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Passion
Das Magazin von BerlinDruck
# 01 2018
Tradition! Haptik – die unterschätzte Dimension Interview mit Norbert Möller, Executive Creative Director, Peter Schmidt Group
A glamorous and soft landing Eine Zeitreise in die 60er Jahre – die Pan Am Suite lädt ein
Papiermacher aus Leidenschaft Was Blattgrün, Stroh, Hanf und Baumwolle im Papier zu suchen haben
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Einstieg
Papierschneider
Jörg Wortmann seit 2002 bei BerlinDruck Sein Motto: „Sei Teil der Lösung – nie Teil des Problems!“
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Einstieg
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Alles Alte, soweit es Anspruch darauf hat, sollen wir lieben, aber fßr das Neue sollen wir recht eigentlich leben. Theodor Fontane (1819 - 1898), dt. Schriftsteller, Journalist, Erzähler und Theaterkritiker
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Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser, Sie halten die erste Ausgabe „Passion“ in Ihren Händen, das neue Magazin von BerlinDruck. Ein ungewöhnlicher Titel, sagen Sie vielleicht. Aber Leidenschaft ist das, was uns antreibt. Lassen Sie sich ein auf unsere Passion – zu drucken und das Leben zu leben ... Künftig informieren, unterhalten und inspirieren wir Sie drei- bis viermal jährlich – und mit jeder Ausgabe lernen Sie uns ein bisschen besser kennen. Mit der neuen Passion führen wir fort, was wir Ende letzten Jahrhunderts begonnen haben: nach journalistischen Kriterien aufbereitete Beiträge in möglichst aufregender Form. Den Anfang machte das vielfach preisgekrönte Magazin „28832 Berlin“, 2013 abgelöst durch „Berlin“. Nicht nur deswegen starten wir diesen Launch zum Thema „Tradition“! Print ist handwerkliche Tradition in Zeiten fortschreitender Digitalisierung. Lesen Sie über Entschleunigung und die richtige Tasse Kaffee, lassen Sie sich von unseren Leseempfehlungen verführen, erfahren Sie mehr über traditionelle Veredelungstechniken und nachhaltige umweltschonende Papiere. Machen Sie eine Zeitreise in das Berlin der 60er Jahre und eine in die Zukunft des Humboldt Forums. Auf geht’s, wagen wir’s! Das Team von BerlinDruck und ich wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre Ihrer neuen Passion.
Ihr Frank Rüter Geschäftsführer BerlinDruck GmbH + Co KG
IMPRESSUM Passion – Das Kundenmagazin von BerlinDruck erscheint dreimal jährlich im Eigen-Verlag | Herausgeber BerlinDruck GmbH + Co KG | Oskar-Schulze-Straße 12 | 28832 Achim | Telefon: +49 (0) 421 43871-0 | Telefax: +49 (0) 421 43871-33 | E-Mail: info@berlindruck.de | www.berlindruck.de | Auflage 2.250 | Redaktion Presseinfos, Anregungen, Reaktionen bitte an: Passion c/o quintessense | Fritschestraße 27/28 | 10585 Berlin | Telefon: +49 (0) 30 80954609 | E-Mail: agentur@quintessense.de Verantwortlich für den Inhalt V.i.S.d.P. Frank Rüter | CD und Chefredakteur Eckard Christiani | Redaktionsbeirat Reinhard Berlin | Björn Gerlach | Autoren dieser Ausgabe Dr. Christian Ankowitsch | Reinhard Berlin | Eckard Christiani | Bernhard Roetzel | Bernhard Wolter | Fotografie Adobe Stock (13, 19, 31) | Gmund Papier (9) | Jan Hemmerich (31) | Humboldt Forum (26-29) | Michael Jungblut (Titel, 2-8, 10-13, 18-20, 24, 29, 30) | Peter Schmidt Group (22-25) | Marco Urban (29) | Pia van Nuland (14-16) | Illustration Pia van Nuland | Schrift Carnas von Hoftype, Dieter Hofrichter | ITC Charter, Matthew Carter | Papier FocusArt Natural von Papyrus | Layout und Editorial Design quintessense | Fritschestraße 27/28 | 10585 Berlin Telefon: +49 (0) 30 80954609 | E-Mail: agentur@quintessense.de
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Inhalt
Inhalt Schön, dass Sie neugierig reinschauen Alles Alte, soweit es Anspruch darauf hat, sollen wir lieben, aber für das Neue sollen wir recht eigentlich leben. Impressum Inhalt
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Jörg Wortmann – der Porsche-Fahrer Der Erste aus dem Berlin-Team, den wir Ihnen mit seinen Leidenschaften und Gedanken vorstellen möchten, ist Papierschneider Jörg Wortmann – seines Zeichens Porsche-Fahrer. Aber lesen Sie mehr ... Blattgrün, Stroh, Hanf, Baumwolle – Papiermacher aus Leidenschaft Gmund Papier steht seit 1829 für Papierkultur Die besondere Event-Location A glamorous and soft landing – Alles ist noch in originalem Zustand. Kein Aschenbecher wurde verrückt. Als wäre die Zeit stehengeblieben – es ist, als befände man sich auf einmal in einem James Bond Film der 60er Jahre. Geschenkideen Buch-Tipps – Neue und alte Klassiker Illustration Layering Colors – Pia van Nuland, Linolschnitt Typografie im Büroalltag Ankowitsch und die Edition Spiekermann – Ein Wiener mit Liebe zum Kaffee: Ein gelungenes Büroleben entscheidet sich auch an der Qualität des Kaffees. Der heimliche Klassiker Nicht ohne meinen Papierkalender Interview mit Norbert Möller, Executive Creative Director, Peter Schmidt Group Haptik – die unterschätzte Dimension – Feinste Drucksachen berühren durch traditionelle Veredelungen mehr als nur einen Sinn Ja ist denn heut’ schon Weihnachten? Veredelungen mit Tradition bei Weihnachtsaussendungen Architektur EXTRA Tradition trifft Moderne – Bernhard Wolter über den Stand der Dinge beim Neubau des Berliner Schlosses und des Humboldt Forums Noch lange nicht ausgemustert Die alten Damen vom Bremer Kreuz – Zwei alte Heidelberger(Innen) im Dienst Thema Ausbildung ist eine gesellschaftliche Aufgabe Ein Essay von Bernhard Roetzel, deutscher Stil-Papst und Bestseller-Autor Tradition – was soll’s?
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L
Menschen bei BerlinDruck
Porsche-Fahrer
JEDE TRADITION HAT EINMAL ALS NEUHEIT BEGONNEN Anfang der achtziger Jahre entdeckte der Vater von Jörg Wortmann – Papierschneider bei BerlinDruck – auf einem Hof in der Nähe von Worpswede einen kleinen Schatz. Einen echten Porsche! Jedoch keinen aufregenden Flitzer, sondern einen Oldtimer-Traktor. Porsche Allgaier war vor etlichen Jahrzehnten mit seinem luftgekühlten Diesel-4-Takt-Motor seiner Zeit weit voraus. Technische Neuheiten wie ölhydraulische Kupplung, Aluminium-Leichtbauweise und Ölschleuder zählten Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zu den wichtigsten Innovationen. Der Traktor musste her!
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Es ist ein Glück, seine Leidenschaften und nicht seine Kräfte zu überleben.
Für satte 300 Deutsche Mark erwarb die Familie Wortmann den Porsche Oldtimer – der als der modernste Traktor seiner Zeit gilt. Jörg Wortmann nahm den Porsche Allgaier vor einigen Jahren unter seine Fittiche und kümmert sich seitdem um die Pflege der alten Maschine. „Der Traktor muss bewegt werden!“ meint Wortmann und erzählt, dass er jede Woche eine kleine Rundtour mit dem Porsche unternimmt. Seine Enkeltochter Leonie, drei Jahre alt, liebt es, mit Opa ein paar Runden zu drehen – ein inzwischen liebgewonnenes Ritual! Die Pflege beansprucht natürlich Zeit. Wortmann legt größten Wert darauf, dass die Maschine immer läuft. Einmal wöchentlich prüft er den Motor auf Herz und Nieren. Der über 60 Jahre alte Traktor mit seinen 17 Pferdestärken ist noch gut in Schuss – eine Voll-Restaurierung steht noch an. Ersatzteile ließen sich über das Internet besorgen, allein die Zeit ist nicht immer da, den Traktor auch optisch auf Vordermann zu bringen. „Drei- bis viertausend Euro würde er in diesem Zustand bringen – restauriert locker das Zweifache“, weiß Jörg Wortmann. Doch ans Verkaufen denkt er nicht: „Es ist wie für andere das Gärtnern oder Kochen. Wenn ich mich mit dem Traktor beschäftige, ihn pflege und repariere, kann ich für den Alltag auftanken!“ – Eine echte Leidenschaft!
