Kundenmagazin BerlinDruck #38

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38 DAS MAGAZIN VON BERLINDRUCK

Ich hab Feierabend!

Wer hat sich das nun wieder ausgedacht?!

So kann ich nicht arbeiten!

Dazu sage ich nichts.

Wenn du meinst ...

Das haben wir doch immer so gemacht.

Eigentlich ist das Aufgabe der Marketing-Abteilung ...

Was das wieder kostet!

Ein anderes Mal vielleicht.

Als ob wir nicht genug zu tun hätten.

Mit mir kann man’s ja machen ...

Das ist nicht mein Bereich ...

Die Aufgabe entspricht nicht meiner Qualifikation.

Dafür hab ich keine Zeit.

Ich hab das Memo nicht erhalten.

Mir doch egal.

Dafür bin ich gar nicht zuständig.

Nö. Geht grad nicht.

In meiner Position muss ich mir das echt nicht bieten lassen!

Ja, aber ...

Daraus wird ohnehin nichts.

Ich mache einfach nicht mit ...

WIDERSTAND MANAGEN Der Sinn der Maßnahme erschließt sich mir nicht.

Bitte?!

Moment, Telefon ...

N O W A Y Ach so, für sowas haben wir also Geld ...


WARUM WIDERSTAND?

rechtliche Probleme

Technik

VORGEBRACHTE GRÜNDE WAHRE GRÜNDE

fehlende Expertise

Zweifel an der Wirtschaftlichkeit

Unwissenheit

Eigeninteresse

persönliche Antipathien

Gefühl der Bevormundung

Angst

vor Veränderung

Neuerung wird als Kritik empfunden

Verunsicherung angesichts neuer Aufgaben

Ignoranz

Sicherheitsbedürfnis Unzufriedenheit mit der Arbeitsplatzsituation

Gruppenzwang


BERLIN Editorial

Manchmal träume ich schwer und dann denk ich, es wär Zeit zu bleiben und nun was ganz and’res zu tun. So vergeht Jahr um Jahr und es ist mir längst klar, dass nichts bleibt, dass nichts bleibt, wie es war. Hannes Wader »Heute hier, morgen dort«

Liebe Leserin, lieber Leser, steht auf Ihrem Tisch unser BerlinDruck-Tischkalender? Müsste eigentlich. Denn geschickt haben wir ihn pünktlich zum letzten Jahreswechsel. Nun schauen Sie bitte auf die Wire-O-Spirale am Kopf: eckige Löcher. Das ist Ihnen bisher natürlich noch nie aufgefallen. Warum auch? Sie wollen wissen, welcher Tag heute ist. Dafür ist ein Kalender schließlich da. Warum ich Ihnen diese Frage stelle? Wir haben jahrelang Millionen dieser Kalender mit runden Stanzlöchern produziert. Vor einigen Jahren bekamen wir eine neue Stanzmaschine. Schneller, besser, schöner. Mit eckigen Löchern. Einen Tischkalenderkunden informierten wir über diese Änderung. Ein ganz klares »Nein« war die Antwort. Keine Chance. Rund – oder wir suchen uns einen anderen Lieferanten.* Die Frage nach dem Ablehnungsgrund war schnell beantwortet: »Wir hatten immer runde Löcher!« Obwohl die Fähigkeit zur Veränderung zu den Erfolgsfaktoren eines Unternehmens gehört, beißen wir immer wieder auf Granit, wenn das »gute Alte« durch das »neue Unbekannte« ersetzt werden soll. Dabei spielt es nicht einmal eine Rolle, ob das »gute Alte« vielleicht immer schon gar nicht so gut war. Der Widerstand, ob offen oder verdeckt, kommt so sicher wie das Amen in der Kirche. Warum das so ist und was wir dagegen tun können, darüber wollen wir in der mittlerweile 38. Ausgabe unseres Kundenmagazins informieren. Erfahren Sie von unseren Autoren, welches die neurobiologischen Gründe für unseren Widerstand gegenüber Veränderungen sind, warum er sich in anderen Kulturen anders manifestiert, wie Sie Widerstände bei sich und anderen überwinden können und warum Theater dabei helfen kann. Im Streikjahr 2015 hat uns auch die Kunst der Schlichtung interessiert – Heiner Geißler stand uns dafür Rede und Antwort. Und anlässlich des bevorstehen 25. Jahrestags der deutschen Einheit werfen wir einen Blick zurück auf die Widerstände, mit denen ehemalige DDR-Unternehmen nach der Wende konfrontiert waren. Last but not least können Sie lesen, welchen Druck wir überwinden mussten, als ich die operative Führung des Unternehmens 2013 an unseren Geschäftsführer Frank Rüter übergeben habe. Spannende Lektüre wünscht Ihnen Ihr

Reinhard Berlin *PS: Natürlich haben wir den Auftrag behalten. Ein externer Buchbinder machte die Sache »rund«.

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EDITORIAL GESPRÄCH

»Manchmal muss man die moralische Keule schwingen« Heiner Geißler über Schlichtung im Arbeitskampf

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METHODE

Der Drache steigt nur gegen den Wind Die Kunst, Widerstand in Kooperation zu verwandeln

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METHODE » Ich will so bleiben, wie ich bin« Hirnforscher Gerhard Roth über die neurobiologischen Grundlagen unserer Veränderungsresistenz 10

EINBLICK

Der Preis des Widerstands Das kosten unmotivierte Mitarbeiter die Volkswirtschaft

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PERSPEKTIVE

»Dieser Befehlston verletzt meine Gefühle« Street-Art-Künstlerin Barbara erhebt Einspruch

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METHODE

»Unsere Anforderungen wurden nicht erfüllt« Über die Einführung neuer IT in Behörden 16 METHODE

Vorhang auf für die Hofnarren Wie Unternehmenstheater funktioniert

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BERLIN Inhalt

METHODE

Ich und mein innerer Schweinehund Eigene Widerstände überwinden

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EINBLICK

»Widerstand gehört zu unserem Alltag« BerlinDrucks Wandel vom Familien- zum Industriebetrieb 22 PERSPEKTIVE

Ästhetik des Widerstands Peter Bialobrzeskis Fotoserie »Nail Houses« 26 EINBLICK

Schattenboxen Widerstand in China

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GESPRÄCH

»Je mehr Fragen ich stelle, desto einfacher wird es« Kirow-Geschäftsführer Ludwig Koehne über den schwierigen Weg des Kranbauunternehmens

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PERSPEKTIVE

Blick auf den Veränderungsprozess 36

BIBLIOTHEK

Bartleby – der unergründliche Verweigerer BIBLIOTHEK

Buchtipps 39 UMSCHAU

Unwiderstehliche Produkte

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KOLUMNE

Google ist doooof

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AUSDRUCK

BerlinDruck-News

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AUSDRUCK

Gutenberg 5.0 Unsere neue Druckmaschine

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IMPRESSUM

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BERLIN Gespräch

» Manchmal muss man die moralische Keule schwingen« HEINER GEISSLER ÜBER SCHLICHTUNG IM ARBEITSKAMPF

Deutschland im Streikjahr 2015: Laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) hatten sich bereits zum Sommeranfang 500.000 streik- und warnstreikbedingte Ausfalltage angehäuft – dreimal so viele wie im Vorjahr, der höchste Wert seit 22 Jahren. Wenn im Tarifkonflikt die Fronten derart verhärtet sind, ist die Schlichtung das letzte Mittel, um den Arbeitskampf noch zu verhindern oder zu beenden. Der Schlichter ist dann die oberste Autorität. Er fällt am Ende den Schlichterspruch, dessen Annahme oder Ablehnung über den Erfolg bzw. Misserfolg der Tarifverhandlung entscheidet. BERLIN wollte von Dr. Heiner Geißler, dem seit »Stuttgart 21« berühmtesten und in Tarifkonflikten erfahrensten Schlichter Deutschlands, wissen, unter welchen Voraussetzungen man die Frontstellung der Beteiligten überwinden und zu einer gütlichen Einigung gelangen kann.

Dr. Heiner Geißler schlichtete von 1995 bis 2002 viermal in der Bau­industrie, 2004 bei den

Herr Dr. Geißler, als Schlichter werden Sie gerufen, wenn der Tarifkonflikt so festgefahren ist, dass nichts mehr geht. Welche Stimmung finden Sie dann vor? Reden die Leute überhaupt noch miteinander? Also, am Anfang der Sitzung herrscht natürlich eher eine angespannte Atmosphäre, denn sonst hätten die Tarifparteien sich ja vorher geeinigt. Da kann es schon sein, dass die Beteiligten sich ziemlich einsilbig verhalten und einander verstimmt gegenübersitzen. Oft hat sich im Vorfeld jemand in irgendeiner Zeitung geäußert und die Vorschläge der anderen Seite als absurd oder ungut bezeichnet, was die Atmosphäre zusätzlich aufheizt. Da muss man als Schlichter erst einmal auflockern. Am besten erzählt man einen Witz und redet ganz unbefangen mit den Leuten, sagt etwa »Jetzt stellt euch nicht so an, wir sind hier doch unter Erwachsenen und nicht im Kindergarten«.

Piloten der Fluggesellschaft LTU, 2006 bei der Telekom, 2007 bei der Bahn (zusammen mit Kurt Biedenkopf) und 2010 bei dem umstrittenen Bahnprojekt »Stuttgart 21«.

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Gibt es Regeln? Es gibt die Friedenspflicht, die Arbeitskämpfe während der Schlichtung verbietet. Sie war für mich auch bei »Stuttgart 21« von überragender Bedeutung. Es ist ja nicht

sinnvoll, dass während der Schlichtung die Baukräne am Fenster vorbeifahren und möglicherweise irreversible Fakten schaffen. Das war anfangs der Hauptstreitpunkt. Ich habe gesagt, ich mache die Schlichtung nur, wenn es einen Baustopp gibt. Die Landesregierung und die Bahn und die Regionalplanung wollten davon natürlich nichts wissen. Ich habe aber darauf bestanden. Im Gegenzug sollten die Verantwortlichen der anderen Seite dafür sorgen, dass keine Krawalldemonstrationen stattfinden. Und darauf haben wir uns dann auch geeinigt. Was ist mit der Presse? Darf jeder während der nichtöffentlichen Schlichtungsverhandlungen mit der Presse reden – oder ist das verboten bzw. können Sie das als Schlichter verbieten? Ein Denk- und Sprechverbot gibt es genauso wenig wie ein Demonstrationsverbot, das können Sie in einer Demokratie nicht machen. Aber wer mit der Presse redet, gefährdet dadurch das Ergebnis. Wenn jemand Details aus der Verhandlung an die Presse durchsticht, dann ist die Schlichtung schon gescheitert. Das ist also eine Frage der Vernunft und der Klugheit.


»Ein Denk- und Sprechverbot gibt es nicht. Aber wer mit der Presse redet, gefährdet dadurch das Ergebnis.«


BERLIN Gespräch

Wie beginnt man? Vermutlich will keine Seite als Erste nachgeben, weil sie Angst hat, dann zu verlieren. Aber wenn sich keiner bewegt, kommt man ja auch zu keinem Ergebnis. Zuerst einmal müssen natürlich alle an einem Tisch sitzen. Und dann muss man versuchen, die Diskussion schnell zu versachlichen. Eine vernünftige Schlichtung beginnt deshalb immer mit einem Faktencheck, bei dem beide Seiten den Status quo ante schildern. Das heißt den Standpunkt vortragen, den sie vor der Schlichtung gehabt haben, und darlegen, warum bislang eine Einigung nicht möglich war. Aber vor allem noch mal die zugrunde liegenden Daten referieren. Also wie sie die wirtschaftliche Situation einschätzen, die Inflationsrate, die Arbeitsmarktlage in der betreffenden Branche. Alle ökonomischen oder sozialen Fakten müssen auf den Tisch.

»In der heißen Endphase verhandelt der Schlichter meist gesondert mit den Tarifvertragsparteien.« Haben Sie dann alle Zeit der Welt oder müssen Sie unter Zeitdruck schlichten? Die Dauer der Schlichtung ist in der Regel gesetzlich bzw. tarifvertraglich befristet. Deshalb gerät man gegen Ende meist unter Zeitdruck. Und da wird dann sozusagen die Uhr angehalten. Das heißt, wenn die Frist um Mitternacht abläuft, man sich aber noch nicht einig oder der Schlichterspruch noch umstritten ist, dann hält man die Uhr an und macht einfach bis zum Morgen durch. Das ist für beide Seiten sehr strapaziös und ganz besonders für den Schlichter.

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Sitzen alle Beteiligten durchgehend mit Ihnen an einem Tisch oder führen Sie auch Einzelgespräche? Gibt es Pausen? In der heißen Endphase verhandelt der Schlichter meist gesondert mit den Tarifvertragsparteien. Dafür muss es separate Räumlichkeiten geben. Der Schlichter hört sich die Vorschläge der einen Seite an und versucht auszuloten, wie weit diese nachgeben kann. Dann geht er mit dem Ergebnis zur Gegenseite, die in einem anderen Raum sitzt. In der Zeit, wo ich etwa mit den Gewerkschaften rede, können sich die Arbeitgeber ausruhen. Und wenn ich mit deren Angebot wieder zu den Arbeitgebern zurückkehre, können sich die Gewerkschaften ausruhen. Wenn das drei- oder viermal in der Nacht hin- und hergeht, dann kann das schon mal fünf bis sechs Stunden dauern. Das verlangt dem Schlichter ja körperlich enorm viel ab. Sie sagen es. Bei einer meiner Schlichtungen habe ich von Dienstagvormittag bis zum Donnerstagmorgen, 6 Uhr, nicht geschlafen, während die anderen sich zwischendrin sehr wohl ausruhen konnten. Da brauchen Sie schon eine Rossnatur, damit Sie das durchstehen. Ich habe das sieben Jahre lang im Bauhauptgewerbe gemacht, die Schlichtungen sind auch bis auf eine geglückt, aber ich hoffe nicht, dass es heute noch so praktiziert wird. Leidet denn die geistige Präsenz der Beteiligten nicht unter diesen Strapazen? Die geht zum Glück nicht verloren. Irgendwann sind wir so müde, dass wir wieder hellwach sind. Und Sie trinken vermutlich viel Kaffee. Setzen Sie sich auch mal auf ein Bierchen oder ein Glas Wein zusammen? Nein, Alkohol ist tabu. Wer Alkohol trinkt, hat verloren. Der kann nicht mehr klar denken. Haben Sie erlebt, dass es bei einer Schlichtung überhaupt nicht mehr um die Sache ging, sondern persönliche Antipathien ausgefochten wurden? Das habe ich nur einmal erlebt bei einer Schlichtung, wo auf Unternehmensseite der Geschäftsführer verhandelte und sehr aggressiv und von Animositäten geprägt argumentierte. Damals habe ich den Eigentümer des betreffenden Unternehmens angerufen und gebeten, herzukommen und sich das anzuhören. Und dann konnte eine Einigung auf der Grundlage des Votums des Eigentümers erzielt werden, der einen etwas größeren Überblick als sein Geschäftsführer hatte.

»Irgendwann sind wir so müde, dass wir wieder hellwach sind.« Müssen Sie als Schlichter auch selber einstecken? Sind Sie schon mal ins Kreuzfeuer geraten oder zum Sündenbock gemacht worden? Nein, erlebt habe ich so etwas nicht, aber ich habe natürlich erlebt, dass Vorschläge von mir oder der von mir gefällte Schlichterspruch abgelehnt wurden. Dass sich die eine Seite mit meiner Stimme hat überstimmen lassen. Und dann gingen die Unterlegenen raus und die Tarifkommission saß schon im anderen Raum und hat die Schlichtung abgelehnt. Damit war dann die Schlichtung gescheitert. Verraten Sie uns, welche Eigenschaften ein Schlichter erfüllen sollte? Zuallererst muss der Schlichter das Vertrauen beider Seiten besitzen – zumindest in den Fällen, wo es nur einen und nicht zwei Schlichter gibt. Das ist unabdingbare Voraussetzung. Und zweitens sollte er so viel Intelligenz und Sachverstand haben, in der Lage zu sein, kompliziertere Probleme zu erkennen. Die Schlichtung lebt ja auch davon, dass der Schlichter gescheite Vorschläge macht und Alternativen entwickelt, die beiden Seiten eine Zustimmung ermöglichen. Etwa statt vier Prozent Lohnerhöhung nur drei Prozent, aber verbunden mit einer Erhöhung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes. Optisch macht sich das für die Arbeitgeber besser und die Arbeitnehmer werden angemessen entschädigt. Unterm Strich kommt dabei dasselbe raus. Aber die Optik ist wichtig für die Schlichtung, denn das Ergebnis muss ja in der Öffentlichkeit kommuniziert werden.


