Pubertät
Wissen aus der Drogerie
Sex ohne Nachwehen l Adieu Mutter-Vater-Kind-Idylle Bunte Medienwelt l Warum Sackgeld? l Pickel und Mitesser September 2007 l Fr. 3.80
Editorial
Eltern: Auf zu neuen Ufern! Laut und stürmisch, aber auch leise und sanft verwandeln sich Kinder Stück um Stück in erwachsene Menschen. So unterschiedlich das Abnabeln vom Elternhaus verläuft, das Ziel ist dasselbe: Die jungen Frauen und Männer gehen hinaus ins eigene Leben. Das macht stolz und selbstbewusst, unsicher und traurig. Und das gilt nicht nur für die Pubertierenden. Denn: den Eltern tut der Abschied wohl am meisten weh. Seien wir den Jugendlichen also dankbar, wenn sie es uns nicht immer leicht machen. Wut, Trotz, Tränen, Verschwiegenheit, Rückzug – das trifft, mitten ins elterliche Herz. Doch vielleicht können wir uns nur so aufs Loslassen einstellen und sehen, dass wir mit dem Weggehen der Kinder ein neues Stück Freiheit geschenkt bekommen. Nicht von ungefähr wird die Pubertät die «zweite Geburt» genannt. Sie ist – wie die «erste Geburt» – ein erschütternder Übergang, der zwangsläufig mit Schmerzen verbunden ist. Mit etwas Glück
ist aber auch die «zweite Geburt» erneut «ein freudiges Ereignis». Machen Sie auf Seite 6 einen Ausflug ins Gehirn eines Teenagers. Aber Achtung: Schutzhelm anziehen, Sie stehen auf einer Baustelle! Und lesen Sie auf Seite 18, wieso die wahre Geschichte vom Storch nie früh genug erzählt werden kann.
Katharina Rederer Redaktorin
Inhalt
4 Kurz und gut 6 Mitten im Hormongestöber Was sich in der Pubertät bei Mädchen und Knaben alles verändert. 13 Bücher und Broschüren zur Pubertät 14 Haarig, haarig Das Styling und die Haarpflege unter einen Hut bringen.
18 Gelegenheiten beim Schopf packen Wieso das Gespräch über Sexualität schwierig, aber wichtig ist.
22 Leichter als früher Für Eltern ist es heute einfacher, ihre Kinder aufzuklären. 24 Körperpflege mit Wirkung Der Kampf gegen fettige Haare und unangenehme Körpergerüche. 26 Dank Taschengeld zum «homo oeconomicus» Der Umgang mit dem Geld will gelernt sein.
34 Vorsicht, Pubertät Wie Eltern Grenzen aufzeigen können.
30 Null Bock auf Energiemangel Die richtige Ernährung für den jungen Körper. 37 Schule, Stress und kein Schlaf Tipps gegen Schlafprobleme. 38 Schöne, bunte Medienwelt Die Medien bieten nicht nur Vorteile, sondern bergen auch Gefahren.
42 Schönheitsbrevier für junge Leute
46 Eine Frage der Einstellung Was Mädchen über die Menstruation wissen sollten.
Sieben Punkte für den erfolgreichen Kampf gegen Akne.
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Kurz und gut Bedenklicher Mundschmuck
Die Rechte der Jugendlichen
Piercings in Zunge und Lippen können die Zähne und das Zahnfleisch schädigen, in seltenen Fällen ist sogar mit einem Zahnverlust zu rechnen. Laut der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft SSO kann der Druck oder das häufige Bewegen des Metalls im Mund zu Zahnfleischschwund, sowie Rissen und Absplitterungen der Zähne führen. Durch die Rückbildung des Zahnfleisches werden die Zahnhälse freigelegt, was zu empfindlichen Zähnen und Parodontose führen kann. Neben der täglichen Mundhygiene und der regelmässigen Reinigung des Piercings empfiehlt die SSO die Kontrolle durch den Zahnarzt.
Die wichtigsten Altersstufen im Recht Ab dem 10. Geburtstag sind Jugendliche strafmündig. Ab diesem Zeitpunkt ist das Jugendstrafgesetz anwendbar.
Mit 15 Jahren dürfen Jugendliche arbeiten, vorher nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen. Ab 16 Jahren sind Jugendliche nicht mehr im sexuellen Schutzalter. Sie können ausserdem über ihr religiöses Bekenntnis selbstständig bestimmen. Der Konsum von Bier und Wein ist erlaubt.
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Mit dem 18. Geburtstag werden Jugendliche mündig. Sie treten in die volle strafrechtliche Verantwortlichkeit des Erwachsenenstrafrechts. Sie erhalten das politische Stimmrecht und sind ehemündig.
Frühreife Übergewichtige Eine Studie der Universität Michigan (USA) zeigte, dass Mädchen, die im Kleinkindalter übergewichtig sind, oft besonders früh in die Pubertät kommen. Bei rund der Hälfte von 350 Mädchen setzte mit neun Jahren das Brustwachstum als erstes Anzeichen der Pubertät ein. In dieser Gruppe waren auffällig viele als Kleinkind übergewichtig. Quelle: presseecho.de
Die Aufsichtspflicht der Eltern gilt nur für unmündige Kinder. Beim Einsatz eines Babysitters bleibt die Pflicht bei den Eltern. (Quelle: «Jugendliche haben Recht», Barblina Töndury, Beobachter-Buchverlag 2007)
Links zur Pubertät
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â www.contactnetz.ch Das Contact Netz informiert ratsuchende Eltern und Jugendliche über Beratungs- und Therapiemöglichkeiten.
Gefährliche erste Zigarette Schon der Genuss einer einzelnen Zigarette kann bei Jugendlichen ausreichen, um eine Abhängigkeit herbeizuführen. Zu diesem Ergebnis kamen amerikanische Forscher nach einer Langzeituntersuchung mit über 1000 Jugendlichen. Etwa zehn Prozent zeigten bereits nach zwei Tagen ein Suchtverhalten, weitere 25 Prozent spürten das anhaltende Verlangen nach einem Monat. Laut einer Studie der Deutschen Lungenstiftung sind Jugendliche im Alter von 11 bis 14 Jahren besonders gefährdet, mit dem Rauchen anzufangen. In diesem Alter rauchen bereits 12 Prozent, jeder zweite davon ist ein starker Raucher. Quellen: onmeda.de, vitanet.de
Der Reiz des Verbotenen Laut einer Studie der Universität Frankfurt hat die Altersbeschränkung für Online-Computerspiele keine Wirkung. Von 600 Spielern gaben vierzig Prozent ein Lieblingsspiel an, das für 13- bis 15-Jährige noch nicht freigegeben ist. Und die Jugendlichen surfen nicht gerade selten: Zwei Drittel der Befragten spielen der Studie zufolge mehr als vier Stunden pro Tag am Computer.
â www.tschau.ch Hier können sich Jugendliche über Themen wie Sexualität, Pubertät und Beziehungen informieren und professionellen Beratern Fragen stellen. â www.lovelife.ch Alles rund um Sex, Verhütung und HIV/Aids. â www.blinde-kuh.ch Die Suchmaschine für Kinder bietet weiterführende Links und Informationen zu allem, was Jüngere interessiert. â www.security4kids.ch Die Homepage richtet sich an Kinder, Jugendliche, Lehrpersonen sowie Eltern und bietet Unterstützung und praktische Tipps für die Verwendung des Internets. â www.netzwerk-essstoerungen.ch Das Experten-Netzwerk gibt Auskunft über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von Essstörungen. â www.bzga.de Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (D) informiert mit Links und Broschüren über Themen wie Pubertät, Sexualität und Gesundheit.
Quelle: focus.de
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Mitten im Hormongestöber Stimmbruch und erste Periode sind zwar wichtige Meilensteine der Pubertät. Aber die gravierenden Veränderungen passieren unter der Schädeldecke.
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enn bisher ehrgeizigen Töchtern die Schule plötzlich egal ist, wenn von zuvor hilfsbereiten Söhnen auf ein «Mähst du bitte den Rasen?» nur noch ein «Machs doch selbst!» folgt, dann beschleicht manche Eltern der Verdacht: Das können doch nicht unsere Kinder sein! Sie sind es aber doch. Denn Teenies ticken nun mal seltsam. Pickel, Periode und wechselnde Gemütslagen sind längst nicht die gravierendsten Veränderungen. Das Entscheidende passiert unter der Schädeldecke: US-Forschern zufolge wird das Gehirn unter dem Einfluss von Hormonen regelrecht umgebaut. Es bilden sich zwischen den Nervenzellen ganz neue Verbindungen. Deshalb beginnen Jugendliche, eigenständig zu denken, verlieren aber gleichzeitig viel von ihrer Fähigkeit, die Gefühle anderer Menschen sowie soziale Szenarien einzuschätzen. Die Folge ist: Als eine Art «Nebenwirkung» der Hirnreifung quälen Teenies mit aufmüpfigem Verhalten ihr Umfeld. Irgendwann zwischen elf und vierzehn Jahren wird die Pubertät ausgelöst. Die Frage ist: Wodurch? Zwar sind inzwischen zahl-
reiche Botenstoffe bekannt, die dem Körper die entscheidenden Signale geben, die Eierstöcke und Hoden mit Hormonen zu stimulieren. Über den genauen Mechanismus rätseln Forscher allerdings nach wie vor. Bedeutungsvoll ist in diesem Zusammenhang ein vor kurzem entdecktes «Pubertätsgen». GPR54 auf dem Chromosom 19 löst eine Kettenreaktion aus, was letztlich zur Produktion von Sexualhormonen und damit zur Geschlechtsreifung führt. Bei Jungen ist es das Testosteron, bei Mädchen das Östrogen. Neben den Hormonen spielen beim «Start» für die Pubertät zum Beispiel das Gewicht eine wichtige Rolle: Bei Kindern, die untergewichtig sind oder Leistungssport treiben, setzt die sexuelle Reifung besonders spät ein. Übergewicht hingegen kann schon Neunjährige in die Pubertät katapultieren. Verantwortlich dafür scheint der Botenstoff Leptin zu sein. Er löst zwar die Pubertät nicht aus, aber begünstigt sie. Das Durchschnittsalter für das Einsetzen der ersten Regel ist innerhalb der vergangenen 140 Jahre in den Industrieländern stark gesunken. Laut einer Untersuchung des Sexualwissenschaftlers Norbert Kluge der Universität Koblenz-Lindau lag das Durchschnittsalter der ersten Periode im Demian, 16 Jahre
«Erwachsen sein, heisst selbständig sein.»
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Körperliche Veränderung
Durchschnitt
Normalbereich
Wachstumsschub (Beginn) Brustentwicklung (Beginn) Brustreife erreicht Erste Monatsblutung Schambehaarung (Beginn) Achselbehaarung Veränderung der Vagina Akne (nicht zwingend) Gebärmutterreife Intimsphäre erwünscht
10 Jahre 10 Jahre 16 Jahre 12 Jahre 10 Jahre 12 Jahre 11 Jahre 13 Jahre 12 Jahre 13 Jahre
8 bis 12 Jahre 8 bis 15 Jahre 14 bis 18 Jahre 11 bis 15 Jahre 8 bis 13 Jahre 11 bis 13 Jahre 11 bis 17 Jahre 11 bis 14 Jahre
Quelle: Universität Basel
Jahr 1860 noch bei 16,6 Jahren. Er hat hochgerechnet, dass die Mädchen im Jahr 2010 bereits im zehnten Lebensjahr zum ersten Mal ihre Tage bekommen werden. Gleichzeitig wächst den Mädchen immer früher ein Busen – bei einigen bereits vor dem 8. Lebensjahr. Einen ähnlichen Trend zur frühen Geschlechtsreife beobachten Wissenschaftler auch bei Jungen. So lag das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt des ersten Samenergusses im Jahr 1994 bei 12,6 Jahren. 1980 hatte es noch bei 14,2 Jahren gelegen. Zahlen belegen weiter, dass der Entwicklungsunterschied zwischen Mädchen und Jungen immer geringer geworden ist: Mädchen starten durchschnittlich nur noch wenige Monate bis ein Jahr früher in die Pubertät als Jungen. Die Ursachen für diese Entwicklung sehen die Wissenschaftler in der verbesserten Ernährungslage und dem immer besseren Gesundheitszustand der Bevölkerung. Beides führe dazu, dass Jugendliche immer rascher an Gewicht zulegen und schneller ihre endgültige Grösse erreichen. Damit beginne auch die Pubertät früher. Bei Mädchen geht der Pubertät zwischen acht und zwölf Jahren ein deutlicher
Wachstumsschub voraus. Nach der ersten Menstruation wachsen Mädchen noch rund sechs Zentimeter. Zu Beginn der Pubertät verändert sich die Brust: Zunächst entsteht eine Brustknospe, der Warzenhof vergrössert und verfärbt sich, und der Drüsenkörper wächst, wodurch eine Wölbung entsteht. In dieser Phase ist die Brust sehr druckempfindlich und kann spannen. Auch lassen sich vorübergehend harmlose knotige Stellen ertasten. Sind die Beschwerden stark und anhaltend, sollte man zur Sicherheit einen Arzt aufsuchen. Die Form und die Grösse der beiden Brüste können sich je unterschiedlich ausbilden, was sich bis zur Brustreife mit sechzehn Jahren meist wieder ausgleicht.
