Hauptstadtgespraech

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Hauptstadtgespräch

„Die größten Energieeinsparpotenziale liegen im Verhalten der Menschen.“ Energiebinnenmarkt – Energiewende – Energiesparen Dr. Ralf Pastleitner, Leiter des VNG-Büros in Brüssel, traf Herbert Reul, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament und sprach mit ihm über die Vollendung des Energie-Binnenmarktes, die Möglichkeiten zur Energieeinsparung und die Herausforderungen der Energiewende für Deutschland und Europa.

Eigentlich eine Erfolgsgeschichte, allerdings hier und da mit Schwachstellen. So haben Sie den europäischen Binnenmarkt jüngst beschrieben. Wo liegen denn diese Schwachstellen? Im europäischen Binnenmarkt können wir überall in der EU frei reisen, leben, lernen und arbeiten, wir können grenzenlos handeln und Waren und Dienstleistungen kaufen. Das ist per se eine enorme Erfolgsgeschichte. Allerdings hinkt die Erfolgsgeschichte noch an manchen Stellen, unter anderem im Energiebereich. Das liegt zum einen an den historisch getrennten Energienetzen, die erst zusammenwachsen müssen, damit Gas und Strom frei fließen können. Das ist ein enormer finanzieller Aufwand. Zum anderen hängt es aber auch daran, dass einige Mitgliedstaaten ihre Energieversorgung sehr national betrachten und nicht im europäischen Kontext. Insofern finde ich es gut, dass Energiekommissar Günther Oettinger mit seiner Binnenmarktmitteilung dieses Thema aufgreifen wird und damit hoffentlich weitere Impulse für ein Zusammenwachsen gibt.

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Herbert Reul ist seit 2004 Mitglied des Europäischen Parlament. Seit Beginn dieses Jahres ist er dort Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe. Reul ist ausgewiesener Energieexperte in Europa und wirkt seit Jahren im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie an den energiepolitischen Maßnahmen der EU mit. Von 2009 bis 2012 leitete er den Ausschuss.

In Deutschland wird derzeit eine intensive Diskussion um den Ausbau erneuerbarer Energien geführt, vor allem im Hinblick auf zukünftige Förder- und Subventionsbedingungen. Wie beurteilen Sie das Thema? Die Diskussion wird sehr emotional geführt, es geht ja um viel Geld. Die große Herausforderung ist in der Tat die Frage, wie die Förderung von erneuerbaren Energien möglichst effektiv und kostenorientiert gestaltet werden kann. In Deutschland ist sie derzeit relativ kostenintensiv. Die Verbraucher zahlen eine gigantische Leistung, das kann so nicht bleiben. Erschreckend kommt noch hinzu, dass die nationale Politik kaum noch sachgerechte Entscheidungen treffen kann, weil der Druck von allen Seiten so hoch ist. Manchmal erinnern mich die Debatten an die Zeiten der Steinkohleförderung, als ebenso wenig auf Basis von Vernunft und Wirtschaftlichkeit entschieden wurde. Nehmen Sie nur das Beispiel Solarförderung: In Deutschland wurden 22 mal so viel Kapazitäten für Sonnenenergie aufgebaut wie in Italien, einem der sonnenverwöhntesten Staaten in Europa.


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