BERLIN Gespräch

Ist es nicht verdammt schwer, ein neu­ traler Verhandlungspartner zu sein, weil man doch vielleicht selbst der einen Seite mehr zuneigt als der anderen? Wenn das der Fall ist, dürfen Sie das Schlichtungsamt nicht übernehmen. Man muss natürlich strikt neutral sein, aber sich trotzdem Gedanken machen über Lösungen, die man beiden Seiten zumuten kann. Unter meinem Vorsitz ist seinerzeit der erste Mindestlohn vereinbart worden und das ist damals vor allem den ostdeutschen Baubetrieben schwergefallen, weil sie den westdeutschen Baubetrieben auch mit Lohndumping Konkurrenz machten. Weshalb der Mindestlohn damals von der Arbeitgeberseite vorgeschlagen wurde, weil man sich der Billiganbieter aus Ostdeutschland und Polen nicht mehr anders zu erwehren wusste. In einer solchen Situation muss man manchmal auch die moralische Keule schwingen und die Leute zur Vernunft und zum Anstand ermahnen. Dazu brauchen Sie eine gewisse Autorität und die haben Sie nicht, wenn Sie parteiisch sind. Was ist denn wichtiger – dass man ein gutes Ergebnis erzielt oder dass niemand sein Gesicht verliert? Beides gehört zusammen, denn das Ergebnis muss gut sein und darf gleichzeitig den anderen nicht demütigen. Wir müssen den Abschluss ja vor der Öffentlichkeit vertreten und begründen. Da können Sie natürlich nicht immer auf Zustimmung hoffen. Die Frankfurter Rundschau wird ein solches Ergebnis immer anders bewerten als die FAZ. Das ist aber nichts Besonderes. Davon darf man sich nicht beeindrucken lassen. Haben Sie im Tarifkonflikt auch erlebt, dass eine Seite gar nicht an einer Einigung interessiert ist und die Schlichtung gewissermaßen boykottiert? Ja, das kommt schon vor, dass eine Seite beschließt: »Jetzt zeigen wir es denen mal und lassen es auf einen Streik ankommen«, um nach innen wie außen zu demonstrieren, dass sie in der Lage ist, hart für die eigene Sache zu kämpfen. Das betrifft Arbeitgeber wie Gewerkschaften gleichermaßen. Aber das ist natürlich keine Dauerlösung; da wird mit den Muskeln gespielt, nicht zuletzt um verbandsinterne Widerstände zu beseitigen. Die Führung bei den Arbeitgeberverbänden oder Gewerkschaften ist ja intern nicht immer unumstritten. Da gibt es Leute, die eine friedlichere Lösung anstreben, und andere, die sagen: »Es reicht, jetzt müssen wir eine härtere Gangart einlegen.« Es kommt also auch vor, dass aus solch verbandsinternen Gründen keine Einigung erzielt wird. Das ist ja in der Politik nicht anders.

Würden Sie sagen, dass die politische Arbeit in der Partei, wo man ja auch gemeinsame Standpunkte finden muss, eine gute Schulung für so einen Schlichtungsprozess ist? Das glaube ich weniger. Vergleichbar sind eher Koalitionsverhandlungen – Sigmar Gabriel hat die SPD-Mitglieder sogar förmlich darüber abstimmen lassen. Das ist ein Prozess, der einer tariflichen Einigung nahekommt, nur unter ganz anderen Bedingungen. Es sind ja auch völlig andere Größenordnungen, weil das Themenspektrum enorm breit ist, von der Verteidigungspolitik bis zur Gesundheitspolitik reicht. Dagegen geht es bei Tarifverhandlungen meist um sehr konkrete Fragen, insbesondere des Arbeitsrechts und der Lohnfindung.

»Das Ergebnis muss gut sein und gleichzeitig darf es den anderen nicht demütigen.« Bei den Koalitionsverhandlungen gibt es ja in dem Sinn auch keine Schlichter, da werden keine neutralen Dritten hinzugezogen. Ganz genau. Das Volk schlichtet dann bei der nächsten Wahl – oder die Verhandlungen scheitern, dann kommt die Koalition nicht zustande. Vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrung: Was raten Sie Unternehmern mit Widerständen im eigenen Unternehmen? Harte Hand oder offenes Ohr? Da kann ich nur raten, nicht die harte Tour zu fahren. Es ist ja auch ökonomisch gescheit, im Betrieb die richtige Atmosphäre zu schaffen, weil der Betriebsfrieden eben auch ein Produktionsfaktor ist. Eine Firma, in der ein schlechtes Betriebsklima herrscht, wird entsprechend schlechte Produkte als Ergebnis bekommen.

Der CDU-Politiker Dr. Heiner Geißler (* 1930) war 25 Jahre lang Mitglied des Deutschen Bundestages sowie Landesund Bundesminister. Er gilt als einer der besten politischen Redner der Republik und ist Autor zahlreicher Bestseller, zuletzt Was müsste Luther heute sagen?. Davor hat er in Sapere aude! öffentliche Schlichtungsverfahren à la »Stuttgart 21« als ein Mittel diskutiert, um die Krise der Demokratie zu überwinden, die Bürger stärker zu beteiligen und politischen Entscheidungen mehr Transparenz und Akzeptanz zu verschaffen.

Sapere aude! Warum wir eine neue Aufklärung brauchen Heiner Geißler Ullstein Verlag 2012 ISBN: 978-3-550-08881-0 160 Seiten, (D) 16,99 €

Herr Dr. Geißler, haben Sie vielen Dank für dieses Gespräch. Was müsste Luther heute sagen? Heiner Geißler Ullstein Verlag 2015 ISBN: 978-3-550-08045-6 288 Seiten, (D) 20,00 €

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BERLIN Methode

Petra van Wickeren (* 1972) ist Diplom-Psychologin und hat neben ihrer Beratungsexpertise (seit 1998) auch selber einige Jahre als Führungskraft in einem Konzern gearbeitet. Seit 2006 ist sie selbstständige Managementberaterin und Coach für Veränderungsprozesse und Entwicklungsthemen, im Großen für ganze Organisationen wie im Kleinen für einzelne Menschen. www.vanwickeren.org

Dies wird auch förderlichen Einfluss auf die Zweifler und Skeptiker haben. Und es wertschätzt die Beiträge der Mitziehenden – besonders dann, wenn sie eine aktive Rolle in diesem Spiel haben und sich einbringen und glänzen dürfen. Tatsächlich besteht eine der Hauptaufgaben von Führungskräften genau im Managen von Widerständen oder, positiv ausgedrückt, im Managen der Kooperation.

Sie wollen in Ihrem Unternehmen Strukturen verändern, Neues erproben, andere Denkweisen oder Regeln etablieren? Dann werden Sie es zwangsläufig mit Widerstand zu tun bekommen. Denn Konflikte sind normaler Bestandteil von Veränderungsprozessen. Gehen Sie nicht davon aus, dass Sie alle ins Boot kriegen. Als Faustregel gilt hier: Ein Drittel der Mitarbeiter wird vermutlich schnell mit an Bord sein, ein weiteres Drittel wartet erst mal ab und ein Drittel ist per se dagegen. Deshalb ein guter Tipp vorweg: Motivieren und überzeugen Sie den Mittelteil, sodass Sie die kritische Masse in die positive Richtung bewegen.

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Unterschiedliche Gründe und Formen des Widerstands Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass Veränderungsprozesse ganz unterschiedliche Reaktionen und Ängste auslösen. Wer lieber etwas distanziert im Umgang mit seinen Mitmenschen ist, wird nun vielleicht befürchten, anderen ausgeliefert zu sein und von ihnen vereinnahmt zu werden. Ganz im Gegensatz zu den Nähe und Harmonie liebenden Typen – die haben eher Angst vor schweren Konflikten, der Zerstörung der Teamstrukturen durch zunehmendes Konkurrenzdenken und Isolation. Wer hingegen ein großes Bedürfnis nach Ordnung und klaren Verhältnissen hat, der befürchtet das Ausbrechen des totalen Chaos, den Kollaps bestehender Verhältnisse bis hin zur Anarchie. Und selbst die Typen, die Veränderung und Abwechslung lieben, sind nicht frei von Vorbehalten – hier richten sie sich allerdings nicht gegen den Wandel an sich, sondern eher gegen


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starre Projektpläne, notwendige und manchmal zähe Schnittstellen-Klärungsprozesse und ein enges Monitoring des Veränderungsprozesses. Eben gegen alles, was die Freiheit und Spontaneität einschränkt. All diese Vorbehalte und Ängste können sich ganz unterschiedlich äußern: Aggres­ sion, Bockigkeit, Desinteresse, Empörung, vielleicht auch nur die hochgezogene Augenbraue, das genervte Augenrollen oder die klassischen verschränkten Arme (welche manchmal lediglich die Schultern entlasten sollen). Das Spektrum der Erscheinungsformen des Widerstands reicht von Intrigen und Koalitionsbildung über Bagatellisieren bis zum Lächerlichmachen, er kann sich aber auch in Antriebslosigkeit und ausweichendem Verhalten manifestieren. Oft kommt der Widerstand im Tarngewand daher – wer sagt schon direkt: »Da mach ich nicht mit!«? – und will erst mal entschlüsselt werden. Tipps zum Widerstandsmanagement Wie nun aber damit umgehen? Das Handling von Widerständen sendet ja wichtige Signale in die Organisation: Was geht, wo gibt es

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Grenzen, welches Verhalten wird zukünftig gewünscht, wie wird mit Nichtgewolltem verfahren? Bei vielen Managern herrscht die Überzeugung: »Wenn ich dem Widerstand Raum gebe und meinem Gegenüber verständnisvoll zuhöre, dann hat er doch das Gefühl, dass ich ihm zustimme – und aus der Nummer komm ich dann nicht mehr raus!« Aber Wahrnehmen heißt nicht automatisch Rechtgeben. Und interessanterweise reagieren Menschen mit Ängsten und Befürchtungen am besten, wenn man ihnen Gehör schenkt. Weghören und Ignorieren wiederum bestärkt eher den Widerstand – wer sich nicht wahrgenommen fühlt, wird entweder noch stiller oder meint, eins drauflegen zu müssen, damit er Beachtung findet. Führungskräfte sind also gut beraten, öfter mal die Ohren auf- und den Mund zuzumachen. Die Erhöhung des Drucks oder das »Totquatschen« mit Sachargumenten – zwei beliebte Management-Strategien – sind in dieser Situation eher kontraproduktiv. Denn Widerstand ist meist emotionaler Natur, nicht logisch oder rational. Eine Faustregel besagt: 80 Prozent des Widerstands gründen auf Unsicherheit oder Angst, zehn Prozent auf unberücksichtigten Interessen und zehn Prozent auf sachlichen Bedenken. In nur wenigen Fällen richtet sich der Widerstand der

Betroffenen also gegen die Veränderung an sich – viel häufiger sind sie unzufrieden mit der Art und Weise, wie ein Veränderungsprozess geführt wird (intransparent, un­systematisch, ohne richtiges Projekt- und ChangeHandwerkszeug, nicht nachhaltig …). Im Gegensatz zu den ängstlichen, leisen Bedenkenträgern, bei denen genaues Hinhören und ein ernsthaft interessierter Dialog die Mittel der Wahl sind, um Vertrauen aufzubauen und den Zugang zur Entschlüsselung des Widerstands zu finden, sollte man die eher lauten, reaktionsfreudigen Widerständler aktiv einbeziehen (z. B. in Projektgruppen oder andere Initiativen), um ihre Energie in die richtigen Bahnen zu lenken und konstruktiv zu nutzen. Arbeiten Sie also mit den Widerständen, nicht gegen sie. Und horchen Sie insbesondere dann auf, wenn Veränderungen gar keinen Widerstand erzeugen. Denn bei genauerer Betrachtung könnte es daran liegen, dass a) alle die Veränderung rückhaltlos begrüßen (was in der Regel eher unwahrscheinlich ist), b) die Betroffenen noch gar nicht richtig verstanden haben, welche Reich­weite und Konsequenzen die Veränderung eigentlich hat, c) sich niemand traut, seine Bedenken vorzubringen (dann haben Sie noch ein ganz anderes Problem!), oder d) ohnehin niemand daran glaubt, dass die Veränderung nachhaltig umgesetzt wird. Wenn Sie also zukünftig auf Widerstand stoßen, dann betrachten Sie ihn einfach als einen Lackmustest für professionelles Change Management, bei dem auch Sie als Manager lernen dürfen; ärgern Sie sich nicht darüber, sondern rollen Sie ihm lieber den roten Teppich aus und bitten ihn zum Tanz.

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BERLIN Methode

»Ich will so bleiben, DER RENOMMIERTE HIRNFORSCHER GERHARD ROTH ERKLÄRT DIE GRUNDLAGEN UNSERES WIDERSTANDS GEGEN VERÄNDERUNGEN UND WIE WIR UNSER GEHIRN DOCH FÜR NEUES GEWINNEN KÖNNEN

Unser Leben besteht aus einer Mischung von Veränderung und Stabilität. In den ersten Lebensabschnitten herrschen die Veränderungen vor: Der ganz junge Mensch wächst, erfährt und lernt jeden Tag etwas Neues, seine soziale Umgebung wandelt sich von der Familie über den Kindergarten, die Schule und die Berufsausbildung oft dramatisch. Mit dem Erreichen der Volljährigkeit kehrt bei den meisten Menschen eine gewisse Ruhe ein, die zum Alter hin in der Regel noch zunimmt. Je älter wir werden, desto mehr Stabilität möchten wir – und desto stärker leiden wir unter Veränderungen. Mit zunehmendem Alter wird unsere Persönlichkeit weniger wandelbar Allerdings hängt der Umgang eines Menschen mit Veränderung und Stabilität stark von seiner Persönlichkeit ab, die nach Ansicht der Persönlichkeitsforscher bereits mit rund 15 Jahren schon weitgehend, wenngleich nicht völlig, verfestigt ist. Interessanterweise hat die Pubertät darauf nur einen geringen Einfluss. Menschen zeigen schon früh eine Grundeinstellung zum Leben: Entweder sind sie hartnäckige Optimisten oder Pessimisten, daran ändern Misserfolge bzw. Erfolge nur vorübergehend etwas, oder sie sind ausgeglichen und lassen sich überhaupt nur wenig aus der Ruhe bringen. Lediglich ein relativ kleiner Teil der Menschen (Psychologen schätzen ihn auf zehn bis 20 Prozent) liebt Veränderungen nicht nur in der Jugend, sondern auch im Erwachsenenalter. Diese Menschen langweilen sich schnell, machen ständig neue Pläne, ohne die alten halbwegs verwirklicht zu haben, sind rastlos im Fühlen und Denken und gehen oft große Risiken ein. Man nennt sie die »Erlebnishungrigen«, englisch »Sensation Seekers«. Aus neurobiologischer Sicht haben sie einen Mangel an hirneigenen Belohnungsstoffen – den »endogenen Opioiden« – und an der Beruhigungssubstanz Serotonin und versuchen diesen Mangel (meist nur vorübergehend) durch ein besonders abwechslungsreiches Leben und aufregende Taten zu ersetzen, durch Alkohol, exzessiven Sex und Drogen.

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Unser Gehirn mag keine Veränderungen Die meisten von uns wollen lieber, dass alles beim Alten bleibt, zumindest wenn es um unsere Lebensgewohnheiten geht. Woher kommt das? Ganz generell verändert sich unser Gehirn und damit unsere Persönlichkeit nur dann, wenn eine Belohnung damit verbunden ist. Veränderungen in den Etagen unseres Gehirns, die für unsere Persönlichkeit zuständig sind – »limbisches System« genannt –, gehen in aller Regel langsam und sind für das Gehirn »teuer«, weil sie mehr Stoffwechselenergie und sonstigen neuronalen Aufwand benötigen. Daher neigt das erwachsene Gehirn mit zunehmendem Alter dazu, sie möglichst zu vermeiden und auf Nummer sicher zu gehen. Es gibt also in uns eine Tendenz zum »Weitermachen wie bisher«, die von unserem Gehirn über die Ausschüttung der bereits genannten hirneigenen Belohnungsstoffe verstärkt wird. Aus diesem Grund sprechen wir von den »lieben Gewohnheiten«, weil ihre Ausführung die meisten von uns beruhigt oder sogar glücklich macht. Hinzu kommt: Über 90 Prozent unserer Alltagshandlungen sind automatisiert, sie werden von Netzwerken gesteuert, die sich in den Basalganglien und im Kleinhirn befinden und nicht mehr direkt unserem bewussten Willen ausgesetzt sind. Das spart dem Gehirn viel Zeit und Energie, macht unsere Gewohnheiten aber weitgehend immun gegenüber Veränderungen. Auch deshalb fällt es uns so schwer, sie abzulegen oder mit unseren Routinen zu brechen. Nun ist der Widerstand gegen Veränderungen in der Regel eine durchaus sinnvolle Sache, denn jede Veränderung birgt das Risiko der Verschlechterung oder des Scheiterns. Man soll also nicht ungestraft das Bewährte aufgeben! Hinzu kommt eine in der Persönlichkeitspsychologie bekannte Tatsache: Für die meisten von uns wiegt die Furcht vor Nachteilen in der Regel doppelt so schwer wie die Aussicht auf Gewinn und der eingetretene Verlust schmerzt doppelt so stark, wie der eingetretene Gewinn Freude bereitet.


