MuseumsMagazin 9

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magazin

Herausgegeben vom Vorarlberger Landesmuseumsverein

Jahrgang 4 | Nummer 9

gegrĂźndet 1857

Ein dezentrales Denkmal gegen das Vergessen: Gunter Demnigs Stolpersteine


Seit 1994 verlegt der deutsche Künstler Gunter Demnig seine „Stolpersteine“ in ganz Europa. Mit mittlerweile 45.000 Steinen das größte bekannte dezentrale Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus.

Sie halten die nunmehr neunte Ausgabe des Museumsmagazins in den Händen. Das Magazin hat sich für uns – und damit meinen wir sowohl den Landesmuseumsverein als auch das vorarlberg museum – zu einer unverzichtbaren Plattform entwickelt, die allein schon aufgrund der gemeinsamen Vorbereitung die Zusammenarbeit zwischen Verein und Museum intensiviert hat. Das Magazin gibt uns die Möglichkeit, die Inhalte der Vereins- und Museumsarbeit breiter zu streuen, die Geschichte unserer Institution zu thematisieren, Menschen aus dem näheren Umfeld vorzustellen und immer wieder auf die Aktivitäten in der Vorarlberger Museumslandschaft aufmerksam zu machen. Das Porträt von Reinhard Häfele in dieser Ausgabe ist so ein Beispiel, Häfele steht für das Sammeln in Vorarlberg, er unterstützt die Museen in Vorarlberg auf vielfältige Weise und ist mit seiner Sammlung und seinem Statement („der Vorarlberger ist anders“) wesentlicher Bestandteil der derzeit im vorarlberg museum gezeigten Ausstellung „Sein & Mein“. Mit dieser Ausgabe möchten wir auch alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 25. Österreichischen Museumstages in Bregenz herzlich willkommen heißen. Nach 18 Jahren ist Vorarlberg nun zum zweiten Mal Gastgeber dieser wichtigsten, die österreichische Museumslandschaft vernetzenden Veranstaltung von ICOM Österreich und des Österreichischen Museumsbundes, die vom 8. bis 11. Oktober im neuen vorarlberg museum und an weiteren Orten in Vorarlberg stattfindet. Andreas Rudigier, Christof Thöny

Editorial | Unter uns 25. Österreichischer Museumstag Interview Werner Bundschuh Gunter Demnigs Stolpersteine Ausstellungen vorarlberg museum

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Wir sind gewachsen … Gut ein Jahr nach der Eröffnung des neuen vorarlberg museums ist wohl ein geeigneter Zeitpunkt, einen Blick auf die Mitgliederzahlen des Vereins zu werfen. Mehrere Jahre war das Museum geschlossen und die Verbindung der Vereinsmitglieder zum Museum dadurch eingeschränkt. Die aktuellen Zahlen belegen aber deutlich, dass sich trotz dieser „Durststrecke“ sowie diverser Veränderungen in der Organisation des Vereins und einer Erhöhung des Mitgliedsbeitrags nach 32 Jahren, die Mitglieder den Verein weiter tatkräftig unterstützen und die Veränderungen mittragen – was uns besonders freut. Der Vorarlberger Landesmuseumsverein zählt mit 15. August 2014 stolze 1.442 Mitglieder. Von Jänner bis August 2014 konnten wir 84 neue Vereinsmitglieder begrüßen. Dem gegenüber stehen 38 Austritte, mehrheitlich bedingt durch Ableben oder ein hohes Lebensalter.

1.442

verschafft eine Woche später (16. Oktober) Christof Thöny anhand faszinierender historischer Fotografien aus dem Nachlass der ortsansässigen Fotografen Andreas Schnetzer und Josef Bauer. In die Welt der Höhlenbären in Vorarlberg vor über 60.000 Jahren führt die junge Forscherin Lana Laughlan ein, indem sie den bisher einzigen Fund von Höhlenbären in Vorarlberg vorstellt und deren Lebensumfeld und -situation anschaulich skizziert (23. Oktober). Der Abschluss der Vortragsreihe am 30. Oktober führt aus den verschiedenen Regionen des Landes zurück an den Bodensee, ins antike Brigantium. Dabei demonstrieren die Archäologen Claus Holdermann und Andreas Picker nicht nur, wie aufschlussreich auch Randbereiche des römischen Siedlungsgebietes (Burghalde der Bregenzer Oberstadt) sein können, sondern sie präsentieren darüber hinaus grundsätzliche Perspektiven der archäologischen Denkmalpflege. Im Anschluss an diesen letzten Vortrag am 30. Oktober wird das Jahrbuch 2014 im vorarlberg museum im Rahmen eines kleinen Umtrunks präsentiert. Nähere Informationen zur Vortragsreihe können Sie hier der Seite 16, unserer Homepage www.vlmv.at sowie der Veranstaltungsbroschüre des vorarlberg museums entnehmen, die den Mitgliedern per Post zugesendet wird. Reisen – Rückblick und Ausblick

Sachlicher Kritik von Seiten der Mitglieder begegnen wir offen, auch wenn es uns wohl nie gelingen wird/kann, die Erwartungen aller zu erfüllen. Die Besuche der Mitglieder im vorarlberg museum werden seit Jahresbeginn aufgezeichnet und dokumentieren bis dato ein reges Interesse am neuen Haus. Ähnliche Erhebungen laufen parallel dazu an den einzelnen Partnermuseen. Die Ergebnisse werden wir Ihnen bei der nächsten Generalversammlung vorlegen können. Wir sind darüber hinaus bemüht, den Kreis der Partnermuseen für die nächsten Jahre weiter auszubauen. Vor allem aber freuen wir uns über jeden „Neuzuwachs“,denn: Jedes neue Mitglied unterstützt die laufende Vereinsarbeit und erweitert die Möglichkeiten des Vereins – ganz im Sinne seiner Gründungsziele – die Bewahrung von Kulturgütern, die landeskundliche Forschung und die musealen Aufgaben im Land zu unterstützen und zu fördern.

Den Abschluss der Reisen für die Mitglieder 2014 bildet eine fünftägige Fahrt nach Friaul und Venetien in der ersten Novemberhälfte (4.–9.) unter der Leitung von Dr. Piera Gebbia. Neben der reizvollen Landschaft liegt das Augenmerk der Exkursion auf der beeindruckenden Architektur im Veneto inklusive der berühmten Villen des Renaissance-Architekten Andrea Palladio, deren wohl berühmtestes Beispiel „La Rotonda“ in Vicenza den Abschluss der Reise bildet.

Ein erstes Dankeschön Unser Aufruf zur Mithilfe bei Aussendungen des Vereins ist auf ein erfreuliches Echo gestoßen. So konnte eine erste Gruppe von potentiellen Helferinnen und Helfern zusammengestellt werden, die bei der Faltung und Kuvertierung des Informationsmaterials kontaktiert werden kann. Vielen Dank! Weitere Meldungen sind uns natürlich herzlich willkommen, auch falls Sie uns darüber hinaus bei den Sekretariatsarbeiten unterstützen möchten, melden Sie sich bitte bei uns unter geschaeftsstelle@vlmv.at oder telefonisch +43 699 10981911. Für die Aufsicht in den Sammlungen des vorarlberg museums haben sich ebenfalls erste Freiwillige gemeldet. Wenn auch Sie Interesse an dieser Aufgaben haben, bitten wir Sie um eine Nachricht an das Sekretariat des vorarlberg museums unter m.stabodin@vorarlbergmuseum.at oder telefonisch +43 5574 46050 517. Spannende Herbst-Vorträge und das Jahrbuch 2014 Wie in den vergangenen drei Jahren werden auch diesen Herbst vier aufeinander folgende Vorträge im Oktober einen Ausblick auf das Jahrbuch 2014 geben. Am 9. Oktober starten der Leiter des Vielfaltenarchivs Vorarlberg, Fatih Özcelik, und der Zeithistoriker Dirk Rupnow von der Universität Innsbruck die Herbst-Vorträge und stellen Ihnen aktuelle Herausforderungen und Projekte aus Anlass von 50 Jahren Anwerbeabkommen Österreich – Türkei 1964 vor. Einen bilderreichen Einblick in die Welt des Klostertals

Werkraum Bregenzerwald Der Sammler Reinhard Häfele Hinter der Fassade Carl von Schwerzenbach Jura Soyfers Flucht ins Verderben

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Einen besonders hohen Zuspruch fand dieses Jahr die gemeinsam mit dem vorarlberg museum veranstaltete Schifffahrt nach Konstanz zur Landesaustellung „600 Jahre Konstanzer Konzil“, bei der sich rund 100 Mitglieder auf den Spuren des Konzils durch Stadt und Ausstellung bewegten – und sich am Bodensee erfrischten. Wir bedanken uns bei Baldur Hämmerle für das umfangreiche und vielseitige Programm 2014 und freuen uns auf das Veranstaltungsprogramm für 2015, das den Mitgliedern am Jahresende zugesendet wird. Kontaktieren Sie uns Wir freuen uns über Ihre Fragen oder Anregungen, die Sie jederzeit entweder schriftlich an geschaeftsstelle@vlmv.at beziehungsweise Vorarlberger Landesmuseumsverein, Geschäftsstelle, Kornmarktplatz 1, 6900 Bregenz oder telefonisch +43 5574 46050545 an uns richten können. Weitere Informationen zum Vereinsgeschehen erhalten Sie parallel zum Museumsmagazin auf der Homepage des Vereins www.vlmv.at sowie in unseren Aussendungen. Brigitte Truschnegg

Fotos: Petra Rainer

Aktuell Das Konzil zu Konstanz Vorträge des VLMV | Impressum

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25. Österreichischer Museumstag in Bregenz: Museen als Verhandlungsorte und Aktionsfelder für soziale Verantwortung und gesellschaftlichen Wandel Der Österreichische Museumstag findet vom 8. bis 11. Oktober 2014 im vorarlberg museum in Bregenz und an anderen Museumsstandorten in Vorarlberg statt. Er diskutiert vielfältige Zugangsweisen von Museen, die neue Formen des verantwortlichen Agierens und sozialen Handelns entwickeln. Museen können eine entscheidende gesellschaftliche Rolle übernehmen, indem sie sich neben der Vergangenheit verstärkt auch der Gegenwart und Zukunftsideen zuwenden. Auf Gegenwärtiges zu fokussieren, birgt vielfältige Chancen: hinsichtlich der Zukunft einer Sammlung, hinsichtlich neuer Felder und Formen der Kooperation, der Vermittlung und des Kompetenztransfers. Das Museum kann sich dadurch als Experimentierfeld und Plattform für die Verortung von Individuum und Gesellschaft etablieren. Es unterstützt so die Suche nach persönlicher und kollektiver Verantwortung für ein demokratisch strukturiertes Zusammenleben. Eine Hinwendung zu diesen Fragen macht das Museum nicht nur zu einem gesellschaftsrelevanten, sondern zu einem attraktiven Ort; auch für Menschen, die jenseits schulischer Bildungsorte, privater Räume oder des Arbeitsumfeldes Verhandlungsorte und Aktionsfelder für das Zusammenleben suchen.

