Natur
Wissen aus der Drogerie
Brennpunkt Rheuma l Erkältungen austricksen Sprossen, Körner, Keime l Bedürftige Winterhände Oktober 2007 l Fr. 3.80
Editorial
Auf vier Füssen… «Das Lesen Ihres Buches erweckt in einem das Bedürfnis, auf allen vieren herumzulaufen…» Mit diesen Worten zog Voltaire im 18. Jahrhundert die Vorschläge seines «Freundes» und Philosophen Jean-Jacques Rousseau ins Lächerliche, als dieser das Zurück zur Natur rühmte, weit weg von der mondänen Welt im Zeitalter der Aufklärung. Auch heute noch begegnen die Anhängerinnen und Anhänger einer natürlichen Lebensweise leicht sarkastischen Fatalisten: Weshalb sich zum Beispiel täglich zwingen, fünf Portionen Früchte und Gemüse zu essen, wenn es doch so viel bequemer ist, dem Konsum von Junkfood zu frönen? Dennoch ist die wachsende Zahl von Personen erfreulich, die bestätigen, dass sich ein paar einfache Massnahmen (veränderte Essgewohnheiten, mehr Bewegung, Naturheilkunde) positiv auf ihre Gesundheit auswirken, und zwar sowohl bei chronischen Beschwerden (Rheuma, Arthrose;
siehe Beitrag auf Seite 4) als auch bei vorübergehenden Wehwehchen (Erkältungen, Grippe; siehe unsere Ratschläge auf Seite 20). Das spornt an, sich einen Schubs zu geben, auch wenn es ein bisschen Disziplin braucht. Oder um mit der polemischen Sprache Voltaires zu sprechen: Wenn das Gehen auf vier Füssen bedeutet, eine natürlichere Lebensweise wiederzufinden, könnte man sagen, dass es besser ist, auf vier Füssen zu gehen als überhaupt nicht mehr… Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre.
Michel Schmid
Inhalt
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Feldenkrais Mit Feldenkrais richtig bewegen und das individuelle Bewegungspotenzial besser nutzen lernen.
11 Unter dem Gefrierpunkt Im Winter ist die Haut besonders gefordert. Mit einer guten, regel- mässigen Pflege helfen Sie ihr durch eisige Zeiten.
4 Rheuma Rheuma ist nicht unheilbar: Linderung, gar Beschwerdefreiheit ist mit Natur- heilmitteln möglich.
15 Herbstwandern Dem Nebel entfliehen. Ein kleines Abenteuer wagen, oder gar über den Wolken schweben.
20 Erkältung Erkältungen muss man nicht einfach hinnehmen – natürliche Heilmittel helfen, schnell wieder fit zu sein. 24 Weihrauch «Schweiss der Götter» wurden in der Antike die Weihrauch-Harz- perlen genannt. Ihnen wurde eine bannende Wirkung gegen die Macht des Todes nachgesagt. 27 Natürliche Wachmacher Es muss nicht immer Kaffee sein: Es gibt weit mehr andere Munter- macher als man denkt. 30 Gereizte Augen Augentrost ist ein sanftes Wunder- mittel bei trockenen, gereizten und entzündeten Augen. 40 Sprossen, Körner, Keime Die Winzlinge sind ausgesprochen gesund und bringen Farbe in die Küche. Selbst gezogen sind sie ein Erlebnis selbst für die ungeduldigsten Kinder.
34 Autsch, das ging zu weit! Weshalb man sich nach einem Streit versöhnen sollte – und wann man es auch lassen kann.
43 Ein Abend zu zweit Wie man einen nebligen Herbstabend zur sinnlichen Oase der Zweisamkeit macht. Nicht nur für Liebespaare. natur
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Rheuma: Was wirklich hilft Rheuma ist eine der quälendsten chronischen Erkrankungen. Doch RheumaBetroffene können mit naturheilkundlichen Mitteln dauerhafte Linderung und sogar Beschwerdefreiheit erlangen.
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edikamente, Operationen, antimagnetische Bettunterlagen, Katzenfelle, Schnapseinreibungen? Rheumatiker werden von allen Seiten mit gut gemeinten Tipps und Ratschlägen überhäuft: Doch was hilft tatsächlich? Zumal die Schulmedizin Rheuma als unheilbar bezeichnet. Um die Not zu lindern, werden Medikamente gegen rheumatische Schmerzen, Entzündungen und Morgensteifigkeit der Gelenke eingesetzt. Doch sobald die Medikamente abgesetzt werden, kehren die Symptome zurück.
Hilfe in der Not Dass es auch anders geht, beweisen zahlreiche Rheuma-Betroffene, die ihre quälenden Beschwerden ohne Medikamente losgeworden sind, zum Beispiel der Konstrukteur Erich Sommer aus Grenchen (SO): «Vor zehn Jahren litt ich plötzlich unter unerträglichen Rückenschmerzen», sagt der heute 49-Jährige. Sein Arzt diagnostizierte eine fortgeschrittene Halswir-
belsäulen-Arthrose und riet zur Operation. Stattdessen liess sich Sommer seine tief sitzenden muskulären Verspannungen durch einen Therapeuten lösen und baute die vernachlässigte Muskulatur an Rücken, Hals und Brust durch ein intensives Training auf. «Bereits drei Wochen später war ich beschwerdefrei und bin es bis heute geblieben – trotz Arthrose», sagt er. Auch Hildegard Weingartner aus Köniz bei Bern erzählt Erstaunliches: «Mit 31 bekam ich Polyarthritis. Ich hatte starke Schmerzen und konnte Schultern, Armen und Händen kaum mehr bewegen.» Trotz Medikamenten sei es immer schlimmer geworden. Bis sie auf den Rat einer Bekannten hin begonnen habe, vollwertige Rohkost zu essen, anfangs nur Obst und ungekochte Gemüsesalate. Nach sechs Wochen fühlte sie sich etwas besser, nach sechs Monaten waren die Beschwerden praktisch verschwunden, wie die 65-Jährige sagt. Was Erich Sommer und Hildegard Weingartner berichten, ist für Naturheilkundige keine Überraschung: Bewegung und gesunde Ernährung gehören zu jeder ursächlichen Rheumatherapie dazu. Dies wurde gründlich erforscht und an Zehntausenden von Patienten und Patientinnen getestet. Dabei geht es stets um ein und dasselbe Grundgesetz der Genesung: Die Selbstheilungskräfte des Organismus sind so zu unterstützen, dass sie sich ungehindert entfalten und die rheumatischen Beschwerden überwinden können.
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wichtig bei Rheuma ist das Ausscheiden «von Besonders Gift- und Schlackenstoffen. » Jörg Wittwer, Drogist
Das geht nicht ohne eine gesunde Ernährung, wobei sich bei Rheuma eine «Umstimmungsdiät» bewährt hat. Dabei wird der Organismus mithilfe einer speziellen Kost «umgestimmt», das heisst in Richtung Heilung bewegt. Die biologisch produzierte Nahrung soll aus einem Grossteil von ungekochten Lebensmitteln in Form von Früchten, Gemüse, Salaten, Beeren, Mandeln und Nüssen bestehen. In Naturheilkunde-Kliniken beträgt der Anteil der Rohkost in den ersten Therapiewochen rund siebzig Prozent. Dies ist sinnvoll, weil die naturbelassenen Fasern aus Obst und Gemüse den ganzen Verdauungstrakt reinigen und vitalisieren. Sie bringen den Säure-Basen-Haushalt ins Lot, sind prallvoll mit Sonnenenergie (Biophotonen), kurbeln die Verdauung an und reduzieren das Übergewicht – alles grundlegende Voraussetzungen, um rheumatische Beschwerden zu heilen. Wichtig zudem ist, während den Mahlzeiten nichts zu trinken, damit die Nährstoffe mit den Verdauungssäften eng durchmischt und von diesen optimal aufgeschlossen werden.
Wie Öl ins Feuer Die Nahrung soll so über den Tag verteilt werden, dass sie dem Rhythmus der Verdauungsorgane angepasst ist. Das heisst: Die Hauptmahlzeit am Mittag einnehmen, wenn Magen, Darm und Verdauungsdrüsen auf Hochtouren arbeiten; abends nur leichte Kost (gedämpftes Gemüse, Suppen). Dazwischen sollte möglichst nichts gegessen werden – oder höchstens etwas Früchte, Beeren oder Mandeln.
«In den ersten Jahren meiner Genesung kam es hin und wieder vor, dass ich etwas Fleisch oder Süssigkeiten ass. Jedes Mal kehrten die Rheumabeschwerden zurück», erzählt Hildegard Weingartner. Dies lässt sich physiologisch erklären: Fleisch und Süsses aus raffiniertem Zucker erzeugen im Körper Säure – genauso wie Fisch, Eier, Käse und Backwaren aus Weissmehl. Diese Nahrungsmittel sind wie Öl aufs Feuer der Rheuma-Erkrankung und sollten strikte gemieden werden. Das gilt auch für künstliche Süssgetränke, Kaffee und Alkohol. Die gesunde Alternative heisst: Wasser, Kräutertee sowie frisch gepresste Gemüse- und Fruchtsäfte. Manche Rheuma-Patienten müssen allerdings zusätzliche Hindernisse beseitigen, damit die Heilung rasch voranschreiten kann: So müssen etwa «Zahnherde» saniert werden. In der ganzheitlichen Zahnheilkunde versteht man darunter verborgene Krankheitsherde in Zähnen oder im Kiefer. Auch die Entfernung von Amalgamplomben muss geprüft und eine angeschlagene Darmflora (Fehlernährung, Antibiotika) durch die Gabe von mikrobiellen Präparaten wiederhergestellt werden.
So hilft Bewegung Auch mit Bewegungstherapie lassen sich rheumatische Erkrankungen bremsen, vorab Arthrose. Der Grund dafür liegt im Bauplan der Gelenke: Diese werden bei jeder Bewegung leicht gepresst, sodass sie in der folgenden Entlastungsphase wie ein sich ausdehnender Schwamm Nährstoffe aus der Gelenkflüssigkeit aufnehmen. Fazit:
Ohne Bewegung «verhungern» die Gelenke sozusagen – egal ob an Füssen, Knien, Hüften, Schultern oder Wirbelsäule. Darüber hinaus benötigt jedes Gelenk ein starkes «Muskel-Korsett», das Stützfunktionen hat und die Gelenkbelastung reduziert. Ist dieses Muskelpaket schwach entwickelt (bedingt beispielsweise durch eine sitzende Lebensweise), begünstigt das die Entstehung einer Arthrose. Wie der Fall von Erich Sommer zeigt, kann durch Muskelaufbau aber noch mehr erreicht werden: «Wird die Muskulatur therapeutisch korrekt aufgebaut, verschwinden die arthrotischen Schmerzen häufig», bestätigt der Freiburger Arzt Dr. med. Walter Packi, bei dem Erich Sommer in Behandlung war. Wichtig dabei ist: Die Therapie muss auch Fehlstellungen korrigieren und tief sitzende muskuläre Verspannungen lösen.
Gründlich entschlacken Zum Glück leidet nur eine Minderheit der über 1,2 Millionen Rheuma-Betroffenen in der Schweiz unter sehr starken Beschwerden. So erfahren zahlreiche Rheuma-Patienten und ‑Patientinnen bereits spürbare Linderung, wenn sie den Organismus gründlich entschlacken – ein Spezialgebiet der Drogistinnen und Drogisten. «Besonders wichtig bei Rheuma ist das Ausscheiden von Gift- und Schlackenstoffen über Leber und Nieren», erklärt der Drogist Jörg Wittwer, Geschäftsführer der Naturdrogerie Wittwer in Madiswil (BE). «Ich empfehle bei rheumatischen Beschwerden ein spagyrisches Naturheilmittel, zum Beispiel auf der Basis von Brennnessel, Weidenrinde, Giftsumach, Herzsamenkraut, Weihrauchharz oder Zaunrübe.» Der Vorteil dieser Therapie ist, dass spagyrische Präparate preiswert und individuell
Eine Krankheit, viele Gesichter Rheuma ist ein Sammelbegriff für rund 100 verschiedene Erkrankungen mit über 400 unterschiedlichen Erscheinungsformen: â Degeneratives Rheuma (z. B. Knie- oder Hüftgelenkarthrose) ist das Resultat eines Abbauprozesses in Gelenkknorpel oder Bandscheiben. Als häufige Ursachen gelten Knorpelabrieb infolge eines Unfalls oder extremer Belastungen, aufgrund von Fehlstellungen oder instabilen Bändern. â Entzündliches Rheuma (z. B. Arthritis) ist eine Autoimmunerkrankung, bei der Immunzellen irrtümlicherweise das Körpergewebe angreifen. â Beim Weichteilrheuma, d. h. rheumatischen Beschwerden an Muskeln, Sehnen und Bändern, tappt die Ursachenforschung im Dunkeln. Vermutet werden genetische und psychische Auslöser. Daneben gibt es lokalisierbare Formen von Weichteilrheuma, wie zum Beispiel der Tennisellbogen, die auf Überlastung zurückzuführen sind. â Stoffwechselbedingtes Rheuma ist das Resultat einer Stoffwechselstörung, z. B. einer Harnsäure-Erhöhung im Blut, die zur Ablagerung von Harnsäure im Gelenk führt (Gicht).
