Rundreise in Süd-Tartumaa 2012

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www.visittartu.com 11 Obwohl man auf keiner Reise alle interessanten Stätten besichtigen kann, schlagen wir die Richtung zum größten und ganz eigenen See Estlands – Võrtsjärv – ein. Der Võrtsjärv liegt in der Mitte von Estland, ist größer als alle anderen Kleinseen Estlands zusammen und bietet für Urlauber und Freizeitfischer viele Möglichkeiten. Für Besucher ist die beste Art, um sich einen Überblick über den See zu verschaffen, an den unterschiedlichen Besucherzentren, den sogenannten Pforten des Võrtsjärv zu beginnen. Eine dieser Pforten ist das am Limnologiezentrum der Estnischen Universität für Biowissenschaften tätige Seemuseum, ein Naturbildungszentrum, wo in den Aquarien Süßwasserfische Estlands und auch andere Vertreter der Wasserfauna schwimmen, darüber hinaus kann man leblose Urfische und Fangmittel besichtigen.

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Auf Vorbestellung und bei mäßigem Wind kann man direkt vom hiesigen Hafenkai mit einem dem Võrtsjärv eigenen altertümlichen hölzernen Kale-Segelschiff auf den See hinaus segeln. In den alten Zeiten wurde hinter dem Segelschiff zwecks Fischfang eine Kale-Reuse geschleppt, heutzutage genießt man Wind und Sonne und die Fischergeschichten.

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12 Naturfreunde finden am Võrtsjärv den Wanderweg des Aufschlusses Tamme. Dieser ist etwa 2 km lang und stellt den fossilreichen Aufschluss des roten Sandsteins des mittleren Devons und die hiesige Pflanzen- und Tierwelt vor, z. B. Röhrichtvögel. Während des Frühjahrszugs dienen als die beste Vogelbeobachtungsstätte am Võrtsjärv die Felder und Heuwiesen des Polders Sangla, wo einige Zehntausende Blässgänse und Saatgänse sowie eine Menge Enten und Regenpfeiferartige eine Verschnaufpause einlegen.

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Reiserouten im Landkreis Tartumaa 13 Am Ostufer des Võrtsjärv gibt es die fruchtbarsten Ackerböden von Tartumaa. Über die gut kultivierten Felder ist wie eine Landmarke die Kirche Rannu zu sehen. Zwischen den mittelalterlichen Backsteinmauern hält sich so mancher historischer Wert verborgen: die Kanzel im Renaissancestil aus dem 16. Jahrhundert und der aufgrund einer Legende vom schwedischen König Karl XII. geschenkte Kronleuchter aus dem Jahr 1699. Hierorts muss man sich auch an die strengen Gesetze und Lebensorganisation des Mittelalters erinnern, aus denen die finnisch-estnische Schriftstellerin Aino Kallas Inspiration geschöpft hat. Ihre Erzählung über das in Rannu ansässige Adelsfräulein Barbara von Tisenhusen führt uns zurück in das Jahr 1553, wo die blutjunge Barbara auf Beschluss des Familienrats von Tisenhusen von ihren Brüdern im Võrtsjärv ertränkt wurde, weil das Mädchen einen nicht blaublütigen Mann geliebt hatte.

14 Die Ortschaft Puhja kennen wir heute zumeist wegen der Torfbrikettfabrik. Hier am sicheren Ort inmitten von Sümpfen hat man aber schon seit langem gelebt. Von der mittelalterlichen Besiedlung zeugt die dem heiligen Dionysius gewidmete Kirche Rannu. Von Puhja wählen wir den Weg nach Ilmatsalu, fahren durch das Urstromtal Kavilda. In Ilmatsalu erwartet uns die Vogelroute Ilmatsalu – 15 Kärevere, die die spannendsten Vogelbeobachtungsstätten von Tartumaa verbindet. Für einen von der langen Reise ermüdeten Wanderer gibt es auf dem Weg auch einen Picknickplatz. Nach der Vogelbeobachtungswanderung und dem Picknick nehmen wir wieder Kurs auf Tartu. Die Rundreise durch den Landkreis ist zu Ende. Tartumaa wurde von mehreren Seiten angesehen und erlebt, jedoch ist noch ausreichend Entdeckungsfreude für weitere neue Reisen übriggeblieben. Wir erwarten Sie zurück!