14.30 Uhr Projektvorstellungen (Pecha Kucha): Design als zentrale Kraft (Christoph Thun-Hohenstein, Direktor Österreichisches Museum für Angewandte Kunst, Wien) Dinge der Zerstreuung – Dinge der Diaspora. Ein Museum als Netzwerk (Hanno Loewy, Direktor Jüdisches Museum Hohenems) Grenzfluss – Biber, Rhein und fremde Liebe (Johannes Inama, Leiter Küefer-Martis-Huus, Ruggell, FL) Das Wunder Mensch – Interaktive Vermittlung am Puls der Zeit (Ruth Swoboda, Direktorin inatura Dornbirn) Referenzobjekte der Jetztzeit. 2000-2010 (Sandra Mühlenberend, Kunsthistorikerin und Historikerin, Weimar) 15.30 Uhr Pause 16.00 Uhr Diskussion: Johannes Inama, Sibylle Lichtensteiger, Hanno Loewy, Sandra Mühlenberend, Ruth Swoboda, Christoph Thun-Hohenstein, Manfred Welte (Moderation) 17.30 Uhr Aktuelle Stunde: Offenes Forum für Ihre Anliegen 18.30 Uhr Generalversammlung Museumsbund Österreich

Mittwoch, 8. Oktober 2014

20.00 Uhr Empfang: 25 Jahre Museumsbund Österreich (Buffet, musikalische Umrahmung mit Jacky’s Jazz Critters)

19.00 Uhr Come Together Mit Besichtigungsmöglichkeit vorarlberg museum

Freitag, 10. Oktober 2014

Donnerstag, 9. Oktober 2014

09.00 Uhr Vortrag: GrazMuseum – Urbanes Identitätslabor (Otto Hochreiter, Direktor GrazMuseum)

09.00 Uhr Begrüßung: Andreas Rudigier (Direktor vorarlberg museum), Danielle Spera (Präsidentin ICOM Österreich), Wolfgang Muchitsch (Präsident Museumsbund Österreich), Harald Sonderegger (Landesrat für Kultur), Michael P. Franz (Leiter Sektion IV: Kultur Bundeskanzleramt) 09.30 Uhr Hauptvortrag: Der Palazzo Strozzi als Labor des sozialen Wandels (James M. Bradburne, Generaldirektor Fondazione Palazzo Strozzi, Florenz) 10.30 Uhr Pause 11.00 Uhr Diskussion: James M. Bradburne, Eckart Köhne (Präsident Deutscher Museumsbund), Gianna A. Mina (Präsidentin Schweizer Museumsverband), Wolfgang Muchitsch, Danielle Spera, Elisabeth Stöckler (Moderation) 12.30 Uhr Mittagspause 14.00 Uhr Vortrag: Nichts als die Gegenwart (Sibylle Lichtensteiger, Leiterin Stapferhaus Lenzburg, CH)

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15.30 Uhr Pause 16.00 Uhr Abschlussdiskussion (Beat Hächler und Andreas Rudigier, ein Platz am Podium bleibt frei: Nehmen Sie an der Diskussion teil!) 17.00 Uhr Persönlichkeiten führen durch das vorarlberg museum: Gottfried Bechtold (Künstler), Ulrich Gabriel (Kulturveranstalter), Edith Hofer (Künstlerin), Brigitte Truschnegg (Althistorikerin, Präsidentin des Vorarlberger Landesmuseumsvereins) 18.00 Uhr Ende 18.30 Uhr Verleihung des Österreichischen Museumsgütesiegels (Empfang) Samstag, 11. Oktober 2014

Programm

08.30 Uhr Registrierung

Potentialen (Bruno Winkler, Museumsberater, Schruns/ Innsbruck) Serbien 2014 – wenn nicht jetzt, wann dann? (Branislav Mihajlovic, Künstler, Belgrad)

09.30 Uhr Projektvorstellungen (Pecha Kucha): Ortsgespräche – Stadt-Migration-Geschichte: Vom Halleschen zum Frankfurter Tor (Frauke Miera, Kuratorin und Politologin, Berlin) „Es ist nicht meine Ausstellung, es ist unsere“ (Kirsten Helfrich, Kunsthaus Bregenz) Einfach so? So einfach! – Über Dinge sprechen (Hannah Landsmann, Jüdisches Museum Wien) City Mountains – Schweizer Berge Made in Taiwan (Beat Hächler, Direktor Alpines Museum Bern) Hands-on Urbanism 1850–2012 – Vom Recht auf Grün (Elke Krasny, Kuratorin und Stadtforscherin, Wien)

08.30 Uhr Exkursion: Abfahrt in Bregenz (Treffpunkt: vorarlberg museum) 09.00 Uhr Jüdisches Museum Hohenems, inatura Dornbirn, Kunstraum Dornbirn 12.00 Uhr Kässpätzle-Partie im Gasthof Hirschen in Schwarzenberg 14.00 Uhr Angelika Kauffmann-Museum Schwarzenberg, Werkraum Bregenzerwald Andelsbuch, Frauenmuseum Hittisau 16.15 Uhr Rückfahrt 17.00 Uhr Ankunft in Bregenz und Ende des Museumstags Anmeldung

10.30 Uhr Pause 11.00 Uhr Diskussion: Beat Hächler, Kirsten Helfrich, Otto Hochreiter, Elke Krasny, Hannah Landsmann, Frauke Miera, Jutta Berger (Moderation) 12.30 Uhr Mittagspause 14.00 Uhr Workshops (wahlweise): Gemeinsam statt einsam – Alte Rezepte für schwierige Zeiten? (Andreas Rudigier) Der „Dialog mit der Gesellschaft“ – die Positionierung eines Museums im gesellschaftlichen Umfeld (Markus Barnay, Journalist und Autor, Dornbirn) Vom Bild zum Archiv – von der Suche nach dem fehlenden Bild und seiner Geschichte im Gedächtnis eines Landes (Fatih Özcelik, Vielfaltenarchiv, Dornbirn) Sichten und Sammeln – Einbindung von Akteuren und

Die Teilnahme an der Tagung ist kostenlos. Anmeldung notwendig. Das vorliegende Museumsmagazin erscheint nach Anmeldeschluss, bei Interesse an einer der Veranstaltungen melden Sie sich bitte im Vorfeld der Tagung im Sekretariat des vorarlberg museums (Traude Pregetter, Margit Stabodin). Informationen zur Tagung vorarlberg museum Manfred Welte Kornmarktplatz 1, 6900 Bregenz m.welte@vorarlbergmuseum.at Tel. +43 5574 46050539 Tagungskonzept Rath & Winkler. Projekte für Museen und Bildung Robert Gander, Gabriele Rath, Bruno Winkler www.rath-winkler.at


Eine Frage von Einstellungen, Wissen und Verständnis Vom 13. bis 15. November findet im vorarlberg museum das 13. Zentrale Seminar von _erinnern.at_ , der Projektstelle des Bundesministeriums für Bildung und Frauen „Nationalsozialismus und Holocaust: Gedächtnis und Gegenwart“ statt. Während dieser drei Tage steht das Thema „Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter – Sklaven der Volksgemeinschaft“ im Fokus. Im Gespräch berichtet Werner Bundschuh über die Inhalte der Veranstaltung und die Schwerpunkte seiner Arbeit. mm: Werner Bundschuh, der Name Ihrer Institution, _erinnern.at_, klingt zunächst nach einer Webseite im Internet. Wie würden Sie die Schwerpunkte Ihrer Arbeit definieren?

Ausstellung die Form der Vermittlung, so werden moderne technische Mittel eingesetzt, die den Bedürfnissen der heutigen Schülerinnen und Schüler entsprechen – etwa durch die Möglichkeit, per QR-Code Smartphones einzusetzen. Die Wanderausstellung kann von Schulen in ganz Österreich angefordert werden. Sie entpuppt sich derzeit als großer Erfolg, es wurde auch gleich eine zweite, inhaltlich identische Ausstellung produziert.

den Wissenschaftspreis des Landes. Er hat die Forschungserkenntnisse der vergangenen drei Jahrzehnte übrigens auch in einem Buch zusammengefasst, das in der Jugendbuchserie von _erinnern.at_ über den Nationalsozialismus in den Bundesländern erschienen ist.

mm: Kann diese Wanderausstellung auch in Vorarlberg besucht werden?

Bundschuh: Dazu möchte ich ein Beispiel anführen: Dass Otto Ender nicht mehr als lupenreiner Demokrat präsentiert wird, kann man sicherlich als historischen Fortschritt im Umgang mit Themen wie dem Austrofaschismus und dem Nationalsozialismus sehen.

Bundschuh: Ab September wird die Ausstellung an zehn Vorarlberger Schulen zu sehen sein, während des ganzen nächsten Schuljahrs. Im Rahmen des Zentralen Seminars wird sie vom 13. bis 15. November auch im vorarlberg museum präsentiert. mm: Mit der fortschreitenden zeitlichen Distanz wird es zunehmend schwieriger, Zeitzeugen zum Holocaust zu finden.

Bundschuh: Ein zentrales Anliegen des Vereins _erinnern.at_ ist es, den Holocaust so zu unterrichten, damit bereits die ersten Anzeichen für Ausgrenzung und Diskriminierung erkannt werden. Das ist nicht nur eine Frage von Konzepten, sondern eine Frage von Einstellungen, Wissen und Verständnis. Eine Möglichkeit, Konzepte und ihre Anwendungsmöglichkeiten kennenzulernen, bieten die Seminare von _erinnern.at_ in Israel. Das Projekt wurde 2000 vom damaligen Unterrichtsministerium mit dem Ziel initiiert, die Auseinandersetzung mit dem Thema Nationalsozialismus zu vertiefen. Heute wird es von einem Verein getragen und ist in erster Linie ein Netzwerk, das dezentral – mit Koordinatoren in jedem Bundesland – aufgebaut ist. Dieses Netzwerk wird natürlich auch im Internet abgebildet, auf der Webseite, die auch Vereinsname ist. Außerdem ist _erinnern.at_ vielfach in internationale Organisationen eingebunden. mm: Welche besonderen Initiativen der vergangenen Jahre sollten hervorgehoben werden? Bundschuh: Wichtig scheinen mir die vielfältigen pädagogischen Materialien, die für Schulen herausgegeben wurden. Die Themenpalette reicht von den europäischen Unterrichtsmaterialien zu den Roma und Sinti bis hin zum Arbeitsheft zu Rassismus und Antisemitismus in der Gegenwart. Ein zentrales Anliegen ist die Arbeit mit Zeitzeugen. In diesem Zusammenhang wurden zwei DVDs mit didaktischen Anleitungen produziert: „Das Vermächtnis“ und „Neue Heimat Israel“. Seit Mai 2014 wird eine Ausstellung mit dem Titel „Darüber sprechen“ präsentiert. Sie basiert auf den Erinnerungen von 14 Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die über ihre Erfahrungen in der NS-Zeit berichten; etwa über Antisemitismus in der Schule, Vertreibung, das Suchen einer neuen Heimat und eine eventuelle Rückkehr. Innovativ erscheint mir bei dieser

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Bundschuh: Noch stehen Menschen wie der 101-jährige Marko Feingold zur Verfügung, die unermüdlich bemüht sind, ihre Erfahrungen an die nächste Generation weiterzugeben. Wir führen auch einmal jährlich ein Zeitzeugenseminar durch, denn nichts kann die persönliche Begegnung ersetzen. Man muss sich aber dessen bewusst sein, dass wir derzeit in einer Phase des Übergangs sind. Es wird bald eine neue Lehrer- und Schülergeneration geben, die nicht mehr mit lebenden Zeitzeugen arbeiten kann und auf neue Formen der Vermittlung angewiesen ist. Eines ist für mich aber völlig klar: Die Erfahrungen aus der NS-Zeit werden auch an kommende Schülergenerationen weitergegeben werden müssen. Hier füllt _erinnern.at_ eine ganz wichtige Lücke, denn im Ausbildungsprogramm der Lehrer an Pädagogischen Hochschulen und Universitäten gibt es erhebliche Lücken in den Lehrplänen, wie eine aktuelle Studie aufzeigt. Studierende können heute ein Lehramtsstudium absolvieren, ohne mit dieser Epoche der Geschichte wirklich in Berührung zu kommen.

mm: Wie würden Sie die Darstellung von zeitgeschichtlichen Themen im neuen vorarlberg museum bewerten?

mm: Im vorarlberg museum wird nun das 13. Zentrale Seminar von _erinnern.at_ über die Bühne gehen. Bundschuh: Es wird der Zwangsarbeit gewidmet sein, einem Thema, das gerade in Vorarlberg seit den 1990er Jahren sehr zentral den „hausgemachten“ Anteil am Nationalsozialismus aufgezeigt hat. So standen etwa die Illwerke einer Aufarbeitung des Themas nicht gerade aufgeschlossen gegenüber. Hier zeigt sich aber auch ein neues Bild im Umgang mit dem Thema: Im Zentralen Seminar werden Unterrichtsmaterialien vorgestellt, die mit Unterstützung des Landes und der Illwerke entstanden sind. Außerdem wird die neue Publikation „Minderjährige Gefangene des Faschismus“ von Margarethe Ruff präsentiert. Bereits ab 21. Oktober 2014 wird im Atrium des vorarlberg museums die vom „Mémorial de la Shoah“ konzipierte Ausstellung zum Holocaust in Europa gezeigt. Für Österreich wurde sie um einige Tafeln erweitert. Die Eröffnungsansprache hält Univ. Prof. Dr. Walter Manoschek, der durch seine Forschungen zur Militärjustiz bekannt geworden ist. In diesem Zusammenhang wird auch seinen Dokumentarfilm „Dann bin ich ja ein Mörder“ präsentiert. In Bregenz findet am 4. und 5. November außerdem ein internationales Symposium zum Stand der Täterforschung statt; einem Thema, das in Österreich noch ziemlich brach liegt. Man sieht also: Es tut sich vieles in der Erinnerungsarbeit in diesem Land.

mm: Welche Bedeutung haben die Seminare in Israel für die teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrer?

