern lebten hier Kelten, die den Ort Brixia nannten. 225 vor Christus wurde Brixia römisch. Während der Völkerwanderung kamen unter anderen Völkern Goten und Hunnen – und schliesslich machten sich die Langobarden in Italien breit, mit 36 Herzogtümern. Auf die Zeit der Langobarden geht in Brescia das Kloster San Salvatore zurück. Brescia hatte sogar zwei Könige. Nachdem Karl der Grosse eine Langobarden-Königstochter zuerst geheiratet und dann verstossen hatte, eroberte er kurzerhand Italien. Während der Karolingerzeit residierten adlige Äbtissinnen im Kloster San Salvatore – heute der besuchenswerte Museumskomplex San Salvatore-Santa Giulia im Stadtzentrum. 1222 zerstörte ein Erdbeben weite Teile der Stadt. Es folgten wechselnde Herrscher, Brescia gehörte zu Mailand und später zu Venedig und zu Österreich. Die Bürger von Brescia wollten aber keine Österreicher sein – sie wehrten sie sich tapfer, aber erfolglos. Italianità!

würden. Das Gottvertrauen bekam einen Riss, wurde aber nicht zerstört: Es wurde zwar ein Blitzableiter installiert, aber man lagerte weiterhin Schiesspulver in der Kirche. Italianità! Brescia wird auch die Löwin Italiens genannt, dies aufgrund des tapferen Widerstandes, den die Stadt 1849 gegen die Habsburger leistete. 1858 zog Garribaldi in Brescia ein und vertrieb die Österreicher endgültig. Am 28. Mai 1974 fand auf der Piazza della Loggia ein Anschlag von Neofaschisten statt, bei dem acht Menschen starben und 102 Menschen verwundet wurden. Traurige Bedeutung bekam das Jahr 2020: Brescia zählte zur am stärksten von der COVID-19-Pandemie betroffenen Region in Europa. DIE STADT ENTDECKEN Einen ersten Überblick über die Stadt gewinnt man auf dem Castello, einem der grössten Burganlagen Italiens. Es erzählt Festungsgeschichte von der Militärarchitektur des 16. Jahrhunderts unter der Herrschaft Venedigs bis ins 19. Jahrhundert zur Zeit der Besetzung durch die Österreicher. Das Zentrum der Altstadt kann man strukturieren, indem man sich an den drei bekannten Plätzen orientiert: Piazza Paolo VI., Piazza della Vittoria und Piazza della Loggia. Die Piazza Paolo VI. bildet den eigentlichen Mittelpunkt der Altstadt. Der ursprüngliche Name Piazza del Duomo, Domplatz, wurde nach dem Tod von Papst Paul VI., dem Papst aus der Provinz Brescia, geändert.

Typische italienische Gässchen. © iSTOCK

BEWEGENDE GESCHICHTE Weite Teile der Stadt wurden bereits 1769 beschädigt, als die San-Nazaro-Kirche von einem Blitz getroffen wurde. Dabei starben rund 3000 Menschen. Erstaunlich? Nein, denn in der Kirche war Schiesspulver gelagert. Zuvor hatte es die Gemeinde abgelehnt, einen Blitzableiter zu installieren, da Blitze göttlichen Ursprungs seien und sie daher keine Kirche zerstören belvedere

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Der neue Dom wurde ab 1604 auf den Überresten der antiken Basilika San Pietro erbaut. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten wurde die Kathedrale erst 1825 fertiggestellt. Sie hat die dritthöchste Kuppel Italiens. Der alte, runde Dom hat die Form einer zweistöckigen Torte, die in den Boden gesunken zu sein scheint: Das geräumige, runde Gebäude mit Einzelbogenfenstern hat einen kegelförmigen Aufbau. Eine Ausgrabung im Freien zeigt die ursprüngliche Ebene des antiken Einganges, der 1571 beseitigt und vom heutigen ersetzt wurde. VON DER RENAISSANCE BIS MUSSOLINI Die Piazza della Loggia ist geprägt durch das Renaissancegebäude genannt Loggia und die astronomische Uhr. Die beiden Männer, die mit ihren Hämmern hoch über dem Platz stündlich die Glocke schlagen, stammen aus dem Jahr 1581 und werden «Stundennarren» genannt. Das astronomische Zifferblatt wurde von mehreren Künstlern verziert. Die Loggia, Sitz des Stadtrats von Brescia, dominiert den Platz. Viele attraktive Einkaufsmöglichkeiten befinden sich in den Strassen rund um die Piazza. Nach dem Shoppen kann man sich hier in den zahlreichen Bars und Strassencafés erholen. Rund um den Platz befinden sich Gebäude im venezianischen Stil aus dem 16. Jahrhundert. Der dritte Platz, die Piazza della Vittoria, der Siegesplatz, erzählt von einer düsteren Zeit in Italien. Während des Faschismus in den ersten Jahren des letzten Jahrhunderts beschloss die Regierung den Abriss eines mittelalterlichen 14

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Viertels, womit viele historisch wertvolle Zeitzeugen rücksichtslos zerstört wurden: Das Handels- und Handwerksviertel der Stadt, «Le Pescherie», aus dem 15. Jahrhundert sowie bedeutende Überreste der Römer und der Langobarden, die hier den Dogenpalast, die Curia Ducis, später «Cordusio» genannt, errichtet hatten. 1932 hatte Mussolini den Siegesplatz in Brescia eingeweiht. SPUREN DER RÖMER Die Piazza della Vittoria zeugt vom Streben nach Macht, was in Brescia bereits die Römer zelebrierten. Das archäologische Areal um das römische Forum und der Klosterkomplex von San Salvatore und Santa Giulia gehören zum Unesco Welterbe. Ein absolutes Muss ist der Besuch des Stadtmuseums Santa Giulia mit einer Ausstellungsfläche von 14’000 Quadratmetern und mit über 12’000 Exponaten. Das Museum zur Stadtgeschichte bietet eine umfangreiche Sammlung von der Bronzezeit bis ins Mittelalter. Neben der Ausstellung sind auch die historischen Gebäude einen Besuch wert. Was man zum Museumsbesuch mitbringen sollte: Viel Zeit. Italianità geht wahrscheinlich bereits auf das Leben der Herrscherklasse der Römer zurück. Sie wussten, wie man das Leben geniesst und bauten sich prächtige Villen am Gardasee und in der Landschaft rund um Brescia. Was für die reichen Römer gut war, ist es bestimmt auch für heutige Touristen. Italianità! W W W.G A R DA S EE . D E

Die Stadt ist wie ein Geschichtsbuch mit vielen nebeneinander gestapelten Kapiteln. © iSTOCK


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