Die Briefmarke 02/2018 - STAMP Jugend

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KINDER & JUGEND

Immer wieder neue Dinge entdecken … Wie uns allen bekannt ist, befinden sich viele Briefmarken-Sammler händeringend auf der Suche nach interessiertem Jungvolk. Auch wenn sich der Nachwuchs heute kaum noch für die Philatelie begeistern lässt, so ist die Hoffnung dennoch nicht verloren. Vier Kinder und Jugendliche erzählen, warum sie sich für dieses wertvolle Hobby entschieden haben. Wie seid ihr mit der Philatelie in Berührung gekommen? Christin: Früher war mein Bruder im Briefmarkenverein und als ich ungefähr 10 Jahre alt war haben Briefmarken angefangen auch mich zu interessieren und ich bin ebenfalls in den Verein eingestiegen. Mein Bruder ist zwar mittlerweile wieder ausgestiegen aber ich bin noch immer dabei.

Christin, 14 Jahre

Jens: Meine Eltern haben selbst nie Briefmarken gesammelt, aber meine Großmutter ganz früher einmal. Deswegen haben wir ihr Marken aus unserem Posteingang gegeben, die ich in einem Winter 2008 oder 2009 mal durchgeschaut habe und dann an den Briefmarken Gefallen gefunden habe. Seitdem bin ich nicht mehr davon losgekommen. Leonie: Meine beste Freundin ist in einer Briefmarken-Gruppe gewesen. Die machen immer ganz tolle Ausflüge mit uns und sind sehr nett. Deswegen wollte ich das Sammeln dann unbedingt auch mal ausprobieren, wie das so ist als Hobby. Niklas: Meine Eltern sind die Leiter von einer Jugendgruppe und ich wurde da sozusagen hineingeboren. Schon mit zwei oder drei Jahren habe ich angefangen, mit meiner Oma Briefmarken zu sortieren und rauszusuchen. So hat sich das entwickelt.

Niklas, 17 Jahre

Was sammelt ihr? Christin: Elefanten. Ich mag Elefanten. Jens: Aktuell habe ich mich auf die Dauerserie Sehenswürdigkeiten Ausgabe Bundesrepublik spezialisiert. Da habe ich auch ein Wettbewerbsexponat. Leonie: Katzen. Egal welche Sorte – sogar Wildkatzen! Niklas: Angefangen habe ich mit Landwirtschaft und dann sind mit der Zeit noch verschiedenen andere Sammelgebiete dazugekommen wie z.B. Antarktis oder Eisenbahnen.

Was gefällt euch am Sammeln? Christin: Es macht einfach Spaß. Auch auf Ausstellungen zu sein und das Vorbereiten, Sammeln und Aussuchen von den Briefmarken macht Spaß. Jens: Ich würde sagen immer wieder neue Dinge entdecken, wenn man beispielsweise einen Beleg bestimmt, der ins Ausland lief und dann muss man sich teilweise sogar mit der Kultur dieses Landes auseinandersetzen. Oder auch das ganze Allgemeinwissen, dass man bei der Beschäftigung mit Briefmarken anhäuft, weil zu allen besonderen Anlässen Marken verausgabt werden. Allein wenn man einfach nur Österreich sammelt und diese Marken sortiert dann kommt dieses Wissen ganz beiläufig.

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KINDER & JUGEND

Leonie: Dass ich die Marken ausstellen kann und stolz darauf sein kann, wenn ich irgendetwas gewinne. Außerdem macht mir das Sammlen an sich großen Spaß und die Händler sind auch immer ganz nett zu mir. Niklas: Im Gegensatz zu vielen anderen Hobbys läuft alles relativ ruhig ab. Man kann sich wirklich mal hinsetzen und konzentriert für ein oder zwei Stunden selbstständig arbeiten. Zum Abschalten ist das schön, weil man sich auf sich selber bzw. auf seine Sammlung konzentrieren kann und mir macht es heute auch noch Spaß.

Warum sammeln heutzutage nicht mehr von euch Kindern und Jugendlichen?

Jens, 21 Jahre

Christin: Ich denke, dass viele keine Briefe mehr schreiben. So etwas wird eher als altmodisch angesehen. Vielleicht finden sie das auch uncool … Jens: Zunächst einmal denke ich, dass die Konkurrenz was Freizeitbeschäftigung angeht in den letzten Jahrzehnten sehr stark zugenommen hat. Andererseits ist das Sammeln auch ein Hobby, bei dem man fähig sein muss, sich mal ein paar Stunden ruhig hinzusetzen. Dazu kommt, dass immer weniger junge Menschen mit Briefmarken in Kontakt kommen. Doch genau dieser Kontakt kann den Ausschlag geben, sich dem Hobby zuzuwenden! Leonie: Vielleicht finden sie das langweilig oder denken, Sammeln sei etwas für Loser. Außerdem muss man bei diesem Hobby auch mal etwas lesen und ich glaube, das mögen die meisten nicht so sehr. Ich denke, dass sie das Thema einfach nicht interessiert.