Christof Thöny Zur Person:

Bundschuh: Im Juli wurde das 26. dieser Seminare durchgeführt, an welchen jeweils rund 25 Lehrerinnen und Lehrer teilnehmen. Der für August 2014 geplante 27. Lehrgang musste aufgrund der angespannten politischen Lage in Israel verschoben werden. Die Seminare in Yad Vashem (Jerusalem) und Lohamei Hagetaot ermöglichen für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer intensive Lernerfahrungen, die dann im Unterricht weitergegeben werden. Daraus sind in den vergangenen Jahren spannende Projekte erwachsen. mm: Sie sind neben Ihrer Tätigkeit bei _einnern.at_ auch Obmann der Johann-August-Malin-Gesellschaft, die sich seit mehr als 30 Jahren der Aufarbeitung von zeitgeschichtlichen Themen angenommen hat. Hat sich die Einstellung im Umgang mit solchen in dieser Zeit verändert? Bundschuh: Ganz sicher hat sich die Einstellung zur Johann-August-Malin-Gesellschaft verändert, einst sehr umstrittene Themen sind heute weitgehend anerkannt. In meiner Tätigkeit als Obmann konnte ich diesen Wandel feststellen. Ein Beleg von vielen ist das lange eingeforderte „Deserteursdenkmal“, das im kommenden Jahr realisiert wird. Auch Institutionen wie das Jüdische Museum und das neue vorarlberg museum zeugen von einer neuen Sicht auf die Geschichte. Einer der Mitbegründer der Malin-Gesellschaft, Meinrad Pichler, erhält im November

Werner Bundschuh, geboren 1951 in Dornbirn, Lehramtsstudium Geschichte und Deutsche Philologie an der Universität Innsbruck. Unterrichtete von 1975 bis 2011 am BG Dornbirn-Realschulstraße. Seit 1983 Lehrbeauftragter der Johannes-Kepler-Universität Linz am Studienzentrum Bregenz. Dr. phil.1988, Master of Advanced Studies (2002). Seit 1991 Obmann der Johann-August-Malin-Gesellschaft. Zahlreiche Publikationen zur Vorarlberger Zeitgeschichte und seit 2009 Mitarbeiter bei _erinnern.at_. Verein _erinnern.at_ Obfrau: MRin Maga. Martina Maschke (BMFB, Abteilung für internationale bilaterale Angelegenheiten – Bildung) Obfrau-Stellvertreter: MR Mag. Manfred Wirtitsch (BMFB, Abteilung für Politische Bildung) Schriftführerin: DDr.in Barbara Glück (bm:i, KZ Gedenkstätte Mauthausen) Geschäftsführer: Dr. Werner Dreier Büro: Kirchstraße 9/2 6900 Bregenz Tel. +43 5574 52416 office@erinnern.at

Meinrad Pichler Nationalsozialismus in Vorarlberg. Opfer. Täter. Gegner Band 3 der Reihe „Nationalsozialismus in den österreichischen Bundesländern“ hg. von Horst Schreiber i. A. von _erinnern.at_ 416 Seiten, fest gebunden, 260 Abb. Studien Verlag 24,90 Euro ISBN 978-3-7065-5030-7

Foto: Christof Thöny

www.erinnern.at


Ein Stein. Ein Name. Ein Mensch „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“ – entsprechend dem Zitat aus dem jüdischen Talmud initiiert der deutsche Künstler Gunter Demnig sein Projekt „Stolpersteine“: Pflastersteine, deren kubische Form sich vom gewöhnlichen Straßenbelag durch eine individuell beschriftete Messingplatte abhebt. Darauf zu lesen sind biografische Daten eines Menschen, dessen Leben durch die Nationalsozialisten gewaltsam beendet wurde und dessen letzter Wohnort sich an der

folgte ein erster Entwurf zum Projekt „Stolpersteine“, vier Jahre später wurden die ersten Steine gegen das Vergessen in Berlin-Kreuzberg verlegt, was allerdings vorerst behördlich nicht genehmigt und erst später legalisiert wurde. Seit dem Jahr 2000 verlegt Demnig Stolpersteine in ganz Europa, bereits über 46.000 dieser Steine hat der 1947 geborene Kölner Künstler in Österreich, Belgien, Frankreich, Italien, Kroatien, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Polen, Russland, der Schweiz, der Slowakei, der Tschechischen Republik, Slowenien, der Ukraine und

Veranstaltung von der Musikschule tonart und durch das Mitwirken der Schülerinnen und Schülern der lokalen Mittelschule Markt, die die Lebenswege der neun letzten jüdischen Menschen in Hohenems vortrugen. Eigens aus New York angereist war Sue Shimer-Rosenthal, eine Nachfahrin von Clara Heimann- Rosenthal, die in ihrer Rede alle Anwesenden dazu aufforderte, aus der Vergangenheit zu lernen und die Erinnerung an folgende Personen aufrecht zu erhalten:

Stelle befand, an der Demnig den Stein ins Straßenpflaster einarbeitet. Er verzichtet dabei bewusst auf eine Massenverlegung, um der damaligen Massenvernichtung in der NS-Zeit etwas entgegenzusetzen, deshalb fertigt und verlegt der Künstler jeden Stein persönlich per Hand, um so an jedes Schicksal individuell zu erinnern.

Ungarn gesetzt. Dieses große dezentrale Denkmal wird 2014 durch die ersten Steine in Rumänien ergänzt.

Frieda Nagelberg (1889–1942) Gisela Figdor (1882–1942) Markus Silberstein (1904–1942) Clara Heimann, geb. Rosenthal (1866–1942) Alois (Louis) Weil (1878–1938) Sophie Steingraber-Hauser, geb. Rosenthal (1863–1942) Theodor Elkan (1864–1942) Helene Elkan, geb. Neuburger (1879–1944) Hans David Elkan (1900–1944)

In ganz Europa Seit dem Jahr 1990 arbeitet Gunter Demnig daran, Vergessenes zurück ins historische Gedächtnis zu holen: Es begann mit einer Aktion zum Gedenken an die Deportation von Sinti und Roma aus Köln im Jahr 1940, 1993

Neun Steine in Hohenems Auf Initiative der Stadt und des Jüdischen Museums wurden am 30. Juni 2014 neun Steine im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Hohenems, vor allem im ehemaligen Jüdischen Viertel, verlegt. Nach Lingenau – im Jahr 2011 wurde mit Stolpersteinen an sechs Opfer der sogenannten „Euthanasie“ erinnert – ist Hohenems die zweite Vorarlberger Gemeinde, in der Demnig sein langjähriges Projekt umsetzt. Musikalisch umrahmt wurde die

Susanne Emerich Fotos: Martin Hoelblinger/Stadt Hohenems


Ich, Felder. Dichter und Rebell Franz Michael Felder (1839–1869) zählt zu den legendären Vorarlbergern. Sein Name steht für Mut und Aufklärung gegen heftige Widerstände. Von Kind an auf einem Auge blind, schreibt der Bauer aus dem Bregenzerwald Romane, gründet Genossenschaften und eine Partei. Nach seinem frühen Tod erklären ihn die einen zum Landesdichter, die andern zum Revolutionär. Zu seinem 175. Geburtstag zeigt das vorarlberg museum Felder als vielschichtigen Menschen, dessen Leben vom Willen nach Veränderung geprägt war und dessen Werk von überraschender Aktualität ist. In Zusammenarbeit mit dem Franz-Michael-Felder-Archiv. Bis 16. November 2014.

kultur-online, 27. 6. 2014 Foto: Markus Tretter

Römer, Alamannen, Christen. Frühmittelalter am Bodensee Die Zeit zwischen dem fünften und dem achten Jahrhundert brachte für die Menschen am Bodensee zahlreiche Umwälzungen mit sich: Die Römer zogen sich zurück; germanische Siedler unterschiedlicher Herkunft übernahmen die Herrschaft und verschmolzen hier zu den Alamannen. Nach ihrer Unterwerfung durch die Franken Anfang des sechsten Jahrhunderts wurde das Herzogtum Alamannien errichtet, in dem sich das Christentum mit dem Konstanzer Bischofssitz langsam, aber sicher etablierte. Zahlreiche Funde, darunter kostbare Goldobjekte aus den an den See angrenzenden Ländern, liefern neue Ergebnisse zur Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte, zu Handwerk, Leben und Tod im spannenden

Frühmittelalter. Die reichhaltigen Leihgaben stammen von: Alamannenmuseum Weingarten, Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg Konstanz, Archäologi-

Thurgau Frauenfeld, Archäologie Fürstentum Liechtenstein, Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Denkmalpflege im Regierungspräsidium Freiburg, Kreisarchäologie Konstanz, Kantonsarchäologie Aargau (Brugg), Kantonsarchäologie Schaffhausen, Kantonsarchäologie St. Gallen, Kantonsarchäologie Zürich (Dübendorf), Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, Arbeitsstelle Hemmenhofen, vorarlberg museum Bregenz, Historisches Museum Schloss Arbon, Rosgartenmuseum Stadt Konstanz Vernissage: Donnerstag, 4. Dezember, 18.00 Uhr Ausstellung: 5. Dezember bis 19. April 2015

sches Museum Colombischlössle Freiburg, Archäologisches Hegaumuseum Singen, Amt für Archäologie

Fotos: Y. Mühleis, R. Wessendorf, Badisches Landesmuseum Karlsruhe

Mariella Scherling Elia. Autoritratto Ein Olivenbaum muss – ungefragt – von Kalabrien durch ganz Italien nach Hohenems reisen. Grund dafür ist Mariella Scherling Elias Liebe zu einem Kunstprojekt, in dem der Olivenbaum als Friedenssymbol und als Metapher für Migration eine gewichtige Rolle spielt. Es ist nicht irgendein Olivenbaum, den die Künstlerin ausgesucht hat. Es ist für sie der Baum ihres Lebens, eine knorrige, beständige Skulptur, die in verschiedene Richtungen weist und letztendlich neuen Boden findet. Bis 12. Oktober

Fotos: Sandro Scherling, Markus Tretter

Ein von der Künstlerin signiertes Plakat zur Ausstellung ist im Museumsshop erhältlich. Preis: 25,00 Euro, der Erlös geht an den Verein „Meerin Bulak“.

Der Holocaust in Europa Die Wanderausstellung „Der Holocaust in Europa“ wurde vom Mémorial de la Shoah in Paris konzipiert. Die Schau vermittelt die Geschichte der Vernichtung des europäischen Judentums von den Anfängen des rassistischen Antisemitismus bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Ergänzend dazu haben die beiden Historikerinnen Heidemarie

Uhl und Leonore Eppel-Lappin eine Darstellung dieser Entwicklungen in Österreich erarbeitet. Den Eröffnungsvortrag „Österreichische Täter im Holocaust“ hält der Wiener Historiker und Politikwissenschaftler Walter Manoschek. In Zusammenarbeit mit: erinnern.at, Bundesministerium für Bildung und Frauen, Nationalfonds der

Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus Vernissage: Dienstag, 21. Oktober, 19.00 Uhr Ausstellung: 22. Oktober bis 23. November

Foto: Walter Genewein | Bildrechte: Jüdisches Museum Frankfurt

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Ulrike Längle, Jürgen Thaler und vorarlberg museum (Hg.) Ich, Felder. Dichter und Rebell 336 Seiten, ca. 100 Abbildungen Format 16,5 x 23,5 cm Libelle Verlag 29,80 Euro ISBN: 978-3-905707-57-1

Amt für Archäologie des Kantons Thurgau (Hg.) Römer, Alamannen, Christen Frühmittelalter am Bodensee 129 Seiten, 16 x 24 cm Departement für Erziehung uund Kultur Kanton Thurgau 15,00 Euro ISBN 978-3952294161


Zum Grundstock einer Sammlung im Werkraum Bregenzerwald Das vorarlberg museum verfügt über eine Sammlung, die dem zeitgenössischen handwerklichen Schaffen im Bregenzerwald gewidmet ist. Ausgestellt sind die seit dem Jahr 2000 aus den Wettbewerben „Handwerk+Form“ angekauften Artefakte im Werkraum Bregenzerwald in Andelsbuch. Renate Breuß, Geschäftsführerin des Werkraums Bregenzerwald, im Gespräch mit dem Museumsmagazin.

ermöglichen so verschiedene Blickwinkel, erzeugen selbst wieder Räume, Raumabfolgen – engere und weitere. Die Grundstruktur ist eine Wabe, ein Sechseck mit offener Seite. Man sieht eine Werkstatt und befindet sich schon in der nächsten, jeder Blechkörper ist anders. Pro Tableau kommen maximal zwei oder ein Gewerk vor. Das im Zeitraum von zwei Monaten entstandene Fotomaterial ergibt