Jörg Wortmann 56 Jahre In Wulmstorf bei Thedinghausen geboren, arbeitete Wortmann – gelernter Elektriker – zuerst als Druckerhelfer bei BerlinDruck. Seine Spezialisierung zum Papierschneider macht ihn im Produktions-Team unverzichtbar.
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„Und das Auftanken ist immens wichtig für mich, denn bei BerlinDruck ist konzentriertes, genaues Arbeiten gefragt.“ Jörg Wortmann, seit über 15 Jahren bei BerlinDruck, hat seine Laufbahn als Druckerhelfer begonnen. Nach ein paar weiteren Stationen innerhalb des Betriebs spezialisierte er sich auf’s Papierschneiden. Als Maschinenführer in der Druckweiterverarbeitung begeistert ihn die Vielseitigkeit seiner Tätigkeit. Die Maschinen stehen selten still, die Aufträge sind immer an Termine gebunden. Mit der Verantwortung, in der buchbinderischen Fertigung den Druckerzeugnissen den richtigen Schnitt zu liefern, kann Wortmann sehr gut umgehen. „Es gilt nicht nur, Fehler zu vermeiden. In allen Stadien der Produktion kontrollieren wir die Verarbeitungsqualität. Dafür braucht man viel technisches Knowhow. Wir kennen unsere Maschinen und Automaten ganz genau und können sie effektiv und wirtschaftlich einsetzen.“ sagt Wortmann. Dazu gehören Schneid-, Falz-, Heft-, Klebeeinrichtungen, Maschinen für das Zusammentragen und Kuvertieren der Kataloge, Muster- und Prospektsendungen und solche zum Falzen, Befüllen und Verpacken der Werbedisplays und Kartonagen. Konzentriert wendet sich Wortmann seinem nächsten Auftrag zu. Das Wochenende steht vor der Tür – und der nächste kleine Ausflug mit Leonie auf dem Porsche-Traktor über die Wiesen von Wulmstorf. D
Papier duldet alles – nur keine Ungenauigkeit.
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Papier
Blattgrün, Stroh, Hanf, Baumwolle
Papiermacher aus Leidenschaft Gmund Papier steht seit 1829 für Papierkultur und die ökologische Herstellung einzigartiger Kommunikationsmedien aus Naturpapier. Am
ausdrücken möchten. Bis zu 50% alternative Inhaltsstoffe enthalten die neuartigen Papiere der Bio Cycle-Kollektion, ergänzt durch Frischfaserzellstoff, der im Hause Gmund immer FSC® zertifiziert ist. Dazu kommt ein ökologischer Klassiker aus 100% Altpapier. Die Sorte Blattgrün besteht zur Hälfte aus
Tegernsee entstehen haptisch Aufsehen erregende Lösungen für nachhaltige Markenauftritte. Gmund ist in Familienbesitz und wird in bereits vierter Generation geleitet. Bei der neuesten Papierentwicklung hatten die Experten im Mangfalltal ein oberstes Ziel: natürliche Ressourcen zu schonen und umweltbewusst zu handeln. Bis zu 50 Prozent des Rohstoffes Holz sollten durch schnell wachsende Fasern ersetzt werden. Es entstanden Papiere von zeitloser Schönheit – und vortrefflicher Ökobilanz. Der Mehrwert an Design, Haptik, Story und Glaubwürdigkeit ist ideal für Unternehmen, die ihre grüne Firmenphilosophie per Printkommunikation
Gmund Bio Cycle im Überblick: fünf Papiere (Chlorophyll, Wheat, Cannabis, Rag, Cycle), je nach Papier in den Grammaturen 100 bis 600 g/m2
Grünschnitt von oberbayrischen Wiesen. Stroh ist weit mehr als nur Effektpapier – die Hälfte des Zellrohstoffs ist Weizenstroh. Hochwertiger Cannabiszellstoff aus europäischem Anbau wird sichtbar in der zurückhaltenden Farbe, den leichten Pflanzeneinschlüssen und spürbar in der griffigen Struktur von Bio Cycle Hanf. Große Reinheit, Strapazierfähigkeit, schmeichelnde Haptik und eleganter Stil sind die Merkmale von Baumwolle. Und Kreislauf ist ein Recycling-Papier, das anstelle des sonst üblichen Grautons mit elegantem Creme-Ton überzeugt. „Wir kreieren Lifestyle direkt von der Papiermaschine. Und setzen damit Trends. Mit unseren Produkten kann man Emotionen und Inspiration transportieren.“ so Florian Kohler, Geschäftsführer von Gmund Papier.
Auch von Gmund Papier: Das weltweit erste Papier mit echter Ledernarbung – die Kollektion Gmund Heather. 12 Farben, in Grammaturen von 240 bis 350 g/m2
Der Klassiker von Gmund Papier: Gmund Colors – 48 Farben und vier Oberflächen mit System. Aufeinander abgestimmt, umfassend, intensiv und kombinationsstark.
„Für mich zählt das haptische Erlebnis. Ich mag es, bei schönen Papieren oder feinsten Veredelungen erst einmal die Finger darüber gleiten zu lassen“, meint Katrin Harjes im Auftragsmanagement. „Dass alle Beteiligten – vom Designer bis zum Drucker – mit großer Leidenschaft bei der Sache waren, spürt man schon beim Anfassen.“
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Foto-Story
Die beso nd Event-Lo ere cation
Die Pan Am Suite Berlin
A GLAMOROUS AND SOFT LANDING Fotografie: Michael Jungblut
Alles ist noch in originalem Zustand. Kein Aschenbecher wurde verrückt. Als wäre die Zeit stehengeblieben – es ist, als befände man sich auf einmal in einem James Bond Film der 60er Jahre. Der Geist des Optimismus, der einmal dazu diente, Geschichte zu gestalten, ist noch immer greifbar. Hier einzutauchen ist eine atemberaubende Zeitreise, auf die man sich gern begibt. 120 Quadratmeter verteilen sich im Appartment über vier Ebenen auf fünf Zimmer, in denen bis zu 40 Personen Platz finden. Die Suite ist auch für Meetings und Konferenzen, Foto- und Video-Shootings sowie viele weitere Veranstaltungen buchbar.
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Foto-Story
Für die Piloten und Stewardessen der Pan American Airways war die Suite nach ihren Interkontinentalflügen ein zweites Zuhause: „Nach 10 Stunden im Cockpit des Clippers ‚Liberty Bell‘ hängt meine Uniformjacke endlich am Bügel. Ich lege die Füße hoch und 4000 Meilen weit weg von daheim bin ich zuhause angekommen.“ Heute bereitet das liebevoll original gekleidete Bordpersonal entspre-
chend der Kundenwünsche alles für die Gäste vor. „Nach einem aufregenden Flug“ checkt man einfach hier ein und entspannt im extravaganten mid-century Design . Ohne aus dem Nähkästchen zu plaudern, damals wie auch heute war und ist die ganz besondere und sehr diskrete Kombination aus der im Penthouse befindlichen Pan Am Lounge und diese Suite auch in prominenten Kreisen sehr beliebt.
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Foto-Story
Das extravagante mid-century Design nimmt mit auf eine Zeitreise in die wilden sechziger Jahre.
In den 1950er Jahren sind die Pan American World Airways mittlerweile die unumstrittene Nummer 1 am Himmel. Ihre Flugzeuge fliegen um die ganze Welt. Anfang der 60er Jahre hat die Airline bereits mehr als 100.000 Transatlantikflüge absolviert. An Bord immer die hochmotivierte und gut ausgebildete Crew. Die Welt wird mehr und mehr zu ihrem Zuhause und das Bedürfnis nach internationalen Unterkünften für die Pan Am Mitarbeiter steigt. Im Berlin der Nachkriegsjahre haben die Aufräumarbeiten begonnen. Auch für den Breitscheidplatz im Westteil Berlins gibt es Pläne. Rund um die Gedächtniskirche als Denkmal der Kriegsgräuel soll ein neues Zentrum entstehen, das für einen neuen Optimismus und Wachstum steht. In nicht einmal zwei Jahren wird das Europa-Center mitsamt einem Einkaufsparadies, Hochhäusern und weiteren Wohngebäuden errichtet – benannt nach seinem Architekten, dem Unternehmer Karl Heinz Pepper. „Pepper‘s Manhattan“ hat eine klare Botschaft in Richtung Osten: The West is the best! Die Rechnung geht auf, schnell wird der neue Ort zu einem florierenden Zentrum im Westteil der Stadt. Die rasante Entwicklung des Berliner Westens entgeht natürlich auch den Pan American Airways nicht und mit ihren guten Kontakten sichert sich die Fluglinie noch vor Baubeginn das gesamte Gebäude in der Budapester Straße 43. Im 10. Stock des Edenhoch12 | 13
Wer im Living Room der Pan Am Suite steht, hat unweigerlich das Gefühl, am Filmset eines James Bond Klassikers gelandet zu sein.