BERLIN Methode

wie ich bin«

Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth (* 1942) lehrt Verhaltensphysiologie und Entwicklungsneuro­biologie

Wie wir den Widerstand unseres Gehirns überwinden können Daraus folgt, dass jeder Aufruf zur Veränderung mit einer Belohnung verbunden sein muss, die stärker wirkt als die Belohnung, die mein Gehirn mir verabreicht, wenn ich einfach weitermache wie bisher. Diese Tatsache wird meist krass unterschätzt, insbesondere in der Wirtschaft. Dabei ist die Belohnung der Schlüssel, um den Widerstand des Gehirns gegenüber Veränderungen zu überwinden. Aber wie belohnt man am besten? Man unterscheidet zwischen materieller Belohnung (meist Gehalt, Bonuszahlungen usw.), sozialer Belohnung (Lob, Anerkennung, Bewunderung, nichtmonetäre Privilegien) und intrinsischer Belohnung (Spaß an der Tätigkeit, Selbstverwirklichung, die Freude, an einer wichtigen Sache mitzuarbeiten, usw.). Materielle Belohnungen wirken schnell, lassen aber bei Wiederholung rasch in ihrer Wirkung nach, sodass man sie ständig steigern muss, was richtig teuer wird. Soziale Belohnungen nehmen in ihrer Wirkung auch ab, wenngleich langsamer, und sie müssen ständig variiert werden. Zudem kann nicht jeder gleichermaßen für alles und jedes belohnt werden. Intrinsische Belohnung hingegen nimmt nicht ab, solange Erfolg und Misserfolg sich zumindest die Waage halten, sondern steigert sich bei Erfolg sogar. Nun sind die Menschen allerdings hinsichtlich der Empfänglichkeit für materielle,

soziale und intrinsische Belohnungen sehr verschieden. Deshalb sollten Unternehmen die Art und Weise, wie sie über Belohnungen und Belohnungsversprechen Menschen für Veränderungen motivieren, an deren Persönlichkeit ausrichten, und zwar umso genauer, je wichtiger ein Mitarbeiter ist. Das wiederum erfordert geeignete Verfahren zur Bestimmung der individuellen Persönlichkeit. Viele populäre Tests sind dabei wenig wirksam und dienen höchstens einer Vor­auswahl. Besser ist Forschungserkenntnissen zufolge ein »Big Five«-Persönlichkeitstest, kombiniert mit einem Experteninterview. Aber leider wird in der Wirtschaft die Notwendigkeit, sich mit der Persönlichkeit des Mitarbeiters (natürlich in den Grenzen des gegenseitigen Respekts) zu befassen, noch zu wenig ernst genommen oder man vertraut auf – aus wissenschaftlicher Sicht – hanebüchene Methoden. Hier ist ein Umdenken gefragt: Wenn Unternehmen die Motivation ihrer Mitarbeiter nachhaltig fördern wollen, müssen sie deren Hirnen die richtigen Anreize bieten.

am Institut für Hirnforschung der Universität Bremen, dessen Direktor er bis 2008 war. Er ist einer der bekanntesten europäischen Neurobiologen und Autor zahlreicher Bücher. Mit seiner Roth GmbH – Applied Neuroscience, die sich der Anwen­dung neurowissenschaftlicher Erkenntnisse in der Wirtschaft verschrieben hat, berät er auch Unternehmen. www.ans-roth.de

Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten Warum es so schwierig ist, sich und andere zu ändern Gerhard Roth 9., akt. und erw. Aufl., Klett-Cotta Verlag 2015 ISBN: 978-3-608-98043-1 427 Seiten, (D) 12,95 €

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BERLIN Einblick

Der Preis des Widerstands Emotional nicht beteiligte Mitarbeiter sind unmotivierter und leisten Widerstand auf allen Ebenen. Die dadurch bedingten Reibungsverluste sind enorm. Das kostet die Volkswirtschaft viele Milliarden Euro. Doch nicht nur deshalb steht Deutschland in Sachen Innovationsfreundlichkeit im internationalen Vergleich nicht gut da.

15 %

Mitarbeiter mit hoher emotionaler Bindung

70 %

Mitarbeiter mit geringer emotionaler Bindung

15 %

Der Gallup Engagement Index 2014 für Deutschland belegt: Der Grad der emotionalen Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen hat entscheidenden Einfluss darauf, wie offen sie gegenüber Veränderungen sind. Menschen mit einer hohen emotionalen Bindung – die Leistungsträger (15 %) – werden sich in der Regel engagiert für den Wandel einsetzen, während Menschen mit geringer emotionaler Bindung (70 %) Dienst nach Vorschrift machen und Neuerungen eher abwartend und skeptisch gegenüberstehen. Eine aktiv-destruktive Haltung ist am meisten von denjenigen zu befürchten, die keinerlei emotionale Bindung an die Firma und also innerlich bereits gekündigt haben (15 %).

73-95

Mitarbeiter ohne emotionale Bindung (innere Kündigung)

Milliarden Euro

3,8 Fehltage

volkswirtschaftliche Kosten aufgrund innerer Kündigungen

bei hoher emotionaler Bindung

6,5 Fehltage

bei geringer emotionaler Bindung

22,3 8,8 Fehltage ohne emotionale Bindung 12

Milliarden Euro jährliche Kosten durch erhöhte Fehlzeiten bei geringer und fehlender emotionaler Bindung


BERLIN Einblick

48 %

mehr Arbeitsunfälle Arbeitsgruppen mit niedriger emotionaler Bindung

28 %

mehr Materialschwund

41 %

mehr Qualitätsmängel

Gallup hat errechnet, dass die Kosten für die deutsche Wirtschaft aufgrund innerer Kündigung jährlich zwischen 73 und 95 Milliarden Euro betragen. Denn Mitarbeiter ohne emotionale Bindung weisen signifikant höhere Fehlzeiten auf, sie fallen als Markenbotschafter für ihre Unternehmen weitgehend aus und fast die Hälfte von ihnen ist auf dem Absprung, was Unternehmen entsprechend hohe Fluktuationskosten beschert. In einer Meta-Analyse von 192 Unternehmensdaten aus 49 Branchen hat Gallup zudem ermittelt, dass Arbeitsgruppen mit niedriger emotionaler Bindung ein gutes Fünftel weniger produktiv sind und weniger rentabel arbeiten als Arbeitsgruppen mit hoher emotionaler Bindung, dafür erheblich mehr Qualitätsmängel (41 %) sowie Materialschwund (28 %) verursachen und eklatant mehr Arbeitsunfälle (48 %) erleiden.

20 %

geringere Produktivität Arbeitsgruppen mit niedriger emotionaler Bindung im Vergleich zu denen mit hoher emotionaler Bindung

Neben der emotionalen Bindung spielt aber auch das gesamtgesellschaftliche Klima eine Rolle. Und das ist in Deutschland nicht gerade von Offenheit für Neuerungen und Veränderungen geprägt. Im Gegenteil: Laut dem aktuellen Edelman Trust Barometer hat lediglich ein Drittel der Deutschen Vertrauen in innovative Technologien, 57 Prozent ist das Tempo von Veränderungen zu hoch. Auch im Vergleich mit 16 hoch entwickelten Ländern Europas, Nordamerikas und Asiens belegt Deutschland laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung von 2011 nur einen bescheidenen elften Platz, was das gesellschaftliche Innovationsklima anbelangt. Das färbt auf den Einzelnen ab: Wenn es um die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Mitarbeiter angesichts neuer Herausforderungen geht, dümpelt Deutschland im internationalen Vergleich auf den hinteren Rängen – Platz 41 von 61 in der weltweiten 2014er-Studie zur Wettbewerbsfähigkeit von IMD. Da kann man schon ins Träumen kommen, was alles möglich wäre, wenn wir Deutschen unsere ewigen Bedenken und Einwände und unsere Angst vor Neuem überwinden könnten ...

57 %

ist das Tempo, mit dem neue Geschäftsideen entwickelt werden und sich Produktwelten verändern, zu hoch

21 %

geht es deutlich zu langsam

Quellen: Gallup, Inc.: Engagement Index Deutschland 2014 Gallup, Inc.: Gallup Q12 Meta-Analyse 2012 Edelman GmbH: Edelman Trust Barometer 2015 DIW-Diskussionspapier 1129: Heike Belitz u. a., »An Indicator for National Systems of Innovation: Methodology and Application to 17 Industrialized Countries«, Berlin 2011 IMD World Competitiveness Yearbook 2014

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» Dieser Befehlston verletzt meine Gefühle« Die Street-Art-Künstlerin Barbara verwandelt Schilder, Plakate und Infotafeln in verblüffende Kunstwerke, die humorvolle und fantastische Botschaften in den öffentlichen Raum funken und zum Nachdenken anregen. Spielerisch, ironisch und subversiv entlarvt sie hohle Slogans, unterläuft sinnfreie Verbote und führt wortreiche Warnungen ins Absurde. Dieser Band versammelt ihre originellsten Werke – unverzichtbar für alle, die Neuorientierung im deutschen Schilderwald suchen. Barbara selbst möchte anonym bleiben, freut sich aber über Feedback auf Facebook, wo sie schon an die 150.000 Follower hat: facebook.com/ichwillanonymbleiben

Dieser Befehlston verletzt meine Gefühle Barbara. Bastei Lübbe Verlag 2015 ISBN: 978-3-7857-2541-2 160 Seiten, (D) 12,99 €

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BERLIN Perspektive

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»Unsere Anforderungen wurden nicht berücksichtigt« ÜBER DIE EINFÜHRUNG NEUER IT IN BEHÖRDEN Moderne IT und Verwaltung – das passt im Klischee nicht zusammen. Wer an Behörden denkt, denkt oft an lange Korridore, in denen Aktenberge auf Rollwagen befördert werden. Entsprechend massiv müssten demnach die Widerstände sein, wenn Prozesse digitalisiert und neue Dienste für die Bürger online angeboten werden. Wie immer ist die Realität anders und bunter als das Klischee. Neben Skeptikern gibt es in der Verwaltung – nicht anders als in den meisten Unternehmen – viele, die neue Entwicklungen aktiv einfordern. Die Erscheinungsformen von Widerstand sind differenziert – ebenso wie die Möglichkeiten, damit umzugehen.

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BERLIN Methode

Ein wahres Geschenk: offener Widerstand Offener Widerstand ist in der Regel rational oder wird zumindest rational begründet. Und, so schwierig es im Einzelfall auch sein mag, damit umzugehen, offener Widerstand ist ein Geschenk, weil er eine inhaltliche Auseinandersetzung ermöglicht, die oft sogar zu Verbesserungen führt. Bei Veränderungen in der IT ist das typische Muster für offenen Widerstand eine Ablehnung neuer Lösungen auf der »Fachseite«, also bei den direkten Anwendern der IT. Da ist dann etwa zu hören: »Das neue Programm ist schlechter als das alte« oder »Unsere Anforderungen sind nicht erfüllt«. Leider werden diese Einwände häufig erst dann geäußert, wenn es eigentlich schon zu spät ist, nämlich kurz bevor ein neues Verfahren »live« geht. Die typische Reaktion eines Projektleiters besteht darin, erst einmal zu prüfen: Wurde die besagte Anforderung formuliert? Wurde der Fachbereich rechtzeitig eingebunden? Diese Prüfung ist natürlich wichtig, allein um die Gründe für die Ablehnung des neuen Programms zu klären. Sie löst aber nicht das Problem. Im Zweifel wurde der Fachbereich rechtzeitig eingebunden und hat sich auch eingebracht. Das ist allerdings meist mehrere Monate her – und der Widerstand äußert sich jetzt. Was also tun? Rationale und offene Kritik sollte man aufgreifen und sich um eine pragmatische und verbindliche Einigung bemühen, also z. B. prüfen, ob es eine Übergangslösung gibt oder ob die Anforderungen beim nächsten Update der Software (»Release«) umgesetzt werden können. Vertrackte Angelegenheit: passive Verweigerung Schwieriger wird es bei verdeckten Widerständen. Eine passive Verweigerung kann beispielsweise vorliegen, wenn neue Lösungen intern nicht angewendet oder neue Onlinemöglichkeiten nicht nach außen kommuniziert werden – mit teils ernsthaften Folgen: Wenn die Bürger nicht über neue Onlineangebote aufgeklärt werden, führt dies nämlich dazu, dass die neuen Angebote weniger genutzt werden – fehlende Kenntnis ist laut »E-Government-Monitor« mit 76 Prozent der Nennungen das Haupthindernis dafür –, und die Mitarbeiter in den Behörden sind die wichtigste Informationsquelle für die Bürger. Die geringe Nutzung stellt dann den Erfolg des neuen Angebots infrage, entsprechend weniger intensiv wird die Weiterentwicklung betrieben, was wiederum die Nutzung nicht fördert … Wie geht man mit derartigen passiven Hemmnissen um? Hier hilft es, genau hin-

zusehen. Woher rührt der Widerstand? Was verändert sich für die Beschäftigten? Steigen vielleicht die Anforderungen an ihre Tätigkeit? Stand z. B. in der Vergangenheit Datenerfassung und Bürgerinformation im Vordergrund, während nun die Bürger ihre Daten selbst eingeben und die einfachen Fragen im Internet beantwortet finden – und nur noch mit schwierigen Fragen an die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter herantreten? In einem solchen Fall ist es ratsam, positive Rollenvorbilder zu schaffen – etwa neuerungsfreudige Beschäftigte als Multiplikatoren auszubilden, die ihre Kollegen nicht nur schulen, sondern begeistern. Außerdem sollte man für Mitarbeiter, die sich mit einem digitalen Prozess nicht anfreunden können, Alternativen finden – indem man sie beispielsweise mit der Unterstützung derjenigen Bürger betraut, die mit Onlineangeboten selbst noch fremdeln. Die sieben Säulen des IT-Widerstandsmanagements Die Beispiele zeigen: Um mit offenen und verdeckten Widerständen umzugehen, muss man die damit einhergehenden Einwände und Vorbehalte zuallererst ernst nehmen und sich dann pragmatisch um vier Hebel des Change Management kümmern: Verständnis und Fähigkeiten aufbauen, individuelle Vorteile vermitteln, Vorbilder unter Kollegen und Führungskräften aufzeigen und schließlich Verbindlichkeit schaffen, z. B. durch Verankerung der neuen IT in den Geschäftsprozessen. Speziell bei IT-Projekten gibt es darüber hinaus drei wichtige Grundregeln, um Widerständen vorzubeugen: 1. Führungskräfte einbinden: Nach allen Untersuchungen zum Erfolg von IT-Projekten ist die Steuerung großer Projekte durch das Topmanagement der wichtigste Erfolgsfaktor. Sie sichert schnelle Entscheidungen, Aufmerksamkeit bei allen nachgeordneten Führungskräften und schafft so Vorbilder für die Umsetzung. Denn wer wird sich schon für ein Projekt engagieren, wenn er den Eindruck hat, die Leitung stehe gar nicht voll und ganz hinter den Veränderungen? 2. Offener Umgang mit Problemen: Es gibt nichts Gefährlicheres in einem IT-Projekt als einen Projektstatus, dessen Ampeln auf dem Weg in die Chefetagen »nachgrünen« – weil Probleme gegenüber den Vorgesetzten nicht thematisiert, sondern verschwiegen werden. Gerade hier sind die Führungskräfte gefragt: Sie müssen eine Kultur etablieren, in der jeder ermutigt wird, Risiken klar zu benennen und Probleme offen anzusprechen und wo dann gemeinsam konstruktiv an Lösungen gearbeitet wird.