Tartu Visitor Centre Raekoda / Town Hall, Tartu ESTONIA Ph/fax +372 744 2111 info@visittartu.com www.visittartu.com

Hütte; schöne Aussicht

Natur-; Archäologische Sehenswürdigkeit

Hotel; andere Unterkünfte

Zelten; Lagerfeuerplatz

Museum; Gutshof

Tankstelle; Badeort

Wanderweg; Aussichtsturm

Kirche; Denkmal

Kampingplatz für Wohnwagen; internet

Reiten; Zentrum des Schutzgebietes

Historishe Sehenswürdigkeit

Touristeninformationszentrum; Informationsstelle Text: Annereet Paatsi Layout: Triinu Sarv Print: Paar Photoes: Tartu County public photostock

Rundreise in Süd-Tartumaa


Reiserouten im Landkreis Tartumaa Von den 147.000 Einwohnern des heutigen Landkreises Tartumaa wohnen 2/3 in der Stadt Tartu, die anderen in den ländlichen Gebieten und Kleinstädten. Dies ist nicht immer so gewesen. Die Esten sind für eine lange Zeit ein Land- und Waldvolk gewesen. Um die Bevölkerung von Tartumaa besser kennenzulernen und die Ernsthaftigkeit und Seelentiefe der Esten mitzubekommen, muss man auch einen Blick auf die Landschaften, die Tartu umgeben, und auf die dortigen Einwohner werfen. Die verschiedenartigen Landschaften von Tartumaa bieten sowohl einem Naturliebhaber als auch einem Geschichtsinteressierten Möglichkeiten an. Hier kann man sich in der Stille von Sümpfen und Wäldern erholen, das Spiel der Sonne auf dem Seewasser genießen und Sehenswürdigkeiten aus den unterschiedlichen Etappen der komplizierten Geschichte Estlands an der Grenze von Ost und West aufsuchen. Als Zeichen der altertümlichen Freiheitsepoche der Esten bestehen noch Burgberge, Grabhügel und heilige Haine sowie Legenden vom riesenhaften Helden Kalevipoeg.

Als stumme Zeugen der langen Herrschaftszeit der Deutschen gibt es Steinfestungen und Wehrkirchen sowie die im Parkgrün versunkenen Gutshofkomplexe. Die Zeiten der russischen Zarenmacht werden durch orthodoxe Kirchen und die nach Musterprojekten gebauten Gemeindehäuser und Bahnhöfe charakterisiert. Auch die an der Westküste des Peipussees wohnenden Altgläubigen erinnern uns an ein Stückchen des Labyrinths der Geschichte des Zarenreichs. Die an die Regierungszeit der Sowjetunion erinnernden Kolchoszentren mit großen Wohnblöcken und die verlassen stehenden Großfarmen inmitten von Feldern können gegensätzliche Gefühle und Verwirrung hervorrufen. Auf den Rundreisen kann man sowohl im Schatten der kühlen Mauern der mittelalterlichen Kirchen als auch an den Raststätten der Wanderwege eine Pause einlegen und vielleicht besser begreifen, warum ein Teil der Esten immer noch zerstreut und weit voneinander entfernt inmitten von Wäldern und Feldern leben will. Der Fluss Emajõgi teilt Tartumaa in Nord- und SüdTartumaa, von der anderen Seite dient der in ost-westlicher Richtung fließende Fluss auch als ein wichtiger Verbindungsweg. Die ältesten Siedlungsstätten von Tartumaa haben am Fluss Emajõgi gelegen und im Mittelalter war der Fluss ein wichtiger Hansehandelsweg. Auch die Stadt Tartu selbst ist dank dem Fluss Emajõgi entstanden – als eine Handelsstätte an der Kreuzung von Wasser- und Landstraßen. An der Stelle des heutigen Tartu verengt sich die breite Talsohle des Emajõgi und ermöglicht eine einfachere Überquerung des Flusses. Der Emajõgi ist der Gestalter und das Symbol der Besiedlung von Tartumaa. Dank des Emajõgi können wir die den Landkreis vorstellende Vergnügungs-reise in zwei unterteilen.