Auch das Jungszimmer der Suite, der Huckleberry Finn Room, ist liebevoll ausgestattet. Das original Star Trek tridimensionale Schachspiel darf nicht fehlen.
Die Ausstattung lässt keine Wünsche offen: Schallplattenspieler, hier liegen Erinneringen an John Wayne auf.
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Buchtipps
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hauses entsteht ein Penthouse – die legendäre Pan Am Lounge. Als Ort der Entspannung und Zerstreuung für die Mitarbeiter der Airline. Willy Brandt machte es sich während seiner Besuche in der Lounge gerne mit Zigarre und Brandy im Kaminzimmer gemütlich. Legendär sind seine gemeinsamen Treffen mit dem Architekten des deutschen Wirtschaftswunders – Ludwig Erhard. Es wird gemunkelt, dass an solchen Abenden per Handschlag und über Parteigrenzen hinweg die Vision von Berlin als alte und neue Hauptstadt besiegelt wurde.
Leseempfehlungen
Als die Pan Am im Jahre 1991 Insolvenz anmelden muss, fällt die Lounge der ehemaligen Airline zusammen mit der City West für lange Zeit in den Dornröschenschlaf. Als die Schauspielerin Natascha Bonnermann viele Jahre später mehr durch Zufall in den Räumlichkeiten der ehemaligen Pan Am Lounge steht, ist sie wie vom Donner gerührt. Sie entschließt sich, der Lounge und der angeschlossenen Suite der ehemaligen Pan American Airways wieder neues Leben einzuhauchen. Eine Entscheidung genau zur richtigen Zeit. Nach dem Mauerfall erlebte zunächst der Osten seine Auferstehung. Jetzt begannen sich die Menschen wieder an den Westen zu erinnern. Mit dem Bewusstsein für die historische Dimension dieses Ortes und viel Liebe zum Detail lässt sie die Räumlichkeiten behutsam renovieren. Und so bleibt die einstige Adresse für rauschende Feste auch weiterhin ihrer Bestimmung treu. D panam-lounge.de panam-lounge.de/pan-am-suite/
The Power of Print Die Creatura-Initiative veröffentlicht weltweit erste Metaanalyse zur Werbewirkung von Print und Printveredelung und leitet daraus praktische Handlungsempfehlungen für den Einsatz von Print im digitalen Zeitalter ab. EUR 499,–
Schaubilder und Schulkarten – Auf Flohmärkten und in Antiquariaten erzielen sie hohe Preise – dabei denkt manch einer vielleicht auch mit gemischten Gefühlen an seine Schulstunden mit Frontalunterricht: Die gute alte Schulkarte ist plötzlich wieder präsent, als Lifestyle-Design-Objekt über dem Sofa oder als ironischer Wandschmuck im Kinderzimmer. Für Designfans und Traditionalisten ein einzigartiger Überblick. 240 Seiten, EUR 40,– ISBN: 978-3791384030
Geständnisse eines Werbemannes – Das Kultbuch vom Vater der modernen Werbung, David Ogilvy, darf hier natürlich nicht fehlen! 240 Seiten, EUR 17,– ISBN: 978-3430172752
ISBN: 978-3000603761
Alkohol & Tobacco von Steven Heller. Der Tag geht, Johnnie Walker kommt. Vielleicht bringt er Jim Beam, Captain Morgan oder Herrn Heineken mit. – Rückblick auf ein glückseliges Jahrhundert unschuldigen Mischkonsums. 392 Seiten, EUR 30,– ISBN: 978-3836566520
Bildermagazin der Zeit: László Moholy-Nagys und Joost Schmidts verlorenes Bauhausbuch – ein Konstruktionsversuch, erscheint am 25. Januar 2019 in englischer Sprache, EUR 29,80 ISBN: 978-3786128137
„Wir Praktiker wissen aus Erfahrung um die Möglichkeiten von Print. Ich würde sehr gern einmal einen Blick in das Buch The Power of Print der Creatura-Initiative werfen: Es soll schließlich DAS Kompendium über den aktuellen Forschungsstand sein und die nötige Orientierung bieten, wie man die Werbewirkung von Print optimal nutzen kann“, sagt Marvin Rönisch aus dem Auftragsmanagement.
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Pia van Nuland
LAYERING COLORS Seit 2011 konzentriert sich Pia van Nuland auf die traditionelle Technik des Linolschnitts. Erste Erfahrungen mit dieser und anderen Drucktechniken konnte sie während ihres Studiums an Kunsthochschulen in den Niederlanden und Großbritannien sammeln. Für ihre Linoldrucke verwendet van Nuland sowohl wasserbasierte Druckfarben als auch Ölfarben. Sie schätzt die Möglichkeiten, verschiedene Farbtöne durch Überlagerung mit ölbasierten Farben zu mischen. Wasserbasierte Farben hingegen geben die Möglichkeit, Farbverläufe zu erzeugen, die Farben sind brillianter, die Oberflächen weniger glänzend und reflektierend. Obwohl Pia van Nuland Zugang zu einer Druckpresse hat, erstellt sie auch Handdrucke. Das Papier wird dabei auf die Druckplatte gelegt und mit einem japanischen Baren abgerieben. Diese Technik erfordert mehr Handwerkskunst und produziert Ergebnisse von größerer Individualität und Intensität.
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Linolschnitt in Zeiten fortschreitender Digitalisierung – was bedeutet das für Sie? Die alten Drucktechniken geben mir so viel zurück, was bei der Arbeit mit dem Computer fehlt. Befriedigung – Gelassenheit – Weitsicht. Bildideen umzusetzen und den Betrachter in meine Welt einzuladen ist sehr spannend. Wir sind in unserer Zeit gehetzt und getrieben von Terminen und Deadlines. Das geht auf Kosten der Qualität. Es fehlt eben manchmal die Muße. Von der Bildidee über die Umsetzung eines Schnittes bis hin zum fertigen Druck sind Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kompetenzen nötig, die
leicht, mich selber zu entschleunigen. Ich glaube, dass es allgemein eine große Sehnsucht nach Entschleunigung gibt. Dazu gehört, sich die Zeit zu nehmen, etwas wahrzunehmen. Es geht um die Stimulation aller Sinne, die manchmal fehlt. Wir möchten Farben, Materialien und Texturen wieder wahrnehmen dürfen. Das Linoleum duftet, Farben verströmen ihren typischen Geruch, und das Holz tut das auch. Es ist ein Fest für die Sinne. Das gibt mir neue Impulse für meine Arbeit und macht mich sensibler für Farben, Formen und Perspektiven. Von Zeit zu Zeit benötigen wir das einfach, weil wir Menschen sind. Ich halte das sogar für essenziell. Sie waren ein Jahr in Amerika. Haben Sie schon neue Ziele ausgemacht? Natürlich. Ideen gibt es viele. Leider reicht meine Zeit nicht aus, um alle umzusetzen. Daher muss ich selektieren. Im Moment arbeite ich an einem Ausstellungskonzept für ein Projekt, das im nächsten Jahr in Salt Lake City / USA stattfinden soll. Außerdem möchte ich im Frühjahr nach Japan reisen. Dort möchte ich mich bei einem Meister des japanischen Holzschnitts weiter in die Kunst dieser Drucktechnik vertiefen. www.vannuland-art.de Instagram:@piavannuland Facebook: Pia van Nuland
bei der Arbeit am Computer nicht benötigt werden. In unserer Gesellschaft gibt es eine große Sehnsucht nach Haptik und Olfaktorik, denn die visuellen Reize sind sehr stark. Das ist es aber nicht allein. Für mich als Künstlerin steht natürlich der künstlerische Aspekt genauso im Vordergrund. Ist das langsame Arbeiten genau die Entschleunigung, die unsere Gesellschaft so dringend nötig hat? In gewisser Weise schon. Ich habe mir in diesem Fall die Entschleunigung selbst verordnet. Das ist ein großer Luxus. Dessen bin ich mir bewusst. Etwas Kreatives mit den eigenen Händen zu schaffen, ist sehr befriedigend. Einen Linolschnitt zu bearbeiten erfordert viel Konzentration. Wenn ich abrutsche, ist das Weggeschnittene unwiderruflich verschwunden, und das lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Es gibt eben keine Auto Reverse Taste wie am Computer. Fehler passieren, und das ist okay. Deshalb muss ich sehr behutsam und bedacht vorgehen. Es fällt mir nicht immer
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Typografie
Typogra fie im Büro alltag
Ein Wiener mit Liebe zum Kaffee
ANKOWITSCH UND DIE EDITION SPIEKERMANN Ein gelungenes Büroleben entscheidet sich an der Qualität folgender drei Dinge: der KollegInnen, des Kickers und des Kaffees. Vor allem letzteres hat es Christian Ankowitsch angetan. Kein Wunder – ist er doch Wiener, denen man nachsagt, etwas vom Kaffeehaus und damit vom Kaffee zu verstehen.