Leonie, 10 Jahre

Niklas: Meiner Meinung nach wird einfach relativ wenig in die Kinder- und Jugendarbeit investiert. Da sehe ich das Problem bei der älteren Generation, die sich denkt, sie müsse nichts für die Jugend tun. Man sieht ja: meine Eltern machen viel und bei uns läuft das auch. Es ist schade, dass vor allem in Großstädten, in denen es eigentlich genug Jugendliche gäbe, nur so wenig gemacht / investiert wird.

Wie würdet ihr Freunde von euch fürs Sammeln begeistern? Christin: Also ich denke ich würde weniger nur reden, sondern auch zeigen. Nicht nur zuhause sondern auch dort, wo das Hobby ausgeübt wird. Ich würde meine Sammlung herzeigen oder auch allgemeine Sachen, die mit Briefmarken zu tun haben. Jens: Wenn ich ehrlich bin, habe ich das mehr oder weniger aufgegeben. Es ist nicht einfach, Bekannten in wenigen Worten oder Sätzen die Begeisterung für Briefmarken zu erklären. Wenn ich in meinem Studium Zeit mit Studienkollegen verbringe, habe ich zumindest schon versucht zu erläutern, was mir an Briefmarken gefällt. Aber es fällt mir immer wieder schwer, das in Worte zu fassen. Das ist einfach so der Sammeltrieb. Man muss aufpassen, dass das nicht in einem Wahn ausartet oder dass man zum Messie wird was Briefmarken angeht. Leonie: Ich würde meine Sammlung in die Schule mitnehmen und sie dort vorstellen und ausstellen und erklären, was Briefmarken eigentlich sind und welchen Sinn sie haben. Weil ohne sie kann man ja keine Post verschicken. Und dann finden meine Klassenkameraden das bestimmt auch cool. Niklas: Also ich würde jetzt behaupten, dass es in meinem Alter wirklich schwierig ist, noch jemandem vom Sammeln zu begeistern. Die meisten meiner Freunde studieren oder machen eine Ausbildung und haben bereits Hobbies. Ich würde eher bei den etwas Jüngeren ansetzen - also zwischen zehn und vierzehn Jahren. Da sind auch immer wieder welche dabei, die ihre Freunde mit zur Gruppenstunde bringen. Die schauen sich das dann an und finden vielleicht Gefallen daran.

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ALBUM

Zwei Gesichter Das Siegermotiv des Briefmarkenwettbewerbs zum Thema „Generationenfrage – Zusammenleben der zukünftigen Generationen“ heißt „Zwei Gesichter“. Ausgabetag: 15.02.2018

Sondermarke Generationenfrage – Zusammenleben der zukünftigen Generationen – „Zwei Gesichter“

© irinastrel123 / fotolia.com

Zwei Gesichter und zwei Designer: Johannes Lampert und Daniel Matt arbeiten schon seit ihrer Schulzeit gemeinsam an kreativen Projekten wie Zeichnungen, 3D-Animationen oder Videos. Die beiden jungen Vorarlberger haben das vorgegebene Thema äußerst effizient umgesetzt: Die zwei Gesichter auf der Briefmarke symbolisieren die Jugend und das Alter. Sie sind voneinander abgewandt und je nachdem, wie man die Marke dreht, steht das eine oder das andere Gesicht auf dem Kopf. Mit grafischen Mitteln wird so das komplexe Thema der verschiedenen Generationen und ihrer oft gegensätzlichen Ansichten und Interessen dargestellt. Die klassische Großfamilie, in der mehrere Generationen gemeinsam unter einem Dach zusammenleben, ist heute nicht mehr der Regelfall, ganz im Gegenteil: Der Trend geht eher zum Singlehaushalt, Kleinstfamilien oder auch zur Patchworkfamilie. Sorgten früher häufig die erwachsenen Kinder für ihre Eltern, so ist das heute berufsbedingt oft gar nicht möglich. Außerdem möchten ältere Menschen meist ihre Wohnung, in der sie ihr halbes Leben verbracht haben, nicht verlassen - selbst wenn sie nicht mehr alleine zurechtkommen. Auch die Betreuung der eigenen Kinder nach der Schule stellt für viele Eltern eine organisatorische und auch finanzielle Herausforderung dar. Dementsprechend sind soziale Kontakte außerhalb der eigenen Generation oft gar nicht mehr selbstverständlich. In zeitgemäß konzipierten Wohnhausanlagen wird bereits versucht, das Miteinander von Jung und Alt zu fördern. Die gegenseitige Unterstützung von Menschen verschiedener Altersklassen führt auch zu einem größeren Verständnis für die Probleme anderer Generationen. Vielleicht findet sich ja dadurch auch eine „Leihoma“, die gerne hin und wieder auf die Kinder aufpasst, oder ein junger Mensch übernimmt die Einkäufe für einen älteren. Es gibt viele Wege, einander zur Seite zu stehen. Und nicht zuletzt kann jede Generation von der anderen etwas lernen.