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auf die Beschwerden des Betroffenen zugeschnitten sind. «Bloss, ein halbes Jahr muss der Patient schon durchhalten», sagt Jörg Wittwer, «denn Rheuma entsteht nicht von heute auf morgen und es verschwindet auch nicht über Nacht.» Der Organismus brauche Zeit, um sein natürliches Gleichgewicht wiederherzustellen.
Was tun im Notfall? Doch was ist zu tun, wenn einen heftige akute Beschwerden wie geschwollene Gelenke und Schmerzen überfallen? In diesem Fall empfiehlt Wittwer entzündungshemmende Enzyme, Salben, Homöopathika und Naturarzneien. Viele dieser Naturheilmittel enthalten Teufelskralle. Die südafrikanische Heilpflanze wirkt nachweislich entzündungshemmend und schmerzlindernd. Im Gegensatz zu synthetischen Medikamenten sind Naturheilmittel völlig frei von unerwünschten Nebenwirkungen, wie Wittwer ergänzt. Auch Nahrungsergänzungsmittel wie Grünlippmuschelextrakt, Hagebuttenextrakt oder Medizinalgelatine können rheumatische Beschwerden lindern. Sie verlangen jedoch mehr Geduld, da es Wochen dauern kann, bis der Patient eine Wirkung spürt.
Wasser und Wärme Die Aborigines, die Ureinwohner Australiens, buddelten sich in heissen Sand ein, um ihre rheumatischen Beschwerden zu kurieren. Auch wenn Sie keine Wüste hinterm Haus haben, haben Sie ganz bestimmt Zugang zu einer ebenbürtigen Therapiemöglichkeit: Wasser und Wärme. «Wasser ist an sich bereits heilend. Das beweisen die Erfolge der Hydrotherapie, auch bei Rheuma», sagt Jörg Wittwer, «wird dem warmen Badewasser ein durchblutungsfördernder oder schmerzlindern-
Bewegliche Finger trotz Arthrose So können Sie die Beweglichkeit Ihrer Finger erhalten. â Schwamm-Drücken: Legen Sie einen Schwamm in warmes Wasser und drücken Sie ihn mit den Fingern aus. â Raps-Kneten: Füllen Sie eine Schüssel mit Rapssamen aus der Drogerie, tauchen Sie Ihre Finger hinein, spreizen Sie die Finger, machen Sie kreisende Bewegungen und kneten Sie die Samen sanft. Das Wohlbefinden lässt sich steigern, wenn Sie die Samen vorher im Backofen etwas erwärmen. Die Raps-Samen geben beim Kneten Spuren ihres kostbaren Öls ab.
der Zusatz beigegeben, potenziert sich die Wirkung.» Geeignete Heilpflanzen sind zum Beispiel Rosmarin, Heublumen, Weidenrinde und Fichtennadeln. Darüber hinaus können Medizinalbäder genutzt werden, um Schlackenstoffe über die Haut auszuscheiden: Dem Badewasser werden ein paar Esslöffel Basensalz beigegeben. Dreissig bis vierzig Minuten im Wasser bleiben, gründlich duschen, sanft trocken rubbeln und die schmerzenden Stellen mit Johannis- oder Rosmarinöl, einer Wallwurz-Salbe oder Arnika-Extrakt einreiben. Und zum Schluss sollte man dreissig Minuten ruhen. Und wenn die Zeit fürs Medizinalbad fehlt? «Dann nehmen Sie ein Fussbad, zum Beispiel vor dem Fernseher», sagt Wittwer, «denn auch ein solches Bad wirkt bereits heilkräftig auf den ganzen Körper.» Irina Wald ❰
Bewegen lernen Feldenkrais ist für Rheumapatienten eine Möglichkeit zur Schmerzbehandlung. Martin Mosimann vom Feldenkrais-Zentrum in Biel zeigt, wie es geht. Was ist Feldenkrais? Martin Mosimann: Feldenkrais hat zum Ziel, dem Menschen bewusst zu machen, wie er sich bewegt und welche Gewohnheiten damit verbunden sind. Mit Feldenkrais hat man die Möglichkeit, Neues auszuprobieren und zu merken, dass Bewegungen auch auf eine andere Art gemacht werden können. Es geht darum, Bewegungen zu schulen und das eigene Bewegungspotenzial besser zu nutzen.
Wieso eignet sich Feldenkrais für Rheumapatienten? Rheuma zeichnet sich oft dadurch aus, dass muskuläre Schmerzen zu Verspannungen führen, was wiederum zu neuen Schmerzen und einem veritablen Teufelskreis führen kann. Feldenkrais will den Patienten und Patientinnen zeigen, wie sie Bewegungen mit weniger Kraft und mehr Leichtigkeit ausführen können. Rheuma-
Foto: Rolf Neeser
Das bedeutet? Menschen nutzen oft nur einzelne Teile ihres Körpers, um eine Bewegung auszuführen. Entscheidend ist jedoch ein ganzheitliches Bewegen, wo das natürliche Zusammenspiel der verschiedenen Körperpartien zum Tragen kommt.
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patienten können so aus alten Gewohnhei‑ ten ausbrechen. Dabei ist es wichtig, den ganzen Körper mit einzubeziehen und sich nicht auf den schmerzenden Teil zu kon‑ zentrieren. Feldenkrais bietet Gruppenkurse und Einzelbehandlungen an. Wie kann man sich eine Gruppenlektion vorstellen? Die Kursteilnehmerinnen und ‑teilnehmer führen auf dem Boden liegend Bewegun‑ gen nach Anleitung des Feldenkrais-Leh‑ rers aus. Der Lehrer zeigt weder Übungen vor, noch macht er Korrekturen. Er gibt lediglich Denkanstösse für das Erforschen und Entdecken neuer Bewegungsabläufe. Diese werden in kleinen Schritten aufge‑ baut. Die Übungen eignen sich auch fürs Wiederholen zu Hause. Und eine Einzelbehandlung? Die Philosophie der Einzelbehandlung ist dieselbe wie bei der Gruppenlektion – mit dem Unterschied, dass hier der Lehrer die Bewegung an der Person ausführt. Die Therapie eignet sich besonders für Patien‑ ten, die aufgrund von Schmerzen oder Be‑ wegungseinschränkungen den Weg zu neu‑ en Bewegungsabläufen nicht selber finden können. Bei der Einzelbehandlung kann es auch darum gehen, dass Leute etwas Neu‑ es lernen wollen und einen Einstieg in die Feldenkrais-Methode suchen. Ist es wichtig, Feldenkrais regelmässig durchzuführen? Angewohnheiten werden über Jahre hin‑ weg eintrainiert. Deshalb reicht ein kurzer Impuls meistens nicht aus, um alternative Bewegungsformen in den Alltag zu inte‑ grieren. Feldenkrais ist wie das Erlernen eines Instruments: Wer oft und regelmässig übt, macht schneller Fortschritte.
Führen Sie folgende Bewegungen beim nächsten Mal bewusst aus: â Kleider bügeln ohne Kraft: Halten Sie das Bügeleisen locker in der Hand und lassen Sie es über den knittrigen Stoff gleiten. Bewegen Sie dabei nicht nur den Arm, sondern auch den Brustkorb und die Wirbelsäule. Dadurch entspannt sich der Nacken. Gehen Sie leicht in die Knie, damit das Becken locker wird und mitbewegt werden kann. â Bewegen Sie beim Nach-hintenSchauen nicht nur den Kopf, weil sie ansonsten die Nackenmuskulatur überanstrengen. Drehen Sie auch die Schulter, den Brustkorb und die Wirbelsäule mit. Dadurch muss der Nacken weniger arbeiten und die Bewegung wird leichter.
Wie wirkt Feldenkrais? Indem wir erkennen, was wir tun, erhalten wir die Möglichkeit, etwas zu verändern. Wenn wir zum Beispiel die Angewohnheit haben, eine Schulter immer hochzuziehen, hebt der Feldenkrais-Lehrer die Schulter noch weiter hoch. Dadurch merkt man erst richtig, was der Körper macht. Im Gegen‑ zug gelingt es dann besser, die Muskeln des Nackens und der Schulter zu entspannen. Marie-Claire Haller ❰
Unter dem Gefrierpunkt Tiefe Temperaturen, Wind und trockene Luft machen der Haut im Winter zu schaffen. Davon können all jene ein Lied singen, die auch in der kalten Jahreszeit viel draussen sind.
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ein grösstes Problem im Winter sind die Hände», sagt Madlen Schmid, Zierpflanzengärtnerin an der Schweizerischen Gartenbauschule in Niederlenz (AG). «Seit sechs Jahren arbeite ich in diesem Beruf und muss höllisch aufpassen, dass ich die rissigen, rauen Stellen wieder wegbringe.» Die Fünfundzwanzigjährige stellt fest, dass ihre Haut in der kalten Jahreszeit generell viel trockener ist. Das liegt an den Aussentemperaturen – je tiefer, je trockener –, aber auch an den geheizten Räumen, wo die Luftfeuchtigkeit in dem Masse abnimmt, wie die Wärme ansteigt. Trockene Luft entzieht der Haut Feuchtigkeit – drinnen wie draussen. Ein Zustand, der sich bei der Arbeit mit Erde noch verschlimmert, weiss Madlen Schmid, «Erde trocknet die Haut aus». Claudia Meier, Geschäftsführerin der Dropa Drogerie Müli-Märt in Lenzburg (AG), rät zu Schutzhandschuhen. Doch die Gärtnerin winkt ab, «damit spüre ich zu wenig, ich muss fühlen können, was ich mache». Dafür hat die diplomierte Drogistin Verständnis, empfiehlt aber, morgens vor dem Verlassen des Hauses eine Hautschutzcre-
me aufzutragen. «Solche Cremen stärken die Barrierefunktion und verhindern oder verzögern zumindest das Eindringen von Schadstoffen. Nicht nur bei Gärtnerinnen. Auch in allen anderen Berufen, die die Hände beanspruchen.» Damit die Wirkung den ganzen Tag anhält, muss der Schutz zwischendurch erneuert werden. Als Ergänzung abends eine reichhaltige Handcreme einmassieren, sie befeuchtet, pflegt und regeneriert die strapazierte Haut und schützt sie vor dem Austrocknen.
Schmerzhafte Risse «Chlecks» – schmerzhafte Hautrisse an den Fingern – stellen sich im Winter oft ein als Folge von Hauttrockenheit, mangelnder Pflege und Kälteeinwirkung. Am besten trägt man mehrmals täglich ein Spezialprodukt auf und sichert die Stelle mit einem Pflaster. Sind mehrere Finger davon betroffen, kann man vor dem Schlafengehen auch Baumwollhandschuhe überstreifen, damit die Salbe auf der Haut bleibt und sich nicht in der Bettwäsche davonmacht. Ins gleiche Kapitel fallen trockene, rissige Fersen. Auch dafür gibt es in der Drogerie Spezialprodukte, die ihre Wirkung am besten über Nacht unter Baumwollsocken entfalten. Mit einer einzigen Behandlung ist es allerdings bei «Chlecks» und rissigen Fersen nicht getan, nur Dranbleiben nützt. Und das kann Wochen dauern. Schrundige Fersen kennt auch Madlen Schmid. «Im Winter ist es schlimmer als im Sommer. Allerdings habe ich festgestellt, dass es auch mit dem Trinken zu tun hat. Wenn es heiss ist, habe ich immer
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Tipps für den Alltag Pflege von aussen â Gesichtscreme dem Hautzustand anpassen. Tagsüber Cremen mit hohem Fettgehalt als Kälteschutz, nachts empfiehlt sich eine Regenerationscreme. â Feuchtigkeitsspendende, nährende Masken gleichen Mängel aus und verleihen Hautkomfort. Die Wirkung wird durch ein vorgängiges Peeling intensiviert. â Bei groben Arbeiten und wo immer die Hände mit Chemikalien in Berührung kommen, Schutzhandschuhe tragen und/oder am Tag eine Hautschutzcreme verwenden, abends eine gehaltvolle Handcreme. â Fingernägel und Nagelhäutchen bleiben mit Nagelöl oder ‑balsam weich und geschmeidig. â Für «Chlecks» braucht es Spezialprodukte. (Unter Pflastern oder Baumwollhandschuhen über Nacht einwirken lassen.) â Für Hände und Füsse keine Bodylotion, sondern Hand- und Fusscreme verwenden. Sie sind auf die Bedürfnisse dieser Hautpartien abgestimmt. â Mit harnstoffhaltiger Fusscreme verschwinden Risse in den Fersen. (Über Nacht unter Baumwollsocken einwirken lassen.) â Nicht zu heiss und zu lange duschen/baden und den Körper danach eincremen.