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Typografie
Als würde es nicht schon genügen, Artikel und Sachbücher zu schreiben, setzte sich Ankowitsch eines Tages hin und überlegte, was zu tun sei. Als er damit fertig war, gründete er in Berlin einen Online-Shop namens „Moka Consorten“. Sein erklärtes Ziel: das allgemeine Kaffeeniveau zu heben. In den Büros und zuhause. Zu diesem Zweck ließ er in Berlin nicht nur seinen eigenen Kaffee rösten (100% Arabica) und gab ihnen klingende Namen („Ins Kaffeehaus“ oder „Wien Neue Welt“), sondern begann er, sich immer mehr damit zu beschäftigen, was es braucht, um aus den sehr guten Bohnen auch einen sehr guten Kaffee zu extrahieren. Und da gibt es eine ganze Menge. Italienische Espressomaschinen zum Beispiel, japanische Handfilter oder deutsche Handkaffeemühlen.
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Eine italienische Mokkakanne, wie sie sein soll: die „Slancio“ von ILSA. Elegant, robust und aus hochwertigem Edelstahl. Dass sie ausgezeichneten Kaffee macht, versteht sich von selbst
Die automatische Filterkaffeemaschine Ottomatic 2.0 aus dem Hause Chemex mit Blooming-Funktion brüht wie von Hand. Karaffe inklusive, um besseren Kaffee in die Welt zu bringen
Ein wesentlicher Teil seines Angebots besteht aus Espresso- und Cappuccinotassen. Die meisten handgemacht, aus Italien, versteht sich. Denn so wichtig die Bohne und der Filter, so wichtig ist die Qualität der Tassen, aus denen wir das Endergebnis unserer Barista-Bemühungen trinken. Dick müssen sie sein, die Tassen, aus ganz speziellem Porzellan gefertigt, das die Wärme lange hält. Und klassisch-elegant aussehen müssen sie natürlich auch. Weil auf dem Weg zum perfekten Kaffee und dessen Genuss noch eine Menge zu erledigen ist, gibt Ankowitsch einfach keine Ruhe, sondern überlegt ständig, was er in seinem kleinen feinen Laden (2 Leute + Packhilfen) noch anbieten könnte.
Die eingruppige Siebträgermaschine „Evoluzione R Mozzafiato“, handgefertigt von Rocket in Mailand – ein Schmuckstück für jedes Büro und zuhause und das Mittel zum Espresso in Barista-Qualität
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Typografie
Dr. Christian Ankowitsch , 59, österreichischer Journalist, Moderator und Bestsellerautor. Gründer und Inhaber von Moka Consorten www.mokaconsorten.de www.ankowitsch.de
Gerade im rowohlt Verlag erschienen: Die Kunst einfache Lösungen zu finden 304 Seiten, EUR 18,– ISBN 978-3737100106
Das Ergebnis: eine neue Tassen-Serie. Und zwar die „Edition Spiekermann“ – benannt nach dem bekannten Typografen Erik Spiekermann. Der hat unter vielem anderen nicht nur die Schrift „Meta“ entwickelt, sondern sammelt mittlerweile klassische Druckmaschinen und Schriften. Sein Studio befindet sich in der Berliner Potsdamer Straße. Dort entsteht auch die „Edition Spiekermann“: italienische Tassen, veredelt mit den unterschiedlichsten typografischen Elementen aus ganz unterschiedlichen Zeiten. Mit klassischen Buchstaben, zeitgenössischen Icons, aussagestarken Satzzeichen. Aus diesen Tassen schmeckt nicht nur der Kaffee ganz ausgezeichnet (Vorwärmen nicht vergessen!), sondern es kann auch nie mehr zu Verwechslungen kommen: „Die mit dem Ausrufezeichen ist – meine!“ D
„Guter Kaffee sollte immer bereitgestellt werden und schmecken sollte er auch noch. Jeder weiß, guter Kaffee fördert die Arbeitsmoral. Von zehn Möglichkeiten die Arbeitsmoral zu fördern, belegt Kaffee den achten Platz“, weiß Anke Klein am Empfang.
Eric Spiekermann , 71, deutscher Gestalter, Typograf, Schriftgestalter und Autor, Honorarprofessor an der Hochschule für Künste Bremen, Past President der International Society of Typographic Designers sowie Präsidiumsmitglied im Internationalen Institut für Informationsdesign und im Rat für Formgebung sowie der Association Typographique Internationale (ATypI) www.p98a.com spiekermann.com www.edenspiekermann.com
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Beobachtung
Nicht ohne meinen Papierkalender! Eine Beobachtung von Reinhard Berlin
Gerade erst hat die Süddeutsche Zeitung uns erklärt, wie und warum die Digitalisierung alles verändert. Alles? Einigen wir uns auf „Vieles“. Auch wenn die Druckindustrie nicht gerade ein Treiber des digitalen Wandels war, hat es sie doch sehr früh und heftig erwischt. Blei? Was war das noch mal? Fotosatz, Letraset? – Der Brockhaus wird schon lange nicht mehr auf Papier gedruckt, und viele Zeitungen und Zeitschriften befinden sich im freien Fall. In der gerade veröffentlichten repräsentativen Studie „New Storytelling“ des Meinungsforschungsinstituts Statista gehen 43% der Befragten davon aus, dass Printmedien schon im Jahre 2028 keine Rolle mehr spielen. Warten wir’s ab. Schließlich wurde schon 1978 das papierlose Büro für das Jahr 1990 vorausgesagt. Wer einmal registriert hat, wie Kunden reagieren, wenn der jährliche Werbekalender nicht pünktlich in der Post ist, weiß, wovon wir reden. Der Mensch braucht seine jährlichen Rituale. Rituale sind ein Phänomen der Interaktion mit der Umwelt und lassen sich als geregelte Kommunikationsabläufe beschreiben. Und wer möchte sich seine geregelten Abläufe schon von einer digitalen Disruption zerstören lassen? Im ohne Zweifel vorhandenen Medienwandel bleibt also die eine kleine Nische, die sich prächtig weiterentwickelt: der Kalender. Trotz Outlook, Google-Kalender und überall auf dem Handy verfügbarer Termine vermeldet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Jahr für Jahr Zuwachsraten in diesem Segment. Katzen, Hunde, Wolkenkratzer, Oldtimer, der Mond oder einfach Alltagsweisheiten zum Abreißen. Nichts, was es nicht gibt. Sogar der gute alte Adventskalender erlebt eine Renaissance. Bemerkenswert ist dabei, dass gerade die digital-affinen User neben ihren elektronischen Organizern auch noch ihren „analogen“ Notizkalender pflegen. Das hat auf der einen Seite mit Entschleunigung zu tun, auf der anderen Seite ist ein gedruckter Kalender immer auch Ausdruck von Kompetenz und letztendlich von Stil.