Eintrittspreise Regulär: 5,00 Euro Ermäßigt (Schüler, Studenten, Lehrling, Gruppen ab 15 Personen): 3,50 Euro Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre: freier Eintritt

mm: Seit wann besteht der Wettbewerb mit dem Schwerpunkt Handwerk und Gestaltung? Breuß: Erstmals wurde der Wettbewerb „Handwerk+ Form“ im Jahr 1991 vom Handwerkerverein Andelsbuch unter der künstlerischen Leitung von Harry Metzler ausgerichtet, seit 2000 in Zusammenarbeit mit dem Werkraum Bregenzerwald, im regelmäßigen Dreijahresrhythmus. 2015 geht der Wettbewerb mit begleitender Ausstellung zum siebten Mal über die Bühne. Anliegen des Wettbewerbs ist die Kooperation zwischen Handwerk und Gestaltung zu fördern, das Wissen der Handwerker mit den ästhetischen Entwürfen der Architekten, der Designer und Gestalter zusammenzuführen, innovative Impulse zur Bauund Wohnkultur zu geben. Dabei entstehen inspirierende Objekte und Einrichtungsgegenstände genauso wie Detaillösungen zu Gebäuden und Häusern. mm: Wo werden die preisgekrönten Objekte präsentiert? Breuß: Alle Einreichungen sind in einem Dorfrundgang durch Andelsbuch ausgestellt, in offenstehenden Sägen und Scheunen, Schmieden und Backstuben, in ehemaligen Stätten der Arbeit. Die öffentliche Präsentation aller Einreichungen erfährt viel Aufmerksamkeit in der Bevölkerung und in der Fachpresse. Das vorarlberg museum hat zuerst die Sammlung „möbel für alle“, eine Essenz aus den Wettbewerben bis 2002, und ab 2012 die Werke aller Preisträger der Ausstellung im Werkraum Bregenzerwald angekauft. Seit der Eröffnung des Werkraumhauses im Sommer 2013 sind diese Ankäufe als Leihgaben zurückgekehrt und können im Rahmen von Führungen im Schaulager des Museums besichtigt werden. Die Auswahl ist breit, sie reicht von Tischen, Stühlen, Sofas, Teppichen, Herden und Kommoden über Sportrodel bis zur maßgeschneiderten Handwerkerhose. Sie bildet nicht nur den Fundus dieser einzigartigen Plattform, sondern gibt auch Einblick in die kulturelle Entwicklung des Handwerks. mm: Nach welchen Kriterien können Objekte eingereicht werden? Breuß: Eine kompetent besetzte Fachjury bewertet und prämiert die Einreichungen nach den Grundsätzen von Material, Form und Funktion in einem alltagstauglichen Kontext. In den Jurien saßen unter anderem Carlo Baumschlager, Verena von Beckerath, Gion Caminada, Hermann Czech, Sebastian Hackenschmidt, Michael Hausenblas, Traudl Herrhausen, Köbi Gantenbein, Harry Metzler, Antonella Rupp, Hubert Sanktjohanser, Bruno Spagolla, Peter Zumthor.

Holzfenster von Claus Schwarzmann | Auszeichnung Handwerk + Form 2014

zusammengerechnet 30 Minuten (bei 31stel Sekunden belichteter Arbeitszeit), davon sind zwei Minuten in der Ausstellung zu sehen. mm: Wie reagieren Besucherinnen und Besucher auf diese unkonventionelle Präsentation, auf das Konzept Werkraum Bregenzerwald? Breuß: Für den Werkraum ist es sehr wichtig, nicht nur die fertigen Produkte zu zeigen, sondern sich auch mit dem Daneben und dem Dahinter zu befassen, Handwerk in einem ganzheitlichen Ansatz zu begreifen. Im Fall der aktuellen Ausstellung geht es darum, die Lebens- und Arbeitsorte, die Stätten der Arbeit nicht nur als herstellenden, sondern auch als kulturellen Ort, als Denk- und Handlungsraum in seiner sozialen Struktur zu untersuchen. Die Besucher lassen sich gerne ein, tauchen ein in die Labyrinthe und Räume, nehmen Platz am Ausstellungstisch, wo ausgewählte Literatur und Aufsätze zum Thema aufliegen oder auch Hinweise auf Nichtvorhandenes ihren Platz finden. So wurde über die Recherche zu dieser Ausstellung deutlich, dass sich nur wenige Fotografien aus und zu den Werkstätten finden ließen, der Mensch bei der Arbeit in der Vergangenheit kaum ein Bildthema war. Das dafür vorgesehene Fotoalbum ist somit leer geblieben.

Foto: Adolf Bereuter

Führungen Gruppen (ab 15 Personen): pro Person 7,00 Euro Führungen während Sonderausstellungen: 12,00 Euro inkl. Eintritt Öffentliche Führungen Jeden Donnerstag, 17.00 bis 18.00 Uhr Eintritt zur Ausstellung 5,00/3,50 Euro, Kombiticket mit Bregenzerwälder Handwerksausstellung Ausstellungen 13. September bis 11. Oktober 2014 Getting Things Done: Evolution of the Built Environment in Vorarlberg Eine Ausstellung zur aktuellen Entwicklung der Architektur in Vorarlberg. Die als wandernder Showcase konzipierte Ausstellung startet im Werkraum Bregenzerwald und wird anschließend weltweit in den Österreichischen Kulturforen gezeigt. 31. Jänner bis 2. Mai 2015 Erbstücke

Susanne Emerich mm: Die Arbeitsstätten von Handwerkern haben sich im Laufe der Zeit verändert – sie sind heute vielfältiger als früher. Die aktuelle Ausstellung im Werkraum Bregenzerwald beschäftigt sich mit diesem Thema. Breuß: Kurator der Ausstellung ist Hubert Matt – Philosoph, Künstler und Designprofessor – der das Thema der Werkstätten mit dem Medium der Fotografie erkundet und sich im Bregenzerwald auf den Weg gemacht hat. Dabei hat er 26 Räume des Arbeitens, neun Baustellen und 21 Gewerke festgehalten, nicht inszeniert sondern vielmehr in teilnehmender Beobachtung. Die Schwarz-Weiß-Bilder sind auf neun gefalteten Blechkörpern kaschiert und

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Werkraum Bregenzerwald Hof 800 6866 Andelsbuch Tel. +43 5512 26386 info@werkraum.at Öffnungszeiten Dienstag bis Samstag 10.00 bis 18.00 Uhr Sonntag, Montag und Feiertage geschlossen

Im Bregenzerwald herrschte und besteht auch heute noch eine hohe Wohnkultur. Viele handwerklich aufwendig hergestellte und vorbildlich gestaltete Möbel haben als geliebte Erbstücke die Jahrhunderte überdauert. Durch das moderne Bauen und neue Einrichtungsmoden haben sich neue Anforderungen an das Wohnen und an die Möblierung ergeben. Wie werden die alten Lieblingsstücke der Vorfahren heute wahrgenommen, welche Geschichten verbinden sich damit, welche zeitgenössischen Möbel haben das Potential ebenso geliebt und über Generationen hinweg aufbewahrt und benutzt zu werden? Die Ausstellung bringt Möbel mit diesen Eigenschaften in einen Dialog.

Rudolf Sagmeister Wilde Blumen – Alte Meister. Kunst und Natur Hardcover, ca. 160 Seiten, A4-Format, durchgängig farbig bebildert 29,90 Euro Erscheint am 15. November 2014 Bertolini Verlag, Bregenz ISBN 978-3-9502706-9-3


Die Eintrittskarte in eine andere Welt. Eine Zeitreise mit dem Sammler Reinhard Häfele aus Frastanz Der Wiener Autor und Journalist Bernhard Seiter („Ein Land wie eine Hand. Eine Reise nach Vorarlberg“) stellte die Vermutung auf, dass mancher Vorarlberger (manche Vorarlbergerin?) im Innersten von einer gewissen Sprachscham bestimmt sei. Nicht anders sei es zu erklären, weshalb hier anstelle von „Reden“ der Begriff „Schwätza“ verwendet werde. In Oberösterreich etwa, dort wo Bernhard Seiter aufgewachsen ist, meint „Schwätzen“ vielmehr „ein ungehöriges Sprechen während der Schulstunde“. Ein bisschen „schwätza“ ist das Ziel dieses Artikels, mit einem Menschen, der dem Sammelfieber erlegen ist. Sein Name ist Reinhard Häfele. Er ist 59 Jahre alt und wohnt in Frastanz. Und wie ungehörig sich das Ganze gestaltet, möge die Leserin beziehungsweise der Leser beurteilen.

Ich denke wieder an die Krautschneideruhr im Museum, deren Glockenschlag inzwischen zum vertrauten Klang geworden ist. Hohenems – Feldkirch – Frastanz Reinhard Häfele ist in Hohenems geboren und in Feldkirch aufgewachsen. Anfang der 1970er Jahre bezog die Familie in Frastanz ein Eigenheim. „Mein Vater war ein Nostalgiker. Er hatte immer wieder Heimweh. Hohenemser haben

Den Schein wahren ... Das vorarlberg museum zeigt aus dem Besitz von Reinhard Häfele eine so genannte Krautschneideruhr aus Gaschurn im Montafon. Der Klang ihres Stundenschlags ist im ganzen Haus zu hören. Uhren sind eine Passion Häfeles. Das Importstück eines Montafoner Wanderhandwerkers ist schon lange in seinem Besitz: „Sie ist eine Uhr des ländlichen Frankreichs, sie stammt aus der Franche-Comté, wo solche Uhren über 200 Jahre lang hergestellt worden sind. In unsere Bauernstuben haben sie eigentlich nicht hineingepasst – schon von der Größe her nicht, deshalb wurde der Sockel abgeschnitten.“ Mehr Schein als Sein war immer schon ein menschlicher Zug. Die Uhren standen in Konkurrenz zu den heimischen Produkten, die von alten Holzräderuhren und den Schwarzwälder Uhren bestimmt wurden. „Holzräderuhrmacher wurden von oben herab behandelt!“ Wie übrigens auch die Menschen, die nicht auf Wanderschaft gingen. Sie wurden im Montafon etwa als „Gäßlimelker“ (Ziegenmelker) bezeichnet. Kein Wunder, dass auch sie nach dem Motto „Ussi id Wält, ahi of Bregaz“ das Weite suchten. Wenn man mit Reinhard Häfele auf die Uhren zu sprechen kommt, dann gerät der passionierte Sammler ins Schwärmen. Mit einer alten Uhr fing das Interesse an Geschichte an und nähert man sich seinem Haus, so fällt schon von weitem das Uhrwerk einer alten Kirchturmuhr mit überdimensionalen Zeigern auf, das seitlich des Eingangs auf Höhe des ersten Stocks angebracht ist. Reinhard Häfele hat immer schon Uhren in den Händen gehabt, in den Händen heißt, zu wissen, zu „begreifen“, worum es wirklich geht: „Das fehlt heute schon ein wenig.“ Auch wenn nicht jede alte Uhr funktionieren muss, freut sich Häfele, wenn man einem Gegenstand seine ursprüngliche Bedeutung wiedergeben kann. „Und Uhren sind nicht nur optisch, sondern auch akustisch ein Genuss. Wir hören Klänge aus vergangenen Tagen. Genauso wie es die Menschen vor Hunderten von Jahren gehört haben!“

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Zehn Jahre danach wurde es so richtig ernst. Als der befreundete Rancher in Argentinien verstorben war, entschied sich Häfele gemeinsam mit seiner damaligen Lebensgefährtin, der Witwe des Ranchers zu helfen. Sie nahmen sich eine Auszeit, die keine war, und sie wechselten kurzerhand ihr Fach und den Kontinent. „Das war eine raue Welt, wir mussten schnell lernen und alles machen, was anfiel. Nichts funktionierte. Da war ich als Handwerker gefragt, wie etwa bei der Windmühlenpumpe. Die streikte immer wieder. Die Kälber mussten kastriert und das ein oder andere Tier durch den Gnadenschuss von seinen Leiden erlöst werden. Der Campo war rund 600 Hektar groß, und der kilomenterlange Zaun musste ständig instand gehalten werden. Ich erinnere mich noch an die riesigen Ameisenhaufen. Die verlassene Nachbarfarm galt als Rückzugsort für Viehdiebe. Den Besitzer hatten sie kurz vor unserer Ankunft ermordet. Auch uns haben sie ein Kalb erschlagen. Ich ließ mich aber nicht einschüchtern und habe schon aus präventiven Gründen viel mit meinem Gewehr geschossen.“ Albtraum statt realisierter Traum? Ein Jahr betreuten sie gemeinsam mit einem Gaucho die rund 270 Rinder, die für die Fleischproduktion gehalten wurden. Dann ging es wieder in die Heimat und in die Schule. Indianerkultur

überhaupt notorisch Heimweh.“ Seine Eltern – und später auch der Sohn – bildeten eine eingeschworene Sammlergemeinschaft. Geholfen hat „wie immer im Leben“ der Zufall. Als in Beschling (Nenzing) ein Haus der Vorfahren der Mutter abgerissen wurde, traten seine Eltern erstmals als „Retter“ auf. Sie stellten das Interieur sicher, das sie aus Platzmangel bei den Großeltern unterbrachten. Die werden sich gefreut haben! Und schon damals gab es einen Bezug zum Landesmuseum: „Mein Vater war ein guter Handwerker. Er hat auch zwei Uhren für das Landesmuseum restauriert.“ Oder bei der Rettung des römischen Ziegelbrennofens in der Widnau, den der junge Häfele entdeckt hatte und vor dessen Zerstörung durch den Bagger er energisch Alarm schlug.