Pflege von innen â Auf eine ausgewogene Ernährung und genügend Flüssigkeitszufuhr achten. â Für die kalte Küche hochwertige Speiseöle verwenden: Distel-, Sesamoder Leinöl. â Bei trockener Haut helfen Kapseln mit Nachtkerzen- oder Weizenkeimöl. Hirseextrakte stärken Nägel und Haaren. â Schüsslersalze wirken unterstützend: Nr. 1 bei trockener Haut, Nr. 3 bei entzündeten, schmerzenden Hautrissen, Nr. 8 verleiht Feuchtigkeit, Nr. 11 stärkt das Bindegewebe.
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eine Flasche Wasser dabei, wenn es kalt ist, nicht.» Die Drogistin bestätigt den Zusammenhang von trockener Haut und Flüssigkeitszufuhr. «Dass man viel trinken sollte, am besten zwei Liter Wasser oder ungezuckerten Kräuter-/Früchtetee, ist bekannt.» Trotzdem halten sich viele nicht daran, was am fehlenden Durstgefühl liegt. «Das Durstgefühl lässt sich antrainieren, indem man die Tagesmenge bereitstellt und bewusst alle paar Stunden ein grosses Glas Flüssigkeit zu sich nimmt. Das sollten auch ältere Menschen beherzigen. Sie sind es von früher nicht gewohnt, viel zu trinken.»
Nagelprobleme Splitternde oder brüchige Nägel sind eine typische Wintererscheinung. Würden Nägel und Nagelbetten rund ums Jahr mindestens einmal am Tag mit einer kombinierten Hand-/Nagelcreme massiert, stände es in vielen Fällen besser. Das ist aber nicht so, wie der steigende Bedarf an Nagelpflegeprodukten im Winterhalbjahr beweist. «Die Leute kommen erst dann, wenn das Problem akut ist», so Claudia Meier. Mit Nagelöl oder Nagelbalsam gelingt es meistens, den Feuchtigkeitsmangel auszugleichen. In hartnäckigen Fällen rät sie, zusätzlich Aufbaupräparate auf Hirsebasis einzunehmen. «Nicht die Kälte allein, auch der Wind macht meiner Haut zu schaffen», sagt Madlen Schmid. Sie trägt zwar jeden Morgen eine Gesichtspflege auf, doch mit der Nachtcreme hapert es ab und zu. «Neben meiner Arbeit engagiere ich mich als Leiterin im Damenturnverein und schaue jeden Abend bei meinem Pferd zum Rechten – manchmal bin ich danach einfach nur noch müde.» Das sei kein Grund, auf Hautreinigung und Nachtpflege zu verzichten, wendet die Drogistin ein. Recht
hat sie. Das weiss auch die Gärtnerin. «Mit konsequenter Hautpflege hätte ich im Winter weniger Probleme», bringt sie es auf den Punkt und lacht. Mit der Disziplin sei es halt so eine Sache. Eine konsequente Pflege mit den richtigen Produkten ist eine wichtige Voraussetzung, damit Frau und Mann sich in ihrer Haut wohlfühlen. Der Hautzustand ändert sich im Laufe des Jahres, das muss in der Pflege berücksichtigt werden.
Kälteschutz Feuchtigkeit allein reicht im Winter nicht aus, es braucht auch Fettstoffe. Sie sorgen dafür, dass der Feuchtigkeitsgehalt in den obersten Hautschichten gewahrt bleibt. «Wenn jemand besonders windempfindlich ist, rate ich bei längeren Aufenthalten im Freien zu einer Kälteschutzcreme», lautet der Tipp der Drogistin. Solche Cremen zeichnen sich durch einen besonders hohen Fettgehalt aus und schützen die Haut vor extremer Kälte und rauer Luft. Und wie hält es Madlen Schmid mit der Lippenpflege? «Ich habe immer einen Pflegestift in der Tasche und brauche ihn fleissig.» «Vorbildlich», meint die Drogistin anerkennend und lobt auch die Gewohnheit der jungen Frau, sich nach der abendlichen Dusche einzucremen. «Wenn sie für Hände und Füsse statt der Bodylotion Hand- und Fusscreme brauchen würde, hätte sie weniger Probleme. Und dies erst noch ohne zusätzlichen Zeitaufwand, da sie sich ja ohnehin eincremt.» Das leuchtet der ZierMargrit Lienhard ❰ pflanzengärtnerin ein.
Nebelfluchten Im Oktober kann das Nebel- meer dem Unterländer schwer auf die Stimmung drücken. Ideen für einen Tagesausflug an die Sonne. In allen Preisklassen und für jeden Geschmack. ABENTEUERLICH Mutprobe
vas die Schertische bereitstehen. Als Besucher erleben Sie aus unmittelbarer Nähe mit, wie die Schafe ihre Haare lassen. Wer trotz einer Vielzahl professioneller Scherer mal selber Hand anlegen möchte, bekommt Gelegenheit dazu. Eine Anleitung, wie man Schafe in vierzig Zügen splitternackt kriegt, gibts unter www.schafschur. ch. Ω Samstag, 13. Oktober 2007, 11 bis 17 Uhr, Dorfplatz Gravas › www.savognin.ch, www.schafschur.ch
Eine abenteuerliche Fahrt mit der Triftbahn im Berner Oberland (Nähe Innertkirchen) führt durch wildromantische und hochalpine Berg- und Gletscherlandschaft. Die Bergstation auf 1357 Metern Höhe ist Ausgangspunkt für eine spektakuläre Mutprobe: Nach einer kurzen Bergwanderung erreicht man die Trift-Hängeseilbrücke. Die längste und höchstgelegenen Brücke Europas ist nach nepalesischem Vorbild gebaut. Die Brücke schwebt dramatisch über dem tosenden Gletscherbach des Triftwassers und lässt einen Blick auf den Gletschersee in arktischer Umgebung erhaschen. Ω Bis Mitte Oktober, täglich von 9 bis 16 Uhr (Änderungen vorbehalten). Die Brücke ist in wenigen Minuten ab der Gelmerbahn oder dem Hotel Handeck zu erreichen. › www.trift.ch
TIERISCH Schafe beim Coiffeur Fotos: zVg
Um Punkt 11 Uhr bringen die Bauern der Region hunderte Schafe nach Savognin (GR), wo mitten auf dem Marktplatz Gra-
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TEUER Sprung aus den Wolken Die Bergwelt einmal von allen Seiten bestaunen – das bekommen in der Regel nur Hochgebirgsextremisten zu sehen. Es sei denn, man macht etwas Kleingeld locker und tuckert im komfortablen Kleinflugzeug hoch über dem Nebelmeer rund um die Berggipfel. Die besonders Mutigen stürzen sich bei 200 km/h mit einem Tandemsprung in die Tiefe und landen dank einem Fallschirm wieder sanft auf der Erde. So ein Abenteuer auf bis zu 4000 Metern Höhe bleibt lange in Erinnerung und wird auch bei Bekannten viel zu erzählen geben. Kamera nicht vergessen! › www.swiss-helicopter-club.ch oder erkundigen Sie sich auf dem Flugplatz in Ihrer Nähe über die Tarife von privaten Anbietern.
KULINARISCH Kastanienfest im Tessin Die Verheissung auf blauen Himmel ist Motivation genug, die mehrstündige Fahrt in die Sonnenstube der Schweiz auf sich zu nehmen. Als Belohnung für die Wartezeit am Gotthard gönnt man sich, im Tessin angekommen, einen Boccalino Merlot. Und dazu gibt es kulinarische Variationen der Edelkastanie: Marronibrot, Marroni-
risotto, Marronibraten und Marronisoufflé – schliesslich ist das Kastanienfest auf der Piazza Lago in Ascona (TI) in vollem Gange und die Gelegenheit einmalig im Jahr. Ω Samstag, 6. Oktober 2007, ab 10 Uhr auf der Piazza Lago in Ascona. › www.maggiore.ch
CINEASTISCH Frühstück bei James Bond Hoch, höher, am höchsten – hinauf auf legendäre Gipfel. Das macht hungrig, auch wenn man den Berg per Bahn erobert. Am Ziel angelangt gibts originelle kulinarische Spezialitäten. Etwa das James-Bond-Frühstück im Piz-Gloria-Drehrestaurant auf dem Schilthorn (BE), wo «Im Dienste Ihrer Majestät» gedreht wurde. Ω Wird täglich bis 11 Uhr serviert. › www.schilthorn.ch/index.php?uid=49
ABENTEUERLICH Akrobatik zwischen Baumwipfeln Waldspielparks und Baumwipfelpfade versprechen ein spezielles Freizeitvergnügen mit fabelhafter Sicht auf tannenzapfenbestückte Baumgipfel. Kleine und Grosse hangeln sich quasi wie einst «Tarzan und Jane» von Ast zu Ast. Man ist gesichert, klettert unter Anleitung und in verschie-
denen Schwierigkeitsgraden. Doch Extremsportler lächeln müde über diese Aufwärmübung und ziehen einen Kurs im Baumklettern vor. Dabei kraxelt man Baumstämme hoch und turnt im Astwerk herum. Die besten Baumkletterer haben gestählte Körper, nehmen an den Europameisterschaften im Baumklettern teil und machen sich in der Baumpflege oder bei Rettungseinsätzen nützlich. › www.ropetech.ch, www.parc-aventure. ch, www.parcoaventura.ch, www.baumklettern.ch
ERHEBEND Aussicht aufs Paradies Allein die knapp einstündige Fahrt mit der Zahnradbahn zum Gipfel des Rochers-deNaye bei Montreux (VD) auf über 2000 Metern ist ein Erlebnis. Übertroffen wird diese noch vom jähen Tiefblick auf die Weinberge des Lavaux und einer Aussicht, die sich vom Genfersee bis zu den Alpen erstreckt. Einziges Aber: Der Touristenstrom ist an schönen Herbsttagen beachtlich und kann die erhebende Empfindung dämpfen. Wer die Naturschönheit in Ruhe auf sich wirken lassen will, nächtigt in einer mongolischen Jurte auf dem Berg und zählt vor dem Einschlafen Murmeltiere. Die possierlichen Nager fühlen sich im 400 Quadratmeter grossen Park wie im «MurmeltierParadies». Der Besuch im gleichnamigen didaktischen Zentrum eröffnet Einblicke ins unterirdische Zuhause der Murmeltiere und stellt die weltweit 14 Arten vor. › www.mob.ch, www.marmots.ch
BESCHAULICH Nostalgiefahrt ins Biedermeierdorf Einsteigen, bitte! Seinerzeit in der Maschinenfabrik Rüti im Zürcher Oberland im Einsatz, befördert sie heute als kleine
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grüne Dampflok «Rosa» Eisenbahnfreunde von Rorschach (SG) ins hügelige Appenzellerland. Nach der Nostalgiefahrt ins Biedermeierdorf Heiden (AR) gibt es eine kurze Verschnaufpause. Das Aussteigen lohnt sich: Heiden gilt als Sonnenterrasse und ist hoch über dem Bodensee gelegen. Die Sicht vom Kirchturm reicht an klaren Tagen über die Landesgrenze hinaus, bis nach Bregenz und Lindau. Wer sich für den ersten Friedensnobelpreisträger und Begründer der Internationalen Rotkreuzund der Rothalbmond-Bewegung, Henry Dunant, interessiert, sollte dem gleichnamigen Museum einen Besuch abstatten. Dunant erholte sich im abgeschiedenen
Klimakurort Heiden und begann hier seine Memoiren niederzuschreiben. Ω Öffentliche Fahrt am 7. Oktober 2007. Abfahrt um 10.41 Uhr ab Rorschach. Billette sind beim Zugbegleiter im Zug erhältlich. Für Gruppen wird zwei Tage vor der Reise eine Reservation empfohlen. › www.appenzellerbahnen.ch, www.heiden.ch, www.dunant-museum.ch Nadja Mühlemann ❰
Familienkompatible Rundwanderung Statt Reiseführer kaufen viele donnerstags die «Weltwoche», in der der Journalist Thomas Widmer jede Woche einen Ausflug schildert. Widmers Kolumnen sind voller Humor geschrieben. Hier sein exklusiver Wandertipp für die Leserinnen und Leser des Drogistensterns: Amden (SG), dessen Einwohner sich übrigens «Ammler» nennen, liegt prächtig auf einer Sonnenterrasse über dem Nordufer des Walensees. Vom Dorf aus fährt der beim Bahnhof Ziegelbrücke (GL) gestartete Bus noch einmal 300 Meter höher zum Ortsteil Arvenbüel, 1250 Meter über Meer. Hier oben können wir verweilen und gar nichts tun, denn es warten zwei Restaurants mit schönen Terrassen, und die Umgebung ist idyllisch. Oder aber wir machen uns auf die Socken. In anderthalb Stunden und über 450 Höhenmeter aufwärts erreichen wir via Alp Looch (Wirtschäftchen) den Flügenspitz. Dieser ist eigentlich bloss ein frecher Miniaturgupf auf einer langen, sich uns in den Weg stellenden, unseren Wanderhorizont bildenden Krete. Aber die Aussicht! Denn jetzt sieht man auf der anderen Seite tief unten das Toggenburg und hat dazu einen schönen Teil des mächtigen Alpsteinmassivs vor sich. Und auch die Nähe ist berückend: An der aufgebrochenen Bergflanke zur Rechten erblickt man eine Riesenfläche Flysch, ein Gestein, das sich wellt und wellt, als sei es Samt, der sich staut. Über Vorder Höhi und Altschen
(erneut eine einfache Wirtschaft, die im Oktober an den Wochenenden offen hat) kehren wir in wieder anderthalb Stunden zurück zum Arvenbüel. Eine leichte, familienkompatible, voralpine Rundwanderung ist das. Zur Bergwanderung kann man sie ausbauen, wenn man von der erwähnten Krete aus rechter Hand – hin und retour auf dem gleichen Weg – zusätzlich den Leistchamm erklimmt. Der ist dann ein ganz anderes Kaliber: 2101 Meter hoch, spielt dieser Berg Lanze; er hat sich dem Auge schon vom Arvenbüel aus aufgedrängt, wie er sich im 45-Grad-Winkel in den Himmel bohrt. Wer die Ehrenrunde zum Leistchamm einlegt, kommt zur Sicht auf den ganzen Flumserberg und die Glarner Alpen. Freilich wird durch diesen Exkurs die Gehzeit verdoppelt auf sechs Stunden. Gefährlich ist die Langvariante nicht, wenn man oben auf der schönen flachen Ausruhwiese nur nicht zu nah an die Kante tritt: 1700 Meter fällt die Felswand bolzengerade zum Walensee ab. Kleiner Flügenspitz und grosser Leistchamm: zwei Höhepunkte des Kantons St. Gallen. Thomas Widmer: «Zu Fuss», 52 Wandertipps mit Karten und Fotos, Echtzeit Verlag, 2007, ISBN 978-3-905800-02-9, ca. Fr. 34.–
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Ein Notfallset gegen die Grippe Eine Erkältung dauert meistens etwa sieben Tage. Mit oder ohne Salben und Tees. Dennoch sollten Sie bei den ersten Anzeichen reagieren.