Ein paar Entscheidungshilfen für einen gedruckten Kalender: j Er gibt Sicherheit an die Hand – Zeit wird (an)fassbar j Ideal für schnelle Notizen und Skizzen j Fördert Ideenfluss und Kreativität j Auch Sammelstation für Visiten karten, Gutscheine, Infozettel etc. j Einfach, gleichzeitig zu telefonieren und Notizen zu machen j Schnelles, flexibles Werkzeug j Prädestiniert für komplexe Termin Orga mit div. Beteiligten und lang gestreckten Zeiträumen j Robuster Begleiter, z. B. für Handwerker und Architekten j Fördert via Handschrift die Konzentration und Erinnerung j Braucht keinen Virenschutz & Co j Benötigt weder Updates noch Load- ups j Kann komplett auf nachhaltiger Basis hergestellt werden j Greifbares Archiv für den Rückblick über die Jahre j Distinktionsmerkmal, das den persönlichen (Life)Style unterstreicht j Eignet sich ideal als Werbebotschafter Die Gattung der Tischkalender eignet sich besonders gut, wenn es darum geht, im Blickfeld des Kunden zu bleiben. Die Tischkalender von BerlinDruck sind 100% individuell. Keine Werbeleiste im mm-Bereich. Mit einem solchen Kalender hebt man sich von der Masse ab. D
Es gibt keine bessere Verknüpfung von Nutzung und Wirkung als Werbekalender. Ein ganzes Jahr im Blickfeld der Kunden. www.tischkalender.com
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Insider-Gespräche
Haptik die unterschätzte Dimension Ein Interview mit Norbert Möller
Die Peter Schmidt Group ist die derzeit umsatzstärkste Marken- und Designagentur Deutschlands mit Standorten in Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf, München und Tokio. Sie verbindet fundierte Strategieberatung mit exzellentem Design und höchster Kompetenz in globalem Markenmanagement. Wir haben uns mit dem Creative Director Norbert Möller zusammengesetzt, um über besondere Herausforderungen im digitalen Zeitalter zu sprechen. Sie sind seit über 25 Jahren bei Peter Schmidt. Wie hat sich in diesen Jahren die Arbeit – parallel zur fortschreitenden Digitalisierung der Gesellschaft – an CI-Projekten verändert? Natürlich hat sich die Art, wie wir arbeiten, massiv verändert: Ich denke gerade an die Neunzigerjahre, als wir für einen Corporate Design Relaunch die Briefvorlagen einer großen deutschen Bank als Floppy Disks per Post an alle einzelnen Filialen geschickt haben. Das kann man sich heute kaum noch vorstellen. Und doch gibt es etwas, das über die Jahrzehnte gleichgeblieben ist: den Wunsch des Anwenders nach Orientierung. Es geht gestern wie heute darum, Corporate Designs handhabbar und verständlich zu machen. Früher steckte man viel Arbeit in dicke Manuals, die allerlei Spezialfälle erläutern – heute haben wir technische Möglichkeiten zur Verfügung, um die Regeln möglichst einfach erscheinen zu lassen oder uns zu suggerieren, dass die Anwendung fast schon automatisch gehe. Welchen Wert hat das Analoge in einer Welt, die von bewegten Bildern und Social Media bestimmt wird? 22 | 23
Da könnte ich fast schon philosophisch werden: Natürlich gibt es eine virtuelle Welt, in der wir uns zeitweise gedanklich aufhalten. Aber ist das Leben an sich nicht immer analog? Wenn wir vor dem Rechner sitzen, am Kaffee nippen und von der kalten Pizza abbeißen, dann ist das ziemlich analog. Unmittelbares Erleben ist immer analog. Diese Welt nehmen wir mit allen Sinnen war, die virtuelle ist dagegen eindimensional. Die Wahrnehmung mit allen Sinnen ist sicher nachhaltiger – dafür gibt es zahlreiche Studien. Ist da nicht allenthalben eine große Sehnsucht spürbar, wieder über alle Sinne angesprochen zu werden? Je mehr wir uns in virtuellen Welten bewegen, desto größer wird die Sehnsucht nach natürlichem und analogem Leben. Es gibt ja sogar einen feststellbaren Trend zum digitalen Verzicht: Apple hat darauf in seinem Betriebssystem iOS 12 mit Tools reagiert, die helfen sollen, digitalen Konsum zu kontrollieren. Aber auch unser Luxusbegriff hat sich verändert: Luxus ist nicht mehr der Protz der Achtziger, sondern Selbstgemachtes und Entschleunigung. In diese Entwicklung passt die Sehnsucht nach Haptischem natürlich sehr gut.
Peter Schmidt Group Visitenkarte: Stahlstich weiß, blind nachgeschlagen, Reliefdruck schwarz, Rückseite schwarz, kratzfeste Mattfolie
Lassen Sie uns über die haptische Dimension etwas mehr erfahren. Ich habe Ihnen ja vorhin meine Visitenkarte gegeben. Sofort haben Sie gemerkt, dass die Schrift erhaben ist und unser Logotier, der weiße Elefant, zunächst nur erfühlt werden kann. Die Karte ist nur Schwarz-Weiß, hat aber durch die VerarbeiDas Magazin von BerlinDruck
Insider-Gespräche
Norbert Möller, 55, ist seit 2003 Executive Creative Director der Peter Schmidt Group und leitet deren Corporate Design Team am Standort Hamburg. Er studierte Visuelle Kommunikation an der HfBK Braunschweig. Er ist Design-Kolumnist der w&v. www.peter-schmidt-group.de
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tung eine hohe Wertigkeit. Das merkt unser Kunde sofort, und wir haben gleich ein Gesprächsthema. Was die Kommunikation mit unseren Kunden angeht, haben wir eine lange Tradition bei unseren Weihnachtsaussendungen: Mit der Planung beginnen wir oft schon im Januar. Neben einer tollen Idee geht es immer auch um ausgefeilte Produktion. Hier kennen wir keine Kompromisse, was die Veredelung angeht, und achten auf jedes Detail. Der Kunde soll von einer Agentur, die für Designqualität steht, diesen Anspruch auch erfahren und sich mindestens einmal im Jahr daran erfreuen. Aber natürlich findet sich diese Freude am Veredeln, an kleinen Details und Designperfektion auch in unseren Alltagsprojekten wieder – egal ob groß oder klein. Denn wir wissen, dass die Verpackung ein kaufentscheidender Faktor ist. Beispielsweise haben wir einen Gin mit 44 Botanicals produziert, bei dem 44 unterschiedliche Illustrationen durch eine Ausstanzung im Etikett zu erkennen sind. Mit nummerierten Aufklebern, angehängtem Leporello, aufwändiger Umverpackung und einer Story rund um die verwendeten Botanicals. Das macht dann nicht nur uns Spaß, sondern auch dem Kunden. Sie würden also sagen, dass der Erfolg von Produkten oder Erscheinungsbildern entscheidend mit dem haptischen Sinn zu tun haben? Ich glaube, man muss unterscheiden: Es gibt ja in allen Segmenten günstige „ehrliche“ Produkte – und etwas teurere. Von teureren erwartet man zurecht eine höhere Qualität, und da ist das haptische Erlebnis ein gutes Mittel, um diese zu transportieren. Auch bei Marken und Branchen würde ich differenzieren: Ein Discounter muss nicht auf schwerstem Papier drucken und aufwändig veredeln – bei einem Feinkostgeschäft passt das aber vielleicht ganz gut.
GIN 44: durchgefärbtes Material als Etikett ausgerüstet, Heißfolienprägung schwarz glänzend auf schwarz, konventionelle Stanzung Rückseitenetikett: beidseitiger Digitaldruck, bedrucktes Packpapier, Offset 3c Verpackung: Spezialanfertigung in Handarbeit, Stoffscharnier, Digitaldruck weiß/gelb, Aufkleber Booklet: Offset 4c, Heißfolie transparent glänzend
Vielfach ausgezeichnet: Künstlermappe Rosa Schapire, Tagesleuchtfarbe Pantone Pink, Pantone Bronze
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Insider-Gespräche
Leise rieselt der Schnee ...
Neben einer tollen Idee geht es bei individuellen Weihnachtsaussendungen immer auch um ausgefeilte Produktion. Veredelungen sind bei den
Designs der Peter Schmidt Group Pflichtübungen, denn „der Kunde soll von einer Agentur, die für Designqualität steht, diesen Anspruch auch erfahren und sich mindestens einmal im Jahr daran erfreuen“, so Norbert Möller. Auf alle Details wird geachtet, Kompromisse werden nicht eingegangen. So sind schon seit Jahren die
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Weihnachtsaussendungen der Peter Schmidt Group echte Highlights: Die erste Aussendung (Fotos oben) besticht mit durchgefärbtem schwarzen Karton, der im Siebdruck-Verfahren bedruckt wurde. Die Inhalte des Kartons sind im Offsetdruck mit Gold und Pantone-Sonderfarben als Tagesleuchtfarbe gedruckt. Die aufwändige Ausstattung mit echtem japanischen Washi tape in Gold rundet die Gesamterscheinung auf’s Feinste ab. Die mit den unteren Abbildungen illustrierte weitere weihnachtliche Design-Lösung überzeugt durch einen Karton mit Softtouch-Haptik und einer Blindprägung, gold-glänzende Heißfolien-Veredelung, Magnetverschluss und goldenem Seidenpapier. Die beiliegenden Karten wurden im Offsetdruck gefertigt und mit Heißfolie gold-glänzend veredelt. Mit diesen Aussendungen trifft die Marken- und
alltägliche Leben des Beschenkten wesentlich tiefgehender und führen so bewusst oder unbewusst zu einer tieferen Kundenbindung. Designagentur den haptischen Nerv des Beschenkten. Kurz gesagt: Jedes „Haptical“ spricht die Sinne an, ist emotional belegt und multisensorisch erfahrbar. Haptisch erfahrbare Werbegeschenke sind sinnlich erlebbar, verankern die Informationen durch das Einbeziehen von Gegenständen in das
„Exzellent gestaltete Aussendungen fordern ein um’s andere Mal heraus, auch in der Verarbeitung Bestleistungen zu bringen. So spürt man immer wieder, dass handwerklich genaues Arbeiten zum Gelingen des Gesamtprojektes beiträgt. Und das macht den Job aus!“ freut sich Katja Lindemann, Leiterin Buchbinderei.