© Stanislav Jenis

Heute nicht mehr typisch: mehrere Generationen unter einem gemeinsamen Dach

Die beiden Designer der Briefmarke: Johannes Lampert und Daniel Matt

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THEMA SAMMELN

Ein Blick auf die Entwicklung der Philatelie gestern – heute – morgen Gestern Es war wohl mehr ein Umweg, denn eine gerade Straße, die mich in die Philatelie führte. Es begann damit, dass ich neulich vor 28 Jahren einen eingefleischten Philatelisten heiratete. Dieser Umstand führte einige Jahre später und über zahlreiche Umwege zu meinem Entschluss, ein eigenes Exponat auf einer Ausstellung zu präsentieren. Und siehe da: plötzlich begann ich Gefallen daran zu finden, eine Geschichte in philatelistischen Bildern zu erzählen.

Heute Heute nimmt die Philatelie als gemeinsames Hobby großen Raum in unserem Familienleben ein. Als ausstellende Thematikerin („Dog with Jobs – Hunde mit Beruf“) komme ich mit allen Aspekten der Philatelie in Berührung und habe in meinem Mann und in der Gemeinschaft der Philatelisten Mentoren gefunden, die mir geduldig weiterhelfen, wenn Internet und Literatur versagen. Auch das umfangreiche Wissen, das ich mir so im Laufe der Jahre über Hunderassen zu Eigen gemacht habe, verdanke ich letztendlich der Philatelie. Hätte es in meiner Kindheit oder Jugend jemanden gegeben, der mich altersgerecht an die Philatelie herangeführt hätte, wäre ich schon vor Jahrzehnten diesem Steckenpferd erlegen. Davon bin ich überzeugt.

Deshalb arbeite ich auch im Schulprojekt und versuche meinerseits, acht- bis zehnjährigen Kindern die Faszination Philatelie näher zu bringen. Je Klasse habe ich nur eine Stunde des Sachunterrichts im Monat zur Verfügung - herzlich wenig, um in die Tiefe zu gehen, aber genügend Zeit, die Kinder durch die Vielfalt der Themen, die Marken und Stempel eröffnen, zu führen. Motive stehen für diese Altersgruppe an vorderster Front – Ballsport, Autos, Eisenbahn bei den Buben, Blumen und Märchen bei den Mädchen, Tiere bei allen. Den größten Spaß haben meine Schüler, wenn sie untereinander Marken tauschen können, was bei uns erwachsenen Philatelisten praktisch nicht mehr üblich ist. Wir kaufen. Dem natürlichen Bewegungsdrang der Kinder kommt jedoch das Tauschen sehr entgegen – sie können ihren Platz verlassen und durch die Klasse laufen.

Morgen Wenn Sie mich fragen, ob es in 50 Jahren noch Philatelisten geben wird, ist meine Antwort ein eindeutiges „Ja“. Das Schulprojekt ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, aber es braucht mehr: Es braucht engagierte Philatelisten, die mit Freude ihre Zeit opfern. Der Weg der Philatelie sollte weiter in die Ganztagsschule führen, um mit den Kindern und Jugendlichen philatelistische Projekte in einem größeren Zeitrahmen angehen zu können. Lehrer und Eltern müssen überzeugt werden, welch hohen Stellenwert Philatelie unterrichtsbegleitend haben kann. Im IT-Bereich brauchen wir animiertes Material zu philatelistischen Sachverhalten wie Entwurf, Druck, Zähnung, Wasserzeichen etc., denn Laptop und Tablets sind die Unterrichtshilfen unserer Zeit.

Wenn wir mit einem großartigen Thema zeitgenössisch auftreten, uns die Unterstützung aus dem nicht-philatelistischen Umfeld der jungen Leute holen, glaube ich daran, dass es junge Erwachsene geben wird, die den ideellen Wert und die Schönheit ererbter Sammlungen zu schätzen wissen. Ich für meinen Teil arbeite daran.