Meilensteine Etwas später als die Brust entwickelt sich die Vagina. Unter der Wirkung des Hormons Androgen spriessen auf den äusseren Schamlippen die ersten Schamhaare, es kommt zu einer Wölbung des Schamhügels und die Scheidenwand wird dicker. Ist das Wachstum der Gebärmutter abgeschlossen, findet die erste Monatsblutung statt. Sollte es bis zum sechzehnten Lebensjahr
Körperliche Veränderung
Durchschnitt
Normalbereich
Hodenwachstum Schambehaarung Achselbehaarung Oberlippenflaum und Stimmbruch Peniswachstum Wachstumsschub Ende des Längenwachstums Samenzellenreife Nächtlicher Samenerguss Akne (nicht zwingend) Intimsphäre erwünscht
11 Jahre 13 Jahre 12 bis 13 Jahre 12 Jahre 14 Jahre 13 Jahre 17 Jahre 15 bis 16 Jahre 12 Jahre 14 Jahre 13 Jahre
9 bis 14 Jahre 10 bis 15 Jahre 13 bis 15 Jahre 11 bis 15 Jahre 11 bis 14 Jahre 15 bis 21 Jahre 12 bis 17 Jahre 12 bis 17 Jahre
Quelle: Universität Basel
zu keiner Regel kommen, ist eine Untersuchung bei der Frauenärztin ratsam. Ab dem elften Lebensjahr setzt bei Jungen die Pubertät ein. Das bedeutet: Es spriessen Achsel-, Scham- und Barthaare. Das Geschlecht beginnt zu wachsen, die Pigmentierung von Penis und Hoden setzt ein. Der maximale Längenschub beim Penis findet mit etwa sechzehn Jahren statt. Meist ums vierzehnte Lebensjahr wird der Schildknorpel (Adamsapfel) des Kehlkopfes zum Wachstum angeregt. Die Stimmlippen vergrössern sich um rund einen Zentimeter. Während dieses Wachstums wechselt die Stimme allmählich in eine um acht Töne tiefere Tonlage (Oktave). Das daraus resultierende Krächzen ist völlig normal und typisch für den sogenannten Stimmbruch. Erst im Alter von 25 bis 30 Jahren ist die männliche Stimme voll ausgebildet. Auch beim Jungen kann es ein- oder beidseitig zu einer Brustveränderung (Pubertätsgynäkomastie) kommen. Das ist vorübergehend und harmlos. Sollte sich die Brustdrüse allerdings nach einigen Monaten nicht zurückbilden, sollte eine ärztliche Untersuchung erfolgen.
Der erste nächtliche Samenerguss erfolgt zunächst unbewusst während des Schlafens. Daher stammt der Ausdruck «feuchte Träume», die meist sexuellen Inhalts sind. Kein Grund, sich zu schämen! Nächtliche Samenergüsse sind ein deutliches Zeichen des Erwachsenwerdens. Ab dem Zeitpunkt des ersten Samenergusses ist der Jugendliche zeugungsfähig. Laut einer Studie freuen sich 30 Prozent der Jungen über den ersten Samenerguss. Nur 5 Prozent wussten nicht, was passiert oder fanden es furchtbar. 55 Prozent der Jungs sprechen mit niemandem darüber. Am ehesten vertrauen sie sich ihrem besten Freund oder dem Vater an. Weiter bringt die Pubertät bei Jungen zwischen elf und vierzehn Jahren einen markanten Wachstumsschub mit sich. Zwischen zehn und siebzehn Jahren kommt es beim Jungen zudem zu einer Verdoppelung der Muskelmasse.
Warum Teenies seltsam ticken «Kognitive Fähigkeiten bilden sich früher aus als moralische Vorstellungen», sagt Michael Schulte-Markwort, Direktor für
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Kinder- und Jugendpsychosomatik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Das sei nun mal die Reihenfolge der Hirnreifung und erkläre, «warum sich Teenager oft daneben benehmen». Dem Frontalhirn wird die Vernunft zugeschrieben – und just diese Hirnpartie lässt sich Zeit beim Reifen. «Bei vielen Teenagern führt die Pubertät zu einer Selbstentfremdung», erklärt Schulte-Markwort weiter. Der veränderte Körper und die völlig neue Beziehung zu sich selbst und zu anderen machten ihnen zu schaffen. Neue Anforderungen verunsichern. Das Elternhaus ist nicht mehr die alleinige Richtschnur, um sich in der Welt zurechtzufinden. Teenager müssen ihren Platz in der Gesellschaft suchen und ihre Rolle in der Familie neu definieren. Die wachsende Willenskraft, das Erproben der Eigenständigkeit sowie das Infragestellen von bisher gängigen Werten – das alles ist vor allem auch eine Herausforderung für die Eltern. Auch für sie ist es nicht immer leicht, ihren Kindern gleichzeitig genügend Halt und ausreichend Freiheiten zu geben. «Es ist normal, dass Jugendliche gelegentlich über die Stränge schlagen», beruhigt Fritz Brönnimann, Regionalleiter der Berner Gruppe für Jugend-, Eltern- und Suchtarbeit. Der gelernte Elektroniker absolvierte auf dem zweiten Bildungsweg die Schule für Sozialarbeit in Bern und ist seit 18 Jahren für die Stiftung Contact Netz tätig.
Hilfe für besorgte Eltern Am häufigsten beziehen sich die Anfragen bei Contact Netz auf die Themen Ablösung, Drogen, Experimentieren mit Suchtmitteln, Probleme in der Schule, Familie oder Lehre. Meist gehe es darum, dass sich die Jugendlichen von den Eltern und der Gesellschaft abgrenzen wollen. «Mit pro-
vokativem Verhalten wollen sie testen, wie weit sie gehen können», sagt Brönnimann. Ein Rezept, wie Eltern in solchen Situationen richtig reagieren, gibt es nicht: «In erster Linie sollten Eltern ihren Kindern gegenüber Interesse und Akzeptanz zeigen und nicht zu früh urteilen.» Rauschtrinken ist bei den Jugendlichen momentan gross in Mode. «Wenn sich ein Jugendlicher einmal einen Rausch antrinkt, bedeutet das nicht automatisch, dass er ‹versoffen› ist», gibt Brönnimann ein Beispiel. Aus der Perspektive der Eltern sei es zu diesem Zeitpunkt wichtig, erhöhtes Interesse für das Verhalten des Kindes zu zeigen: Wie lebst du? Warum trinkst du Alkohol? Was bedeutet es für dich? Werde das Verhalten des Kindes nach Meinung der Eltern aber zunehmend risikoreich, so gehe es darum, die eigene Sorge anzusprechen: Mich beunruhigt dein Trinkverhalten. Wie soll das weitergehen? Brönnimann schlägt vor, gemeinsam mit dem Jugendlichen klare Grenzen und Konsequenzen zu definieren. Schiesse ein Jugendlicher dennoch über die gemeinsam festgelegten Grenzen hinaus, müssten die Eltern klar Stellung beziehen. «Zentral für den Lernprozess ist, dass sich die Eltern nicht erweichen lassen und die angekündigte Strafmassnahme wirklich durchsetzen», weiss Brönnimann.
Keine Lust auf gar nichts In der Zeit des Erwachsenwerdens liegen auch Gefahren. Jungs und Mädchen gehen in der Pubertät auf einer Gratwanderung, Delia, 10 Jahre
«Erwachsen sein ist schön, weil ich dann keine Schulaufgaben machen muss… Dafür muss ich dann putzen und kochen.»
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Einschätzung der Reife 1 Schon als junger Mann/ junge Frau
n Mädchen n Jungen n Gesamt Jugendliche n Mütter
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4 Noch sehr als Kind
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17 Jahre
Im Alter zwischen 11 und 13 Jahren sehen Mütter ihre Jugendlichen noch mehrheitlich als Kinder; im Alter zwischen 16 und 17 Jahren werden sie dann von den Müttern eher «überschätzt». Quelle: Bravo – Dr. Sommer Studie
welche die Umgebung ganz schön überfordern kann. Diese Gratwanderung kann auch in schwerwiegenden Problemen gipfeln. So etwa, «wenn Jugendliche delinquieren oder in eine aggressive Oppositions- und Verweigerungshaltung treten», sagt Michael Schulte-Markwort. Die Grenze zwischen normaler Rebellion und ungesunder Verweigerung werde durch das Ausmass und die Dauer dieses Verhaltens bestimmt. Mögliche Alarmsignale sind: im Bett liegen bleiben, sich vollständig abkapseln oder die Körperpflege in starkem Masse vernachlässigt. Versuche des Jugendlichen, seine Probleme zu lösen, können sich in zwanghaftem Grübeln oder im Konsum verschiedener Suchtmittel äussern. Es kann auch zu Selbstverletzung kommen, weil sich der Jugendliche spüren will. Als ein Versuch, die Adoleszenz aufzuhalten, kann die Entwicklung einer Magersucht gewertet werden. Solch ernsthafte Störungen müssen von einer Fachperson
begleitet werden. Der kantonale kinderund jugendpsychiatrische Dienst oder lokale Erziehungsberatungsstellen vermitteln Kontaktpersonen. Tränen, Trotz und Tadel – wenn Kinder keine Kinder mehr sein wollen, kracht es in vielen Familien gewaltig. Das ist durchaus normal, aber wie sollen, müssen, dürfen Eltern mit Pubertierenden umgehen? «Sinnvolle Regeln und echte Konsequenzen sind für Kinder wie ein Geländer, an dem sie sich reiben können und gleichzeitig Halt finden», sagt Fritz Brönnimann. Wenn man sich frühzeitig auf klare Absprachen geeinigt hat, lassen sich klassische Konfliktherde wie Mithilfe im Haushalt, Ausgehen und Taschengeld leichter handhaben. Verbote und Drohungen hingegen wirken auf Jugendliche kontraproduktiv. Verantwortungsbewusstsein entwickeln Kinder viel eher, wenn ihnen die Eltern signalisieren: «Du wirst es schon Nadja Mühlemann ❰ gut machen.»
Bücher und Broschüren zur Pubertät
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Teenies verstehen lernen Ansichten von Jugendlichen zu Themen wie Familie, Beruf, Sex, Politik und Eigenverantwortung zeigen, «wie Teenies ticken». Das Buch richtet sich sowohl an die Kinder wie auch an die Eltern mit dem Ziel, die Verständigung zwischen den Generationen zu verbessern. Hauke Brost: «Wie Teenies ticken», Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag. September 2007, ISBN 978-3-89602-770-2, ca. Fr. 18.Eine Gebrauchsanweisung Die Pubertät kann für Jugendliche und Eltern eine Zeit der Selbstzweifel, der Orientierungslosigkeit und der verwirrenden Gefühle sein. Michel Delagrave zeigt Eltern konkrete Lösungen, um Kinder in dieser schwierigen Phase zu lieben, sie zu begleiten und ihnen Halt zu geben. Michel Delagrave: «Pubertät – eine Gebrauchsanweisung». Herder Verlag 2007, ISBN 978-3-451-05831-8, ca. Fr. 16.Grenzen kennenlernen Wo werden in der Pubertät Grenzen überschritten? Was bedeuten diese Grenzverletzungen? Der Ratgeber zeigt Eltern Methoden auf, wie sie diese wichtige Entwicklungsphase der Kinder mitgestalten und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen können. Peer Wüschner: «Grenzerfahrung Pubertät». Eichborn Verlag 2005, ISBN 978-3-821-85614-8, ca. Fr. 24.-
Entwicklungsschritte der Pubertät Gisela Preuschoff zeigt in ihrem Buch, welche Entwicklungsschritte in der Pubertät für Jugendliche und Eltern notwendig sind, welche Probleme dabei auftreten können und wie sie sich lösen lassen. Die Eltern erhalten Ratschläge, wie sie die Kinder beim Erwachsenwerden begleiten und wie sie selber gelassen an Konflikte herangehen können. Gisela Preuschoff: «Von 12 bis 16». Papyrossa Verlag 2007, ISBN 978-3-894-38066-3, ca- Fr. 19.Wenn sich der Körper verändert Die Broschüren «Hey Jungs!» und «Hey Girls!» der Aids-Hilfe Schweiz bieten umfassende Informationen zu den Themen Pubertät, Liebe, Sexualität und Verhütung. Gratis-Download unter www.aids.ch. Erfahrung der Sexualität «Über Sexualität reden... Die Zeit der Pubertät» ist ein Ratgeber für Eltern zu Sexualentwicklung, Unsicherheiten, Auseinandersetzungen und Beziehungen von Jugendlichen. Gratis-Download unter www.bzga.de. Mädchen sind anders Die Broschüre «Mädchensache(n)» informiert über den weiblichen Körper, Verhütung, Schwangerschaft, Liebe und Freundschaft. Gratis-Download unter www.bzga.de.
