DIE DIE
BRIEFMARKE Post und Philatelie in Österreich
1.10 58. Jahrgang Jänner 2010 Einzelpreis EUR 3,50 Sponsoring Post, Entgelt bezahlt, Verlagspostamt 1060 Wien, GZ: 02 Z 031235 S
Prosit 2010! Serie „Weltkulturerbe UNESCO“: Neue Sondermarke „Historische Altstadt von Salzburg“ Foto: Anna Rieger
Kunst in der Philatelie
Seiner Zeit voraus Noch bis 31. Jänner 2010 zeigt das Untere Belvedere in Wien eine groĂ&#x;e Retrospektive von Herbert Boeckl, einem der bedeutendsten Ăśsterreichischen Maler des 20. Jahrhunderts. Mit seinem vielfältigen Werk prägte er nachhaltig den heimischen Kunstbetrieb.
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Herbert Boeckl (1894 bis 1966) gilt als einer der Hauptvertreter der Üsterreichischen Moderne. Sein Gesamtwerk lässt sich, grob umrissen, in drei Phasen einteilen: Zu Beginn die frßhen expressionistischen Bilder, später dann die Auseinandersetzung mit dem Realismusbegriff anKDQG YRQ ¿JXUDOHQ XQG ODQGVFKDIWOLFKHQ 7KHPHQ XQG VFKOLH‰OLFK MHQH Phase nach 1945, die sich der Abstraktion näherte und viele seiner Schßler, unter ihnen auch Maria Lassnig, Kiki Kogelnik und Giselbert +RNH EHHLQÀXVVWH %RHFNOV 6FKDIIHQ XPIDVVW EHLQDKH DOOH *DWWXQJHQ der Malerei – vom mythologischen Historiengemälde ßber das Portrait, das Stillleben, den Akt und die Landschaft bis hin zum imposanten 7DIHOELOG %HVRQGHUV ZLFKWLJ LVW VHLQH %HGHXWXQJ GDU EHU KLQDXV DXFK als Vertreter einer erneuerten religiÜsen Malerei sowie der expressive Einsatz der Farben in seinen Bildern.
Das Jahr 1918, in dem Klimt und Schiele starben, war in jeder Hinsicht, in der Geschichte der Politik und der Kunst eine Zäsur. Es ist daher nicht Zufall, dass Herbert Boeckl unbelastet von den groĂ&#x;en Vorgängern ein neues Kapitel der Ăśsterreichischen Malerei erĂśffnen konnte, ein Kapitel, das mit dem TrĂźmmerhaufen der Monarchie auch die Fin-de-siècle Dekadenz des frĂźhen Wiener Expressionismus hinter sich lieĂ&#x;. Er gehĂśrt kĂźnstlerisch bereits einer neuen Generation an und war ihr, wie so oft in seinem Leben, zugleich weit voraus. Mit seinem groĂ&#x;artigen FrĂźhwerk hat er die Ăśsterreichische Malerei aus der Stagnation des Expressionismus herausgefĂźhrt und sie mit seinem Spätwerk von der vom Ständestaat und Nationalsozialismus aufgezwungenen Provinzialität befreit. Er war sowohl in der Ersten als auch in der Zweiten Republik GLH ,GHQWLÂżNDWLRQVÂżJXU I U GLH KHLPDWOLFKHQ KĂźnstler schlechthin. Sein Beitrag zum intellektuellen und kulturellen Wiederaufbau Ă–sterreichs nach dem Zweiten Weltkrieg ist kaum hoch genug einzuschätzen.
Der vielfach ausgezeichnete Kßnstler – unter anderem wurde ihm der *UR‰H gVWHUUHLFKLVFKH 6WDDWVSUHLV XQG GHU LQWHUQDWLRQDO UHQRPPLHUWH Guggenheim-Preis verliehen – nahm sowohl 1935 in Brßssel als auch LQ 3DULV DQ GHU :HOWDXVVWHOOXQJ WHLO ,Q GHQ ) QI]LJHUMDKUHQ reiste Boeckl nach Spanien, wo die intensive Beschäftigung mit romanischen Fresken zur kßnstlerischen Ausmalung der Engelskapelle im steirischen Stift Seckau, einem seiner Hauptwerke, fßhrte. Als Mitglied der Wiener Secession vertrat Herbert Boeckl zweimal, 1950 und 1964, gVWHUUHLFK DXI GHU %LHQQDOH YRQ 9HQHGLJ YRQ ELV ZDU HU VFKOLH‰OLFK 5HNWRU GHU $NDGHPLH GHU %LOGHQGHQ . QVWH LQ :LHQ Ñ Herbert
Boeckl in der Engelskapelle des Stiftes Seckau. die Ausstellung im Unteren Belvedere in Wien.
