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Schwerpunkt

Reportage

Wind, Sonne und Biogas – mit Erdgas der Energiemix der Zukunft. Für Jochen Flasbarth, dem Chef des Umweltbundesamtes, gibt es keinen Zweifel mehr an Sinn und Möglichkeit einer zielstrebigen Umstellung der Energieversorgung auf regenerative Quellen. In vierzig Jahren, so der frühere Chef des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), sei ein Wandel auch noch über den von der Bundesregierung angestrebten Wert von 80 Prozent möglich, verkündete Flasbarth während eines Kolloquiums am Umweltforschungszentrum in Leipzig. Das Ausschöpfen der Effizienzpotenziale, Lastenmanagement in Industrie und dem privaten Bereich, Investitionen in Erzeugung von Windstrom, Solartechnik und die anderen erneuerbaren Quellen und der Ausbau von Netzen und Speichern setzt Flasbarth dabei voraus. Wobei er allen möglichen schön klingenden und zeitweilig ernsthaft diskutierten Ideen wie die der Batterien einer Elektro-Auto-Flotte oder Pumpspeicherwerken eher eine ergänzende Rolle zuweist: „Es geht in der notwendigen Größenordnung nur mit solarem oder aus der Windkraft gewonnenem Methan“, sagt der UBA-Chef. Mehr noch: Nur das riesige Erdgasnetz und die in Deutschland wie auch in den Nachbarländern vorhandenen unterirdischen Gasspeicher können die Energie-Schwankungen bei Wind und Sonne ausgleichen.

von Martin Hainbucher, freier Redakteur Fotos Christian Schneider Schon heute hat das Gasnetz in Deutschland Speicherkapazitäten von 200 Terrawattstunden, das ist ein Drittel des Jahresbedarfs, haben die Mitarbeiter von Flasbarth errechnet, wobei die Speicherkapazitäten seit Jahren kontinuierlich weiter wachsen. Die 47 Kavernenspeicher allein in Deutschland mit einem Speichervolumen von 21 Milliarden Kubikmetern werden zudem ständig erweitert. Das mit überschüssigem Strom aus thermo-solaren Wüstenkraftwerken oder den Windparks elektrolytisch aufgespaltene Wasser lässt sich mit Kohlendioxid zu Methan umwandeln, was chemisch dem Erd- oder auch aufbereiteten Biogas entspricht. Und das könnte sowohl in Deutschland oder sogar aus den sonnenscheinreichen Staaten importiert und in den vorhandenen Pipelines gemeinsam mit dem noch für Jahrzehnte notwendigem Erdgas in fast jeden Winkel des Landes transportiert werden. Wenn Windräder oder die Sonne mehr Strom liefern, als verbraucht wird, produzieren sie künstliches Erdgas. Viele neue Höchstspannungsleitungen wären damit überflüssig. Denn überschüssiger Strom kann unmittelbar in der Nähe der Windräder oder Solarkraftwerke in gut transportfähiges Gas umgewandelt werden – und das Gasleitungsnetz in Deutschland ist sehr engmaschig. Der benötigte Strom lässt sich dann 22

in wind- und sonnenschwachen Zeiten in Gaskraftwerken klimaneutral und zugleich auch dezentral dort erzeugen, wo Abnehmer für Strom und Wärme konzentriert sind. Zukunftsund Wunschdenken – oder doch eine Vision, die gar nicht so utopisch ist? Biogas ergänzt Erdgas im Netz Dr. Tilman Werner schaut recht zufrieden auf seine 15 Meter hohen Fermenter, Nachgärer und die silbernen Kolonnen. Der Gruppenleiter Energiedienstleistungen bei der DREWAG ist verantwortlich für den Neubau einer großen Biogasanlage in Mittelsachsen, unmittelbar an der Bundesautobahn A14. Im Juli werden hier die Substrate mit Gülle vermischt, dann beginnen die Bakterien ihr Werk. Wenn alles wie erwartet läuft, sollen dann ab August 2011 stündlich rund 1.400 Kubikmeter Biogas entstehen, was nach der Reinigung rund der Hälfte Bioerdgas entspricht. „Wir speisen das in das Erdgasnetz ein und sorgen damit dafür, dass einerseits CO2 aus dem natürlichen Kreislauf genutzt werden kann und andererseits unsere Kunden auch mit einem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien versorgt werden können“, sagt der Dresdner. Sein Vertragspartner für die Einspeisung sieht den Tag der ersten in das Mitteldrucknetz strömenden Kubikmeter Bioerdgas gelassen. „Für ein Gasnetz sind das vergleichsweise kleine Mengen, sieht man einmal von sehr verbrauchsschwachen


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