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Haarig, haarig Wenn es um Frisuren geht, erleben Eltern mit ihren pubertierenden Kindern zwar nicht nur Haarsträubendes. Aber genügend Zündstoff liefern die ausgeflippten Stylings allemal.
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ltern, die glauben, in Sachen Haare das Schlimmste überstanden zu haben, sobald sich die Kleinen an das lästige Haarewaschen gewöhnt haben, werden spätestens dann eines Besseren belehrt, wenn ihre Kinder in die Pubertät kommen. Dann fliessen die Tränen zwar nicht mehr, weil es in den Augen brennt, sondern weil das Styling für die Party total misslungen ist. Das erleben zurzeit auch Petra und Karl Brehm. «Unser Sohn hat schon mit fünf Jahren damit begonnen, sich für den Kindergarten zu stylen», erinnert sich der Vater amüsiert. Heute pendle der mittlerweile 14-Jährige zwischen einer pflegeleichten Sportler- und einer stacheligen Punkfrisur hin und her. Die 16-jährige Tochter Lea bindet ihre wundervolle Mähne am liebsten zu einem Pferdeschwanz zusammen. Während manche Frauen viel für ein solch lockiges Volumen im Haar geben würden, ärgert sich Lea über ihre Löwenmähne. Die lässt sich nämlich partout nicht zähmen. Ganz glatte Haare wären viel schöner, findet Lea. «Bunt gemischt bleiben im Lavabo jeweils Spangen, Klammern, Haargummis und Reste von Gel und Wachs zurück», ärgert
sich Petra Brehm, die diese wiederkehrenden Stylingprozeduren gar nicht witzig findet. Doch effektiv Sorgen macht ihr die Frage, «ob all die Produkte, die meine Kinder fast täglich benutzen, den Haaren überhaupt guttun».
Haarpflege für Kids und Teens Die Frage ist berechtigt, aber Grund zur Sorge, dass das Haar Schaden nehmen könnte, gibt es nicht. «Wichtig ist, dass die Eltern beim Kauf der Produkte darauf achten, dass sie dem Haartyp entsprechen und wenn nötig auf das bestehende Haarproblem abgestimmt sind», sagt Patrizia Orefice, Inhaberin des Coiffeursalons Capelli in arte in Bern. Es gebe auch keine Unterschiede zwischen der Haarstruktur von Erwachsenen und jener von Jugendlichen. «Damit sie schön aussehen, brauchen aber alle Haare die richtige Pflege», ergänzt sie. Doch über Schönheit lässt sich ja bekanntlich streiten – und dies ganz besonders mit Jugendlichen. Lea hat von hellblond über dunkelrot bis pechschwarz alle Farbnuancen durchprobiert, violette und knallorange Strähnchen inklusive. «Doch die zeitintensiven Farbwechsel zeitigten jeweils nur mässigen Erfolg», erinnert sich die Mutter.
Tanja, 15 Jahre und Annick, 14 Jahre
«Eine gute Freundin ist etwas vom Wertvollsten und Schönsten im Leben. Sie ist immer da und lässt auch an trüben Tagen die Sonne scheinen!!!»
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Das erstaunt die Coiffeuse nicht, denn damit ein Farbton passt, sollte er auf die natürliche Haarfarbe abgestimmt sein. «Wer die Haare färben oder tönen will, sollte unbedingt die Farbskala auf der Packung beachten», erklärt Patrizia Orefice. Damit lasse sich die natürliche Haarfarbe bestimmen und darauf könne man die neue, passende Farbnuance abstimmen. Wenn Töchter und Söhne Farben ausprobieren wollen, sollten sie das am besten mit einem Tönungsschaum tun, rät die Coiffeuse. Da der Schaum nicht in die Haarstruktur eindringt, wäscht sich die Farbe nach drei bis vier Haarwäschen wieder aus. Damit bleiben auch Pannen nur von kurzer Dauer.
Gut gepflegt ist halb gestylt Wenn Eltern ihre Kids davon überzeugen können, dass gegelte und gewachste Fri-
suren besser halten und gelbe, rote und blaue Strähnchen noch «cooler» aussehen, wenn die Haare richtig gepflegt werden, wird es bestimmt zu weniger enttäuschten Gesichtern beim Blick in den Spiegel kommen. Margrith Croci, eidg. dipl. Drogistin und Geschäftsführerin der Drogerie am Stadtgarten in Winterthur, erfährt in der Drogerie täglich, dass Jugendliche zwar zielstrebig die gewünschten Regale mit Haarpflegeprodukten anpeilen. Wie wichtig eine gut abgestimmte Pflege gerade in der Pubertät ist, darüber seien sie sich aber oft nicht im Klaren. So hätten viele Teenager hormonell bedingt beispielsweise eher fettige Haare. Die Haarwäsche ist das A und O jeder guten Pflege. Ist doch «easy», werden die Teens sagen. Ein bisschen Shampoo ins Haar rubbeln genügt aber nicht. Wichtig
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ist, dass Rückstände von Stylingprodukten vor dem Waschen erst mal gründlich ausgebürstet werden. Fettige Haare sollten nur zwei-, dreimal wöchentlich gewaschen werden. Wird das Haar täglich gewaschen, regt das die Talgproduktion noch mehr an, was letztlich zu noch fettigeren Haaren führt. Mit einer Tonerde-Packung kann das Problem an der Wurzel gepackt werden. Die Tonerde wird nach der Haarwäsche aufgetragen, und während fünf bis zehn Minuten auf dem Kopf belassen, wo sie das Fett sozusagen aus dem Haarboden «aufsaugt». Generell gegen fettiges Haar helfen Shampoos mit Malven- und Fruchtfleischextrakten oder Meerestang und Salbei; bei eher trockenem Haar sind Produkte auf der Basis von Kamille oder Avocado angesagt. Und für alle Haartypen gilt: Haare mit lauwarmem Wasser waschen und am Schluss kalt nachspülen, das verleiht dem Haar seidigen Glanz. Jugendliche sollten zwar milde Shampoos verwenden, aber keine Babyshampoos. Denn diese sind speziell auf die Kopfhaut von Kleinkindern abgestimmt. Ab und zu können auch Haarkuren und Spülungen gemacht werden, diese machen das Haar weich und geben ihm Struktur. Geeignet sind Produkte mit Weizenkleie, Kamille und Zinnkraut. Wenn Eltern ihre Kinder dann noch davon überzeugen können, dass Bürsten und Kämme zwischendurch gereinigt werden sollten, damit die Rückstände, die sich dort einlagern, nicht wieder ins Haar gelangen, steht den verrücktesten, schönsten und «coolsten» Stylings wirklich nichts Christa Friedli ❰ mehr im Weg.
Pflege- und Stylingprodukte: selbst gemacht Gute Pflegemittel können Jugendliche leicht selbst herstellen. Das schont das Portemonnaie und macht Spass. Und los gehts: â Olivenöl hilft gegen trockenes Haar. Kurz einmassieren und gut ausspülen. â Zitrone und Essig nach der Wäsche auftragen und nicht ausspülen – und das Haar kämmt sich wie von allein. â Bier hilft super gegen schlaffes oder fliegendes Haar, einfach nach dem Waschen die Haare mit etwas Bier spülen. â Eidotter wirkt Wunder gegen Schuppen. Anstelle des Shampoos das Eigelb ins Haar massieren und es danach sehr gut mit lauwarmem Wasser wieder ausspülen. â Wasser und Zucker mischen, und fertig ist das natürliche Gel, das garantiert hält und teure Produkte in den Schatten stellt. Dabei so viel Zucker brauchen, wie für das ganz persönliche Styling nötig ist.
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Gelegenheiten beim Schopf packen Es ist ein weitverbreiteter Mythos, dass man Kindern und Jugendlichen bei Fragen zur Sexualität die Initiative überlassen soll. «Sie fragen dann schon», ist ein bedauerlicher Irrtum.
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s sind wunderbare Chancen, die man sich vergibt, wenn man auf Fragen wartet», sagt Bernadette Schnider Oester, Sexualpädagogin bei der Stiftung Berner Gesundheit. Wenn man zuwartet, kommen die Fragen vielleicht nie. Die Jugendlichen informieren sich aber trotzdem – aus Büchern, Medien, bei Freunden und Kollegen. Wenn sich Kinder und Jugendliche während der «körperlichen Umbauphase» ausschliesslich ausser Haus informieren, bleiben die Eltern im Ungewissen. Was wissen die Jugendlichen, wo sind Lücken, Missverständnisse und Unklarheiten? «Mir ist es auch wichtig, dass ich bei Fragen der Sexualität gewisse Werte vermitteln kann», sagt Schnider, die selber zweifache Mutter ist. Es ist schade, wenn der sexuelle Wortschatz von Kindern ausschliesslich aus Schimpfwörtern wie zum Beispiel «Wixer» und «Schwuchtel» besteht. Leicht kann so der Eindruck entstehen, Selbstbefriedigung oder gleichgeschlechtliche Liebe seien etwas Negatives.
Je jünger Kinder sind, umso entspannter können Eltern aktiv das Thema Sexualität aufgreifen. Bernadette Schnider gibt zwei Beispiele: Ein Stopp-Aids-Plakat bietet die Möglichkeit, altersgerecht zu erklären, was ein Kondom ist, wie es angewendet wird und wozu es gut ist. Eine schwangere Frau kann der Anlass für ein Gespräch über Liebe, Zeugung, Schwangerschaft, Geburt und kleine Babys sein. «Kinder und Jugendliche brauchen Türöffner, um Fragen stellen zu können», weiss die Sexualpädagogin. Die Antwort: «Dafür bist du zu klein», ist eigentlich immer falsch, sagt Schnider.
Türöffner Bekanntermassen werden in der Pubertät die Eltern «mega-peinlich». Zumindest aus Sicht der Jugendlichen. Und sie machen den Erwachsenen das Leben mitunter alles andere als leicht. Auch Bernadette Schnider wird von ihrer «Klientschaft», meist sind dies Mädchen und junge Frauen im Alter zwischen zwölf und achtzehn Jahren, gelegentlich auf die Probe gestellt. Das geht dann vielleicht so: Die Mutigste aus der Gruppe fragt, ob man beim oralen Sex schwanger werden könne. Die Antwort kennt die junge Frau zwar genau,
Remo, 11 Jahre
«Ich will erwachsen werden, weil man dann mehr machen darf.»