Häfele ist so genanntes „Life member“ der „Winchester Collectors Association“ in New Haven (Connecticut) und – es versteht sich von selbst – sein Hobby ist ausschließlich friedlicher Natur. Er hat auch schon Artikel über historische Winchesters in der amerikanischen Fachliteratur veröffentlicht. Einen Teil seiner Sammlung hat er längst veräußert, behalten hat er nur noch jene Objekte, die als „indian used“ gelten. Sie sind leicht zu erkennen, zumindest für Häfele, die Gewehre waren nicht gepflegt worden, sind

Einen Kindertraum verwirklicht ... Häfele spielte als Kind gerne Cowboy, Karl May diente nicht nur ihm als Einstieg in eine andere Welt. Nichts Ungewöhnliches, aber nur bei wenigen Kindern wird dieser Traum dann eines Tages auch Realität. Die Ausbildung an der Pädagogischen Akademie diente noch als Grundlage für seinen Beruf als Lehrer. Das Spanischdiplom schon weniger, auch wenn Reinhard Häfele dieses Fach als Freifach an seiner Schule und lange Zeit auch an der Volkshochschule unterrichtete. Mit 31 Jahren kam Häfele 1986 erstmals nach Argentinien. Von der damaligen Reise brachte er eines seiner Sammlungs-Highlights, den „Opera Phonographen“, mit. Dazu später.

Bernhard Seiter, vorarlberg museum (Hg.) Ein Land wie eine Hand. Eine Reise nach Vorarlberg vorarlberg museum Schriften 3 70 Seiten, 14,5 x 18,5 cm Bucher Verlag 9,90 Euro ISBN: 978-99018-218-5

oft vom Pferd gefallen, immer wieder primitiv repariert und auf rührende Weise dekoriert worden ... ja, und manches Pferd ist darauf gestanden. Man sieht ihnen ihre Herkunft einfach an.


Die Kultur der „Plains-Indianer“ hat es Reinhard Häfele angetan. Eine ungewöhnliche Geschichte verbirgt sich in einer Vitrine der Ausstellung „Sein & Mein“ im vorarlberg museum. Der Dornbirner Industrielle Guntram Hämmerle hatte gemeinsam mit Freunden entschieden, die Weltausstellung in Chicago zu besuchen. Im 19. Jahrhundert! Von dort brachte er eine fast komplette indianische Montur mit, in der er sich in einem Dornbirner Fotostudio ablichten ließ. Häfele hat auch dieses außergewöhnliche Dokument Vorarlberger Geschichte gesammelt. Aber nicht alles kann der Belustigung des Publikums dienen.

Qualität ist ein wichtiges Kriterium, Objekte werden nicht wahllos angehäuft, sondern gezielt ausgesucht. Die Trennung gehört daher auch zum Alltag des Sammlers Häfele.

phone bilden ja die größte und reichhaltigste unter Häfeles Sammlungen. Er sah ihn in der letzten Woche seines Argentinienaufenthalts 1986 in einem Schaufenster in Buenos Aires. Geld hatte er da schon fast keines mehr, seine Mutter hatte aber großes Vertrauen in seine Begeisterung und wies ihm die fehlende Summe an. Das wäre aber eine eigene Geschichte! Das Problem Häfeles war aber die Frage des Transports des Phonographen von Argentinien nach Vorarlberg. Das Gerät war viel zu empfindlich und zu wertvoll, als dass es so ohne Weiteres im Stauraum des Flugzeuges hätte mitgenommen werden können.

Ein Korridorblick mit Flohmarktperspektive ist nicht sein Ding. Museen hingegen schon, die Unterstützung des Frauenmuseums, des vorarlberg museums (Ausstellung „Sein & Mein“) oder ganz aktuell auch der Artenne in Nenzing (Ausstellung „Walgau sammeln“) sind für ihn Ehrensache. Alles in Allem bedeuten die einzelnen Sammlerstücke für Reinhard Häfele die Eintrittskarte in eine vergangene Epoche, die wie ein Film vor dem geistigen

Die zufällige Bekanntschaft mit einem Piloten, der von Buenos Aires nach Madrid flog, eröffnete Häfele die Möglichkeit, das Gerät bei jenem im Cockpit unterzubringen. Am Silvestertag 1986 musste Häfele in Madrid zur Stelle sein, um den Phonografen zu übernehmen: „Ich hatte ein mehrtägiges Arrangement in Madrid gebucht. Das kam mich am günstigsten. Den Phonografen nahm ich mit aufs Zimmer, ich weiß noch, ich habe an jenem Silvester Asterix auf Spanisch gelesen. Als ich am Neujahrsmorgen gut gelaunt in einer Frühstücksbar saß, dachte ich mir noch, den Mann da drüben kennst du doch!“ Acht Jahre, nachdem sie einander das letzte Mal gesehen hatten, traf Reinhard eine alte Bekanntschaft aus Rankweil, die ihn in den folgenden Tagen auf eine kleine Kastillien-Rundfahrt einlud. Aber der Phonograph war noch nicht in Frastanz angekommen. Das Flugzeug für die Heimreise war eigentlich zu klein: Um Platz für das edle Stück zu schaffen, bekamen viele Passagiere neue Plätze zugewiesen; die Verspätung nahm bei den Mitreisenden hasserzeugende Ausmaße an ... und der Schneesturm beim Landeanflug in Zürich gab dem glücklichen Sammler dann beinahe noch den Rest.

Das Schicksal der Familie Zauser Das Frauenmuseum in Hittisau hatte schon darauf aufmerksam gemacht, auf das grausame Schicksal der Feldkircher Familie Zauser, von der eine Tochter von den Nazis ermordet wurde. Das KZ Ravensbrück war der Ort des Sterbens und das Trauma der Überlebenden. „Ich bin im selben Haus wie die Zausers in Feldkirch aufgewachsen. Zu Marianne Weiß, der Schwester der Getöteten, hatte ich von klein auf einen guten Kontakt, sonst durfte aber niemand zu ihr. Die Wohnung war der Wahnsinn für mich. Auch wenn sie immer wieder dasselbe erzählte, ich konnte ihr stundenlang zuhören. Die Räume sind mir noch im Detail in Erinnerung, vor allem die exotischen Gegenstände, Mitbringsel zweier Zauser-Kinder, die in den 1930er Jahren als Artisten in vielen Ländern tätig waren.“ Realitätsverweigerung und totale Verbitterung waren für die alte Frau ständige Lebensbegleiter. Wer will es ihr verdenken? Aber Reinhard Häfele hat das Andenken an die künstlerisch außergewöhnlich begabte Feldkircher Familie und auch deren Nachlass bewahrt. Zu sehen im vorarlberg museum. Sammler und kein Horter Häfele empfand sich nicht als Außenseiter, auch wenn er außergewöhnliche Hobbys hatte. Die Berufswahl mit der Ausbildung in der PädAK in Feldkirch hing vor allem auch damit zusammen, in der Nähe der unverzichtbaren Werkstatt verbleiben zu können. Dort perfektionierte sich Häfele im Restaurieren vornehmlich technischer Antiquitäten und machte sich auch zwei historische Automobile zurecht, die er so oft wie möglich – auch noch nach vielen Jahren – begeistert fährt. Reinhard Häfele weiß, dass er ein außergewöhnliches Steckenpferd hat. Seine Wohnung spiegelt sein Hobby. Häfele fühlt sich als Sammler, der ein historisches und philosophisches Interesse an seinen Objekten hat. Die Geschichte hinter dem Objekt ist von größter Bedeutung.

Noch einmal Argentinien ...

Manche erstaunliche Geschichte lässt sich vom Sammler Häfele noch erzählen, wie etwa das nicht beanstandete Gewehr im Fluggepäck, das Geistertanzhemd zu einem Preis, den die Zollbeamten in Wien nicht nachvollziehen konnten, der Anruf aus Neuseeland, weil man Häfele für einen Australier hielt ... aber das wäre dann zu viel des Klischees zu einem Mann, der so ganz und gar nicht dem Klischee des Sammlers entspricht.

„Edison Opera“ – das ist der Traum eines jeden Phonographen-Sammlers. Und die Phonographen und Grammo-

Fotos: Miriam Scheffknecht

Auge des Sammlers abläuft. Und trotzdem ist Häfele froh, im „Heute“ zu leben: „Ich bin kein blanker Romantiker! Es sind vor allem Spielsachen für mich (der Unterschied zwischen einem Mann und einem Bub ist der Preis seines Spielzeugs ...), die mir Abenteuer verschaffen, und ich kann jederzeit aus dem Film aussteigen.“

Andreas Rudigier

Sein & Mein. Ein Land als akustische Passage Wie klingt Vorarlberg? Wie hören sich Lebensentwürfe von Vorarlbergerinnen und Vorarlbergern an? Wie verweben sich persönliche Geschichten zu einem gemeinsamen akustischen Gedächtnis?

Ausstellungsteam

In der Ausstellung „Sein & Mein“ erheben Menschen ihre Stimme, erzählen und zeichnen damit ein vielstimmiges Bild des Landes. Eine akustische Reise durch Vorarlberg bringt Erinnerungen an zurückliegende und verdrängte, an ungehörte und vergessene Ereignisse zu Gehör. Nicht eine ‚große‘ Erzählung steht im Vordergrund, sondern Vielschichtiges, Vielfältiges sowie konträre Sichtweisen auf Land und Leute.

Projektentwicklung: Theresia Anwander, Brigitte Felderer, Robert Gander, Nik Hummer, Johannes Inama, Bruno Winkler

Ausstellung im vorarlberg museum Voraussichtlich noch bis Herbst 2015

Projektleitung: Bruno Winkler, Rath & Winkler, Innsbruck

Akustische Gestaltung und Sounddesign: Nik Hummer Architektonische Gestaltung: Robert Pfurtscheller Grafische Gestaltung: Sigi Ramoser, Martin Platzgummer, Stefan Amann, Sägenvier, Dornbirn Mitarbeit: Gerold Amann, Thomas Felfer, Robert Fessler, Evelyn FinkMennel, Gerhard Klocker, Fatih Özcelik, Miriam Scheffknecht, Bernhard Seiter, Silvia Thurner Foto: Markus Tretter


Am richtigen Ort Eva Fichtner ist für die Publikationen des vorarlberg museums zuständig. Im Gespräch berichtet sie von der Vermittlungsarbeit zwischen Autor und Publikum, der Generation der Weltenbummler und ihrem beruflichen Weg als Publizistin, in dem sie sich wie zuhause fühlt. Eva Fichtner leitet seit Jänner 2013 die Publikationsabteilung des vorarlberg museums. Sie ist Verlegerin, Lektorin und Managerin in Personalunion. Ihr Aufgabenfeld reicht von der Konzeption eines Buchs, der Koordination der Autoren, der Absprache mit den Verlagen und Grafikern bis - mitunter - zum Kampf um jeden Buchstaben.

Das Beste für die Autoren „Autoren sind oft sehr in ihr Themenfeld versunken. Meine Aufgabe ist es, die Leser im Auge zu behalten und den Text gegebenenfalls verständlicher zu gestalten. Kompromisse müssen gefunden werden, das ist oft ein schmaler Grat. Und dabei ist es spannend, mit so vielen unterschiedlichen Charakteren zusammenzuarbeiten. Es ist tatsächlich einmal vorgekommen, dass ich zwei Stunden lang um ein Wort gekämpft habe. Manchmal ist es eben komplizierter. Aber dadurch wird mein Ehrgeiz angestachelt. Ich möchte mit jedem auf einen grünen Zweig kommen, Überzeugungsarbeit leisten. Und im

Vordergrund steht dabei immer eines: das Beste für die Schreibenden.“ Arbeiten in Berlin Auf frühe Berufswünsche angesprochen, erzählt Fichtner: „Ich hatte tatsächlich schon in Schulzeiten den Wunsch, mit Büchern zu arbeiten, an ihrer Entstehung mitzuwirken. Das steht sogar in unserer Abiturzeitung von damals. Das Publizieren von Büchern übt seit jeher eine große Faszination auf mich aus.“ Mit jedem Erscheinen eines Ausstellungs- oder Sammlungskataloges, einer Zeitschrift – mit jeder neuen Publikation kann sie das Resultat ihrer Arbeit in Händen halten. „Das ist ein tolles Gefühl. Man sieht dann, was man geleistet hat. Wir bringen zwischen fünf und zehn Titel im Jahr heraus. Und es sollen mehr werden.“ An ihrer Arbeit liebe sie auch, immer neue Einblicke in verschiedene Themen zu bekommen. Und bei dieser großen Bandbreite an kunstgeschichtlichen, literarischen und historischen Bereichen kommt Fichtner ihr umfangreiches Studium zugute. Eva Fichtner wuchs in Bremen auf. In Marburg, Venedig und zuletzt Berlin absolvierte sie Kunstgeschichte, Philosophie und Neuere deutsche Literaturwissenschaft (mit einer Diplomarbeit über die Rezeption der Philosophie Kants bei Heinrich von Kleist). Im Anschluss arbeitete sie als Praktikantin für den Wagenbach Verlag und für die Staatlichen Museen der Hauptstadt. „Danach habe ich mich selbstständig gemacht und Publikationen für verschiedene Institutionen betreut. Ich habe damals also bereits denselben Beruf ausgeübt wie heute. Die Arbeit als Selbstständige war enorm spannend und lehrreich. Doch als ich die Stellenausschreibung für Bregenz gelesen habe, wusste ich, dass es hier viel Entwicklungspotential gibt, dass ich daran beteiligt sein kann, etwas aufzubauen. Deshalb habe ich mich sofort beworben.“ Generation der Weltenbummler Der bevorstehende Ortswechsel sei kein großes Problem gewesen. „Viele meiner Mitschüler und Freunde sind in die Welt hinausgegangen und leben mittlerweile über den halben Erdball verstreut. Für mich war es immer normal, an ferne Orte zu ziehen. Und gerade zu Österreich habe ich seit meiner Kindheit einen starken Bezug, weil wir oft Urlaub in Kärnten gemacht haben.“ Und Bregenz gefällt ihr besonders gut. Sie liebt den See, „ich treffe mich jeden Tag mit ihm“, sagt sie. „Ich bin die norddeutsche Weite gewohnt. Und im Winter kann ich hier im Gegensatz zu Bremen auch noch Skifahren gehen. Eine schöne Kombination!“