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rei Tage kommt sie, drei Tage bleibt sie, drei Tage geht sie», heisst es im Volksmund. Der Hals kratzt, man niest, fühlt sich müde und abgeschlagen. Eine Grippe ist im Anzug. Obwohl das Wort Grippe irreführend ist. Denn eine echte Virusgrippe verläuft wesentlich heftiger und ist weitaus seltener als ein grippaler Infekt oder eine Erkältung. Der beste Schutz gegen eine Erkältung ist nach wie vor ein intaktes Immunsystem. Greifen Sie deshalb nicht bei den ersten winterlichen Temperaturen zu Mütze, Schal und Handschuhen. Denn der Körper gewöhnt sich rasch an kältere Temperaturen. Vorausgesetzt, sie bewegen sich an der frischen Luft. Schon nach zwei Wochen registriert der Organismus, dass die Temperaturen gar nicht so bedrohlich sind. Ausserdem ist kalte Winterluft fast virenfrei. Im Gegensatz zur Luft in warmen und überfüllten Zügen oder im klimatisierten Büro.
ren Luftwege. Eine Erkältung kündigt sich durch einen Schnupfen, ein Kratzen im Hals, leichtes Frieren sowie Müdigkeit und Unwohlsein an. Weitere typische Symptome sind leichtes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Halsschmerzen und Husten. Patrizia Aeberhard, Drogistin HF und Inhaberin der Drogerie Aeberhard in Bad Zurzach (AG), sagt: «Wer auf seinen Körper hört und bei den ersten Krankheitsanzeichen reagiert, den erwischt es nicht, oder die Erkältung geht zumindest schneller und mit weniger starken Beeinträchtigungen vorüber.»
Bei den ersten Erkältungsanzeichen: â Einen homöopathischen Erkältungsspray benutzen oder pflanzliche Erkältungskapseln einnehmen, die das körpereigene Immunsystem stärken. â Sich schonen und die abendlichen Aktivitäten sowie das Wochenendprogramm auf Sparflamme setzen. â Ein warmes Erkältungsbad nehmen und sich anschliessend warm zugedeckt ins Bett legen. â Die Nasenschleimhäute mit einer Nasenspülung oder einem Nasenspray befeuchten. â Viel trinken, zum Beispiel Lindenblütenund Holunderblütentee oder verdünnten Holundersaft.
Bei den ersten Anzeichen reagieren
Wenn die Nase trieft und tropft
Unter einer Erkältung versteht man eine durch Viren ausgelöste Infektion der obe-
Erwischt Sie der Schnupfen trotz aller Vorsichtsmassnahmen, helfen Ihnen ver-
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Zitronenwickel Der Halswickel mit Zitronenscheiben (kalt) oder verdünntem Zitronensaft (heiss oder kalt) eignet sich bei Halsschmerzen. â Dazu brauchen Sie eine ungespritzte Zitrone, ein dünnes Innentuch (ca. 18 x 25 cm) und ein Wolltuch, z. B. Halstuch. â Die Zitrone waschen und in 4 bis 6 Scheiben schneiden. â Diese nebeneinander auf das Innentuch legen, den oberen und unteren Rand darüberlegen und mit der Faust kräftig auf die Zitronenscheiben drücken, damit der Saft austritt. â Den Wickel mit der unteren Seite auf die Haut, von Ohr zu Ohr (nur eine Lage Stoff zwischen Hals und Zitronen) legen. Mit dem Wolltuch den Wickel abschliessen. â Den Wickel eine Stunde oder länger wirken lassen. Nach dem Entfernen den Hals weiter warm halten, zum Beispiel mit einem Seidentuch oder Wollschal. Verursachen die Zitronenscheiben Juckreiz, kann der Wickel mit verdünntem Zitronensaft gemacht werden. Dazu das Innentuch mit dem Zitronenwasser (2 dl Wasser und der Saft einer Zitrone) tränken und ausdrücken. Rest wie oben beschrieben, jedoch diesen Wickel nach zwanzig bis dreissig Minuten entfernen. Danach ebenfalls Hals warm halten. Quelle: Maya Thüler: «Wohltuende Wickel», Thüler Verlag, 2003, ISBN 978-3-908539-01-8, ca. Fr. 35.–
schiedenste lindernde Mittel aus der Drogerie. Patrizia Aeberhard empfiehlt ihrer Kundschaft vor allem spagyrische Essenzen. Je nach Beschwerden mischt sie zum Beispiel Propolis (entzündungswidrig und infektionshemmend) mit Vincetoxicum (bei viralen Infektionen), Allium Cepa (bei Fliessschnupfen), Eupatorium (Gliederund Kopfschmerzen) oder Hydrastis (bei Nebenhöhlenentzündungen). Ein Winterschnupfen hat immer ein und denselben Verlauf: «Erst läuft die Nase, dann kommt der Stockschnupfen», sagt Aeberhard. Funkt man durch die Einnahme synthetischer Wirkstoffe dazwischen, so verschwinden laut der Drogistin zwar die Symptome, doch die Ursache für den Schnupfen bleibt unbehandelt. Im Notfall, wenn etwa eine wichtige Sitzung ansteht, bei der die Nase nicht dauernd tropfen kann, ist die Einnahme von antihistaminika-haltigen Medikamenten möglich. Diese sorgen dann während einiger Stunden für Ruhe. Ist erst der Stockschnupfen – in der Regel ab dem dritten Erkältungstag – da, so verschafft eine Nasenspülung mit isotonischer Salzlösung oder ein homöopathischer Nasenspray Linderung.
Husten ist nicht gleich Husten Auch der Husten verläuft während einer Erkältung oder leichten Grippe meist gleich. Zuerst reizt er die bereits entzündete Halsschleimhaut und lässt einen nachts nicht schlafen. Hier helfen Hustentee und/ oder Pastillen, welche die Schleimhäute befeuchten. Auch wenn ein Reizhusten nicht unterdrückt werden sollte, kann ein reizmilderndes Hustenmittel für nächtliche Erholung sorgen. Wird der Husten «produktiv», unterstützen schleimlösende Heilmittel den Auswurf. Die typische Heil-
pflanze hierbei ist Thymian. Sie desinfiziert die Schleimhäute, hemmt die Keimbildung und erleichtert das Abhusten. Patrizia Aeberhard empfiehlt auch einen kombinierten pflanzlichen Hustensirup sowohl für trockenen Reizhusten wie auch für verschleimten Husten: «Solche Sirupe wirken schnell, auch wenn sie nicht mehr dem modernsten Wissensstand entsprechen.» Und haben Sie in diesem Winter den ersten grippalen Infekt bereits überstanden, vergessen Sie nicht, dass es den «Durchschnittsmenschen» zweimal pro Winter «erwischt». Tragen Sie deshalb Sorge zu sich und stärken Sie das Immunsystem. Lesen Sie dazu die dreiteiligen Serie im Drogistenstern (Oktober bis Dezember 2007). Wenn Sie darüber hinaus noch zu Ihren verschnupften Kollegen und Kolleginnen Abstand halten, mehrmals täglich die Hände gut waschen und die Türklinken fleissig reinigen, haben Sie beste Chancen, sich vom «Durchschnittsmenschen» abzuElisabeth Küpfert ❰ heben.
Notfallset gegen die Erkältung Haben Sie die wichtigsten Heilmittel zu Hause griffbereit, können Sie bei den ersten Anzeigen einer Erkältung reagieren. Stellen Sie deshalb zusammen mit Ihrem Drogisten oder Ihrer Drogistin Ihr persönliches Notfallset zusammen. Hier ein Vorschlag von Patrizia Aeberhard, Drogistin HF. â Ein spagyrischer Spray oder Globuli gegen Erkältung oder ein Echinaceapräparat oder Schüsslersalz Nr. 3. â Pastillen gegen Halsschmerzen oder Husten sowie ein Hustensirup. â Pflanzliche Erkältungskapseln, welche desinfizierend und schleimlösend wirken und gleichzeitig das Immunsystem stärken. â Lindenblüten-, Holunderblüten- oder Erkältungstee sowie ein Erkältungsbad. â Utensilien für die Nasenspülung oder ein Nasenspray mit isotonischer Salzlösung.
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Geheimnisvoller Weihrauch Ein Harz für kultische Handlungen und ein teilweise umstrittenes Heilmittel: Weihrauch ist eine geheimnisvolle, einnehmende Pflanze.
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o schön. An hohen Feiertagen drehte der festlich gekleidete Priester zu Beginn des Gottesdienstes würdevoll seine Runden um den Altar. Dabei schwang er ein silbriges Gefäss, das an drei Ketten hing, dynamisch hin und her. Aus dem Gefäss quoll dicker, gräulich-weisser Rauch, der sich rasch in der ganzen Kirche verteilte. Der feine Duft des Weihrauchharzes war umwerfend, betörend, geheimnisvoll. Wir Kinder staunten und waren ganz still. Es war schön, katholisch zu sein. Damals, als kleines Mädchen in Sonntagskleidern, mit glänzenden Lackschühchen an den Füssen.
Das göttliche Kind In Europa wird Weihrauch fast reflexartig mit dem Christuskind in Verbindung gebracht. Doch ist Matthäus effektiv der einzige Evangelist, der von drei «Magiern» spricht, die das neugeborene Kind in der Krippe anbeteten und ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Geschenke brachten. Dabei weist der Weihrauch auf «die Göttlichkeit des Kindes» hin, wie der Theologe Josef-Anton Willa vom Liturgischen Institut der deutschsprachigen Schweiz sagt.
In der katholischen Kirche geriet Weihrauch wegen seiner Nähe zu antiken und heidnischen Kulthandlungen zu bestimmten Zeiten in Verruf, war dann aber als Ausdruck der Festfreude wieder zugelassen. Die Beweihräucherung stand für Reinigung, Verehrung und Gebet. Gemäss dem Psalm 141,2 ist Weihrauch das Symbol für die zu Gott aufsteigenden Gebete der Gläubigen: «Wie ein Rauchopfer steige mein Gebet vor dir auf.» Es wies zudem darauf hin, dass der Mensch eine «GeistLeib-Seele-Einheit» sei und symbolisierte das «Wehen des heiligen Geistes».
Mumien und begehrte Frauen Längst vor dem Einzug des Weihrauchs (Boswellia sacra und Boswellia serrata) in die katholische Kirche wurde das körnige, getrocknete Harz in der Antike und bei orientalischen und römischen Herrscherkulturen für kultische Zwecke eingesetzt. So glaubten die alten Ägypter, dass Weihrauch und Myrrhe eine hohe Wirksamkeit bei der Wiederherstellung des seelischen Gleichgewichtes zukomme. Sie waren der Meinung, dass Räucherungen des Körpers die sexuelle Ausstrahlung von Frauen steigerte. Auch bei der Mumifizierung einflussreicher oder wohlhabender Personen kam Weihrauch zum Einsatz. Denn die Harzperlen des Weihrauchs wurden der «Schweiss der Götter» genannt. Und, da «göttlich», wurde dem Weihrauch eine
Weihrauchprodukte aus der Drogerie Obschon als Heilmittel nicht ganz unumstritten, gibt es in der Drogerie verschiedene Produkte zu kaufen, die Weihrauch-Wirkstoffe enthalten. Allerdings ist Weihrauch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) zur innerlichen Anwendung nicht zugelassen, wie der diplomierte Drogist HF Joachim Schröck der DorfdrogerieHafen in Dietlikon sagt. Dies habe mit möglichen Verunreinigungen der aus Asien stammenden Weihrauchprodukte zu tun. â Weihrauch (Boswellia serrata) wird in Kombination mit anderen Wirkstoffen als Gel bei Gelenkbeschwerden und gewissen entzündlichen Prozessen angeboten. â Als schmerzlinderndes, entzündungshemmendes Mittel werden Weihrauch-Essenzen auch spagyrischen Mischungen beigegeben. â Weihrauch ist auch als Duftstoff, in Ölen und Entspannungsbädern enthalten.