3. Das Know-how der Anwender bei der Entwicklung nutzen: Das Beispiel vermeintlich nicht berücksichtigter Anforderungen zeigt, dass Einbindung kein einmaliger Vorgang sein darf. Vielmehr sollte hier eine Feedbackkultur institutionalisiert werden, um die Expertise der Anwender in die Konzeption der IT einfließen zu lassen. Die positivste Resonanz auf ein neues Verfahren, die ich in meiner Praxis erleben durfte, gab es nach regelmäßigen »Qualitätszirkeln«, in denen ausgewählte Anwender Zwischenstände des neuen Verfahrens testen und kommentieren konnten. Durch die Einbeziehung der Nutzer und ihres Know-hows wurden potenzielle Widerstände bereits während der Entwicklung ausgeräumt und zugleich positive Botschafter für das Projekt aufgebaut, was die spätere Einführung viel reibungsloser gestaltete. Mit einem umfassenden Widerstandsmanagement entlang dieser Leitlinien dürfte es gelingen, neue IT den Anforderungen entsprechend zu optimieren, Berührungsängste mit ihr zu verringern und sicherzustellen, dass sie von allen Mitarbeitern angenommen wird. Bis zur nächsten IT-Einführungsrunde …

Kai v. Holleben berät seit 1994 öffentliche Verwaltungen – von der kleinen Gemeinde bis zu großen Bundesbehörden – bei tief greifenden Veränderungen und, als Projektsteuerer und Risikomanager, bei der Einführung neuer IT-Verfahren und E-Government-Angebote. Nach sieben Jahren bei McKinsey ist er seit 2014 Principal bei undconsorten in Berlin.

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BERLIN Methode

Vorhang auf für die Hofnarren SZENISCHE INTERVENTIONEN ZUR BEGLEITUNG VON VERÄNDERUNGSPROZESSEN

Dr. Claudia Borowy (* 1964) arbeitete als Regisseurin fürs Theater sowie als Kreativdirektorin in Werbeagenturen, bevor sie 2006 die Agentur für szenische Kommunikation inszenio grün­dete. Seither ist sie als Trainerin und Organisationsberaterin mit den Schwerpunkten Führung, Kommunikation und Storytelling tätig. Für die Konzeption und Durchführung des szenischen FührungskräfteTrainings »Act Leadership« wurde sie mit dem Internationalen Deutschen Trainingspreis 2014/15 ausgezeichnet. www.inszenio.de

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Eine ganz alltägliche Szene in einem Unternehmen, nennen wir es »Global Enterprise«: Herr Obermeier, Teamleiter, und sein Mitarbeiter, Herr Untermeier, bei ihrem wöchentlichen Jour fixe. Es geht um die Umsetzung eines neuen Prozesses im Team. Für Herrn Obermeier eine lästige, »von oben« diktierte Pflicht, die er entsprechend lustlos an seinen Mitarbeiter delegiert. Herr Untermeier, aufgrund der zahlreichen Veränderungen in den letzten Monaten ohnehin nicht besonders motiviert, nimmt das Briefing seines Vorgesetzten genauso lustlos zur Kenntnis und denkt sich: »Weiß der eigentlich, was ich sonst noch alles auf dem Tisch habe?« Eine ganz alltägliche Szene – von Schauspielern gespiegelt und vor Führungskräften eines Unternehmens aufgeführt. Mit dem Ziel, den Zuschauern auf wertschätzende und humorvolle Weise einen Spiegel vorzuhalten, sie für eigene Verhaltensweisen in Veränderungsprozessen zu sensibilisieren und zum Perspektivwechsel einzuladen. So öffnet Unternehmenstheater den Blick auf das ganze System und verbindet dabei kognitives mit emotionalem Verstehen für alle Beteiligten. Professionelle Schauspieler machen sichtbar, was im Arbeitsalltag für jeden Mitarbeiter, für jede Führungskraft als paradoxe Anforderungen erlebt und erlitten wird und deshalb zu Verweigerung oder Resignation führt. Das sorgt für Lacher, aber auch manchen Aha-Effekt. Anschließend können

diese spielerisch ausgestellten Verhaltensmuster analysiert und gemeinsam mit den Teilnehmenden konstruktiv bearbeitet werden, um konkrete Lösungen zu finden.

»Kompliment! Ihre Szenen haben mehr Wahrheiten gespiegelt, als mancher von uns wahrhaben will.« Unter den Formaten des Unternehmenstheaters ist das »Forumtheater« ein interaktiver Klassiker: eingesetzt häufig im Kontext der Änderung von Unternehmensleitbildern oder bei Kooperationsschwierigkeiten zwischen Bereichen bzw. Abteilungen im Zuge von Umstrukturierungsprozessen. Dabei handelt es sich – zumindest in der spezi­ fischen Spielart von inszenio – um eine ergebnisorientierte Mischung aus inszenierten und improvisierten Elementen. Auf Basis eines präzisen Verständnisses der jeweiligen Unternehmenssituation werden Modellszenen aus dem Arbeitsalltag der Zielgruppen entwickelt und aufgeführt, die – siehe oben – mit einem Augenzwinkern


optimierungsbedürftig enden, also die Istkultur skizzieren. Im direkten Anschluss entwickelt ein Moderator gemeinsam mit dem Publikum die Positivversion der Szene – die Wunschkultur –, indem er die Zuschauer einlädt, Regie zu führen. Die Schauspieler setzen die Anweisungen ad hoc auf der Bühne um. In dem Mix aus Reflexion und Interaktion werden individuelle Verhaltensmuster bewusst und konkrete Ansätze für andere Verhaltensoptionen erarbeitet.

»Durch den Perspektivwechsel konnte ich eigene Rollenmuster in meiner Kommunikation besser erkennen.« Was im »Forumtheater« aufgrund der Größe der Gruppe nicht vertieft werden kann und sich auf die Ausübung der Regiefunktion beschränkt, wird in szenischen Trainingsformaten in der Kleingruppe weitergeführt: Hier agieren Teilnehmende selbst in der ihnen

vertrauten Rolle (z. B. als Führungskraft) mit einem Schauspieler als Gegenüber (z. B. in der Rolle eines Mitarbeiters). Dabei können sie konkrete Tools, etwa zu situativer Führung in Veränderungsprozessen oder zum Arbeiten unter veränderten Rollendefinitionen (z. B. Wandel vom internen Serviceanbieter zum Business-Partner), in szenischen Übungen und unter Anleitung eines Trainers realitätsnah erproben.

»Die Theaterarbeit gab mir die Möglichkeit, neue Verhaltensweisen auszuprobieren.« In allen beschriebenen Interventionsformaten geht es im ersten Schritt darum, Ängste, Erwartungshaltungen und Bedürfnisse von Mitarbeitern in Veränderungsprozessen transparent zu machen. Und zwar über Schauspieler als Stellvertreter, die ihre Gefühle und Gedanken in einer Figur (z. B. einem Mitarbeiter oder einer Führungskraft) uneingeschränkt offenlegen. Erst im zweiten Schritt werden die Widerstandsformen

positiv umgedeutet und alternative Verhaltensoptionen entwickelt. Damit die theatrale Spiegelung der Realität den Widerstand von Mitarbeitenden in der Aufführungssituation nicht zusätzlich verstärkt, sondern zum »Unfreeze« beiträgt, braucht es seitens der Anbieter szenischer Interventionen drei entscheidende Voraussetzungen: 1. theaterfachliche Professionalität in Inszenierung und Darstellung; 2. fundiertes Business-Know-how (insbesondere im Hinblick auf unternehmensinterne Strukturen und Prozesse) sowie methodische Kompetenzen, um sensible und komplexe Prozesse der Organisationsentwicklung zu begleiten; 3. ein Verständnis von Humor als Mittel, zielführende Erkenntnisprozesse einzuleiten. Unter diesen Prämissen kann Unternehmenstheater eine Art moderne Hofnarrenfunktion in Organisationsentwicklungsprozessen übernehmen und dabei helfen, auftretende Widerstände zu managen. Indem es die wirklichen Verhältnisse auf unterhaltsame Weise spiegelt und sein Publikum mit einem wertschätzenden Augenzwinkern einlädt, neue Perspektiven und Denkmuster zuzulassen. Mit durchaus nachhaltiger Wirkung, wie dieses Feedback eines Teilnehmers bezeugt: »Noch heute necken sich die Kollegen mit Sätzen wie: ›Na, jetzt redest du aber wie der Herr Obermeier aus dem Unternehmenstheater!‹«

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BERLIN Methode

mein innere d n u h r Ic

n i e e h u w n h d c S

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BERLIN Methode

Schon wieder ein Kollege unfreundlich? Der Chef versteht nicht, was Sie sagen? Die Mitarbeiter murren, der potenzielle Kunde zögert? Sie kommen nicht so an, wie Sie sich das wünschen und eigentlich auch verdient haben? Stoßen immer wieder auf Widerstand? Dann liegt das vielleicht gar nicht so sehr am Widerstand der anderen, sondern an Ihren eigenen Widerständen, die Sie daran hindern, so zu sein, wie Sie eigentlich sind oder sein wollen.

Zwischen Eigen- und Fremdbild klafft oft eine Kluft. Das ist normal. Stößt man aber immer wieder auf dieselben Widerstände, lohnt es, sich selbst einmal mit den Augen der anderen zu betrachten. Kennen Sie Ihre Außenwirkung? Haben Sie ein realistisches Bild davon, wie Sie stehen, gehen, lächeln? Wie Sie vortragen, wie Sie »rüberkommen«? Denn das sind die Parameter, an denen Sie gemessen werden – hauptsächlich. Das Bild, das Fremde sich von uns machen, folgt der »55-38-7«-Regel: 55 Prozent Aussehen, 38 Prozent Stimme, sieben Prozent Inhalt. Hart, aber wahr. Die gute Nachricht: Wenn Sie nett und sympathisch wirken und Ihre Stimme freundlich klingt, haben Sie schon halb gewonnen. Also sollte man sich hin und wieder ehrlich mit dem eigenen Aussehen auseinandersetzen. Da hilft der Blick in den Spiegel, aber der trügt: Er ist seitenverkehrt. Realistischer ist es, sich einmal auf Video zu erleben: wie man einen Vortrag hält, ein Gespräch oder eine Verhandlung führt. Und viel aufschlussreicher, denn nichts ist so entlarvend wie die Körpersprache. Ein Beispiel: Die meisten von uns schauen viel ernster und grimmiger drein, als sie meinen. Auch die eigene Haltung lässt oft zu wünschen übrig: Viele stehen nicht gerade, wenden sich nur halb ihrem Gegenüber zu, machen sogar abweisende Gesten. Und sind sich dessen gar nicht bewusst. Das kann man ändern: Es kostet nicht viel, nur ein bisschen Überwindung. Denn offener und zugewandter zu sein und mehr zu lächeln ist erst einmal anstrengend. Spieglein, Spieglein an der Wand Und jetzt mal ehrlich: Was denken Sie wirklich, wenn Sie in den Spiegel sehen? Könnten auch zwei, drei Kilo weniger sein? Ich sollte mal wieder Sport machen? Ich kann meine Klamotten nicht mehr sehen? Und warum tun Sie dann nichts? Wegen des berühmten Schweinehundes, der sich auf dem Sofa rekelt, wo er gemütlich bleiben will, während Sie draußen in der rauen Welt dafür sorgen, dass er was zu fressen bekommt? Schubsen Sie Ihren Schweinehund doch mal vom Sofa und setzen stattdessen Ihren persönlichen Coach auf die Couch. Keine Sorge, den müssen Sie nicht extra bestellen, den gibt es schon: in Ihnen selbst, er wird nur im-

mer vom Schweinehund mundtot gemacht. Servieren Sie ihm einen Prosecco und hören Sie ihm zu. Der hat nämlich was zu erzählen. Das ist nicht immer schön, aber keine Sorge: Ihr innerer Coach sagt Ihnen nicht nur, was besser laufen könnte, sondern auch, wie. Vielleicht gehen Sie zusammen zum Schrank und ziehen mal was anderes an als sonst. Oder Sie stellen fest, dass Ihre Outfits und Sie sich auseinandergelebt haben und etwas Neues hermuss. Sie sind ja auch nicht mehr der- oder diejenige, der oder die Sie vor fünf Jahren waren. Das gilt vielleicht auch für Ihre Frisur, Ihr Make-up: Probieren Sie mal andere Seiten an sich aus! Das kostet Überwindung? Nur Mut! Tun Sie's! Raus aus der Komfortzone, experimentieren Sie ein bisschen herum! Und abschließend stellen Sie sich noch mal vor den Spiegel: Wetten, Sie lächeln? Wetten, Sie stehen viel gerader? Und wetten, Ihre Mitmenschen werden Ihnen das danken, ihrerseits viel positiver auf Sie reagieren? Dabei haben Sie nur ein paar, im wahrsten Sinne des Wortes oberflächliche Dinge geändert, die Sie immer schon mal angehen wollten. Positive Ansprache, positive Reaktionen Wenn Sie jetzt noch ein bisschen mehr tun wollen, dann hören Sie sich selbst zu. Wie tragen Sie vor? Wie führen Sie Gespräche, Verhandlungen? Denken Sie hauptsächlich daran, was Sie alles sagen wollen? Packen in Ihre Sätze, was geht? Machen sie schön lang und verschachtelt? Und damit gleich mal klar ist, wo der Hammer hängt: keine Angst vor harten Ansagen und grimmigen Drohungen? Stößt das auf Widerstand beim Gegenüber? Kein Wunder, oder? Probieren Sie mal kurze und präzise Sätze. Und, ganz wichtig, positiv formulierte! Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass negative Formulierungen vor allem eines auslösen: Abwehr. Bringt also nichts. Positive hingegen motivieren und sorgen dafür, dass man Ihnen zuhört. Klingt einfach, ist es aber nicht. Kurz, klar und positiv sprechen muss man lernen, das bekommt man nicht in der Schule beigebracht – und schon gar nicht auf der Universität. Dazu müssen Sie eingefahrene und lieb gewonnene Sprachmuster überwinden. Aber genauso wie eine optische Veränderung führt auch die Arbeit an

der eigenen Sprache zu oft verblüffenden Ergebnissen: zu einer besseren Kommunikation und zu mehr Erfolg. Wie geht es eigentlich Ihrem inneren Schweinehund? Hockt der noch unterm Sofa? Das ist gut, lassen Sie ihn da ruhig noch. Denn Sie haben etwas zu tun: Sie wollen Herzen erobern, Köpfe gewinnen, Menschen überzeugen. Dazu brauchen Sie einen wachen Verstand, ein offenes Herz, eine klare Haltung und klare Worte. Und die Bereitschaft, sich selber zu verändern, um das zu erreichen, was Sie sich – und anderen – zum Ziel setzen. Widerstand von außen hat viel damit zu tun, wie wir mit unseren eigenen inneren Widerständen umgehen. Oder anders gesagt: wie wir unseren inneren Schweinehund managen. Er darf ja auch mal auf der Couch sitzen und wir gemütlich neben ihm. Aber ab und zu muss er ins Körbchen, um dem Neuen in uns Platz zu machen.

Dr. Marietta von Lavergne ist Fernsehjournalistin beim Bayerischen Rundfunk, Ressort Politik und Wirtschaft. Seit 2005 trainiert, coacht und berät sie als selbstständige Trainerin und Kommunikationsberaterin Führungskräfte in der Wirtschaft, insbesondere im Automobil- und Finanzsektor. Sie hat in München Amerikanistik und Kommuni­ kationswissenschaften studiert und dort auch promoviert. In ihrer Freizeit reist sie viel und gerne, tankt beim Bergwandern auf oder sammelt neue Ideen beim Segeln. www.lavergne.de

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BERLIN Einblick

»Widerstand gehört zu unserem Alltag« Vom inhabergeführten Fa­milienbetrieb zum Industriebetrieb in Familienbesitz: Viele Unternehmen scheitern an dieser Herausforderung. Bei BerlinDruck ist die Veränderung gelungen – entgegen vielen Bedenken von außen und innen. Ein Gespräch mit Frank Rüter (Geschäftsführer) und Reinhard Berlin (Gründer und Inhaber) über Wandel, Widerstand und sehr unterschiedliche Wege, dem zu begegnen.