ÂĽ Sehenswert:
HERBERT BOECKL. RETROSPEKTIVE Unteres Belvedere. 1030 Wien, Rennweg 6 Öffnungszeiten: 21.10.2009 bis 31.1.2010 Täglich 10 bis 18 Uhr, mittwochs 10 bis 21 Uhr
Dr. Klaus Albrecht SchrĂśder, Direktor der Wiener Albertina
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Die Briefmarke 1/2010
¤ Sondermarke „100. Geburtstag des Malers Herbert Boeckl“, 1994.
¢Ñ¤£ Moderne Kunst auf Üsterreichischen Briefmarken, geschaffen von Schßlern Herbert Boeckls: Giselbert Hoke, Kiki Kogelnik und Maria Lassnig.
¤ „Selbstbildnis“, ÂĽ „Fliegender
Ă–l auf Leinwand, 1923.
Specht“, Ă–l auf Leinwand, 1950.
¤ Sondermarke ¤ Personalisierte
Briefmarke mit Boeckl-Gemälde.
Sondermarke „850 Jahre Stift Seckau“, 1990. ¤ Die kunstvolle Ausgestaltung der Engelskapelle dieses Stiftes gilt als eines der Hauptwerke Herbert Boeckls.
„300 Jahre Akademie der bildenden KĂźnste“, 1992. In seinen letzten Lebensjahren war Boeckl Rektor dieser renommierten Akademie.
$QOlVVOLFK VHLQHV *HEXUWVWDJHV EUDFKWH GLH gVWHUUHLFKLVFKH 3RVW HLQH 6RQGHUPDUNH ]X (KUHQ GHV JUR‰HQ KĂźnstlers heraus (Nennwert 5,50 S). Das ansprechende Motiv zeigt einen Ausschnitt aus dem bekannten Bild „LiegenGH )UDXÂł DXV GHP -DKU gO DXI /HLQZDQG 2ULJLQDOPD‰ 111 x 158 cm). DarĂźber hinaus gibt es eine ganze Reihe von personalisierten Briefmarken, die das Werk von Herbert %RHFNO WKHPDWLVLHUHQ VLHKH DEJHELOGHWHV %HLVSLHO :LH JUR‰ MHGRFK DXFK GHU LQGLUHNWH N QVWOHULVFKH (LQĂ€XVV DXI GLH |VWHUreichische Philatelie im Allgemeinen ist, lässt sich nur insofern vage einschätzen, als man sich Boeckls prägendes Vorbild auf eine ganze Malergeneration bewusst machen sollte – Maler also, denen zahlreiche kunstvolle Markenmotive zu verdanken sind. Kein Zweifel: Kaum eine Ausstellung zuvor veranschaulichte GDV YLHOIlOWLJ EXQWH 2HXYUH +HUEHUW %RHFNOV DXI HLQGUXFNVvollere Weise als die derzeit laufende Retrospektive im UnWHUHQ %HOYHGHUH LQ :LHQ 8QVHU 7LSS DEVROXW VHKHQVZHUW hEULJHQV 3RLQWLHUWH )RUPXOLHUXQJHQ  EHU GLH 'HÂżQLWLRQ GHV 0DOHUV gibt es viele. Boeckls Interpretation, nicht frei von Ironie, lautet MHGHQIDOOV VR Ă„'HU 0DOHU KDW GDV *O FN HLQH VFKZHLJVDPH Kunst zu betreiben, eine Kunst ohne Spektakel. Spektakel wird ohnehin genug gemacht.“ rie Die Briefmarke 1/2010
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