Rundreise in Süd-Tartumaa Tartu - Kambja – Gutshof Luke - Nõo - Tõravere - Peedu - Elva Rõngu - Valguta - Vehendi - Rannu - Sangla – Puhja - IlmatsaluTartu Wir fahren von Tartu entlang der Võru-Straße (Landstraße Nr. 2).

1 Am Rande der Stadt Tartu befindet sich auf dem früheren Gutshof Ülenurme das Estnische Landwirtschaftsmuseum. Die ausführliche Ausstellung sowohl in den Ausstellungs-räumen als auch auf den Freiluftflächen vermittelt eine gute Übersicht über die Geschichte des Ackerbaus und der Viehzucht Estlands. Darüber hinaus werden Zuchtvieh-Ausstellungen veranstaltet und Feiertage des Volkskalenders gefeiert. In den Workshops erhält man Kenntnisse vom Brotbacken bis hin zur Schmiedearbeit. Vom Landwirtschaftsmuseum aus gesehen liegt in Richtung Lange das Estnische Museum für das Flugwesen, das als Privatsammlung seinen Anfang nahm und wo man unterschiedliche Übungs- und Kampfflugzeuge sowie Hubschrauber kennenlernen kann. Im Hauptgebäude des Museums kann man etwa 400 vom Standpunkt der Fluggeschichte wichtigen Flugzeugmodelle besichtigen.

2 Kambja ist eines der ältesten Kirchspielzentren in Tartumaa. Die Geschichte der hiesigen Kirche reicht zurück bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts. Das heutige Gotteshaus mit dem schlanken Turm ist ein gutes Beispiel für die Beharrlichkeit des estnischen Volkes. Die Kirche wurde während der Kriege mehrfach zerstört, jedoch immer wieder neu errichtet. Die Denksteine im Kirchgarten erinnern an die schwedische Zeit, als in Kambja das Neue Testament erstmals ins Estnische übersetzt wurde (1686) und damit das Volk die Heilige Schrift auch lesen konnte, wurde hier eine der ersten Volksschulen gebaut. Auch heute steht das neue Schulgebäude direkt neben der Kirche. Auf dem unweit liegenden Friedhof steht ein Denkmal für die im Freiheitskrieg Gefallenen und der in 2011 enthüllte Familienstein – das Denkmal für die estnische Familie. 3

Auf dem Weg nach Luke fahren wir am Gutshof Unipiha vorbei. Eine Zeitlang war der Eigentümer des Gutshofs der russische Poet und Künstler Vassili Zhukovsky (1783-1852). Die Bauwerke sind größtenteils verfallen. Inmitten der Parkbäume ist nur der architektonisch interessante Speicher und Überreste einer romantischen Grotte erhalten geblieben.

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Der Gutshauspark Luke überrascht uns in voller Schönheit. Samtgrüner Rasen, Wassergeplätscher an den zwischen den Teichen angelegten Stauanlagen, seltsame sich beugende Lindenbäume, Parkfiguren, romantische Ruinen. Zwischen all dem das puppenhausähnliche Gärtnerhaus. Im Gärtnerhaus befinden sich eine Auskunftsstelle, ein Café und eine kleine Ausstellung über die Geschichte des Gutshofs. Der ganze Komplex ist für Besucher geöffnet, die im Schatten der Bäume stehende Laube wartet auf Picknickfreunde. An Wochenenden werden hier Familientage, Konzerte und Theateraufführungen veranstaltet.