Max Lang

Foto: Darko Todorovic

Cukrowicz Nachbaur Architekten 1992–2014 Monografie 544 Seiten, gebunden, 17 x 24 cm Park Books Zürich 58,00 Euro ISBN: 978-3-906027-61-6

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Ingrid Holzschuh (Hg.) Adelheid Gnaiger 1916–1991 Die erste Architektin Vorarlbergs vorarlberg museum Schriften 6 192 Seiten, gebunden, 23 x 29 cm Park Books Zürich 34,00 Euro ISBN: 978-3-906027-46-3


Museum im Krieg, Krieg im Museum Im „Vorarlberger Volksblatt“ vom 2. August 1914 wurde auf Seite 5 aus Bregenz berichtet: „Gestern nachmittags gings plötzlich von Mund zu Mund: ‚Allgemeine Mobilisierung!’ Mit rasender Eile verbreitete sich die Kunde, von Straße zu Straße flog sie, von Haus zu Haus.“ „Die Anschlagtafeln, auf denen die Kundmachung angebracht wurde, sammelten Scharen um sich, die erregt die Bestimmungen des Erlasses besprachen. Fast in jedem Haus ruft die Mobilisierung einen oder mehrere Mann zu den Waffen. Manches Frauen- und Mädchenauge wurde naß. Sofort nach Bekanntwerden der Mobilisierung zog die Musik des 59. Regimentes durch die Straßen. […] Abends Zapfenstreich. So einen Aufzug hat Bregenz noch nicht gesehen. In dichten Scharen drängte sich das Volk um die Musik und das mitziehende Militär. Offiziere wurden auf den Schultern getragen und mit Blumen bekränzt. Die Klänge der Musik mit den ‚Hoch!’-Rufen der Menge bildeten ein wogendes, brandendes Meer, das alles andere überflutete. Unbeschreiblich war die Begeisterung.“ Niemand konnte voraussehen, wie das endete, was mit so großer Begeisterung begann: 5056 Vorarlberger sollten im Krieg sterben, entweder auf dem Schlachtfeld oder auf Verwundetenplätzen, in Transportzügen, in Lazaretten oder später in Gefangenschaft. 3070 Kriegsinvalide erhielten 1927 eine Rente. Der Krieg zerriss Körper, Familien, ein ganzes Reich. In Vorarlberg selbst stieg während der Kriegsjahre die Sterblichkeit an, die mangelnde Versorgung führte zu Mangelerscheinungen, zu Krankheiten in epidemischen Ausmaßen.

im Museum als Angestellter tätig war, zum Militär einberufen wurde. Schwerzenbach berichtet einem Ausschussmitglied des Landesvereins, Hild werde „gegenwärtig in Kempten gedrillt“, die Verwaltung sei „dadurch selbstverständlich auf das allernötigste reduzirt“. Er, Schwerzenbach, habe „die Kassa übernommen und Herr Dr. Helbok ist so freundlich, die Korrespondenz zu besorgen, soweit es ihm seine übrige Tätigkeit gestattet.“ Etwa ein Jahr später, am 18. März 1916 berichtet Schwerzenbach auch noch in einem Schreiben an Emil Reisch, einem befreundeten Hofrat in Wien: „Die finanzielle Lage unseres Museums wird immer trostloser und versiegen unsere wenigen Einnahmsquellen nach und nach gänzlich.“ Da ein großer Teil der Mitglieder eingerückt sei, könne man

damit versiegt aber für uns auch diese Einnahmsquelle.“ Der Museumsdiener war Ulrich Fischer, der mit 49 Jahren noch eingezogen wurde und bei einer Sanitätskolonne dienen musste. Erstmals wird in der Korrespondenz im März 1915 erwähnt, dass Carl von Schwerzenbach eine „Sammlung von Erinnerungsstücken“ zum Krieg angelegt hat und „dieser Angelegenheit sein weiteres Augenmerk zuwenden wird.“ Die Anregung zu dieser Sammlung dürfte durch private Initiativen angeregt worden sein. Schon seit Jänner 1915 war beim Dr.-Anton-Schneider-Denkmal in Bregenz eine russische Kanone und ein Maschinengewehr aufgestellt und in der Auslage der Firma Pircher wurde eine Reihe von Waffen und anderen Kriegsandenken präsentiert. Durch Josef Henrich, Leiter der Wildbachverbauung in Vorarlberg und späterer Landesforstinspektor, kamen eine Reihe von Gegenständen ins Museum, die von russischen Kriegsgefangenen in den Lagern Bürs und Vandans hergestellt worden waren. Ende 1917 erwähnt Schwerzenbach nochmals eine im Landesmuseum angelegte „Kriegssammlung“,„welche alle an den Krieg und seine Einwirkung auf [unser] Gebiet erinnernden Dinge umfassen und darstellen soll: so [z. B.] öffentliche Kundmachungen u. Verordnungen, Abzeichen, Lebensmittelmarken usw., unter anderem aber auch Erzeugnisse, die aus der Kriegsnot, resp. dem damit verursachten Mangel an gewissen Rohstoffen hervorgegangen sind.“ In diesem Zusammenhang wandte sich Schwerzenbach an Industrielle mit der Bitte, Beispiele und Muster der kriegsbedingten neuen Produkte der „höchst interessanten Sammlung“ zur Verfügung zu stellen und bedankt sich wenig später auch für erhalten Objekte aus der Papierindustrie.

Im Landesmuseum war zunächst vom Krieg wenig zu bemerken. Erst im November 1914 taucht in der Korrespondenz des Museumsvorstandes Carl von Schwerzenbach das Thema auf, als er sich beim Pfar1917 und 1918 wurde aus Sicht des Murer von Warth, dem ein Täferwerk seums und des Museumsvereins ein Proabgekauft worden war, für das Ausbleiben blem virulent, das kaum zu beherrschen der Kaufsumme entschuldigt: „Durch den war: Der Verkauf von „erhaltenswerten AlKriegsausbruch trat eben auch beim Verein tertümern“ und ihr Abtransport ins Auseine grosse Stockung der Geldeinkünfte land oder auch nach Wien. Vor allem der ein, sodass Sie gewiss die Verspätung entFall des Oberleutnants Ludwig Abel erschuldigen werden.“ Wenig später wird ein regte den Vereinsvorstand: Er stand im Thema virulent, dass sich durch alle KriegsDienst der Telegrammzensur in Bregenz jahre hindurch lähmend bemerkbar macht. und erwarb - bestens informiert - immer Schwerzenbach richtet am 7. Jänner 1915 wieder interessante Objekte in ganz Voran den Gemeindevorsteher von Schwarzarlberg und verkaufte sie an Wiener Händach die Anfrage, „welche Bewandtnis es ler weiter. Einmal hatte er offenbar den hat, dass dem Museumsvereine die im Telegrammverkehr zwischen einem Kunstamtlichen Wege durch die dortige Gemeinhändler in Schruns und Adolf Helbok ausdevorstehung, beziehungsweise durch ein genutzt, um angebotene Gegenstände Amtsorgan im Jahre 1913 eingehobenen sehr rasch besichtigen zu können. Eine Jahresbeiträge für den Museumsverein (8 Anzeige gegen ihn führte zu einer militärMitglieder a 4,40 Kronen) trotz unserer Adele Fairholme, Carl von Schwerzenbach, 1926 | Schenkung an das Landesmuseum 1928 gerichtlichen Untersuchung, da vermutet vielfachen Anfragen (im Jahre 1914 sechsmal) bis heute deren Jahresbeiträge nicht einheben. Das sei erst nach wurde, er habe seine Amtsstellung missbraucht. Er wurde noch nicht zugekommen sind? Es dürfte Ihnen begreiflich Kriegsende möglich, wenn überhaupt. Besonders bitter als „einer der gefährlichsten Verschlepper der Altertümer erscheinen, dass der Verein besonders in diesen Kriegsaber war für Schwerzenbach, dass man ihm auch noch die unseres Landes“ bezeichnet. Noch nach Kriegsende zeiten auf seinen letzten Heller bedacht zu sein hat, um letzte Arbeitskraft wegnahm: „Nachdem unser einziger wurde der „Vorarlberger Landesrat“ gebeten, Abel „sofort die Unterhaltskosten für das vaterländische Museum aufVerwaltungsbeamter schon seit 1 Jahr im Felde steht, hat aus dem Lande zu entfernen“. Der Museumsausschuss zubringen […].“ Aufgrund des Krieges gingen die gezahlten man uns nun auch noch unseres Museumsdieners bewarnte bei Kriegsende am 4. November 1918 den „LanMitgliedsbeiträge erheblich zurück. Mehrfach erwähnt raubt. Wiederholt von mir eingereichte Gesuche um seine desrat für Vorarlberg“ und forderte, „Schritte zu unternehSchwerzenbach, dass man daher auch überhaupt nichts Enthebung blieben erfolglos und hatte er Mitte Jänner men, um den im jetzigen Moment besonders drohenden mehr für das Museum erwerbe. beim Landsturm einzurücken. Es ist mir nicht gelungen, Abstransport von Altertümern zu verhindern. Zahlreiche Of„Wir bedauern lebhaft“, schrieb er etwa an Johann Georg einen Ersatz für denselben zu finden, denn die Aufsicht fiziere verlassen das Land und schleppen die angekauften Vogel, Pfarrmessner in Hohenems, „von Ihren Angeboten über die wertvollen Sammlungen kann doch selbstredend Sachen mit und andere Fremde können das gleiche tun. zur gegenwärtigen Zeit keinerlei Gebrauch machen zu könnicht jedem erstbesten anvertraut werden, dazu braucht Vielleicht sind kurze Weisungen an die Frachtannahme und nen, da zufolge des Krieges dem Vereine jegliche Mittel es eine durch und durch vertrauenswürdige PersönlichGrenzstellen hinreichend, um den ersten Anprall zurückzuzum Ankaufe Ihrer Altertümer fehlen.“ keit.“ weisen.“ Ende März 1915 musste Schwerzenbach sich auch noch Es blieb ihm nichts anderes übrig, als „das Museum für mit der Tatsache abfinden, dass Adolf Hild, der seit 1907 den Besuch bis auf Weiteres vollständig zu schliessen, Peter Melichar Foto: Robert Fessler

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Bernhard Tschofen, Sabine Dettling Spuren – Skikultur am Arlberg 360 Seiten, 700 Abbildungen Hardcover, 28 x 21 cm Erscheint am 8. Dezember 2014 Bertolini-Verlag, Bregenz 34,00 Euro ISBN 978-3-9502705-6-2


Jura Soyfer und die Montafoner Grenze in der NS-Zeit Vor 75 Jahren starb Jura Soyfer im KZ Buchenwald an Typhus. Dieses Gedenkjahr war für die Montafoner Museen Anlass, sich intensiver mit Soyfers Person und der Montafoner Gebirgsgrenze in der NS-Zeit zu beschäftigen. Den bereits rund um die Ausstellung „Grenzüberschreitungen“ im Jahr 2008 erfolgten Forschungen sollte nunmehr ein neuartiges Vermittlungsangebot folgen: So entstand in Kooperation mit dem teatro caprile die Theaterwanderung „Auf der Flucht“, die 2013 Premiere hatte und im heurigen Sommer mehrfach sehr erfolgreich durchgeführt wurde.