Dienstag, 2. Juli 2008, 8 Uhr: Der erste Arbeitstag von Frank Rüter als neuer Geschäftsführer bei BerlinDruck beginnt. Eine Überraschung für die Branche und auch die Mitarbeiter. Natürlich wurde vorher gerätselt: Wer ist der Neue? Kommt er aus der Branche? Wo hat er vorher gearbeitet? »Es war das geheimste Projekt meines Lebens. Nur meine Frau und ich wussten davon«, sagt Reinhard Berlin. »Ich hätte wetten können: Keiner wäre auf Frank Rüter gekommen.« Die Wette hätte Berlin gewonnen. Beide kannten sich zwar vorher – so, wie man sich halt kennt in der Druckindustrie: Rüter als Vertriebschef bei einem Papiergroßhändler, Berlin als Kunde. Persönlicher Kontakt? Eher selten. Bis auf diesen einen Tag im Jahr 2003. Ein Gespräch zwischen Lieferant und Kunde. Ein Wort gibt das andere. Reinhard Berlin – der sich selbst einen »Gewittermenschen« nennt – weist Frank Rüter schließlich die Tür.

» Man gab uns nur zwei Wochen.«

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» Wir gehen unterschiedlich an Widerstände heran.«

In Frank Rüter und Reinhard Berlin treffen zwei gegensätzliche Charaktere aufeinander: Frank Rüter geht Widerstände direkt an, sucht immer das persönliche Gespräch, sagt über sich: »Ich denke, meine größte Fähigkeit ist es, mit Problemen umzugehen.« Reinhard Berlin hingegen wich ihnen lieber aus: »Meine größte Fähigkeit war es, nicht mit Problemen umzugehen. Ich suchte den schnellen Weg – auch wenn ich wusste, dass er falsch war.« Wie haben sie es trotz ihrer Unterschiede geschafft, erfolgreich zusammenzuarbeiten?

Und plötzlich – fünf Jahre später – steht Frank Rüter wieder in der Tür und ist neuer Geschäftsführer. Der Gründer Reinhard Berlin bleibt mit seiner Frau Inhaber des Unternehmens, gibt aber nach und nach das Tagesgeschäft an Rüter ab, bereitet so den wichtigen Übergang vom Familien- zum Industriebetrieb vor. »Die meisten in der Branche haben gesagt, sie geben uns zwei Wochen«, blickt Frank Rüter zurück; Reinhard Berlin nickt bestätigend. Wie haben die beiden es geschafft, dass daraus nun schon sieben erfolgreiche Jahre geworden sind? Wie konnten zwei so unterschiedliche Charaktere nach dieser Vorgeschichte überhaupt zusammenkommen? Auf der Suche nach dem geeigneten Geschäftsführer war für Reinhard Berlin die Aussage eines Dritten über Frank Rüter entscheidend: »Auf den lasse ich nichts kommen – der lässt einen nie im Regen stehen, der hilft einem«, lautete sie. »Das war der

Punkt, der mich überzeugt hat, das Gespräch mit ihm zu suchen, Verantwortung an ihn abzugeben.« Berlin greift zum Telefon, ruft Rüter an, sie treffen sich einige Male. »Reinhard Berlin ist nicht nachtragend und ich bin es auch nicht«, erzählt Frank Rüter. »Deshalb habe ich mich auf die Treffen eingelassen. In einem Café haben wir damals ausgelotet, ob wir zusammenpassen, ob wir zusammen etwas erreichen können. Ich habe ihn bei diesen Gesprächen als Menschen schätzen gelernt, der einem Vertrauen entgegenbringt. Egal, was vorher war.« Gespräche, bei denen sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede entdecken: »Wir haben schnell gemerkt: In vielen Sachen sind wir deckungsgleich, in vielen Dingen aber auch 180 Grad unterschiedlich«, meint Frank Rüter. »Eigentlich können wir beide gar nicht zusammenarbeiten.« »Überhaupt nicht«, bekräftigt Reinhard Berlin. Was sie aber zusammenbrachte, ist die gleiche Meinung über

Kunden und Kundenbeziehungen. »Wie wollen wir Kunden entwickeln? Wie bekommen wir neue Kunden? Kunden, Kunden, Kunden – nur darüber wird gesprochen. Nicht über Verträge, Geld oder einen Firmenwagen«, fasst Frank Rüter zusammen. Am Ende der Gespräche haben die beiden eine lange Liste von Themen, die sie angehen wollen. Das Wort »Kunde« steht dabei ganz oben. Nicht nur neue Kunden gewinnen, auch bestehende Beziehungen halten und ausbauen. Rüter und Berlin sind sich dabei bewusst: Ein Wechsel in der Geschäftsleitung birgt auch immer die Gefahr, dass Kunden verloren gehen. Und der Wechsel, der Wandel bei BerlinDruck kam für den Markt genauso überraschend wie für die Mitarbeiter. Gab es deshalb auch überraschenden Widerstand gegen den Wandel aufseiten der Kunden? Reinhard Berlin muss lange nachdenken, nippt an seinem Kaffee, schaut zur Decke,

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BERLIN Einblick

» Geht zu Rüter, nicht zu mir.« schaut seinen Geschäftsführer an: »Nein, richtige Widerstände haben wir nicht gespürt. Sicher kam die eine oder andere Frage: Warum der? Warum macht ihr das überhaupt?« Rüter und Berlin nahmen diese Fragen ernst, führten Gespräche mit Kunden am Anfang möglichst gemeinsam – auch weil sie wussten, dass sie mögliche Widerstände sehr unterschiedlich anpacken, sich ergänzen können, um eine Lösung zu finden. Reinhard Berlin zum Beispiel sucht lieber den schnellen Weg, sagt er über sich selbst. »Ich konnte zum Beispiel nie gut mit Reklamationen umgehen – ist ja auch eine Form des Widerstandes. Wir haben fast alle Reklamationen immer auf unsere Kappe genommen, auch wenn wir nicht schuld waren. Hauptsache, erledigt.« Frank Rüter sucht dagegen immer zuerst intern das direkte Gespräch: »Ich stelle meinen Mitarbeitern drei Fragen und will Antworten darauf: Was ist passiert? Wieso ist das passiert? Was müssen wir tun, damit es nicht wieder passiert? Dann rede ich mit dem Kunden.« Und so jemand, der Fragen stellt, Antworten einfordert, zuhört, nachhakt, hinterfragt – so jemand ist

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Die Mitarbeiter umgingen den neuen Chef und kamen lieber wie gehabt zu Herrn Berlin. Der aber verwies sie an Herrn Rüter - ein Vertrauen, das sich ausgezahlt hat.

plötz­lich Geschäftsführer, Ansprechpartner im Tagesgeschäft für die Mitarbeiter. Ein Kulturschock? »Sicher«, bestätigt Frank Rüter. »Das war über zwei, drei Jahre ein harter Kampf für alle, mich eingeschlossen. Es hieß ja nicht seitens der Belegschaft: ›Schön, dass Sie da sind‹ – wir mussten uns annähern, miteinander reden, reden, reden, um uns zu verstehen.« Reinhard Berlin nickt: »Frank Rüter hatte sicher in der Branche einen Ruf als ›Hardliner‹. Aber heute, das sage ich ganz klar: Von unseren 50 Beschäftigten würden mindestens 48 für ihn durchs Feuer gehen, wie sie es auch immer für mich gemacht haben.« Rüter lacht: »Vielleicht doch nur 47 …« Am Anfang aber suchten auch die Mitarbeiter den einfachen Weg, sprachen lieber mit dem Chef des Chefs. »Wenn Mama Nein sagt, dann kommen sie zu Papa, ist doch klar«, meint Berlin. Der Lerneffekt stellte sich aber schnell bei ihm ein: »Geht zu Rüter, nicht zu mir«, lautete schon bald die klare Ansage von Reinhard Berlin. Während sich Berlin innerhalb kurzer Zeit an seine neue Rolle gewöhnte, lebte Frank Rüter seine Funktion von Anfang an: »Die Mitarbeiter wissen, dass ich von


BERLIN Einblick

» Wir haben oft Gesprächsbedarf – aber wir konnten uns bisher immer einigen.«

Reinhard Berlin den Staffelstab übernommen und eine eindeutige Zielvorgabe habe: zufriedene Kunden, ein gutes Ergebnis, damit wir nachhaltig in modernste Technik investieren können. Wir sind kein Familienbetrieb mehr, sondern ein Industriebetrieb in Familienhand. Wir müssen uns heute für die Zukunft rüsten – wie jetzt mit der neuen Heidelberger.« Denn Berlin und Rüter sind überzeugt, dass Printprodukte auch in Zukunft bedeutsam bleiben werden. Über Ziele, Zukunft, Veränderungen reden die beiden daher oft. Einigkeit herrscht immer, wo es um Qualität, notwendige Technik und den Kunden geht. Diskutiert wird eher über das, »was für den Betrieb nicht unbedingt lebensnotwendig ist«, meint Berlin. Und führt als Beispiel den Umbau der Büroräume im Firmengebäude an. »Ich wollte Designermöbel – Frank Rüter fragte mich dann nur: Und wie viel müssen wir drucken, um das hinzukriegen? Das war das Argument, das mich überzeugt hat.« Dieses »Eine andere Meinung haben als das Gegenüber« – bei Frank Rüter und Reinhard Berlin gehört der Widerstand des anderen eben noch heute zum Alltag. »Wir streiten aber nicht, wir argumentieren – jeder will den anderen überzeugen«, sagt Frank Rüter. »Nicht auf Positionen beharren, offen sein,

mal sagen: ›Gefällt mir nicht, ist aber in der Sache richtig‹«, beschreibt es Reinhard Berlin. Und die Einigung dann auch gemeinsam vertreten. Dieses »Gemeinsam«, verbunden mit gegenseitigem Vertrauen und Respekt, ist vielleicht die Erklärung dafür, dass der Wandel bei BerlinDruck trotz Widerständen gelungen ist. Denn einer gleicht die Schwächen des anderen aus. Und immer suchen sie das Gespräch – untereinander, mit Kunden, mit Lieferanten, mit Mitarbeitern. Sie diskutieren über die Sache, nicht über Personen. »Wir haben vieles richtig gemacht bei der Umsetzung der Veränderungen im Unternehmen – vieles sicherlich auch aus dem Bauch heraus und ohne Change-Management-Kurse«, meint Rüter. »Stimmt«, bestätigt Berlin. »Wir sind einer der wenigen Druckbetriebe, der sich in den letzten Jahren in der Region erfolgreich nach vorne entwickelt hat. Viele haben die Chance zur Veränderung verpasst – oder sind mit den Widerständen nicht zurechtgekommen.« Trägt BerlinDruck denn nach diesem Wandel den Namen des Inhabers noch zu Recht? »Ja, sogar mehr denn je«, antwortet Berlin. »Denn wenn wir immer geblieben wären, wie wir waren, gäbe es uns heute wohl nicht mehr.«

Axel Hausmann (*1964) arbeitet seit zehn Jahren als selbstständiger PR-Berater und Journalist. Sein Fokus liegt auf der internen Kommunikation für Unternehmen – gerade in Zeiten des Wandels und des internen Widerstandes. Sein Handwerkszeug lernte er während eines Volontariats in einer Bremer PR-Agentur, danach schrieb und sprach er 18 Jahre für eine Versicherung – zuletzt als Pressesprecher. Den Umgang mit Widerständen lernt er täglich neu (der 13-jährigen Tochter sei Dank).

Kay Michalak von der fotoetage Bremen inszenierte und fotografierte Frank Rüter und Reinhard Berlin ohne jeden Widerstand.

» Eigentlich können wir beide gar nicht zusammenarbeiten.«

Über all ihre Gegensätze hinweg eint Frank Rüter und Reinhard Berlin das gleiche Ziel: zufriedene Kunden. Dafür packen beide gemeinsam an.

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BERLIN Perspektive

Ă„sthetik

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des Widerstands »Nail Houses« – Nagelhäuser – nennt man in China alte, meist baufällige Häuser, deren Besitzer sich weigern, auszuziehen und neuen Hochhäusern oder anderen Infrastrukturprojekten Platz zu machen. Peter Bialobrzeski ist mit seiner Kamera durch Schanghai gezogen und hat diese dem Abriss geweihten Eigenheime dokumentiert. In ihrer Unverwechselbarkeit und sperrigen Individualität drücken sie den Widerstand ihrer Bewohner gegen die chinesische Veränderungs- und Modernisierungsstory aus. Diese Menschen wollen ihr Zuhause nicht verlassen oder kämpfen zumindest um eine angemessene Entschädigung. Peter Bialobrzeski setzt ihnen in seiner einfühlsamen Fotoserie ein anrührendes Denkmal.

Nail Houses Peter Bialobrzeski Mit einem Text von Stefanie Gommel Hatje Cantz Verlag 2014 ISBN: 978-3-7757-3829-3 116 Seiten mit 63 farb. Abb., (D) 35,00 €

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BERLIN Einblick

Schattenboxen WIDERSTAND – IN CHINA OFT UNSICHTBAR

Wer an Widerstand in China denkt, dem fällt das Bild des Mannes ein, der am 4. Juni 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking allein vor einem Panzer stand und die Welt in Atem hielt. Deutschland und China sind seit jenem Tag sehr unterschiedliche Wege gegangen. Mehr als zweieinhalb Jahrzehnte nach dem Mauerfall und der Niederschlagung der Demokratiebewegung Chinas sieht man auch in vielen Bereichen des unternehmerischen Handelns weiterhin deutliche Unterschiede.

China, das Paradies für Unternehmen? Manager internationaler Unternehmen, die begeistert von in kürzester Zeit realisierten Großprojekten berichten, konnte man in China jahrelang häufig treffen: Dass es keine Bürgerinitiativen gebe und die Zusammenarbeit generell viel reibungsloser funktioniere, speziell, wenn man durch »guanxi« (Chinesisch für »Beziehungen«) die Entscheidungen gleich ganz oben treffen könne. Falls es jemals wirklich so einfach war, so ist diese Ära definitiv vorbei. Unter dem Druck von Gemeinden und Behörden werden heute Werke geschlossen, auch gerne einmal über Nacht. Ausländische Investoren haben oft den Eindruck, dass sie mit größeren Widerständen kämpfen müssen als chinesische Unternehmen. Viel schwerwiegender ist allerdings, dass in China Gegner und ihre Strategien oftmals nicht deutlich erkennbar sind. Die Klärung der Sachverhalte, die Recherche der beteiligten Stakeholder und die daraus resultierende Definition der unternehmerischen Optionen sind somit meist eine sehr komplexe Aufgabe, bei der ausländische Unternehmen oft auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind. Klare Ordnung und Harmonie Blicke ich heute, nach eineinhalb Jahrzehnten als Beraterin in China, morgens aus meinem Pekinger Büro auf den Hof der angrenzenden Schule, so sehe ich nicht nur eine klar strukturierte Fläche, sondern auch, warum China so tickt, wie es tickt: Auf den Boden des Schulhofs sind Hunderte weiße Punkte gemalt. In einem exakten Muster überziehen sie den rechteckigen Bereich zwischen den Gebäuden. Nach einem immer wiederkehrenden Ritual verteilen sich alle Schüler jeden Morgen zur gleichen Zeit auf diesen Punkten, lauschen der Nationalhymne, machen zu schallender Musik Gymnastik und verschwinden nach genau 30 Minuten wieder im Gebäude. Fast alle diese Kinder sind Einzelkinder, ihnen wird zu Hause von den Eltern und Großeltern fast jeder Wunsch erfüllt. Viele entwickeln sich daher zu einem »Little Emperor«, dem

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»kleinen Herrscher« der Familie. Aber hier auf dem Schulhof stehen sie nun in Reih und Glied und tun genau das, was man ihnen sagt – und dies sogar im Gleichtakt. Eine Erklärung dafür liefert der vor über 2.500 Jahren lebende Philosoph Konfuzius, dessen zentrales Thema die menschliche Ordnung war und dessen Lehre die chinesische Gesellschaft zutiefst geprägt hat. Konfuzius definierte ein Harmonieideal, welches durch klare Ordnungsstrukturen zu erzielen sei. Achtsamkeit und gesunder Menschenverstand Genauso wenig, wie man davon ausgehen kann, dass alle Schüler und Schülerinnen morgens auf dem Schulhof gerne oder gar begeistert an den Übungen teilnehmen, genauso wenig kann ein Manager in China davon ausgehen, dass er viele loyale Mitarbeiter hat, weil er in Meetings keinen Widerspruch erhält. Im Schnitt ist in China die Mitarbeiterfluktuation deutlich höher als in Deutschland. Nicht selten erhält man eine Kündigung mit einer gesundheitlichen oder familiären Begründung. Gelegentlich kommt ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin auch einfach gar nicht mehr, ohne eine offizielle Kündigung, denn die wahren Gründe könnten die Harmonie stören. Beim Leiten von Projekten und Strukturen und insbesondere bei der Mitarbeiterführung ist es daher sehr wichtig, einen »guten Draht« zu den Kollegen und Kolleginnen aufzubauen. Denn nur wer aufmerksam ist und mit einer großen Portion gesundem Menschenverstand erkennen kann, welcher Kollege, welche Kollegin mit welchen Intentionen agiert, kann darauf reagieren und aktiv steuern. Konfliktkultur – was ist das? Weil für gebildete Chinesen die Wahrung der Harmonie ein stetiger, aber gleichermaßen unsichtbarer Begleiter ist, kommt ihre Art des Umgangs mit Konflikten aus deutscher Sicht oftmals einer Konfliktvermeidung gleich.