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Die Ortschaft Nõo ist im heutigen Tartumaa ein wichtiges lokales Zentrum. Schon seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erhebt sich hier die Kirche des Heiligen Laurentius Nõo, die die am besten erhaltene mittelalterliche Wehrkirche in ganz Südestland ist. Alt anmutende kreuzförmige Pfeiler, geheime Treppengänge, herrliche Gewölbe. In den Sommermonaten ist die Kirche für alle Reisenden geöffnet.

6 Bei Weiterfahrt auf der Tartu-Valga-Straße Richtung Süden erheben sich über den Feldern die Kuppel der Teleskoptürme des in Tõravere befindlichen Observatoriums Tartu. Auf Vorbestellung können Besucher das in den Nordländern größte, mit einem Reflektor von 1,5 m ausgestattete Teleskop sehen und im Observatorium einen Rundgang mit Führung erleben. Ab dem Spätsommer 2012 kann man wieder das Stellarium besuchen, viel Interessantes über die Leistungen der heutigen estnischen Forscher im Bereich Astronomie und Kosmologie hören und sich das virtuelle Planetarium ansehen.

7 Schon vom Berg Tõravere erblickt man am Horizont einen höheren waldigen Hügel. Dies ist Vapramägi – der geschützte Waldpark mit reicher Kulturgeschichte, wo mit Wegweisern und Auskunftsschildern versehene Naturlehrpfade und Wanderwege angelegt worden sind. Im Naturzentrum Vapramägi kann man eine Ausstellung zum Thema Umweltbildung besichtigen und Auskunft über alle Naturwerte der Schutzgebiete der hiesigen Region erfragen sowie einen kompetenten Wanderführer zur Durchführung einer Naturwanderung beauftragen. 8 Durch den Wald Vapramägi führt eine kurvige Straße nach Peedu. Am hohen steilen Ufer des Flusses Elva steht Kerikmägi Peedu, eine der kleinsten altertümlichen Burgen Estlands, die im I. Jahrtausend n.Chr. bewohnt wurde. Am gegenüberliegenden Flussufer befindet sich eine Sommersiedlung mit spannender Kulturgeschichte, wo sich alte Sommerhäuser im Schatten der Bäume verborgen haben und am Fluss die alte Wassermühle Peedu steht, die der Siedlung ihren Namen verliehen hat.

9 Die Kleinstadt Elva ist dank dem Eisenbahnbau vor etwas mehr als einhundert Jahren entstanden. Hier kann man Ruhe und reine Luft, schöne Holzarchitektur und das Grün der Gärten genießen oder im Seewasser Abkühlung suchen. Die Idylle von Elva haben in den 1960-1980er Jahren Sommergäste aus den Großstädten der damaligen Sowjetunion – Moskau und St. Petersburg – genossen. Im Bahnhof, der einst in den Zeiten des russischen Zarenreichs nach einem Musterprojekt gebaut und bis heute renoviert wurde, befindet sich das Wanderzentrum, wo eine Ausstellung über die Geschichte von Elva und über die Sehenswürdigkeiten der Region zu sehen ist und Interessierte nötige Auskünfte erhalten können. 10

Südlich von Elva hat sich an der Kreuzung der alten Kriegsund Handelswege die Ortschaft Rõngu entwickelt, eine typische südestnische ländliche Siedlung mit ihrer Kirche, Schule und Geschäften. In Rõngu gibt es darüber hinaus auch eine besondere Sehenswürdigkeit – Rõngu Kõver kõrts (die Krumme Kneipe Rõngu). Der mittlere Teil wurde in den 1820er Jahren im klassizistischen Stil aus hellen Backsteinen als ein völlig gerades Gebäude gebaut und nach Ansicht der Architekturhistoriker weist das hiesige Dekor unmittelbare Ähnlichkeiten zum Hauptgebäude der Universität Tartu auf. Erst die mehrere Jahrzehnte später angebauten Flügel machten aus der Kneipe eine krumme Kneipe.


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