Basierend auf Zeitzeugenberichten, historischen Dokumenten und literarischen Texten von Franz Werfel, Jura Soyfer und anderen wurde dabei in theatralischen und tänzerischen Streiflichtern den Fluchten während der NS-Zeit nachgespürt: Der Entwurzelung dieser Menschen, ihren Strapazen in einer hochalpinen Region, ihrer oftmals töd-

lichen Abhängigkeit von lokalen Helferinnen und Helfern inmitten kleinräumiger Dorfstrukturen und sozialer Kontrolle oder der Menschlichkeit der Grenzwächter. Dabei wurde die Bedeutung lokaler Geschichte und ihrer Protagonisten innerhalb nationaler und internationaler Politik besonders sichtbar. Emotionale Dichte und historische Fakten machten „Auf der Flucht“ zu einem beeindruckenden kulturellen und künstlerischen Event. Gespielt wurde im Hotel Madrisa, in Alphütten und im freien Gelände, die dargestellten Figuren und das Publikum durchmaßen gleichermaßen das herrliche Gebirgspanorama mit dem einen Ziel: der Grenze am Sarotla-Joch. Überdies konnte im Frühjahr im Vital-Zentrum Felbermayer in Gaschurn eine Fotoausstellung von Walter Kegele aus Bludenz, der die Theaterwanderung mit der Kamera begleitet hatte, gezeigt werden. Zugleich spielte das teatro caprile anlässlich dieser Vernissage die „Jura-SoyferRevue“ in Gaschurn. Jura Soyfers und Hugo Ebners Fluchtgeschichten Die beiden nahmen am 12. März 1938 einen überfüllten D-Zug von Wien nach Bludenz. Hugo Ebner war im Jahr zuvor im Montafon auf Schiurlaub gewesen und schlug daher die Flucht über die Montafoner-Prättigauer Grenze in die Schweiz vor: „Von allen Fluchtmöglichkeiten schien die von Hugo Ebner vorgeschlagene am plausibelsten: eine gemeinsame ‚Schiwander- ung’ über die Schweizer Grenze. [...] Die beiden Freunde verlassen am Morgen des 13. März [1938] in Bludenz den Zug und fahren mit dem Bus bis Schruns. Auf Schiern steigen sie auf den 1.450 m hoch gelegenen Gargellen [sic!],

um von dort die Grenze zu erreichen. Am Nachmittag werden sie von einer österreichischen Grenzpatrouille, die aus [zwei oder] drei Gendarmen besteht, perlustriert. In Juras Rucksack findet sich eine Sardinenbüchse, die in eine Zeitung eingewickelt ist, die schließlich zur Verhaftung führt [Anm. Richtigstellung: Die in Zeitungspapier gewickelte Sardinenbüchse befand sich in Hugo Ebners Rucksack]. Dabei handelt es sich nicht, wie von Personen, die nicht dabei waren, immer wieder erzählt wird, um ein Exemplar der Roten Fahne [Anm.: einer zu dieser Zeit illegalen Parteizeitung der Kommunisten] oder einer anderen illegalen Publikation. Die Situation ist viel grotesker. Der Greißler [Anm. Richtigstellung: Die Frau von Hugo Ebner] hatte die Sardinendose in einer Zeitschrift der völlig legalen Einheitsgewerkschaft aus dem Jahr 1936 eingewickelt. Der jüngste der Gendarmen, offensichtlich ein Nationalsozialist, der sich schon in den allerersten Tagen der ‚Ostmark’ seine Sporen verdienen will, nimmt trotzdem Anstoß daran. Daß die beiden Angehaltenen ‚etwas gedrucktes’ mithaben, ist ihm schon Grund genug zur Verhaftung. Er hätte wahrscheinlich einen anderen Vorwand gefunden, wenn diese Zeitung nicht gewesen wäre. Die anderen Gendarmen, durch das ‚Gedruckte’ ebenfalls alarmiert, wollen sich wegen des Eifers des Jungen auf nichts einlassen und lassen die Verhaftung geschehen. Soyfer und Ebner werden nach St. Gallenkirchen [sic!] eskortiert, wo sie die Nacht im Gemeindekotter verbringen. Am nächsten Tag werden sie nach Bludenz gebracht – in das wohl sauberste Gefängnis Österreichs, der Wärter gibt ihnen Filzpantoffeln, um den Fußboden der Zelle zu schonen. Am 16. März werden sie ins Landesgericht Feldkirch überstellt. Ein Telephonat nach Wien ergibt, daß sie beide ‚Politische’ sind.“ [Aus: Horst Jarka, Jura Soyfer. Leben, Werk, Zeit, Wien 1987, S. 466f] Michael Kasper Walter Kegele: Auf der Flucht Vernissage: Mittwoch, 1. Oktober 2014 19.00 Uhr, Rathaus Bludenz

Fotos: Walter Kegele, Jura Soyfer Gesellschaft

Franz J. Huber Das Dornbirner Gütle Am wilden Wasser. Von der Spinnerei F.M. Hämmerle durch das Rappenloch zum Staufensee 232 Seiten, Hardcover, 16 x 22 cm Bucher Verlag 20,00 Euro ISBN 978-3-99018-266-6


Restaurierung in luftiger Höhe Ausführung, hält Raimund Rhomberg vom Burgenausschuss des Vorarlberger Landesmuseumsvereins fest. Die groß angelegte Restaurierung konnte mit Unterstützung der Burgenaktion des Bundesdenkmalamtes und des Landes Vorarlberg, der Stadt Feldkirch und des Heimatpflege- und Museumsvereins Feldkirch, der sich – allen voran sein Obmann Manfred Getzner – seit Jahren für die Erhaltung der Burg einsetzt. Parallel zu den Restaurierungsarbeiten wurde im Sommer eine Grabung im Inneren des Turmes durch die Archäologiefirma Talpa GnbR aus Wörgl unter Leitung von Mag.a Tamara Senfter durchgeführt. Von den Ergebnissen erhofft man sich weitere Aufschlüsse zur Baugeschichte sowie zur Nutzung des Turmes. Während der Bauuntersuchung wurden außerdem alle historischen Hölzer, die dem Mauerwerk des Bergfrieds zuordenbar waren, geborgen und dem Dendrochronologen Dr. Klaus Pfeifer zur Untersuchung übergeben. Die Analyse der Hölzer wird erstmals Aufschluss über die exakte Datierung der Bauetappen am Burgfried geben können. Für die Zukunft ist eine Überdachung des Turmes angedacht, der den Zugang zu diesem mächtigen Bergfried ermöglichen und den Aufstieg mit einem beeindruckenden Ausblick belohnen soll. Brigitte Truschnegg

Der einzige in Vorarlberg noch vierseitig erhaltene Bergfried einer Burgruine ist jener von Tosters. In luftiger Höhe konnte diesen Sommer die Restaurierung der Süd- und Westseite des Bergfriedes, die 2008 und 2009 begonnen worden war, abgeschlossen und an der Ostseite weitergeführt werden. Die Mitarbeiter der Firma Grabher aus Hohenems unter der Leitung von Stephan Moosbrugger werkten dabei in bis zu 27 Metern Höhe. Vorrangiges Ziel war neben der Erhaltung vor allem die Sicherung der Bausubstanz. Die mächtige Burganlage ist im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts von den Grafen von Montfort errichtet worden. Bereits im 14. Jahrhundert wurde der Bergfried noch unter den Montfortern aufgestockt. Als die Burganlage im November 1405 im Zuge der Appenzellerkriege bis auf den Burgfried durch Brand zerstört wurde, kam es noch einmal zum Wiederaufbau. Seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts war die Burg dem Verfall preisgegeben, bis zu ihrer Denkmalschutzunterstellung im Jahr 1977. Eine erste Restaurierung des Turmes erfolgte bereits in den 1936/1938er Jahren, eine weitere 1975 und die bis dato letzte 2008/2009. Die Fotos zeigen die Restaurierungsmaßnahmen an der Ostseite des Bergfrieds, die sich vor allem auf die Festigung des Mauerwerks und die ‚Stopfung‘ der Fugen konzentrierten, um Steinschlag aus dem Mauerwerk auszuschließen. Dass die Restaurierungsarbeiten als solche kaum erkennbar sind, spricht für die Qualität ihrer

Foto: Raimund Rhomberg

Den Ersten Weltkrieg 100 Jahre später sammeln? Die Montafoner Museen haben im Winter 2013/14 in ihren Mitglieder-Aussendungen sowie in den regionalen Medien einen Sammlungsaufruf zu Dokumenten, Fotografien und Objekten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs lanciert. Die Rückmeldungen aus der Bevölkerung waren mehr als überraschend! Da innerhalb eines mehrjährigen Ausstellungsreigens ab 2015 in den Montafoner Museen immer wieder auf die Zeit der Weltkriege eingegangen werden soll, wurde vorab zur „UrkatastroIm Lazarett Foto: Reinhard Mundl phe“ des 20. Jahrhunderts ein erster Aufruf an die Montafonerinnen und Montafoner gestartet, um die mehr als überschaubare Situation zu diesem Themenbereich in Archiv und Depot zu verbessern. Zudem sollte in Erfahrung gebracht werden, welche Erinnerungen und Zeugnisse aus den Jahren 1914-1918 das vergangene Jahrhundert überdauert hatten und von den Menschen im Tal als bedeutsam für eine zukünftige Ausstellung erachtet wurden. Die Resonanz auf den Aufruf war insbesondere im Frühjahr 2014, als der Erste Weltkrieg medial besonders stark in den Vordergrund gerückt wurde, überraschend groß. Umfassende Feldpostkorrespondenzen sowie zahlreiche Fotografien mit militärischem Hintergrund bildeten den Schwerpunkt der Überlassungen und Leihgaben. Doch bereits innerhalb dieser Gruppen zeigte sich eine erstaunliche Vielfalt: Feldpost von den verschiedenen Fronten, Karten aus Kriegsgefangenenlagern in Sibirien, Zentralasien, Albanien und Italien, Briefe aus Lazaretten und Nachrichten von Zivilinternierten aus Frankreich – die ganze Breite an Erfahrungen, die männliche Montafoner machten, spiegeln sich in diesen Do-

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Montafoner Zivilinternierte in Rochefort

Kind in Uniform

Foto: Montafoner Museen

kumenten wider. Glücklicherweise sind bei vielen Sammlungen auch die Briefe aus der Heimat, zumeist von Frauen verfasst, erhalten geblieben und vermitteln spannende Einblicke in den Alltag während der Kriegszeit im Montafon. War die Zahl an Objekten, die neu in die Museen kamen, auch recht überschaubar, so fanden sich auch unter diesen höchst interessante Zeitzeugnisse. Neben einer relativ großen Zahl an Orden und Auszeichnungen sticht ein Kelch, der wahrscheinlich im

Foto: Friedrich Juen

Jahr 1915 bei Feldmessen an der italienischen Front eingesetzt wurde, besonders heraus. Außerdem gelangte ein Grabstein, der für einen Gefallenen des Krieges errichtet worden war, neu in die Sammlung der Museen. Von ganz herausragendem Wert sind Tagebücher beziehungsweise tagebuchartige Aufzeichnungen aus dem Krieg, die nunmehr ganz neue, tiefgehende Perspektiven ermöglichen. Neben der Forschung an der eigenen Sammlung, die parallel zum öffentlichen Aufruf lief und ebenfalls sehr interessante Objekte und Dokumente zum Vorschein brachte, wird nunmehr noch gezielt in bestimmten Archiven nach Objekten und schriftlichen Hinterlassenschaften gesucht. Alles in allem kann die Aktion aber jedenfalls als Erfolg gewertet werden. Die hohe Qualität und die Vielfalt des erhaltenen Materials haben überzeugt und so werden diesem Aufruf bestimmt noch weitere folgen. In Bezug auf die nunmehr in Ausarbeitung befindlichen Ausstellungen, Publikationen und Veranstaltungen ist zudem ein breites Bewusstsein zur Thematik zu erwarten. Michael Kasper


Das Konzil zu Konstanz – eine Annäherung über den Bodensee

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stellung im Konzilsgebäude, die Stadtführung unter anderem zum Münster.

„Immer diese Raser!!! Und dann auch noch keine Winterreifen!“ Wenig respektvoll klingen die Worte von Alma, dem Kindermaskottchen des Archäologischen Landesmuseums in Konstanz. Es kommentiert auf seine Weise den Unfall von Papst Johannes XXIII., der sich im Spätherbst 1414 auf den Weg zum Konstanzer Konzil gemacht hatte und am Arlberg aus dem umstürzenden Wagen fiel. Das Wissen über diese Begebenheit haben wir übrigens aus der Chronik von Ulrich Richental, der diesen Unfall quasi verbrieft hat („Ich lig hie in dem namen des tüfels“).

Ein kleiner Zusatz des Verfassers, weil aus dem Montafon kommend: Was übrigens in der Richental-Chronik nicht steht, die Legende (zumindest im Montafon) aber wissen will, ist der Umstand, dass der Papst auf seinem Weg nach Konstanz aufgrund der im Klostertal grassierenden Pest einen Umweg über das Montafon genommen haben soll. Starke Montafoner sollen ihn über den Kristbergsattel getragen und für ein sicheres Geleit durch das Montafon gesorgt haben. Aus Dankbarkeit habe der Papst dem Montafon „seine“ Petrusschlüssel als Teil des Wappens verliehen. Keine Frage, diese Geschichte klingt weitaus heroischer als die Rückführung des Wappens auf die jahrhundertelange Abhängigkeit der Talschaft von Bludenz und dem Kloster St. Peter!