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Billig und ohne Nebenwirkungen Damit es nach dem Höhepunkt nicht zum unerwünschten Nachspiel kommt, müssen Jugendliche gut informiert sein. Am Zentrum für Familienplanung, Verhütung und Schwangerschaftskonfliktberatung am Berner Inselspital ist für junge Frauen die Schwangerschaftsverhütung das Thema Nummer eins. Die Beraterin Christine Sieber stellt fest, dass Jugendliche sehr hohe Ansprüche an eine sichere Verhütung haben. Auch das Wissen über Empfängnis, Schwangerschaft und Verhütung sei im Allgemeinen gut. Weil der Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten und HIV/Aids aber genauso wichtig ist, empfiehlt Sieber, dass die Frauen sich mit der Pille und das Paar sich zusätzlich mit dem Kondom schützt. Die Verhütungsberaterin
macht gerne «Werbung» für Kondome: «Sie sind billig, überall zu haben und haben keine Nebenwirkungen.» Kann eine Frau in diesem Punkt den Partner nicht überzeugen, so schlägt sie vor, mit ihm andere Formen der Sexualität zu diskutieren. «Sex ist etwas Lebensbejahendes», sagt die Verhütungsberaterin, das wolle sie den jungen Frauen vermitteln. Dies sei auch ganz besonders für Jugendliche der Fall, die ohne das Wissen der Eltern Sex hätten. So biete etwa das heimliche Einnehmen der Pille Risiken, was die Regelmässigkeit angehe. Darauf weise sie die Frauen hin. «Das Wichtigste aber ist», sagt Sieber, «die Frauen darin zu unterstützen, in diesem Punkt für sich selber Verantwortung zu übernehmen.»
Erleben von erster Periode und erstem Samenerguss 30 %
17 %
Ich habe mich gefreut 21 %
24 %
Ich fand das völlig normal 19 %
21 %
Mir war es peinlich 13 %
5 %
Ich wusste gar nicht, was da passiert 10 % 9 %
Ich habe schon ewig darauf gewartet 5 %
25 %
Ich fand es furchtbar n Jungen Quelle: Bravo
n Mädchen
doch will sie die Sexualpädagogin testen. Bekommt sie rote Ohren? Weicht sie aus? «Kinder wie Jugendliche wollen echte, stimmige und richtige Antworten», hilft Schnider, hinter solche Provokationen zu blicken, «sie wollen in wichtigen Fragen verlässliche Partner.»
Schamgrenzen, obschon alles «cool» ist Es gibt Jugendliche, die beim Thema Sexualität klar signalisieren, «ich will nichts wissen», oder «ich weiss längst genug». Auch wenn Eltern nicht ganz sicher sein können, wie zutreffend das wirklich ist, gilt es damit sorgsam umzugehen, wie Schnider sagt. Es gelte diese Abgrenzungssignale zu respektieren. Vielleicht vertieften sich die Kinder lieber alleine in ein Buch zum Thema Sexualität, das die Eltern für sie gekauft haben. Oder sie schauen sich auf der Internetseite www.tschau.ch um, wo eine Hülle von Fragen von einem professionellen Team klar und in verständlicher Sprache beantwortet werden. In Zeiten, wo Sexualität in der Gesellschaft fast omnipräsent ist, können Jugendliche unter Leistungsdruck geraten. Alles ist «easy», alles ist «cool», Ängste und Fragen rund um die Sexualität, das gibt es nicht. Doch davon dürfe man sich nicht täuschen lassen, sagt Bernadette Schnider. Eine junge Frau habe einmal gefragt, ob sie normal sei, obschon sie oralen Sex «gruusig» finde. «Ja, klar bist du normal», antwortete die Sexualpädagogin und ergänzte: «O. k. ist, was beide mögen und niemandem schadet.»
sind. Väter hielten sich oft im Hintergrund. Im Zuge der Missbrauchsdebatte fühlten sich Väter gegenüber ihren heranwachsenden Töchtern oft besonders verunsichert. Doch für Jugendliche sei es spannend zu hören, wie beide Elternteile ihre eigene Pubertät, die erste Liebe und den ersten Liebeskummer erlebt hätten. Sie rät den Vätern, aufmerksam und behutsam, aber auch interessiert und unterstützend mit ihren heranwachsenden Töchtern umzugehen: «Es ist die Zeit der Stimmungsschwankungen, wo junge Menschen sehr verletzbar sind, auch wenn sie sich unnahbar und abgeklärt geben.»
Sexuelle Gewalt nicht ausklammern Auch wenn Eltern ihren Söhnen und Töchtern ein möglichst positives Bild der Sexualität vermitteln wollen, darf das Thema sexuelle Gewalt nicht ausgeklammert werden, wie Schnider betont. Auch hier müssten Kinder früh und konkret informiert werden. Wirksame Prävention stärke die Kinder und vergrössere ihre Eigenständigkeit. Eine wichtige Botschaft sei: «Dein Körper gehört dir! Du hast das Recht zu bestimmen, wie, wann, wo und von wem du berührt werden möchtest. Wenn dich jemand gegen deinen Willen anfassen will oder Dinge von dir verlangt, die du nicht tun willst, dann musst du Nein sagen und Katharina Rederer ❰ dich wehren.»
Die Rolle der Väter Bernadette Schnider stellt fest, dass bei der Aufklärung und der Begleitung durch die Pubertät die Mütter und gleichaltrige Jugendliche die primären Ansprechpersonen
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Leichter als früher Für Eltern ist es heute entschieden leichter, ihren Kindern die Sache mit dem Storch zu erklären. Doch, wie sag ichs dem jungen Mann, stellen insbesondere Mütter mit Söhnen etwas beunruhigt fest.
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ine kleine Umfrage der Redaktion unter Müttern zeigt, dass es heute sehr viel leichter ist, mit Jugendlichen über Sexualität zu sprechen, als dies früher der Fall war. Aufklärung war in den Sechzigerjahren eine Art medizinisch-anatomische Vorlesung, wobei die entscheidende Frage, wie denn das vorwitzige Spermium zu diesem Ei gelangt, kategorisch ausgespart wurde. Da half nur das «Bravo» weiter. Dem ist heute nicht mehr so. Dennoch: Auch für moderne Eltern ist die Aufklärung ihrer Kinder immer «das erste Mal». Und ganz ohne Verunsicherung – auch seitens der Erwachsenen – gehen Gespräche um Liebe, Sex und Verhütung mitunter nicht ab. «Wir haben das Thema nicht besser angegangen als unsere Eltern, nur anders», meinte eine dreifache Mutter. Dank guter Bilderbücher und einer offenen Haltung der Schule werde es heutigen Eltern leichter gemacht. Gespräche fanden in den befragten Familien über Jahre verteilt, meistens im Alltag integriert statt. Mal wollten die Jugendlichen mehr, mal weniger wissen. Die Mütter pflegten ein Klima der Offen-
heit, damit Fragen gestellt und Angebote angenommen werden konnten. Schwierig wurde es für die Mütter vor allem dann, wenn die Söhne und Töchter unmissverständlich den Gesprächsabbruch signalisieren. Das tönte dann etwa so: «Mum, ich has im Griff» oder «Hei, so genau wollte ich das nicht wissen». Und in der Tat: Alles muss ja auch nicht zerredet werden. So sagte eine Mutter, dass sie sich als Jugendliche im «Selbststudium» weitergebildet habe: «Meine Entdeckung der Sexualität war dadurch natürlich, unbelastet und lustvoll.» Interessant bei der Umfrage war, dass Mütter sich gegenüber ihren Söhnen unsicherer fühlten als bei den Mädchen. Sie blieben oft im Unklaren darüber, ob ihre etwas verschlossenen und sehr diskreten jungen Männer wirklich genug wissen. Das Gespräch mit den Töchtern scheint leichter, natürlicher zu sein. So antwortete eine Mutter auf die Frage, ob sie sicher sei, dass ihre Töchter vor dem «ersten Mal» über alles Wichtige genügend Bescheid wussten, mit: «Definitiv ja.» Mütter mit Söhnen und Töchtern sagen hingegen: Bei der Tochter hätten sie ein gutes, ruhiges Gefühl, beim Sohn nicht so ganz. Ein Unterschied, der Eltern gar nicht unbedingt auffallen muss. So sagte eine Mutter etwas aufgeschreckt: «Danke für die Verunsicherung.» Katharina Rederer ❰ Ladina, 10 Jahre
«Ich freue mich darauf, eine eigene Familie und ein eigenes Haus zu haben.»
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Körperpflege mit Wirkung Gepflegt durch die Pubertät: Denn nebst seelischen Tiefs müssen üble Körpergerüche, Pickel oder fettige Haare nicht zusätzlich die Stimmung trüben.
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auber und gepflegt sein ist wichtiger», findet die zwölfjährige Laure. Fingernägel mit schwarzen Rändern, fettige Haare oder Schweissgeruch findet sie ekelhaft. Sie selbst habe einem Jungen schon einmal gesagt, dass er sich doch bitte nach dem Turnen waschen solle. Er habe so stark nach Schweiss gerochen, dass man es neben ihm fast nicht ausgehalten habe. Auch manche Mädchen würden «schweissele», schont Laure auch die Geschlechtsgenossinnen nicht. Für sie sei Waschen nach dem Sportunterricht selbstverständlich, so sei sie erzogen worden, sagt die Schülerin. Wegen der Hormonumstellung haben Pubertierende oft an vielen Fronten zu kämpfen: fettige Haare, Pickel (siehe Seite 42) und unangenehme Körperausdünstungen. Deshalb sollte spätestens ab der Pubertät das tägliche Duschen mit einem milden, nicht zu stark parfümierten Duschgel sowie regelmässiges Haarewaschen selbstverständlich sein, wie Sylvia Woodtli, Drogistin HF und Geschäftsinhaberin der Kreuz Drogerie in Erlinsbach (SO), sagt. «Eine Dusche am Tag genügt», mahnt sie zum Masshalten. Zu oft duschen greife den Säureschutzmantel der Haut an und könne sie schädigen. Auf jeden Fall immer gut ge-
waschen werden müssten aber die Füsse. Denn starker Fussgeruch gehöre zur Pubertät oft dazu. Das liesse sich aber bereits mit der Wahl des richtigen Schuhwerks vermeiden: «Viele junge Menschen tragen am liebsten Turnschuhe, was Schweissfüsse erheblich begünstigt», sagt Woodtli. Deshalb: So oft es geht, barfuss laufen. Gegen den Schweissgeruch unter den Achseln empfiehlt die Drogistin nebst dem täglichen Waschen ein mildes Deo: «Das hält zwar nicht hundertprozentig alle Gerüche fern. Doch ein Antitranspirant wäre in der Pubertät schon etwas heftig.» Diese verhindern die Schweissbildung, indem sie die Schweissdrüsen verstopfen. Dies könne unter Umständen zu Entzündungen führen. Ein Antitranspirant sollten Jugendliche nur dann anwenden, wenn sie unter sehr starkem Schwitzen leiden. Wichtig im Zusammenhang mit dem Schwitzen ist aber vor allem die Wahl der richtigen Kleider. «Synthetische Fasern, die heute Mode sind, tragen zur Geruchsbildung bei», weiss die Drogistin. Deshalb seien Kleider aus Naturfasern, zum Beispiel Baumwolle, zu bevorzugen. Francesco di Potenza ❰
Melanie, 15 Jahre
«Das Leben hat viel Schönes zu bieten. Als erwachsene Frau kann ich machen, was ich will. Deshalb freue ich mich auf meinen 18. Geburtstag.»
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Dank Taschengeld zum «homo oeconimicus» Sackgeld macht kleine Kinderträume wahr. Doch nicht nur das: Der richtige Umgang mit der Verführung der schillernden Konsumwelt kann so von klein auf geübt werden.
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ie hohe Verschuldung junger Erwachsener in der Schweiz schreckt auf. Eine Studie der Hochschule für Soziale Arbeit an der Fachhochschule Nordwestschweiz bringt es an den Tag: 38 Prozent der 18- bis 24-Jährigen in der Deutschschweiz haben Schulden. Bei der Familie, bei Freunden, bei Kreditinstituten. Auf dem Tisch der Betroffenen liegen Mahnungen sowie Leasing- und Abzahlungsverträge. Bei über einem Drittel der jungen Erwachsenen übersteigen die Ausgaben für modische Kleidung, für den Ausgang und für das unerlässliche Handy das effektive Einkommen bei weitem. Da liegt die Vermutung nahe, dass sie nie gelernt haben, Geld einzuteilen oder zu sparen, oder sich einem Wunsch auch einmal ganz zu versagen.
unsere Kinder in der Schule sind, erhalten sie ein wöchentliches Sackgeld», erzählt Anna K. (Name bekannt). Das scheine ihr wichtig, weshalb sie das Thema Geld nicht nur in der Familie, sondern auch bei ihrer Arbeit als Primarlehrerin regelmässig aufgreife. Auch wenn dies im Lehrplan nicht vorgesehen ist. «Viele meiner Schüler besitzen ihr eigenes Handy und tragen ständig neue Markenkleider», sagt die Mutter von drei Mädchen im Alter zwischen acht und vierzehn Jahren. Sie sei sich nicht sicher, ob Schüler wüssten, wie teuer all diese Dinge seien. Das Handy sei bei ihr zu Hause zum Glück nur bei ihrer Ältesten ein Thema. Sie besitze eine «Prepaid»-Karte, und die Spielregeln seien klar: «Wenn das Guthaben aufgebraucht ist, muss sie warten, bis sie wieder genug Geld beisammen hat, um die Karte neu aufzuladen», sagt die Primarlehrerin. Bei ihren Schulkindern übernähmen hingegen meistens die Eltern die ganzen Handy-Kosten. Einige unter ihren Schülern bekämen sogar Zuschüsse, wenn sie gute Noten erzielten. «Taschengeld mit Schulnoten in Beziehung zu bringen, finde ich falsch», sagt Anna K. Denn das könne zu unnötigem Druck
Nicht an Schulnoten koppeln Deshalb ist es wichtig, dass Eltern ihre Kinder früh auf den Umgang mit Geld vorbereiten. Dem Taschengeld kommt dabei eine ganz wichtige Funktion zu. «Seit
Marco, 15 Jahre
«In ein paar Jahren kann ich Auto fahren; darauf freue ich mich sehr.»