Bilder Seite 29 und 30: Schüler in Peking beim täglichen Morgenappell, wo sie auf festgelegten Punkten stehen, wichtigen Ansagen lauschen und gemeinsam im Takt Gymnastik machen.




BERLIN Einblick

Umgang mit Problemen in Deutschland (blau) und in China (rot), Piktogramme von Yang Liu aus ihrem Buch »Ost trifft West«

Zum Frühlingsfest reisen beispielsweise jedes Jahr viele junge Singles aus den großen Metropolen zu ihren Eltern – und damit zu den traditionellen Regeln der Familien. Frauen, die mit 30 nicht verheiratet sind, gelten dort als 剩女; shèng nü ˇ ; »übrig gebliebene Frauen«. Immer mehr gut ausgebildete und beruflich erfolgreiche Frauen widersetzen sich diesem traditionellen Zwang und mieten sich kurzerhand einen Partner, um vor den Eltern das Gesicht zu wahren: »Rent a Boyfriend« bzw. »Rent a Husband« hat zum Frühlingsfest Hochkonjunktur. Keiner soll Schaden nehmen, jeder soll das bekommen, was er sich wünscht; damit ist ein harmonisches Gleichgewicht erzielt. So gibt es das konfuzianische Ideal vor – seine zeitgenössische Interpretation ist nur außerhalb Chinas überraschend. Eine eigene Idee – was sagt der Chef wohl dazu? Der unternehmerische Alltag in China ist aber wie überall auf der Welt davon geprägt, im Wettbewerb zu bestehen. Die Innovationskraft der gesamten Volkswirtschaft hängt letztlich davon ab, dass Probleme effizient gelöst werden. Wenn man sich vor Augen führt, dass in China das Wort für »Frage« und »Problem« exakt das gleiche ist, schwant einem vielleicht, dass auch der Umgang mit Problemen meist anders ist als in Europa: Oft werden sie nicht adressiert, sondern umschifft. Genau hier liegt eine der Hauptherausforderungen in der Volksrepublik China: intelligente und gut ausgebildete Chinesen dafür zu begeistern, sich nicht nur auf den ihnen vorgegebenen »Punkt« zu stellen und dort die vorgeturnten Übungen zu absolvieren. Im Gegenteil, die chinesische Regierung und viele Unternehmen erwarten Innovationen. Das erfordert jedoch den Mut, einen anderen Weg einzuschlagen und dies gar eigenverantwortlich zu tun. Letzteres wiederum haben nur sehr wenige Chinesen

und Chinesinnen gelernt. Die Kraft, ihren inneren Widerstand zu überwinden und somit auch einen Konflikt zu riskieren, haben nicht viele. Diejenigen, die darüber verfügen, scheitern nicht selten daran, dass in den hierarchischen Strukturen von Unternehmen und Behörden die Idee einer »punktgenauen« Ein- und Unter-Ordnung länger lebt als der derzeitige Fünfjahresplan mit seinen innovationsfokussierten Zielen. 对抗, 反抗, 抵抗, Widerstand auf Chinesisch – immer mit negativem Beigeschmack Betrachtet man, welche Möglichkeiten die chinesische Sprache bereithält, um den Begriff »Widerstand« zum Ausdruck zu bringen, so fällt auf, dass dabei stets eine negative Bedeutung mitschwingt – ganz im Gegensatz zu Begriffen wie »resistance« im Englischen oder »résistance« im Französischen. Das Chinesische bietet eine Bandbreite an Formulierungen, die jeweils aus zwei Schriftzeichen zusammengesetzt sind – ein Wortbestandteil bedeutet dabei stets »Kampf« oder »Abwehr«. Der positive Aspekt des »Anders-Denkens« und die Vorstellung, dass dieses »Anders-Denken« sogar besser sein könnte, ist den meisten Chinesen fremd. Hinzu kommt, dass Widerstand in China wie beim Schattenboxen (Tai-Chi) unsichtbar bleibt, auch wenn er vorhanden ist. Viele verfolgen ihre eigenen Ziele, ohne diese jedoch unbedingt bekannt zu geben. Bevor man also in China »Widerstand« sinnvoll managen kann, stellt sich immer zuerst die Frage: Wer verfolgt welche Interessen und wie kann man einen gemeinsamen Nenner finden? Generell muss man sich als westlicher Manager in China von einigen klassisch westlichen Vorstellungen befreien und überaus achtsam agieren. Eine große Portion gesunder Menschenverstand ist dabei eine sehr gute Grundlage.

Marianne Friese (* 1962) ist seit 2001 als Beraterin und Unternehmerin in China – seit 2005 mit der Marianne Friese Consulting GmbH. Die diplomierte Wirtschaftsingenieurin (FH) und Kommunikationsexpertin (M. A. Californian State Univ.) ist für viele Unternehmen aus Europa aktiv. Aufgrund ihrer langjährigen Management-Erfahrung in China, Europa und den USA ist sie als Business-Coach und Strategieberaterin gefragt; auch Markenund Kommunikationslösungen gehören zu ihrer Expertise. www.m-f-consulting.com

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BERLIN Gespräch

» Je mehr Fragen ich stelle, desto einfacher wird es« Als der Düsseldorfer Ludwig Koehne 1994 das ostdeutsche Eisenbahnkranbauunternehmen Kirow in Leipzig übernahm, schien die Sanierungsaufgabe unlösbar zu sein. Hier spricht Koehne darüber, wie es Kirow trotz dieser Widerstände gelungen ist, zum Weltmarktführer für Eisenbahndrehkrane aufzusteigen – eine deutsch-deutsche Erfolgsgeschichte zum 25. Jahrestag der deutschen Einheit.

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BERLIN Gespräch

Herr Koehne, mit welcher Situation waren Sie konfrontiert, als Sie 1993 den Kranbauer Kirow in Leipzig von der Treuhand übernehmen wollten? Kirow war ein extremer Sanierungsfall: Durch die Währungsumstellung war der große Absatzmarkt im Osten weggebrochen. Der Markt für Eisenbahnkrane im Westen war zu klein, um zu überleben, und darüber hinaus sehr wettbewerbsintensiv. Die Strukturen bei Kirow stammten aus Kombinatszeiten, die Produkte waren technisch veraltet. Kein Wunder, dass die Treuhand keine Perspektive für Eisenbahnkrane in Leipzig sah. Kirow war daher aus dem TAKRAF-Konzern bereits in das Sondervermögen übertragen worden und sollte im Falle eines Scheiterns der Privatisierungsbemühungen geschlossen werden. Vor uns waren schon mehrere potenzielle Investoren abgesprungen. Unser Angebot, die Hälfte der nach der Treuhandsanierung noch vorhandenen 360 Arbeitsplätze – von einstmals 3.000 – zu übernehmen, war also die letzte Chance. Dem Betriebsrat gefiel dies natürlich nicht. Er bestand auf einer Übernahme aller Arbeitsverhältnisse. An der Alles-oder-nichts-Strategie des Betriebsrats drohte damals auch der von Ihnen ausgehandelte Vertrag mit Treuhand und IG-Metall zu scheitern. Wie haben Sie es dennoch geschafft? Das war ein zähes Ringen. Eine Pendeldiplomatie zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung setzte ein. Letztlich löste die IG Metall das Problem, indem sie dem Vorsitzenden ein Stipendium und einen Studienplatz organisierte. Dazu kam eine hohe Abfindung, an der wir uns angemessen beteiligten. Natürlich wurde auch die Presse eingeschaltet – BILD-Zeitungsberichte mit diffamierenden Äußerungen, das ganze Programm. Aber Schwamm drüber. Ende gut, alles gut.

Wirklich? Wenn man hört, dass ein »Wessi« unter diesen Vorzeichen einen »Ostbetrieb« übernimmt, dann denkt man sofort an eine Frontstellung Ost – West. Die hat es nie gegeben. Die Belegschaft war durch den Zusammenbruch der ostdeutschen Wirtschaft traumatisiert. Aber die Kultur war eine andere, was zwangsläufig immer wieder zu Missverständnissen führte. Doch kulturelle Unterschiede haben nicht unbedingt etwas mit Ost und West zu tun. Die haben Sie ja auch bei den Norddeutschen oder den Bayern mit ihrer »Mia san mia«-Mentalität. Die Gewerkschaft hat damals für eine schnelle Angleichung des Lohnniveaus zwischen Ost und West gekämpft. Wie kamen sie damit klar? 1995 mussten wir einen 25-prozentigen Lohnkostenzuwachs verkraften, der nicht durch eine Erhöhung der Produktivität aufgefangen werden konnte. Das war ein harter Schlag. Denn mit diesem Kostenschub konnten wir auch nicht als Lohnfertiger für Dritte arbeiten, um die Schwankungen in der Produktionsauslastung auszugleichen. Also stand immer wieder Kurzarbeit auf der Tagesordnung. Es war eine schwierige Zeit: Unser ehemaliger Großabnehmer, die russische Staatsbahn, hatte beschlossen, nur noch Krane von lokalen Herstellern zu kaufen, im Westen war Kirow weitgehend unbekannt und auf die etablierte Marke TAKRAF konnten wir nicht mehr zurückgreifen. Der russische Name war sicherlich auch nicht unbedingt von Vorteil ... Ja, das stimmt, Kirow wurde als russische Firma wahrgenommen, mit allen damit einhergehenden negativen Vorurteilen – eine Steilvorlage für die Konkurrenz aus dem Westen! Die gesamte osteuropäische Wirtschaft galt ja als rückständig und pleite. Wer kauft schon langlebige Wirtschaftsgüter – Eisenbahnkrane sind 30 Jahre im Einsatz und werden über 15 Jahre abgeschrieben –, wenn er glaubt, dass es den Lieferanten bald nicht mehr gibt?

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BERLIN Gespräch

Oben: Mit dem nach dem Baukastenprinzip gefertigten, hochflexiblen Eisenbahndrehkran »Multi Tasker«, hier beim Unfalldienst, hängte Kirow die Konkurrenz ab Vorherige Seite: Die Schaffung eines zweiten Standbeins im Bereich Spezialtransportfahrzeuge für Stahlwerke, Werften und Baustellen sicherte Kirow das Überleben – hier ein »Multi Mover Y« mit 550 Tonnen Hubkraft beim Roheisenhandling

Da fragt man sich, warum Sie den Laden überhaupt übernehmen wollten. Was hat Sie daran gereizt? Nicht alles Kapital war vernichtet: Kirow besaß noch Renommee. Das Werk verfügte über eine Belegschaft hoch motivierter und gut ausgebildeter Facharbeiter und Ingenieure, bei seinen Stammkunden stand es für robuste, langlebige Produkte. Und weltweit waren 5.000 Kirow-Krane im Einsatz – ein Riesenpfund in unserer Hand. Es gab also durchaus eine solide Grundlage für den Aufbzw. Ausbau der Marke. Wir trauten uns zu, den Resonanzraum in den Stammmärkten unter dem eingeführten Namen Kirow wiederzubeleben und von hier aus den Westen zu erobern. Wie ist es Ihnen gelungen, der starken Konkurrenz den Wind aus den Segeln zu nehmen und für sich zu nutzen? Wir konnten namhafte und erfahrene Konstrukteure und Vertriebsleute mit speziellem Produkt-Know-how überzeugen, zu uns zu kommen. Das war der entscheidende

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Schritt: Die Tatsache, dass Brancheninsider – u. a. der langjährige Vertriebsleiter unseres zu Mannesmann gehörenden Hauptkonkurrenten Gottwald – nun für Kirow arbeiteten, wurde im Markt als Signal dafür gewertet, dass mit Kirow langfristig zu rechnen sei. So haben wir begonnen, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Auf dem Markt für Eisenbahnkrane tummeln sich mehrere Unternehmen mit vergleichbar anspruchsvollem technischem Profil. Kommt es da nicht zu einem ruinösen Wettbewerb, wo der Preis allein entscheidet? Das war in der Tat ein großes Problem. Wir hatten den Ehrgeiz, die anderen Anbieter mit maßgeschneiderten und preiswerteren Kranen zu übertreffen, gewannen Wettbewerbe und produzierten Verluste, weil unsere Entwicklungskosten zu hoch waren. Das zwang uns umzudenken. Damals entschieden wir uns für die Premiumstrategie: Die Kunden sollten den Namen »Kirow« nicht mit günstigen Preisen,


BERLIN Gespräch

sondern mit attraktiven Produkten verbinden. State of the Art. Damit das finanzierbar blieb, haben wir uns auf Kirows historische Stärke besonnen, die im hohen Standardisierungsgrad der alten Serienkrane lag. Und dann haben wir damit begonnen, unsere Krane nach dem Baukastenprinzip zu entwickeln. Gleichzeitig wurde das Sortiment verkleinert und auf die technisch avanciertesten Produkte konzentriert. Im Zuge dieser Neuausrichtung haben wir uns von den Festauslegerkranen verabschiedet und alles auf die neuen, teureren, aber deutlich flexibleren Teleskopkrane gesetzt. Klingt nach einem ziemlichen Wagnis, denn diese Technik war doch sicherlich nicht zum kleinen Preis zu haben? Klar, die Technik hat ihren Preis, aber so eine vielseitig einsetzbare Mehrzweckmaschine ist auch enorm attraktiv. Und dank des Baukastenprinzips konnten wir die Entwicklungskosten umlegen und so im Rahmen halten. Die Konkurrenz konnte ihren Entwicklungskostenvorsprung jetzt nur noch bei den veralteten Festauslegern ausspielen, die die Kunden immer weniger überzeugten. Der technische Vorsprung in Kombination mit dem Baukastenprinzip, das bewährte Produktkomponenten, kürzere Lieferzeiten und eine unkomplizierte Ersatzteilversorgung garantierte, war dann auch unser Durchbruch: Mit dem leistungsstarken Eisenbahndrehkran KRC 1200 (Kirow Railway Crane) stieg Kirow 1999 zum Weltmarktführer auf. Er ist ein echter »Multi Tasker«, einsetzbar im Gleis- und Brückenbau, beim Unfalldienst und für den Transport von Schwerlasten. Was war aus Ihrer Sicht entscheidend dafür, dass der Wandel vom BeinaheKonkursfall zum erfolgreichen Unternehmen gelungen ist? Die Ingenieursleistung war entscheidend. Unsere Kunden kaufen Technik. Natürlich spielte auch die Vernetzung unserer eingeworbenen Vertriebsleiter eine große Rolle. Und der Aufbau eines zweiten Standbeins im Bereich der Transporter. In der Markenführung betonten wir die starke Tradition des Betriebes. Heutzutage würde man sagen, dass wir die »DNA« erspürten und neu interpretierten. Das setzte enorme Kräfte frei. So konnten wir relativ einfach tradiertes Denken in jeder Abteilung infrage stellen. In der Praxis ging das natürlich nur durch die neu eingestiegenen Fachleute. Kirow war de facto ein Start-up mit Respekt vor der Tradition.