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â Weihrauch findet zudem auch in der Tiermedizin (auch da bei Gelenkbeschwerden) Anwendung.
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bannende Wirkung gegen die Macht und den Geruch des Todes zugesprochen. Im Römischen Reich wurde im Laufe der Zeit das Verbrennen von Weihrauch anstelle von Opferritualen gesetzt. Und Kaisern und Statthaltern wurde beim Einzug in eine Stadt Weihrauch vorangetragen. Als Zeichen der Huldigung, aber auch zum Vertreiben des Kloakengestanks. Denn Weihrauchharz stand ebenso als desinfizierendes und entzündungshemmendes Räuchermittel im Einsatz. Mit Myrrhe und Weihrauch versetzter Wein wurde überdies als Schlaftrunk oder zur Betäubung von Hinrichtungskandidaten gereicht. Weihrauchharz fand aber nicht nur bei kultischen Handlungen Verwendung. Weihrauch oder Olibanum wurde und wird heute noch als «Wohlfühlelement» geschätzt – als Räucherwerk oder als Zusatzstoff in Parfums und Kosmetika. Aus dem Harz werden mittels Wasserdampfdestillation ätherische Öle und Duftstoffe hergestellt. Während Weihrauchextrakte, die aus somalischen oder arabischen Pflanzen gewonnen werden, «balsamisch-süsslich» riechen, duften aus indischem Weihrauch gewonnene Öle ausgesprochen frisch und leicht zitronig.
eingesetzt. Bis 1850 war Weihrauch in pharmakologischen Büchern zur innern und äusseren Anwendung, ab 1870 lediglich noch zur äusseren Anwendung aufgeführt. Wenige Jahre später geriet Weihrauch in Europa für lange Zeit weitgehend in Vergessenheit. Heute werden die Wirkstoffe des indischen Weihrauchs als alternatives Heilmittel bei chronischen Erkrankungen und bei Gehirntumoren untersucht. Allerdings ist die Datenlage, was Langzeit- und Nebenwirkungen angeht, derzeit noch sehr dünn. Als Hauptwirkstoff wird die im indischen Weihrauch enthaltene Boswelliasäure angesehen. In der Schweiz wird Weihrauch zur innerlichen Anwendung nur von einer einzigen Heilmittelvertreiberin importiert. Zugelassen sind die Tabletten, die Trockensubstanzen der «Boswellia serrata» enthalten, nur in den beiden Appenzell. Verkauft werden sie ausschliesslich in Drogerien. Die Tabletten werden als pflanzliches Antirheumatikum und bei chronischen Darmentzündungen angewendet. Katharina Rederer ❰
Weihrauch in der Heilkunde In der traditionellen orientalischen Heilkunde wird die innere Anwendung von Weihrauchharzperlen zur «Stärkung des Geistes und des Verstandes» empfohlen. Eine angebliche Steigerung der Lern- und Gedächtnisleistung durch die Einnahme von Weihrauchharzperlen soll an einer iranischen Universität in einer Studie kürzlich nachgewiesen worden sein. In der klassischen europäischen Heilkunde wird Weihrauch hauptsächlich zur Linderung von rheumatischen Erkrankungen
Mehr wissen www.naturheilkunde.de www.wikipedia.ch Michael Pfeifer: «Der Weihrauch. Geschichte, Bedeutung, Verwendung», Friedrich Pustet Verlag, 1997, ISBN 9-783-79171-566-7, ca. Fr. 36.–
Natürliche Wachmacher Kaffee ist zweifellos der bekannteste Wachmacher. Doch im Wettlauf gegen die Müdigkeit gibt es weit mehr Mittel und Wege als den gängigen Griff zum Koffein.
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eder kennt das: Morgens Kaffee in den Magen schütten, macht zwar wach, aber es dauert sicher ein halbe Stunde, bis die Wirkung einsetzt. Das Gesicht mit kaltem Wasser waschen hilft manchmal, aber es überbrückt die Zeit zwischen Aufstehen und der Wirkung des Kaffees nicht. Also was tun? Diese Frage wird in einem Nachschlagewerk für Junggesellen gestellt. Die Antwort lautet: Kaltes Wasser. «Aber man sollte es trinken, statt ins Gesicht kippen. Klingt komisch, ist aber so.» Diese Wachmachermethode ist allerdings vielmehr logisch als «komisch». Wird kaltes Wasser getrunken, wendet der Körper Energie auf, um dieses auf Körpertemperatur zu bringen. Das Resultat: Ein Glas eiskaltes Wasser macht innerhalb von drei Minuten wach. Wasser ist aber auch anders angewendet ein guter Mutermacher.
Zum Beispiel mit einer kalten Dusche, die den müden Körper wach rüttelt. Besser als eine kalte Dusche, aber nicht weniger gewöhnungsbedürftig, ist das Wechselduschen. Dabei duscht man sich abwechselnd mit warmem und kaltem Wasser ab. Allerdings sollte zuerst mit der warmen Dusche
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Sich wach duschen
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begonnen werden. Wesentlich angenehmer als das Wechselduschen ist ein Bad mit einem Spritzer Rosamarinöl. Rosmarin regt den Kreislauf an und soll erst noch gegen schlechte Laune wirken. Doch da man tagsüber nicht beliebig oft duschen oder baden kann, steht rasch eine Tasse Kaffee auf dem Tisch. Getränke mit Guarana-Extrakten wären eine gute Alternative zu den Klassikern Kaffee und Schwarztee. Guarana, auch als brasilianischer Kakao bekannt, enthält fünf bis zehn Mal mehr Koffein als Kaffee. Und es hat einen ähnlichen stimulierenden Effekt wie Kaffee. Seine Wirkung setzt aber später ein, hält dann aber vier bis sechs Stunden an. Trinken scheint allgemein ein gutes Mittel gegen Müdigkeit zu sein. Aber was ist mit dem Essen?
Sich wach essen Es gibt Nahrungsmittel, die gegen Müdigkeit wirken. So etwa Kohlenhydrate wie Teigwaren, Getreide, Kartoffeln oder Hülsenfrüchte. Sie sind die wichtigsten Energiequellen für Muskeln, Gehirn und Nervensystem. Eine kohlenhydratarme Ernährung hat zudem auch negative Auswirkungen auf die Linie. Ebenfalls zu den Muntermachern gehören proteinhaltige tierische Lebensmittel oder Soja. Sie enthalten Aminosäuren, die unter anderem eine wichtige Rolle bei der körpereigenen Herstellung von Hormonen, Antikörpern und Enzymen spielen. Auch Vitamin C (Früchte und Gemüse) und Vitamin B (Weizenkeime, Eigelb, Vollkorngetreide) wirken gegen einen müden Körper. Und da Eisen für die Bildung der roten Blutkörperchen sehr wichtig ist, führt ein Eisenmangel zu Blutarmut und schneller Erschöpfbarkeit, Müdigkeit und Atemnot. Eisenhaltige Nahrungsmittel sind Fleisch,
Wurst, Roggen oder Mandeln. Magnesium (Vollkorngetreide, Bierhefe oder Weizenkeime) unterstützt die Muskel- und Nervenfunktionen und wirkt somit auch gegen Müdigkeit. Um bereits beim Frühstück den richtigen Kick zu erhalten, sollte etwas anderes als Brot und Konfitüre auf den Tisch. Müsli kann ein sinnvoller Ersatz sein. Die Getreideflocken enthalten genügend Energie für den ganzen Tag. Das Müsli kann mit Weizenkeimen angereichert zum «PowerFrühstück» umgewandelt werden. Weizenkeime enthalten Energie- und Aufbaustoffe, Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Sie können auch zur Aufwertung von Quark- oder Joghurtcremen, Suppen und diversen Hauptgerichten verwendet werden. Als Alternative zu Vollmilch kann Kefir eingenommen werden. Kefir ist ein leicht prickelndes, schwach alkoholhaltiges Sauermilchprodukt. Die im Kefir enthaltenen Milchsäuren stärken das Immunsystem, und das Vitamin B kurbelt den Energiestoffwechsel an. Auch Ingwer kann gegen Müdigkeit wirken. Die Scharfstoffe in kandiertem Ingwer regen die Wärmerezeptoren in Magen und Darm an und vitalisieren. Für den täglichen Vitamin-CBedarf können anstelle von Zitrusfrüchten auch Camu-Camu-Früchte gegessen werden. In Europa ist Camu-Camu vor allem in Pulverform als Nahrungsergänzungsmittel bekannt. Die «Vitamin-C-reichste» Frucht der Welt wächst im tropischen Regenwald. Gleich, wie man nicht beliebig oft am Tag duschen kann, ist es auch nicht sinnvoll, ständig gegen die Müdigkeit anzuessen.
Sich wach bewegen Am Arbeitsplatz kann man sich mit kleinen, unkomplizierten Übungen wirkungs-
voll «wach bewegen». Eine dieser Übungen ist das Kämmen der Haare. Statt einem Kamm werden die Hände gebraucht. Aufrecht sitzen oder stehen, den Blick geradeaus, langsam und ruhig atmen: Mit allen Fingern wird vom vorderen Haaransatz fest nach hinten über die Kopfhaut gefahren. Diese Übung sollte wiederholt werden, bis die Kopfhaut kribbelt. Probieren Sies aus: Man fühlt sich gleich munterer. In einer anderen Übung wird das Waschen des Gesichts simuliert. Auch hier: Aufrecht stehend oder sitzend und ruhig atmend. Zuerst werden beide Handflächen gegeneinander gerieben, bis sie warm sind. Die warmen Hände werden auf die Stirn gelegt, und anschliessend werden die Wangen gestreichelt. Danach fahren die Hände sanft von der Gesichtsmitte aus über die Ohren bis zum Hinterkopf und über den Nacken. Das ganze wird zehn Mal wiederholt. Mit dieser Übung wird der Stoffwechsel des Grosshirns angeregt und die Blutzufuhr zum Gehirn und zu den Nerven gestärkt. Sich wortwörtlich «wach klopfen» ist auch ein beliebtes Mittel, die Müdigkeit loszuwerden. Die Übung kann sitzend oder stehend ausgeführt werden. Die Hand wird so gewölbt, als hielte sie einen Apfel fest. Nun wird zuerst die Schulterpartie, dann der Arm sanft von oben nach unten abgeklopft. Darauf folgen die Beine – auch hier von oben nach unten. Durch das Abklopfen wird das Bewusstsein durch den ganzen Körper gelenkt. Gleichzeitig werden die kleinen Blutgefässe im Körper erweitert und dadurch die Durchblutung der Muskeln verbessert. Einer der einfachsten und effektivsten Wachmacher ist ein kurzes Nickerchen, auch bekannt als «Power napping». Auch wenn Schlafen als Muntermacher im ersten Moment widersprüchlich erscheinen
Wach werden ohne Kaffee â Auch wenn er fein schmeckt, es muss nicht immer Kaffee sein, der einem die müden Augen öffnet. â Kaltes Wasser: Kaltes Wasser trinken oder kalt duschen. â Kraftnahrung: Kohlenhydrate, Eiweisse, Vitamine sind wichtige Muntermacher. â Kopf und Körper in Schwung bringen: Kurze Kopfmassagen oder den Körper abklopfen hilft gegen Müdigkeit. â Schlafen: Ein kurzer Mittagsschlaf ist Gold wert gegen die Müdigkeit am frühen Nachmittag.
mag. Durch ein kurzes Abtauchen um die Mittagszeit kann sich der Körper erstaunlich gut regenerieren. Schlafforscher gehen davon aus, dass durch einen kurzen Schlaf die Konzentrations-, Leistungs- und Reaktionsfähigkeit wieder verbessert werden. Ob schlafen, bewegen, trinken oder essen, natürliche Wachmacher gibt es überall. Sie warten nur noch auf ihren Einsatz bei den Fatma Kammer ❰ müden Anwendern.
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Die Blume, die Augen tröstet Augentrost: Die Blume, die gereizte Augen nicht nur «tröstet», sondern auch für Linderung bei schmerzhaften Gerstenkörnern und Bindehautentzündungen sorgt.
gegen verschiedene Augenleiden wie Rötungen, Gerstenkörner oder Bindehautentzündungen. Gerade auch für Kinder sind Augentrost-Kompressen ideal. Sie befreien die Augen von Ziger und helfen bei der sogenannten Augengrippe, also verklebten Augen beim Aufwachen.