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Dafür wird das Sackgeld ausgegeben 50 % 40 % 30 %
n n n n n n n n
20 % 20 % 0 %
Alter 6–7 8–9
10–11 12–13 14–15
nicht verwendet Süssigkeiten CD/DVD/Games Heftli Mobiltelefon Kleider/Schuhe Ausgang Übriges
16–17
Quelle: Marktforschungsinstituts IHA-GfK in Hergiswil (LU)
führen. Zudem lerne das Kind so, «dass gute Leistung in bare Münze umgesetzt werden kann». Die Lehrerin findet dies aus pädagogischer Sicht nicht wünschenswert. Kinder sollten, ohne den Gedanken an einen finanziellen Vorteil, Freude an einer erbrachten Leistung bekommen. «Zusätzlich honoriert werden in unserer Familie nur ausserordentliche Arbeiten, wie zum Beispiel Rasenmähen oder die Mithilfe bei einem Grossputz oder beim Autowaschen», erklärt Anna K. Die täglichen «Ämtli» werden aber nicht honoriert. Dinge wie das Zimmer aufräumen oder die Mithilfe im Haushalt, das gehöre einfach zum Familienleben.
Wie viel ist sinnvoll? Wenn ihre Töchter aber mehr Geld beispielsweise für die nächste «Chilbi» oder für ein ganz lässiges T-Shirt haben möchten, müssen sie sich selber etwas dazuverdienen. «Gehen die Mädchen bei den Nachbarn einmal babysitten, handeln sie ihren Preis selber aus», lacht sie.
Die Frage, die sich allen Eltern früher oder später stellt, ist: Wie viel Taschengeld solls denn sein? In einer Studie des Marktforschungsinstituts IHA-GfK in Hergiswil (LU) ist der Durchschnittsbetrag, den Jugendliche im Alter von sechs bis siebzehn Jahren pro Monat total zur Verfügung haben, erhoben worden. Befragt wurden über 1018 Haushalte in der Deutsch- und Westschweiz. Die bei der Untersuchung ermittelten Beträge stimmen ziemlich gut mit den Empfehlungen der Budgetberatung Schweiz mit Sitz im solothurnischen Gretzenbach (siehe Kasten) überein. Den Umgang mit Geld lernen, heisst auch, verzichten lernen. Sollte Ihr Junior sein ganzes Taschengeld in Süssigkeiten investieren, so wird er auch in Bezug auf seine Finanzen bald einmal Bauchweh bekommen. Denn er wird feststellen: Am Ende des Geldes ist noch sehr viel Monat übrig. Die IHA-GfK-Studie hat auch untersucht, wofür das Taschengeld ausgegeben wird (siehe Grafik). Jüngere Kinder sind verrückt nach Süssigkeiten, währenddem Jugend-
Eine Orientierungshilfe Taschengeld ist eine freiwillige Leistung. Die Höhe des Taschengeldes richtet sich nach den finanziellen Möglichkeiten der Familie. Die Budgetberatung Schweiz empfiehlt in der Unterstufe wöchentliche, ab Mittelstufe monatliche Auszahlungen:
pro Woche
1. Schuljahr 2. Schuljahr 3. Schuljahr 4. Schuljahr
1.– 2.– 3.– 4.–
pro Monat
5. und 6. Schuljahr 7. und 8. Schuljahr 9. und 10. Schuljahr ab 11. Schuljahr
bis bis bis bis
25.– 30.– 40.– 50.–
30.– 40.– 50.– 80.–
Quelle: Budgetberatung Schweiz
liche viel Geld für Ausgang und Kleider ausgeben. Der Anteil des kurzfristig nicht verwendeten Teils des Geldes (Sparen) ist bei den Jüngsten am höchsten.
Einteilen muss geübt werden Wie soll man sich nun aber verhalten, wenn der Nachwuchs regelmässig um finanzielle «Zuschüsse» bittet? Laut Ursula Tännler, Geschäftsleiterin der Schweizerischen Budgetberatungsstellen, dürfen Eltern ruhig auch einmal grosszügig sein. Damit sich die Kinder aber nicht daran gewöhnen, sollte dies die Ausnahme bleiben. «Das selbstständige Einteilen von Geld kann nur geübt werden, wenn in einer Familie klar geregelt ist, welche Ausgaben die Jugendlichen selber berappen müssen», sagt Tännler. Und sie weist darauf hin, dass Eltern auf die Rückzahlung von vorgestrecktem Geld bestehen müssen. Wer dies nicht frühzeitig lerne, gerate im Erwachsenenalter leicht in Francesco di Potenza ❰ die Schuldenfalle.
Regeln zum Taschengeld â Regelmässig und unaufgefordert auszahlen â Genau festlegen, wofür es reichen muss â Keine Rechenschaft über jede Ausgabe verlangen â Nicht als Druck- oder Erziehungsmittel missbrauchen â Keine Löcher stopfen oder Kredite gewähren
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Null Bock auf Energiemangel Bezogen auf ein ganzes Leben ist der Energieumsatz in der Pubertät am höchsten. In dieser bedeutenden Entwicklungsphase können Eltern ihrem Kind mit gesunder Ernährung viel Gutes tun.
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ubertierende geben sich gerne abgeklärt und erwachsen. Hinsichtlich des Nährstoffbedarfs sind sie tatsächlich als Volljährige zu betrachten. Mehr noch: Der Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen von 11- bis 16-Jährigen liegt höher als bei Erwachsenen.
Maximaler Energieumsatz Grund dafür ist der Wachstumsschub, den Jugendliche während der Pubertät durchlaufen. Gemäss dem Europäischen Informationszentrum für Lebensmittel (EUFIC) erreichen Mädchen die Wachstumsspitze zwischen dem 11. und dem 15. Lebensjahr, bei Knaben liegt sie zwischen dem 13. und 16. Geburtstag. Die Auswirkungen sind enorm: Ein aktiver 15-Jähriger verzeichnet ohne weiteres einen Energiebedarf von 4000 Kalorien pro Tag. Das ist doppelt so viel wie ein Erwachsener täglich verbraucht. «Die Pubertät ist eine einmalige Phase im Leben eines Menschen», sagt Raffael Gmünder, Geschäftsführer der Spiser-
gass-Drogerie in St. Gallen. In dieser Zeit sei dem erhöhten Vitalstoffbedarf deshalb unbedingt Rechnung zu tragen. Schäden, die durch eine ungenügende Nährstoffzufuhr in dieser wichtigen Wachstumsperiode entstanden seien, könnten oft nicht mehr rückgängig gemacht werden. «Eine optimale Ernährung ist die Basis für ein vollständiges körperliches Wachstum und eine gesunde geistige Entwicklung», so der diplomierte Drogist.
Mangel an Mikronährstoffen Während der rasanten körperlichen Entwicklung in der Pubertät benötigt der Jugendliche besonders viele Mikronährstoffe. Ausgerechnet damit sind viele Heranwachsende aber unterversorgt. «Am häufigsten mangelt es an den Vitaminen B und C sowie an den Mineralstoffen Eisen, Zink und Kalzium», weiss Gmünder aus Erfahrung. Auch der tägliche Bedarf an Eisen ist bei Jugendlichen mit 10 bis 20 Milligramm sehr hoch. «Ein zwölfjähriger Junge benötigt etwa 25 Prozent mehr Eisen als sein Vater», so Gmünder. Der hohe Eisenbedarf komme aufgrund der massiven Vergrösserung des Blutvolumens und der Muskelmasse während der pubertären Entwicklungsperiode zustande. Eisenmangel verschlechtere die Sauerstoffversorgung in Gehirn- und Körperzellen. Als Folge davon sinke die Konzentration am Schreibtisch und die Ausdauer auf dem
Mangel an Mikronährstoffen bei Jugendlichen WAS
WO
WIE VIEL (pro Tag)
Vitamin B6
Kalbsleber, Fleisch, Kartoffeln, Bananen, Linsen, Nüsse, Avocados
1,2 – 1,5 mg Aufbau von Muskeln, z. B. 150 g Kalbsleber Knochen, Organen, oder 250 g Avocados Blutbildung
Vitamin B12 Rindfleisch, Hühnereier, Käse, Vollmilch, Fisch
WARUM
0,002–0,005 mg Blutbildung z. B. 100 g Camembert oder 100 g Lachs
Folsäure Weizenkeime, rote Bohnen, 0,4 mg Blutbildung Rindsleber, Hühnereier, z. B. 130 g Weizenkeime Bierhefe, Salat, Blattgemüse oder 160 g Rindsleber Vitamin C Papaya, Broccoli, Rosenkohl, 100 mg Orangen, Erdbeeren, z. B. 90 g Broccoli oder 120 g Papaya grüne Paprikaschoten
Aufbau von Knorpel, Knochen, Bindegewebe in Haut und Blutgefässen, Verbesserung der Eisen- aufnahme
Eisen
Sojamehl, Fleisch (Kalb, 10 – 20 mg Kalbsleber, Rind, Rindsleber, z. B. 100 g Schweinsfilet Schwein, Huhn), Linsen, oder 200 g Linsen weisse Bohnen
Sauerstoffversorgung in Gehirn- und Körperzellen, Konzentrationsfähigkeit, Ausdauerleistung
Zink
Vollkornprodukte, 10 – 20 mg rotes Fleisch, Austern, Linsen, z. B. 100 g Edamer Mais, Eier, Milchprodukte oder 100 g Weizenkeime
Hormonbildung, Wachstum
Kalzium
Sesamsamen, 1200 mg Knochenaufbau dunkelgrünes Blattgemüse z. B. 100 g Emmentaler Käse (Spinat), Milch, Käse oder 150 g Sesamsamen
Phosphor Fleischwaren, Milch, Käse, (selten Mangel) Nüsse, Hülsenfrüchte
1250 mg z. B. 200 g Sonnen- blumenkerne oder 200 g Camembert
Magnesium Vollkornprodukte, Rohkost, 300 – 350 mg Nüsse, Sojabohnen z. B. 120 g Cashewnüsse oder 150 g Sojabohnen
Knochenaufbau
Knochenaufbau, Steuerung von Muskelund Nervenfunktionen
Quellen: «Burgersteins Handbuch Nährstoffe», Haug Verlag, und «So lerne mein Kind, sich richtig ernähren», Herder Verlag
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Energie ist Leistung. Burgerstein Energy bietet Ihnen die Möglichkeit, schnell und gezielt Energie zuzuführen und so die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit im richtigen Augenblick sicherzustellen. Ob im Job, Schule, Sport: Burgerstein Energy ist der Energie-Spender für Konzentration und Leistungsfähigkeit.
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Sportplatz, gibt Gmünder zwei Beispiele. Rund 45 Prozent des Knochengerüstes eines Erwachsenen werden gemäss EUFIC in der Jugendzeit gebildet. Der Aufbau der Skelettmasse erfordert die tägliche Zufuhr von viel Kalzium (600 Milligramm), Phosphor und Magnesium (300 Milligramm) (siehe auch Kasten Seite 31).