Wie sah das neue Selbstverständnis aus? Dorthin zu gelangen, war ein enorm anstrengender Klärungsprozess. Denn um ein klares Profil zu erhalten, muss man ja erst mal ganz viel Nein sagen: Nein, so machen wir das nicht, das passt nicht zu uns, das geht in die falsche Richtung, das gibt es bei uns nicht – z. B. veraltete Festausleger. Ist die Richtung erst mal klar und wird absolut konsistent kommuniziert, ergibt sich das Übrige fast wie von selbst. Unsere neuen Claims als »Heavy Duty Specialists« und »Weltmarktführer« wirkten dynamisierend nach außen wie innen. In dieser Position können wir uns keine Abstriche bei Qualität, Design oder Service leisten. Auf diese Linie sind hier alle eingeschworen – oder werden im Falle mangelhafter Leistungen daran erinnert. Das klingt ganz einfach. Gab es gar keine betriebsinternen Diskussionen über Sinn und Notwendigkeit der Veränderungen? Haben Ihre Facharbeiter und Ingenieure das alles widerstandslos mitgemacht? Natürlich gab es viele Bedenken, Sorgen und Ängste, dass wir mit unserer Premiumstrategie scheitern könnten. Es entsprach einfach nicht der Erfahrung unserer Leute, dass Kunden bereit sind, für ein tolles Produkt tiefer in die Tasche zu greifen. Als sich abzeichnete, dass die Kunden unseren teureren Produkten den Vorzug gaben, erfüllte das selbst unsere so nüchternen Ingenieure mit Stolz.

Ludwig Koehne (* 1966) arbeitete nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Oxford zunächst bei der Treuhandanstalt in Berlin im Bereich Abwicklung, bevor er im Rahmen der Privatisierung der KirowWerke nach Leipzig wechselte. Kirow bildet heute zusammen mit Ardelt in Eberswalde und Kocks in Bremen die Kranunion. Die ausführliche Geschichte der Kranunion-Unternehmen von ihrer Gründung über die Teilungs- und Wendezeit bis

Zu guter Letzt: Verraten Sie uns Ihre Führungsstrategie? Wie jeder Mensch handle ich eher aus dem Bauch heraus. Authentizität und Glaubwürdigkeit stehen an erster Stelle: Was ich mir von meinen Mitarbeitern wünsche, was mir wichtig ist, das muss ich auch selbst verkörpern, vorleben, also Einsatzfreude, Herzblut, Risikobereitschaft, Verantwortungsbewusstsein, sich zu eigenen Entscheidungen, auch Fehlern, bekennen, nicht anderen die Schuld geben. Dafür stehe ich. Außerdem liegt mir der Dialog. Ich gehe auf die Leute zu, rede mit ihnen, ordne nicht einfach an, sondern stelle Fragen, habe keine Angst, mir eine Blöße zu geben. Auf ihrem Gebiet sind das ja alles Spezialisten, die wissen viel mehr als ich. Mit zwei, drei Fragen kann man selbst komplexeste Probleme so sezieren, dass man gemeinsam mit der Erarbeitung der Lösung beginnen kann. Wenn ich etwas gelernt habe, dann dies: Je mehr Fragen ich stelle, desto einfacher wird es.

heute gibt es als Buch, erhältlich über buch@kranunion.de www.kranunion.de

Die Geschichte der Unternehmen der Kranunion Sabine Schneller und Hildtrud Ebert Kranunion GmbH 2013 ISBN: 978-3-9815928-0-1 423 Seiten mit zahlr. farb. Abb., (D) 50,00 € zzgl. 7,00 € Versand

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BERLIN Perspektive

Âť Visual RecordÂŤ von Christian Ridder im Rahmen der Kick Kundenwerkstatt 2014. Mehr zur kick: consultuing GmbH: www.kick-consulting.com , mehr zu Christian Ridder: www.business-as-visual.com

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BERLIN Perspektive

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BERLIN Bibliothek

Der unergründliche

Verweigerer HERMAN MELVILLES »BARTLEBY«

Sophie Weigand (* 1989) ist gelernte Buchhändlerin und studiert Kultur- und Literaturwissenschaft. Daneben betreibt sie den Blog »Literaturen« (www.literatourismus.net) und ist Teil des Bloggerzusammenschlusses »We read Indie«, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, unabhängige Verlage und ihre Bücher sichtbarer zu machen. www.literatourismus.net

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»Ich möchte lieber nicht« oder »I would prefer not to« – das kann man heute auf T-Shirts lesen. Es ist einer der berühmtesten Sätze der Literaturgeschichte. Was hat es damit auf sich? Und woran könnte es liegen, dass wir uns gerade jetzt wieder an diesen Ausspruch erinnern? Er stammt aus Herman Melvilles Erzählung »Bartleby, der Schreiber« aus dem Jahre 1853. Darin berichtet ein alternder Anwalt von einem Kopisten namens Bartleby, den er in seiner Kanzlei anstellt. Schon ihr erstes Zusammentreffen verläuft eher kühl und was harmlos als leichte Schrulligkeit beginnt, steigert sich bald zur Groteske. Als der Anwalt Bartleby bittet, ihm bei der Prüfung von Abschriften behilflich zu sein, antwortet der höflich, aber bestimmt: »Ich möchte lieber nicht.« Der Erzähler ist zwar erbost, aber noch regt sich Mitgefühl in ihm. Will Bartleby zunächst nur keine Kopien anfertigen, mündet sein Verhalten bald in eine generelle Arbeitsverweigerung. Der ehemals gewissenhafte Mitarbeiter wird zum Mühlstein am Hals des Anwalts, den der sanfte, aber unerbittliche und unerklärliche Widerstand seines Untergebenen mehr und mehr aus der

Fassung bringt. Sogar die Kündigung erträgt Bartleby mit einer stoischen Ruhe – indem er ihr Vorhandensein einfach nicht zur Kenntnis nimmt. In seiner Kompromisslosigkeit wirkt Bartleby fast wie eine Heimsuchung. Weil er ihn nicht loswird, zieht der Anwalt schließlich selber aus und Bartleby, dessen Arbeitsverweigerung zur Lebensverweigerung geworden ist, endet nach der Räumung im Gefängnis. Manchmal trägt die Erzählung den Untertitel »Eine Geschichte aus der Wall Street«, der nahelegt, dass ihr Schauplatz von besonderer Bedeutung ist. Bartleby stellt sich als antikapitalistischer Verweigerer gegen ein entmenschlichtes System, das so blutleer ist wie er selbst. Vielleicht erfreut er sich heute auch deshalb einer derart großen Beliebtheit, weil wir selbst gern öfter lieber nicht wollten – und doch müssen. Bartleby, so heißt es abschließend, habe vor der Kanzlei im Dead Letter Office gearbeitet und unzustellbare Briefe vernichtet. Da kann man hoffnungslos werden.


BERLIN Bibliothek

CHANGE MANAGEMENT

Klaus Doppler und Christoph Lauterburg Erfolgreiche Unternehmen müssen sich stetig verändern, aber Veränderungen stoßen immer auf Widerstand. Wie man den Wandel möglichst reibungslos gestalten kann, das verrät dieses Standardwerk. Konkret und anhand zahlreicher Beispiele beschreiben die versierten Autoren die typischen Phasen von Veränderungsprozessen und die zentralen

Handlungsmaximen. In einzelnen Kapiteln widmen sie sich dabei auch dem Umgang mit Widerstand, der Psycho-Logik des Misslingens, bestimmten Hierarchie- und Machtstrukturen als Hemmschuhen für Neuerungen sowie der Bedeutung von Emotionen, die der Dynamik von Veränderung und Beharrung letztlich zugrunde liegen.

Change Management Den Unternehmenswandel gestalten Klaus Doppler und Christoph Lauterburg 13., akt. u. erw. Aufl., Campus Verlag 2014 ISBN: 978-3-593-50047-8 605 Seiten, (D) 79,00 €

LEAN IN

Sheryl Sandberg Sheryl Sandberg, als COO und Mitglied des Verwaltungsrats von Facebook eine der wenigen sichtbaren Topmanagerinnen weltweit, wagt es, über die äußeren und inneren Barrieren zu sprechen, die Frauen den Aufstieg verwehren. Eine offen sexistische Arbeitsumgebung ist heute selten geworden, eher sind die Widerstände bedingt durch nach wie vor vorhandene Rollenerwartungen und Geschlechterklischees in unseren Köpfen, wie die Autorin aus

eigener Erfahrung und aus Gesprächen mit unzähligen anderen Frauen und Männern gelernt hat. Frauen sollten sich davon nicht entmutigen lassen, sondern sich mehr in ihre Karriere reinhängen, um das Ideal einer gleichberechtigten Arbeitswelt zu verwirklichen. Sheryl Sandberg zeigt ihnen Strategien, mit denen sie die vielfältigen Widerstände überwinden und ihre Ziele erreichen können. Ein sehr persönliches, mutiges, ehrliches Buch.

Lean in Frauen und der Wille zum Erfolg Sheryl Sandberg Deutsch von Barbara Kunz Ullstein Verlag 2015 ISBN: 978-3-548-37549-6 320 Seiten, (D) 10,99€

DIE KREATIVITÄTS-AG

Ed Catmull mit Amy Wallace

Ed Catmull, der Mitbegründer und Präsident von Pixar, das seit 25 Jahren immer wieder neue, sensationell erfolgreiche Animationsfilme entwickelt, gibt in seinem Buch tiefe Einblicke in die Führung und das Management eines kreativen und innovativen Unternehmens. Er zeigt, wie man zerstörerische Kräfte überwindet und mit Unsicherheit, Risiken und Fehlern umgeht – und warum man

viel mehr erreicht, wenn man den Mitarbeitern Freiheit gibt, statt sie zu kontrollieren. Eine wirklich kreative Kultur zu schaffen, die alle zu Bestleistungen befähigt, ist eine tägliche Herausforderung. Sie gleicht einem hochempfindlichen Organismus, der immerfort gehegt und gepflegt werden muss. – »Gut und gerne das beste Businessbuch, das je geschrieben wurde.« (Forbes)

Die Kreativitäts-AG Wie man die unsichtbaren Kräfte überwindet, die echter Inspiration im Wege stehen Ed Catmull, Amy Wallace Deutsch von Karin Miedler, Sigrid Schmid und Thomas Pfeiffer Hanser Verlag 2014 ISBN: 978-3-446-43672-5 376 Seiten, (D) 24,90 €

WARUM EINSTEIN NIEMALS SOCKEN TRUG

Christian Ankowitsch

Wer hart sitzt, denkt sachlicher, wer spazieren geht, kreativer. Und wer einen Laborkittel überzieht, agiert aufmerksamer. Gesten befördern das Verständnis und eine wärmende Tasse in Händen lässt uns unsere Mitmenschen positiver sehen. Kurzum: Wir denken nicht nur mit dem Kopf, sondern mit dem ganzen Körper – und dieses Buch erklärt, wie wir dieses Zusammenspiel zu unserem Vorteil

nutzen können, um unser Denken zu beeinflussen, Veränderungen zu initiieren, Widerstände und Denkblockaden zu überwinden. Mitunter müssen wir dafür nur eine Kleinigkeit ändern: lächeln, die Arme ausbreiten, die Hände waschen, die Faust ballen. Verblüffende und praktikable Tricks aus der Feder des Erfolgsautors und Spezialisten für die Prüfungen des Alltags.

Warum Einstein niemals Socken trug Wie scheinbar Nebensächliches unser Denken beeinflusst Christian Ankowitsch Rowohlt Verlag 2015 ISBN 978-3-87134-793-1 304 Seiten, (D) 18,95 €

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BERLIN Umschau

Widerstand zwecklos WIR HABEN UNS NACH SPIELERISCHEN MÖGLICHKEITEN UMGESEHEN, MIT EIGENEN WIE FREMDEN WIDERSTÄNDEN UMZUGEHEN. HIER EINE AUSWAHL DAZU PASSENDER PRODUKTE: GEEK CHIC Die für diese Ohrringe verwendeten elektrischen Widerstände wiegeln die Trägerin nicht auf, sondern erfüllen nur dekorative Funktionen – das aber aufs Schönste. Wetten, dass so viele Ohm am Ohr auch Sie unwiderstehlich machen? Der Ohrring mit 3 Keramikwiderständen des Londoner Labels »Ohm Jewelry« ist knapp 4 cm lang und kostet 8,70 €; zu beziehen über www.etsy.com/de.

ABSAGE AUF WELTLITERATURNIVEAU Sie möchten lieber nicht, aber trauen sich nicht, das zuzugeben? Dann sagen Sie’s doch mit Herman Melvilles Bartleby. Dessen berühmten Ausspruch »I would prefer not to«, mit dem er höflich, aber bestimmt jede Tätigkeit ablehnt, gibt es nämlich auch auf T-Shirts. Damit machen Sie nicht nur Ihren Standpunkt klar, sondern demonstrieren ganz nebenbei auch noch Ihre Kenntnis der Weltliteratur. Das bedruckte T-Shirt aus reiner Baumwolle kostet 25,49 €, seine Farbe sowie die Größe und Platzierung der Schrift kann jeder bei www.spreadshirt.de selbst bestimmen.

MOTIVATIONSHIGH PER HIRNDOPING Loben ist eine effektive Methode im Widerstandsmanagement. Denn das Gehirn reagiert darauf mit der Ausschüttung des Neurotransmitters Dopamin, der unsere Antriebskraft und Motivation befeuert. Leider ist das Teufelszeug nach 72 Stunden abgebaut – weshalb es sich empfiehlt, spätestens alle vier Tage das Lob zu erneuern, damit die Leistung nicht nachlässt. Mit dieser »MotivationApp« bzw. den dazu passenden »MotivationCards« geht das kinderleicht und schnell: einfach das entsprechende Kompliment auswählen und auf »Senden« drücken – schon hat man wieder jemanden belohnt. Die »MotivationApp« von Peter Boltersdorf mit Komplimenten in verschiedenen Sprachen (auch in Latein) kostet 7,99 € in der Vollversion, eine reduzierte Version gibt es gratis; erhältlich über Apple Store und Google Play, siehe auch www.motivation-company.com/de.

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BERLIN Umschau

SCHLICHTUNG AUF INDIANISCH Die Wogen schlagen hoch, alle schreien durcheinander, keiner hört zu, das Ganze droht zu eskalieren? Dann kommt diese Schokolade zum Einsatz. Sie kann wie ein indianischer Redestab verwendet werden, der von einem zum anderen weitergereicht wird. Wer den Riegel in der Hand hält, darf ungestört sprechen, die anderen müssen still sein. Wenn der Konflikt auf diese Weise aus der Welt geschafft und eine gemeinsame Position gefunden wurde, bekommen alle zur Belohnung ein Stückchen Vollmilchschokolade mit Mandeln und Butter-Caramel. Die »Soul Food Streitschlichter-Stückchen« von Hussel gibt es im 150-Gramm-Riegel für 4,98 €; erhältlich über www.hussel.de.

SCHWEINEHUND ZUM VERLIEBEN STRESS, LASS NACH! Veränderungen angehen, Neuerungen aufgreifen oder Verantwortung übernehmen bedeutet erst mal Stress. Wer sich dem lieber nicht aussetzen möchte, findet mit diesem Würfel schöne Ausreden. Denn die Ergebnisse legen gar nichts fest, sondern spielen auf Zeit und vertagen die Entscheidung fürs Erste – auf später, auf morgen oder nach der Pause. Willkommene Munition also für alle Unentschlossenen, Zauderer und Zögerer. Wer selbst davon gestresst wird, darf sich gleich noch an dem Würfel abreagieren und ihn nach Belieben zusammenstauchen und verformen. Den Schaumstoffwürfel »Decisionmaker« mit 6,4 cm Kantenlänge von noTrash2003 gibt es für ca. 6,90 € bei www.amazon.de.

Wir können uns noch so sehr bemühen, unsere Blockaden zu überwinden und unsere Hemmungen abzubauen – unseren inneren Schweinehund werden wir wohl nie wirklich los. Bei Günter hier wollen wir das auch gar nicht: Das niedliche Kuscheltier darf gerne in unserer Nähe bleiben, zum Beispiel als treuer Anhänger an unserem Schlüsselbund. Das Plüschtier »Günter, der innere Schweinehund« ist ca. 10 cm groß, hat Magnethände, einen Schlüsselring und kostet 9,95 €; www.gabal-verlag.de

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BERLIN Kolumne

ist e l g Goo

Doooof

Berlin Druck Zugegeben: Google hat’s mit uns auch nicht leicht. Woher soll es denn wissen, dass sich eine Stadt, 375 Kilometer von Achim entfernt*, unseren schönen Namen im Netz gekrallt hat? Und woher soll die Auszubildende Lena von der Berliner Eventagentur »Z« wissen, dass wir ihre Anfrage nach Lieferung von 800 Eintrittskarten bis 16 Uhr in Schöneberg allein wegen dieser Entfernung nicht schaffen? Schließlich hat sie »Berlin Druck« gegoogelt, und da haben wir uns – schlau wie wir sind – vor all die Internetdruckereien geschmuggelt, die für ihre Platzierungen so viel Geld bezahlen müssen.