Trockene und gereizte Augen
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ie jucken, brennen, sind trocken und leicht gerötet. Gereizte Augen fühlen sich an, als ob Sandkörner drin lägen. Meistens lösen äussere Einflüsse diese unangenehmen Irritationen aus: Wind, Staub, trockene Luft, Zigarettenrauch, Kunstlicht, Bildschirmarbeit, möglicherweise auch Klimaanlagen oder hohe Ozonwerte können die Ursachen sein. Probleme mit den Augen haben vor allem Menschen, die oft vor dem Computer sitzen, ältere Menschen, Kinder sowie Allergiker.
Die Blume für alle Fälle «Ich empfehle bei allen Augenleiden Augentrost (Euphrasia officinalis)», sagt Stephan Vögeli, Inhaber der Drogerie Käser & Vögeli in Kirchberg (BE), «das ist ein schönes, winziges Blümchen, das, wie der Name sagt, die Augen tröstet.» Die Blume ist in getrockneter Form in Drogerien erhältlich. Als Tee stärkt sie die Augen von innen oder als Kompresse beruhigt sie von aussen. Augentrost ist ein Allheilmittel
Bei trockenen Augen helfen vor allem Augentrost-Kompressen, homöopathische Augentropfen oder industriell hergestellte «künstliche Tränen». Währenddem man Augentrost-Kompressen zwischendurch auch einmal im Büro (Tee in der Thermoskanne mitnehmen) auflegen kann, sind die homöopathischen Augentropfen wie auch die «künstlichen Tränen» als Einzeldosen erhältlich und somit praktisch für unterwegs. Dabei ist zu beachten: Portionen nach einmaligem Gebrauch wegwerfen. Weshalb ältere Leute besonders häufig über trockene Augen klagen, erklärt Stephan Vögeli so: Das Auge reagiere auf eine anfängliche leichte Trockenheit mit dem Öffnen der «Schleusen» und löse damit just das Gegenteil des eigentlich angestrebten Ziels aus: «Statt die Augen zu befeuchten, fliesst die Tränenflüssigkeit aus den Augen», erklärt er. In solchen Fällen rät der Drogist zu einem homöopathischen Produkt. Auch viele Personen, die lange vor dem Computer sitzen, klagen regelmässig über müde Augen, weiss Vögeli.
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Hilfe gegen Augenleiden â Augentrost (Euphrasia officinalis): 1 TL getrocknetes Kraut pro Tasse genügt. Gekochtes, bereits etwas abgekühltes Wasser beigeben, eine Kompresse (Wattepad oder Gazetuch) in den Tee tunken, ausdrücken und auf die Augen legen. â Augentrost-Tee hilft auch von innen, am besten als Kur eine Woche lang täglich eine Tasse trinken. â Hygiene: Das A und O beim Kontakt mit den Augen. Immer die Hände waschen, bevor die Augen behandelt werden. Pro Auge je eine neue Kompresse verwenden. Augentropfen nach dem Öffnen nach einem Monat, Portionen nach einmaligem Gebrauch wegwerfen. Augen von aussen nach innen reinigen. â Schlafen: Der Schlaf vor Mitternacht ist für die Augen wichtig. â Trinken: Ein Flüssigkeitsmangel hat auch auf die Augen negative Auswirkung. â Luftfeuchtigkeit: Eine genügend hohe Luftfeuchtigkeit im Raum ist gut für die Augen. Pflanzen helfen bei der Regulation der Luftfeuchtigkeit. â Licht: Tageslicht künstlichem Licht bevorzugen, am Arbeitsplatz auf gute Beleuchtung achten.
«Aber nicht die Augen, sondern der Körper ist müde», ist er überzeugt. Vögelis Mitarbeiterin, die Drogistin Doris Heuberger, rät Frauen mit gereizten oder entzündeten Augen, auf dekorative Augenkosmetik zu verzichten. Dies auch wenn es sich um natürliche Produkte handelt. «Bereits gerötete Augen werden vor allem durch das Abschminken zusätzlich gereizt.» Deshalb sei es besser, vorübergehend auf «Mascara und Co.» zu verzichten, sagt Heuberger.
Rasch handeln Das Gerstenkorn ist ein oft schmerzhaftes, mit Eiter gefülltes Knötchen im Augenlid. Ursache ist eine bakterielle Infektion. Auch hier rät Stephan Vögeli zu AugentrostKompressen. Kamille wird heute, obschon sie lange Zeit ein bekanntes Heilmittel gegen Augenprobleme war, wegen der hohen Allergiegefahr nicht mehr empfohlen. Stattdessen wird Fenchel verwendet. Fenchel kann dem Augentrost-Tee auch problemlos beigegeben werden. Gegen eitrige Gerstenkörner hilft zudem das homöopathische Mittel Hepar sulfuris (deutsch: Schwefel-Leber) oder Silicea. Entsprechende fertige Mischungen werden in der Drogerie angeboten. Natürliche Augensalben mit Euphrasia, Ringelblume und Echinacea machen nicht nur dem Gerstenkorn den Garaus, sondern helfen auch gegen rote Lidränder. Am roten Auge, das ein weiss-gelbliches Sekret absondert, ist eine Bindehautentzündung zu erkennen. Kinder sind davon besonders häufig betroffen. Es gibt allergische, virale sowie bakterielle Bindehautentzündungen. Letztere ist hoch ansteckend. In diesem Fall ist häufiges Händewaschen Pflicht, und die Türfallen in der Wohnung sollten vorbeugend desinfiziert werden.
Arbeiten am Computer â Erholung: Gönnen Sie Ihren Augen jede Stunde ein paar Minuten Erholungszeit. Erledigen Sie zum Beispiel ein Telefonat, lassen Sie dazu den Blick in die Ferne, idealerweise ins Grün schweifen. Auch ein paar Mal am Tag kurz die Augen zu schliessen, tut gut. â Licht: Am besten ist von hinten einfallendes Tageslicht. Künstliche Lichtquellen sollten zwischen 400 und 600 Lux aufweisen.
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â Entspannungsübungen: Regelmässig Entspannungsübungen für die Augen machen. www.sehnet. de/augentraining.htm
Stephan Vögeli empfiehlt, bei Problemen mit den Augen nicht lange zuzuwarten, sondern schnell zu handeln. Erwischt man eine Augenentzündung in ihren Anfängen, so kann sie mit Hilfe von pflanzlichen Mitteln bekämpft werden. «Bessern die Beschwerden nach zwei bis drei Tagen nicht, sollte man einen Arzt aufsuchen», betont Rahel Mösch ❰ Vögeli.
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Streiten und Versöhnen Die Richtschnur, ob wir in einem Streit zu weit gegangen sind und eine Versöhnung nötig ist, tragen wir in uns selbst. Ist der Seelenfrieden aus dem Lot, ist es Zeit, zu handeln. Margrit Hardegger, Sie sind Therapeutin und Lebensberaterin. Wann hat es Ihnen zum letzten Mal richtig Spass gemacht, zu streiten? Ich hatte Boxen für meine Musikanlage im Internet bestellt. Auf der Rechnung stand nebst dem vereinbarten Kaufpreis eine absurd hohe Zusatzgebühr, die ich hätte zahlen sollen. Ich trat mit dem Lieferanten in einen ausgedehnten, munteren Mail-Verkehr, um mich zur Wehr zu setzten. Das war spannend und witzig. Und: Haben Sie den Streit gewonnen? So halb, wir haben uns in der Mitte getroffen. Streiten gilt in unserer Gesellschaft aber eher als etwas Negatives. Ist es das? Ich mache einen Unterschied zwischen streiten und sich auseinandersetzen. Wenn Streiten bedeutet, dass der andere angegriffen, verletzt und heruntergemacht wird, dann ist Streiten ungut. Ausser einer momentanen Entladung seitens des Angreifers ist nichts Positives dabei. Zurück bleiben Wunden, und es entsteht ein Gefühl von Abstand und Trennung.
Wann ist Streiten gut? Wenn es darum geht, dass jemand seinen Standpunkt klarmacht und auch dafür einsteht. Bei Tieren zum Beispiel kann man beobachten, dass es beim Streit darum gehen kann, ein Territorium oder eine Herde zu schützen. Es kann eine Überlebensstrategie sein. Es gibt ganz verschiedenen Arten von Streit. Was sind die möglichen Folgen eines impulsiven, spontanen Streits? Wenn es darum geht, etwas sofort klarzustellen, kann das zielführend und konstruktiv sein. Wenn es beispielsweise darum geht, dass jemand meine Grenzen überschritten hat, kann ein spontaner Streit klärend sein. Im besten Fall wird das Problem auch gleich aus der Welt geschafft. Was passiert bei einem «geplanten» Streit, im Sinn von, «das muss jetzt endlich einmal besprochen sein»? Die Chancen auf Erfolg bei einer solchen Auseinandersetzung stehen nicht schlecht. Und zwar dann, wenn derjenige, der das Gespräch wünscht, von sich spricht und die Fakten ohne Vorwürfe auf den Tisch legt. Im optimalen Fall gibt man dem Streitpartner die Gelegenheit, auch seine Sicht der Dinge darzulegen und gibt ihm auch die Chance, sich an der Lösungssuche zu beteiligen. Ein Streit mit der Absicht zu quälen, wozu führt das? Oft ist es bei solchen Streiten so, dass der Angegriffene völlig überrumpelt ist und sich gar nicht wehren kann. Besonders
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«Streiten und Versöhnen» aus Sicht der Politikerin, des Theologen und des Sportlers: Franziska Teuscher, grüne Berner Nationalrätin: «Streiten in der Politik, im Sinn von Meinungsunterschiede austragen, ist ein wichtiger Grundpfeiler unserer Demokratie. Es ist eine Art Grundrecht, das in der Schweiz aber leider zu wenig gepflegt wird. Eine dynamische, auch ziel- führende Streitkultur ist bei uns eher verpönt. Schwierig finde ich es, wenn entlang der Parteigrenzen statt über Argumente gestritten wird. Verliert man den Respekt vor dem politischen Gegner selbst in harten Debatten nicht, so ist eine Versöhnung etwa im Anschluss an ein Wortgefecht, an eine Kommissionssitzung oder Abstimmung für mich nicht unbedingt nötig.» SCB-Captain Martin Steinegger: «Im Eishockey verfolgen zwei Mannschaften dasselbe Ziel, beide wollen den Gegner technisch und körperlich beeindrucken und dominieren. Weil es auch eine Kontaktsportart ist, geht es dabei selten zimperlich zu und her, und es kommt auf dem Eis zu Rempeleien und Streitereien. Ein solcher Streit muss aber innerhalb fairer Bandbreiten ablaufen, wo der Respekt vor dem Gegner gewahrt
bleibt. Wenn das Spiel oder eine heisse Spielphase vorbei ist, müssen die Spieler von ihren Emotionen ‹herunterkommen› und abkühlen. Der Streit wird quasi auf Eis gelegt. Am Schluss eines Spiels gibt man sich deswegen auch immer die Hand. Das ist ein wichtiger symbolischer Akt, um zu zeigen, dass man dem Gegner wieder in die Augen schauen kann.» Der Theologe Josef Willa ist Mitarbeiter am Liturgischen Institut der deutschsprachigen Schweiz in Freiburg: «Streiten in der Kirche – ein Tabu? Schon die ersten christlichen Gemeinschaften kannten eine Streitkultur: ‹Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, so geh und stell ihn unter vier Augen zur Rede› (Matthäusevangelium 18,15). Der Betroffene soll also die Auseinandersetzung und das Gespräch suchen, nicht die Beziehung abbrechen oder dem Frieden zuliebe so tun, als wäre alles in Ordnung. Streiten ist ein wichtiger Schritt zur Versöhnung und setzt voraus, dass ich mit mir selber versöhnt bin. Als Christ hilft mir dabei der Glaube an einen Gott, der trotz meiner Fehler und Schwächen zu mir hält und mir ‹siebenundsiebzig Mal›, das bedeutet: vollständig und unbegrenzt oft, Versöhnung anbietet und eine neue Chance gibt.»