Täglich 200 Gramm Weizenkeime: «Pfui Spinne» So weit, so gut. Nur, wie setzt man all diese Empfehlungen in der Praxis um? Immerhin müsste ein Jugendlicher täglich 200 Gramm Weizenkeime essen, um allein seinen Folsäurebedarf zu decken. «Das ist nicht nur ‹uncool›, sondern schlicht unmöglich», weiss auch Raffael Gmünder. Er empfiehlt deshalb, die Wachstumsphase mit Nahrungsergänzungsmitteln, mit so genannten Supplementen, zu unterstützen. Dabei sei aber zu beachten: «Supplemente sind kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung», sagt der Drogist. Ernährungsabhängige Krankheiten wie Osteoporose oder Herzinfarkt sind für Jugendliche «weit, weit weg». Eine gesunde Ernährung deshalb auch nicht wirklich ein Thema. Mögliche Ansatzpunkte, um hier Gegensteuer zu geben, sind: ❙ Essverhalten und Freude an gesundem Essen werden in erster Linie vorgelebt, nicht anerzogen. ❙ Ist die Ernährung bereits in jüngeren Jahren abwechslungsreich, isst das Kind auch in der Pubertät eher, was auf den Tisch kommt. ❙ Gemüse in Fleischgerichte oder in Teigtaschen verpackt oder als feine Sauce zu Spaghetti serviert, schmeckt plötzlich sehr gut. ❙ Bei einer üppigen Auswahl in der Obstschale greifen Kinder und Jugendliche
eher zu als bei einer zwangsverordneten Frucht. ❙ Ab und zu ein Auge zudrücken, an die eigene Pubertät zurückdenken, kann mitunter am Familientisch auch hilfreich sein.
Schlankheitswahn und Essattacken Vorsicht ist angebracht, wenn das Kind ständig kontrolliert, was es isst. Wenn es Gewicht verliert, Diät hält, obwohl es schlank ist, das Essen erbricht, sich einseitig ernährt oder sich ständig um seine Figur sorgt. Alarmierend sind aber auch ständige Essattacken und Übergewicht. Beides sind mögliche Anzeichen für Essstörungen. Hilfe finden Eltern beim schulärztlichen Dienst oder beim Vertrauensarzt. Zudem bieten viele Spitäler Spezialsprechstunden und Informationsveranstaltungen für Essstörungen bei Jugendlichen an. Menta Scheiwiler ❰
Buchtipp Lothar Burgerstein: «Burgersteins Handbuch Nährstoffe». Haug Verlag, 11. Auflage, 2007, ISBN 3-8304-2194-8, ca. Fr. 68.– Ulrike Korsten-Reck: «So lernt mein Kind, sich richtig zu ernähren», Fit für die Schule. Herder Spektrum, 2007, ISBN 978-3-451-05840-0, ca. Fr. 15.–
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Vorsicht, Pubertät In der Pubertät stehen die Zeichen auf Sturm: Da heisst es adieu MutterVater-Kind-Idylle, willkommen Mutter-Vater-KindKonflikt.
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ährend sie bei manchen Familien wie eine Naturkatastrophe hereinbricht, verläuft sie bei andern sanft wie ein warmer Sommerregen: Die Pubertät. Irgendwann zwischen elf und sechzehn geht es los. Der Körper verändert sich, die Hormone spielen verrückt, das Kinderzimmer mutiert zur muffigen Grotte. Kurzum, aus Kindern werden Jugendliche. In dieser Phase wird das Wohnzimmer in vielen Familien zur erklärten Kampfzone. Und dies nicht nur bei Familien, die das Zusammenleben schon vorher als anstrengend erlebten, sondern auch bei jenen, die sich selbst als harmonisch beschreiben. Und damit auch in turbulenten Zeiten Grenzen respektiert und der Familienfrieden weitgehend gewahrt werden können, müssen Eltern erklären, diskutieren, abwägen und Kompromisse schliessen.
Gelassen bleiben Der fünfzehnjährige Jan hockt, Baseballmütze auf dem Kopf, Handy in der Hand, am Tisch. Die Mutter möchte, dass er seine Insignien zur Seite legt und den Tisch deckt. Auch sein Zimmer – eine Mischung aus Altpapiersammlung und Flaschencontainer – hat er nicht aufgeräumt. Sich darüber ärgern, dass sie angemault werde,
wenn sie etwas verlange, tue sie schon lange nicht mehr, sagt Judith Kobel (Name geändert). Sie ist eine erprobte «Pubertätsmutter». Nebst Jan hat sie noch eine dreizehnjährige Tochter und zwei erwachsene Söhne. Ihre älteren Söhne hätten sie vor allem eines gelehrt: «Lass dich nicht provozieren und übe dich in Gelassenheit», lacht die Mutter. Nicht nur Gelassenheit, sondern auch eine gehörige Portion Standhaftigkeit gehören dazu, wenn Eltern die Zeit mit ihren Pubertierenden gut über die Runden bringen wollen. Was die Balance zwischen Loslassen und Grenzensetzen so schwierig macht, ist wohl die Tatsache, dass sich Pubertierende in einem Moment erwachsen geben und im nächsten wieder zum Kleinkind mutieren. «Meine Tochter steht stundenlang mit Schminkutensilien vor dem Spiegel, abends schaut sie mit dem Teddybär im Arm Kinderserien», gibt die vierfache Mutter ein schönes Beispiel für das widersprüchliche Verhalten.
Gespräche anzetteln Bruno Dinner, Sekundarlehrer und Autor, weiss, dass es keine Patentrezepte für den Umgang mit Pubertierenden gibt. Wichtig aber sei: «Eltern dürfen den Kontakt zu den Kindern nicht abreissen lassen», sagt er. Eltern sollten Gespräche bewusst «an-
Diego, 16 Jahre
«Wenn ich volljährig bin, zählt meine Stimme mehr. Darauf freue ich mich.»
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zetteln». Rebellion gehöre zum Ablösungsprozess und sei sogar notwendig. «Das bedeutet allerdings nicht, dass Eltern ihrem Kind alles durchgehen lassen müssen», ergänzt er. Wichtig sei, dass Eltern die Aufsässigkeit ihres Kindes als normalen Entwicklungsabschnitt annehmen. Den Eltern falle dabei die Aufgabe zu, immer wieder neue Grenzen abzustecken. Leichter gesagt, als getan. Dinner wirft geplagten Eltern deshalb folgende Rettungsringe zu: ❙ Setzen Sie klare Grenzen. Regelübertretungen müssen Konsequenzen haben. ❙ Lassen Sie Jugendliche Wut, Angst, Trauer ausdrücken und Frustration ertragen. ❙ Seien Sie Eltern, nicht Kumpel. ❙ Lassen Sie Ihr Kind ruhig einmal stolpern, statt ihm alle Steine aus dem Weg zu räumen. ❙ Loben Sie Ihr Kind. ❙ Geben Sie Jugendlichen nach einem Flop wieder eine Chance. ❙ Nehmen Sie Anteil, aber lassen Sie auch los. ❙ Zeigen Sie Verständnis für das Wechselbad der Gefühle. ❙ Seien Sie ein Vorbild und nehmen Sie Ihr Kind ernst.
«Wenn Engel reisen… … weint der Himmel», sagt ein Sprichwort. Wenn Jugendliche das erste Mal alleine in die Ferien fahren wollen, sorgt das in den meisten Familien erst einmal für hitzige Diskussionen. «Die Themen Ausgang und alleine Reisen lassen sich nur individuell regeln», ist Bruno Dinner überzeugt. Eltern, die viel Vertrauen in ihr Kind haben, weil sie wissen, dass es sich an Regeln hält, falle es einfacher, das Kind ziehen zu lassen. «Als Georg, unser Ältester, mit vierzehn zum ersten Mal mit Freunden zum
Zelten fahren wollte, war uns nicht wohl dabei, und wir haben es ihm verboten», erinnert sich Judith Kobel. Klar habe Georg daraufhin alle Register gezogen, habe tagelang nicht mehr mit ihnen gesprochen und verschiedene Druckmittel eingesetzt. Von der gängigen Behauptung «Alle-andern-dürfen-nur-ich-nicht» sollten sich Eltern aber nicht unter Druck setzen lassen, wie Dinner sagt. Mehr noch: «Eltern sollten nie gegen ihr Gewissen entscheiden.» Es sei aber grundsätzlich wichtig, den Jugendlichen ein Nein zu erklären. «Eltern dürfen ihrem Kind ruhig sagen, dass sie sich Sorgen machen», ergänzt er. Das zeige ihm, dass es den Eltern nicht egal sei. «Natürlich darf man aber dafür keine Dankbarkeit erwarten», warnt er. Und auch zum Thema Ausgang kennt Bruno Dinner ein paar Grundsätze, welche Eltern helfen können. Hält sich das Kind an Abmachungen, können beim Thema Ausgang die «Auflagen» mit der Zeit gelockert werden. Fachpersonen und Schulbehörden empfehlen, Kinder unter sechzehn nicht alleine mit anderen Jugendlichen in die Ferien fahren zu lassen. Eltern sollten sich bewusst sein, dass sie die Verantwortung für ihr Kind tragen. In Schullagern übernimmt die Lehrperson diese elterliche Verantwortung; sie hat deshalb auch das Recht, gewisse Sanktionen auszusprechen. Erlauben Sie Ihrem Kind, mit der Familie einer Freundin, eines Freundes zu verreisen. Das ist für das Kind spannend, und Sie selber haben die Gewissheit, dass Erwachsene ein wachsames Auge auf ihr Kind haben. Ihr Kind lernt dabei auch, dass in anderen Familien andere Regeln gelten. Christa Friedli ❰
Schule, Stress und kein Schlaf In der Pubertät fällt es Jugendlichen oft schwer, frühmorgens aufzustehen, in die Schule zu gehen und sich zu konzentrieren. «Abwarten und Teetrinken» lautet die Devise.
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ilfe! Meine 13-jährige Tochter macht nichts mehr für die Schule.» Mit diesen Worten sucht eine Mutter Hilfe in einem Online-Familienund Kinder-Forum. Die Tochter unterhalte sich lieber mit Freundinnen und beschäftige sich mit ihrer Lieblings-Band als mit der Schule. Pubertierende empfinden Schule und Hausaufgaben oft als lästiges Übel. Hormonelle Schwankungen und das Gehirn, das sich in einer Umbauphase befindet, führen zu einschneidenden Veränderungen auf verschiedensten Ebenen. So wird auch der Tag/Nacht-Rhythmus von Heranwachsenden verschoben. Die Folge: Abends, wenn es Zeit zum Schlafengehen wäre, sind Jugendliche topfit, und morgens, wenn es darum geht, aufzustehen, bringt man sie kaum aus dem Bett. So werden aus vormaligen Frühaufstehern plötzlich Langschläfer, und der längst abgelegte Mittagsschlaf wird wieder beliebt. Denn während der Pubertät braucht der Jugendliche wieder mehr Schlaf als in den Jahren zuvor. Auf
die Frage, woran man erkenne, dass die Pubertät abgeschlossen ist, antwortet der Münchner Psychologe Till Roenneberg: «Erwachsen ist, wer damit beginnt, wieder freiwillig früher ins Bett zu gehen.»
Tee-Rituale Null Bock auf Schule, Konzentrationsstörungen und Mühe beim Einschlafen: Zum Glück gibt es sanfte Heilmittel. Anton Löffel, diplomierter Drogist und Inhaber der Kräuterhaus-Drogerie Zeller in Solothurn, weiss Rat: «Um in der Pubertät besser einschlafen zu können, empfehle ich TeeRituale, kurz vor dem Zubettgehen.» Ein Entspannungstee sei das Beste, wenn das Einschlafen schwer falle. Gegen Konzentrationsschwierigkeiten rät Löffel zur Einnahme von Präparaten, die aus den Blättern des Ginkgobaums gewonnen werden. Ginkgo fördere die Durchblutung und reduziere Konzentrationsschwächen, sagt der Drogist. Als Naturprodukt sei es auch für Jugendliche bestens geeignet. Ein Pülverchen gegen fehlende Motivation gibt es in der Drogerie aber nicht zu kaufen: Laut Löffel geht es dabei eher um ein gesellschaftliches Problem. In dieser Zeit seien Eltern und Lehrer als Vorbilder gefordert. Fatma Kammer ❰
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Schöne, bunte Medienwelt Die Macht der Bilder zieht Kinder magisch an. Eltern können viel dazu beitragen, dass diese Faszination nicht zur Gefahr wird.