Das Archäologische Landesmuseum in Konstanz zeigt im Dachgeschoss eine sehenswerte Ausstellung zum Konzil, ausschließlich mit Playmobil-Figuren gestaltet. Der päpstliche Reiseunfall am Arlberg ist dort ebenso zu sehen wie

Andreas Rudigier Fotos: Petra Rainer

Archäologisches Landesmuseum Benediktinerplatz 5 78467 Konstanz Tel. +49 7531 98040 info@konstanz.alm-bw.de

die welthistorischen Ereignisse der Verbrennung des Reformators Jan Hus oder der Papstwahl am Münsterplatz („Aus 3 mach 1“). Konstanz war als Konzilsort vor allem

Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag jeweils 10.00 bis 18.00 Uhr Montag sowie 1.1./24./25./ 31.Dezember jeden Jahres und am „Schmotzigen Dunschtig“ geschlossen Jeden 1. Samstag im Monat Eintritt ins gesamte Haus frei! Die Ausstellung im Konzilgebäude Konstanz endete bereits am 21. September 2014. Hinweise zu weiteren Ausstellungen sowie Veranstaltungen finden Sie auf der Homepage http://www.konstanzer-konzil.de

auch deshalb gewählt worden, weil es im mittelalterlichen Europa eine verkehrsgünstige Lage anbieten konnte. Damit war auch der Seeweg gemeint, der den Handel und

Zitat des Minnesängers Oswald von Wolkenstein, 1417 in Konstanz, angesichts der Kosten seiner dortigen Bordellbesuche.

die Entwicklung der Stadt stark beförderte. Aus Anlass der 600-jährigen Erinnerung an das Konzil hat das Badische Landesmuseum in Karlsruhe eine große

Johann Wolfgang von Goethe, 1814, anlässlich des St. Rochus-Fest in Bingen.

Landesausstellung konzipiert, die direkt im Konzilsgebäude am Konstanzer Ufer des Bodensees gezeigt wird und die Gegenstand einer Exkursion des Vorarlberger Landesmuseumsvereins und des vorarlberg museums in diesem Sommer war. Die Fotografin Petra Rainer hat uns dabei begleitet und die Bilder in diesem Beitrag zeigen Eindrücke davon: die Reise über den Bodensee, die Aus-

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Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.) Das Konstanzer Konzil. 1414–1418 Weltereignis des Mittelalters 392 Seiten, gebunden, 28 x 22,4 cm Theiss Verlag 39,95 Euro ISBN: 978-3-8062-000-10

Leonardo Bruni, Humanist und päpstlicher Sekretär, über seine Eindrücke bei der Anreise zum Konzil


Migration – Geschichte – Archiv Aktuelle Herausforderungen und Projekte aus Anlass von 50 Jahren Anwerbeabkommen Österreich – Türkei 1964 2014 jährt sich die Unterzeichnung des Abkommens zur Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte zwischen Österreich und der Türkei zum 50. Mal. Trotz der medialen Dauerpräsenz des Themas Migration in Europa und in Österreich während der letzten 20 Jahre kann allerdings nicht davon gesprochen werden, dass die Migrationsgeschichte/n im historischen Bewusstsein der Bevölkerung und in den hegemonialen Gedächtnissen angekommen und verankert wären. Erfahrungen und Erinnerungen von Migrantinnen und Migraten sind immer noch kein selbstverständlicher Bestandteil der dominanten historischen Erzählungen. Die erinnerungskulturelle Ausgestaltung des öffentlichen Raumes kommt weitgehend ohne Verweise auf die jüngere Migrationsgeschichte des Landes aus. Gleichzeitig fordern migrantische Gruppen immer deutlicher ihren Platz in der Geschichtsschreibung ein, hinterfragen hegemoniale Narrative und erzählen Geschichte/n aus ihren eigenen Perspektiven. Diese Entwicklung geht Hand in Hand mit Diskussionen über die Errichtung von Archiven und Museen der Migration. Donnerstag, 9. Oktober 2014 19.00 bis 20.00 Uhr, Vortragssaal vorarlberg museum Fatih Özcelik ist Mitarbeiter am vorarlberg museum und Initiator sowie Leiter des Vielfaltenarchivs Vorarlberg. Dirk Rupnow ist Professor am Institut für Zeitgeschichte der Universität und seit 2010 dessen Leiter sowie gleichzeitig Gründungsmitglied des Arbeitskreises „Archiv der Migration“ in Wien.

Ein Tal im Fokus. Die Klostertaler Fotografen Andreas Schnetzer und Josef Bauer Einblicke in Leben und Werk Mehr als 1.200 Aufnahmen aus dem Klostertal, besonders aus dem dörflichen Leben von Dalaas und Wald am Arlberg, haben die beiden Fotografen Andreas Schnetzer und Josef Bauer in ihren Nachlässen hinterlassen. Sie sind zwischen der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und den ersten Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entstanden und illustrieren in eindrucksvoller Weise strukturelle Veränderungen einer ländlichen Region, die seit jeher durch die verkehrsbegünstigte Lage zwischen Bludenz und dem Arlberg geprägt ist. Neben Porträts und Familienbildern sind die Schwerpunkte der Fotosammlungen auch durch die Biografien geprägt: Andreas Schnetzer war Bauer und

Jagdaufseher in Dalaas, während Josef Bauer als Zimmermann beim Bau der neuen Kirche in Wald tätig war und später bei der Lehnenpartie der ÖBB arbeitete. Der Vortrag gibt Einblick in das Leben der beiden Fotografen und deren Nachlässe, die seit mehreren Jahren vom Museumsverein Klostertal bearbeitet werden und in der Vergangenheit bereits Bestandteil zweier Ausstellungen im Klostertal Museum waren. Donnerstag, 16. Oktober 2014 19.00 bis 20.00 Uhr, Vortragssaal vorarlberg museum Christof Thöny unterrichtet Geschichte und Religion am Bundesgymnasium Bludenz; er ist seit 2001 Obmann des Museumsvereins Klostertal und seit 2013 Geschäftsführer des Vorarlberger Landesmuseumsvereins.

Der Höhlenbär in Vorarlberg Bericht über die erste und einzige Fundstelle des Höhlenbären im Lande In der Gauerblickhöhle im Rätikon in der Region Montafon wurden in einer Höhe von 2.305 Metern von Vorarlberger Höhlenforschern vom Karst- und Höhlenkundlichen Ausschuss des Vorarlberger Landesmuseumsvereins erstmals Knochen von Höhlenbären entdeckt. Im vergangenen Sommer kam es zu einer Bergung dieser Höhlenfauna (Knochen- und Zahnmaterial), deren Auswertung nun vorliegt. Die Entdeckung einer neuen hochalpinen Fundstelle ist eine Sensation und von großer Bedeutung für die Quartärbiologie, denn diese Funde aus der Gauerblickhöhle erweitern unsere Kenntnisse über die Hochalpinen Höhlenbären. Im Vortrag werden die Auswertung der Funde im Vordergrund stehen: Was können uns die Knochen über diese eiszeitlichen Tiere verraten? Wie muss man sich ihre einstige Umwelt und Umgebung vorstellen?

Der Bregenzer Ölrain – das eigentliche Stadtgebiet des römischen Brigantium – ist in den letzten Jahren wieder verstärkt in den Fokus wissenschaftlichen und denkmalpflegerischen Interesses gerückt. Doch was spielt sich archäologisch in den „Randbereichen“ dieser wichtigen Siedlung ab? Im Frühjahr 2013 konnten im Thalbach, im Hangbereich der Burghalde zwischen dem Deuringschlössle (Oberstadt) und dem darunterliegenden Parkplatzareal, archäologische Untersuchungen durchgeführt werden. Dabei wurde am Hangfuß neben einem kleinen spätrömischen Münzschatz auch eine mächtige, gebogen verlaufende Mauer entdeckt. Diese konnte auf mindestens elf Metern Länge verfolgt werden, doch ein Ende dieser auffällig großen Baustruktur ist noch nicht in Sicht. In diesem Vortrag geben die beiden Referenten Einblicke in aktuelle Grabungsergebnisse ebenso wie in die Zugänge und Fragestellungen der praktischen archäologischen Denkmalpflege. Dass man hochrangige Forschungsergebnisse erzielen kann, solange man der zerstörerischen Bautätigkeit „eine Schaufellänge voraus“ ist, hat die Archäologie bereits vielfach bewiesen. Donnerstag, 30. Oktober 2014 19.00 bis 20.00 Uhr, Vortragssaal vorarlberg museum Andreas Picker studierte Klassische Archäologie und Geschichte in Innsbruck und Freiburg i. Br. Er ist seit 2007 am Bundesdenkmalamt beschäftigt, und seit 2011 als Gebietsreferent für die Archäologie in Vorarlberg behördlich verantwortlich. Claus-Stephan Holdermann studierte Urgeschichte und Geologie in Erlangen und Tübingen. Seit 2009 ist er als selbstständiger Archäologe mit seiner Firma Context OG in Westösterreich und Südtirol tätig.

Im Anschluss an den vierten und letzten Vortrag der Veranstaltungsreihe wird das Jahrbuch 2014 des Vorarlberger Landesmuseumsvereins präsentiert.

Donnerstag, 23. Oktober 2014 19.00 bis 20.00 Uhr, Vortragssaal vorarlberg museum Lana Laughlan hat an der Universität Wien Quartärbiologie und Archäologie des Paläolithikums studiert und sich auf die Erforschung der Höhlenbären spezialisiert. Sie arbeitet als selbstständige Wissenschaftlerin in verschiedenen Projekten u.a. der Universität sowie der inatura in Dornbirn.

„Auch hier wieder überall die Halden spätrömischen Bauschuttes…“ A. Hild 1950 Die Burghalde der Bregenzer Oberstadt in der Römerzeit – Perspektiven für die archäologische Denkmalpflege in Bregenz

Fotos: Privat, Vielfaltenarchiv Dornbirn, Museumsverein Klostertal Lana Laughlan, Rudi Hinterwaldner/Claus-Stephan Holdermann

Werden Sie Mitglied! Mit Ihrer Mitgliedschaft unterstützen Sie nicht nur die Arbeit der Museen im Lande, sondern Sie tragen auch zum Erhalt der Kulturlandschaft Vorarlberg bei. Zusätzlich genießen Sie folgende Vorteile: • Kostenloses Abo des Museumsmagazins (3x jährlich) • Anspruch auf ein Freiexemplar des wissenschaftlichen Jahrbuches • Nutzung des Veranstaltungs- und Exkursionsprogramms des VLMV und des vorarlberg museums • Detaillierte Informationen über Vereinsveranstaltungen • Freier Eintritt in das neue vorarlberg museum, in die inatura Dornbirn und in die Partnermuseen (Klostertal Museum Wald am Arlberg und alle Montafoner Museen). Seit 2014 bietet Ihnen der Vorarlberger Landesmuseumsverein zwei Formen der Mitgliedschaft an: Neben der Einzelmitgliedschaft zu 36,00 Euro (Studierende zu 20,00 Euro) ermöglicht Ihnen eine Doppelmitgliedschaft zu 50,00 Euro jederzeit mit einer Person Ihrer Wahl oder mit einem namentlich genannten Partner (= Partnermitgliedschaft, ab 2015) das vorarlberg museum und die Partnermuseen zu besuchen. Kontakt: Vorarlberger Landesmuseumsverein, Geschäftsstelle, Kornmarktplatz 1, A-6900 Bregenz geschaeftsstelle@vlmv.at und Tel. +43 (0) 5574-46050-545

Herausgeber: Vorarlberger Landesmuseumsverein, Kornmarktplatz 1, A-6900 Bregenz. Für den Inhalt sind die angeführten Autorinnen und Autoren verantwortlich. Idee und inhaltliches Konzept: Andreas Rudigier, Christof Thöny Redaktion: Eva Fichtner Beiträge: Susanne Emerich, Michael Kasper, Max Lang, Peter Melichar, Andreas Rudigier, Christof Thöny, Brigitte Truschnegg Produktion: Frank Mätzler Druck: Vorarlberger Verlagsanstalt, Dornbirn Auflage: 4000 Fotonachweis: Die Fotos stammen, wenn nicht anders ausgewiesen, von den jeweiligen Institutionen. Gedruckt mit Unterstützung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung und des vorarlberg museums.

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Vorarlberger Landesmuseumsverein Präsidentin: Brigitte Truschnegg Vizepräsident: Thomas Klagian Geschäftsführer: Christof Thöny Kassierin: Edeltraud Wirth


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