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Lesetipps zum Thema Byron Katie und Michael Katz: «Ich brauche deine Liebe – stimmt das? Liebe finden, ohne danach zu suchen», Goldmann Verlag, 2005, ISBN 9-783-442-33743-9, ca. Fr. 35.– Verena Kast: «Wege zur Versöhnung», Kreuz Verlag, 2007, ISBN 9-783-7831-2976-2, ca. Fr. 12.– Simone Pöhlmann und Angela Roethe: «Streiten will gelernt sein. Die kleine Schule der fairen Kommunikation», Herder Verlag, 2004, ISBN 9-783-451-05454-9, ca. Fr. 19.– dann, wenn während des Wortgefechts gezielt seine Schwachpunkte angepeilt werden. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass solche Streite beiden Partnern nicht guttun. Denn auch der Angreifer verliert so die Selbstachtung. Verändert sich die Qualität eines Streits durch die Zahl der Beteiligten? Ja, wenn zwei sich streiten, geht es meist um ein bestimmtes Thema oder ein persönliches Anliegen. Es ist gut möglich, dass Lösungen und Auswege gefunden werden. Selbst bei Paaren, die in einer langen Streitkultur verwickelt sind, gibt es Therapieansätze, auch Techniken und Rituale, die ein friedliches Zusammenleben wieder möglich machen. Voraussetzung aber ist, dass beide dazu bereit sind. Hingegen bei Streiten unter mehreren Beteiligten, im Extremfall in einem Krieg, wo sich Völker bekämpfen, ist es sehr schwer, daraus herauszukommen. Es kommen Gruppendynamiken und Ideologien zum Tragen. Auch Gewalt wird rasch ein Thema. Sobald Gewalt dazukommt, geht es auch um Rache
und Vergeltung. Man fühlt sich im Recht, weil man ein Kollektiv hinter sich hat. In diesem Fall braucht es in der Regel jemanden, der vermittelt. Versöhnen: Ist das nötig? Immer? Und explizit? Nein, wenn man einen Streit in sich selbst klären kann, dann ist es nicht nötig. Wenn man diejenige Person ist, die den Streit angezettelt hat, dann muss man es aber aushalten können, dass vom Gegenüber wohl kaum oder zumindest nicht sofort Zustimmung kommt. Applaus kann man nicht erwarten. Es ist hingegen nicht gut, wenn der Konflikt in einem selbst bestehen bleibt. Das heisst? Wenn man Frieden mit sich selber will, ist es nötig, dass man einen Ausgleich schafft, wenn man beispielsweise weiss, dass man in einem Streit zu weit gegangen ist. Versöhnen heisst dabei aber nicht notwendigerweise, dass man seine Position aufgeben muss. Eine Entschuldigung hätte in diesem Kontext die Funktion, dass man auf eine Ebene zurückfindet, wo man sich wieder respektvoll begegnen kann. Das ist besonders dann nötig, wenn es um eine gemeinsame Sache geht. Ich denke da zum Beispiel an Scheidungen. Da ist es ganz wichtig, dass sich die Eltern verständigen, damit die Kinder nicht leiden. Gibt es Momente, wo es zu spät ist, sich zu versöhnen? Nein, es gibt sicher idealere und weniger ideale Moment, um sich zu versöhnen. Aber grundsätzlich ist das immer möglich. Wartet man aber zu lange zu, kann das sehr belastend sein, insbesondere dann, wenn die Person, mit der man ins Reine kommen müsste, verstorben ist.
Margrit Hardegger Margrit Hardegger ist 1955 geboren und Mutter einer erwachsenen Tochter. Sie lebt zusammen mit ihrem Partner auf dem Hauenstein, einem kleinen Dorf am Jurasüdhang oberhalb von Olten. Nach Jahren wirtschaftlich ausgerichteter Tätigkeit in Hotellerie, Gastgewerbe und als Vertriebsleiterin in einem international tätigen Verlag hat sie sich 1993 als Lebensberaterin, Coach und Therapeutin selbstständig gemacht. Es kann sehr schwer sein, sich zu entschuldigen. Was tun? Es hilft, wenn man sich in die andere Person versetzt. Wenn man etwa nach dem Körnchen Wahrheit in seinen Argumenten sucht. Eine Versöhnung wird auch leichter, wenn man sich vor Augen führt, dass das Gegenüber momentan vielleicht in einer schwierigen Lebensphase ist. Was geschieht bei einer Versöhnung? Man fühlt sich nicht mehr schuldig. Man sieht den andern wieder als Menschen und nicht mehr als Feind. Es ist ein befreiendes Gefühl, weil man sich mit dem vormaligen Streitpartner wieder verbunden fühlt. Wie soll man sich versöhnen? Mit Worten, mit Humor, mit einem Geschenk. Wobei Letzteres heikel sein kann, solche Geschenke können auch mal an die Wand fliegen. Es braucht grundsätzlich ein ehrliches Angebot. Das kann Zeit sein, ein gemeinsamer Spaziergang, ein Glas Wein,
einfach ein Signal, dass man bereit ist, sich wieder zu verständigen. Wieso kann in einer Liebesbeziehung nach einem Streit auch Sex eine gute Art sein, sich zu versöhnen? Streiten ist einerseits eine hoch emotionale Angelegenheit, gleichzeitig aber auch ein sehr kopflastiger Prozess. Beim Sex kehrt man vom Kopf zurück in den Körper und nimmt sich selber wieder wahr. Wenn man sich entspannt, steigt die Bereitschaft, sich wieder zu öffnen. «Versöhnen» tönt etwas moralisch und verstaubt. Ist es in einer Welt, wo es darum geht, sich durchzusetzen, überhaupt noch ein relevantes Thema? Ja, ganz entschieden ja. Das merken auch immer mehr Menschen, vor allem auch Menschen in wichtigen gesellschaftlichen und beruflichen Positionen. Versöhnen ist ein wichtiger Schlüssel zu einem ruhigen und friedlichen Leben. Wer sich nicht versöhnt, der wird einsam und schottet sich ab. Das ist auch Ursache vieler Depressionen. Was war für Sie persönlich eine wichtige Versöhnung? Als mein Mann ganz unerwartet verstorben war, habe ich zwei Jahre lang gehadert und mich im Kreis gedreht. Ich hatte überhaupt keinen Boden mehr unter den Füssen. Ich lag mit dem Schicksal in einem erbitterten Streit. Irgendwann habe ich dann den Fokus radikal geändert. Ich habe mir gesagt, dass ich zwar nicht verstehe, was da geschehen ist, aber dass ich es annehme. Ich habe mich mit dem Schicksal versöhnt. Das hat mir unglaublich viel Kraft und Frieden gegeben. Es gibt noch heute Tage, wo ich ihn vermisse, aber ich bin wieder frei. Katharina Rederer ❰
Special «Frauen» ab November in Ihrer Drogerie Was Sie erwartet: â Hormone, ja oder nein? Pro und kontra Hormone: Zwei Experten sagen, weshalb es sich lohnt, Hormone gegen Wechseljahrbeschwerden einzunehmen bzw. weshalb man darauf verzichten sollte. â Hallo, hört mich denn keiner? Frauen sind in Teams kreativ und haben viele gute Ideen. Wie kommt es, dass Frauen dennoch nicht gehört werden und immer wieder an eine Wand reden? Das lässt sich ändern. Wir zeigen, wie. â Gesund durch den Winter Mit der richtigen Ernährung unterstützen Sie das Immunsystem, das während der kalten und lichtarmen Jahreszeit besonders gefordert ist. Wir zeigen, welches Wintergemüse gesund ist und wie auch «Chabis und Chöli» zu einem Festessen werden. â Schöne Wimpern Lang, dicht, dunkel: Schöne Wimpern sind die Krönung schöner Augen. Wir zeigen, wie man echte und auch künstliche Wimpern pflegt, damit der perfekte Augenaufschlag gelingt. â Eisen Zu viel, zu wenig: Eisenmangel führt zu Blutarmut und Müdigkeit. Und Eisenpräparate können zu Verstopfung führen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie Ihren Eisenhaushalt ins Gleichgewicht bringen können. â Frauen ohne Kinder Frauen ohne Kinder: Wie steht frau im Beruf, in der Gesellschaft und im Privatleben da.
Weitere Themen: Fünf Mängel in fünf Schritten überschminken; natürliche Heilmittel bei Verstopfung; kalte Hände, kalte Füsse – ein typisches Frauenleiden; vaginale Trockenheit nach Menopause, Geburt oder Antibiotika-Kuren; das Bindegewebe und natürliche Heilmittel bei Wechseljahrbeschwerden. NATUR
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Keimende Vitaminlieferanten Die Tage werden kürzer, die Vielfalt an Früchten und Gemüsen nimmt ab. Vitaminreiche Sprossen und Keime bringen Abwechslung in die Küche und Farbe in den Alltag.
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n Asien kommen Keime und Sprossen praktisch täglich auf den Tisch, während sie in unseren Küchen ein Schattendasein führen. Schade, denn sie liefern wertvolle Mineralstoffe und bieten geschmackliche Abwechslung. Keimlinge und Sprossen entstehen, wenn Getreidekörner oder Hülsenfrüchte in Wasser eingelegt werden. Aus der aufgeweichten Schale keimt der Samen aus und spriesst. Zuerst bilden sich Keime, dann wachsen grüne Blättchen, die Sprossen eben. â Keimlinge und Sprossen sind sehr nahrhaft, da sie den höchsten Energiegehalt aufweisen, den eine Pflanze produzieren kann. â Durch den Keimvorgang steigt der Vitamin- und Mineralstoffgehalt der Hülsenfrüchte und des Getreides an, der Anteil an Vitamin C verfünffacht sich. â Die Qualität der Eiweisse und Fette wird verbessert, und Substanzen, die für den menschlichen Stoffwechsel unerwünscht sind, werden abgebaut. â Während der Keimphase werden die Nährstoffe quasi «vorverdaut», dadurch
sind sie besser verdaulich als die entsprechenden Körner und Hülsenfrüchte. Dies erklärt, warum Menschen auf Getreide allergisch sein können, die zugehörigen Sprossen und Keime aber problemlos vertragen.
Jedem Pflänzchen seine Vitamine Die verschiedenen Sprossen und Keime liefern unterschiedliche Mineralstoffe und lassen sich für diverse Mahlzeiten verwenden. â Die zerbrechlichen Alfalfasprossen sind sehr nährstoffreich: Sie enthalten wertvolles Eiweiss, lebenserhaltendes Chlorophyll und Vitamin B12. Die Sprossen können einen Salat ergänzen oder das Salatblatt im Sandwich ersetzen. â Die aromatischen Adzukibohnenkeimlinge lassen sich auf verschiedenste Arten verwenden und sind reich an Eisen und Kalzium. Sie schmecken kalt ebenso gut wie warm und eignen sich für asiatische Reis-, Nudel- und Pfannengerichte. â Bekannt sind die einfach zu kultivierenden Sojasprossen, die dem Körper Kalzium und Phosphor liefern. Sie passen zu asiatischen Pfannen- und Nudelgerichten und zu jedem Salat. â Rucolasprossen haben einen pikanten, pfeffrigen Geschmack. Dank ihrem Aroma würzen sie Salate, Sandwiches und Baguettes. â Senfsprossen sind sehr zart und empfindlich, deshalb verwendet man sie roh oder höchstens kurz angebraten. Die Sprossen wirken sanft desinfizierend. Sie würzen
Fotos: AT-Verlag
Bagels mit Räucherlachs und Rucolasprossen Vier Sesam-Brötchen aufschneiden und rösten. Die Hälften grosszügig mit 100 g Frischkäse, vermischt mit 1 EL gehackten Kapern und 2 EL gehackten Cornichons, bestreichen. Mit 100 g Räucherlachs belegen und mit 50 g Rucolasprossen garnieren. Die Mengen sind immer für vier Portionen angegeben.
Radieschensprossensalat mit Orangen und Trauben Drei Navel-Orangen schälen und filetieren, auf Teller verteilen. 100 g halbierte rote Trauben, 50 g Friséesalat, 60 g Radieschensprossen und 2 EL Sonnenblumenkerne darübergeben. Mit Rotweinessig und Olivenöl beträufeln.
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Roastbeef-Toast mit Senfsprossen Sechs Scheiben Vollkorntoast rösten und diagonal halbieren. 1 EL Meerrettichpaste mit 1 EL Mayonnaise und 1 TL Dijonsenf verrühren und die Toastbrotscheiben damit bestreichen. Mit zerkleinertem Roastbeef belegen und mit Senfsprossen garnieren.
Aufstrich aus Kichererbsenkeimlingen und Cashews 200 g Kichererbsenkeimlinge, 50 g geröstete Cashewkerne, eine Knoblauchzehe, 1 TL gemahlenen Kreuzkümmel, 2 TL Petersilie und 2 EL Olivenöl pürieren. Als pikanten Brotaufstrich oder Dip geniessen.
Fleisch, Käse und Brot oder ergänzen einen Salat. â Die purpurne Farbe der Radieschensprossen macht sie zur idealen Verzierung mancher Vorspeise. Und das leicht pfeffrige Aroma kann Mahlzeiten gut abrunden. Daneben können diese Sprossen die Schilddrüse stärken. â Kichererbsenkeimlinge schmecken kräftig und würzig. Sie passen in Eintöpfe, Currygerichte und Suppen und liefern Provitamin A sowie Vitamin D.
Keimlinge selbst gemacht Keime und Sprossen lassen sich ohne viel Aufwand und mit einfachen Hilfsmitteln gut selber ziehen. Verwenden Sie dazu ein grosses Glas, das Sie mit einer doppelten Schicht Frischhaltefolie abdecken und mit einem Gummiband abdichten. (Preiswerte Keimgläser gibt es auch in jeder Drogerie zu kaufen.) Vor dem Keimen werden die Körner einige Stunden in Wasser eingeweicht, und zwar drei Teile Wasser auf einen Teil Körner. Danach spülen Sie die Körner ab und lassen sie abtropfen. Geben Sie diese in den vorbereiteten Glasbehälter, wo sie eine Nacht lang ruhen. Bis zur Keimung müssen die Körner täglich gespült werden. Das Keimglas darf nicht überladen werden und wird idealerweise an einem warmen, aber dunklen Ort platziert. Luftdicht verpackt sind die Keime und Sprossen zwei Marie-Claire Haller ❰ bis drei Tage haltbar.