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m Zimmer der 15-jährigen Lia: Spielkonsole und Handy liegen griffbereit neben den Schulbüchern, der Computer surrt und im Wohnzimmer läuft der Fernseher, damit Lia hört, wenn ihre Lieblingsserie beginnt. «Ich staune immer wieder, wie schnell Kinder den Umgang mit neuer Technik lernen und anscheinend alles gleichzeitig bedienen können», erzählt Marianne Graf, Lias Mutter. Während schon die Kleinsten mit grosser Selbstverständlichkeit Videos, CD-Player und Computer zum Laufen bringen, mit Handys telefonieren, SMS verschicken, fotografieren und filmen und sich im Internet tummeln, wissen Eltern und Grosseltern oft nicht einmal, über welche Möglichkeiten die neuen Geräte überhaupt verfügen. «Für Kinder ist diese rasante technische Entwicklung nicht bedrohlich», weiss Ronnie Fink, Dozent für Medienbildung der Pädagogischen Hochschule Zürich und Referent von Elternbildungskursen. Für sie sei es vielmehr selbstverständlich, all die verschiedenen Medien zur Verfügung zu haben. «Es hat sicher keinen Sinn, wenn Erwachsene die Medien verteufeln oder ihren Kindern sogar verbieten, sie zu nutzen», er-
gänzt er. Vielmehr müssten Eltern die Kinder so begleiten, dass diese zu mündigen «Konsumenten» und «Usern» würden. Nach wie vor sind sich Pädagogen und Neurologen nicht einig, inwiefern Fernsehen Kinder in ihrer Entwicklung hemmt oder fördert. «Sicher ist, dass Kinder zwischen vier und sechs Jahren das Geschehen im Fernseher nicht länger als eine Viertelstunde aufmerksam aufnehmen können», weiss Fink. Und erst mit ungefähr acht Jahren können sie Realität und Fiktion trennen. Vorher nehmen sie alles für bare Münze: Ein Zeichentrickfilm ist so real wie eine Nachrichtensendung, Werbung so wirklich wie eine Dokumentationssendung. «Medien haben per se keine hemmende oder fördernde Wirkung», sagt der Medienprofi. Vielmehr müsse man das Alter, die Familiensituation und die jeweilige Medienkompetenz der Kinder berücksichtigen. Einen sinnvollen Umgang mit Medien sollten Eltern ihren Kindern also früh beibringen. «Der Grundstein, wie Kinder später mit den verschiedenen Medien umgehen, kann bereits beim Erzählen von Bilderbüchern gelegt werden», weiss Fink. Denn ob Bilderbuch, eine BilderStefano, 11 Jahre
«Wenn ich gross bin, kann ich Vieles alleine machen, ohne dass ‹s‘Mami› auf mich aufpassen muss.»
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Das Wichtigste auf einen Blick Sicher «chatten» «Chatten» ist lustig – man plaudert mit anderen, ohne sie zu kennen. Und genau das ist der Nachteil: Ist das 12-jährige Mädchen im Chat vielleicht ein erwachsener Mann? Dieses Misstrauen sollten Eltern ihren Kindern beibringen: Sie dürfen nie ihren echten Namen nennen, auch Adresse und Telefonnummern sind tabu. Und sie sollten sich nie alleine mit einem Chatpartner verabreden. Wenn ein Kind schon lange mit jemandem «chattet» und die Person treffen möchte, sollte unbedingt ein Elternteil dabei sein. Sicher ist «chatten» auch in einem geschlossenen oder moderierten Chatraum. Sicherer Schriftverkehr Bringen Sie Ihrem Kind zwei grundlegende Sachen bei: Erstens, dass es seine E-Mail-Adresse nur an Freunde geben darf, zweitens, dass es E-Mails von unbekannten Absendern nicht öffnen soll, da diese Viren enthalten können. Erklären Sie Ihrem Kind, was ein Dateianhang ist und dass solche Anhänge nur geöffnet werden dürfen, wenn der beste Freund angekündigt hat, ein «cooles» Programm zu schicken. Sichere Suche Suchmaschinen finden fast alles. Leider auch Seiten, die nicht für Kinderaugen bestimmt sind. Üben Sie mit Ihrem Kind, wie man richtig sucht und was Kinder tun sollten, wenn Sie auf Seiten mit kriminel-
len oder pornografischen Inhalten landen. Bereiten Sie Kinder auf diese Inhalte vor, damit sie statt zu erschrecken, souverän reagieren können und die Seiten schliessen oder den Computer gleich ausschalten. Ermutigen Sie Ihr Kind, Ihnen seltsame «Links» zu zeigen, so wird es zu einem kritischen «User». Sicher spielen Achten Sie beim Kauf von Computerspielen darauf, dass sie einerseits altersgerecht sind, andererseits dem Spieltyp Ihres Kindes entsprechen. Ist Ihr Kind ein Stratege oder liebt es rasante Spiele? Rätselt und knobelt es gerne? Stellen Sie klare Regeln auf, wie lange Ihr Kind am Computer spielen darf. Sicher ist es von Vorteil, wenn Sie in Sachen Medien auf der Höhe sind. Nur wer sich auskennt, kann anleiten. Bei kleineren Kindern sollte man als Erwachsener in der Nähe sein, solange am Computer gespielt oder gesurft wird. Reden Sie mit Ihrem Kind über das, was es im Netz erlebt, über seine Fundstücke, lustige Spiele oder gute Infoseiten. Und sollten Sie ob all der Technik doch einmal den Anschluss verlieren, geben Sie es ruhig zu und lassen Sie sich das Neuste von Ihren Kindern erklären – denn die wissen es bestimmt.
flut in Fernsehen, im Internet oder in der Tageszeitungen – Kinder können visuelle und auditive Eindrücke besser verarbeiten, wenn sie über das Gesehene sprechen können und ihre Fragen beantwortet werden. Deshalb sei es auch nicht sinnvoll, Kinder direkt nach einem Film oder Computerspiel ins Bett zu schicken. Auch ist Ronnie Fink überzeugt, dass jedes Medium seinen Sinn hat, wenn es im richtigen Zusammenhang gebraucht wird. «Kinder können gerade im Umgang mit den verschiedenen Medien auch ihr persönliches kreatives Potenzial ausschöpfen», sagt er.
«Findus» in allen Varianten Marianne Graf scheint intuitiv genau das Richtige getan zu haben. «Ich habe gemeinsam mit Lia eine Geschichte über einen längeren Zeitraum auf unterschiedliche Art angeschaut», erzählt sie. Und Lia bestätigt, dass das sehr lustig gewesen sei. Sie habe zuerst das Bilderbuch von «Peterson und Findus» gelesen, später habe sie die Geschichten vom brummigen Alten mit dem pfiffigen Kater im Fernsehen schauen dürfen, und heute spiele sie zusammen mit dem jüngeren Bruder «Findus»-Spiele am Computer. «Durch die verschiedenen Medien kann das Kind die Geschichte immer wieder anders erleben und verarbeiten», bestätigt Ronnie Fink. Eine andere Art, Kindern den Umgang mit Medien zu lernen, sei, mit ihnen selber solche herzustellen. «Es macht Kindern Spass, eine Geschichte zu schreiben und diese dann zum Beispiel erst auf Tonträger, später vielleicht auch auf Video aufzunehmen», sagt Fink. So erleben Kinder, wie verschiedene Medien funktionieren und können sie besser verstehen. Das Thema Fernsehen sorgt in vielen Familien für heisse Diskussionen. Denn was
die Kinder gut finden, gefällt den Eltern oft nicht. «Kinder haben andere Bedürfnisse als Erwachsene», erklärt der Dozent. Wenn Sie die Lieblingsserie Ihres Kindes doof finden, sollten Sie es ihm besser nicht unter die Nase reiben. «Das führt nur dazu, dass die Kinder heimlich fernsehen», ergänzt er. Besser sei, sich für die Lieblingsmedien der Kinder zu interessieren, diese gemeinsam anzuschauen oder am Computer zu spielen und danach über das Gesehene und Erlebte zu diskutieren. «Eine neuere Studie zeigt, dass beim Erleben von Gewaltszenen, real oder in Filmen, beim Menschen die intellektuellen Fähigkeiten reduziert, sozusagen ‹ausgeschaltet›, werden», erklärt er. Das führe dazu, dass Gelerntes wieder vergessen werde, weil visuelle Reize an denselben Gehirnregionen andocken wie der Lernstoff. Werde das Gehirn täglich von einer Flut von Film- und Spielreizen «überschwemmt», so fallen die Leistungen beim Lernen ab. Deshalb sollte die Mediennutzung mit Kindern sorgfältig geübt und geplant werden, empfiehlt Fink. Wenn Kinder lernen, Medien kritisch zu nutzen, dann liessen sie sich auch nicht einfach kritiklos in die Bilderfluten der Fernseh- und Computerwelten «hineinziehen».
Gefahren im Netz Hocken Ihre Halbwüchsigen auch vor dem Computer und «surfen» gewieft durch die Welt des Internets, während Sie noch rätseln, welche Sicherheitseinstellungen man wie installiert? Während Sie Begriffe wie «bloggen» und «chatten» nachschlagen, nutzen Ihre Kinder und Teenager längst «E-Mail, Chat und Instant Messaging». Weil Sie vielleicht anderes zu tun haben, als Ihrem Kind dauernd über die Schulter zu gucken, geht die Übersicht rasch verloChrista Friedli ❰ ren.
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Schönheitsbrevier für junge Leute Ein grosser Teil der jungen Menschen leidet in der Pubertät unter Akne. Ein 7-Punkte-Programm hilft, diese schwierige Phase besser zu überstehen.
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usgerechnet in dieser Lebensphase, die ohnehin geprägt ist von Umstellungen und Unsicherheiten, spriessen mitten im Gesicht Pickel und Pusteln – kein schöner Anblick und kein gutes Gefühl. Alle Welt scheint hinzuschauen, meinen die Betroffenen, auch wenn das nicht so ist. Hinzukommt, dass die entzündeten Stellen jucken oder schmerzen und zu Manipulationen verleiten. «Das Resultat sind im schlimmsten Falle bleibende Narben», weiss Karin Haag, eidg. dipl. Drogistin und Inhaberin der gleichnamigen Drogerie in Zuchwil bei Solothurn. Akne stellt sich in der Pubertät ein. Die meisten jungen Menschen sind davon betroffen, Buben tendenziell ein bisschen stärker, hat die Drogistin festgestellt. Die Leidenszeit dauert ein paar Jahre. Ist die hormonelle Umstellung vorbei, verschwinden meistens auch die Pickel. Akne entsteht, weil Verhornungen am Talgdrüsenausgang den Talgfluss behindern. Dadurch staut sich der Talg, es kommt zu Entzündungen. Die Entzündungen entwickeln sich zu offenen oder ge-
schlossenen Mitessern, die sich als druckempfindliche Rötungen bemerkbar machen und schliesslich, unter dem Einfluss von Bakterien, zu eiterhaltigen Pusteln werden.
Punkt 1: Hände weg vom Gesicht Juckende Stellen und Mitesser verleiten zum Rumdrücken. Bei vielen Jugendlichen wird dies fast zur Obsession. Das Ausdrücken verstärkt aber die Entzündungen. «Talg und Bakterien können dadurch ins Gewebe gelangen und weitere Entzündungen auslösen», sagt die Drogistin. Es seien just solche Manipulationen, die bleibende Narben hinterlassen. Wenn schon, sollte das Ausdrücken von Mitessern einer Kosmetikerin überlassen werden. «Hände weg vom Gesicht», lautet das oberste Gebot im Schönheitsbrevier für Jugendliche, «denn ins Gesicht fassen und kratzen verlängert den Heilungsprozess bei Akneproblemen».
Punkt 2: Das Beratungsgespräch suchen Statt irgendwo irgendetwas gegen Akne aus einem Gestell zu picken, ist es sinnvoller, das Beratungsgespräch in der Drogerie zu suchen. Oft kämen die Mütter mit ihren Töchtern, sagt Karin Haag. Mädchen seien generell offen für Hautpflege, bei Buben
brauche es sehr viel mehr Überzeugungsarbeit. Das liege daran, dass die Mädchen in ihren Müttern Vorbilder hätten, währenddem den Buben entsprechende Vorbilder fehlten. Haag hat festgestellt, dass junge Menschen die Beratung in der Drogerie unterstützend und motivierend empfinden.