Aber können wir überhaupt sicher sein, dass es an Google liegt, wenn die Hälfte aller Online-Druckanfragen an uns aus der Hauptstadt kommt? Im angezeigten Snippet, so nennt man die Darstellung der Homepage in den Suchergebnissen, steht in der ersten Zeile immer: »Druckerei BerlinDruck GmbH & Co. KG in Achim«. Doch woher soll Lena wissen, dass »Achim« ein Ort ist, wenn Google nicht mal weiß, dass es sich bei »Berlin« um den Namen der berühmten Druckerei handelt? Für sie ist Achim der nette Junge aus dem vierten Stock, auf den sie schon so lange ein Auge geworfen hat. Aber lassen wir das . Festzuhalten bleibt, dass Kunden aus Berlin inzwischen auf Platz 4 unserer Kundenliste nach Orten stehen. Thnx Google.

Schwieriger wird’s mit Google News. Da müssen wir für Dinge geradestehen, für die wir nun wirklich nichts können: egal, ob es um Probleme beim Sport (»Union Berlin: Druck allein reicht nicht«) oder in der Politik (»Will Berlin Druck auf griechisches Referendum ausüben?«) geht – es landet in unserer täglichen Mail von Google News, mit der wir eigentlich erfahren wollen, wo das Netz uns mal wieder gefunden hat. Da der Algorithmus Satz- oder Leerzeichen nicht berücksichtigt und fast alle deutschen Tageszeitungen durchkämmt, kommen wir auch ins Spiel, wenn ein Lokalpolitiker aus Bad Salzuflen mal wieder in Berlin Druck machen möchte. Da helfen wir natürlich gerne, doch lieber wären uns die News: »BerlinDruck aus Achim hat den Offsetolymp erklommen.« Aber das sind ja eigentlich keine News, oder?

Mittlerweile bin ich übrigens darüber hinweggekommen, dass mir die Stadt Berlin das ».de« hinter meinem Namen stibitzt hat und habe mir eine neue Internetheimat gesucht. Schreiben Sie mir doch einfach mal an reinhard@berlin.sc .Der kleine Umweg über die Seychellen (.sc) wird Ihrer Post gefallen. Meint jedenfalls Ihr Reinhard Berlin * von Achim, Oskar-Schulze-Straße 12, bis Berlin, Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche – natürlich ermittelt mit Google Maps

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BERLIN Ausdruck

DIESE AZUBIS VERSTÄRKEN DAS BERLINTEAM Leider haben wir nicht genau mitgezählt. Aber die Chance, dass sich unter diesen fünf jungen Menschen die Nummer 100 unserer Azubigalerie befindet, ist sehr hoch. Denn schon acht Monate nach der Firmengründung im Jahr 1982 ging es mit zwei Lehrlingen – so nannte man die damals noch – los. Zurzeit sind fünf Auszubildende im Berlin-Team. Von links: Yannik Schmoecker, Medientechnologe Weiterverarbeitung; Leo Schnier, Industriekaufmann; Daniel Dreesmann, Medientechnologe Druck; Tessa Warnecke, Mediengestalterin; und Arne Dührkop, Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistungen.

AUCH SPEDITION UND LOGISTIK WILL GELERNT SEIN Nur Setzen, Drucken, Binden? Das reicht für eine moderne Druckerei schon lange nicht mehr. Schließlich übernehmen wir über den Druck hinaus komplexe und anspruchsvolle logistische Aufgaben für unsere Kunden. Artikel werden eingelagert, in ein Warenwirtschaftssystem eingepflegt und zum gewünschten Zeitpunkt abgerufen und ausgeliefert. Ohne Zweifel ist die dafür zuständige Abteilung in unserem Hause in den letzten Jahren weit überproportional gewachsen. Und nachdem alle ausbildungsrelevanten Erfordernisse erfüllt wurden, konnten wir jetzt mit Arne Dührkop, der seit dem 1. Juli bei uns lernt, unseren ersten Auszubildenden in diesem Fachbereich begrüßen. Neben den drei Medientechnologen für Vorstufe, Druck und Weiterverarbeitung und der Ausbildung zum Industriekaufmann ist so mit dem »Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistungen« nun ein fünfter Berufszweig hinzugekommen, für den wir die Ausbildungsvoraussetzungen erfüllen.

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WENN BUCHBINDERTRÄUME WAHR WERDEN ... Wer 18.000 Bogen pro Stunde druckt, der darf bei der buchbinderischen Weiterverarbeitung nicht schlapp machen. Sie ist oft das Nadelöhr in Druckereien. Schluss damit! Unsere neue Heidelberg-Falzmaschine »Stahlfolder KH 78« hat sich an die Spitze der 2015er-Investitionskette bei BerlinDruck geschmuggelt. Bereits ein paar Tage vor der neuen Heidelberg-Druckmaschine »Speedmaster XL 106« hat sie die Produktion aufgenommen. Und beweist, dass es Innovationen nicht nur im Bereich der digitalen Produktion gibt. Überzeugen Sie sich gerne bei uns vor Ort, wie diese Heavy-Metal-Maschine am Ende der Prozesskette den gesamten Ablauf nachhaltig optimiert. Was beim Fahrzeugkauf oft für Ärger sorgt, ist bei der KH 78 der Clou: die Extras! Zusätzliche Falztaschen, ein spezieller Anleger und eine Stapelauslage sorgen dafür, dass kaum eine Falzart den Buchbinder vor Probleme stellt. Die Produkte werden von der Maschine gesammelt, gestapelt und die sauber gerüttelten Stapel an einen Stautisch geliefert. Der modulare Aufbau sowie diverse Zusatzeinrichtungen stehen für höchste Flexibilität und Produktivität. Da bleiben keine Wünsche offen.


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Wenn Buchbinderträume wahr werden ... 43


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Do., 9. 7. 2015, 10:20 Uhr

Do., 9. 7. 2015, 10:51 Uhr

Do., 9. 7. 2015, 10:41 Uhr

Do., 9. 7. 2015, 10:19 Uhr

Demontage unserer alten »Heidelberg Speedmaster XL«

Do., 9. 7. 2015, 10:34 Uhr

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Gutenberg 5.0 DIE ZUKUNFT HAT BEGONNEN: IM JULI WURDE BEI BERLINDRUCK DIE NEUE SPEEDMASTER-XL-DRUCKMASCHINE IN BETRIEB GENOMMEN, UNTER DEREN HAUBE SICH EIN WAHRES WUNDERWERK AN TECHNIK UND DIGITALER FEINABSTIMMUNG BEFINDET – DIE KAMERA WAR BEI JEDEM SCHRITT DABEI. Sieht man heute noch einen iPod, fällt es schwer, ihn zeitlich einzuordnen. Schließlich ist er mittlerweile eher im Museum zu finden als auf dem Ladentisch. Irgendwie ist er ein Relikt aus vergangener Zeit. Dabei ist es gerade einmal sieben Jahre her, dass Leute vor Geschäften kampierten, um als Erste in den Besitz dieses Prachtstücks zu kommen. Genauso lange ist es her, dass eine der ersten »Heidelberg Speedmaster XL«-Druckmaschinen bei BerlinDruck in Achim zum Einsatz kam. In diesem Sommer nun wurde bei uns die neue Generation der Speedmaster montiert: Ihr Druckformat ist einen Zentimeter breiter (106 statt 105 cm), ansonsten aber unterscheidet sich die »Neue« rein äußerlich kaum von der »Alten«. Man muss schon zweimal hinschauen, um optische Abweichungen zu erkennen.

Das behutsame Facelifting verdeckt allerdings perfekt, dass sich unter der Haube eine technologische Revolution vollzogen hat. Wer heute ans Bremer Kreuz zur Druckabstimmung kommt, wird vielleicht die Densitometer oder Spektralfotometer vermissen, die auf dem Abstimmtisch bei der Begutachtung immer im Weg lagen. Diese Mess- und Prüfgeräte sind nun endlich dort, wo sie hingehören: in der Maschine. Als am 1. August 2011 der Lehrberuf »Drucker« nach einigen Hundert Jahren aus den Ausbildungsverordnungen verschwand und durch »Medientechnologe Druck« ersetzt wurde, quittierte man das allgemein mit einem müden Lächeln – die Sprachmodernisierungswelle hatte nun wohl auch diese altehrwürdige Berufsbezeichnung erfasst. Schließlich hatte sich an der eigentlichen Tätigkeit, Informationen massenhaft auf Papier oder andere Druckträger zu bringen, nichts geändert. Wer allerdings unsere neue »Heidelberg Speedmaster XL 106-5+LX (2)« mit einer Maschine früherer Generationen vergleicht, stellt schnell fest, dass das Wort »Technologe« hier absolut zutreffend ist. Auch wenn der eigentliche Druckprozess nach wie vor analog verläuft, schlummert unter der Haube digitale

Do., 9. 7. 2015, 11:14 Uhr

Do., 9. 7. 2015, 11:03 Uhr

Di., 14. 7. 2015, 11:13 Uhr

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BERLIN Ausdruck Perspektive

Di., 14. 7. 2015, 7:56 Uhr

Di., 14. 7. 2015, 9:51 Uhr

Di., 14. 7. 2015, 11:34 Uhr

Technologie vom Feinsten. Während noch vor wenigen Jahren einige Medienbrüche zwischen Grafiker und Endprodukt zu bewerkstelligen waren und nicht selten für Verstimmungen sorgten (»Was habt ihr bloß aus meinem Bild gemacht?«), reicht die Prozesskette, der Workflow, heute vom kalibrierten Bildschirm des Fotografen bis zur Voreinstellung der Farbgebung in der Druckmaschine. So bedingt jede Farbkorrektur, die ein Grafiker an einem Bild in Lightroom oder Photoshop vornimmt, eine direkte Veränderung der Druckparameter in unserer neuen Speedmaster XL. Die Frage, was denn ein Drucker dabei noch zu tun hat, wird durch die neue Berufsbezeichnung beantwortet: Er muss die digitale Technologie in allen Facetten beherrschen. Rüstzeiten­ optimierung, Maschinen­steuerung und Farbworkflow sind die Kernaufgaben. Bei heutigen Geschwindigkeiten von 18.000 Druckbogen pro Stunde ist es von größtem Vorteil, dass der Medientechnologe Druck die beiden kritischsten Parameter – Farbstabilität und Passergenauigkeit – vom ersten bis zum letzten Bogen einem technischen System überlassen kann, das das menschliche Auge und Tempo um Längen

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Di., 14. 7. 2015, 11:41 Uhr

schlägt: Prinect Inpress Control misst und regelt automatisch Farbe und Passer bei laufender Maschine – und das bei jeder Geschwindigkeit. Direkt in die Druckmaschine integriert, erfasst die Messeinheit Skalenfarben, Sonderfarben und Passer. Eventuell erforderliche Korrekturen werden direkt zur Nachregelung an den Leitstand Prinect Press Center weitergeleitet. Da die Maschine weder zum Einrichten noch zur Auflagenkontrolle angehalten werden muss, erreicht Prinect Inpress Control eine höchstmögliche Produktivität und Qualität. Zum Thema dieses Heftes – »Widerstand managen« – passt unsere neue Maschine eigentlich überhaupt nicht. Denn diese Veränderung erfuhr keinerlei Widerstand. Freudige Gesichter im ganzen Drucksaal, als die ersten Montagevorbereitungen sichtbar wurden. Das mag damit zusammenhängen, dass unsere Branche seit Jahrzehnten in einem kontinuierlichen Veränderungsprozess steht. Es ist allerdings auch die Freude, mit der neuen Technologie weiter zu den Besten zu gehören. Champions League eben …

Fr., 31. 7. 2015, 10:30 Uhr


BERLIN BERLIN Perspektive Ausdruck

Do., 30. 7. 2015, 10:58 Uhr

Lieferung und Aufbau der neuen »Heidelberg Speedmaster XL«

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IMPRESSUM Herausgeber und V. i. S. d. P. Frank Rüter BerlinDruck GmbH & Co KG Oskar-Schulze-Straße 12 28832 Achim Telefon: 0421 / 438 71 - 0 Telefax: 0421 / 438 71 - 33 E-Mail: info@berlindruck.de www.berlindruck.de ISSN 2199-1561 Konzept/Redaktion/Gestaltung www.kleinerundbold.com Redaktionsanschrift: kleiner und bold GmbH Leuschnerdamm 13 10999 Berlin Telefon: 030 / 616 51 61 - 0 E-Mail:  berlin@kleinerundbold.com Chefredakteur Tammo F. Bruns

Was der Kunde erklärte

Was der Projektleiter verstand

Wie das Projekt dokumentiert wurde

Was installiert wurde

Redaktionsleitung und Textchefin Julia Kühn Korrektorat Dr. Markus Weber Autoren Dr. Claudia Borowy Marianne Friese Dr. Heiner Geißler Axel Hausmann Kai v. Holleben Ludwig Koehne Dr. Marietta von Lavergne Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth Sophie Weigand Petra van Wickeren Autoren der Redaktion Reinhard Berlin Julia Kühn Gestaltung Annika Beste Alicia Hoffmann Michaela Patzner Enno Schmidt Umsetzung BerlinDruck

Alle 38 Ausgaben des Magazins finden Sie auch online unter www.issuu.com unter dem Suchbegriff »BerlinDruck Kundenmagazin«. Besuchen Sie uns auch auf facebook: www.facebook.com/berlindruck


Was der Analytiker entwarf

Was der Programmierer programmierte

Was der Berater definierte

Was dem Kunden in Rechnung gestellt wurde

Wie es gewartet wurde

Was der Kunde wirklich gebraucht hätte

MAKING OF Wir betreiben aktiven Klimaschutz, denn auch dieses Magazin wurde standardgemäß klimaneutral produziert: In unserem Prinergy Evo Workflow konnten wir die Seiten der 38. Ausgabe auf einem farbverbindlichen 26 Zoll Quato Panorama-Bildschirm betrachten. Die KodakDruckplatten wurden auf unserer CtP-Anlage Magnus 800 Quantum belichtet. Für den Schutzumschlag haben wir uns dieses Mal etwas Besonderes einfallen lassen. Gedruckt wurde auf ablösbarem (nonpermanent) Haftpapier FocusTac der Firma Papyrus (www.papyrus.de) sowie auf 300 g/m² Profibulk mit 1,1fachem Volumen, einem Produkt der IGEPAgroup (www.igepagroup.com). Angestanzt wurde das Haftpapier auf unserem Original Heidelberg Zylinder. Der Inhalt wurde auf 150 g/m² Profibulk gedruckt. Der Offsetdruck erfolgte auf unserer nagelneuen Heidelberger Speedmaster XL 106-5+L mit den Skalenfarben Öko Board von Epple-Druckfarben AG (www.epple-druckfarben.de) und der Sonderfarbe Pantone Warm Grey 9. Die gleichbleibende Qualität nach DIN ISO 12647 (Prozess Standard Offset) wurde mit der neuesten Technik Prinect Inpress Control 2, dem Inline-Mess- und Regelsystem, automatisch gewährleistet. Das Falzen hat unsere neue Heidelberger Falzmaschine Stahlfolder KH-78/82 übernommen. Die Klebebindung erfolgte im Hause Print Medien Verarbeitung Runge GmbH (www.pmv-runge.de) auf dem Klebebinder Müller-Martini Bolero.


Unsere Anforderungen wurden nicht berücksichtigt.

Was hat das denn mit mir zu tun?

Und wir müssen’s wieder ausbaden.

Das lern ich nicht mehr ...

Ist mir egal, ich lass das jetzt so.

Das ist eh nicht zu schaffen.

Nicht mit mir!

Darüber wurde ich nicht informiert.

Und wann ist das zu Ende?

Lieber hätte ich mehr Gehalt.

Haben wir dafür keinen Praktikanten?!

Warum gerade ich!?

Macht euren Kram doch alleine!

www.kleinerundbold.com

Wozu soll das gut sein?

Dafür wurde ich nicht eingestellt.

Das kann ich nicht beurteilen.

Kann man schon so machen, ist dann halt kacke.

Also, nicht in meiner Gehaltsstufe!

Ach, das haben schon viele versucht ...

Wann soll ich das denn noch machen?

Jetzt gleich?!

Kann mir mal jemand erklären, was das soll?

Aber nicht mehr heute, oder?

Aus meiner Sicht lohnt sich das nicht.

Ich muss jetzt weg ...

Wetten, die verstehen das selbst nicht?

Ist doch schon nach vier!?

Das wurde nicht rechtzeitig angekündigt.

Macht das sonst nicht die Frau Meier?


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