Mehr wissen Jody Vassallo: «Sprossen, Körner und Bohnen», AT Verlag, 2007, ISBN 978-3-03800-337-3, ca. Fr. 30.–
Wie ein nebliger Herbstabend zum sinnlichen Fest wird Langsam rüstet sich die Natur für den Winter- betrieb. Wir zeigen Ihnen, wie Sie tristen Abenden ein Schnippchen schlagen.
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icht nur die Natur, auch unsere innere Uhr würde eigentlich nach den Jahreszeiten ticken. Im Herbst und Winter zeigt sich das beispielsweise in einem erhöhten Schlafbedürfnis. Doch sowohl die Erfindung der Elektrizität und die damit verbundene nächtliche Dauerbeleuchtung als auch unser Arbeitsalltag machen es schwer, diesem Bedürfnis nachzugeben. Während die seelische Müdigkeit für unsere Vorfahren noch ein wichtiger natürlicher Prozess war, um Energie zu sparen, empfinden wir sie heute eher als störend – viele Menschen leiden während der sonnenarmen Zeit gar unter Depressionen. Lassen Sie es nicht so weit kommen und überlisten Sie die trübe Jahreszeit. Weil es oft schwierig ist, sich alleine in Gang zu setzen, unternehmen Sie am besten etwas gemeinsam mit einer Freundin. Oder Sie überzeugen Ihren Partner, dass es gerade während der kalten Monate schön und aufregend sein kann, ausgetretene Pfade zu verlassen und Neues
auszuprobieren. Vielleicht haben Sie Lust, einen der folgenden Tipps für einen ganz besonderen Herbstabend auszuprobieren.
Tipp 1 Belebt: Warm anziehen und raus ins Freie Zugegeben, etwas Überwindung kostet es schon, nach einem anstrengenden Arbeitstag die Schuhe anzuziehen, Mütze und Handschuhe überzustreifen und einen Abendspaziergang in der Kälte zu unternehmen. Bewegung tut aber gerade in der kalten Jahreszeit gut und sorgt dafür, dass Ihr Körper mit genügend Sauerstoff versorgt wird. Ein Spaziergang zu zweit macht aber garantiert mehr Spass: Gut tratschen lässt es sich in der Natur sowieso besser als in der vollen Bar. Und vielleicht entdecken Sie im Wald oder auf Wiesen Herbstblumen, bunte Blätter, Zapfen, Eicheln oder schöne Äste, mit denen Sie nach dem Spaziergang den Tisch, ein Fenster oder die Haustüre dekorieren können.
Tipp 2 Wärmt: Teezeremonie Wenn Sie zu den Menschen gehören, für die Teetrinken bedeutet, Kräutergranulat oder einen Teebeutel mit heissem Wasser zu übergiessen, dann erkunden Sie doch
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einmal die Geheimnisse der Teewelt. Laden Sie eine Freundin, eine Nachbarin oder eine Arbeitskollegin zu einer gemütlichen Runde ein und zelebrieren Sie eine japanische Teezeremonie mit Grüntee. Das Gute dabei: Grüntee stärkt das Immunsystem und die körpereigenen Abwehrkräfte und rüstet Sie damit hervorragend für den Winter. Verantwortlich für diese Wirkung sind Katechine (farblose Bitterstoffe) sowie Vitamine. Der reiche Gehalt an Tein sorgt zudem für eine anregende Wirkung. Aber anders als bei Kaffee wirkt Grüntee anregend, ohne aufzuregen. Hier zwei Rezepte: Zubereitung Usucha Für den «dünnen» Tee: 2 Messerspitzen fein pulversierten Grüntee (Matcha) in eine Teeschale geben und mit ca. 60 bis 80 ml Wasser (ca. 70 bis 80 Grad heiss) auffüllen. Der Tee wird mit einem Teebesen (zur Not tuts auch ein normaler Schwingbesen) schaumig geschlagen. Die Mengenangaben können nach eigenem Geschmack variiert werden. Der Tee schmeckt besser, wenn man ihn «schlürft», weil dann mehr Sauerstoff aufgenommen wird und die Geschmacksknospen sich öffnen. Zubereitung Koicha Für den «dicken» Tee: 5 Teelöffel Matchapulver pro Person in die Teeschale geben. Wenig Wasser angiessen, sodass ein dicker Brei entsteht. Der Brei wird langsam und lange mit dem Teebesen gerührt, bis die Masse glatt und glänzend ist. Der Tee wird «gegessen».
Tipp 3 Entspannt: Musik hören Die Verlockung ist gross, sich abends aufs Sofa zu fläzen und der «Sucht Fernsehen» zu frönen. Wie wärs, wenn Sie nach Fei-
erabend mit einer Freundin oder Ihrem Partner einen Bummel durch Musikläden machen und sich eine CD aussuchen? Vielleicht finden Sie eine, die Sie sich schon lange kaufen wollten, oder Sie entdecken einen Komponisten, von dem Sie noch nie gehört haben. Wenn Sie es gerne etwas besinnlich mögen, richten Sie sich am besten eine gemütliche Ecke mit vielen Kissen ein, dämmen das Licht und zünden ein paar Kerzen an. Das führt vielleicht dazu, dass Sie zwar gemeinsam, aber doch jeder in eigenen Gedanken vor sich hinträumen, oder es regt Sie zu einem philosophischen Gespräch über Gott und die Welt an. Wenn Sie es lieber ausgelassen fröhlich mögen, versuchen Sie es besser mit dieser Variante: Kramen Sie alte Platten hervor, singen Sie aus Leibeskräften mit und erinnern Sie sich an frühere Zeiten. Egal, ob besinnlich ruhig oder laut und lustig – Musik ist einfach gut für die Psyche. Wenn Sie zum Musikhören ein gutes Glas Wein oder ein feines Essen – natürlich gemeinsam gekocht – geniessen, hebt das die Stimmung gleich doppelt.
Tipp 4 Macht schön: Kosmetik selbst herstellen Stehen Sie oft vor den unendlich langen Regalen mit Salben, Cremes und Masken, staunen über die Preise und denken, dass Sie Kosmetika eigentlich auch mal selbst herstellen könnten? Da kommt ein nebliger Herbstabend doch gerade richtig. Und mit der besten Freundin oder einer guten Kollegin lassen sich folgende Rezepte ganz einfach umsetzen: Heilerde-Gesichtsmaske Zutaten: 1–2 EL Heilerde (in der Drogerie erhältlich), lauwarmes Leitungswasser, 1 EL Olivenöl.
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Foto: Getty Images
Zubereitung: Heilerde mit dem Wasser und dem Olivenöl zu einer geschmeidigen Paste verrühren, nach Wunsch zwei, drei Tropfen ätherisches Öl beigeben. Anwendung: Die feucht-kühle Masse auf Gesicht und Hals auftragen (Augen, Nase, Mund aussparen) und einwirken lassen, bis die Maske trocken ist. Mit lauwarmem Wasser gründlich abwaschen. Diese Maske wirkt entgiftend und macht die Haut schön samtig. Heilerde kann man sich übrigens nicht nur ins Gesicht streichen. Je nachdem, mit wem Sie Ihren Naturkosmetikabend verbringen, können Sie sich gegenseitig so richtig in Heilerde packen. Wer weiss, vielleicht ist ja gerade das ein gutes Argument, um Ihren Partner von einem gemeinsamen Schönheitsabend zu überzeugen? Und während die Heilerde ihre Wirkung entfaltet, dürfen Sie ruhig die Füsse hochlegen und sich mit einem Glas Prosecco oder der Lieblingsschokolade zusätzlich verwöhnen. Melissen-Rosen-Creme Zutaten: 5 g Bienenwachs, 15 g Kakaobutter, 30 g Melissenölauszug, 40 g Rosenwasser, vier Tropfen ätherisches Melissenöl Zubereitung: Bienenwachs und Kakaobutter im Wasserbad schmelzen, danach langsam den Melissenölauszug dazumischen. Separat das Rosenwasser auf 60 Grad erwärmen und der Mischung unterrühren. Sobald die Mischung handwarm ist, ein paar Tropfen ätherisches Melissenöl dazugeben und weiterrühren, bis die Creme abkühlt. Tipp: Um zu sehen, ob die Creme genug abgekühlt ist, können Sie die Gelierprobe machen: Einfach ein wenig von der Masse auf einen Teller geben – wenn sie gleich fest wird, ist die Creme fertig und Sie können sie in kleine Tiegel abfüllen.
Diese Creme ist besonders gut für trockene und sensible Haut. Ausserdem riecht sie gut. Ringelblumensalbe Zutaten: 40 g Bienenwachs, 40 g Kakaobutter, Ringelblumenöl Zubereitung: Das Bienenwachs im Wasserbad erwärmen, bis es schmilzt. Dann das Ringelblumenöl dazugeben und mit dem geschmolzenen Wachs verrühren. Anschliessend die Kakaobutter dazurühren. Vorsichtig aus dem Wasserbad nehmen und rühren, bis die Masse abgekühlt ist. In kleine Gläser abfüllen. Zum endgültigen Erkalten noch ein paar Stunden in den Kühlschrank stellen – fertig. Diese Salbe ist ein bewährtes Mittel bei unreiner, fettiger, entzündlicher Haut und lindert Juckreiz. Weil die Cremes sozusagen auf Vorrat produziert werden, lohnt es sich vielleicht, die Tiegel oder Gläser hübsch zu verzieren. Dann haben nämlich nicht nur Sie etwas von Ihrem schönen Abend, sondern Sie können damit auch noch jemandem eine Freude zu Weihnachten machen. Gut verschlossen, kühl und trocken gelagert sind selbst hergestellte Kosmetika einige Wochen haltbar.
Tipp 5 Anregend: Spielabend zu zweit Wahrscheinlich lagern auch in Ihrer Wohnung irgendwo Spiele, für die Sie sich zwar einmal brennend interessiert, die Sie aber dann doch nie gespielt haben. Es lohnt sich bestimmt, die Schachteln abzustauben und sich zu zweit über die Spielanleitung zu beugen. Denn ob geistreiches Schach, Ratespiele, knifflige Knobel- und Würfelspiele oder ein rasantes Match am Tischfussballkasten – ein Spielabend zu zweit
vergeht wie im Flug und lässt das nasse Wetter draussen garantiert vergessen. Vielleicht kocht der Gewinner zum Trost ja anschliessend ein leckeres Essen, und danach gelingt dem Verlierer bestimmt eine Revanche. Wenn Sie sich auf die Suche nach köstlichen Tees machen oder sich mit Zutaten für einen gemütlichen «Kosmetikabend» eindecken möchten, lassen Sie sich am besten in Ihrer Drogerie beraten. Denn ob Tee- oder andere Kräuter, herrlich duftende ätherische Öle, Öle für Duftlampen, Kerzen und wohlriechende Potpourris, Sie werden sicher finden, was Ihr Herz für einen erholsamen und gemütlichen Abend Christa Friedli ❰ zu zweit begehrt.
Gut zu wissen Bernd Brucker: «Die schönsten Würfelspiele – Klassiker und neue Ideen für Kinder und Erwachsene», Heyne Verlag, 2005, ISBN 978-3-453-68505-5, ca. Fr. 12.– Heike Helen Rech: «Naturmusik zum Selbermachen – 101 Beauty-Tipps aus der Küche», Goldmann Verlag, 2002, ISBN 978-3442-16430-1, ca. Fr. 13.– Viola von Walchendorf: «Tee. Alles über die Geschichte des Tees.» – Wissenswertes zu Anbau, Ernte und Verarbeitung. Vom Erfrischungsgetränk bis zur Teezeremonie. Die grundlegenden Begriffe der «Teesprache». Parragon Verlag, 2006, ISBN 978-1-4054-7878-6, ca. Fr. 9.–
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Impressum Oktober 2007 Herausgeber: Schweizerischer Drogistenverband Nidaugasse 15, Postfach 3516, 2500 Biel 3 Telefon 032 328 50 30, Fax 032 328 50 41 info@drogistenverband.ch www.drogerie.ch Redaktion: Heinrich Gasser, Chefredaktion, h.gasser@drogistenverband.ch Elisabeth K端pfert, Chefredaktorin Stv., e.kuepfert@drogistenverband.ch Katharina Rederer, Abschlussredaktion; Flavia Kunz, Nadja M端hlemann Anzeigenverkauf: Susanne Werder, Leitung, s.werder@drogistenverband.ch Michael Severus, m.severus@drogistenverband.ch Layout: Stephan Oeschger, s.oeschger@drogistenverband.ch Druck: Benteli Hallwag Druck AG, 3084 Wabern-Bern
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