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Insider-Gespräche
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Welche Zukunft sagen Sie Print voraus? Print wurde schon so oft totgesagt – und wird weiterhin geschätzt. Was gedruckt ist, ist dauerhaft. Es kann eben nicht schnell editiert werden. Print kommuniziert also eine gewisse Ernsthaftigkeit und Sorgfalt, die Vertrauen schafft. Man muss aber ehrlicherweise auch sagen, dass es einige Bereiche gibt, in denen die Relevanz von Printprodukten dramatisch zurückgeht. Die Finanzkommunikation ist da ein Beispiel: Geschäftsberichte sind immer öfter nur noch kurze Imagepublikationen – die vollständigen Fakten gibt es digital. Das ist auch sinnvoll, weil sich digitale Geschäftsberichte leichter durchsuchen lassen. Ein anderes Beispiel sind Landkarten: Die Navigation per Onlinedienst mit standortgenauer Lokalisierung ist zugegebenermaßen viel zielführender, als die Nutzung eines gedruckten Plans, der oft unhandlich ist und obendrein veraltet. Es gibt also Bereiche, in denen digitale Lösungen sinnvoller sind, weil sie einen wichtigen Zusatznutzen bieten. Wenn es aber um Entschleunigung, Genuss, „die schönen Dinge“ geht, ist Print so aktuell, wie vor zwanzig Jahren. Das Analoge ins Digitale zu transportieren: Funktioniert das? Reizt Sie das? Es reizt mich sehr! Weil es hier nicht um die bloße Adaption geht, sondern darum, nach der Kernfunktion des Produktes zu fragen. Nehmen Sie zum Beispiel einen aufwändigen Kunst-Bildband: Wenn man den einfach nur in ein hochauflösendes PDF überträgt – als exaktes Abbild des Buchs – ist das Ergebnis ziemlich langweilig. Aber wenn daraus eine Microsite wird, bei der ich mich gestochen scharf an jeden Pinselstrich heranzoomen kann und ich damit näher
Anlässlich ihres 15-jährigen Bestehens beauftragte die Berliner Kunsthalle Deutsche+Guggenheim eine retrospektive Publikation, die als Dank an die wichtigsten Projektbeteiligten ausgehändigt wurde. VI5IONS umfasst über 256 Seiten und ist bis ins Detail äußerst liebevoll gestaltet, hochwertig produziert und aufwändig verarbeitet. 2014 vielfach ausgezeichnet mit Red Dot „Best of the Best“, Corporate Design Preis, Berliner Type in Gold, Best of Corporate Publishing in Gold sowie DDC „Gute Gestaltung 15“ in Silber.
am Bild bin, als ich es im Museum sein kann, dann entsteht ein echter Zusatznutzen. Anreichern könnte man das mit erläuternden Videos zur Kunstgeschichte und zum Kontext der Zeit. Wenn ich da so drüber nachdenke, könnte mir das richtig Spaß machen. Und dennoch: Zuhause in meinem Wohnzimmer stehen dann doch die gedruckten Kunst-Bildbände im Regal, und ich erfreue mich immer wieder daran, einen davon in die Hand zu nehmen.
Peter Schmidt TypoBuch: Kalbsledereinband, weiß grundiert, dann Digitaldruck mit erweitertem Farbraum in Orange, von Hand gefertigter Farbschnitt in Orange, durchgefärbtes abgestimmtes Vorsatzpapier, Inhalt Digitaldruck
Herr Möller, vielen Dank für dieses Gespräch. D
Beste Verarbeitung: 4 Seiten Umschlag, Papier Gmund Action Electric Blood, 430g/qm, Siebdruck und Heißfolie in Metallic Farbigkeit: 6c, 4c und 2 Sonderfarben, Dispersionslack Mattgestrichenes Bilderdruckpapier, 135g/qm, für 50 Seiten Papierwechsel auf Glossy-Papier
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Reportage
Architek tur EXTRA
Alles bleibt anders
TRADITION TRIFFT MODERNE Ein Beitrag von Bernhard Wolter
Melodien von Bach und Händel wehen zwischen großen Blättern von Akanthuspflanzen durch die Halle, immer wieder unterbrochen von Arbeitsgeräuschen, Metall auf Stein, Scharren von Sandpapier, aber nur wenig und selten Gesprächsfetzen – hier wird zwischen mannshohen Ton- und Gipsmodellen intensiv gearbeitet. Draußen vor der Halle, an der frischen Luft hämmern sich die Steinbildhauer in ihren Schauern in den Sandstein. Wir befinden uns in der Schlossbauhütte in Spandau, der zentralen Werkstatt für die Steinbildhauer, Gipsformer und Restauratoren, die für den Fassadenschmuck am Berliner Schloss arbeiten.
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Wie kein anderes modernes Bauvorhaben kann schon jetzt das fast vollständig rekonstruierte Berliner Schloss als Symbol für eine lebendige Tradition alter Handwerkstechniken gelten. Die zur Jahrhundertwende um 1700 erbaute Residenz des ersten preußischen Königs galt bis zu ihrer schweren Beschädigung im zweiten Weltkrieg und der vollständigen Sprengung durch Walter Ulbricht 1950 als bedeutendster Barockbau nördlich der Alpen. Andreas Schlüters Meisterwerk und seine Vollendung durch Eosander von Göthe wurde bis dahin in einem Atemzug mit dem berühmten Treppenhaus im Brühler Schloss von Balthasar Neumann oder Giovanni Battista Tiepolos Deckengemälde in der Fürstenresidenz zu Würzburg genannt. Das Kulturbanausentum, die Schlossruine nach dem Krieg vollständig abzuräumen, obwohl sie weniger beschädigt war als z.B. das Schloss Charlottenburg, wurde seinerzeit auch in der DDR von namhaften Kunsthistorikern heftig kritisiert. Bekanntlich fanden sie aber kein Gehör bei dem Möbeltischler aus Leipzig.
Detail einer der noch erhaltenen originalen Sandstein-Kolossalfiguren
2013 begann die Bauherrin und Eigentümerin, die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, die auch die Betreiberin dieses großen neuen Kulturhauses in der Mitte der Hauptstadt sein wird, mit den Bauarbeiten. In dem Architekten Franco Stella aus Vicenza, der 2008 den Architekturwettbewerb für das Berliner Schloss gewonnen hatte, fand sie einen kongenialen Partner für den Wiederaufbau als Humboldt Forum. Für die aufwändige
Architektonische Sandsteinelemente der zu rekonstruierenden Fassaden wie Säulen, Gesimse und ähnliches wurden in Steinbildhauerbetrieben u.a. in Bamberg und Dresden weitgehend maschinell hergestellt. Insgesamt sind 9.000 t Sandstein verarbeitet worden. Die figürlichen Sandsteinschmuckelemente der Fassaden, große Skulpturenensemble wie die Eckkartusche an der Lustgartenfassade am Übergang von Schlüters Bauteil zu dem von Eosanden oder die Kolossalfiguren auf den Risaliten der Portale, nicht ganz so große wie die Adler, Löwenköpfe, Widderschädel und Girlanden wurden von Hand hergestellt. Das sind insgesamt 2.858 einzelne Schmuckelemente an den Fassaden. Ihre Herstellung folgt seit Jahrhunderten dem gleichen Prozess. Zunächst fertigt der Bildhauer ein sogenanntes Bozzetto, das ist ein Modell der späteren Figur oder des Architekturdetails im Maßstab von z.B. 1:5. Dieses Bozzetto aus Ton entwickelt und erschafft der Bildhauer auf der Grundlage von historischen Fotografien, die im besten Fall aus verschiedenen Perspektiven dasselbe Element zeigen, so dass man eine Ahnung von seiner dreidimensionalen Gestaltung bekommt. Das Bozzetto wird nach Freigabe durch die Expertenkommission der Schlossbauhütte, der Architekten, Denkmalpfleger und Kunsthistoriker angehören, im originalen Maßstab 1:1 in Ton modelliert. Auch diese Tonskulptur wird wiederum eingehend von der Expertenkommission geprüft und ggf. nach Einarbeitung von
An den letzten Tagen der offenen Baustelle für das Humboldt Forum im Berliner Schloss am 25. und 26. August 2018 kamen 30.000 Menschen, um sich den schon fast fertig gestellten Schlüterhof anzuschauen.
Steinbildhauer in einer Schauer der Schlossbauhütte bei der Kopie der Gipsfigur in Sandstein.
Rekonstruktion der barocken Fassaden und der vielfältigen Schmuckelemente mietete die Stiftung in Spandau eine ehemalige Panzerreparaturwerkstatt der Alliierten an, um dort die Schlossbauhütte einzurichten. Viele der Bildhauer und Steinbildhauer fanden hier ideale Werkstattbedingungen vor, um sich unter der Leitung von Bertold Just in die barocke Sandsteinkunst einzuarbeiten.