Susanne Streichsbier DIE BRIEFMARKE 2|2018

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THEMA SAMMELN

Als langjährige, begeisterte Philatelistin habe ich in meiner aktiven Zeit im Schuldienst – ich unterrichtete Physik und Mathematik – auch über 10 Jahre eine Jugendgruppe betreut. Dabei konnte ich mehr als 50 Jugendlichen im Alter von 10 – 16 Jahren Freude an der Philatelie vermitteln. Aufgrund dieser Erfahrung habe ich mir einige Gedanken über die weitere Entwicklung der Philatelie gemacht.

„The Stampers“, die von mir bis 2013 in Salzburg geleitete Jugendgruppe

Gestern In meiner Kindheit war das Briefmarkensammeln fast unser einziges Hobby, unter anderem weil es kaum etwas kostete. Beinahe täglich fand man einen schön frankierten Brief im Postkasten, von dem wir mangels besseren Wissens die Marken sofort ablösten. Schön bunte Marken aus möglichst fernen Ländern zu besitzen war für uns Kinder die größte Freude. Mit unseren Schulfreunden tauschten wir eifrig die Marken und waren stolz, wenn wir wieder einen ganzen Satz komplett beisammen hatten. In meiner Teenagerzeit verlor ich das Interesse an den Briefmarken und erst durch mei-

nen Mann kam ich mit der Philatelie wieder in Berührung. Mit dem gemeinsamen Beitritt zu einem Philatelistenklub lernte ich, die Belege genauer unter die Lupe zu nehmen. Allmählich baute ich mit schönen Zierbriefen aus Österreich eine Sammlung auf, wobei mich besonders die Geschichten, die hinter den Briefen stecken, interessieren. Mein zweites Sammelgebiet sind die österreichischen Zeitungsmarken von 1851 bis 1922. Durch die Teilnahme an Wettbewerben werde ich angespornt, die Sammlungen sowohl postalisch als auch optisch gefällig zu gestalten.

Heute Die Kinder von heute für die Philatelie zu gewinnen ist wesentlich schwerer als früher, da das Angebot an Freizeitaktivitäten für die Jugend ungleich höher ist. Zudem sind in unseren Briefmarkenvereinen zu wenig Kinder, um dort in einer Gruppe Gleichaltriger gemeinsam Spaß haben zu können. Daher können meiner Ansicht nach Kinder heutzutage nur über diverse Schulprojekte an die Philatelie herangeführt werden. Dafür bedarf es natürlich auch eines engagierten Lehrers, der in der Philatelie bewandert ist. Obwohl in der Zeit des Internets kaum noch Briefe geschrieben werden und diese auch meist nicht mehr mit Briefmarken versehen sind, erhalten interessierte Kinder dennoch genügend Material von Altphilatelisten oder vom Verband. Besonders schöne, themenbezogene Marken (Sport, Blumen, Tiere, Fahrzeuge, …) erfreuen Kinder. Insbesondere diese Marken ermöglichen auch eine gute Verbindung zu verschiedenen Unterrichtsfächern. Mit Anleitung eines Jugendleiters in

der Schule können Kinder so allmählich lernen, den ganzen Beleg genauer zu betrachten: Ist der Stempel schön abgeschlagen, welchen Postweg nahm der Brief, welche besonderen Postdienste wurden in Anspruch genommen, …? Auf diese Weise kann das Augenmerk der Jugendlichen beispielsweise auf postgeschichtliche Themen gelenkt werden. Umso mehr freut es mich, dass auch nach meiner Pensionierung ein jüngerer Kollege, ebenfalls Philatelist, in meiner Schule eine Jugendgruppe mit viel Freude und Engagement weiterleitet. Zudem haben wir in Österreich das Glück, dass von Frau Sybille Pudek , der Leiterin des Jugendreferats im Verband Österreichischer Philatelistenvereine, viele Schulprojekte installiert wurden, in denen zahlreiche Jugendliche für die Philatelie begeistert werden. Großartige Erfolge bei Ausstellungen in den letzten Jahren sind der Beweis, dass die Bemühungen Früchte tragen.

Morgen Da heute manche Post zu viele und teils auch zu teure Briefmarken herausgibt, reicht das Taschengeld der Kinder für die Anschaffung von Jahreszusammenstellungen nicht aus. Meiner Meinung nach wird sich die Sammeltätigkeit daher weg von der reinen Ländersammlung hin zur Thematik entwickeln. Man muss sich im Klaren sein, dass mit dem Heranwachsen der Jugendlichen andere Interessen in den Vordergrund treten. Ist aber einmal ein Keim gesetzt, so 34

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findet der eine oder andere in späteren Jahren vielleicht doch wieder zur Philatelie zurück.

Mag. Dorothea Haslauer


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