Punkt 3: Reinigung ist das A und O Die Hautreinigung ist der erste Schritt zur Besserung. Morgens reicht es nicht, das Gesicht einfach mit Wasser zu waschen, denn auch nachts wird Talg abgesondert. Abends gilt es, Schmutzpartikel und Absonderungen des Tages zu entfernen. Schaum und Gel sind für die Morgen- wie Abendreinigung sehr gut geeignet, zusätzlich empfiehlt die Drogistin als Abschluss ein Tonic (Gesichtswasser), das adstringierend (zusammenziehend) und desinfizierend wirkt.
Punkt 4: Die richtige Pflege bringts Um den natürlichen Säureschutzmantel zu unterstützen, muss die Haut morgens und abends nach der Reinigung mit Feuchtigkeit versorgt werden. Dafür kann man das gleiche Produkt verwenden. Es empfiehlt sich, für Reinigung und Pflege bei derselben Marke zu bleiben, die Inhaltsstoffe sind aufeinander abgestimmt. Einzelne entzündete Stellen lassen sich mit Tupfern behandeln. Karin Haag hat gute Erfahrungen mit Produkten auf der Basis von Teebaumöl oder Fruchtsäuren gemacht. Sie mildern den Juckreiz, wirken Bakterien und Verhornung entgegen. Zum Überdecken von Rötungen gibt es Abdeckstifte in verschiedenen Hauttönen.
Punkt 5: Noch mehr Wirkung
Peelings und Tiefenreinigung unterstützen den Heilungsprozess. Idealerweise werden sie zweimal pro Woche angewendet. Vertiefen kann man die Wirkung mit einem zusätzlichen Beauty-Programm. Wenn der Gang zur Kosmetikerin zu teuer ist, lässt sich ein Beauty-Programm auch gut zu Hause durchführen. Es besteht aus Peeling, Dampfbad, Maske und Feuchtigkeitspflege. Peelings entfernen abgestorbene Hautschüppchen und wirken der Verhornung der Talgausgänge entgegen. Bei entzündeter Haut mit offenen Stellen dürfen sie nicht verwendet werden. Dampfbäder öffnen die Poren und bereiten die Haut für die Maske vor. Dazu eine Handvoll Kamillenblüten – Kamille wirkt beruhigend – in ein Becken mit heissem Wasser streuen, den Kopf mit einem Frottiertuch bedeckt darüberhalten, Dampf zehn Minuten einwirken lassen, abtupfen. Masken aus Lehm oder Heilerde absorbieren überschüssigen Talg, mildern Reizungen und hinterlassen eine frische und sauber gereinigte Haut, der nur noch die Feuchtigkeitspflege fehlt.
Punkt 6: Ernährung, Bewegung und frische Luft Auch eine gesunde Lebensweise hilft bei Akne. Dazu zählt eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Früchten, wenig Fleisch, wenig Fastfood und massvollem Konsum von Süssigkeiten. Bewegung an der frischen Luft regt den Stoffwechsel und die Verdauung an. Zwei Liter Flüssigkeit ohne Zucker unterstützen die Nierentätigkeit und entlasten die Haut als
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Das Wichtigste in Kürze Ausscheidungsorgan. Schlecht für die Haut hingegen sind Rauchen und Alkohol.
Hände weg vom Gesicht. Das Ausdrü- cken von Mitessern einer Kosmetikerin überlassen.
Punkt 7: Unterstützung von innen
Morgens und abends die Haut mit Gel oder Schaum und Gesichtswasser reinigen. Zuvor die Hände waschen.
Eine Basenmischung hilft den Säurehaushalt im Gleichgewicht zu halten. Auch Spagyrik unterstützt den Heilungsprozess und wird von den Jugendlichen gut akzeptiert, hat die Drogistin festgestellt. Ähnlich verhält es sich mit homöopathischen Mitteln. Schüsslersalze – Silicea oder Natrium phosphoricum – wirken ebenfalls anregend und entzündungshemmend auf den Hautstoffwechsel, kommen aber, wie Teemischungen, bei den Jungen nicht so gut an. Alle ergänzenden Massnahmen zeigen nach frühestens drei Monaten erste Wirkungen. Es braucht also etwas Geduld und Ausdauer, aber es lohnt sich weiterzumaMargrit Lienhard ❰ chen.
Ein- bis zweimal pro Woche ein Peeling machen und/oder eine Maske auftragen. Nach jeder Reinigung Feuchtigkeitspflege verwenden. Einzelne entzündete Stellen mit einem Tupfer behandeln, tagsüber nach Bedarf wiederholen. Auf eine ausgewogene, basische Ernährung achten. Viel trinken (ungesüsste Getränke). Rauchen und Alkohol sind schlecht für die Haut; hingegen tut der Haut Bewegung an der frischen Luft gut.
Delia, 10 Jahre
«Ohne meine Freundinnen wäre es mir langweilig.» Natascha, 11 Jahre
«Wenn ich traurig bin, sind mir Delia und Joana wichtig.» Joana, 11 Jahre
«Meine Freundinnen bedeuten mir sehr viel. Wir haben es sehr lustig zusammen und helfen einander.» PubertäT
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Eine Frage der Einstellung Ob ein Mädchen die erste Menstruation mit Stolz und Freude oder mit einem Gefühl der Ablehnung erlebt, hängt wesentlich vom Vorwissen und von der Haltung der Mutter ab.
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ange überlegen muss Doris Weidmann nicht: «Die Binde ist eine gute Möglichkeit, sich als junge Frau mit der Periode vertraut zu machen», antwortet die diplomierte Drogistin auf die Frage nach dem geeigneten Produkt für Mädchen, die zum ersten Mal ihre Tage bekommen. Das Mädchen könne so die Beschaffenheit und Farbe des Blutes wie auch die Schleimhautpartikel «studieren». Die Blutungen sind mal heller, mal dunkler, mal rötlich, mal bräunlich, mal stärker, mal schwächer, wie die Inhaberin der Dorf-Drogerie und der Center-Drogerie in Embrach (ZH) sagt. Ist die Jugendliche bereits etwas vertraut mit der Monatsblutung, könne sie frei entscheiden, ob sie bei den Binden bleiben, zu Tampons wechseln oder je nach Situation mal das eine oder das andere verwenden möchte, sagt die Drogistin. Mädchen sollten auch wissen, dass Binden und Tampons in unterschiedlichen Grössen erhältlich sind und dass die Wahl der Grösse nicht nur von der körperlichen Konstitution der Jugendlichen, sondern auch von der Stärke der Blutung abhängt. Sie mache die jungen Kundinnen auch darauf aufmerksam, dass es üblich sei, im Ver-
lauf der Menstruation verschiedene Grössen von Binden und Tampons, bei schwacher Blutung auch nur Slipeinlagen, zu benutzen. Wichtig zudem ist, dass Binden wie Tampons regelmässig ausgewechselt werden. Die Drogistin weiss, dass sich viele Jugendliche vor dem ersten Einführen eines Tampons fürchten. Obschon, viel kann dabei eigentlich nicht schief gehen, zumal einige Hersteller Tampons mit Einführhilfen oder mit besonders gleitfähigem Gewebe anbieten. Es ist sehr wichtig, dass Mädchen vor dem Auftreten der ersten Periode verstehen, was im Innern ihres Körpers abläuft. Fachleute sind erstaunt, wie viele junge Frauen auch heute noch von der ersten Periode überrumpelt werden und sich erschrocken fragen, was da passiert. Die Vorgänge, die während eines rund 28 Tage umfassenden Monatszyklus im Körper der Frau ablaufen, lassen sich grob in drei Phasen unterteilen: ❙ Zunächst bereiten die Eierstöcke die Reifung und Abstossung einer Eizelle vor; dies nennt man Eisprung oder Ovulation. ❙ Gleichzeitig baut sich die innerste Schleimhautschicht der Gebärmutter auf und bereitet sich auf die mögliche Einnistung eines befruchteten Eies vor. ❙ Kommt es zu keiner Befruchtung, wird das gut durchblutete Schleimhautgewebe abgestossen und verlässt den Körper via Scheide: Es kommt zur Monatsblutung. Bei den meisten Mädchen tritt die erste Regelblutung zwischen dem 11. und dem 15. Lebensjahr auf. Im Vorfeld ist möglicherweise ein Ziehen und Spannen in der
Beschwerden lindern Brust spürbar. Auch Krämpfe im Unterleib, Kopfschmerzen und Pickel auf der Haut können die erste Regelblutung ankündigen. Oftmals ist ein weisslicher Ausfluss der Vorbote der bald einsetzenden Menstruation. Bräunliche Flecken, kleine oder auch grosse Blutflecken im Slip zeigen dann unmissverständlich an, dass die erste Periode eingesetzt hat.
Anfangs noch unregelmässig Die ersten Menstruationsblutungen bei Jugendlichen sind oft noch unregelmässig und unterschiedlich stark. «Treten die Blutungen häufiger als alle drei Wochen auf, sollte das Mädchen ärztlich behandelt werden», sagt Nico Egger, Facharzt FMH für Gynäkologie und Geburtshilfe in Gossau (SG). Eine Behandlung sei auch bei sehr starken Blutungen, wo es zu einer Anämie (Blutarmut) kommt, nötig. Mit der ersten Menstruation sind junge Frauen aber nicht zwingend auch schon geschlechtsreif. «Ein Eisprung ist während den ersten unregelmässigen Zyklen eher unwahrscheinlich», sagt Egger. Erst mit dem ersten Eisprung ist auch eine Befruchtung bzw. Schwangerschaft möglich. Sofern die erste und die folgenden Monatsblutungen normal verlaufen, empfiehlt der Arzt erst ab dem Alter von zirka 18 Jahren eine jährliche gynäkologische Vorsorgeuntersuchung.
Entscheidend: Die Haltung der Mutter Wie das Mädchen die Zeit während «seiner Tage» erlebt, hängt wesentlich von der Einstellung der Mutter zur Menstruation ab. «Wenn Mütter die Menstruation als etwas Unangenehmes, Bedauerliches und Schmerzhaftes empfinden, können Töchter dies kaum anders erleben», schreibt die Autorin Gisela Preuschoff, selbst Mutter von vier Kindern, in ihrem Buch «Von
Zu den häufigsten Beschwerden im Zusammenhang mit der Regelblutung zählen Schmerzen und Krämpfe, Verstimmungen, Reizbarkeit und Kreislaufprobleme. Dagegen empfiehlt die Drogistin Doris Weidmann Mönchspfeffer in Form von Tabletten oder als spagyrische Essenz. Die Spagyrik sei ideal, weil je nach Befinden weitere Essenzen beigegeben werden könnten. Zum Beispiel Johanniskraut bei Stimmungsschwankungen, Hopfen zum hormonellen Ausgleich oder Pulsatilla für Mädchen, die während den Tagen besonders weinerlich sind. Ideal, um Krämpfe zu lösen, sei auch die Heilpflanze Pestwurz. Auch ein entspannender Kräutertee aus Brombeerblättern, Frauenmantel, Taubnessel, Johanniskraut, Ringelblume und Eisenkraut kann helfen. Und bei Krämpfen nicht zu vergessen sei: «Die gute alte Bettflasche.»
zwölf bis sechzehn, Abenteuer Pubertät». Sieht eine Frau in der Menstruation dagegen «den natürlichen Abgang eines Eies, die normale Reinigung der Gebärmutter und ein besonderes Erlebnis im Frausein», gelinge es besser, mit Beschwerden umzugehen. Studien zeigen zudem, dass gut auf die Periode vorbereitete Mädchen tendenziell weniger über Schmerzen klagen. Menta Scheiwiler ❰
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Impressum September 2007 Herausgeber: Schweizerischer Drogistenverband Nidaugasse 15, Postfach 3516, 2500 Biel 3 Telefon 032 328 50 30, Fax 032 328 50 41 info@drogistenverband.ch www.drogerie.ch Redaktion: Heinrich Gasser, Chefredaktion, h.gasser@drogistenverband.ch Elisabeth K端pfert, Chefredaktorin Stv., e.kuepfert@drogistenverband.ch Katharina Rederer, Abschlussredaktion; Flavia Kunz, Nadja M端hlemann Anzeigenverkauf: Susanne Werder, Leitung, s.werder@drogistenverband.ch Michael Severus, m.severus@drogistenverband.ch Layout: Stephan Oeschger, s.oeschger@drogistenverband.ch Druck: Benteli Hallwag Druck AG, 3084 Wabern-Bern Fotos: Rolf Neeser
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