Änderungen freigegeben zur Anfertigung eines Gipsmodells. Dieses wird von der Tonfigur abgegossen, so dass nun die spätere Skulptur z.B. einer drei Meter hohen Kolossalstatue lebensgroß vor uns steht. Nun geht es darum, die Figur in Sandstein zu hauen. Dabei bedienen sich die Steinbildhauer des jahrhundertealten Verfahrens der sogenannten Punktierung. Mit einem Punktiergerät – das ist eine
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Messvorrichtung mit Schwenkarmen und Kugelgelenken – werden an der Gipsfigur angelegte Punkte abgenommen. Dann wird die Skulptur aus dem Sandsteinblock nach und nach herausgehauen, bis der Punkt mit dem Punktiergerät exakt an derselben Stelle im Sandstein erreicht ist. Im Grunde ist das ein einfaches aber sehr exaktes Verfahren, um Kopien dreidimensionaler Figuren in Stein zu hauen. Eine besondere Herausforderung bilden dabei natürlich die großen Skulpturen-Ensemble z.B. an den Portalen oder auch über den Serliana-Fenstern darüber an der Lustgartenfassade und vor allem am berühmten „Eosander-Portal“. Eosander von Göthe, der Nachfolger von Andreas Schlüter als Schlossbaumeister, schuf an der Westseite des Berliner Schlosses als Abschluss des damals großen Schlosshofes eine Kopie des Triumphbogens von Septimus Severus in Rom. 150 Jahre lang kam dieser Torbogen mit drei großen Durchgängen ohne die Kuppel darüber aus, die erst Friedrich-Wilhelm der IV. Mitte des 19. Jahrhunderts bauen ließ. Auf der Innenseite dieses großen Portals huldigen zwei Göttinnen des Ruhmes einem Adler in der Mitte, der als Zeichen seiner Macht Blitze in den Krallen hält. Dieser Adler ist Symbol für Jupiter, den Götterkönig, und damit gleichfalls auch für den ersten König in Preußen Friedrich I. An dieser und anderen prominenten Stellen der Fassade wurden außerdem einige der wenigen noch erhaltenen Originalstücke der zerstörten Schlossfassaden eingepasst. So handelt es sich bei dreien der vier mächtigen Säulenkapitelle im eben beschriebenen Innenportal unter der Kuppel um originale Spolien genauso wie bei Teilen der seitlich die Lustgartenportale IV und V schmückenden Giganten, die hier von links nach rechts die Jahreszeiten symbolisieren. Die wertvollen Kolossalfiguren aus dem Schlüterhof, die von der Zerstörungswut der Kommunisten verschont blieben und jahrzehntelang im Keller des Bode-Museums überdauerten, wurden sorgfältig restauriert und werden künftig im Skulpturensaal im Ostflügel von der Außenwitterung geschützt dem Besucher dargeboten.
Blick durch das Gebäude von der öffentlichen Fußgängerpassage auf das Alte Museum von Karl-Friedrich Schinkel am Lustgarten gegenüber.
Die Ausstellungssäle für die Museen des Humboldt Forums sind nüchtern und neutral gehalten.
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So ist der Wiederaufbau des Berliner Schlosses als Humboldt Forum eine gelungene Synthese von Vergangenheit und Gegenwart. Der Architekt legte sehr viel Wert auf die originalgetreue Wiederherstellung der barocken Fassaden und insbesondere die Innenportale 2 und 4 sowie das berühmte Eosander-Portal, das er ebenso rekonstruieren ließ wie die Kuppel mit allem Figurenschmuck, mit Laterne und Kreuz. Man kann sich diese ganze wiederentstandene barocke Pracht ab dem übernächsten Jahr im Schlüterhof bei einem Kaffee in Ruhe anschauen und auf sich wirken lassen. Man wird sicher über die Frage diskutieren, ob sich der Architekt Stella mit den einfach gerasterten modernen Fassaden zu Recht gegenüber dem überbordenden Barock gestalterisch zurücknimmt oder ob er den Eindruck der historischen Fassaden mit dieser kompromisslosen Moderne stört. Aber die Qualität und Nachhaltigkeit der massiven Fassaden aus Ziegel und Sandstein wird jeden begeistern. Kürzlich war dazu in der Wochenzeitung DIE ZEIT zu lesen: „Wenn es überhaupt geglückte Rekonstruktionen gibt, dann ist diese hier eine davon.“ In der Schlossbauhütte ist es ruhiger geworden, seit das Gros der Stücke für die Fassaden fertig gestellt wurde. Nun steht noch die Wiedererschaffung der großen Portalskulpturen für den Schlüterhof und die Eingangshalle hinter dem Kuppelportal an. Eingehende Fachkenntnis der barocken Figurensprache ist hier ebenso unverzichtbar wie sensible Empathie für das barocke Lebensgefühl, von dem die Skulpturen erzählen. Dabei hilft auch die Musik von Bach und Händel. D
„Übrigens sind es viele Bildhauer und Steinbildhauer aus der ehemaligen DDR, die bei diesen künstlerisch und handwerklich ausgesprochen anspruchsvollen Aufgaben mitgewirkt haben. Das hat seinen Grund darin, dass die DDR in Dresden und in Berlin in den 80er Jahren viele historische, auch barocke Bauten wieder hat entstehen lassen. Das war in Dresden schon vor der Frauenkirche beim Zwinger und beim Schloss der Fall, und in Berlin betrifft dies die großen Anstrengungen bei der Wiederherstellung des Gendarmenmarktes mit dem Schauspielhaus von Karl-Friedrich Schinkel“, sagt Bernhard Wolter, der Kommunikationschef der Bauherrenstiftung.
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Die monumentale Eingangshalle hinter der Kuppel prägt das rekonstruierte Eosander-Portal
Die alten Damen vom Bremer Kreuz
Wenn’s ums Rillen, Stanzen, Perforieren oder Prägen geht, dann werden sie munter: die alten Heidelberger Damen. Exakt und sauber erledigen sie stoisch ihre Arbeit – und das schon seit den Zeiten, als BerlinDruck seinen Stammsitz noch in Bassum hatte. Das ist schon ein paar Jahre her.
Die sog. Eckkartusche, ein aus 16 einzelnen Elementen zusammengestelltes Figurenensemble an der Lustgartenfassade wiegt allein 88t. Heidelberg Zwei-Farb Zylinder, 1965
Bei den Tagen der offenen Baustelle luden Videoscreens mit Bildern von historischen Skulpturen aus anderen Erdteilen zum Vergleich mit dem „ Preußischen Barock“ ein.
Der berühmt gewordene Heidelberger Tiegel
Der Heidelberger Tiegel und die Zylinderpresse kommen bis zum heutigen Tag bei der Weiterverarbeitung und bei etlichen Veredelungen zum Einsatz. Dabei verströmen die alten Maschinen einen ganz besonderen Charme. Der Heidelberger Tiegel ist eine Tiegeldruckpresse, deren Prototyp 1914 auf der Internationalen Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik vorgestellt wurde. Ab 1926 geht der Tiegel in die offizielle Fließproduktion und wird das erfolgreichste Heidelberg Produkt seiner Zeit. Die Geschichte sieht man den beiden Maschinen durchaus an – nicht nur unsere Auszubildenden, auch einige Kunden stehen bisweilen staunend vor den Relikten alter Zeiten. Besuchen Sie gern die alten Damen auf eine Tasse Kaffee – sie freuen sich über jede Aufmerksamkeit. Tiegeldruckpressen sind Druckmaschinen, die für den Hochdruck konzipiert sind und nach dem Druckprinzip Fläche gegen Fläche arbeiten. Der Bedruckstoff wird durch den Tiegel parallel auf die Druckform geführt und mit sehr hohem Anpressdruck in der Größenordnung einiger zehn Tonnen bedruckt. Als Zylinderpressen bezeichnet man im Hochdruckbereich alle Pressenformen, die als Druckform oder Gegendruck einen Zylinder verwenden. Dieses unterscheidet die Zylinderpresse von der Tiegeldruckpresse. Quelle Wikipedia
Regal für Stege und Regletten
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Thema
AUSBILDUNG IST EINE GESELLSCHAFTLICHE AUFGABE
Ihre Ansprechpartner bei BerlinDruck Hedda Berlin Telefon +49 (0) 421 43871-0 hedda@berlin.sc Reinhard Berlin Telefon +49 (0) 421 43871-0 reinhard@berlin.sc
Für uns als inhabergeführtes Familienunternehmen sind Ausbildung und Integration von jungen Menschen ins Berufsleben ehrenvolle Aufgaben, die wir gerne sehr ernst nehmen. In unserer 35-jährigen Unternehmensgeschichte wurden mehr als 100 junge Fachkräfte von uns ausgebildet. Wir haben uns vor über zehn Jahren bereits das Ziel gesetzt, dass mindestens zehn Prozent unserer Belegschaft aus Auszubildenden bestehen soll. Nicht als Druckerhelfer oder billige Arbeitskräfte, sondern als zukünftige Mitarbeiter für unser wachsendes Unternehmen. Yannik Schmoecker, Medientechnologe Druckverarbeitung, „Ex-Top-Azubi“
Besonders stolz sind wir, dass wir mit Yannik Schmoecker, der in diesem Jahr seine Abschlussprüfung „Medientechnologe Druckverarbeitung“ absolviert hat, einen IHK Landessieger Niedersachsen im Hause haben – die Auszeichnung erhält er in diesen Tagen. Darauf wollen wir aufbauen – am 1. August 2018 begannen zwei Azubis ihre Laufbahn bei BerlinDruck am Bremer Kreuz.
Im Personal Recruitment neue Wege gehen: Der Messeauftritt von BerlinDruck auf der Berufsinformationsbörse in Syke. Ilka König und Monty Berlin gaben Auskunft über Ausbildungsangebote bei BerlinDruck
Sonja Cordes Kalkulation und Auftragsmanagement Telefon +49 (0) 421 43871-21 sonja.cordes@berlindruck.de Ralf Deharde Kundenberatung Telefon +49 (0) 421 43871-27 Mobil +49 (0) 172 8438713 ralf.deharde@berlindruck.de Björn Gerlach Kundenberatung Telefon +49 (0) 421 43871-24 Mobil +49 (0) 172 9438717 bjoern.gerlach@berlindruck.de Nele Gores Mediengestalterin Telefon +49 (0) 421 43871-22 nele.gores@berlindruck.de Katrin Harjes Kalkulation und Auftragsmanagement Telefon +49 (0) 421 43871-30 katrin.harjes@berlindruck.de Stephan John Kalkulation und Auftragsmanagement Telefon +49 (0) 421 43871-25 stephan.john@berlindruck.de Anke Klein Sekretariat, Zentrale Telefon +49 (0) 421 43871-0 anke.klein@berlindruck.de Ilka König Mediengestalterin Telefon +49 (0) 421 43871-50 ilka.koenig@berlindruck.de
„Das Gelingen oder Misslingen von Integration hat erhebliche Auswirkungen auf unser aller Zusammenleben“, meint Rolf Mammen aus der Buchhaltung. Und: „Ausbildung kann dabei ein Schlüssel sein für die ganz persönliche Orientierung – für das ureigene Gefühl, für mich in der Gesellschaft mein Zuhause gefunden zu haben.“
Dietmar Kollosché Kundenberatung Büro Hamburg Telefon +49 (0) 40 5714-6486 Mobil +49 (0) 172 8438714
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Dirk Lellinger Leitung Druckvorstufe Telefon +49 (0) 421 43871-23 Mobil +49 (0) 172 8843717 dirk.lellinger@berlindruck.de Katja Lindemann Leitung Buchbinderei Telefon +49 (0) 421 43871-38 katja.lindemann@berlindruck.de
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Am 24. August 2018 wurde Yannik Schmoecker bei einer kleinen Feier der IHK in den Oldenburger Weser-Ems-Hallen ausgezeichnet. Mehr über Ausbildung bei BerlinDruck in diesem Kurzfilm >>>
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Frank Rüter Geschäftsführer Telefon +49 (0) 421 43871-15 frank.rueter@berlindruck.de Walter Schwenn Betriebsleiter Telefon +49 (0) 421 43871-31 walter.schwenn@berlindruck.de BerlinDruck GmbH + Co KG Oskar-Schulze-Straße 12 28832 Achim info@berlindruck.de Telefon +49 (0) 421 43871-0
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Essay
Tradition – was soll’s? Ein Essay von Bernhard Roetzel
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Der geborene Hannoveraner Bernhard Roetzel, 52, publiziert seit 20 Jahren über klassische Herrenmode, also nachhaltige Kleidung und über Benimmfragen. Sein bekanntestes Buch ist „Der Gentleman“, das in über 20 Sprachen übersetzt worden ist. Roetzel lebt mit seiner Familie auf dem Land in Brandenburg. www.bernhardroetzel.de der-feine-herr.blog
Wenn kein Argument mehr zieht, kommt die Tradition ins Spiel. Sie ist eine Art Joker, mit der Diskussionen verkürzt und Widersprüche neutralisiert werden. Soll die Veranstaltung im Kindergarten Weihnachtsfeier oder Winterfest heißen? Haben wir immer schon so gemacht. Sprich: Tradition. Aber wem ist Weihnachten denn wichtig vom Ursprung des Festes her? – Oder Elternzeit. Die nehmen nach wie vor meistens die Frauen. Aus Tradition? Wenn nur einer verdient, sollte der Verdiener sie nehmen, alles andere wäre finanziell unsinnig. Wenn beide verdienen, dann der mit höheren Einkommen. Das Argument Tradition ist bei vielen Fragen das Pendant zum „Darum!“ erklärungsmüder Eltern, wenn es keinen vernünftigen Grund gibt, man es aber trotzdem so will. Schon mein Schneider John Coggin, der in der Savile Row von 1997 bis 2006 Anzüge für mich gemacht hat, pflegte viele meiner Fragen zu Stoffen, Dessins oder Schnittdetails achselzuckend so zu beantworten: „It’s a tradition, Bernhard.“ Überlieferung, Brauch, Gepflogenheit, Herkommen sind vier deutsche Ersatzbegriffe für das T-Wort, das im 16. Jahrhundert aus lat. „traditio“ entlehnt worden ist. Papst Franziskus hat sie neulich so definiert: „Die Tradition ist der lebendige Fluss, der uns mit den Ursprüngen verbindet, der lebendige Fluss, in dem die Ursprünge stets gegenwärtig sind.“ Das klingt gut, lässt sich aber nicht auf alle Bereiche übertragen. In der Musik funktioniert es z. B. gut, in der Mode auch. In der Politik dagegen weniger, vor allem in Deutschland. Auf welche Tradition bezieht sich der Konservative? Auf die Weimarer Zeit? Die frühe Bundesrepublik?
Ist der Progressive überhaupt modern, weil seine Ursprünge im 19. Jahrhundert liegen? Ist der Kommunist so gesehen nicht der wahre Konservative? In der klassischen Herrenmode gelten die die 30er bis 40er als goldene Ära. Aber eben nicht in Deutschland. Vielleicht hat es der zeitlose Stil bei uns deshalb so schwer. Es fehlt ihm die historische Basis, die gute Tradition. Bezüge auf das Gestern sind nur dem verständlich, der sie als solche dechiffrieren kann. Das Argument Tradition zieht nur, wenn die Vergangenheit als gewichtiger Grund akzeptiert oder als positiv empfunden wird. Wenn mir der Londoner Schneider sagt, dass man traditionell diesen oder jenen Stoff für den Anlass X wählt, dann überzeugt das nur den, der wie ein Savile Row-Kunde von vor 50 Jahren aussehen will. Alle anderen brauchen andere Antworten. Auch beim Stichwort Benimm’. Viele Regeln reflektieren ein weibliches Rollenbild, das Frauen heute ablehnen. Die Frau als schwaches, schutzbedürftiges, stets zu umschmeichelndes, aber unterlegenes Wesen. Höflichkeit dieser Tradition wird heute oft als übergriffig empfunden. Was bei vielen Männern dazu führt, dass sie jedes Bemühen um Manieren fahren lassen. Nach dem Motto: Wenn ich ihr nicht mehr in den Mantel helfen darf, dann lasse ich ihr auch gleich die Tür vor der Nase zufallen – statt die Grundidee guten Benehmens, Rücksichtnahme und Einfühlungsvermögen an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Mit der Tradition ist es ein bisschen wie mit dem Lesen. Beides wird hochgepriesen und als Ausdruck von Kultur geschätzt. Entscheidend ist aber, was das Vehikel Tradition transportiert. So wie das Lesen an sich auch nicht automatisch den Horizont erweitert, kommt es darauf, welche Lektüre man bevorzugt. Beim Umgang mit Tradition hilft nur ständiges Nachfragen. Das machen uns ja schon die Kinder vor, wenn sie sich mit dem Darum nicht abfinden wollen. Davon können wir lernen. D
Dieses Buch ist Bestseller und Klassiker zugleich. Seit nunmehr über 15 Jahren ist es ein bewährter Ratgeber und anerkanntes Standardwerk in Sachen Stil und Qualität: Der Gentleman Das Standardwerk der klassischen Herrenmode. 376 Seiten, EUR 29,90 ISBN: 978-3848008155
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